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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880720
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880720
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-20
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1888
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aber zeigen wollen. daß di, Vvfl und drr Telegraph dem Prätendenten verschlossen seien. Die Negierung habe daS Recht, so zu Handel» und werde gegen derartige Manöver der Prätendenten stet- ebenso Vorgehen. '(Beifall.) Die Session der Kammern wurde hieraus geschlossen. * AuS Madrid. 14. Juli, wird gemeldet: Die politische Stille ist von einer Reih, geräuschvoller Pro resse unterbrochen worden, von denen derjenige in der Strohe Fuencarral Mißbräuche unserer Rechtspflege ausdickt, deren Ent hüllung in politischen Kreisen grobe Erregung hervorgebracht bat. Der Thatbestand ist folgender: Eine Frau wurde in ihrer Wob- »ung von acht Dolchstichen durchbohrt gesunden, und die Ver- brecher hatten einen mißglückten Versuch gemacht, die Spuren des Mordes durch «ine Brandstiftung zu verwischen. Der Verdacht siel sogleich aus den Sohn, einen 24 jährigen verrufenen Menschen, der damals allerdings im Gesängniß.saß, aber von mehreren Per. souen ans der Straße gesehen worden war. Bei dem leider zu sehr gerechtsertigten Mißtrauen gegen die hiesige Rechtspflege übernahm die Presse da« Amt des Untersuchungsrichters und drang aus Verfolgung der eigentlichen Anstifter des Verbrechens. und als diese Strämuug mächtig anschwoll, wurde gestern der Tircctor des Muster-ZelleagesäugnisseS Millau Astray. ein Freund und Günstling des Präsidenten de» Obersten Gerichtshofes, Montero RioS, ge. sanglich eingezogen und verhärt. DaS Ergebniß rechtfertigte daS Gerücht: der. Direktor de» ersten Sträfling-institutS der Monarchie Hot nicht bloSidem Juan Varela gestattet, das Gesängniß zu ver lassen, sondern hat selbst daS Dienstmädchen Higinia, die bei ihrer tobten Herrtu gefunden wurve, durch Drohungen veranlaßt, sich un. schuldigerweise al» die Mörderin zu nennen, um de» Mutlermärder zu rctteu. BIS Millan Astray gestern dem Mädchen gegenüber« gestellt wurde und er sich entlarvt sah, stürzte er aus eS loS und wollte-e» mit einem Dolche ermorden, woran er durch den Unter- suchuugSrichtcr verhindert wurde. Es ist offenkundig, daß dieser Vertreter spanischer Justiz und Günstling der ersten Magistratkperson des Landes einige Stunden nach AuSsührung des Verbrechens den Muttermörder empfangen und mit ihm im Beisein anderer Herren gemächlich geplaudert hat und eS fiel auf, daß er seit dem Ver brechen ungewöhnlich viel Geld verbrauchte. Ter Muttermörder erscheint mithin al» da» Werkzeug, dessen sich Leute bedient zu haben scheinen, die ihre Stellung gegen allen Verdacht zu sichern schien. Mau erinnert sich bei dieser Angelegenheit de» ProcesseS Monasterio, wo «beusallS ein Erbe von Millionen und Mörder der verdienten Strafe entging und später — dem damaligen und Heu- tigen Jostizmiuister Aloaso Martinez eia prachtvolles Lustschloß schenkte. Auffallend ist e» immerhin, daß Montero Rio-, der an- sanglich sich für die kleinsten Einzelheiten gemeinsam mit Millan Astray interessirte — der letztere erlaubte sich sogar, alle Zeugen vor dem amtlichen Verhör einem privaten Verhör zu unterziehen —, jetzt die Absicht hm, aus sein Landgut nach Lourizan sich zurück- zuzieheu. — Der ErpressungSproreß, den der Berliner Bürger Bergemann gegen eine» Advocateu in Malaga, den Freund de» dortigen Staatsanwalts, der seinerseits in Francisco Silvcla, dem couservativen Ex-Juftizminister, eine wirksame Rückendeckung findet, angestrengt hat, wird von diesem, wennschon mit ungleichen Waffen, weitergesührr. Da derselbe die spanischen Rechtsverhältnisse aus 24jähriger Erfahrung kennt, hat er es vorgezogeu. von Deutschland aus seiu Recht zu verfolgen. * In Irland gelangten in dem am 3V. Juni endigenden Vierteljahr 172 Ägrarverbrechen zur Kenntniß der Polizei, darunter 2 Mordthatc«, eine in Derry und «ine in Cork, 8 Mordversuche, 12 Brandstiftungen. 15 Fälle von Viehverstümmelung, 74 Drohbriefe, 16 Fälle von Einscbüch terung, 14 Fälle von EigenthumSbeschSdigung und 9 Fälle, in denen in Häuser hinein gefeuert wurde. Von der Ge sammtheit dieser Verbrechen entfallen 2V auf Ulster, 11 aus Leiuster, 39 auf Connaught und 102 aus Munster. * Dem Vernehmen nach soll seitens der argentinischen Regierung beabsichtigt sein, die Gewinnung von Ein Wanderern nunmehr in erhöhtem Maße anzustreben. Der General-EinwanderungS-Commissär Samuel Navarro soll sich in Begleitung von drei Beamten von BuenoS-AhreS bereit» nach Europa begeben haben, um den Dienst der in mehreren Hauptstädten Europa» bestehenden sogenannten argentinische» Information»- und Propaganda-Bureaux, sowie die Mit Wirkung, der Consulate in dieser Frage zu regeln. Die üblen Ersahrüiiqen, welche von deutschen Auswanderern nach Süd amerika fast regelmäßig gemacht worden, sind wohl Grund genug, um »auch den vorstehend signalisirten Bestrebungen gegenüber die größte Zurückhaltung und Vorsicht seiten» unserer arbeitenden Bevölkerung im gegebenen Falle angezeigt erscheinen zu lasten. > . *jAuS Panama, 9. Juni, wird gemeldet: Der Präsident der Republik, vr. Rafael Nunez. hat von dem in den meisten 'der-spanisch-amerikanischen Republiken überaus be liebten Mine!. sich politischer Gegner zu entledigen, abermals Gebrauch gemacht. Die rad realen Führer, General Sergiö^Camargo, vr. Felipe Pürez u. A., die angeblich eine Verschwörung', zum Umsturz der jetzigen Ordnung der Dinge-und zur Wiederherstellung der „Vereinigten Staaten von Columbia" gcvlant gehabt haben, sind kurzer Hand deS Landes'verwiesen worden. Vor Gericht wird keiner der Beschuldigten gestellt, vielmehr wurde ihnen nach der Ver haftung die Weisung zugestellt, daS Land aus unbestimmte Zeit zu verlassen. DaS nennt man hier zu Lande „republi- ckanisAsFreiheit!" )c»»*.lLaut einer Note der. Gesandtschaft von Haiti in Paris seijam^4. d. M. in Port au Prince ein Versuch zu einem Aufstande gemacht, aber ^sofort unterdrückt worden. Die Ruhe'ist jetzt vollständig wiedcrHcrgcstellt. Jur Lage. Alle Mahnungen der gemäßigten Organe der Presse haben bisher leider keinen Erfolg gehabt, und der Streit wegen der Ausrechterhaltuna oder Lösung des CartelS bei den bevor stehenden preußischen LandtagSwahlen wird mit täglich steigen der Erbitterung und Gehässigkeit von der.Kreuzzcitung" und dcm.„NeichSboten" fortgesetzt. ES ist ja vollständig richtig, wenn-die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" behauptet, daß die genannten extremen Blätter keineswegs den Gesinnungen der Mehrheit der konservativen Partei Ausdruck geben, daß sie im Gegentheil nur einen verschwindend kleinen Bruchthcil der Partei hinter sich haben. Es ist auch richtig, vaß ebenso wenig wie bei den vorigen Landtags wählen ein unmittelbarer Schaden zu befürchten ist von dem Einbruch konservativer Heißsporne in Hannover. Tie nationalliberale Partei wird keinen Abbruch erleiden. Aber eS bleibt doch eine in hohem Grade betrübende Er scheinung und muß ernstliche Befürchtungen für die Zukunft erwecken, wenn diese Gruppe der Rückschrittler sich al-schlecht bin unbelehrbar erweist, wenn immer wieder ihr die kleinlich sicn FractionSinterrssen höher stehen al» die Wohlfahrt de» Ganzen. Man sollte doch nicht vergessen, daß wenn e« auch nur um Wahlen zum Landtag sich handelt. eS doch Wahlen in Preußen sind, in dem größten Bundesstaate deS Reiche», und daß daS Verhalten der im vorige» Jahre besreundetcn Par tcien ein Beispiel abgiebt für da» ganze Reich. Die Nachahmung dc» jetzigen Vorgehens preußischer Rückschrittler in anderen Einzelstaaten wäre schon schlimm, geradezu verbängnißvoll aber wäre die Wiederholung bei den nächsten ReichStagSwahlen. Und wenn in dem bevorstehenden Wahlkamps Diejenigen, welche zu einanderstehen sollen, hart aneinander gerathen, dürste eS schwer, vielleicht unmöglich sein, bei den nächsten ReichStagS- wahlen das al» so nothwendig erkannte friedliche Der bällniß wieverherzustellen. Wir halten e» für unsere politische Pflicht, nochmals zu warne» und dringend zu bitten, jetzt die Erörterungen, von denen irgend welcher praktische Nutzen doch zunächst überhaupt nicht abzusehen ist, gänzlich einzustellen. Wenn eS sich um die unmittelbare „Äabiarbeit" handeln wird, e» werden bi» dahin noch ein paar Monate vergehen, können, an bestimmte concrete Fragen ankizüpsend, wirklich nolhwendige Erörterungen ausgenommen und berechtigte Zweifel zur Genüge gelöst werden, ohne daß eS nöthig ist, sachliche Meinungsverschiedenheiten mit sact'öser Schärfe und persönlicher Gehässigkeit auözusechten. Di« „Eartelparteien" haben genug gemeinsam« Gegner. Ihnen möge» sie mit voller Krast und ganzer SLärf, «nt» gegentreten. ES rrscheiut kaum glaublich, daß sie die Thor- heil nicht al» solche erkennen, wenn sie sich selbst zerfleischen wollen. Wenn sie kein andere» Argument überzeugen und zu besserer Einsicht bringen könnte, so müßte eS die unverhohlene Schadenfreude der Ultramontaoeu und der Fortschrittler sein, welche durchaus berechtigt ist. Denn indem die vor Kurzem noch verbündete» nationalen Parteien sich befehden, besorgen sie lediglich die Geschäfte der ReichSseinde. * AuS Süddeutschland wird der „Nationalliberalen Correspoiidenz' zur Stellung der Parteien'bei den preußischen Landtagswahlen geschrieben: Die ia Preußen bevorstehenden Landtagswahlen nehmen auch in Süddeulschland die Ausmerksomkeit oller politisch Denkenden in Anspruch. Be, dem ungeheure» Uebergewicht, welche» Preußen im dculschen Reiche beiwodnt, ist da« auch früher so gewesen, doch uiemals in dem Maße wie jetzt. Man empfindet eben, daß das leitende SlaalSwejeu an einem bedeulsamea Weadrpuncte ongelaugt ist, und daß die in Rede stehenden Wahlen ans die künftige Richiung desselben vielleicht von dauernd bestimmendem Einflüsse seiu können. In der That wäre eS ganz «uzulässia, wollte man heute so thun, alS wäre die schwere Krise, welche Preußen und daS ganze Reich eia Vierteljahr lang erschüttert bat, gar nicht dagewejcn, als könnte Alle» in den alten Gleisen, ia denen eS sich vor dem lode Mlhelm'S l. besand, ruhig wcitergeheu. Wenn irgendwo, so haben wir in Süddeutschlaod immer da» Be- wußiseiu gehabt, daß nur die ganz außerordentliche Lage, wie sie durch di« Rücksichten aus den über Alle- verehrten hochbetagtea Monarchen geschaffen ward, eine tnnere Politik ia Preußen ermög lichte» welche sich nm die Anschauungen der breiten Schichten de! liberal oesinateu BürgerthumS wenig oder gar nicht kümmerte Heute besteht diese außerordentliche Lage nicht mehr, und eS ist deshalb nur ganz natürlich, wenn di« gemäßigt liberale Partei an der Zurückhaltung. welche sie sich lange Jahre auserlrgt Hot. mit einer schäl seren Betonung ihrer Auffassungen und Forderungen hervortrit». ES liegt da» nicht nur im Wesen der Sache, sondern dir Parte, erfüllt damit auch geradezu eine nationale Ausgabe. Die innere Festigung de» deutschen Reiches hat sich bisher über Erwarten günstig entwickelt, aber Preußen hat auch noch für die Hukuust alle Veranlassung» daraus bedacht zu sein, daß ihm die Sympathien aller Derjenigen im Reiche, welche die nationale Einigung aus innerster Ueberzcuguag unterstützt hoben, erdalten bleiben. Nun kann sich jedoch darüber Niemand täuschen, daß ein oltconservativeS Parteiregiment in Preußen aus die Dauer diesem Zwecke nicht allein nicht dienen, sonder,» daS gerade Gegentheil bewirken würde. Bisher haben wir uns mit dem Gedanken getröstet, daß direct schädliche Bestrebungen eines solchen Regiment- durch die starke Hand des Fürsten Bismarck niedcrgchalteu werden würden, und wie sehr wir darin Recht hotten, hat erst in diesem Frühjahr die Erfahrung mit dem Schullastengesetz wieder bewiesen. Jndeß, dieser Trost beruht auch aus einem ganz außerordentlichen Berhältniß. DaS Vertrauen, welche- wir zum Fürsten Bismarck hegen, können wir unmöglich eiuem Herrn von Rauchhaupt entgegenbriugea. Andererseits wissen wir freilich sehr wohl, daß auch ein liberales Parteiregimeut in Preußen nicht erwartet werden kann, aber was die preußischen Couservativen endlich eiusehen müssen, ist, daß der leitende Staat ia Deutschland nur in einer mittleren, die gemäßigten Anschauungen der conservativea und der liberalen Seite zugleich befriedigenden Richtung regiert werden kaou. So lange nicht eine klare Auseinandersetzung zwischen gemäßigten und extremen Loa- servaliven erfolgt, ähnlich wie sie aus der liberalen Seite zwischen Nationalliberalen und Deutschsrrisinnigen längst stattgefunden hat, so lange kann wenigsten- von einer praktischen Wirkung solcher Erkeuntniß nicht die Rede sein. Unter diesen Umständen hat eS in Süddeutschland große Gcnugthuvng hervorgerusen, daß die preußischen Nationalliberalen den Gedynken eine» den beiderseitigen Besitzstand garantirenden CartelS, wie eS bei den vorjährigen ReichSlagswahleu unter ganz anderen Verhältnissen und zu ganz anderen Zwecken geschlossen worden, nicht ausgenommen haben. ES ist dringend nothwendig, daß gerade bei den diesmaligen LandtagSwahlen daS gemäßigt liberale Bürgerthum selbstständig seine ganze Krast zur Geltung bringe. Und andererseits wird durch das Nichte,«gehen eines allgemeinen CartelS die Scheidung im conservotiven Lager sowohl wie da- Zusammengehen von Nationolliberalea und Gemößigt.Loaservaiiveu tm einzelnen Fall, wo die Umstände eS angezeigt erscheinen lassen, erletchtert werden. * Von der gediegenen Personalkenntniß, mit welcher die „Kreuzzeitung" in die Wahlbewegung eintritt, zeugt folgende Bemerkung de» BlatteS: „Soeben ist in Elberfeld« Barmen eine neue, noch dazu auf fünf Jahre berechnete Wahl vereinbarung zwischen Couservativen und Nationalliberalen geschloffen worden, als deren praktisches Ergebniß sich ver- muthlich die Wiederwahl de» Herrn v. Eynern Herausstellen wird." Herr von Eynern ist aber niemals in Elberfeld« Barmen gewählt worden, sondern in Lennep-Solingen. Vertreter von Elberfeld-Barmen in der jüngsten Legislatur periode waren der nationalliberale vr. Gras und der frei« konservative Weyerbusch. Die Social-emokratie in Dänemark. * Dem „Hamburgischen Corrcspondenten" wird über die Socialdemokratie in Dänemark von dort unterm 1t. d. M. geschrieben: „ES ist «ine ganz unleugbare Thatsache, daß sich die Stellung der Socialdemokrateo in Dänemark immer mehr befestigt, und zwar nicht so sehr durch äußere Ausbreitung — obgleich auch diese stets sortschreitet — als durch die Beachtung und Anerkennung, die ihnen vo» anderer Seite zu Theil wird. Sehr viel trägt hierzu der Um stand bei, daß die früher so starke Partei der Linken jetzt völlig ia sich zerfallen ist. weil eS ihr an Einigkeit und Klarheit über die zu erstrebenden Ziele fehlt. Der radicale Theil dieser Partei, der von jeher den Socialdemokraten zuneigte, ohne die» offen zn bekennen, macht jetzt au» seinen Sympathien für sie kein Hehl mehr, und eS ist sehr zu befürchten, daß die Radikalen, wenn sich die früheren Gruppen der Opposition nicht wieder zusammensinden, mit den Socialdemokraten gemeinschaftliche Sache machen werden. Die socialdemokratische Presse findet in Dänemark ganz dieselbe Berücksichtigung wie die übrige Dresse — allerdings mit der Aus nahme, daß man bei Soiräen im königlichen Schloß, zu denen Jour nalisten oller Parteigruppen eingeladen werden, die Rcdactioa deS „Socialdemokraten" übergeht. AuS dieser erst kürzlich wieder vor- gekommenen Ausschließung nahm da» Blatt Veranlasiuag zu ver- jchiedenen höhnischen Bemerkungen gegen den Hof. Sonst werden die socialdemokratischen Redakteure ia jeder Weise berücksichtigt. Das socialistische Blatt „Toekomft" in Gent hat z. B. einen Lorrespon- denten zur Kopenhagener Ausstellung geschickt, und demselben ist vom Bureaa ebeasollS eine Karte zum Besuch der Ausstellung über lasse« worden. Der Kopenhagener „Socialdemokrat" erscheint jetzt in einer Aus lage von 25 000 Exemplaren, und er ist das bei Weitem verbreitetste Blatt Dänemarks. Da er mit großer Rücksichtslosigkeit auftritt, ist er zugleich sehr gefürchtet und übt daher einen nicht geringe» Einfluß in öffentlichen Dingen aus. In der letzten Zeit hat daS Blatt es sich angelegen sein lassen, da» Armenwesen und namentlich die Armenanstolten einer sehr scharfen und gründlichen Kritik zu unter ziehen, wobei allerdings arge Dinge zu Tage traten. Die Folge davon ist gewesen, daß sich das Publicum lebhaft für diese Ange- legrnheit interesiirt und daß die Verwaltung der betreffenden An stalten sich genöthigt gesehen hat» die gerügten Uebelstäude zu beseitigen. Die Grundgefttzseier am b. Juni war ein großer Triumph für die Soeialdeinokraten. Die Opposition hatte diesmal ganz von einem Festzuge Abstand genommen, und ihre beide» Hauptgrvppen hatten sich nur aus zwei Plätzen geräuschlos versammelt. Die Lou» jervativen hatten einen Fesizug von etwa 15000 Tbeilnehmern — die Angaben in den coaiervalivea Blättern darüber sind sehr über trieben — zn Stand« gebracht, die Eocialdemokrote» aber zoacn in einer Masse von 20—30000 Mann durch di« Stadt. Die Polizei hatte ihnen verboten, die Hauptstraßen zu benutzen, namentlich aber an der Ausstellung vorbeizuziehen. WaS man damit bezweckte, ist nicht recht klar, denn da» Aussehen, welche- der Zug machte, war darum kein geringere». LS wurde der Weg an dem großen VersommIungS- gebaude der Socialdemokrate» vorbei gewählt, und nun hatte man eine große Anzahl von Journalisten, namentlich Correspondeuten fremder Blätter, eingeladen, von den Fenstern de- Gebäudes aus den vorbei- marsch anzusehen. Die Folge davon ist gewesen, daß ia auslän dischen Zeitungen eine ganze Reihe von Berichten, zum Theil in begeisterten Ausdrücken, über diesen Festzug Aufnahme gesunden hat. Und überall, wo sich letzterer zeigte, ward er von der Be- vülkerung aus da- Wärmste bcgrüßt. Aus dem großen Felde vor der Slast aber, wo die eigentliche Versammlung ftattsand, war eine Menschenmenge versammelt, deren Kopfzabl sich nur schwer an- geben läßt. ES mag hier wohl der dritte Theil der Bevölkerung Kopenhagen» zugegen gttvese» sei». Wal nun die Reden betrisft, dt« bet dieser Gelearnhrtt gehalten wurden, so zeichneten sie sich durch «ine Maßlosigkeit und lieber- h bung au«, die mit der »n früheren Jahren beobachteten Ruhe und Mäßiguug auffällig coutraftirte. Der Maler Jeasen, Berwal- tungSmitglied de» „Socialdemokratischen Bundes", spottete über die Feigheit der Kopenhagener Polizei, die den Zug nicht am AuS- stellungSterrain vorüber gehen lassen wollte, weil sie besürchtete. daß sein kolossaler Uiniang den Fremden zu sehr »mponiren möchte. Mau hätte jedoch dafür gesorgt, daß seine Bedeutung jetzt erst recht dem Ausland« bekannt gemacht würde. Dann trat der Geschäfts- sührer de- Socialdemokratischen Bunde», Kuudsen, aus und donnerte gegen dar Grundgesetz — dessen Feier man doch beging. Er sagte, dir Reactionaire hätten da« Grundgesetz in Fetzen gerissen durch Zustimmung 4u Provisorien und königlichen Ordonnanzen statt ordnungsmäßiger Ge- setze, und schloß dann wörtlich: „Aber wir kennen eia andere» Grund gesetz: daS der schwieligen Fäuste. Auchwir billigen da-alte Grundgesetz nicht, wir wollen keine Paragraphen von der Macht de» König» und der Minister, wir wollen die Macht der Mehrzahl, de» Volke-. Da» alle Grundgesetz enthält den Paragraphen, daß die Regierung monarchisch ist — daraus lassen wir uns nicht ein. Wir billigen nicht, daß die Macht dem Königthum übertragen wird, denn dann kann eS «eschen, daß ein geborener Idiot König wird I» allen Ländern wütdet man jetzt gegen die Arbeiter, ia der Schweiz vernichtet man d>s Asylrecht, ia Amerika henkt man unsere Bor- kämpscr — da» »ft die weiße Internationale, aber der wollen wir die rothe entgegensetzen." Der Journalist Metier, eia ziemlich junger Mann, der sich erst in der letzten Zeit bemerkbar gemacht Hot, aber daS Zeug zu haben scheint, eine bedeutende Rolle bei den Sociakdemokralen zu spielen, begann mit der alten Phrase: „Die Arbeit ist die Quelle alle» NeichlhumS, und daS Resultat der Arbeit gehört Dcaen. die da arbeiten Bisher ist nur ein Guerillakrieg gegen die bestehende Ordnung geführt worden, ober damit reichen wir aus die Dauer nicht aus, und wenn es zu einer wirklichen internationalen Revo lution kommt, dann werden die jetzigen Machthaber und ihre Gendarmen eS zu entgelten haben. Wir aber waschen unsere Hände. Ein Hoch für den internationalen rcvolutionaireo SocialiSmuSN" Der lärmendste Bestall seiten- der versammelten Menge ward dem Redner zu Theil. Wie auch in den vorigen Jahren, sandten die beiden «ppositio- nellen Gruppen — die Liberalen nnd die alte Linke — den Social- drmokrateu ihren Gruß. Der Abgesandte der noch immer sehr starken liberalen Partei, Nedacteur Rex» sagte: „Die Socialdemo, kraten sind eine Partei, deren ganze Organisation unsere Hochachtung und Bewunderung gewonnen hat. Diese Partei ist die einzige, aus die wir uns verlassen können, und wir kommen Alle dahin, wonach sie strebt, da» wird sür uns Alle daS Ende." Er bat die Versammlung dann noch, auSzuhalten und sich nicht über tölpeln zu lassen. Boa dem Wortführer einer Partei, die bisher nicht in solchem Maße mit den Socioldemokratcn kokettirte, wie die eigentlich« Linke, war da» ein sehr bedeutsamer Ausspruch. Die Maßnahmen de» Ministerium- Estlup, namentlich die viet be kämpften Befestigungsanlagen, werden nachgerade auch dem besonneuen Theil der Couservativen zu viel; wenn aber dies Ministerium einmal abtreten und der Ausnahmezustand aushörcn wird, so kann es leicht geschehen, daß sich socialdemokratische Grundsätze auch bei der gesetz. gebenden Versammlung eiabürgern und damit der Verwirklichung näher rücken. Wie klug die Führer der hiesigen Socialrevolutionaire opcriren, beweist u. A. auch solgeoder Umstand. Bor Kurzem hielten di« Verwaltungen sämmtlicher Krankeacassen Kopenhagens eine Ver sammlung ab, um über neue Statuten für die Einrichtung dieser Lassen, sowie über die Unterstützung invalider Arbeiter zu berathen. Dieser Versammlung legte der obenerwähnte Geschäftsführer Kuudsen einen von ihm im Aufträge und nach den Angaben des Socialdemo- kratischen Bunde» ausgearbeitetea Entwurs vor, der von der Versamm lung — worunter sich sehr viele konservative Elemente besaadea — als Grundlage sür die Ordnung ihrer Institutionen angenommen wurde. Dieser Entwurf ist später al« selbstständige Schrift berausgegebeo worden und hat namentlich bei der liberalen Presse große Aner kennung gesunden. Allerdings sind die ia der Schrift ausgesprochenen Grundsätze ziemlich gemäßigt und von den Forderungen, welche die Socialdemokrateu namentlich sür die AlterSveriorgung ausstellen, sehr verschieden. Dieses anscheinend gemäßigte Vorgehen ist aber lediglich eine Finte, und jene Grundsätze find nur als eine Abschlagszahlung der eigentlichen Forderungen der Socialdemokrate» zu betrachten. Welchen Umsanz ihre Forderungen nach dieser Richtnng hin haben, wurde vor Kurzem ia ihrem Hauptorgaa ganz unumwunden entwickelt. Danach sollte der Staat die Penstonirung der invaliden Arbeiter übernehmen» was eine jährliche Ausgabe von 16 bi» 17 Millionen Kronen (circa 19 Millionen Mark) oder etwa '/, der gesammten StaatsauSgabea verursachen würde. ES ist ihnen mit dieser Forderung durchaus Ernst, und mau muß daraus gefaßt sein, daß seiten« ihrer Vertretung im Reichstage über kurz oder lang ein bezüglicher Antrag gestellt wird. Vorläufig wird ihm natürlich keine Folge gegeben werden, allein eS kann in den gegenwärtigen Verhältnissen nur zu bald eine Aeuderuug eintreteu. Di« von den Socialdemokrate», angelegte Brodbäckerei hat über alles Erwarten reüssirt. Sie rentirt sich vortrefflich, und daS Product ist so gut, daß es auch von anderer als socialdemokratischer Seite stark gesucht wird. Jetzt will mau weitergehen und auch eine Mühle bauen. Ohne Zweifel wird man die» Project verwirklichen und. wenn es sich alS lebensfähig erweist, eine ganze Reihe ähnlicher Anstalten errichten. Die Bedeutung dieser praktischen AuSsührung socialistischer Ideen ist gewiß nicht zu übersehen. Was der socialdemokratischen Bew^ung in Dänemark großen Vorschub leistet, ist die kolossale Ueberschwemmung de» Landes mit socialdemokratischen Schriften. ES wird die« ganz systematisch be trieben, hauptsächlich durch den „Socialdemokratischen Bund" in Kopenhagen, der überhaupt eine ganz außerordentliche Thätigkeit entwickelt. Er hat auch eine Uebersetzung der Marx'schen Hauplschcist anscrtigcn lassen und sorgt nun für ihre massenhafte Bertheiluiig auch unter da» nicht socialdemokratische Publicum. So werden die socialdemokratischen Grundsätze wohl bald Niemandem im Volke mehr unbekannt sein. Die Schritte, die von anderer Seile geschehen, um diesem Unwesen entgegeiizuwirkeo, sind völlig unzulänglich und verschlimmern darum nur die Sache. I» de» Tagen vom 12. bis 14. Juli wird ein socialdemokratischer Congreß in Kopenhagen abgehalten werden, und alle Vorbereitungen dazu werden in der »ngenirteste» Weise getroffen. Behördlicherseits scheint man die Beschickung dieses Congresscs eher befördern als erschweret» zu wollen, denn die Herabsetzungen de» Tarifs sür die Belörderung aus den dänischen Staatsbahnen und aus den Schiffen der Bereinigten DanipsjchiffSgesellschast, die den Besuchern der Kopea Hagener Ausstellung zu Theil werden, sollen auch den Theilnchmern des Congresscs zu Gut- kommen. An und sür sich ließe sich dagegen nun wohl nichts einwenden» weil diese Leute sich zur Kategorie der Ausstcllungsbesucher zu rechnen ebenso gut befugt sind wie alle anderen. DaS Anstößige dabei ist nur, daß in den socialdemokratischen Blättern mit gesperrter Schrift bekannt gemacht wird, daß die Congreß,i-itglieder als solche eine derartige Tee günstigung aus de» LtaatSbohnen haben sollen. Dieser Bortheil wird also Leute» gewährt, die ganz osstubar zu dem Zwecke zusam mentreten, Mittel und Wege zu beralh:», die bestehende Ordnung umzustüczen." ktckeli, peep-ruo. La» Wappen ist au« einem Stück gearb«tt:t und daher als bedeutende »echaiich« Leistung ,o belrachten. Die Kacheln de- Oft»- sind aut transparenten Glasnrsarben versehen. Nicht geringere« Interesse verdient die aus der linke. Seit« angebrachte Thür- einsassuug ganz an« glasirter Terrakotta, welche von zwei Pilastern, deren Füllung mit reicher farbiger Ornamentik geschmückt ist, gebildet wird. Diese Pilaster tragen ein Gesim» und darüber einen halbkreisförmigen Front»», ia welchem «ine geflügelte Figur mit Filchleib, mit zwei Löwen kämpfend. in Relief dargrstellt ist. Die Thür trägt die Aufschrift: Lmici» pari» Paten» «ata. Der Fußboden besteht au» einem durch Thonstiitenmosaik hergestelltea, in reichhaltiger Farben- scala gehaltenen Bild, da« den angemessenen Charakter eine» ruhig wirkenden Teppichs bewahrt. Die Mitte nimmt ein Kreisbild ein. daS den ob seiner vermessenen Vorwitzigkeit bestraften Aktäon vru seinen eigenen Hunden verfolgt darstellt. Aus der übrigen Fläche lummela sich Fabeltbier« herum, io der Eiafoffuug sind Seethiere. Delphine, Krebse, Fische, Rautilen dargestellt. Alle» farbig in heral- disch-alterthümlicher Auffassung behandelt. Während dieser Boden, der altrömischeu Technik ähnlich, au« 1 gen» großen farbigen Stiften zusammengesetzt ist, führt eine abschließende Einsossung die imitirtcn römischen Mosaikplattea vor. Eine um eine Stufe erhöhte Abthei- lung de» Raumes ist dagegen mit gewöhnlichen glatten eingelegten Mettlacher Platten belegt, die eine stilvolle Zeichnung ausweisea. Eia hervorragende» DecoratiouSstück bildet eine freistehend« Säule mit Postament, als Lreppeaabschluß gedacht, ebenfalls au« poly- chromirter Terrakotta, welche eia« Figur der Diana mit Hirschkuh trägt. Die Haare, der Köcher, sowie die Widderhörner im Lapüäl sind reich vergoldet. DaS au» der Mettlacher Fabrik stammende Tafelgeschirr zeigt theil» BlumeudecorS, theil» ornamentalen und Jagdschmuck, aus dem Gesims drr Vertäfelung sind werthvolle Fabrikate der Gesäßkeramik ausgestellt, von denen ich eine Base mit der Darstellung Christi und drr Maria aus blauem Grund al» sehr gelungen ia Farbe nnd Form hrrvorhrbe» möchte. AuS der Wadgafteuer Filiale der Fabrik stammt ein KrvstallglaSteller mit Glosurgravnre, da« Mititlbild Jupiter und Ganymed darstellend, der R-ud mit zarter Ornamentik geschmückt. Dieser Teller kostet die Kleinigkeit von 1000 Die Entwürse zu sämmtlichen angeführten Gegenständen, sowie die ganze wirkungsvolle Anordnung dieser Ausstellung rühren vom Maler O. Hüpp ia Schleißheim her. Die Eigenausstellung Lilleroy Sr Boch'S selbst stellt olle» bisher aus keramischem Gebiete Exponirt« in den Schatten und bedeutet einen vollen Triumph der sächsischen Industrie. Arthur Achlrituer. St« Jubiläum. ' Die große JubustrieouSftellung aller Völker zu London Im Jahre 1851 war r». welche aller Welt die Augen öffnete und zeigte, wie tief unser Kunstgewerbe mit der Zeit gesunken war. Mau war geradezu erstaunt über die Wahrnehmung und daß mau so lange sich gegen dieselbe hatte verschließen können. Man war dahin ge kommen, sagt Jacob von Falke, daß man gar nicht mehr daran dachte, etwas Schönes herzustellen, sondern nur etwas Nene» zu schaffen. Der Geschmack hörte auf, Geschmack zu seiu. er wurde zu reiner Mode, die mit der Saison wechselte, die eS schließlich dahin brachte, daß sogar der reine Unsinn sich breit machte. Dieser ganze wahrhaft trostlose Zustand konnte sich eine Zeit lang woht ver bergen, so lange Jedermann nur die locale Anschauung möglich war. Als aber die erste Londoner Ausstellung, dieses sür die Industrie große welthistorische Ereiguiß, die Gewerbtreibenden aller Länder und BSlker vereinigte, da lag daS Elend ia seiner vollen Größe vor einet Jeden Auge, drr sehen wollte und sehen konnte. Man erkannte, uriheilt Jacob von Falke hart aber gerecht, nicht blö den Mangel an Einheit und Originalität, die charakterlose Mannigfaltigkeit drr Imitationen, die Verwirrung und Ver- Mischung der Stile, sondern sah auch, daß ia aller industri- ellen Thätigkeit daS Kunstgesühl überhaupt zu Grunde gegangen sei. daß man die Gesetze der Farben verkenne, daß mau vom Relief kein Belständaiß, so wenig wie Gefühl sür die Linie habe, daß man überhaupt gar nicht mehr wisse, wo» schön sei, ja war nur Wirkung mache. Die- lernte man Alle-, nicht wenig über rascht von der Wahrnehmung, durch die Londoner Industrieaus stellung kennen, und et bedurfte einiger Zeit, um sich von dem so unerwortttea Eindrücke und Staunen, da« er hervorgebracht hatte, zu erholen und zu sammeln. Am ersten glückte diet den Engländern, und in ihrer energischen und praktischen Weise gingen sie sofort daran, «bhilse gegen die Schäden zu schaffen. Ganz besonders trostlos sah eS in jener Zeit aber bei un» au»; wie der dreißig- jährige Krieg die Cultur in Deutschland vernichtet hatte, so hatte er auch daS deutsche Kunstgewerbe zu Grunde gerichtet» da» sich seit jener Zeit nicht wieder hotte erholen können. Doch auch sür nn« sollte eia neuer Morgen aubrechen. Die Woge», die von England ausgegangen waren, drangen in immer weiteren Bogen auch bis zu UN» und zogen UN» in die Bewegung mit hinein, so daß, wie wir einst, da un» die Augen geöffnet wurden, staunten, daß wir so ties ge- funken waien, wir heute staunen müssen, wie weit wir es in so verhältnißniäßig kurzer Zeit gebracht haben, Dank dem Eifer und den rastlosen Bemühungen der Besten unserer Zeit. Dank aber auch der künstlerischen Beanlagung unsere- BolkeS, die durch die traurigen Verhältnisse wohl hatte eingeschläsert, aber nicht vernichtet werde» können. ES ist unmöglich hier der Ort, all der Mitarbeiter an dem Werke zu gedenken, das sich zu so erfreulicher Höhe wieder ousgcschwungeu hat. Pflicht ist eS ober, eia Unternehmen nicht un- berücksichtigt zu lassen, das in dem Strebe», unserer Kunstindustrie zu dienen nnd sie ans das Kräftigste zu fördern, allen anderen immer als leuchtendes Vorbild vorangcgangea und in diesem an eiuem Markstein angelanqt ist, durch welchen es einen Abschnitt seiner Existenz in ehrenvollster Weise beschließt. Wir meinen die >m Jahre 1863 gegründete, unter der Redaktion von W. Bäumer und I. Schnorr inS Leben getretene und heute, nach sünfundzwonzigjährigem Bestehe» unter Leitung von Ludwig Elsenlohr und Carl Weigl« in vollster Blüthe stehende „Gewerbehalle", Organ sür den Fortschritt ia allen Zweigen der Kunstindustrie. Stuttgart, Verlag von I. Engelhorn. Aus das Kräftigste hat die „Gewerbehalle" ia diesem verhältnißmäßig langen Zeitraum ihres Bestehens an der Wiedergeburt unseres Kuustgcwerbcs mitgewirkt. nicht in groß- sprecherischer Weise, sondern in stetiger, gediegener Arbeit, so daß sie sich rühmen kan», ein gut Theil zur Entwickelung unserer Kunst industrie mit beigetragen und reiche Früchte gezeitigt zu haben. Für die Förderung deS Kunstsinnes und Geschmackes, wie zur Veredelung künstlerischen StrebenS und zur Anrcguag schöpserischer Thätigkeit ist die Anschauung »nd das Studium anerkannt mustergiltigcr Kunst, arbeiten und Werke vou entschiedenem Werthe. E» bildet sich dadurch da» Stilgefühl und gewinnt jene Sicherheit, das Verfehlte gewisser maßen instinctmäßig beim eigenen Schaffen zu vermeiden und an den Leistungen Anderer sofort zu erkennen. Im Interesse dieser Ziele hat die „Gewerdchalle" unentwegt bis jetzt gewirkt. Sie hat zu ihrem Theile mit beigctragen, das Handwerk ebenso aus den Fesseln de« bloS Hergebrachten zu befreien, wie vom unselbstständigen Hin- gebea an da» nur zu oft principienlose Neue, die Mode, abzuhalteu und daS Streben und die Besähignng mehr und mehr zu beleben und zu fördern. So ist ia dem erwähnten Sinae in de» nunmehr vorliegenden fünsundzwanzig Jahrgängen de- treffliche» Organ» eine Fülle von Mateeial au» den reichen Schätzen alter und neuerer Zeit geböte» wordrn, das nicht vrrsehlt hat, ouregeod und läuternd zu wirk'». Kunstgewerbliches. Sin sächsischer Triumph ans keramischem Gebiete. CI München, 18. Juli. Die Hoffnung, mit drei Artikeln die sächsische Abtheiluug der deutschnotionalen Kunst. gewerbeauSstellung erschöpfend besprochen zu haben, hat sich nicht erfüllt, denn noch immer werden in der Ausstellung Kisten ob. geladen, welche tbeilwcise auch sächsische Schätze enthalten. Seit dem Erscheinen meines Hl. Brieses hat sich der Eigenpavillon der berühmten Firma Villeroh L Bock, anfgethaii. dessen Inhalt direct ein sächsischer Triumph aus keramischem Gebiete genannt werden darf. Tieie PavillonouSstellunq gehört zu den nicht zahlreichen Ausstellungen der großen Fabrikiiidustrie, bei welchen sich gediegene Leistungen ia der Herstellung der Waare mit eiuer höchst originellen künstlerisch empfundenen Aufstellung und Anordnung der Objecte vereiniget». Ta- Ganze stellt ein 6'/, w breite- und 4 w tiefe» Iogdzimmer dar, dessen Decke von einem mächtigen cassetirtei» Ge wölbe ia Segmenlsorm gebildet wird und ganz aus emaillirter Terrakotta besteht. Die Rippen der Eintheilung sind in gelblichem Ton gehalten, die Füllungen ia dcu von ihnen gebildeten Lassetten sind mit farbigen Rosetten aus goldgestrahltem Grund auSgefüllt. Eia in einer Hohlkehle liegender Fruchtsließ schließt die Decke gegen die Wandflächea ab. Die Wondflächea sind durchaus mit reliefirtea und emaillirtea Platten von tiesgrüaer Farbe bekleidet und lasten nur an der dem Beschauer zugekehrten Wand ein größere» Feld frei, welche» durch ein Wandgemälde (Jagdstück) geschmückt wird, da« aus Wanbflicßcn mit Muffelsarbeo gemalt ist. Link» in der Ecke ist rin Komin angebracht, dessen Platte vou farbig gehaltenen Herme» getrogen wird. Au- den Bogenzwickeln ragen paiisbäc'ige EngelSköpse hervor, Wind zublasend. An dem von kurze» Säulchcn getrogenen steilerhöhten Aussatz über dem Kamin leuchtet da- HubertuSwappen mit drr Auffchrisi: Venntori» ioeigvn mit Spangcnhelm und springendem Hirsch al« Helntthier ruigegea. Uater dem Wappen liest man: Deo et enveto Loderte» Sterblichkeitsbericht. * Gemäß den Veröffentlichungen de» kaiserlichen Gesund- heit SamteS sind in der Zeit vom 1. bi» 7. Juli er. von je 1000 Bewohnern, ans de» JahreSdnrchschnitt berechnet, alS gestorben gemeldet: io Berlin 23,6, in BreSlau 29,0, in Königsberg 25,9, in Köln 23,8, in Frankfurt a. M. 11,2, ia Wiesbaden 23,3, ia Hannover 13,0, ia Kassel 26,4, in Mägde- barg 34,6. in Stettin 88,6, ia Altona 23,7, ia Straßbarg 26,9, in Metz 24.8, in München 31,6, in Nürnberg 22,4, in Augsburg 25,9, in Dresden 22,7, in Leipzig 17,8, ia Stuttgart 17,6, in Karts, ruhe 20,1, in Brauuschweiq 24,3, in Hamburg 25,2, ia Wien 23,7, in Pest 32.4, in Prag 33.9, in Triest 20,7, in Krakau 42,8, in Amsterdam 18.7, ia Brüssel 27,0, ia Pari» 19.4, ia Basel —, in London 14,7, ia Glasgow 18,9, ia Liverpool 15,8. ia Dublin 2H2. in Edinburg 16,8, ia Kopenhagen 22,4, ia Stockholm 20,2, in Christiania 17.3. ia St. Petersburg 33,8. in Warschau 27,2, in Odessa 36,1, in Rom 19,6, in Turin 26,6, ia Venedig 22.2. in Alexandria 30,2. — Ferner ia der Zeit vom 10. bi» 16. Juni er. in New-Port 23,8, in Philadelphia 18,1, in Baltimore 19,1, ia Kalkutta 22,6, in Bombay 22,8. ia Madras 35,5. Die Sterblichkeit hat ia der BerichiSwoche ia de» meisten größeren Städten Europa» im vergleich zur Borwoche abgeuommea, doch übersteigt sie noch ia vielen derselben die normale. Sehr gering (bis 15,0 pro Mille »ad Jahr berechnet) war die Sterblichkeit in Creseld (11,1), Franksnrt a. M. (11,2), Hannover, Bremen, Rostock. Lübeck, London. Günstig (bi» 20,0 vr. M. u. I.) blieb die Skerb- lichkeit auch in Leipzig, Barmen, Stuttgart, Düsseldorf, Elbcejeld. Amsterdam. Pari», Glasgow, Liverpool. Edinburg and Christiania. Mäßig hoch (etwa» über 20,0 pro Mille) in Karlsruhe, Triest, Stockholm u. a. O. Hohe SterblichkeiiSzisser» (über 35,0 pro Mille) wurden au» keiner deutschen Stadt gemeldet. — Unter den Todesursachen waren eS vornehmlich Darmkotarrhe »ad Brechdurch- fäll« drr Kinder, dir i» großer Zahl, wen» a»ch meist etwas wrntger als t, drr Vorwoche, »um Tod« führten» s» namentlich 1» Berlin,
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