Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-01
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.08.1888
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erste Leilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 214. Mittwoch den I. August 1888. 82. Jahrgang. Sta-tlusl, Waldlust, Ltraii-luft. Von vr. weä. I. Kaftan. Nachdruck verbale». Nun isl's aber Zeit, der „stickigen" Stadtluft zu ent fliehen. die unS daS Athmen erschwert, den Aufenthalt in den überhitzten Wkhnrciumen fast unerträglich macht. Wir fehnen uns hinaus in« Freie, in die „fnsche" Lust, in die Berge, in den erquickenden Wald, an den Secstrand. DaS ist von uralten Zeiten her so gewesen und wird sicherlich auch so bleiben bis in die fernste Zukunft, daß man der erschlaffenden Sommerhitze in den engen, mcnschenersüllten Straßen zu entweichen bemüht sein wird, um in „reinerer" Lust zeitweilig leben zu können. Nur in den alkerscltensten Fällen erfährt man ivon einem eingefleischte» Großstädter, daß er auch ii» Sommer seinen ihm lieb gewordenen Aufenthalt gegen die eingebildeten Annehmlichkeiten de- Landlebens nicht eintauschen möchte. Ja, von dem berühmten französischen Operncomponisten Auber weiß man es sogar ganz genau, daß er sich niemals dazu entschließen konnte, sein geliebtes Paris zu verlassen, wo auch im heißesten Sommer die Lust noch immer angenehmer einzuathmen sein sollte, als aus dem Lande. Dieses unverwüst liche Pariser Stadtkind dachte über das Wesen der Luft ungefähr so wie jener deutsche Schulmeister, der jeden Einwand gegen die Zuträglichkeit der Stadtluft immer mit dem Hinweis aus die nahezu gleiche chemische Beschaffenheit des unseren Erdball umkreisenden Luftmeeres entkräftete. „Seitdem ich auS den unanfechtbaren Untersuchungen der be deutendsten Ebemiker weiß, so fügte er siegesbewußt hinzu, daß die Lust, von der der „Eutspckler Bräsig" daS unnach ahmlich schöne Wort aussagt, sie sei voll „Atmosphäre", unter allen Verhältnissen und überall aus Erden sich nahezu gleich bleibe und überall nur ein Gemisch von einem Theil Sauer stoff aus vier Theile Stickstoff sei, seit dieser Zeit bin ich über die sogenannte ungesunde, schädliche, stickige Stadtlust voll kommen beruhigt. Aus daS „Bischen Kohlensäure", daS in der Lust noch entbatten ist, und »och auf manche andere Bei mengung. die sich stellenweise finden mag, gebe ich gerade so viel, wie unser eiserner Kanzler auf daS „BiSchen Herzegowina". Sprach'S und glaubte nun mit dieser Krasläußerung jede Widerrede vernichtet. Necht hatte er ja allerdings mit seiner Behauptung von der annäbcrnden Gleichartigkeit der chemischen Zusammensetzung der Lust. Sie bleibt sich wirklich überall säst gleich, die „stickige" wie die „frische", die „reine" wie die „unreine" Lust. WaS also macht nun schließlich dock den Unter schied zwischen der Stadt- und der Landlust, der Höhen lust und der Strandluft aus; einen Unterschied, den aus die Tauer keine Schrulle und keine Pedanterie wird in Abrede stellen dürfe»? Wir wollen einmal für den Augenblick von gewissen, sozusagen handgreiflichen Aenderungen in der Lust zusammensetzung abseben, wie sich solche unter ganz besonders ungünstigen Verhältnisse» an übervölkerten einzelnen Stätten, in schlecht gelüsteten ArbcitSräumcn ode> Schulziiumeri', in der Nähe gewisser Fabriken vorfinden. Wir wollen von ge> wissen, aus ganz bestimmt abgegrenzte Oertlichkeiten beschränkte Verunreinigungen der Lust durch Kohlensäure, durch manche bei der Verwesung von Stoffe» aller Art sich bildende schäd liche GaSarten ebenfalls nicht reden, sondern uns lediglich mit der in ihrer chemischen Zusammensetzung nahezu überall gleichen Lust beschäftigen und dahinter zu kommen suchen, worin denn der aus uns Mcnsckcn wahrnehmbar wirkende unl einfluß reiche Unterschied der verschiedenen Lustarten besteht. Die Ehe- miker allein. daS können wir schon im Voraus getrost auSsage», werden mit all ihren noch so sorgsam auSgesührten Lustunter- suchuugcn hinter das Geheimniß eben so wenig komme», wie hinter manckeS Andere in unseren verwickelten LebenSvorgängen. Haben die Herren nicht auch bei Zehntel und Hundertel Gramm eS hcrausgerechiiet. in welcher Mischung die Grundbestandtheile unserer Nahrung vorhanden sein müssen, um eine im chemisch physiologischen Sinne vernünftige Ernährung unseres Körpers zu ermöglichen, und nun wolle me.n cS nur einmal mit solch einer aus chenüsch-physiologisckcr Grundlage bergestcllten Mahl zeit im Ernste versuchen! Man braucht noch lange kein Fein schmccker, noch lange kein verwöhnter Gaumen zu sein, um sich mit aller Höflichkeit, aber auch mit aller Entschiedenheit vor dieser unsere», Magen und unserem Geschmack gestellten Demüthigung zu bedanke». Ja, eö ist i» Wahrheit eine Zumuthung au unseren Ge schmack; denn dieser spielt nicht bloS in unserem ästhetischen, sondern auch in unserem körperlichen, d. h. physiologischen Lebe» eine sehr große Rolle. Eine so große Rolle, daß er sogar die vermeintlich geseslctestcn Gesetze der .epacten Wissenschaft über den Haufen zu werfen Lust hat. Dieser Geschmackssinn ist und will vor Allem bei der Ernährung berücksichtigt sein. Wir werde» bei der rationellsten Ernährung von der Welt krank, ja sterbenskrank, sobald dieselbe uuschniack Haft, glcichsönnig. reizlos bleibt. Die Natur ist cs also selber, die u»S aus den Weg der Feinschmcckcrei und des Wechsels i» der Kost hinweist. Und man sollte eS nickt glauben: die Luft ist nicht blos ein Nahrungsmitlel. sondern sie soll auch nach dem unbedingten Willen der Allhcrrscherin Natur ein Genuß mittel sei» Freilich, daß man ihrer so rasch überdrüssig werden könnte, wie der Brvd- und Wasserkost, dafür ist bestens gesorgt. Die Luft mag so schlecht sein, wie sie eben will, eingeathmet muß sie dock werde». Aber fragt mich nur nicht wie! Man quält sich eben wohl oder übel, dieses unveränderliche Gasgemisch von Sauerstoff. Stickstoff, etwas Kohlensäure, etwas Wasser dampf und jenem nicht gerade appetitlichen Nagoüt auS mine ralische» und organische» Abfälle» der großstädtische» Küche, genienlhin „Staub- genannt, in die Lungen hinein. Und waS bei diesem nvthdürstig sich vollziehende» Athmen herauskomint, daS sicht man ja an den vielen welke» Stadtkindern und deren blasse» Wangen, an den engbrüstigen Menschenkindern gar deutlich genug. Kaum daß man jedoch auS der Sladtenge bcraus ist, da weitet sich der Brustkasten kräftig und begierig schlürft man die einströmende Lust ei». Man „genießt" wie die Sprache cS tiefsinnig genug auSdrückt, die frische Lust Nun vorerst und vornehmlich behagt cS unS ganz außerordent lich, in bewegter Lust zu alhmc». Mil jedem neuen Athenizug dringt eine neue Lustwelle aus unS ei». Wir werden jedesmal wie a»S eiucin frisch geschöpften Luftkiibel neu über haucht. Und daS thul unS aus mehr als einem Grunde seh wohl. Die Verdunstung etwaiger außerordentlich sei» über unsere gesammte Körperobersläche vcrlhciltcr wässeriger, mit allerhand organische» Säure» vermischter Ausscheidungen wird durch die bewegte Lust uiigsine:» befördert; dadurch wird die Körperobersläche recht kräftig abgckühlt. Diese Ab kühlung wirkt nun ihrerseits wiederum aus den gesainmten Blutumlauf zurück; aber auch die zahllosen Ncrvcnorgane, welche in unserer Hanl eingeschaltet sind, werden durch die „bewegte Luft" im Freien mächtig angeregt Diese Eigen schast der stetigen Bewegung und der Staub-Freiheit ist es welche den Grunduulerschied der Lust im Freie» gegenüber der Stadtluft auSmacht und der uns förmlich zu einem energischen Eiualhnien derselben aussordert. Aber sreilich geht c- andererseits ohne einen durch den Chemiker geführten Unterschieds - Nachweis auch nicht ab. DaS räthselhaste „Ozon" ist eS. daS der Land-, Wald-, Ge birg- und Seeluft beigemisckt ist und daS sie so besonders genußreich für uns macht. Zum Unterschied von dem gewöhn ttche» nennt man das Ozon den „activen" Sauerstoff. Er entstammt aller Wahrscheinlichkeit nach den mannigfachen Vorgängen in de» Pflanzen und kann im Verein mit den sonstigen Düsten, welche den Blüthen entsteigen, zu den Wohl- gerüchen gerechnet werden, die aus unser Nervensystem so mächtig anregend wirken. Die Stadtlust enthält von diesem Ozon ungleich weniger als die Landluft, und je weiter wir inS Innere einer Stadt eindringen, desto spärlicher ist eS um den Ozougehalt bestellt, der endlich in unseren geschloffenen Wohn-, Vergnügung--, Arbeits- und Versammlungsräumen ganz und gar verschwindet. Dieser Mangel a» allen Dust- stofsen und an allem Ozon läßt unS die Stadtlust, nament lich im Sommer, so unerträglich »fade-, so geschmacklos erscheinen. ES ist aber sehr leicht möglich, daß dieser Ozon- Gehalt der Lust im Freien noch in einer anderen Be ziehung seinen „reinigenden" Einfluß aus daS für unsere Alhmung unentbehrliche Gasgcmcugc auSübt. Während nämlich die Lust in den Städten von unendlich vielen organisirten. in ungeheurem Maße sortpflanzungssähigen 'cimen aller Art erfüllt ist. Keimen, die zu nicht geringem Theile zn den allerschlimmsten Krankheitserregern gehören, ist die Walt- und Höhenlust unverhältnißmäßig weniger nnt diesen unerbcteuen Beimischungen behaftet, und >e wird von einer bestiinmten Höhenschicht an, so etwa um 2000 Meter herum, als gänzlich keimfrei befunden. ES ist indessen auch eine andere Erklärung für diese Erscheinung zu lässig, und diese wäre denn in dem ungleich geringeren mensch lichen Verkehre in jenen Höhenlagen zu suchen. Aber sei dem, wie ihm wolle: die Thatsache, baß Höhenluft frei von jenen gefürchteten „Bakterien", diesen wahren „Dämonen der Lust", gefunden wird, ist nicht mehr zu bestreiten, und sie hat dem- zemäß auch eine Anwendung gesunden, indem man vcr- chiedenartige Kranke, namentlich Schwindsüchtige, in die klimatischen Höhencurortc zu längerem Aufenthalt entsendet, um ihnen dort unter dem Einflüsse der bacleriensreien Lust eine Heilung oder Linderung oder Stillstand ihres Leidens zu ermöglichen. Die Höhenluft ist aber auch dünner, als die in der Ebene und mehr noch als die am Strande, unmittelbar am Meeresspiegel; weil hier der Druck der ganzen Luftsäule auf der Unterlage lastet, während in der Höhe dieser Druck sich eben um den Unterschied vermindert, um welchen sich die Luft- 'äule, von dem Höhenstandorte gemessen, vermindert. Die dünnere Höhenluft ist dann auch sauerfloffärmcr und die Folge davon ist eine vermehrte AlhmungSIHäligkcit in der gleichen Zeiteinheit wie drunten in der Ebene. Tic mit jedem Äthem- zugc einaesogene verminderte Sauerstoffmcnge wird auf der andern Seite durch eine beschleunigtere Anseinandersolge der- elben wieder ausgeglichen, so daß im Großen und Ganzen die Gesan.mtsumme des in der Höhe eingeathnictcn Sauerstoffes leich derjenigen ist, die wir unten in der Ebene in derselben Zeiteinheit in uns ausnehme». Indem wir jedoch ans der )öhe zu einem häufigeren und tiefere» Alhcniholen durch die »hysikalischen Bedingungen der u»S nmgebendc» L»ft ge- wungen werden, führen wir gleichzeitig eine verstärkte An- ircngung unserer Athemmuskeln auS. Wir machen gewisser maßen Turnübungen, die hauptsächlich de», Brusikaslcu und den i» ihm eingelagerten Organen zu Gute komme», also den Lungen und dem Herzen. Aus diesem Einflüsse der Höhenlust, auf den Mechanismus unserer Alhmung beruht die Wirkung der in letzter Zeit sehr in Mode gekommenen Oertel'schen Terraincuren. die auch wirklich, mit Vorsicht an gewendet, sich unter gewisse» Umständen als recht heilsam erweisen. Die entgegengesetzten physikalischen Bedingungen machen ich für den Mensche» am Strande geltend. Indessen, hier an dem Secstrande, walten auS diesen physikalischen Be dingungen und den durch sie hervorgerusenen mechanischen Wirkungen aus unsere AthmungS- und BlutumlansSwcrkzeuge, ungleich einflußreichere chemische Kräfte, die zu unserem ge- amnitc» Stoffwechsel i» die allcrentschiebenstc» Beziehungen trete». Insofern dieselben mittelbar durch die unablässige Bewegung deS uns umgebenden LuslmecreS cingeleitel werden, haben wn ihrer bereits weiter oben mit einigen Worten ge dacht. Es bleibt somit hier nur noch der Veränderung in der Zusammensetzung der Strandluft zu erwähnen, welche sie durch daS Meer selbst erfährt. Da ist eS denn vorzugsweise der Salzgehalt, welcher die Strandlust vor der Binuen- lust auSzeichnet. Au der Meeresoberfläche verdunsten unaus gesetzt ungeheure Mengen Wassers und die ausfallenden Salz- theilchen werden mit dem Winde in die Lust emporgehobcn, wo sie oben schwebend erhalten werde» und von allen an dem jeweiligen Strande befindlichen Organismen, den Pflanzen sowohl wie den Thieren und den Menschen, eingeathmet und natürlich auch bis zu einen« gewissen Grade wieder auS- geschicden werden. Daß aber die vermehrte Zufuhr von Salz in dieser außerordentlich fein vertheilte» und daher sehr eindringlichen Ferm von einem mächtigen Eiufluffe aus den Gesammtstofswcchscl unseres Körpers ist, diese Thalsache ist durch zahllose, an allen Erdstriche» und zu allen Zeiten gemachte Erfahrungen unumstößlich sestgestcllt; wenngleich die physiologische chemische Begründung derselben noch bis auf den heutigen Tag nickt in allen ihren Einzel heiten gelungen ist. Neben dein Salz ist aber auch der von dem Seetang herstammcnde Jodgehal t der Strandlust, der hervorgehobcn werden muß, weil derselbe gleichfalls einen ganz bedeutenden Einfluß auf den Stoffwechsel ausübt. Jod ist ja bekanntlich ein souveraineS Mittel gegen gewisse Stoff Wechsel-Erkrankungen. Hier an der See verfügen wir über dieses vortreffliche Heilmittel in einer Weise, wie sie unS eben nur die aJmachtige und unerschöpfliche Natur darzubicten vermag. Zu Hunderttausenden entsenden die Aerzte alljähr lich stoffweckselkranke Kinder und Heranwachsende an die See, daß sie daselbst unter dem Eiufluffe deS SeewafferS, aber mehr noch unter dem Einflüsse deS ununterbrochen eilige nommenen SeelustbadeS gesunden von den ererbten oder er worbenen städtischen Gebrechen, als welche sich vorzugsweise Skrophelkrankheit, Bleichsucht, Blutarmuth darstellen Zur Kaiserreise. * Wir verzeichnen nachstehend die weiter vorliegenden, meist Bekanntes ergänzenden Nachrichten zur Kaiser reise. Zum Aufcnthali Sr. Majestät in Schweden wird noch gemeldet: * Stockholm, 30. Juli. Der Toast, welchen der König aus Se. Majestät den Kaiser Wilhelm beim Galadiner am 26. d. M ausbrachte, lautete: Sire! Za den schönsten und theucrsten Er innerungen meines Lebens rechne ich die liebevolle Gesinnung, die Ew. Majestät ruhmreicher und verehrter Großvater sür mich schon als Jüngling an den Tag legte, fernerhin für inich als Mann und König behielt, und auch die treue Freundschaft, die Ew. Majestät edlen, jetzt in Gott ruhenden Vater seit langen Jahren mit mir vereinte! An diese Erinnerungen schließt sich ja so natürlich die mir so theuere Freundschaft Ew. Majestät und meine Dankbarkeit sür dessen mich und das Land io hoch beehrenden und erfreuenden Besuch. Möge Gott Ew. Majestät ein langes, glückliches Leben, eine glorreiche und gesegnete Regierung verleihen, und mögen dem unsr gen entsprechende Gefühle sich auch zwischen Germanien- Völkern und den Brüder-Bölkern der skandinavischen Halbinftl ln Gesinnung und im Wirken immer mehr entwickeln. Die „Post" enthält über die Abfahrt de- Kaiser aus Stockholm den folgenden Specialbericht: Stockholm, 28. Juli. Am gestrigen Nachmittag bot die Umgebung de» Schlosses ein Bild regen Lebens. Die Bevölkerung hatte frühzeitig in Er fahrung gebracht, daß der kaiserliche Gast Köuig Oska?S nicht, wie erst bestimmt, direct und allein von Schloß Drottuiagholm, sondern vom Stockholmer Hafen aus. begleitet von der schwedischen König-- «amilie in einem Ruderboot sich zu seiner Dampfyacht „Hohen- zollern" zurückbegeben werde. Diese Abänderung erzeugte in der Bevölkerung eine freudige Bewegung und zu Tausenden strömte man bei der wieder herrlich gewordenen Witterung zur Sbsahrtstelle, um dem deutschen Fürsten, der alle Herzen für sich eingenommen, ein stürmisches Lebewohl zuzujubeln. Um 6 Uhr Nachmittag- hatte sich bereit» die Ehrenwache und rin zahlreiches Aufgebot von Polizeimannschasteu eingesuuden, welche sogleich Ausstellung nahmen. Die Ehrenwache stellte sich tu einer Entfernung von etwa 150 Schritt von dem in frischem Tanuengrüu und Blumenflor prangenden Triumphbogen quer über den freien Platz aus. mit dem rechten Flügel am Hasen, mit dem linken nach dem Schloß zu. Die Polizei hielt um das Schloß herum eine breite Fahrstraße frei. RingS um die Absahrtsstelle hatten große und kleine Schiffe in reichem Flaggenschmuck und dicht besetzt mit vielen Hunderten von Menschen Ausstellung ge- nommcn. Unten im Hafen lag ein schön gebautes, große» Ruderboot, mit 27 Matrosen besetzt, von denen zwei im Bug und einer in der Nähe deS Steuers standen, während die anderen 24 die Ruder hielten. Die Matrosen dieses königlichen Fahrzeug- und die Besatzung der hart dahinter haltenden beiden Dampsbarkassen waren in dunkelem Tuchanzug mit weißen Mützen. Rechts neben den Barkassen, dicht an dem Absahrtssteg hielte» vier weitere mit je 8 Ruderern besetzte Boote, welche die deutsche tbriegsflagge führten, während aus de» vorderen Booten die schwedischen Farbe» flatterten. Die Mannschaften der Hinteren Ruderboote waren in weißem Paradc- anzug init dunkelblauen Tuchmützen. Am Steuer des königlichen Bootes stand ein höherer schwedischer Olficier in Gala. An den Geschützen der Kriegsschiffe und anderen Fahrzeugen standen Leute mit der Zündschnur in der Hand bereit. So wartete Alles von 6 Uhr an aus dem weiten Platz zwischen Hasen und Schloß, dessen weit strebende Rampen ebenfalls bis obenhin dicht besetzt waren. Endlich um 7'/, Uhr verkündeten Polizisten zu Pferde die baldige Ankunft der Allerhöchsten Herr schaften. Gleich daraus traf der Stockholmer Polizeimeister und der Gesandte Ilr. Busch aus dem Hafenplatz ein. 7 Uhr 40 Minuten prcngten die den Wagenzug eröffnenden beiden Polizisten heran, ihnen solgte die Hosequipage mit vier Hofchargen. Mit hundert Schritt Entscrnung bog um 7 Uhr 43 Minuten der königliche Spitzen reiter um die Ecke des Schlosses aus den Hafenplatz; gleich dahinter der königliche Galawagen mit den beide» Herrscher». Im zweiten Wagen solgte Prinz Heinrich mit der Kronprinzessin und dem Kron prinzen von Schweden, Letzterem aus dem Rucksitz in Dragoner- Unisorm; Kaiser Wilhelm und Prinz Heinrich trugen JnterimS- Marine-llnisorm, König Oskar schwedische Uniform. Drei weitere Wagen brachten das Gefolge beider Herrscher heran. Unermeßlicher Jubel ertönte schon bei der Nnsahrt der Aller- höchsten Herrschaften, als aber Kaiser Wilhelm und König Oskar ausgesticgen waren und der König das Volk, welches von den sZolizeiniannschasten in weiteren Bogen entfernt gehalten wurde, bis dicht an den Triumphbogen herantreien ließ, da überstieg der Jubel jede Erwartung. Die Lust erzitterte unter den tansendsältigen Hochs und Hurrahs, Tücher und Hüte wurden den Monarchen entgegen- geschwenkt. Unter diesen« Jubel begaben sich die Herrschaften die Landungstreppe hinunter zu den Ruderbooten. Die Matrosen salu- tirten mit den Rudern und hißten, als die Herrscher das erste Ruderboot bestiegen, im Bug die schwedische Königsstandarte auf. DaS Kaiserboot stieß ab, und während kräftige Ruderschläge die Herrschaften schnell zur „Hohenzollern" führte», ertönte von allen Schissen Kanonendonner, der an den hohen, steil in den Hasen abstürzenden Felsen ein krachendes Echo sand. Die Boote legten an der Dampsyacht „Hohenzellern" an, wo die Herrschaften noch gemeinsam d n Ihee nahmen. Die Bevölkerung Stockholms räumte nur allniälig, zaudernd den Haseuplatz. * Was nun de» Besuch de- Kaiser- i» Kopenhagen anbctrifst, so meldet die „Post*: „Am Freitag Morgen in aller Frühe war von Stockholm aus ei» Telegramm Kaiser Wilhelm'- an den König Christian ein getroffen, in welche,« Allerböchstderselbe die glückliche Geburt eines gesunden Prinzen dein dänischen Üöuigshause anzeigte. Durch diese rohe Kunde war der Besuch des deutsche» Kaisers in Kopenhagen in Frage gestellt, und es verlautete mit Bestimmtheit, daß Se. Majestät die Heimreise direct von Stockholm antrcten würde. In Folge dessen telegraphirte der König von Dänciuark nochmals an Kaiser Wilhelm, in herzlichster Weise um seinen Besuch bittend, und bald erhielt der König aus Schloß Bernstorff die Nnlwort, das Be rnde» Ihrer Majcstäl der Kaiserin-Gemahlin sei ein ausgezeichnetes, der Kaiser koninie bestimmt und werde Sonnabend Abend von Stockholm mit den, deutschen Gcjchwad-r abscgeln." Wir verzeichne» nachstehend ein Reihe Depeschen, welche bereits kürzer erfolgte Meldungen ergänze», theilS nur unscru hiesigen Abonnenten gestern »lilgclheill werden konnten: 'Kopenhagen, 30. Juli. AIS sich das deutsche und das dänische Geschwader einander näherte», lalutirte daS ersterc, woraus das letztere antwortete. Sodann begab sich der König in Begleitung des Kronprinzen in einer Schaluppe von dem „Danebrog" zu der „Hohenzollern". Um 9 Uhr Morgen- legte die Schaluppe an die Fellreepslreppe der „Hohenzollern", wo Sc. Majestät der Kaiser Wilhelm erschien, «voraus der König und der Kronprinz die „Hohe» zollern" bestiegen. Bei der Begrüßung küßten sich der König und der Kronprinz mit Kaiser Wilhelm und drückten einander herzlich die Hände, während gleichzeitig die deutsche Flagge an der Fockstange der „Hohenzollern" einporsticg. Nach einem kurzen Aufenthalt be gab sich der König und der Kronprinz wieder aus den „Danebrog", welcher mit der deutschen Flagge an der Fockstange absegelte, zurück. Während der Begegnung der beiden Geschwader führte» alle Schiffe des deutschen die dänische Flagge am Großmast und paradirten au beiden die Mannschaften unter Hochrufen. Die Ankunst Hierselbst erfolgte, wie bereits gemeldet, uni 11'/, Uhr Bormillags. * Kopenhagen, 30. Juli. Die Schaluppe, welche den König und den Kronprinzen Bormillags 8'/. Uhr nach der „Hohenzollern' überführte, wurde von dem Capitai» Koch commandirt. Aus der> selbe» befanden sich auch der deutsche Gesandte v. d. Brincken mit dem LegationSsecretair v. Müller und der Ehes des Adjutantencorps v. d. Maaß und der General Kauffmann. I» einem zweiten von Admiral Braag geführte» Boole folgten die Adjutanten de- König- und de- Kronprinzen. Der König hatte Ndmiralsunisorm, der Kronprinz Gcneralsunisorm angelegt, Beide trugen den Schwarzen Adlerorden, Se. Majestät der Kaiser Wilhelm trug Admiral-uniform mit dem großen Bande deS ElephantenordenS. Der König und der Kronprinz kehrten kurz nach 9 Uhr an Bord deS „Danebrog" zurück. Der deutsche Gesandte v. d. Brincken blieb an Bord der „Hohenzollern". * Kopenhagen, 30. Juli. (Ausführlichere Meldung.^ Der „Danebrog" war um 10 Uhr 35 Minuten hierher zurückgekehrt, die..Hohenzollern", aus deren Comuiaudobrücke Se. Majestät der Kaiser Wilhelm in Admiralsuniform und mit dem Bande de- ElephantenordenS stand, traf um I I Uhr 10 Minuten hier ein. Alle dänischen Schiffe und Fort- begrüßten den Kaiser mit Geschütz salve», alle Schiffe waren io Floggengala, die Musikcorps spielten die Nationalhymne, die Matrosen riesen „Hurrah". Viele Privat dampser und da- ganze User waren von Zuschauern ongefüllt, welche den Allerhöchsten Gast mit lebhaften sympathischen Zurufen begrüßten, auf mehreren Privatdampsern wurde die Nationalhyinne gesungen. Se. Majestät der Kaiser begab sich in riner Schaluppe der „Hohenzollern" zur LandungSIreppe, an deren Fuß der König der Kronprinz und die übrigen Prinzen des königlichen Hause- sich ansgestellt hatten. Der Kaiser begrüßte sich mit denselben und eilte dann die Treppe hinaus, wo die Königin, die Kronprinzessin und die Gemahlin deS Prinzen Waldemar Allerhöchstdenselben erwarteten Der Kaiser küßte der Königin die Hand, begrüßte die Krön Prinzessin und die Prinzessin Waldemar, ließ sich daraus die dänische» Minister, sowie die anderen zum Empfang anwesenden Hos- und StaatSwürdenträger, das diplomatische Corps, ingleichen den Vertreter de- Ausstelliing-coinll--, Grasen Frijs-Frijsenborq den Präsidenten de- LaadthingS, den Rector der Universität, den Vorsitzenden de- Gemeiaderath« und den Geh. Regierungsrath Luder- au» Berlin vorstrllen und schritt daraus mit dem Könige die Front der ausgestellten Ehrencompagnie ab. Daraus erfolgte, während dal Musikcorps der Ehreacompagnie den dänischen Fahncnmarsch spielte, die Abfahrt nach Schloß Amalienborg, wohin die Königin vorau-gesahren war. Im ersten Wagen saßen zwei Adjutanten de- Königs, dann folgte ein sechsspänniger Galawagen mit dem Kaiser lind dem König, mit Borreitern voraus, während zwei Kammer Herren auf beiden Seiten rotoylrten. In weiteren Wogen folgten Se. k. Hoheit der Prinz Heinrich mit der Kronprinzessin und der Prinzessin Waldemar, die drei Brüder de- König-, die Prinzen Wilhelm, Juliu- und Han-, Gras Bismarck, General Kauffmann und da- gFammte übrige Gesolge. Als der Kaiser vor Amalie» borg rintrak wurde die Kaiserflagge aufgezogen. Der ganze Weg von der Zollbude, die Promenade und Langelinie entlang, bis zn» Schloß Amalienborg war von vielen Tausenden besetzt, welche de» hohen Gast mit warmen und sympathischen Zurufen begrüßlea. Kurz nach der Ankunft sand im Schlöffe das Dejeuner stall. Nach demselben wird sich Se. Majestät der Kaiser »ach der Ausfüllung begeben. * Kopenhagen, 30. Juli. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm, Prinz Heinrich, der König, der Kronprinz und die übrigen Prinzen der königlichen Familie bcsuchien zwischen 2 und 3 Uhr die Aus stellung. Kaiser Wilhelm besohl daselbst verschiedene Einkäufe, namentlich bei der dänischen königlichen Porzellansabrik und in der russischen Abtheilung. * Kopenhagen. 30. Juli. Die zum Empsang des deutsche» KaiierS getroffenen Anstalten waren weit größer und reicher als bei rüheren ähnlichen Gelegenheiten. Ueberall Blumen- und Flaggen- chmuck, an der Zollbude war ein prachtvoller Baldachin in W iß, Roth und Gold errichlet, vor demselben wehte aus hoher Stange die deutsche Flagge, von 2 Danebrogs flankirt, aus allen uniliegendea Gebäuden reichster Flaggenschmuck. In dem durch die Garnison von der Zollbude bis zum Schloß gebildeten Spalier standen Truppen aller Waffengattungen, vor Schloß Amalienborg die Artillerie i» t bespannten Geschützen. * Kopenhagen, 30. Juli. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm verweilte längere Zeit in der Ausstellung ; i» der dcuische» Abih-ilung Halle Geheimralh LüderS die Führung übernommen, in der dän ichcn der Präsident und der Bicepräsident der Ausstellung. Während der Anwesenheit des Kaisers spielten die Musikcorps u. A. auch die preußische Nationalhymne und den Holiensricdberger Marsch. Von dem zahlreichen Publicum wurde Se. Majestät überall mit cnihn- iastischen Zurusen begrüßt. Um 4'/, Uhr erfolgte die Rückkehr »ach Amalienborg. Uni 7'/, Uhr findet Galadiner statt. Vor deinftlbcu wird der Kaiser den Ministerpräsidenten Estrup cinpsangen. * Kopenhagen, 30. Juli. Der Köuig hat Sr. k. Hoheit dem Zrinzen Heinrich von Preußen de» Elcphanienordcn und dem Slaats- air Grasen Herbert Bismarck das Großkrcuz des Dancbrog- ordcnS verliehen. — Auf der Fahrt »ach und von der Ausstellung wurden Sr. Majestät dem Kaiser säst »nunierbroche» sympaihische Kunstgebunge» seitens der Bevölkerung zu Theil, wiederholt wurden von Damen Blumen und BonqnelS in den Wagen des Kaisers ge worfen. Im AiiSstcllnngsgebände. wo sich der Kaiser längere Zeit auch mit dem Kriegs»li»istcr Batinson umerhielt, wurde Allerhöchst- demselben von deutschen Ausstellern ein prachtvolles Bouquet überreicht. Marine. Bon Prtrrhos »uch Ltockholi». * Der Specialcorrespondeilt der „Kölnischen Zeitung'' chrcibt vom Bord deS „Gneisenau", 26. Juli: Wie ein Sturmvogel, der, am fernen Horizont kam» sichtbar, im Anstuge wächst und schwillt, so schoß aus uns, die wir mit der Flotte vorausgesahren, von Kronstadt der „Hohenzollern" zu. Aus der Commandobrücke stand Kaiser Wilhelm mit dem Prinzen Heinrich und dem Freiherr» v. Sickendorfs, er trug die AdmiralS- unisorm, und als er vorbeifuhr, grüßte er die ehrerbietig salutirende Mannschaft und befand sich bald an der Spitze der beide» Geschwader, die ihre» Flaggenschmuck einzogcn, sich in Doppellinie setzten und eine entschiedene Arbeilsmiene onnahmcn. D e Damps- und Stcuer- ballen begannen ihr nur sür bas fcemänuische Auge verständliches Spiel; es ward gemustert, exercirt, unterrichtet, gescheuert und ge- lickt: die Osficiere lüsten sich auf der Brücke ab; cs war eine Lust, zu sehen. Wer, wie ich. das Glück hat, mehrere Tage lang ans einem von Sr. Maj. Schiffen verweilen und Osficiere und Mann- chaft beobachten zu dürfen, kan» sich dem Eindrücke nicht entziehen, daß hier alles Leben und Hoffnung und Zukunst ist. Der militä rische Geist unserer Armee erscheint hier durch den elegischen Einfluß des Meeres sanft abgetönt. Wen» dort die Herbheit der Dieciplin unvermittelt auftritt, ist sie hier durch das Zusammenleben aus einem immerhin beschränkten Raume und die feindliche Allgeqenwart des stets zu bekämpfende» Meeres, wenn auch nicht dem Wesen nach, so doch in der Form versöhnlich gemildert. Aber cs schwebt über Allem, was aus dem Schiffe geschieht, die Idee des Excelsiors, des Auf- trcbens, des Aufschwunges. Es genügt nicht, daß die deutsche Ma rine, so klein sie sein mag, so vollkommen sein soll, es wird ihr vielmehr der Berus und die Bestimmung ausgezwungcn, zu wachsen, der Landmacht ebenbürtig zu werden und Deuiichland zu einer See macht ersten Ranges zu erbeben. Der deutsche Teeossicicr hall Uni- chau aus dem Gebiete der sccstarken Nationen und erkennt aus ihren Leistungen, daß die Palme der Scevollkommenheit noch nicht ver geben sein kann. Daher ringt er danach und hofft, sie im Lause der Zeit dnvonzutragen. Dies ist sein Ziel, und jetzi mehr als je, eildcm er gesehen, daß der oberste Kriegsherr selbst die Admirals- unisorm angelegt. Letzteres ist das große und einzige Ereigniß in der Geschichte unserer Marine; ein Ereigniß, welches wir arme Landratte» in seiner ganzen Tragweite nimmer zu würdigen wisse». Da ist ein junger und thaikräftiger Monarch, welcher, der erste seines Geschlcchls, sich aus die Cominandobrücke hinstcllt, vo» Tagesgrauen bis zum Sonnenuntergang die Bewegungen zweier Geschwader ver folgt, sich in ihr Wesen und Wirken einlebt und die Schule eines Herrschers zur Sec unter der besten Führung durchwacht. Wann hat die deutsche Nation sich des Beispiels eines meersahrcnde» Kaisers rühmen können I Bis jetzt spielte die Marine in der öffentliche» Meinung das Aschenbrödel, die dienende Magd, welche dem Heere die Schleppe nachlrug. Es entsprach allerdings den ob- waltenden Verhältnisse», denn die Grundlage unserer europäische» Machtstellung beruhte aus unserer lleberlegenlieit zu Lande, linier- dessen aber sind wir eine Colonialmacht geworden, unser überseeischer Handel schlägt die srühern Mitbewerber auS dem Felde, wie der Neid unserer Nachbarn widerwillig cingcsteht; waS unS noch fehlt, um unsere thatsächl'chen Ersolge mit dem Panzer der Dauer zu umgebe» und die Zukunst an uns zu sesseln, ist eine starke, unserer Welistellung entsprechende Marine. Diesen Traum unserer Sec- osficicre scheint Kaiser Wilhelm in Gemeinschaft mit seinem Bruder, dem Prinzen Heinrich, der Wirklichkeit enlgegensührcn zu wollen. Daher die Begeisterung aus den Schiffen, al» die beiden Brüder zusammen die Commandobrücke einnahnien. Im klebrigen beobachtete ich Wind und Weller, schaute dem Leben a» Bord oder den molhe- matlsch abgezirkelten Enlsernungsverhällnisse» der Geschwader zu und freute mich deS Gedankens, daß nach den Kaiserbesuchcn in Petersburg, Stockholm und Kopenhageu die Ostsee das friedliche Coiidominium der vier anwohnenden Nationen sein werde. DaS Weiter war bei Beginn der Fahrt unübertrefflich reizend. Ein leichter West kam uns entgegen und belebte die von den Pcterhoser Freuden übersättigten Geister. Die Schiffe hoben sich mit schneeigen Kielwellcn, die sich wie blendende Halskrausen um ihren Bug legten. Am folgende» Tage aber ward die verbindlich ruhige See ungestüm. Wolken thürmlen sich am Abendhimmel; die bisherige Ebenmäßigkeit des Ausblicks auf die els Schiffe der Flotte machte einem Ansundnieder von sich durchkreuzenden Masten und Touwerk Platz; und wenn sich bei dem vortrefflichen Bau des „Gneisenau" nicht olle Schwankungen mehr oder weniger auS- geglichen hätten, wäre bei manchem Recruten der Seesahrkunst der Schicksalslag der Seekrankheit gekommen, «egen Abend nahm der Wind zu; trotzdem aber gelang es den Geschwadern, dem Winde entgegen zur anberaumten Zeit Donnerstag Morgen um 6 Uhr vor den Schären der großen Ostseeducht onzulangen. Die Lotsen stiegen an Deck; die Schiffe setzten sich in Kiellinie und fuhren langsam in abgemessenen Zwischenräumen hintereinander her und bald befanden wir uns Innerhalb deS Schärenhos-, der sich mit seinen Klippen und fichlenbelleidelen Jnselchen 60 lcm lang bis nach Stock- Holm hinzieht. Hier begann unsere Trtumphsahrt. Wo auch immer eia Felshügel sich aus dem Meer an uns herandrängte, saßen, olle uad junge Schweden und winkten mit Hut und Taschentuch. Dazu gesellten sich bald Schwedinnen in ihrer bunten Nationaltracht und erwärmten durch ihren Gruß die Herzen unserer in der Morgen- drise empfindsamen Matrosen. Je zahlreicher die Billen wurden, welche ans ihrer Baumumgebung mit rothen Dächern neugierig herauslugten, desto eiiriger ward der Hurrahrus, der Flaggenschmuck, das Grüßen und Winken. Bald auch schossen gedrängt besetzte Bergnügungkdampser an uns vorbei, spielten die preußische National hymne und ließen uns alle hoch leben. Bald nach 9 Uhr verkün dete Kanonendonner, daß ein schwedisches Geschwader in Sicht sei. ES bestand au- einer Panzersregatle, einem Kanonenboot und meh rere» Torpedobooten, welche sich an die Spitze unserer Schiffe setzten, nachdem diese einen Salut vo» 21 Schüssen abgegeben, die schwe- dische Flagge om Hauptmast ausgehißi und die in Parade-Uniform ausgeenterieii Mannschaften rin dreifaches Hurrah ausgebracht hatten. Vor der Veste Oskar-Frcdricksborg, welche die sür größere Seeschiffe fahrbare Wasserstraße deckt, lag eine schwedische Flottille verankert; sie bestand aus siini Schäreumonitoren und sechs kleineren KrtegS- fahrz'iigeii. Sowohl vor der Festung als aus besagte» Schiffen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder