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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808074
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-07
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1888
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17SS — Durch den Tod des vr. Kahns- i« Lelpzlg rückt Geh. Kirchenrath Prof. vr. G. V. Lechler al» zweiter Professor der theologischen Facultät zu Leipzig in da- Domcapitel zu Meißen al» Mitglied ein. Die feierliche Aufnahme wird voraussichtlich am nächsten Exaudi-CapitelSconvent statlsinven. * Leipzig, 8. August. In der Zeit vom 16. bi» 21. August finde» die RegimentS-Exercitien de» 134. Infanterie-NegimentS statt, welche- dann zu den Brigaveiibungen bei Töbeln-Leipzig abrückt. Die Regi- mentS-Exercilien der Infanterie-Regimenter 106 und 10? beginnen am 10. August und dauern bis 15. August, woraus dann vom 17. bis 20. August die Brigade- Übungen beider Regimenter erfolgen. . „ * Leipzig, 6. August. Die Gemeinden Lindenau und Plagwitz haben bereits vor einiger Zeit beim Rathe um Versorgung der beiden Orte mit Wasser auS der städtischen Wasserleitung gebeten, und eS ist daraus hin vom Herrn Ingenieur Thiem ein bezügliches Project auSgearbcitet worben, nach welchem die Wasserversorgung auS dem nörd liche» Canal der allen Stammanlage bei Connewitz und bei Bedarf auch auS dem Hochrescrvoir bei Probstheida erfolgen soll. Die Kosten deS BaneS, welchen die Stadt Leipzig auS- zusübre» beschlossen hat. werden sich auf über 400,000 stellen und haben die Gemeinden sich zur Verzinsung bezw. Tilgung dieser Summe unter gewissen vereinbarten Be dingungen, sowie zu Zahlung von Beiträgen für die Be- tricbSIertung und Unterhaltung der gcsammten Anlage, die im Eigenthni» der Stadtgemeinde verbleibt, zu verpflichten. --- Sonntag, den 12. August ». e., wird ein Personen- extrazug zu ermäßigten Fahrpreisen von Leipzig, Dresdner Balnibos. nach Grimma, oberer Bahnhof (1,90 ^6 II. El., 1,10.6 III. El.). Colditz (2,80 II. Cl.. 1,90^6 III. Cl.) und Nochlitz (3,20 II. Cl., 2,20 III. Cl.) Verkehren. Die Abfahrt ersolgt in Leipzig, Dresdner Bahnhof, 6 Uhr 35 Vorm., die Rückfahrt ab Nochlitz 8 Uhr 50 Min. Nachm.» ob Colditz 9 Uhr 6 Min. Nachm, und ab Grimma» oberer Bahnlws, S Uhr 38 Min. Nachm. BilletS sind wie gewöhn lich bei Herrn Cigarrenbändler Dittrich hier, Hallesche Straße 8 und Wcsistraße 32, oder an den Billetexpeditionen deS hiesige» Dresdner BahnhofeS bis Sonnabend, den 11.! Mts.» Mittags 12 Uhr zu entnehmen. * Leipzig, 6. August. Die vereinigten Militair- vereine haben beschlossen, am Abend deS TageS der Denk mal-Enthüllung in der Ccntralhalle ein großes patriotisches Concert zu veranstalten, dessen Ausführung Herr Musik director Iahrow mit der Capelle des 134. Regiments über nommen hat. Zu diesem Concerte haben nicht nur die Mit glieder der Militairvereine Zutritt, sondern auch jeder ehe malige Kamerad, wenn er auch keinem der gedachten Vereine angehört, ist ebenso wie die Freunde und Gönner des MilitairvereinswesenS willkommen, worauf wir. um eine etwaige Zersplitterung zu vermeiden, an dieser Stelle aus merksam machen möchten. * Leipzig, 6. August. Das Interesse an den hiesigen Fachvereinen hat in neuerer Zeit unter der Arbeiterschaft einzelner Gewerbe erheblich nachgelassen, so daß daS Bestehen einzelner dieser Fachvcreine i» Frage gestellt ist. Bis jetzt haben sich die Fachvereine der Schieser« und Ziegeldecker» sowie der Brunnenbauer wegen zu geringer Bctheiligung selbst aufgelöst; an Stelle deS ersteren Verein- soll eine Unterstützung-Vereinigung sür hilfsbedürftige Fachgenossen in das Leben treten. — Auch bei anderen Fachvcreine» hält eS zuweilen, wie mitgetheilt wird, schwer, bei dem häufigen Wechsel der Arbeiter die Verwaltung in allen Stücken aufrecht zu erhalten. * Leipzig, 6. August. Durch daS ungünstige regnerische Wetter, daS am gestrigen Nachmittage cintrat, wurden die Herren Gebrüder Feller verhindert, die gestern vom Felscn- keller in Plagwitz auS beabsichtigte Luftvallonausfahrt aus zusühren. — So ernst die anhaltend schlechte Witterung an und für sich stimmen muß, so fehlt eS doch auch nicht an humo ristischen Zwischenfällen, zu denen auch folgender zähle» bürste. Dieser Tage unternahmen einige hiesige Be- wohner eine Frühpartie bei einer Temperatur von allerdings nur wenigen Grad Wärme. Zum allgemeinen Ergötzen erblickten sic auf einem Klrjchbaum einen Mann, der, in einen warmen Pelz gehüllt, Früchte pflückte. Geschehen in den sogen. „Hunds tagen" des Jahres 1883. H Leipzig, 6. August. Am gestrigen Sonntag betrug der hiesige G e s a m in t p e r s o n e n v e r k e h r auf der D r e S d n e r Bahn 23 120 Personen und zwar I I 980 von hier abgereiste und 11 140 hier angckommcnePersonen; aus der Bayerischen Bahn 10000 Personen und zwar 5300 Personen, die von hier nbfuhren, und 4700 Personen, die hier ankamen; auf der Magdeburger Bahn 19 010 Personen, von denen 9300 Personen nach auswärts befördert wurden und 9740 Personen hier eintrase»; ans der Thüringer Bahn 17 280 Personen und zwar 8300 von hier abgereiste und 8980 hier ang-kommene Personen; aus der Berliner Bahn endlich 5155 Personen, von denen 2500 hierher und 2655 Personen nach auSwärtS befördert wurden. — Gestern Abend war in Halle der Andrang von Besuchern des Mitteldeutschen Bundes schießen-, welche auf dem Bahnhose der Rückbeförderung nach hier harrten, derart groß, daß zwei Extrazüge ein gelegt werden mußten, welche AbendS 9 Uhr 25 Min. und NachlS 12 Uhr 27 Min. hier eintrase». — Heute Morgen 5 Uhr 10 Min. ging das 2. Bataillon de- 134. Inf.» Regiment- in Stärke von I2Ossicierenund 182U»terosficieren und Mannschaften aus der Dresdner Bahn zu den Schießübungen nach Zeit Hain ab. DaS Bataillon kehrte Abends 9 Uhr 2 Minuten wieder hierher zurück. — In der Querstraße fiel gestern Nachmittag ein 6jähriger Knabe, welcher mit seinem Vater in einer Droschke dahergesahrcn kam, plötzlich auS dem Wagen und aus die Straße heraus, wobei ihm ein Rad über die Beine ging. Der Knabe hatte im Wagen aufrecht ge standen, sich an die Thür angelehnt und wahrscheinlich den Drücker berührt, wodurch die Tbüre ausgegangen war. Der verletzte Knabe mußte zu einem Arzt gebracht werden. — In einer Restauration der Südvorstadt gcrieth in vergangener Nacht der Wirth mit einem bei ihnx al» Gast anwesenden Dachdecker auS Connewitz in heftige Schlägerei, wobei außer einer Anzahl Bicrgläser auch 4 große Fensterscheiben in die Brüche gingen und schließlich der Dachdecker von der Polizei in Beschlag genommen und nach der Wache abgesührt wurde. — Nach einer hierher gelangten Mlttheilung ist in vergangener Nacht in Chemnitz in ein dasigeS GeschästS- local ein gebrochen und dabei die Summe von 1300 *6, bestehend in einem 500-Markschrin und 100-Markscheinen entwendet worden. — Der Blüchergarten in Gohlis war wie an allen Sonntagen so auch gestern wieder recht stark besucht. Wenn auch daS NachmittagSconcert und der Tanz im Sommersalon durch den Regen einige Unterbrechungen erlitt, so war doch daS Amüsement der Äesucher dadurch wenig oder gar nicht beeinträchtigt. Namentlich die AbendS im Saale stattsindcnde Theatervorstellung verfehlte auch diesmal ihre Anziehungs kraft nicht und wurde die gestrige Ausführung ..Der Trom peter von Säkkingen" seitens deS Publicums dankbar ausgenommen. Lebhafter Beifall lohnte die Darsteller, welche bewiesen, daß sie ihren Rollen vollständig gewachsen waren. Die Bewirthschastung des Etablissements ist eine treffliche. — Das von Georg Zimmermann verfaßte Bolksstvck mit Gesang „Das tägliche Brod". Musik von dem bekannten Leipziger Compomsten August Horn, gelangt kommenden Donnerstag im Lindenauer Sommerlheater zur erstmaligen Ausführung. DaS Stück ging bereit- in Hamburg und BreSlau mit vielem Erfolg in Scene. — Im Sommertheater zu Plagwitz (Felsenkcllcr) kommt heute Dienstag das beliebte Lustspiel „Der ConfusionS- rath", welche- ein« Hauptrolle für Herrn Dir. Dreßler ent hält, zur Aufführung — Der in unserem Blatte angrzeigte Abbruch der alten l irche zu Hainichen rechtfertigt einen Blick aus deren Vergangenheit. Al- die Stadt von den Hussiten gänzlich zerstört wurde, betraf diese- Schicksal wahrscheinlich auch die Kirche. Wieder ausgedaul, erhielt dieselbe «iue übermäßig lange Spitze, die man um da- Jahr 1812 abnehmen mußte, weil der Thurm beim Läuten bedenklich schwankte. Im Jahre 1695 kam Pastor Geliert au» Zeitz, Later de» Dichter» Chnstian Fürchtegott Geliert und de» Bergrath- Chrifllieb Ehregott Geliert, nach Hainichen, von welchen Erster« am .Juni 1715 und Letzterer am 11. August 1713 hier geboren wurde. Im Jahre 1815 feierte die Stadt da» hundert- Shrige Geburt-fest de- Dichter» Geliert, wobei dessen Bildniß in der Kirche ausgestellt wurde, da» noch setzt vorhanden ist. Die Kirche besitzt eine der schönsten Sildermann'schen Orgeln. s- Dre-den, 6. August. Infolge de» während der letzten Tage im nahen Böhmerlande niedergeaangenen wolkenbruch-- arligen Regens geht die Elbe seil gestern früh mit Hoch wasser. Dasselbe erreichte in Dresden bereit» in ver gangener Nacht seinen höchsten Stand mit 2,50 m über dem Nullpunkt (gegen 0,80 m unter Null am Tage voher); eildem ist langsames Fallen de» Strome- eingetreten. Heute Mittag zeigte der Pegel an der Augustu-brÜcke noch 1,90 m über Null. In Leitmeritz erreichte der Wasserstand seinen Höhepunkt gestern Mittag mit 2.86 m über normal» während heute Mittag von dort 2.34 m Plu» gemeldet wurde. Durch ihren plötzlichen Eintritt hat die Hochfluth im Gebiete der Oberelbe mannigfachen Schaden angerichtet. — Bei der hiesigen königlichen Polizei-Direktion sind im Monat Juli 7 Selbstmorde und 2Sclbstmordversuche zur Anzeige gekommen. Von den Selbstmördern haben sich 1 erschossen, 1 vergiftet» 3 erhängt und 2 ertränkt. Von den übrigen Lebensmüden versuchte der eine durch Ausschneiden der Puls ader sich zu verbluten, während der andere sein Leid in der Elbe ertränken wollte. -s- Dresden, 6. August. Unter Sturm und Regen, wie ie begonnen, ist gestern Dresden» tolle Woche, die so genannte Vogelwiese, zu Ende gegangen. Der gestrige letzte Tag, welcher anfangs von freundlichem Wetter begünstigt wurde, halte noch eine nach Tausenden zählende Menschen menge, namentlich von auSwärtS, angelockt, so daß der Ver kehr in de» Gassen der Zeltstadt vorübergehend ein überaus chwieriger war, da sich die gewaltige Menschenmenge nur langsam vorwärts zu bewegen vermochte. An ein geordnete» Vorwärtskommen war gar nicht zu denken, sondern man schob und wurde geschoben. An den Stellen, wo der Regen der vorausgegangenen Tage förmliche Teiche und Sümpfe ge- chafsen halte, entstand ein solches Gedränge, daß gar nicht hindurchzukominen war. Nachmittag- kurz nach 5 Uhr machte Jupiter PluviuS der arge» Drängelei em jähe- Ende. ES erhob sich plötzlich ein fürchterlicher Sturm, der den Staub des Feslplatzcs in thurmhoben Wolken vor sich her peitschte und die Gassen rein fegte. Dem Sturm folgte ein anhaltender durchdringender Regen, infolge dessen der eigentliche Glanz punkt de- sog. Volksfeste-, daS große Feuerwerk, gründlich zu Wasser wurde. Die vor dem Unwetter in rasender Eue flüchtenden Vogclwiesenbcsucher suchten, so gut e- ging, dicht Schulter an Schulter gedrängt, Unterkunst in den zahl reichen Nkstauration-zelten, Singspielhallcn und Bratwurst buden, so daß auch dort gar bald der Aufenthalt ein höchst unbequemer und nngemüthlicher wurde. Tie betreffenden Wirthe waren von dem ihren Localen zu Theil werdenden gewaltigen Zuspruche nicht- weniger als erbaut, denn bei dem entstehende» Gedränge war eS ganz unmöglich, in geordneter Weise Speisen und Getränke zu verabreichen. Bei dem fort dauernden Regen war eS natürlich mit aller Vogclwiesen- herrlickkeil vorbei, und gar bald hatte sich der vorher so ge waltige Mensckenstrom in alle Winde verlausen. Die vielen Zelt- und Budeninhaber, welche sür den letzten »großen* Vogelwiesentag noch aus eine gute Eiiinahme gerechnet halten, sahen sich in ihren Hoffnungen gründlich getäuscht. vermischtes. --- Berlin, 4. August. Kaiser Wilhelm hat angeordnet, daß von heute an das Mausoleum in Charlotten bürg dem öffentlichen Besuche wieder sreigegeben werde, und die Bewohner der NeichShauptstabt wie zahllose Fremde werden ihm sür diesen Vertrauensbeweis, der zugleich ein Zeichen höchster Pietät gegen seinen kaiserlichen Großvater ist, auf richtigen Herzens dankbar sein. Eine weihevolle Stimmung empsängt uns, wenn wir im Schloßparke zu Charlottenburg die tiefdunkle Tanncn-Allee entlang wandeln, durch die all jährlich an den Gedenktagen seiner Eltern Kaiser Wilhelm zum Mausoleum schritt, das, in hehrer Einfachheit erbaut, in tiefer Stille deS ParkcS gelegen, die Grabstätte seiner Eltern birgt. Jetzt ist hier in der Mitte deS Raumes, von bläulichem Lichte umflossen, der mächtige Purpursarg ausge stellt, der die irdische Hülle de- ersten deutschen Kaiser» ent hält, und ring- umgieot ihn ein Neichthum von Kränzen und Palmen, der doch nur ein kleine» Zeichen sür die Größe de» Verluste- ist. den da- deutsche Volk erlitten. Hier liegen vor Allem die reichen silbernen Kränze, die au» allen Wclt- theilcn zusammengekommen sind ; der silberne Ricsenkranz, den der russische Czar, ein weiterer Silberkranz, den der russische Großsürsi Thronfolger, sowie andere Silberkränze, welche die Deutschen in Petersburg, in Moskau, in San Francisco, in Stockholm hier haben niederlegen lassen. Hier ragen die Kränze hervor, welche die nächsten Familienmitglieder und Freunde des Kaiser-: die Kaiserin Augusta, die Kinder und Enkel, die Herrscher von Oesterreich und Italieu in seltener Pracht gestiftet haben; hier hat auch die Kaiserin von Oester reich neuerdings einen Kranz gestiftet, zu dem sie selbst die Blumen und Blätter auf ihren diesjährigen Ausflügen um Gastein gepflückt hat und die sie an demselben Tage hier hat niederlegen lasse», an welchem sie vor einem Jahre zuletzt den Kaiser Wilhelm in Gastein hatte begrüßen können. Ringsum an den Wänden sind weitere reiche Kranze und Schleifen angebracht, während vom Hintergründe die weißen Marmor- wunder der Meisterhand Nauch's, die Grabdenkmäler der Königin Luise und de- König» Friedrich Wilhelm, hervor leuchten. Wahrlich, Niemand beschreitet ohne tiefe Ergriffen heit diese Stätte, die jetzt Kaiser Wilhelm dem Siegreichen gewidmet ist uud die zweifellos der Wallfahrtsort für jeden deutschen VaterlandSsreund werden wird. — Ueber Kaiser Wilhelm al» Seefahrer und Reiter schreibt Ludwig Pietsch in einem „Berliner Briefe an die „Schlesische Zeitung": . Kaiser Wilhelm, der deutsche „Seekönig", ist von seiner Meer- fahrt glücklich heimgekehrt zu seinem Marmorpalais an der Havel, aus deren stiller, glatter Fluth er sogar noch den letzten Theil der Rückiahrt von dieser nordischen Besuchsreise gemacht hat. Seine Wasserjreudiokeit, welche Ihn, wo eS nur immer ausführbar wird, den Weg zu Schiffe dem aus dem selten Lande vor- ziehen läßt, erscheint so völlig neu bei einem deutschen und preußischen Monarchen, daß man sich versucht suhlt, die Ursache derselben in dem „englischen Blut" zu sehen, welches sich in uusere» jungen Kaiser- Adern mit dem hokenzolleriischen zu gleichen Theilcn »lischt. Wer wollte eS den Herren von der Marine ver denken und eS nicht sehr begreiflich finden, wenn sie fortan die Häupter höher trogen und ihre Herzen von froherem Mathe, von stolzeren ZukunstSbossnunzen geschwellt fühlen al« je zuvor I Wer selbst ein Seestadtkind ist, wem daS Wogenraulchen eine von den frühesten Jugendtagen her licb vertraute Musik, da» Meeiwosser ein heimisches Element ist, wird diese Freude dopp lt lebhasi mit empfinde». Und wie erst jeder von un» Deutschen, welcher die Tage der nationalen Schmach mit Bewußtsein durchlebt het, io denen Herr Hannibal Fischer im Bustrage de- hohen Bundestage» die ..dentlche Flotte" in öffentlicher Auctioa Stück für Stück an den Meistbietenden versteigerte! Die Geschichte der Völker weist wenig ähnliche Wandlungen inaerhalb eines gleichen Zeitraum» auf, wie di«, Welch« sich in unser«« Vaterland« auch ans dlese« Gebiet« während dieser drei bis vier Jahrzehnte vollzogen hat. Bekouuilich pflegen di« Tummler oad Lenker der „Seedrachea", die Herren Marineosstriere, zwar passionirte, aber keineswegs die besten Reiter zu sein. Wenn sie nach weiten Seereisen in einen Hasen eingelausen find und sich eine« kurzen oder längeren Aufenthalte- auf dem feste« Lande erfreuen dürfen, gehört da- Reiten zu ihren Haupt- uud Liebling-Vergnügungen. Aber „die von der Lavallerie" haben für die berittenen Kameraden vou der Flotte gewöhnlich nur eia spöttische- Lächeln, «ad die Reiterkünste der letzteren sollen dasselbe nie ganz uumotivirl erscheinen lassen. Kaiser Wilhelm sucht auch darin leinen Ehrgeiz, da- alte Borurtheil glänzend zu wider- legen und ein ebenso ausgezeichneter Seefahrer and Marine- commanLenr wie Reiter zu sein. Unter allen den männlichen und soldatischen Eigenschasten, welche man in St. P-tcr-burg an dem kaiserlichen Gast zu erkennen und zu bewnndern Gelegenheit fand, stand in erst» Reihe auch seine ungewöhnliche Meisterschaft im Rät. Wer da- Glück gehabt hat, der großen Zwei-Kaiser-Parade im Lager von KroSnoje-Ssclo als Augenzeuge deizuwohuea, dem wird der Anblick und der Eindruck unvergeßlich bleiben, den unser Kaiser gewährte, als er von seinem und de» Zaren Standpunkt am Fuß des ZelthügelS im schlanken Galopp zu seinem heranmarichireuden Regiment Wyborg binübersprengte, an dessen Spitz« angelaugt, sein Vserd aus den Hinterfüßen mit gewaltigem Druck herumwars und i» demselben Augenblick, in statuengleicher Ruhe im Sattel aus gerichtet, den Säbel in der Rechten senkend, da- edle Thier im tanzenden Schritt daher lenkte, die Truppe an Kaiser Alexander vorübersührend. Russische Eovallerie-Oificiere, welche die Kunst de» ReiteuS auS dem Grunde verstehen, hörten wir jene Wendung als eia wahre- Llrtuosenstück dieser Kunst enthusiastisch preisen. Und um wie viel mehr wird der Werth solcher Leistungen noch gesteigert durch die Thatsache jener Unvollkommenheit der die Zügel führenden linken Hand de- Kaiser-, einer Unvollkommenheit, über deren Art und Bedeutung auch sür die Lharekterentwickelung de- jungen Vrinzea schon die Welt durch da- neulich veröffentlichte merkwürdige Schriftstück seine- Erzieher-, vr. Hiutzpeter, so wichtige uud fesselnde Aufklärungen erhalten hat. --- In dem königl. Hof-Knnst-Institut Otto Troitzsch, IZerlin erschien soeben ein prachtvolle» zum Zimmerschmucke geeignete», in Farbendruck auSgesiibrtc», Kunstblatt: „Kaiser Wilhelm'» letzte Unterschrift". — In seiner bedeu tenden NeichStagSrede vom 9. März 1888 sagte der Fürst fleichSkanzler: „Ich hatte von dem hochseligen Herrn in einen letzten Tagen in Bethätigung der Arbeitskraft, die ihn nur mit dem Leben verlassen hat, noch die Unterschrift erbalten, welche vor mir liegt und welche mich ermächtigt, den Reich» tag in der üblichen Zeit nach Abmachung seiner Geschäfte, daß heißt also etwa heute oder morgen, zu schließen. Ich hatte die Bitte an Seine Majestät gerichtet, nur den Anfang» buchstaben seines Namen- zu unterzeichnen. Majestät hat darauf noch erwidert» daß Sie glaubte den vollen Namen unterschreiben zu können. In Folge dessen lege ich diese« historische Aktenstück der letzten Unterschrift Sr. Majestät auf den Tisch deS HauseS nieder." — Jener bistorische Moment ist diesem Blatte von Künstlerhand festgehalten. DaS Bild macht einen geradezu ergreifende» Eindruck und wird sicherlich in den weitesien Kreisen willkommen geheißen werden. ----- Berlin, 5. August. DaS 150jährige Jubiläum der Aufnahme Friedrich'- de- Großen in den Frei maurerbund wird am 14. August v. I. in den Räumen der Großen National-Mutter-Loge zu den drei Weltkugeln festlich begangen werden, Friedrich II. hatte al- Kronprinz im Juli de» Jahre» 1738 seinen Vater, den König Friedrich Wilhelm l. von Preußen, zu einem Besuche >eS Prinzen Wilhelm von Oranicn nacü Schloß Loo (Geldern n Holland) begleitet. Die im Stillen sich auSbreitcnde Frei mauererri bildete in dieser Zeit da- Tagesgespräch in der Republik der Niederlande, welche 1735 ein Verbot gegen den Orden erlassen hatte, und in Folge eine» Tischgespräche- im Hause de- Prinzen von Oranien, bei welchem der König von Preußen gegen die Freimaurerei heftig zu Felde zog. während der anwesende Gras Albert Wolsgang von Schaumbnrg-Lippc dieselbe» sreimüthig und mit Geschick vertheidigte, entstand in dem 26jährigen Kronprinzen der feste Entschluß, sich in den Bund ausnehmen zu lassen. Nach glücklicher Ueberwindung aller sich entgegenstellenden Hindernisse wurde Friedrich'» Wunsch sehr bald erfüllt. Als Ort der Aufnahme wählte man Braunschweig, wo der Kronprinz mit seinem Vater zum Besuche de» Herzogs von Braunschweig um die Mitte deS MonatS August eintreffen wollte, und wo um dieselbe Zeit die große Heermesse statlfand, welche bei dem großen Fremdenverkehr ein Vorhaben, wie da» geplante, sehr begünstigte. Der Gras von der Lippe wandte sich in dieser Angelegenheit zunächst an den Bruder von Albedyll in Hannover, und dieser an den Meister vom Stuhl der Loge n Hamburg, Bruder von Oberg, der mit der Abhaltung der Ausnahme-Loge beauftragt wurde, sowie an die Brüder von Bielfeld (Secretair der Hamburger Loge) und von Löwen, ferner an die Brüder Gras von KielmannSegge und Baron von Albedyll in Hannover. Alle genannten Brüder erschienen pünktlich zur festgesetzten Zeit; als Candidat außer dem Kron prinzen auch noch der Gras von WartenSlcbe». Die Ans »ahme fand mit allen damals üblichen Probe» in der Nacht vom 14. bis 15. August statt. Dieser Tag ist ein Gedenktag in der Geschichte der Freimaurerei, insbesondere süö die deutsche. Gleich nach dem Tode seine» Vater» 1740 und noch vor Beisetzung der Leiche desselben hielt Friedrich in Cbarlottenburg eine Loge ab und erklärte sich öffentlich sür einen Anhänger deS Freimaurer-OrdenS. Unter seiner Auto risation stifteten vier Brüder die erste Berliner Loge „7i.ni trois glode»", au» welcher daun später die Große National Mutter-Loge „Zu den drei Weltkugeln" hervorging und er- öffneten dieselbe am 13. December 1740. --- Berlin, 5. August. Professor vr. Virchow hat estern Vormittag die Beduinen auf der Velocipeden-Renn- ahn anthropologischen Messungen unterzogen und ihnen au Grund des Ergebnisses seiner Untersuchungen folgendes Zeugniß ausgestellt: „Am heutigen Tage habe ich die durch "serrn Wilhelm Möller im Austrage deS Direktors des eipziger Zoologischen GartenS» Herrn Pinkert, auS ihrer afrikanischen Heiniath nach Europa gebrachten Egypter genauer untersucht. Dieselben bieten in zeder Be- iehuna gute Typen dar. au» der alten Bevölkerung durch geimischung arabischer Nomaden hervorgegangener Stämme. Auch erweisen sie sich in Sitten und Gebräuchen, Tracht und Schmuck als ursprüngliche, durch die moderne Cultur nur äußerlich berührte Individuen. Ihre Untersuchung bietet, abgesehen von mancher Besonderheit der Einzelnen, große- wissenschaftliches Interesse." --»Berlin, 4. August. („Vossische Zeitung.") In hiesigen Apothckerkreisen erregt ein Vorgang Aussehen, der auch sür da- große Publicum von Interesse ist. Bekanntlich finden seiten- der Mcbicinalbehörden unter Zuziehung von praktischen Pharmazeuten von Zeit zu Zeit unvermuthet Revisionen der Apotheken statt, welche den Zweck haben, die Behörde zu überzeugen, daß sich Alle» in vor schriftsmäßiger Ordnung befindet. Jüngst wurde eine solche unvermuthete Untersuchung bei eincni Apotheken bescher vor genommen, der selbst häufig zu den Revisionen hinzugezogen worden ist und dabei stet- sehr streng seine» Amte- waltete. Zunächst fand die Revisionskommission, daß die Apotheke mehrfach die wünschenSwerlhe Sauberkeit vermissen ließ, und sodann stieß man aus ein verschlossenes Schubfach, das »ach Angabe de» Besitzer» Privatscripturen enthalten sollte. Aus daS Unzulässige einer solchen Privatschatulle in der Apotheke aufmerksam gemacht und ausgesordert. daß Fach zu öffnen, weigerte sich dessen der Besitzer unter allerlei Ausflüchte» u»v verstand sich zum Oeffi.en erst, als zum Schlosser geschickt werden sollte. DaS Fach nun fand sich angesüllt mit soge nannte» NeceplurlösiiNgen. d. h. Medikament-Zusammen- setzungeii. die i» keiner Apolhckc vorräihig gehalteu werben dürfe», sondern erst ans Vorschrift de» Arzte-, durch Ver schreibt» vo» Rec pten, anzufertige» sind. Begreiflicher Weise st man in Apvlhekerkrcisc» gespannt, welche Folgen dieser grobe Verstoß, der unter Umständen sür Kranke von gefähr liche» Folge» hätte werden können, sür deu Betheiligten nach sich ziehen wird. — vo« de»elnheft'iche« Karte de- deutsche«Reichs im Maßstabe von 1:100 000, zu deren Herstellung sich i», Jahre 1878 die königlich preußische Landesaufnahme, der kgl. bayerische und sächsische Generalstab, sowie da- württem, bergische statistische LandeSaml verbunden haben, sind bi- jetzt 322 Blätter, da» sind 47.7 Procent der gesammten 674 Blätter, erschienen, und zwar von 544 Blätter« Preußen» 283 oder 52 Procent, von 80 Blättern Bayern- 17 oder 21 Procent, von 30 Blättern Sachsen» 18 oder 60 Procent, endlich von 20 Blättern Württemberg» 4 oder 20 Procent. Der große Borsprung Preußen» erklärt sich dadurch, daß ur- prünglich die Herstellung einer derartigen Karte nur sür den preußischen Staat beabsichtigt war. daun aber aus die durch Militairconventionen eng mit Preußen verbundenen Staaten, wie Thüringen. Baden. Hessen, ausgedehnt wurde. Ebenso batte Sachsen schon früher eine Generalstabskarte im gleiche,, Maßstabe und nach gleichen Grundsätzen wie die preußisch« ür den größeren Tbeil seine» Gebiete» bearbeitet. E» liege» von süddeutschen Gebiete» vollständig vor die bayerische Rheinpsalz, die Provinz Hessen-Nassau, sowie da» Großherrog- tbum Hessen. E» ist angenommen, daß da- ganze Weick edenfalls noch vor Ende de» Jahrhundert- vollendet ein werde. A» der technischen Hochschule zu Charlotten burg bestand im Sommerhalbjahr 1888 der Lehrkörper inSgesammt au- 147 Professoren und Assistenten. Die Zahl der Studirrnden bestes sich aus 750. Von den 84 neu eiu- eschriebenen Studirrnden sind 29 au» Gymnasien, 32 au» lkealgymnasien, je 2 au» Oberreal- und Gewerbeschulen, 1 au» einer Realschule, 10 au- außerdeutschen Schulen hcr- vorgcgangen, 8 Studirende bekamen außerdem mit mini» serieller Genehmigung die Matrikel. 660 waren Deutsche und 90 Ausländer. Al» Hospitanten nahmen 343 an den» Unterrichte Tbeil, darunter Studenten anderer Hochschulen» Ossicicre und Ingenieure, so daß die Gcsammtzahl der Höre« aus 1098 sich stellte. — Die Mode. So gar widersinnig ist dl« Kritik nicht, welchi unsere neuesten Modephantasien al- Reliquien auS Grotzmütlerchen» Jugendtagen bezeichnen. Denn in der That, altmodisch sind st«, diese runden Schäferhüte mit niedrigem Kopf und kranzförmig garnirten Federn, aber trotz alledem reizvoll und kokett wie die alt- mordischeu Toiletten auf den Watteau'schen Schöferbildern. — Nicht allein die Hüte formen sich nach alten Mustern, auch die Köps« machen neuerdings den Versuch, mit griechischen.Frisuren und Metall, hangen in dem vorn gekräuselten Dchcitelhaar di» öffentlich« Mei nung sür diese elastische Tracht zu gewinnen. Mit den vertikal herab- ließenden Kleidersalten, der ebenfalls gefalteten, den Hals freigebenben Gürteltaille sind wir dem griechilchen Geschmack schon um Biele- näher gerückt; ob aber «ine dahin zielende weitere Reform freundliche Aus, nähme finden wird, erscheint mehr als zweifelhaft. Gleichzeitig mtt diesen Neuerungen macht man in tonangebenden Kreisen den Versuch, dem Geschmack aus der Directoire - Epoche Geltung zu verschaffen. Nicht allein in dem als Redingote bezeichnet«» Uebrrkletd, dessen altenloS vorn auSeinandertretcnder Rock eine hellere, oft reich gar- nirte Vorderbahn deS Unterkleides sehen läßt, mit welcher der Latz^ theil der sich mit breitem Revers öffnenden Taille harmonirt, findet dieses Genre seinen Ausdruck, sondern auch in dem hochstehenden, breitkrämpigen Hut, der da- Gesicht gleich einer Aureole umrahmt. — ju den Reminiscenzen vergangener Tage zählen auch die breite« stoffpuffrn am unteren Rande der Waschkleider, sowie die aus- »zackten, in Rosentollen aufgesetzten Seidenstoffrüschen. Auch da nieder feiert im Verein mit den blousenartigen Taillen auS Gaze oder Tüll neue Triumphe. Der durchsichtige Stoff wird in Falte, auf dem im Rücken wie vorn spitz ausgeschnittenen Tailleofntter arrangirt und der untere Theil miederartig mit MoirS, Brocat »de« ähnlich elegantem Stoff bekleidet. Die wntrn, oben und onten ein- ekräusten Acrmel werden mit 12—1b am lange» anschließende« cheilen aus dem zum Mieder verwendeten Gewebe garnirt. Der Rock auS durchsichtigem Stoff bleibt ohne Garnitur. — AuS diesem Hin- und Herfchwanken der Meinungen betreff» der Form dürste sich demnächst eine bestimmte Richtung herauSbtlden, welcher wir unser« Aufmerksamkeit zuzuwendrn haben. Nach alter Erfahrung bieten di- internationalen Trachten am Gestade deS Meere- die sgerigueteu Vor bilder für die Wandlang einer Mod«, wenn man nicht aus Neuheiten rzichten und zur guten alten Zeit zurückkehrru will, wie e- augea- icklich den Anschein gewinnt. — Als sensationell für die Galso« der Spitzenmantel, die auS schwarzem Spitzenstoff oder einen, breiten abgepaßten Spitzrngewebe hrrgeitellte Hülle, welche >ie elegante Helle Toilette vollständig verschleiert. DaS vor zwanzig Jahren unentbehrliche Spitzrntuch erfüllte in minder trotzen, Format denselben Zweck, als hochsommerlicher Um« Hang zu dienen. Die jetzt beliebten Mäntel auS diesem Geweb« ind am Halse und in der Taillealinie deS Rückens eingrkränst »ud fallen bi» zum Saum des Kleide- herab. Andere werden in v«tieale PlissLsalten geordnet und unter dem zum Hindurchgleiten de- Armes dienenden Schlitz mit einem breiten Bande gürtelartig an der Taille umschlossen. Mantillen aus gesticktem Mull, mit Stickereistretfe« arnirt, werden zu Hellen Waschkleidern getragen. Selbst der charpeform, dieser nur die Schultern umlchließenoen Hülle, schenkt man auss Neue Beachtung. — Ein gleicher der herrschenden Mode entsprechender, ungewöhnlicher Spitzenverbrauch macht sich auch an den Sonnenschirmen eleganteren Genre- bemerklich. Ein ekräusler oder gefalteter Spitzenstoff, auch große cremefarben« Spiyentüchcr decken den Fond auS farbigem Seidenstoff, nnd schmale Bandschlingen, in Uebereinstimmling mit dem Stoff gewählt, mischen sich mit dem Spitzengesäitel ain Rutzenrande. Ein Blumentnsf garnirt außerdem die obere Spitze de-Schirme-. Emmy Heine. -s- Halle a. S., 5. August. In auswärtigen Zeitungen geschieht eines hier vorgekommenen mysteriösen Vorfälle» Er wähnung, jedoch in so entstellter Weise, daß e» geboten er scheint, den richtigen Sachverhalt mitzutheilen: Anfang dieser Woche erschien ein anständig gekleideter junger Mann in der hiesigen königl. medicinischen Klinik, stellte sich dem Portier als Mediciner vor und ersuchte denselben, ihm ein LogiS nach- zuweisen, da er beabsichtige, hier sein Examen zu machen. Desselben Tage» Abend« erschien der Fremde in der Klinik wieder, legte Hut und Stock in der Portierloge ab und ging ohne Weitere» nach den Krankensälen, woselbst er Untersuchungen an den Kranken vornahm. So kam er auch in die Frauen abtheilung, die weiblichen Kranken ebenfalls einer Untersuchung unterwerfend. Hier betraf ihn der Stationsarzt, der, nicht wenig verwundert, ihn fragte, wa» er hier wolle. Der Fremde war nicht in Verlegenheit, er sagte, daß er mit der Kranken, mit der er sich gerade unterhielt — der 39 Jahre alten Wirthschasterin Auguste Schumann au» Schöneberg (der Name. Stand und Aller jede» Kranken ist aus einer über dem Bett hängenden Tafel verzeichnet) — verwandt sei. Da seitens der Genannten ein Widerspruch nicht erfolgte, so nahm der Arzt an. daß die« seine Richtigkeit und der Fremde Er- laubniß habe, seine Verwandte, die an einem Herzleiden dar niederlag, zu besuchen. Kurze Zeit, nachdem der Fremde die Anstalt verlassen, klagte die pp. Schumann über innerlich« Schmerzen, wobei sie dem Arzte gestanv. daß ihr der Fremde den sie gar nickt kenne, etwa« zu trinken gegeben habe. Nach etwa zwei Stunden verschied dieselbe. Da der Fremde beim Verlassen der Fraucnabthcilung zu der Wärterin gesagt hatte, die Schumann lebe höchsten« noch zwei Stunden, wurde der Verdacht rege, der Fremde habe der Patientin Gift gereicht, und man schritt zur Verhaftung desselben, die leicht au-gesührt werde« konnte, da derselbe sich »och in der Anstalt befand. Bei dem vorgenoi»menen Verhöre beiheuerle der Fremde, der sich stack, meä. Arthur Götze genannt hatte, ferne Unschuld: er habe der Kranken, die er gar nicht kenne, auf ihr Verlangen Medici» au» der aus ihrem Tische stehenden Flasche gereicht, da sic über Durst geklagt habe. Die bei dem Pseudo-Medi« einer vorgesunden Papiere lauteten aus den Namen de- ScbriftsetzerS Krause au» Zwickau i.S., eine-mehrfach, u. A. wegen SittlichkeitSverbrechen» vorbestraften, au» dem Mililairstande auSgeftoßenen Menschen. Krause wurde in da» Gesängniß eingelirserk. Die vorgenommene Obductio« der Leiche ergab keinerlei Anhalt sür eine Vergiftung, e» wurde vielmehr constatirt, daß sie ihrem langjährigen Herzleiden erlegen. Krause wurde der Leiche gegcnübergestellt, er ver hielt sich ganz gleichgiltig dabei uuv betheucrte wiederholt seine Uuschuld. Er giebt an. daß er sich die innere Ein richtung der Klinik habe arische» wollen, eine Nebenabsicht habe er nicht gehabt. Da die betreffende Kranke nach einem Tranke verlangt, habe er ihr einen solchen au- der Medici»- flasch« gegeben. Kraus« wurde in da« Äericht-grsängniß ver blick
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