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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-15
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1888
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»M»»WW i Erste Geilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 197. Sonntag dm 15. Juli 1888. 82. Jahrgang. Der Graf von Warteck. Novelle von A. Osterloh. Nachdruck verboten, (Fortsetzung.) Endlich war der Hochzeit-tag herangekommen. Nur eine sehr kleine Gesellschaft war zu der Festlichkeit geladen, die Mutter und die Schwester des MajorS, eine Cousine von ihm und einige Kameraden; Natalien- beste Freundin und eine alte Taute, die zugleich die Patbin der Braut war und die in Wonne schwamm, daß sie de» glücklichen Tag, wo ihre Natalie, ihr Liebling, dem geliebten Manne die Hand für- Leben reichte, erlebte; — nur wenig Personen, aber doch gab es im Zehmen'schen Haute unendlich viel zu thun. Das ganze Logis, aus dem soeben noch die letzten Reste von der Ausstattung verschwunden waren, mußte umqrrtiumt werden - au- den verborgensten Kasten wurde die Tischwäsche, die noch von der Urgroßmutter berstammle, hervorgcholt. das selten gebrauchte GlaS- und Silberzeug mußte gewaschen und geputzt werden. Wenn eS auch nicht großartig war, eS mußte alle- fei» und anständig sein. Zwei Diener bedienten; der eine davon war der Bursche deS MajorS. dem Natalie zum hbchsten Er, götzen FinchenS und ihrer Brüder seit einer Woche täglich Unterricht im Servire» gegeben hatte. Gretchen hatte ihren Platz in der Küche für diesen Tag einer bewährten Kochfrau geräumt. AlleS wgr aufs Beste vorbereitet, und wie von einem Drucke erlöst, war die ganze Familie in der fröhlichsten Stimmung. Natalie sah sich mit Wohlgefallen im Spiegel. Sie ge siel sich sehr gut in ihrem schweren, weißen Kleid, und der lange Schleier, der die ganze zierliche Figur umhüllte, gab ihr etwa« sehr Duftige-, AetherischeS. Sie sah blaß aus, blässer noch als gewöhnlich, aber für eine Braut war das ganz passend. Sie halte nicht geweint der rothe» Augen wegen, aber in der Kirche fuhr sie sich einige Male mit dem Taschentuch ins Gesicht, und die Thronen, die sie trocknete, waren nickt nur der Mode und des Anstandes wegen da. Der Major in der Gala-Uniform sah äußerst stattlich und gut aus, und manch' bewundernder Blick auS schönem Mädchcnauge traf ih». Einige Male, während der Predigt, die ibin etwas zu lang vorkam, sing er an, ungeduldig mit dem Daumen zu drehe», weswegen Natalie ihm dann und wann einen vorwurfsvollen Blick zuwars. Entsetzt war sie aber, als er nach Beendigung der Trauung, noch aus dem Allarplatze stehend, ihr ganz öffentlich einen schallenden Kuß ans die Lippen drückte und dann ganz ungenirt aus ihre Schwestern zuging, um auch sie mit einem verwamktsckast- licken Kusse zu begrüßen. ^ Vergebens suchte Natalie ihn zu« rückznbalten. „Eifersüchtig? be?" sagte er laut und lachte, ohne sich von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. Finchen ließ zit ternd daS Schreckliche über sich ergehen, auch Gretchen, der der Schwager nicht unsynipalhisch war, sträubte sich nicht, aber Nina trat erschrocken zurück. „Immer noch böse?" sagte er. ihr nachkommenv und lächelte sie dabei unangenehm an. als wolle er sagen: „Du ärgerst Dick doch, daß Du mich abgewicscn hast und nicht an Nataliens Stelle bist." Nina, der diese ganze Scene im höchsten Grade peinlich war, reichte ihrem Herrn den Arm, um in die Sakristei zu treten. AlS sie zur Kirchthnr hinausgekommen waren, bemerkte Nina unter den Leuten, die dichtgedrängt am Ausgange standen, etwas entfernt von der Menge, einen schönen, jungen Ossicier, der den Zug mit lebhaftem Interesse verfolgte, ganz besonders aber Nina aiifmerksain musterte. Ihre Blicke trafen sich. Unwillkürlich errökhele sie. Die schönen, blaue» Augen kamen ihr so bekannt vor und doch konnte sie sich nicht ent sinnen, den Ossicier schon je gesehen zu habe». „Er wird in der Residenz stehen", sagt »hr Begleiter aus ihre Frage, „wer er ist, weiß ich nicht." Bei dem nun folgenden Mahle war bald eine heitere, lebhafte Stimmung hergestellt; daS Essen war gut» die Be dienung that ihre Schuldigkeit, der Wein war vorzüglich, bei nahe zu sehr, denn der glückliche Bräutigam schüttete ein GlaS nach dem anderen hinunter und sagte nur, wenn Natalie ihm warnende Blicke zuwarf, er könne schon etwas vertragen; und daS war auch richtig. Gretchen aber schlich von Zeit zu Zeit hinaus und zählte besorgt die Flaschen, deren stattliche Reibe sich schon bedenklich lichtete. Finchen suchte ängstlich .ein Zusammentreffen mit der Cousine des Majors zu vermeiden, derselben, die damals ihr sreimüthiges Urthcil über ihren jetzigen Schwager mit angehört hatte, und daS arme Kind wurde iinmer seuerrokh. wenn einer der stechenden Blicke deS Fräuleins sie traf. Nina, durch Schönheit und Lieblichkeit über alle An deren hervorragend, sah sich bald im Mittelpunkt deS allge, meinen Interesses. Sie wurde von allen Seilen mit Fragen nach dem unglücklichen Grase» bestürmt: ob sie ihn denn wirk lich gesehen, ob e» wahr sei, daß er wie ein wanderndes Ge rippe auSsähe, daß er nur bei Nacht aus sei und am Tage schliefe, ob sie sich nicht vor ihm fürchte, ob er ihr nicht deS NachlS im Traume vorkonnne? Nina lächelte für sich über all' die seltsamen, neugierige» Fragen und als sie erklärt hatte, daß der Gras durchaus kein Gerippe, sondern ein großer, schlanker Mann sei, dessen traurige Entstellung nickt Furcht, sondern nur Mitleid einflöße und baß man dieselbe bei längerem Umgänge mit dem feingebilkcte», interessanten Mann ganz und gar vergesse, sahen die Frager daS junge Mädchen ebenfalls mit einer gewissen Scheu an. als habe sich ein Theil deS an den unglücklichen Mann geknüpften Mythus auch auf sie übertragen. „Kennen Sie seinen Bruder?" hieß eS dann. „Nicht? Famoser junger Mensch; ein Pech ist'S für ihn, daß der Graf Kilno mit seiner eisernen Gesundheit sortvegctirt. Der hätte zm» MajoralSherrn gepaßt, daö wäre ein lustiges Leben aus Schloß Wartcck geworden. So ein Klosterleben, wie jetzt dort herrscht, paßt nun freilich nickt für ihn. Im Grunde genommen ist'S ja für Victor so »»angenehm nicht, daß sein Bruder in seiner Klause Schätze aus Schätze zufommenscharrl. er erbt'S ja dock einmal; aber jetzt Hilst er sich kümmerlich durch." „Na. mit dem kümmerlichen Leben vom jungen Warteck," lachte ein Anderer, „ist eS nicht weit her. Ich dächte, er ließe sich'S leidlich wohl sein." „Schulden macht er," rief ein Dritter. „Natürlich macht er Schulden," erwiderte der Erste. „Was bleibt ihm denn sonst übrig, wenn ihn der alte Geizhals so knapp hält?" Nuia hatte noch wenig über Victor sprechen hören, war aber dock nach Allem, was in Warteck gesprochen worden war, überzeugt, daß die Kuno geinachleu Vorwürfe un gerecht seien. „Victor wäre auch ein rechter Thor, wenn er sich deswegen einschränken wollte; über kurz oder lang erbt er doch das Majorat," sagte der Erste wieder. „Wenn sich Graf Kuno nun vcrheiralhet?" rief ein Anderer dazwischen. Allgemeines Gelächter folgte dieser Frage. „Frau Todtcnkopf ist ein hübscher Titel." sagte der Major, den Mund voll Pudding, und schielte spöttisch auf Nina. Diese zitterte innerlich vor Zorn über alle die Reden, die sie hatte anhören müssen. Was hatte der Graf diesen Leuten gethan, daß sie sich über sein Unglück lustig machte»? Scho» lange hätte sie etwas erwidert, aber sie mochte nicht die Ur sache zu einer peinliche» Situation, die »vtkgedruugen ihrer Bemerkung folgen mußte, sei». Jetzt hielt sie nicht mehr au sich; der spöttische Blick deS MajorS raubte ihr alle lieber- legung. Eie wäre sich feig vorgekommen, hätte sie länger geschwiegen. »Ein jeder Mensch hat seine Flecken und Mängel, der Eine ausivendig, der Andere inwendig; ich weiß nicht, ob daS Letztere vorzuziehc» ist * Sie sagte das so deutlich feindselig, daß der Major den Angriff nickt mißverstehen konnte. „Der Graf bat sich eine wackere Verthcidigerin ausgesucht", begann wieder kauend der Major, „ich hatte schon immer eine Ahnung, daß wir Schwäger würden". Jetzt war eS um Nina'S Selbstbeherrschung geschehen; ihr Gesicht glühte vor Zorn und ihre Augen sprühten, als sie. mit Mühe die Aufregung bcmcisternd, mit erhobener Stimme scharf sagte: „Ich gratulire Ihnen zu Ihrem Scharfblick, Herr Major, Sie habe» recht gerathen: Ich bin seine Braut!" Sie wußte, daß sie tactloS gehandelt hatte, sie machte sich selbst heftige Vorwürfe; aber sie hatte nicht anders gekonnt Eine peinliche Stille trat ein. Da der Vater, sowie die Geschwister der angeblichen Braut ebenso erstaunt waren wie die klebrigen, wußte Niemand, ob mau der überraschenden Erklärung Glauben schenken sollte. Allmälig saminclle man sich und rin Gemisch zurückhaltender Glückwünsche und ver legener Entschuldigungen wurde Nma zu Theil. Am nächsten Tage reiste Nuia, nach einer längeren Unter redung mit ihrem Vater, ab. » H * Kuno war ganz außer sich vor Seligkeit, als er die Geliebte wieder in den Annen hielt. „Nun darfst Tu nicht wieder fort, meine süße, herzige, liebe Nina. Ach wüßtest Du. welche Sehnsucht ich »ach Dir gehabt habe, wie unendlich lang mir die Tage schienen! Nickt wahr, Ni»a, Tu verläßt mich nicht mehr? Ich habe so lange in Nackt und Schatten gelebt, nun, wo ich die Sonne und daS Glück kenne» gelernt habe, könnte ich eü nicht mehr missen." > „DaS sollst Du auch nicht," sagte daö junge Mädchen innig, „wüßtest Du. mit welcher Sehnsucht ich immer an Dich dachte, wie froh ich war, als endlich, endlich die Hochzeit vorüber war und ich wieder fort konnte zu Dir!" und dabei sab sie ihn mit ihren großen braunen Augen so liebevoll an, daß ein Gefühl unendlichen Glücks über ihn kam. „Hast Du mit Deinem Vater gesprochen?" fragte Kuno. „Er weiß eS," erwiderte sie. „Und?" — „Ist einverstanden." »Ich werde ihm noch heute schreiben, und dann soll alle Welt wissen, daß Du meine liebe, gute, edle Braut bist. Was sagten denn die Anderen? — ich meine. Deine Geschwister?" »Nicht viel," erwiderte Nina ausweichend, »was man so sagt." „Sie haben freilich schwer Glück wünschen. Es ist ja beinahe unbegreiflich, mir selbst auch!" Er blickte sinnend vor sich hi». „Siehst Du, ich habe so eine Abscheu vor allem Häßlichen. Ich habe Dir's ja schon einmal erzählt. Nicht wahr, daS ist zum Lachen? Ich liebe da« Schöne, meine Seele lechzt nack Schönheit und — nun, — Tn hast ja mein Zimmer gesehen mit all den marmornen Göttinnen, alles habe ich da zusammengctrage», waö dem Auge gefällt, und die Spiegel habe ich verhängt. — Weißt Du, Nina, daß ich Dick schon siebte, noch ehe ich ein Wort mit Dir gesprochen hatte, seit dem ersten Male, wo ich Dick zufällig von ferne sah? Wie oft stand ich dann am Fenster hinter dem Vorhang versteckt, sorgfältig, daß Du mich nickt sehe» solltest, und schaute Dir nach, bis Tu hinter den Bäumen verschwandest. Dann setzte ich mich an den Schreibtisch und versuchte Dich zu zeichnen, aber nie wollte eS mir gelinge»; besonders der Mund und die Auge», gerade die ich immer vor mir sah, waren so fremd aus dem Papiere; zeichnete ick sie ernst, so sahen sie hart auS, und daS war so ganz unähnlich, zeichnete ich sie heiter, so schienen sie zu lächeln, und Du lächeltest nicht. Dann wurde ich zornig und zerriß alle die schleckten Zeichcnversuche und warf sie im Zimmer umher in tausend Fetzen. Ich kann sehr zornig werde», weißt Du das?" Sie nickte. „Aber im Allgemeinen bw ich jetzt ruhig. Früher, viel früher, als ich noch jung war, batten sie Alle Furcht vor meiner Herrschsucht und meinem Jähzorn, und der Pastor, — Du kennst ihn ja, mein lieber Freund, meinte einmal, Gott habe mir das Unglück in seiner Güte geschickt, ni» meinen schlimmen Charakter zu bessern und mich dcö ewigen Heils würdig zu machen." „Der gute Mann!" sagte lächelnd Nina, „das ist ja fast, wie bei u»S der Pfarrer in der Blindenanstalt zu den Blinden agte, sie seien die auSerwählten Lieblinge Gotteö, der sie blind gemacht habe, damit sie die vielen Schlechtigkeiten und Laster der Well nicht sähen." „Schade, daß der edle Mann nicht auch ein Liebling GotteS war", erwiderte Kuno, „nun. wenn eö die Armen geglaubt habe», so hat er ja seinen Zweck, sie zu trösten, er reicht; was mich betrifst, so wollte ich lieber „Gott wäre weniger gütig zn mir gewesen." Die Einivilligung deS Obersten zur Verlobung seiner Tochter tras bald ei». Nma war ihm stets das am wenigsten sympathische seiner Knider gewesen, er wußte nicht recht, waS er mit dem verschlossenen Mädchen, daS sich i» seinen Kreise» so unbehaglich fühlte, ansangen sollte, und war recht froh, daß sich eine Versorgung sür sie gesunde» hatte, „und waS für eine glänzende", meinte Gretchen, deren Casse sich von den Anstrengunge» zu Nataliens Hochzeit noch nicht erholt hatte und die froh war, bei Nina dieser Sorge überhoben zu sein; überdies batte ja Nina die Verbindung gewiinscht, warum sollte» sich Andere mehr Kopfzerbrechen darüber machen, als sie selbst? Die Gratulationsbriese waren meist sehr kurz gefaßt, da man schon vor ihrer Abreise daS Meiste besprochen Halle und über die Sacke selbst wenig zu sagen war. Tic Glückwünsche, die Nina in Wartcck selbst erhielt, standen Condvlationen ziemlich nahe, und durch die Lobes erhebungen, mit denen man sie überschüttete, klang immer das Befremden über den eigenthünilichcii Entschluß Lurch. Finchen, ihren Liebling, hatte Nina ans ei» paar Tage zu sich eingeladen; Kuno hatte eS ihr vorgeschlagc», und sie war mit Freuden daraus eingegangen. Fmchcn, die noch nicht auS ihren vier Pfähle» herausgekommen war, war ganz entzückt vom Schlosse, „mittelalterlich und romantisch" nannte sie eS, und das war ihr der höchste Grad der Begeisterung; den Park fand sie reizend, die Umgebung idyllisch, die alte Gräfin einen Engel und den Grasen —? Erst am zweiten Tage hatte er seinen Gast begrüßt und in ängstlicher Spannung wartete Nina aus deS Urtheil der Schwester; aber diese sing, sobald der Gras das Zimmer verlasse» hatte, a», alle- Mög liche durcheinander zu schwatzen, von den schönen Zimmern im Schlosse, von der großen Gelehrsamkeit deS Grasen, von seiner »lulhmaßlich ungeheueren Liebe sür Nina, daß diese, die wohl wußte, was Fincken'S Geschwätzigkeit zu bedeuten halte, sagte: „Gicb Dir keine Mühe. cS zu verbergen, Finchen, ich bin Dir deswegen nicht böse; auch Du kannst meine Wahl nicht begreifen." Da siel ihr Finchen um den Hals und schluchzte und weinte und ries einmal übers andere: „Du gute, cdele Nina!" „Aber, nicht wahr, daS verstehst Du", fuhr Nina fort, „wenn ich nur glücklich und zufrieden bin, waö geht mich taS Urtkeil der Anderen an?" Und sie war glücklich und zufrieden von ganzem Herzen, wie sie eS noch nie gewesen war, und wünschte sich nichts Anderes. Die Rose, die im Garten prangt, blickt zur Spen derin all' deS GlanzcS. zur Sonne, empor und lacht in den blauen Himmel lnnein, und mit ihr lacke» die tausend Schwestern, die sie in bunter Pracht umgeben. Aus ihrem graue» Felsen einsam und abseits blühend die Alpenrose, sieht denselben Himmel hock über sich gewölbt und freut sich dank bar des Strahles derselben Sonne, die ihr Dasein erwärmt und belebt, wie daS ihrer stolzeren Schwester». Wenn die Liebe mit ihrem glühenden Strahle da« Herz berührt, so er hebt und erfreut es, wenn theilnehmende Seele» in den Jubel einstinimen, der cs durcklönt, aber eS braucht der Theiluchmer nicht, sei» Glück ist dasselbe und ist sich selbst genug. (Fortsetzung folgt.) Königliches Landgericht. V. Straskanimer. I. Der Steiinnctzgehilic Earl Ferdinand W. aus Lindenan war wegen Vergehens gegen 8153 der Gewerbe-Ordnung am 2. Mai vom hiesigen kömgl. Schöffengericht zu ö Wochen Gesang „iß verurtheilt worden. Aus dieser Verhandlung dürste wohl Mancher eine nütz liche Lehre ziehen. Bekanntlich waren cs gerade die streikenden Sieiiunetzc», welche i» letzter Zeit die hiesigen Gerichte vieljach be- sa äitiglen, und speciell die Steinmetzen, die auf ihre nichtstreikenden College» einen Terrorismus auSüdten, welcher sie aus alle Fälle mit de», Strafgesetzbuch »> Collisioii bringen mußte, waS denn auch der Fall war, wie die Er'ahrung gelehrt hat. Trotz strenger Ahndungen kainen immer wieder Zwischenfälle vor, die vor Gericht ihren Ab- ichliiß landen, und auch h er können wir wieder eine» Beitrag zur Geschichte des Steiiinirtzenstreiks liesern. SlnjangS Mürz d. Js. be jand sich der Angeklagte »n Burgkcller in Linden«», als der Sleiw metz B. daselbst einirat, welcher, trotzdem die anderen Gewerksgenossen schon seit Januar streikten, ruhig weiter arbeitete. Diesem ries W. »un zu: „Ich kann Dir dlos ralhe», leg die Arbeit nieder, wir (die Streikenden) kommen schon wieder in die Höhe, dann werden mir Dir das Arbeite» schon anstrcichenl" Und 3 Wochen spater, als er den B. bei der Arbeit tras, ries er ihm über den Zaun deS Arbeits- vlatzes zu: „Ich ralhe Dir, wirs das Zeug weg. jetzt ist cS »och Zeit, sonst rc.l" In diese» Aeuß-rungen erblickte daS Schöffengericht Drohungen, die nicht eminal indirect, sondern offen waren, wie aus den Worten: „wir kommen schon wieder in die Höhe, dann werden wir Dir das Arbeiten schon anstreichcn!" hervorgcht; ebenso be. dingte schon die Redeweise: „Wirs das Zeug weg!" oder „Leg die Arbeit nieder!" einen mindestens besehlerischen Ton. Hauptsächlich batte das Gericht jedoch in Erwägung gezogen, daß W. früher Vor» stanbsinilglicd des FachvcrcinS der Sieinmctze» ivar und infolge dessen bei den Beschlüssen über eventuelle ZwangSniaßrcgeln arbci- lenden College» grgenübce inilgewirkl hat. Zn diesen Maßregeln gehörten unler Anden» auch die „Schwarzstellungen" von Fach genossen, ja sogar ganzen Arbeitsplätzen. Welche schlimmen Wir klingen derartige Maßnahmen halten, dürste noch von dem vor nicht allzu langer Zeit verhandelten Monstrc-Proceß gegen die Müglleder des Fachverems der Steinmetzen wegen Vergehen- gegen 88 128 bcz. 129 des R.-St.-Ges.-B. (Gcheinibündelci) her zur G>nüge bekannt sein. In willkürlicher Weise verhängte der Fachverein auch Strafen über Mitglieder, und es ist B. paisirt, daß er aus dem Verein auSgestoßen wurde, weil er eine über ihn verhängte Strafe von 20 ,/i nicht zahlen konnte. Jedenfalls üble der Fach verein aus die Fochgenosjen einen Terrorismus auS, welcher die sclbcn mindestens i» ihrer freien Willcnsbestmimung binderlc und zu welchem dem Verein kein Recht znftand. In solcher Weis- suchte damals auch der Angeklagte aus B. einzuwlrke», allerdings obne Erfolg und zu seinem eigenen Rachlheil. Konnte mau eS denn über- dies einem Familienvater verdenken, wenn er den gewissen Be» dienst einer knappen Streikunterstützung vorzog, resp. arbeitete, m» seine Familie vor Nolh zu bewahren? Der Angeklagte leugnete ciu- schieden, sich in der genannten Weise gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung vergangen, bez. B gegenüber drohende Worte g» brauch! zu habe», vielmehr sei es nur eia wohlgemeinter Rathschlag ohne jede Drohung gewesen, den er ihm habe geben wollen. Die Beweisauinahme ergab indeß das Gegentheil dieser Behauptung. Herr Rechtsanwalt Gustav Hosmann beantragte in längerem Plaidoyer die Freiiprechung seines Clienten, während die königlich; Staatsanwaltsschaft Antrag aus Verweisung der vom Angeklagten eingelegten Berufung stellte. Das königliche Landgericht verwarf denn auch das Rechtsmittel als unbegründet, unter voller Bestäti gung deS erstinstanzlichen Urtheils. II. Die Arbeiter Ernst Sch. und Robert K. hatten sich des Forstdiebstahls schuldig gemacht und dafür laut Urtheil des hiesigen königl. Schöffengerichts vom 16. Mai je S Woche» Ge. sängniß zuerkannt erhalten. Die bereits wegen Diebstahls vor- bcstrasten Angeklagten gingen am 21. Januar iu Geselljckaft eines dritten Arbeiters nach der Gautzscher Ziegelei, um wegen Arbeit nachzufragen. ES herrschte an jenem Tage eine bittere Kälte und da die Leute schon längere Zeit arbeitslos waren, so war ihre Lage keine beueidenswerlhe, denn Kälte und Hunger vereinbaren sich schlecht mit einander. So halten sie sich denn verabredet, i» dev, am Wege gelegene» sogenannten Baueruholze Hosclnußstücke zu schneiden, falls sie keine Arbeit fänden und sür diesen Fall gleich Säcke mitgenommen.(HaselnußstScke sind bei Kürschnern und Rauchmaarenhänd lern ein sehr begehrter Artikel, werden daher auch verhältnißmaßig gm bezahlt.) Da sie keine Arbeit erhallen konnte», so führten sic ihren Vorsatz denn auch aus, gingen in die Holzung und machten sich ans Werk. Bald hatten sie eine ganz respektable Quantität Haielnußstöcke ausgeschnitten, cS waren ca. 9 Schock, IheilS größere, theils kleinere im Taxwerlhe von 9 Die Säcke wurden damit gefüllt und die Angeklagten machten sich aus den Heimweg, froh, einige Mark aus ihrer Beute lösen zu können. Die Freude sollte indeß nicht lange dauern, denn aus der Chaussee begegnete ihnen der Förster, welcher ans der Form der Säcke alsbald deren Inhalt crrietb. Die Visi tation ergab denn auch die Richtigkeit seiner Vermulhung und ver- anlaßte ihn dieser Umstand zur Festnahme der Leute, was ihm allerdings nur bei de» zwei Angeklagten gelang, denn der dritte hatte sich gleich zu Anfang der unliebsamen Begegnung auS dem Staube gemacht, konnte auch trotz aller Bemühungen nicht ermittelt werden. Das Gericht hatte die That ziemlich streng beurtheilt, waö sich aus dem häufige» Vorkommen derartiger Diebstähle erklärt, wobei aber auch die Vorstrafen der Angeklagten in Betracht kamen. Diese halten gegen das erwähnte Urtheil Berufung eingelegt und ;war gegen die Strafl ühe. In der diesbezüglichen Berbandlung gaben Sie Angeklagte» zu ihrer Entschuldigung au, daß an jenem Tage gefülltes Holz vom Thatorte abgefahren worden sei und sie den Fuhrleuten beim Ausladen desselben behilslich gewesen wären, dafür aber von diesen Erlaubinß erhalten hätten, sich Haseluußstöcke zn nehmen. Auch hätte» sie die Stöcke auS bereits gefällten, frei dalieqende» Holzhauscn genommen und nicht srisch vom Stamm abgejchnitten. Der Vcrthcidiger der Angeklagte», Herr Rechts- an walk Dix, wies daraus hm, daß man es in diesem Falle nicht mit einem Forstdiebstahl, sondern »nt einem einfachen Diebstahl im Sinne von 8- 242 des R.-Str.-Ges.-B. zu ihn» habe und daß dieser ungleich in Uder zu bestrafen sei. Rach Lage der Sache wandte sich das königliche Landgericht dieser Auffassung auch zu, indem es nur cinsachm Diebstahl annahm und die Strafe unter Aushebung des erstinstanzlichen Urtheils von je 9 Wochen aus je b Wochen Gesang» iß bcrabinilderte. Da das Rechtsmittel theilweiscn Erfolg gehabt, so fiel den Angeklagten auch nur die Hälfte der Kosten zweiter Instanz zu. Literatur. Von dem von uns kürzlich empfohlenen Werke: „Friedrich der Tritte, Deutscher Kaiser und König von Preuße». Ein Lebensbild, Jung und Alt gewidmet von B. Roggc. I). tbevl. und königl. Hoiprcdiger. Mit zwei Bildnissen des Kaisers und vielen anderen Abbildungen. Leipzig, Ferdinand Hirt L Sohn" hat sich bereits eine zweite Auflage nöthig gemacht. In derselben ist nun auch »och die Geschichte der letzten Lebenslage bis zum Tode mit ausgesührt. Schach. Ausgabe Nr. 88t. Herrn X. IV. IVIiililer in Leipzig gewidmet von II. Aazruer in Volkuiarsdorf. Keli'rnr/. Lösung von Nr. 87S. 1. Inr3-t>2 Xu4-<!5 2. Oc3-o2 Lüö-<16 3. Uo2—eöH. 1 Xe4-15 2. Ve3—06 Llö—«S 3. Oc6-tz6t. Singelauscue Lösungen Nr. 879 wurde gelöst vom Schachclub „Carola" im CasL Hanisch, K. W. Winkler in Volkmarsdoes, E. Kurt!» in Reudnitz. Nr. 878 ferner von K. W. Winkler in Volkmarsdorj. Lchachgescllschaft „Augustea". Dersaminlungsort Cafe Hanisch, Dresdner Straße, Dienstag und Freitag Aden». '-z Pktcrspch. 8pSS*IlNg 2 NIvSTM, Petersßrch 3K I'ür cliv vmpkvlilvn: WollSLS- 1 Will! tloi'liot tjllfflM W 8S.1ÜL- ruiä Irieol-1 LIstLsr. > M M Mll'W üv. ! SlonssL. I
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