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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807307
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880730
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-30
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1888
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212. Erste Beilage M Lchcher Tageblatt und Anzeiger Montag den 3V. Juli 1888. 82. Jahrgang. ver Preis. Humoristisch« Skizze vou Ferdiuaud Psohl. kia-dru« vertotvi. (Schluß.) Dt« köstliche Nordbrise fächelte wie LenzeSwehen am Letzten de- Wonnemondes Herrn Cäsar'- erhitzte Wanzen, als er. daö Manuscript in der Tasche, durch das Gewühl von lebendigen Ijoouls L In mockv, Modeochsen, steifen Gecken, üppigen Damen. Börsenjobbers, durch den Mischmasch von Buben, ehrsamen Bürgersleuten, Droschken. Hunden und träger Müßiggänger sich hiuvurcbwand. E» folgte ihm Niemand. waS einen Verlust für die Wissenschaft der Psychologie bedeutet. Wäre Jemand ui seinen Fußsiapsen gewandelt, er hätte die aussällige Be merkung gemacht, daß Herr Cäsar Zirrgiebel eine besondere Vorliebe für die Buchhändler habe, denn immer Uesen die Spuren in die Geschäftsräume großer und kleiner Buckgeschäsle hinein; er hätte ferner wahrgenommen, wie kurze Zeit nach seinem Eintritte Herr Zirrgiebel mit offenbar beschleunigter Geschwindigkeit durch die von fremder Hand geöffnete Thure an daS Tageslicht gelebewohlt wurde, woraus sich derselbe Borgang an mehreren Stellen der Stadt mit demselben Ein- und AuSgang wiederholte; wäre Jemand Herrn Cäsar Zirr giebel in dichter Nähe gefolgt, er hätte gehört, wie dieser mit dem Tone einer gereizten Brillenschlange durch die Zähne zischte, wie endlich seine Verwünschungen in einen langen, fortlaufenden Monolog auSarteten, der von Hallunken handelte und Arsenik. Aber Niemand folgte ihm. Niemand hörte die Klagen und Seufzer seines gerechten Zorne»; Niemand, nur Boreas, der hinter ihm hcrschnob durch die wirbelnden Straßen, erlauschte ihr Ungestüm ,.O elende Verleger! Warum wollt ihr die Thaten meines Geistes verneinen? Warum stoßt ihr mich fort aus euren schnöden Blicherbuben? Weil ich unbekannt bin? Weil ick verleumdet, zu Tode verleumdet wurde? Weil ich Talent habe und kein Kriecher bin? Warum — frage ich euch — warum stoßt ihr mich sorl? Weil ich eure Verbrechen am Talent und Leben veS Schriftstellers brandmarke? Weit ich Len Kindern eures literarischen Findelhauses die Nnthe geqeben? Weil ich vor diesem Hosrathe und jener Excellenz nicht den Buckel gekrümmt? Oh —! Also todt, todl- geschwiegen! O elende Verleger! elende Verleger! Dummer Kerl! — pustete der Nordwind, und lachend wars jirrgiebel trat lchüre er eben so er einige Ziegel von den Dächern herab ängstlich in daS Cafehaus ein, unter dessen stand; es mar ziemlich leer und die weißen Marmortische gähnte» ihn an wie reine, unbeschriebene Papierbogcn Um an seinen geliebten Schreibsast erinnert zu werden, bestellte er leise einen Schwarzen und griff mechanisch zur nächsten Zeitung. Während er mit offenbar grimmige», Behagen seinen Kaffee schlürfte — aus seinem Antlitz hing eine Wetterwolke, die zu bedeuten schien, er wünsche, daß dieser Kaffee vergiftet den Verlegern vor- gesctzl werden möge — während seine Lippen in den dunkeln javanischen Trank sich senkten, stierten seine Augen in die Spalten der Zeitung; das Blatt knirschte, als er eS um- wandte; er überflog seinen Inhalt. Da plötzlich, die erhobene Taffe in der Neckten, beginnt er mit größtem Interesse eine Nachricht zu studiren; die Wolke verzog sich von seiner Stirne. Erlachte Ich Habs, ich Habs—! ries er fröh lich. Er sprang auf. vergaß in der Geschwindigkeit seine Zeche z» bezahlen, bis ihn der Kellner aus die unerläßliche Wichtigkeit dieser vortrefflichen Handlung aufmerksam machte. Er stürmte nach Hause, er flog die Treppen hinan, lies in seinem Mühsaat wie besessen auf und ab. und als seine Wirthin zu ihm herein- lrat, brüllte er mit dem Heroismus des gewissen, endlichen Sicgetz: Emerentia, mir ist geholfen, endlich geholfen! ich schwöre es — entweder den Preis oder ich werde wieder — Schuster I Emerentia schaute ihn verständnißloS an. Er aber sprudelte: Oh — eS giebl noch wackere Männer in unserem Baterlande, die eS ehrlich mit Kunst und Künstler meinen Im sreicn Wettbewerbe, ohne Cbicane, ohne Rottengeist, ohne Hinterlist und Bestechung muß ich siegen! Hier giebt es kein Todtschwcigen! „Tausend Mark ... Ach —! Welches Glück !" „Tausend Marl? lächelte Emerentia ungläubig. . Tausend Mark?" „Ja — Weib! Tausend Mark! versicherte er mit bestimmtem Tone, daß sie aiifing. mit besonderem Interesse ihn anzuschauen; sie fand ihn sehr anziehend, sie fand ihn sogar hübsch. . . Tausend Mark! Sie sah sich putzt, schön gekleidet. „O, Cäsar", flüsterte sie. . . „lieber Cäsar. . . Wenn Sie wüßten. . Sie bemühte sich, roth zu werden, was ihr nach einiger Anstrengung auch gelang. . . „Ja. — tausend Mark . . .", sagte Cäsar — „und dann berühmt, mein Kind! Und dann kommen noch oftmals, „och unzählige Male tausend Mark. . . Ich nehme dann eine Professur für Literaturgeschichte an der Universität an; ich bekomme Orden. Auszeichnungen — Titel —, vielleicht halte ich mir auch Pferde, wahrscheinlich, höchst wahrscheinlich thue ich'S. " „Pferde? Ach. wie reizend. Sie haben mir einmal gesagt, daß Sie mich lieben — Cäsar. — O — erinnern Sie sich noch? — wenn Sic wüßten; liebster, bester Cäsar O — Ach — ich liebe Dich; Cäsar, mein Cäsar Du. oder Keiner!" Sie flog an seine Brust, worüber er zuerst erstaunt, dann sehr erfreut war. — Emerentia schluchzte vor Freude „Tausend Mark!" wimmerte sie; „tausend Mark! O — Cäsar, ich habe Dich immer geliebt, — Professor! Du bist mein Leben! . . Pferd«! Ich liebe Dich glühend — Romeo! „Emerentia!" Die beiden Seelen jubelten noch lange fort und zwitscherten so viel Liebes und Süßes. „Ja — aber wenn ich den Preis nicht Braut?" „Wenn Du den Preis nicht bekommst . . Emerentia nachdenklich. „Wenn ich nicht berühmt werde?" — „Nicht berühmt wirst?" „Keine Professur, keine Pferd«? . „Keine Professur, keine Pfer. . .?" „WaS dann, mein herzallerliebster Schatz, meine Wonne, meine Sonne!?' „O — Cäsar — wir wollen eS abwarten! Nur keine llebereilung! Hast Du Aussicht, den Preis zu bekommen?" — Sie befreite sich au» seiner Umarmung und schaute ihn prüfend an. „Natürlich! Versteht sich!" versicherte er eifrig. — „Siehst Du, so ein geniale» Werk, wie die- da — er deutete aus das Schriftsteller-Elend — ist schon lange nicht geschrieben worden." — Emerentia näherte sich wieder und faßte seine Hand. „Es wird Aussehen machen — aus alle Fälle!" Emerentia drückte seine Hand mit Inbrunst. „Ja, aus alle Fälle! Und dann hat mir in der letzieo Nacht auch geträumt, daß ein großer Esel Clavier spielte, und da» ist ein außerordentliches Anzeichen; e« bedeutet, daß. wie selbst die Esel heutzutage schon Clavier spielen, die be schränktesten Köpfe durch mich — so hoffe ich — jo das Lichtreich eingesührt werden. Und dann, meine Blüthe! Die Preisrichter sind al» solche so sehr zu bedauern, daß ihnen mein Schriststeller-Elend da» ganze Elend de- Berufes vor die Seele sübren wird. Da» größte Elend de- Schriftsteller- ist da» Prei-nchteramt. — Ich bekomme ergo dm Prei-l" bekomme, süße .?" wiederholt Emerentia lag au seiner Brust und schwor ihm ewige ' 'reue O, diese Emermtia war «in so gute- Geschöpf. Sie war nicht mehr jung, aber gut erhalten; sic war gut erdallen, obwohl vom Schicksal etwas überspielt. Sie war vom Schick st etwa- überspielt, ober doch eine ehrenwertbe Dame ge- »lieben, die von einem bescheidenen Vermögen bescheiden lebte und sich noch hübsch genug fand, begehreaswerth zu sein. Sie »alte eine Passton für Künstler, Fabrikwaare der Natur ver abscheute sie. In ihren freien Stunden pflog sie mit ihrem Zimmerherrn gewöhnlich schöngeistiger Gespräche — wars allerhand verfängliche Fragen aus, z. B. warum Goethe den Faust nicht in Prosa geschrieben, warum die armeu Leute so chlecht gekleidet gingen, ob die kleinen Kinder Säugethiere wären, warum man auf den Landstraße» nicht Dattelpalmen anpflanze. warum Adam keine Eisenbahnactien gekauft habe, ob der Selbstmord sehr wel>« thäte? u. s. w. Cäsar beantwortete die Fragen stet» mit einer Sanftmnth. die etwa» unsagbar Bezauberndes für da» jungfräuliche Herz Emerentia'S hatte. Sie war ihm sehr zugethan und kannte eine Gedichte auswendig. Er wußte daS sehr zu schätzen, ehr; er mußte also den Preis erhalle», um dieses boldc Ge- chöps sein eigen nennen zu dürfen! Unbedingt! Der Preis mußte sein werden. Er nahm also sei» „Schriftsteller-Elend", versah eS mit dem Motto: „Es kann die Spur von meinen Erdentagen nicht in Aeonen untergehn", versiegelte eS vorsichtig und wars den dicken Brief in den Schalter. Entweder berühmt oder — Schuster! schwur er — Oder Schn—ster! — stammelte Emerentia ganz entsetzt. Berühmt oder Schuster! Ja! Das Preisrichtcrcollegium war versammelt, eS bestand auS vier Schriftstellern, aus welche die Nation ein Neckt hatte, stolz zu sein. Der Eine war ein sehr berühmter Kritiker und trug einen Klemmer auf der Nase; von dem Zweite» berichtete die Literaturgeschichte, daß er als Hosralk die poetisch-stilistischen Arbeite» der jungen Prinzen zu überwachen habe, und ver Dritte batte lange Locke», die er nicht um Alles in der Welt hätte abschneiden taffen, weil dadurch die Sicher heit seiner Perücke sehr gelitten hätte. Der Vierte enolich genoß als Nedacteur einer V>erteljahrSschrist: „DaS Meer schwein, Organ für die leiblichen und geistigen Interessen aller Meerschweine", einen vorzüglichen und voll gerechtfertigte» Rus. In dem Raume herrschte ein bedeutungsvolles Schweigen. — Man sah sich erstaunt daS Riesengebirge von Manuscripten an. daö aus einem große» Tisch ausgclhürmt war. Der Hosrath hatte sich eines Manuscriptes bemächtigt und laS eisrigst darin. Von Zeit zu Zeit murmelte er ein „Nicht übel", und dann machte er sich eine Notiz in sein Taschenbuch, die er später einmal in einem großen Bucke, daö er schon seit zwanzig Jahren unter der Feder hatte, aber leider nicht fertig bringen konnte, zu benutzen gedachte. Der Meerschweiu-Redacteur halte dir Manuscript« gezählt und gesunden, baß die Zahl ncunhundertsünszig di« Zahl seiner Abonnenten um das Dreifache übersteige. »Meine Herren!" sprach der berühmte Kritiker mit dem Klemmer, die Sitzung eröffnend: »Die außerordentliche Be lheiliguug der schriftstellerischen Welt an unserem Preisaus schreiben läßt unschwer zwei Momente erkennen: sie zeigt eine ungebeure Production — was an und für sich sehr erfreulich ist, lenkt aber auch die Aufmerksamkeit jenen literarischen Kreisen zu, welche die Stammgäste aller Preisausschreibungen sind. In erster Linie sind eS arme Teufel, bei denen eS sich darum handelt, einmal etwas zu verdienen, dann sind eS alle jene Leute, welche den Ehrgeiz haben, bekannt werden zu wollen. Als ob bas nvtbig wäre! Und drittens sind eS die Weiber, die mit ihrer Pocterei uns Männern Concurrenz machen und uns zu Hause vernachlässigen. Ein doppelter Schaden, den abzuwehren Ihre cisrigsle Aufmerksamkeit sein iniiß, meine Herren! Die Weibermanuscriple müsse Sie also sosort bei Seite legen. Die »eilenden Gesichtspunkte für die B-urtheilung der anderen Manuskripte kennen Sie ja. meine Herren! Nur daS Eine ruse ich Ihnen i»S Gedächluiß zu rück, baß wir uns nicht blamiren dürfen und daß der Preis von tausend Mark, falls sich keine der eingesandlen Arbeiten seiner würdig zeigen sollte, unter die Herren Preisrichter stillschweigend verlheilt wird. Also, meine Herren, richten Sie streng, aber gerecht!" Die Rede beS Kritikers wurde mit den Zeichen lebhafter Zustimmung ausgenommen — dann wurde sestgestcllt, daß jeder Ver Preisrichter fünf Manuscriptc lesen sollte — die anderen neunhundertdreißig behandelte man mit rücksichts voller Scheu und sperrte sie aus 3 Monate in einen dunkle» naßkalten Raum, wo die armen Geisteskinder elendiglich da h »siechten zu sicherem Tode. O — diese Preisrichter wußten nicht, daß Leben in den Papieren fei. DeS Nackts steigen aus den Manuscripten die Geister empor und klagen und wimmern; da weinten die Trauerspielhelden, galante Damen waren untröstlich über den unwirthlichen, kühlen Raum, und selbst die kleinen, humoristischen Kobolde machten nur mit Thränen im Auge ihre possirlichen Purzelbäume. — O — diese PreiSrichterl Neunbunderldreißig Geister! Ist eS da ein Wunder, wenn sie ihre Manuscript-Wohnungen verwechselten, so daß ein humoristischer Kobold in eine philosophische Tonne hineinschlüpfte und darin kicherte, daß der öde, abgemagertc Geist einer ästhetischen Reflexion in ein Lustspiel sich verirrte, so daß der Autor später nickt begreifen konnte, wie man so etwas Langweiliges schreiben fönne! Wird sich noch Jemand darüber wundern, wenn so manche gepuderte und geschminkte Schönheit i» einem Novcllcnbuche bei einem reiche» Gutsbesitzer sich ansiedelte? Und wel Beziehungen ergaben sich unter de» Geistern! Das war ein Tohuwabohu, ein Durcheinander, ein Gebräu voll phantastischer Gäbrung! Aber daran dachten die Preisrichter nicht; sie rauchten Cigarren, tranken bayerisches Bier und spielte» SckasSkopf. In der Thal Männer, auf welche die deutsche Nation ein dieckt hat, stolz zu sein O, Cäsar Zirrgiebel, wie wird eS dir ergehen! Dein Manuscript schob ein günstiger Zufall dem Redakteur der VierteljahrSschrist für die Hebung der leiblichen und geistigen Interessen der Meerschweinchen zu... . Wie wird eS dir ergehen! Drei Monate! Drei lödtlich lange Monate rollten langsam mit Centnerlast über daS Herz Cäsar's. Drei Monate hindurch war er auf die Folter gespannt. — Drei Monate hindurch wiederholte er jede» Tag die fürchterlichen Worte: »Berühmt oder Schuster". Fräulein Emerentia war darüber sehr unglücklich, und besonders der Gedanke, die Pferde fahren zu lassen, schmerzte sie herb. Aber die Zeit verstrich doch; immer näher rückte der Tag der Urtels Verkündigung — Cäsar wurde nervös — aufgeregt, die Haare fielen ihm auS, heiß und kalt lief eS ihm über den Nucken — er konnte nicht mehr schlafen, und wenn er in kurzen Schlummer siel, bann quälten seinen irren Geist schalkhafte Traumbilder; hatte er einstenS einen Esel geschaut der Clavier spielte, so sah er jetzt zweie, welche vierhändig spielten, und er war — o Entsetze»! zum Pedal geworden aus dem die scharfen Esel-Huse rücksichtslos herumtralen. . Trübe Ahnungen suchten ihn heim; er gedachte Emerentia'S er gedachte unbezahlter Rechnungen .... O armer Zirr gievel! Und endlich war der Tag der Entscheidung gekommen .. er stürzte in daS Casb und durchflog fiebernd und zitternd die Zeitung. Da! Da! — Nein! Hier! Endlich fand er daS Urtbeil deS Preisgerichte-; wie ein Blitz subr eS ihm durch alle Glieder — er fühlte eine eisige Kälte in seinen Glieder»; er ward blaß und roth, und als endlich seinen kreide weißen Lippen ein Laut sich entrang, da klang eS wir: „todt" und .— Schuster". Die Preisrichter machten bekannt, daß unter den ringe« lieferten Manuscripten keines für würdig deS Preise» befunden worden wäre. Und Cäsar Zirrgiebel ist doch »och ein Meister geworden, ein sehr tüchtiger Meister, der mit den vornehmste,« Füßen der Stadt aus bestem Fuße steht. Sein Schuhwcrk ist in der Thal schier unzerreißbar, aber ziemlich lheuer, WaS Meister Zirrgiebel damit zu begründen sucht, daß er viel Lehrgeld ahle» niußte. Herr Zirrgiebel ist mit der Zeit ein sehr be häbiger, vermögender Mann geworden; sein Humor war ebenso beliebt wie seine Stiefeln und Schuhe. Ich besuche ihn sehr oft; er hat für mich stets einen Dreifuß srei, von wo auS ich mit ihm bald ernste, bald heitere Plaudereien ühre; er erzählt mir dann die Märchen seines Lebens, und pflegt sehr herzlich zu lachen, wenn er der Zeit gedenkt, in der er den Sternen näher war al» der Erde. Man muß ein gute» Schuhwcrk haben, wenn man gut und anständig durchs Leben gehen will, sehr gutes Schuhwerk, sonst brückl unS sehr bald irgendwo der <Ächuk und dann giebt eS eiuen kläglichen Anblick, so einem arme» Hinter zu begegnen. »Und die Emerentia, lieber Meister?" »Je nun, die ist noch immer zu haben, und schreibt des halb preisgekrönte Novellen . . ." Oesscutl. Verhandlungen der Stadtverordneten au, 18. Juli 1888.*) (Aus Grund deS PiotokollcS bearbeilet und mitgethetlt). Die von 40 Eladlverordnclen, dem Herrn Oberbürgermeister I)r. Georgi. Herr» Bürgermeister Justizralh vr. Tröndlt» und de» Herren Sladträthen Mcchler, Dietel, Schmidt-Sühl- mann, Grüner, Dürr, Or. Wan ge mann und Ftnanzrath a. D. Vr. Fischer besuchte Sitzung e, öffnete der Borsitzende, Herr Vor steher Justizrath Or. Schill, durch Mittheilung folgender Acgi- slraiideneingänge: a. Na thsschreibea, Umgestaltung der Promenaden- Anlage vor dem Westportale der Thomaskirche betreffend. Da Niemand hierzu das Wort verlangt, bewendet eS bei dem Schreibe». d. Dankschreiben des Herrn Architekt Moritz für die ihm gewährte Gratisication. . Liegt aus. e. Schreiben des RatheS, wonach derselbe bei der theilweisen Ablehnung der Vorlage wegen Her stellungen in Zimmer Nr. 134, 135 rc. deS Kranken hauses Beruhigung saßt. ä. Rathsschrciben, Versteigerung der zum Zwecke der Errichtung einer Markthalle erworbenen Gebäude aus den Abbruch betr. Der Herr Vorsitzende bemerkt, daß er der Einsachheit der Sache wegen die Verweisung dieses Schreibe»- an eine» Ausschuß nicht für uöthig gehalten habe. Aul Anfrage des Herrn Vor sitzenden wird einstimmig beschlossen, der V rsteigerung der betr. Gebäude aus den Abbruch ziiiustinimeu und Ermächtigung zur Er- thcilung deS Zuichlags auezusprechen. e) Ratbsschreibeu, Mittheilung eines — in- zwischen unter die Mitglieder des Collegiums verthciltea — Deputations-Gutachtens und eines OrtsftatutS. die Ausnahme der Borsta dtdörser betreffend. k) Gesuch des Herrn Dodel um Urlaub für die Monate September, Oktober und November d. I. Der Urlaub wird einstimmig bewilligt. Aus Anfrage des Herrn Vorsitzende», Justizroth Or. Schill, wird einstimmig genehmigt, daß die aus die heutige Tagesordnung gesetzten Gegenstände, welche noch nicht 8 Tage aus der Reqistiaude waren, beute mit zur Berathunq uno Bcichlußsassuug gelangen. Hieraus tritt mau i» die Tagesordnuag ei». Herr Wagner referirt für den Bau-, Oekooomie- und Finanz- Ausschuß über Ankauf eines Streifens von dein an denSchankel» graben angrenzenden Grundstücke des Guls- >eiitzers Herrn Liebner von 1,6 m Breite und .66 w Länge, also 266 qm Flächengehalt» entlang des Schaukelgrabe ns zum Preise von 1,50 -/i pro Quadratmeter (--- 399 ^i). Die vereinigten Ausschüsse beantragen: die Vorlage zu genehmigen, welcher Antrag einsinnmig angenommen wird. Derselbe Herr Referent berichtet für dieselben Ausschüsse über die Rathsvorlage, betr. Verkauf des an der Kronprinzstrabe gelegenen Bauplatzes Nr. 3 deS Parcellirungsplanes Nr. 3047 von 862,15 qm Flächeugehalt für 30 pro Quadratmeter. Die vereinigte» Ausschüsse beantragen hierzu: Zustimmung zur Vorlage, da man in, Hinblick aus die bedeutende Tiefe deS sraglicheu Platzes den gebotenen Preis jür ausreichend hielt. Dieser Antrag findet einstimmige Annahme. Herr Wagner erstattet Bericht für dieselben Ausschüsse über die Vorlage, betr. den Rathsbejchluß: Herrn Schlossermeister Friedrich KarlHerrmana Fritzsche für die Hälfte des von seinem Grund- II ücke au derEcke der Alexander- uvdLolonuaden- itr aße zur Verbreiterung der ersteren abzu- iretenden Areals vou 50,83 qm einen Preis von 100 pro Quadratmeter a»S dem Betriebe zu gewähren. Der aus Zustimiliung zur Vorlage gerichtete Ausschußankrag wird cinsuuumg angenommen. Derselbe Herr Referent berichtet sür den Bau- und Finanz- ausschub über Verwendung des vormaligen Re itstallgebäudeS als Decoratioosinagaziu der städt. Theater und Aufwendung von 5600 sür hierbei nöthig werdende bauliche und sonstige Herstellungen » conto Betrieb pro 1888, sowie Berwilligung von 360 für Unterhaltung de- Gebäude-, Treppenbeleuchtung, Walserzins und Gruben- rüumung sür da- Jahr 1888. Antrag der Ausschüsse: di« Raitsvorlage anzunehmen, aber dem Rath« den Wunsch zu erkennen zu geben, das Reitst allgebäude möglichst bald »kreißen und für eia feuersicheres Gebäude an anderer ge« cigneter Stelle Sorge tragen zu wollen. Nach Berlciung der Vorlage und Hinweis ans den Kosten anschlag bemerlt der Herr Referent zunächst, daß sachverständige Mitglieder der Ausschüsse die projectirten baulichen Vornahmen zweck- mäßig fanden. Was jedoch die principielle Seite der Sache aniange, so nahmen im Ausschuß mehrere Mitglieder Veranlassung, den Abbruch des Gebäudes onzuregen, welche» an dem betreffenden Promenaden- theile einen unschönen Eindruck mache und jetzt nach der Vorlage so viel HerstellungSauswand erfordern würde, als fein Buchwerth betrage. Die beireffenden Mitglieder wollten daher die Vorlage obqelehnt »nd den Ralh um eme neue Vorlage wegen eines onderc» Gebäude- zur Unierbrmgung der DecoratioaSgegenständ« ersucht wissen. Die» war jedoch nicht die Ansicht der Mehrheit der Ausschußmilglieder und man einigte sich zunächst nur dahin, eine Commission wegen geeigneter Vorschläge einer anderen Unterbringungsweise nieder- znsetzen. Die Commission, welche längere Zeit wegen Behinderung bez. Abwesenheit zweier ihrrr Mitglieder nicht in der Sache lhätig sein konnte, ichlug einen And«» oder die Aussetzung eine» Stockwerks aus den jetzige» TecoraiionSmogozlnschurven im Lagerhose vor, wofür sich aber die Majorität au« prakisschen, bautechnsschen und feuerpolizeilichen Gründen (man fürchtete Einsprüche der bcthciligle» *) Liogegangen bet der Redaction am 27. Juli. Feuerversicherung». Seiellschasten) nicht entschied. Auch sür eine» Neubau aus Lagerhoj-Areal war die Majorität nicht, theil» der Kosten Wege», theils, weil man nicht wisse, wie lange ein solcher Neubau stehen bleiben könne, da bezüglich de- Lagerhoj-Areal- Veränderungen bez. Umgesiallungen bcoorstehen dürsten. Dagegen fand die Majorität der Ausschüsse daS Rcitflallgebäude für die Unterbringung der Theatergegeuslaude ,c. ganz geeignet, und war sür die Vorlage, weil dort eine gute und leicht zugäagige Aus bewahrung der Gegenstände — an welcher die Stadt jetzt Interesse habe — möglich sei. Ein Antrag aus Ablehnung der Vorlage und Stellung de- Ersuchens an den Rath, daS Reitstallgebäude abbrecheu zu lassen und einen anderen geeigneten Platz sür Banlichketten zur llate» dringung der Thcalergegeuslände zu suchen, wurde in den Aus schüssen NM Majorität abgclehnt und der Ausjchußautrag mit S gegen 7 Stimmen vom Ausschuß beschlossen. In getrennter Abstimmung wird hieraus der erste Theil de- Nusichußaatrags, der Vorlage zuzustiinmcn, einstimmig ange nommen, dagegen der zwcile Theil de- Antrag- mit 2? gegen 12 Stimmen abgelehnt. Herr Wagner erstattet Bericht für den BauauSschuß über Einführung der Wasserleitung tu die Kroapriaz- straße aus deren Strecke zwischen der Kaiser Wilhelm» und der Kochstraße mit 2570 n oont» Stammaulage, AuSschußaiitrag hierzu: die Vorlage zu genehmigen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. Derselbe Herr Referent berichtet für denselben Au-schuß über die Vorlage, betreffend Erhöhung de-TartfS für Herstellung von Privat- ableitunge» an-dem Wasserrohrnetze der Straßen bis zur Grenze des mit Wasierableitnng za ver sehenden Grundstücks mit 24 mm Lichtweite auf 125 »t und jür solche mit 35 nun Lichtweite auf IM./« Hierzu wird vom Ausschuß beantragt: der Vorlage zuzuslimmen, jedoch unler der BorauSsetzung, daß die Preise des Mindestsorderndea sür die anderen Mit- oussndrenden maßgebend sein sollen. Gegen die Sache selbst hatte ver Ausschuß kein Bedenken, er »ab,» aber bei der Verschiedenheit der Preissorderungen der AuS- sühreuden an, daß der Rath wohl Bestimmungen dahin treffen werde, daß alle Aussührendeu zu gleichem Preise arbeiten. Hieraus beruht der Ausjchnßantrag. Herr Oberbürgermeister l>r. Georgs bittet die Zustimmung zur Tariserböhuiig nickt an die im Ausjchnßantrag ouSgesprocheue Voraussetzung zu knüpfen. Den Privaten, sür welche die Ableitungen hergestellt werde», sollen überhaupt nicht die speciellen wirkliche» Selbstkostenpreise, sondern nur Pauschquanteu berechnet werden. Mit den Gewerbetreibenden sind Contracte bereit« abgeschlossen, und wenn auch einzelne der Positionen in den Anschlägen bei der betr. Submission verschieden waren, so gleicht sich doch das Gesammt- ergedniß aller Positionen, wie angestcllte Erörterungen ergeben haben» doch so ziemlich wieder auS; dies habe aber mit dem Pausch quantum, das de» Grundstücksbesitzer» berechnet werden solle, nicht- zu tbun. Herr Referent erwidert, diese Miithellungen seien dem Au-- schusje neu ; iinmerhin bleibe cs auffällig, daß unter den drei in der Vorlage erwähnten Gewerken einer bezüglich aller Ansätze mehr fordere al- die beiden anderen. Herr Wilhelmy bemerkt, dem Ausschuß sei bekannt, daß den Grundstücksbesitzern nur Pauschquanteu berechnet werden sollen; bei der Verschiedenheit der Preissorderungen glaube er aber doch, daß init de» betreffe,-den Gewerken vor Abschluß hätte verhandelt werden sollen, um ihre Preise auf ein gleiches Niveau zu bringen. Da dies nicht geschehen sei, holte er den Aisschliiß in gewisser Beziehung nicht jür eine» ganz gerechtfertigten, und habe daher dem zweiten Theil des Ausschußautraqs im Ausschuß zngestimmt, wenn derselbe auch nicht aus seiner Initiative hervorgegaugen sei. Herr Oberbürgermeister hebt wiederholt hervor, daß die TarsserhShiing und die Abschlüsse mit den Gewerken nicht im Zu sammenhänge stehen. Was die Berichiedenheit der Anschläge betrifft, so gleiche flöh dieselbe im Gcsanimtergebniß aus, n»r Emzelaiisätze differiren. Die Vergebung sei im Uebrigen unter Eintheilung der Stadt ta drei Bezirke erfolgt. Herr Wilhelmy erwidert, wie die Unterlagen dem Collegium einnial zugegongen sind, würde er eS doch sür richtiger gehalten haben, die jämmtliche» Arbeiten an den Mindestsorderndea zu ver geben, falls dieser auch qualitativ in seiner Arbeit genüge. Er sei nicht gegen den Wunsch des Herrn Oberbürgermeisters, den zweiten Theil des Antrag- cv. wegzulassen, glaubte aber in dieser Frage als Sachverständiger seinen Standpunct doch durch Aussprache seiner Ansicht wahren zu müssen. Herr Oberbürgermeister vr. Georgi erwidert, die Submission sei nicht für die ganze Sladt, sonder» ausdrücklich sür Vergebung in drei Bezirken erfolgt. Ein Gejannntbild über das Ergebniß der Submission könne das Collegium nicht haben, da nicht das ganze Resultat der Submission vorliege. Die Uebertragung der Arbeit sür die ganze Stadt o» einen Gewerken würde wohl Unzufrieden heit der übrigen erregt und auch kaum im Sinne deS Collegiums ge- Icgc» haben, welches früher bei anderen städtischen Arbeiten einen gegentheiligen Wunsch ausgesprochen habe. Herr Referent prücijirt nochmals den Standpunct deS NnS- schusses, theilt Näheres aus den in der Vorlage erwähnten Anschläge» mit und beantragt persönlich im Aussch»ßaotrage die Worte „jedoch unter der Voraussetzung" mit den Worten „jedoch beim Rathe zu becuitrageu" zu vertauschen. . Der Antrag wird unterstützt. Herr Wilhelmy bemerkt, daß die in der Vorlage bez. tu den darin erwähnten Anschlägen aufgeiührleu drei Gattungen von Arbeite» die Hauptsache bei jeder Waffercinsübruug seieu. In allen diesen drei Gattungen von Arbeiten sei der eine der drei Gewerken theurer als die beiveu anderen, und müsse daher dabei bleibca, daß c- richtiger gewesen wäre, entweder dem Mmdestsordcrnden alle Arbeite» zu übertragen oder mit den beiden andercu Gewerken wegen Herab setzung ihrer Forderungen zu verhondelu. Herr Vorsteher, Justizrath vr. Schill, regt mit Rücksicht aus die Mittheilung des Herrn Oberbürgermeisters, daß das Material der Submission nickt vollständig vorliege, an, ob nicht insoweit heute die Beschlußsaffung ausgejetzt werden möchte und der Bau- ousschuß nicht lieber Gelegenheit nehmen wolle, bei Berathuog de- Budget« sich das gelammte Material vom Rathe noch zu erbitten und sodann darüber wieder zu berichten. Herr Oberbürgermeister ttr. Georgi bemerkt» bei dem Budget würde sich hierzu kaum Gelegenheit bieten; er sei aber bereit, dem Collegium bez. dein BauauSschuß das gesammte eisschlägige Acten- material zur Kenntnißnahme zuzustellea. Nachdem fick der Herr Referent al- Antragsteller mit der Anregung deS Herr» Vorsitzenden einverstanden erklärt hatte, wird» da sich Niemand mehr zum Worte meldet, zur Abstimmnug ver- schriiten und zunächst der Ausichnßanlrag aus Zustimmung zur Ber lage. vorbehaltlich der Beschlußfassung über den weiterrn Theil d«S AuSscbußantragS bez. über den persönlichen Antrag de- Herrn Referenten, einftinimig angenommen. Hieraus findet der Antrag des Herrn Referenten, soweit er dar aus gerichtet ist, die im Ausschußantrag ausgesprochene Voraus setzung fallen zu lassen, einstimmige Annahme, und hieraus wird noch einstimmig beschlossen, über den weiieren Theil de§ persönlichen Antrag- de- Herrn Reserenten, nämlich darüber, ob bei dem Rathe beantragt weiden soll, daß die Preise de- Miudest- sordernden sür die anderen Milan-führenden maßgebend sein sollen, die Beschlußfassung für heute auszusetzen und den Bou- ouSschuß zu ersuchen, insoweit über die Sache anderweit zu berathen und z» berichten, wenn ihm daS bezügliche Actenmaterial vom Herrn Oberbürgermeister l)r. Georgi zugestellt sein wird. Sodann erstattet Herr Wilhelmy Bericht für den Bau-, Lösch- und Finanzausschuß über die Vorlage de« Rallie-. betreffend die Versorgung de- ueuen Theater- mit Wasser zu Feuerlöschzweckeu unter Verwendung von .'>9000 >t, die dem BctriebSreservefonds ent nommen und aus die fünf Budgetjahre 1887 bi- 169t gleichmäßig verthetlt werden sollen. Herr Referent bemerkt, daß die Ausschüsse gegen da- vor- liegende Project irgend welche Bedenken nicht hatten und auch für Berwilligung der jetzt gegen die srnhere Vorlage gestiegenen Kosten stad, da sie, obwohl die Erhöhuag in der Vorlage nicht besonder- begründet ist, anerkenne», daß bei «wem solchen Projekte, welche« ta
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