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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880825
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880825
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-25
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.08.1888
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V138 Neueste Nachrichten. * Berlin, 24. August. (Fernsprechmeldung deö „Leipziger Tageblattes".) Bei der Investitur der Ritter zu Souuenburg hat der Kaiser Folgendes gesagt: „Ich erfülle einen meiner Herzenswünsche, indem ich die äußeren Zeichen des OrbenS anlege. Zch kenne die hohen Ziele des Ordens, welche derselbe sich gesteckt hat. Ich wünsche als Proteclor des Ordens nicht nur über ihm zu stehen, sondern auch als Ritter an feinem heilsamen Wirken theilzu- nehmen." Zn der Kirche sprach der Kaiser Folgendes; „Wie mein hochseligcr Later an dieser Stätte vor sünj Zähren „n Aufträge teS hochseligen König- Wilhelm, als er der Einführung des neuen Herrn Meisters beiwohnte, sprach, so gelobe auch ich an dieser Allarstätle als König von Preußen und als Proteclor, dem Orden und allen seinen Angehörigen in meinen Landen uieincu königlichen Schutz angedcihen zu lasten. So wahr mir Gott helfe." Beim Diner lautete der Toast, in Beantwortung eines TrinksprucheS deS Prinzen Aibrecht, deS Kaisers etwa wie folgt: .Ew. königlichen Hoheit dringe ich meine» tiefgefühlten Dank für die herrlichen Worte, die wir soeben vernommen. eS war mir schon immer in der Thal ein HerzenSbekürfiliß, auch durch ein äußeres Zeichen dem Orden anzugchören, welches erst durch meine Thron besteigung für »uch zur Thatsacüc werden sollte. Zch bin der feste» Ansicht, daß der König von Preußen durch ein äußeres Zeichen dem Orden angehören muß." Der Toast scvloß, nachdem der Kaiser die religiösen und idealen Ziele deS Ordens betont, mit einem schmeichelhaften Toast auf den Herrenuieister deS Ordens, den Prinzen Aibrecht. — Morgen Mittag findet im hiesigen königlichen Schlosse zu Ehren des Königs von Dänemark ein Galadincr statt.— G roßsürsi NicvlauS von Rußland trifft zu den bevor stehenden Manövern hier ein. — Die Zusammenkunft Crispi'S und Kalnoky'S wird bestätigt. — Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" meint, indem sie eine Meldung sranzösischer Blätter bespricht, dieser Meldung gegenüber, dag Boulnnger Deutschland unangenehm sei, diese Mittbeiluug sei falsch. La Boulangcr, als er seiner Zeit in der Negierung gef.sjen, der Versicherung des Friedens Ausdruck gegeben habe; sie glaub: nicht, daß, wenn Boulanger wieder zu Würden gekommen sei, er den Erfolg durch eine» Krieg aus da! Spiel setze. — (Wir können für die Genauigkeit der Fcrusprcch- melduiigen vor der Hand keine Garantie mehr übernehmen. Die Fernsprechleitung sunctionirt seit einigen Tagen so maugcihask, daß es beim besten Willen nicht möglich ist, das Gesprochene in genügender Weise zu »erstellen. Wir werden untersuchen lasten, wo der Fehler steckt. Die Redaktion des Leipziger Tageblattes.) Nachtrag Mm politischen Tagesbericht. * Wie der „Politischen Correspondenz" auS Berlin ge meldet wird, verlautet über die nächsten Reisepläne Kaiser Withelm'ö II., Se. Majestät werde zunächst noch verschiedene Besuche in Deutschland selbst abstatten, sich Ende September nach Wien und von da nach Rom begeben. Der Tag der Abreise ist noch nicht scstgcstcllt. Da eS den Wünschen aller bei der Reise Bctbciligtrn entsprechen dürfte, daß bestimmte Mittbeilungen darüber'erst im letzten Augen blicke in die Oeffentlichkeit dringen, darf man mit Sicherheit annchmen, daß alle Angaben in Betreff der Zeit, an denen eS in nächster Zukunft nicht fehle» dürste, nichts weiter als Spekulationen und Erfindungen sein werden. — Ob sich der Reichskanzler Fürst Biömarck Heuer nach Kisstngen bcgiebt. ist bis zur Stunde nicht scstgestellt und wird ausschließlich vom Gesundheitszustände des Fürsten abhängen. * Wie den „Hamburger Nachrichten" aus „durchaus zu verlässiger Quelle" mitgclheilt wird, entbehrt die Annahme, Gras Äalnoky werde in den nächsten Tagen in Fried richs ruh erwartet, jeder Begründung. * Die Nachricht des „XIX. Siöcle" von der plötzlichen AuSrüstu ng der französischen Res er vepanzcrflolle wird bestätigt, nur wird angegeben, daß sie lediglich die Teil nahme während der zehn Tage au den Manövern der Mittcl- mcerflolle bezwecke; sämmtlicbe dcsignirte Schiffe werten nicht mit voller Bemannung auSlaufen. Die Mittclmeerflotte, unter Befehl deS Admirals Amcl, wird sodann fünfzehn Panzerschiffe ersten Ranges ausweisen. Seit Donnerstag Morgen wird in dem Arsenale von Toulon fieberhaft ge arbeitet, um daö Auslaufen der Reserveflotte möglichst zu be schleunigen. Ter Marnieminister Kranz ist selbst in Toulon emgetrossen, aber nach längerer Besprechung mit dem Admiral Petit LhouarS mit seiner Familie nach seiner »ahcgclegenen Besitzung gefahren. Trotzdem werben verschiedene andere Alarmgerüchte verbreitet. * Rach einer Meldung aus Belgrad hat König Milan anläßlich seiner GcburtötagSscicr dem Minister deö Aeußern Herrn Mijatovic den Weißen Adler-Orden 2. Elaste, den Generalen Topalovic und Bogicevic den Takowo-Orden 1. Elaste, dem Festung-- Comuiandanten Zdravkovic, sowie den Divis,onairen Hadjic und Pavlovic den Takowo Orden 2. Elaste verliehen. Ter Dichter Ljubomir N.nadov'.c Sveti wurde auS diesem Anlaste durch den St. Sava-Ordcn 1. Elaste ausgezeichnet. Marine, d * lieber den Stapellauf deS Kreuzers „Sperber" Wird uns auS Witbelmö Häven, 23. August, geschrieben: Die kaiserliche Werst hat wiederum ein freudiges Ereigniß in i ren Annalen zu verzeichnen, den glücklichen Stapellans deS jüngste» Werkes ihrer rastlosen Thätigkeit. So oft wir schon das Vergnügen halten, an dem Helling zu stehen, welcher den schweren Köipcr c.nes m wenigen Minuken seinem Elemente zueilenden Schiffes trägt, sind wir von gleichen Gefühlen beseelt gewesen, die in dem stolzen und erhcbenen Bewußtsein gipfeln, ei» Balerland zu haben, dessen Technik und Industrie im Lause weniger Jahre das Ausland überflügelt haben. Gehoben wird dieses Bewußtsein noch, wenn man das Auge auf die Umgebung richtet. In den Trockendocks liegt das Paazerjanff „Friedrich Karl" und die schlanke Kreuzercorveite „Arcona" im Hintergründe, die schöne und bochgeiakelie Kreuzer- srcg ntc „Charlotte", ebenfalls ein Kind der kaiserlichen Werst, dann die kleine ichwarze Schaar der Torpedoboote, friedlich neben einander grupvirt, Panzersahrzeuge mit ihrem plumpen Buge und dem einzigen schwere» Geschütz und zahlreiche kleine Dampsboote, welche beim Slap llaus behilflich sein sollen. Der Fcstplatz ist mit Flaggen und Guicland?» reich geschmückt, vor dem Schiffe erhebt sich die mit Flaggen behangene Tribüne, rechts daneben eine ebensalls hübsch decorine Bühne für die Damen der Osstcierc. Beamten und Gäste. An der Nordscitc batte mit klingendem Spiel rin Detachement des Seei>a:aillonS Ausstellung genommen, unten an der Rednertribüne das gelammte Schiff- und Majchincnüau-Jiigciiiciircorps der kaiser lichen Werst, welches heute die Lorbeeren seines Fleißes und seiner Arbeit ernten sollte; vor der Tribüne das Officiercorps und die Beamten der Werst. Um 11 Uhr 30 Min. erschien der stellvcr- tretende Stationschrf, Jnipecteuc der Marineartillerie Capitain z. S. Mcnsing, begleitet von seinen Adjutanten, dem Oberwcrst-Director und Direktoren des Schiff- und Maschinenbaues. Nach Abnahme der Parade des Scebataillon-Detacheiiieuts bestieg Capitain z. S. Mciising die Tribüne, mit »hm der Oberwcrst-Director Capitain z S. Karcher, der Wirk!. Geh. Admiralitätsrath und Schiffsbau-Dircclor Guyot und die Adjutanten Capitain-Lieuienant CollaS und Bremicr- Iwuleuant Schacser, und hielt solgcnde Tausrede: „Wenige Tage mehr denn ein Jahr sind verstrimen, daß an dieser Stätte die „Schwalbe" als erster moderner Kreuzer unserer Marine vom Stapel gelassen wurde, und schon wieder ist. Dank der Leistnugs- sülngkeit und Rührigkeit unserer Werst, das Schwesterschiff des Boraängcrs so weit fertig gestellt, daß es bereits heute vom Stapel gelassen werden tan». Unsere Marine erhält damit wiederum einen wichtigen Zuwachs, und es ist dies Ereignis wohl dazu aogethan, die sreudigsteu Gejühle in »ns wachzurusen. AIS Kreuzer steht dem stattlichen Täufling eine vielbewegte Zukunft bevor. Alle Meere der Erde wird dieser Bug dnrchschaeiden. über Gefahren aller Art wird dieser Kiel zu gleite» habe»; da sollte et denn an guten Wünschen nicht fehle». So möge de», «sUeS Sege» Schiffet Lg»s geleite» t. Möge r» aus seine» Fährte» dat hohe Aasehr» unsere, SrtegSflaggr rühmlich weitertrage» und deutsch'- Interesse fürder» und mögen wackere Führer und tüchtige Besatzung in Krieg und Frieden, eingedenk deS Ruhme- unseres Volke», in guten und bösen Tagen, immer Das leisten, was Se. Majestät unser AllcrgnLdigster Kaiser und KriegSdcrr van Höchstseiner Marine erwartet Möge das Schiff im Kamps für DentschlandZ Rechte und Ehre, einem Raubvogel gleich, den Gegner lassen und bezwingen. Aus Allerhöchsten Bcsehl Sr. Majestät deS Kaisers und Königs taufe ich diesen Kreuzer „Sperber"! Sperber! gleite hi» aus Deiner Bahn, jetzt uud immerdar zur Ehre des Vaterlandes und Deuifchlaads Flotte!" Tie an ichwarz-weiß-rolhem Bande hängende Flasch« Champagner zerschellte schäumend au dem scharfen Buge de» Schiffes. Hieraus bestieg der SckiiffSbau-Director der kafterl. Werst, Wirkt. Geheimer AdmiralitälSraih Guhot, die Tribüne und löste den De- tachirapparat, einige Schläge gegen die Keile, welche den Schlitten, mit dem da» Schiff aus der Gleitbahn ruht, hob, und da- Schiff setzt sich, unter dem tausendstimmigen Hurrah der Menge und den Klängen der Nationalhymne seinem eS trendig erwartenden Ele mente zngleilend, in Bewegung. Jetzt löst sich vom Bug der Anker, welcher raffelnd in die Tiefe sinkt, und gefesselt liegt da- schöne Schiff in dem geräumigen Werstbassin. Der neue Kreuzer ist uach dem Compositsystem gebaut, d. h. die Spanten und Haut sind auS Stadl construirt. darüber erstreckt sich eine doppelte Beplankung auS Teak-und Cyvressenliolz, die w.ederum di» zur Wasserlinie mit einer Kupferung versehen ist. Tie Dime», sioncu de» Schiffes sind folgende: Länge 62 w. grüßt? Breite 9.36 m. Raumtiefe 5,6 w, Tiefgang 4,2 m. Deplacement 1120 Tonnen. Bei dem Berbältniß der Länge zur Breite von 1:7 sind die Formen und Linien des Schiffes äußerst schlank und gejällig, der nach Art der Panzerschiffe ouslausende Rammbug mit seinem scharfen und schweren Sporn ous Bronze macht einen kecken, etwas deransiordcrnden Eindruck, der durch doS in runden vollen Linien auslansciide Heck jedoch etwas gemildert wird. Die maschinellen Anlagen des neuen Kreuzers bestehen auS zwei, in getrennten Räumen liegenden, zwei gliedrigen Conipoundmaschinen, die je einen dreiflügeligen Propeller auS Bronze treiben. Den Dampf liefern 4 Glicderröhrenkessel, welch- ebeafallS in getrennten Heizräumcn liegen und bei sorcirtem Zuge mi! 7 Atmosphären Hochdruck arbeiten. Die Anordnung der Doppel- schrauben, sowie der Heiz- und Maschinenräume in getrennten Ab- ikeilungcn ist sehr oortheilhast, weil die Sicherheit und Manövcir- sähigkcit dadurch in jeder Hinsicht erhöht worden. Ein Doppel- schraiibkni'chisi wird sich stets bei Verlust eines Propellers mit dem anderen weüerhrlfen können. D e zu erwartende Geschwindigkeit wird, nachdem daS Sckweslccschiff „schwalbe" so günstige Resultate er geben hat, aus 15 Knoten pro Stunde anziinchmen sein. Das Koblen- sassungsveriiiögen beträgt 300 Tonnen und reicht bei einer Mittleren Fahrt von 10 K»o>e» für eine Strecke von 5000 Seemeilen aus. Bei dieser Maschiiienleistnng kommt die Takelage und das Segehareal des ScknfftS, welche die eines Dreimastichnuers sind, erst in zweite Linie und dienen nur als Hilfsmittel während der Fahrt. Die Aimirung des neuen Kreuzer- ist eine relativ sehr starke und besteht aus acht 10,5 cm.Geschützen von 35 Kaliber, welch» eine ganz bedeutende Durchschlagskraft besitzen, und 4 Ne- volverkanoncn. Vier der Geschütze stehen in Schwalbennestern und könne» in der Kielrichtung feuern, die andern vier daben ihre Slnckpiori-n in der hohen Schanzkleidung. Di? Mannschaft besteht aus 120 Köpfen und hat ihre Raume im Zwischendeck und unter der Beck vorn im Buge. Die Commandanten- und Bnreauräuw.e befinden sich unter der Campagne achtern. Die Kiellegung zu dem Neubau erfolgte am 1. September 1887. Die sehr kurze Bauzeit ist gewiß ein gutes Zeichen für die LeistungSsähigkcit der kaiserlichen Werst, der eS bei dem fortgeschrittenen Baustadium ein Leichtes lein würde, das Schiff noch in diesem Jahre je.'klar abznliescrn. Tic Zuhilfenahme der elektrischen Beleuchtung der kaiserlichen Werst cr- niöglie' kr die Inuehallung der täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden, obwohl der strenge Wi.ftcr dem gleichmäßige» Fortschritt des Baues sehr hinderlich war. Dcr „Sperber', welcher nunmehr sich als stolzes Glied unserer stets wachsenden Krenzcrfloftc aus seinem Elemente wiegt, wird sicherlich dazu beitragen, daS Ansehen dcr deutschen Flagge an srcmdcu Küsten zu mehren und ihre Ehre z» wahren. * Der französische Marineminisicr hat sich nach Toulon begeben, wo die Manöver der Mittelm ecrslottc begonnen haben. Die eine Abtheilung oer Mittcliiieerflolte besieht auS den Schiffen „Colbert", „Evurbcl", „Devastation", „L'Zi'.doiiiVtable". „Redvutable", „Admiral Duperre", „Milan", „Eondor". Dieser AiigristSflottc, welche einen Laildungv- versuch machen will, steht die Vcrtheidi.qungSflotte gegenüber, bestehend auö den Panzern „Richelieu", „Trident", „Terrible", „Bavard", „Faucon" und 4 Torpedobooten mit einer Reserve, bestehend auS „Fricdland", „DugncSctin", „Desaix", „Du- pctlt-ThcnarS", „l'Jnconstant". „Papin" und den Torpedos „Balnh" und „Euny". Die „France" zielst das ausführliche Programm, wonach sich daö Manöver wie eine Vorstellung abspiclt. Der Kamps wird sechs Stunden dauern und der Feind sich in aller Eile zurückzichcn. Der Vice-Admiral Dupctit-ThouarS wird die Manöver an Bord des „Riche lieu" leiten. Der Loulangismus. * Ter Pariser Correspondciit der „Post" schreibt dem genannten Blatte unter dem 2l. d.: Die Republikaner geben sich eine gar gewaltige Mühe, die dreifache Wahl Boulanger'S mit alle» möglichen Argumenten zu erkläre», z» commentiren und zu glossiren. Und doch! WaS kann eS schließlich stir eine» Werth und Zweck haben, spitzfindig die Fragen zu erörtern: Wer hat an» Sonntag süc Boulanger ge» stmimt? Ist die Majorität oeS Generals aus Monarchisten und Republikanern oder nur aus Monarchisten zusamuiengesetzt? Haben die Monarchisten recht und klug gehandelt, ihre Stimmen einem Exgencral zuzuwenden, der vielleicht im Stande wäre, die ganze Volks- souverainilät in seine Tasche zu stecken und sich zum Diktator zu pro- clamiren? — All das heißt unserer Meinung nach leeres Stroh dreschen. Thaliache bleibt, daß Herr Boulanger gleichzeitig in drei Departements mit einer ungeheuren Majorität gewählt wurde, und unbestreitbar bleibt zugleily, das; ani Sonntag die llnzuftiedcaen gegen die dciitige Republik gestimmt haben und daß deren Zahl sich aus etwa 300 000 Stimmen allein in jencn drei Depanemeals be- läust. Das ist das Faclum in seiner erdrückenden Brutalität. Wollen nun die Republikaner behaupten, daß diese 300 000 Wähler lauter Conscrvative oder Monarchisten sind? Gut. Aber welcher Vorthcil sür die Republik liegt denn in der Constalirung, daß es schon in drei Departements eine Majorität von 300 000 erklärten und unversöhnlichen Feinden der Republik giebt? Ist dem so, dann er öffnet Lies den Republikanern mehr als bedenkliche Aussichten sür die nächsten allgemeinen Wahlen. Oder wollen die Republikaner Nachweisen, daß unter der Masse, die sür Boulanger votirte, eine gewisse Zahl ron enttäuschte» und irregeleiteten Republikanern sich befinde? Ist dicS dcr Fall, dann bätle also der gegenwärtig herrschende Radikalismus in wenig Monaten die öffentliche Meinung Frankreichs derartig mit Wider willen erfüllt und ausgereizk, daß ei» beträchtlicher Theil der bis herigen Republikaner selbst sich hinter eine» General flüchtet, um sich vor dem Radikalismus zu rette». Oder wollen die Republikaner endlich, daß eS die eigne Persön lichkeit Boulanger'S mit ihrem ganzen charlataahasteu Wesen und Boulanger'S charakteristische» Auftreten gegen da» parlamentarische Regime e- gewesen sind, woduich die Wähler bestochen und gewonnen wurden? Aber was ist das dann sür eine Republik, in der die Majorität der Bürger nach einem Säbel sucht und sich dem ersten besten Säbel auSliesert, damit er sie schütze? Eine solche Republik ist wahrlich einigermaßen krank. Allein wenn eS nun sogar auch richtig wäre, Wie die Revubli- kaner das Wahlergebnis; von, Sonntag analysircn und wie sie die boiilangistische» Wahlecjchaaren i» ihre einzelne» Bestandtheile zer gliedern. welchen praktischen Nutzen kann dies haben? Eine der artige Analyse kann den Moralisten befriedigen, sür den Politiker hat sie wenig Bedeutung und ist sie ziemlich gleichgültig. Denn bei dem allgemeinen Stimmrecht macht die Majorität daS Gesetz und die Stimmen werden gezählt, doch nicht gemogen! E» nützt Alles nicht»: Boalanger ist eine Kraft! Dies zu leugnen ist unmöglich. Und woher kommt diese seine Kraft? Man dat den General Boulanger den „General Opposition" genannt. DaS Wort ist treffend und bezeichnend. Boulanger'S Kraft beruht in der Opposition gegen da- Bestehende, in seinem ausgesprochenen Willen, das Vorhandene zu ändern, und seine Macht ftt, wenn man will, hauptsächlich ouS Negationen zusammengesetzt. Daher besteht die Armee, die mit ihm marschirt, auch an» den heterogen»«» Ele- menten, und er Hot weniger ein« eigene Partei hinter sich, als viel- mehr meisten» Alliirte mit sich, die ihm an» ihrem eigenen und au» den verichiedeasten Gründen folgen. Alle-, wo mit dem B'igenbl'cklichen unzusriedea ist, sowohl Diejenigen, welch« die Republik stürzen wollen, wie Diejeaigea, welche kriueltpe-S Ltr republikanisch« StaatSsorm bxseUtgt, »ohl aber dle henllge ReglerungSmanler und -Praxi» gelindert setzen möchte». Alle ferner, die eine Besserung ihrer Lage und Verbältaiffe erhoffen, alle die Kelangiveilten selbst, welche sich nach Neuem und Ankeren» sehne», alle diese finden sich aus den Namen Boulanger'S zusammen. Im Heerbann Boulanaer's ist demnock» von allem Mög lichen vorhanden: Boulangisten, Bonopartisten, Royalisten. Orlea- nftien, mißmulhige Nepnblikaner, Intransigenten, Socialiftcn, RerolutioiiairS. Reoancheschreier, Unzusriedene und Verbitterte, Ucbcrzcugt« und Naive; und die» gelammte Eontiagent, dessen Zahlenstärke der letzte Sonntag bewiesen hat. führt Boulauger zum Sturm gegen die Republik und deren heutige Machthaber. Man mag von Boulanger denken, was mau will, seinen Charakter nicht achten, seine Intelligenz bezweifeln, seine Fähigkeiten bestreiten, sein Komüdiantenlhum verspotten, man mag seinen Gcneralstab uad seine Umgebung eine Bande der verächtlichsten Abenteurer nennen; man mag seine „Partei" einem Kaleidoskop vergleichen, in dem Blei- stückchcn und zerbrochenes Glas die Illusion von Silber und Krystall hecvorrusen, — Boulanger ist und bleibt trotzdem eine Kraft, stärker, als man geglaubt hat. Und um diesen „BoulangismuS" wirksam zu bekämpft», und um dieser ernsten Gefahr sür die Zukunst der Republik erfolg reich entgigrnzulrcten, genügt eS der kl:iulichea Mittel, der geist reichen Epigramme, der witzigen Bosheiten und selbst der journa listischen K.ulenichiäge nicht, sondern es bedars einer die wahren In teressen u»S das Wohl des Landes und der Republik erkennenden und in großen Zügen, nach höheren Gesichtspuncien. i» Energie und Enlschiossenheit u»d mit qreisbarcn praktischen gesetzgeberische» Thaten arbeitenden Politik. Werten die Republikaner iich endlich hierzu aujraffcn lö.neii? Noch Hallen sie das Schickial ihrer Republik in ihren Händen, — sonst aber rennt Frankreich direct in das Un bekannte hinein. Volkstümliche Feier des Se-antages. Leipzig, 24. August. Die am Donnerstag statt gehabte Sitzung des HauptaussckusteS ergab daS erfreuliche Resultat, daß alle Vorbereitungen nn befriedigendsten Gange sind und daß auS dem eininüthigen Zusammenwirken so vieler Lerciuc u::d Personen wiederum eine nationale Feier erstehen wird, wie sie keine ankere deutsche Stadt in gleichein Umsaiige zu begehe» vermag. — Den bereits bekanntgegebenen Mit- theiluiigen sind nur wenige neue hinzuzusügen. Der Rath der Statt Leipzig hat sein E'.nversiändniß >»it dem diesjährigen Ausfall der Feier am Napolconstein. sowie dcr Feierlichkeit aus dem Marktplatz erklärt; die Festnlusik auf der Terrasse des Museums soll wegen der Beschränkung deS Raumes (durch die Anlagen am Mendebrunnen) in Wegfall künimcn und dafür Feslmusik aus dem Fleischcrplatz erschallen. Bei dem Commerz in der Cciitralkalle ain Vorabend hat Herr Professor Ür Zungmann, Rector dcr Thomasschule, und bei der Frühfeier an der FriedenSciche Herr Diaconus Schuch die Ansprache übernommen; die Thomaner singen bei dieser Feierlichkeit vor der Ansprache den Choral: »Lobe den Herrn, den mächtigen König dcr Ehren", nach derselben: E. F. Richter'« Motette: „Zeug an die Macht". — DaS Morgenconcert bei Bonorano wird auSgesuhrt von den ge mischten Eborgesangvcreincn Andante, Cantate, Harmonie, LicderkreiS, OrpkeuS. Phönix. Quartettverein, Symphonie, Tbalia, Toaica und ikenia »iltcr Leitung deS Herrn Bernhard Zahn und Mitwirkung der Büchner'ichcn Capelle. — Am Vorabend werde» die mit so großem Bcisall ausgenommciien Concerte mit patriotischen Ansprachen und unter Mitwirkung von Mä»nerg,'aiigvercliie>i in de» Gärten bei Bonorand, in der Ccnlrolkaile und im Tivoli siallsinden; da die Verwaltung de? KrystallpalasteS eine eigene Feier zu veranstalten beab sichtigt. ist der MlisikauSschuß in Vechaiidlung niit dem Pacht« der Restauration z„»i Gulenbcrg im neuen Bnch- l'äntlerhauS, Herr» Ncumeycr, getreten; bei ungünstigem Weller bat die Verwaltung deS BörsenvcreinS dcr deutschen Buchhändler die Benntznng deS herrlichen, großen Saales gegen ermäßigte Entschädigung bewilligt. — DaS Fesizeichen ist fertig gestellt und macht eine» sehr gefälligen Eindruck. LelirerliilsimslMnstM des Deutschen Vereins sür Himbcnhaiisiittbeit. * Mit dem Ende deS Monats August schließt daS in der Leipziger Schülcrwerkfiatl gastfreundlich ausgenommene deutsche Hanksertigk.'ltSscmiiiar die ihm sür da» Zahl 1888 vor- gezcichncle Tbäügkelt ab. Der sür die erzieherische Knabc»- i;a»dardeit eintretende über Deutschland verbreitete Verein darf auch mit den diesjährige» Erfolgen seiner LebrerhildungS- ansialt wohl zusriedcn sein; den» wäkrend im Juli 32 nieist norddeutsche Schulmänner jur die Erthcilung des ArbeitS- unterrichtS ciuSgcbildet wurden, haben am AugustcursuS sogar 40 einheimische und fremde Lehrer tbeilgeiioiiimcn. Unter den letzteren befanden sich auch vier Lehrerinnen, die auS England herbeigckonimcn waren, um de» deutschen ArbcitS- unterricht durch eigene Erfahrung kennen zu lernen. Von den übrigen Tbcilnchiiicrn waren ein ziemlicher Theil auS Süddewschlaiid, nämlich 3 aus Elsaß-Lothringen, 2 auS Baden, von dem grvßherzvglich badischen Schulrat!) entsendet, 2 auö Württemberg. 2 auS Bayern und 7 auS Oesterreich. Aber auch Hessen, Thüringen, Westfalen, Schlesien, die Nheinprovinz, Hannover, die Provinz Sachsen re. fehlten nicht. AuS de», Königreich Sachsen waren, mehrsach unterstützt vom königl. Ministerium des Cultus und össenllichen Unterrichts, 6 Tbcil- nchmer (auS Plauen i. V.. Scbneeberg, Niederlauterslein beiZöb- litz, Erlbachi.B.,Limbach, Freiberg) gekommen. ZbrerStellung nach gehören die Mitglieder der LevrerbildungSaiistalt den ver schiedensten Schulkategorien, dein Gymnasium, der Realschule, Privatinsliluten. höhere» Töchterschulen. Volksschulen und Taubstnmmeninslitutc» an.*. Besondcrs^ersrenlich ist eS, baß ein großer Theil der CurStbeilnehmer die Anstalt zum zweiten Male besucht, um ibre früher begonnene Ausbildung sort- zusctzen; sie »zeigen sich also bereit, wiederholt ihre Ferien und nicht unerhebliche Mittel sür DaS, waS ihnen daS Haiidfertigkeitsseminar dafür bieten kann, auszuopscr». Auch an die Kraft und Ausdauer der CurSlbeil- nchiiier wüsten bei Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit die größten Anforderungen gestellt werden. Da wird in den Werkstätten für Hobelbankarbeit, sür Holzschnitzerei, sür Metall-uiidPapparbeiten täglich lOStunden mitheißemWellciser praktisch gearbeitet, nur an den Mittwoch- und Sonnabend- nachniittagen ist frei, d. h. die Zeit wird da sür andere Zwecke in Anspruch genommen. ES werden die Schüler- Werkstätten und Knabenhorte in Gohlis, Lindenau. in den Halleschen wie Leipziger Schulen besucht, da werden den srcmden Gästen von den Lehrern der Leipziger Schlllerwcrk» statt in den verschiedenen Fächern deS ArbeitSunterrichtS Probe- leelioiien vorgcsührt, endlich schließen sich an die praotischen Arbeiten auch Diskussionen und Vorträge. Solche Vorträge sind während deS AugusicursnS gehalten worden von A. L a »i in er S-Bremen. I-r. Götze, Medicinatrath Pros. 1)r. Birch-Hirscbfeld, Zeichenlehrer Zlling, Cantor Zehr je Id, Realgymnasialoberlehrer Geyer; andere stehen »och in Aussicht. Den Schluß deS Gan;en aber bildet eine Ausstellung all der Arbeiten, welche die fleißigen und ge schickten Hände in methodischer Stuscnsolgo während deö CursuS hergcstellt haben. Dieselbe gewäbrt nicht nur eine Ueberschau über die Leistungen der vom Deutschen Verein sür Knabenhandarbeit ins Leben gerufenen Lehrerbildungsanstalt, sondern sie vermittelt auch «inen interessanten Einblick in daS, WaS durch die Erziehung zur Arbeit erstrebt wird, und vermag so manches aus mangelnder Kcnntniß beruhende Vorurtheil zu berichtige». Die diesmalige Ausstellung jener Werkstattarbeiten wird vom Sonntag de» 26. August an im Saale der Bauhütte, Schulstraß: 1, stattsinden und sür Zeder» mann zu unentgeltlichem Besuche ofjcn stehen. " Musik. Neues Theater. Leipzig, 24. August. Unter den C. M. v. Weber'schen Opern hat sich von jeher di« große romantisch« Oper „Euryanth," der geringste» Sympathie« zu «freiten gehabt trotz ihrer außerordentlich charakteristischen, herrlichen Musik. Die Schuld daran liegt in dem textlichen Inhalte der Oper, Uber besten Schwächen man in neuerer Zeit wird« gelernt hat sich hinwegzusetzen. so daß „Euryanthe" heute vielleicht eine größere Anziehungskraft besitzt al» je zuvor. Die» docu- meutirte sich auch gestern wieder Lurch den für die ZahreSzeit ungewöhnlich starken Besuch deS Theater-, wie durch tie Ausnahme, die die einzelnen, meist ausgezeichneten Leistungen der Hauptdarsteller fanden. Unter ihnen gebührt Frau Moran-Otden als Eglantine die Palme de» Abend-, nicht allein dcr Darstellung wegen, die daS Bild dieser dämonischen Gestalt in vollendeter Weise verkörpert, sondern vornehmlich ibre- herrlichen Gesanges wegen, dcr den musikalischen Theil ihrer Rolle zu einer Geltung gelangen ließ, wie sie größer kaum gedacht werden kann. Der äußere Erfolg, namentlich nach der ersten großen Arie: „Bethörte, die an meine Liebe glaubt!" war Lena auch ein derartiger, wie man ihn selbst bier selten «lebt, und die Macht der Stimme schien darin säst »nerschöpslich. Eine ebensalls treffliche Wiedergabe fand die Euryanthe seitens der Frau Sthamer-Andrießen: sie fand sich so wohl in ihren Solo-Nummern mit ihrer Partie aus» Beste ab, auch war sie eine sehr tüchtige Partnerin ver Eglantine in der Ensemble-Nummer; besonder- war die Ausführung deS TueltS „Unter ist mein Stern gegangen" eine wirkungsvolle und sehr glänzende. Herr Schelper als Lysiart bewährte sich in alter Weise; die große Scene und Arie deS zweiten ActS „Wo berg' ich mich" mit darauffolgendem Duett zwischen Lysiart und Eglantine fanden in ihm einen ausgezeichneten Vertreter feiner große Kraft und Energie verlangenden Rolle und er erwicS sich als ebenbürtig seiner Bundeögenossin im dramatischen Ausdruck. Herr Lederer als Adolar schien nicht ganz frei von Indisposition; neben vielem Schönen, so der Vortrag der Romanze „Unter blüh'nden Mandelbäumcn", kam manches nicht so frei und mühelos heraus, wie wir von dem trefflichen Künstler sonst gewöhnt sind. Herr Köhler war als König Ludwig gut am Platz, desgleichen sang Frl. Barlny ihr kleine« Solo im letzten Act sehr hübsch und mit syiiipathischcr Stimme. Besondere» Lob verdient noch daS Orchester, und in diesem speciell zeichnete» sich die Bläser »n ihren verschiedenen Soli a»S. Herr Capellmeister Ni lisch leitete die Aussühruilg, die überall lebhaftesten Beifall fand, in der ihm eigenen, ruhigen und sichere» Weise. . G- Echtemüller. kV München, 23. Sluzust. (Königl. Hoftheater.) Während in Bayreuth die großartigen Mllsikdramen „Parfisal" und die „Meister- singrr" idrem Lcbüpjer z»w Preise und Ruhme ousgesühr» wurden^ lw! die Intendanz des Münchner HoslhcaterS den Besucher» Münchens einen eigenartigen Genuß mit der Jugendoper des M-isle>s „Die Feen", die ain 19. d. M. bereits zum zwölften Male vor ausverkauftem Hause in Scene ging. Mil Genuglhuung blicken die treu ergebenen Freund: der Sache Wazner's aus dieses glänzende Reiu'at und suhlen sich verpflichtet, die dankbarste Anerkennung dem Gencral-Julendanlen F echerrn von Pcrsall darzubringen, welcher dem genialen Dichierconiponisten mit den denkbar grüßien Lpscrn diesen glänzenden Sieg bereitet hall Jetzt, nach dem Erfolg, wird es nicht schwer, die Tragweite desselben zu fixiren; der Förderer eines dramatischen Kunstwerk s bedarf der feinsten kiinstlcriicheii Empfindung, des innigsten Verständnisses und der selbstlosesten Hingabe, um vor de» Schwierigkcftc» und materiellen Opfern, welche eine derartige Jnsccnirung erfordert, nicht zurückzuwrichen; der Förderer muß vor dem Erfolg entscheiden, ob die Sache der Opfer werft, erscheint. DaS größte Genie bedars der Pflege, um zur vollen Geltung zu gelangen, und diese Pflege ist es, die der große Muster an dcr kgl. Hosbühne, unter der künstlerischen Leitung Karl von Prrsall's, der selbst Künstler, den künstlerischen Inleatioue» anderer Künstler das eingehendste Verständlich entgegcnbringt. in allen seine» Werken aufs Glänzentste gesunden hat: find e- doch vornehmlich die Wazner-Auilührungen. die dem Münchner Hos- Ihenrer einen Weltruf verschafft haben und jetzt durch die Aufführung dcr „Feen" dem Nnhineskianz eia neues unvergängliches Blatt ein- gcslochlcn haben! Ja. wenn es sich nur recht beschreiben ließe, das wunde, liehe Gefühl, was dcnjen g-u übcrkommt, der zurückdenken kann an die Eniwickelungsepochen Wagner's aus der deutschen Opernbühne, der eS mileriebte, wie dieses Genie an dem Vornriheil, der Haltlosigkeit, der Zerrissenheit, deni Kleinlichen und Selbstlosen dcr Intendanten, Direktoren, Musiker, Krüker rc. re. zu zerschellen drohte. Es war Ende Lee fünfziger Jahre, als gegen die Aagn-r-Opcrnallsführungea eine Agitation an den deutschen Lpcriibühnen entstand, die sür die Zu kunft unheilvoll z» werden droble. Tic Sänger und Sängerinnen wcigerien sich, i» Wagrer'schen Opern zu singcn. die Musiker lehnten sich aus; die gelammle deuischc Fach- und Tegespresse überbot sich gegenseitig in Schmähungen von Richard Magner'S Person und dessen Werken. Und jetzt beherrscht Wagner die dcmsche Opern bühne. Las ist die Macht des Genies, welche diese Wunder uns erleben lässt; Wagner sührle uns zum Schlußstein idealer und geistiger Höh?, indem er unS eine nationale Oper gegebenI Mit siegreicher Kraft haften die Künstler alle Elemente ihrer Meistcr- knnst vereinigt, um den Ehrenabend Wagner's zu einem übcr- wültigeiidcn zu gestalten. Tie Damen Frau Schüller, Frl. Dressier, Frl. Herzog rangen um die Palme. Das elellrisirie Publicum reihte Ovanon an Ovation, um seinen Dank dieser hochvollcndeten Kunst- aussühruiig gegenüber auszuiprechcn. " Herr Fritz Basclt, der Componist des „Fürsten von Sevilla", arbeitet gegenwärtig an einer Over im volkslhümlichen Stil, die den Titel „Der Dessauer" führt. Ter Handlung ist die Liebcs- episoLe zwuche» den, Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau und der ApolhekerStochler Föhie zu Grunde gelegt. (Corrcspondcnt von und sür Deutschland.) Literatur. * * Bekanntlich ist die Tonger'sche „Neue Musik-Zeitung" aus der Hin- ihres Gründers in die des Herrn Grüninger m Stuttgart übergrgangen. Man durste mit Rech! gespannt sein, ob bei diejem Wechsel mit dem alten Glück auch die alte Rührigkeit und Umsicht dem Unternehme» treu bleiben werde. Und die daraus bezügliche Frage wird auis Neue energisch bejaht durch das letzte Quartalheit dcr genanmen Zeitung, welches die Nummern 7—12 in eleganter Brochure vereinigt. Reichhaltig ist dies Heft wie kaum eins seiner vorhergegangcnen Geschwister, nur hastet ihm auch das Gebrechen der Uebcigcn an, baß das Feuilleton weit das wirklich Sachliche übcrwiegt. Das mag genau zu dein Zweck der Zeilung stimmen, die sich ja ausichließliiy an das musikalische Liebhaberlhui» wendet und ihm gegenüber sicher keinen Wunich unersüllt läßr, aber ei» kleines iviijenschasftiches Deckniäiitrlchcn wird auch dem Laien will kommen, sei» undjman jollie den großen Einfluß, den man durch die enorme Verbreitung dcrZcitung in dcrHand Hali. Loch auch in etwas zuiiiwirklichcn Nutz und Fromme» der Kunst anwenden. Das Werihllollste in dem Hejlc sind jedenfalls drei Biographien, welche uns über die Schick sale und de» EnlwickelungSgang der Künstler: Heinrich Zöllner, des Faustconiponisteu, I. N. Hummel, des berühmten Toiinieisters, und der geniale» Frau Jngcborg v. Vronsart Ausschluß gebe». ES macht dem Blatte alle Ehre, daß es trotz seiner offenbar conjervaliveu Richtung de» beiden durchaus moderiiku Künstlern Heinrich Zöllner und Frau v. Dronjart alle Gerechtigkeit widerfahre» läßt. Bezüglich deS Elftere» ilucrcifirkii manche kaum je ftstgcstellte Thatiachcn, z. B. die, daß Zöllner sich ursprünglich dem geistliche» Beruse zuwcndea wollte, daß er in uniinen Verkehr mit Liszt trat und von ihm das prophetische Wort mit aus den Weg nahm: „Sie fliege» bock, wie ein Adler", vor Allem aber, Laß Zöllner den Entschluß gcsaßl hat, auch den zweiten Theil des Faust zum Musikdrama unizu- gcstallen. Die poetische Gcstall Jngcborg v. Bronjarl's zeichnet Eliie Polko mit liebevoller Treue und einem Anfluge von zärtlicher Schwärmerei — eS unlcrlicgt keinem Zweisel, daß die Künstlerin solche Anerkennung voll und ganz verdient. Sehr er- sreulich ist e», wahrzmiehmcii, wie nebea Jung-Wcimar (Frau von Bronsart ist die Galli» de- Intendanten der weiniarischcn Hos- bühne) — auch Alt-Weimar i» seinem größten musikalischen Künstler I. N. Hummel zur Anerkennung komm!; sinniger konnte man die gegenwärtigen mit den vergangenen musikalische» Zuständen dcr Goethe'schen „Leilchenstadt" kaum in Verbindung setzen al» durch die Bcrkaüpsunq der Ranica Hummel und Jngcborg von Bronsart. Ten drei Biographien sind die wohlgetroffenen Bildnisse der be treffenden Künstler beigegebcn. Bon den übriges zahlreichen Artikeln seien al» di« bemerkenswerthcsteu erwähnt: „Jenny L>nd- Goldichmidt'S Leben au« ihren Briefen" von E. JooaS; „Die erste Taanhäoser-Aufführung" von dem geistvolle» Lesimple; „Amadeus Mozart Sohn" von O. Schund, „Amalie Sebald, die Geliebte zweier Tonmeister" von A. Nüggli. Die musikalische, Beilagen, euthaltend drei schöne Lieder vou H. Zöllner, I. v. vroasort uad Mozart Sohn, mache, i» Uebrt^, dem alltäglich«, Geschmack j»
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