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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880826
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880826
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-26
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1888
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Erscheint täglich früh 6V. Uhr. Netartion und Lkveditt«» JohanueSgaffe S. Lprrchlluadrn der Urdactiou: Vormittags 10—18 Uhr. , Nachmittags ü—k Uhr. Liir tle «IU<!a«b« »iii-klondter vlanulcrtpte «acht sich du «iedaction nicht dkrdindlich. , ' Vnnah»« «er für di« nächftfol,««d» Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, aueonn- und Festtagen früh bls'/.VUhr. 3» drn Filialen für Ins.-^nnahme: Ltto klemm, UniversitätSstraßr 1. Laut« Lösche. Kathariueustr. 83 pari. u. König-Platz?, nur bis '/,3 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Slbonnemenisprnis vierteljährlich 4>/, Mk. iacl. Briaaerlohu b Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummr. 80 Pf Belegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Lageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesördernug 60 Mk. mit Postbejürderung 70 Mk. Znlerale «gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Lchnsten laut uns. Preisverzeichnis!. Tabellarischer ». Ziffernsatz nach höherm Tarii Neelamen »uter dem RedactionSstrich die 4gespalt. Zeile üOPf „vor den Familie »aachrichten die 6gespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zn senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praoonmermulo oder durch Post- Nachnahme. L3S «i « Tonntag den 26. August 1888. 82. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachung. Da- 35. Stück deS diesjährigen VkrichS-tdrsetzblatteS ist bei uns eingegangen und wird bis zum 17. September d.J. auf dem RathhauSsaale zur Einsichtnahme öffentlich auShängen. Daffelbe enthält: Nr. 1821. Verordnung über die Zuständigkeit der Reich-- behörden zur Ausführung deS Gesetze-, betreffend die Rechtsverhältnisse der NcichSbeamten, vom 31. März 1873. Vom 7. August 1838. Nr. 1822. Bekanntmachung, betreffend die Erweiterung der FestungSanlagcn von Magdeburg. Vom 16. August 1838. Leipzig, den 22. August 1888. Der Nath der Stadt Leipzig. I)r. Tröndlin. Krumbiegel. Vtkllilillnlalhling. Die Krankenversicherung in fand- und sorsktvirthschaft liehen Betrieben betreffend. Gemäß Verordnung der Königlichen Ministerien deS Innern und der Finanzen vom 23. Mai dieses JahrcS zur Ausführung deS RcichSgesctzeS vom 5. Mai 1886 und deS Landc-gesetzeS vom 22. März 1883 Uber die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und sorstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen treten die Bestimmnngrn über die Krankenversicherung mit dem 1. Oktober dieses JahreS in Kraft. Hiernach tritt von diesem Zeitpunkte ab der BcrsicbcrungS- rwang auch für diejenigen land- und sorstwirthschaftlichen Betriebe deS hiesigen KrankcnvcrsicherungSverbandö ein, welche bisher solchem Zwang noch nicht unterworfen sind; hiernach wird aber ferner für sä'mmtliche Betriebe der Land- und Forstwirthschast. auch für solche, in denen der BersicherungSzwang vermöge OrtsstatutS schon besteht, der Kreis der vcrsickernngSpfiichtiaen Personen insofern er weitert, alS gemäß tz 25 deS LandesgesctzeS vom 22. März 1883 in Verbindung mit tz 133 deS RcichSgesctzeS vom 5. Mai l386 der Krankenversicherung-Pflicht alle in der Land- und Forstwirthschast gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen unterworfen werden, soweit solche nach tz 1 deS RcichSgesctzeS vom 5. Mai 1886 gegen Unfälle versichert sind, mit Ausnahme derjenigen, deren Beschäftigung ihrer Natur nach eine vorübergehende oder durch den Arbeitsvertrag im Voraus auf den Zeit raum von weniger als einer Woche beschränkt ist. Hiernach unterliegt also insbesondere auch daS land- wirthschastli-hc Gesinde vom 1. Oktober dieses IirhrcS al» dem KrnnkettversichcrungSzwang. Die nach Vorstehendem neu vcrsicherungspslichtig werdenden Personen, insbesondere alle landwirthschastliche» Dienstboten in den Ortschaften deS hiesigen Kranken- versickcrungSbczirkS sind vom erwähnten Zeitpunkte ab, sofern sie nicht einer den Anforderungen von tz 75 deS Gesetzes vom 15. Juni 1883 genügenden Gasse rechtzeitig beigetretcn sind, mittelst der vorgcschricbcncn Meldesormulare pünctlich zur hiesigen Ort-krankeucasic an- beziehentlich abrumcldcn. Versäumniß der Meldepflicht wirdnach tztz 49 und 81 deS KrankenvcrjicherungSgesetzcS mit Geldstrafe bis zu 20 .L geahndet. Leipzig, den 10. August 1888. Der Nath der Stadt Leipzig. (KrankcnversiiheruugSamt.) Or. Schmid. Scharlach. Ausschreibung. Der Bau eines KohlenschuppenS mit Zubebör von zusammen 22t gm bebauter Fläche aus dem Grundstück der BetriebSanlage deS neuen Wasserwerkes bet Naunhof wird hiermit zur unbeschränkten Bewerbung ausgeschrieben. Massenanschlag und Bcdiiignißhefte liegen im Vaubureau für Erweiterung der Sladtwasserkunst, ThomaSkirchhos 18, zur Ansicht der Bewerber aus unv können gegen Vergütung von 50 für daS Stück von dort bezogen werden. Schluß der AngcbotSannahme am 10. September 1888 Vormittags 10 Uhr. Leipzig, den 22. August 1888. Der Nath der Stadt Leipzig. Ia 4748. 1>r. Tröndlin. Kretschmer. königliche Akademie der bildenden Liinste und Lunstgemrbtsibllle zu Leipzig. Frequenz: 31» Schüler. Die Studien im Wilitcrscmestcr 1888,8» beginnen Montag, de» 1. Öctober 1888; die Tageskurse früh 8 Uhr. die Abendkurse um 5 Uhr. Ter Lehrplan umsasst aUe UiiterrichtSgebiete der bilden den Künste und des »nlistgewcrbcs u»S berücksichtigt spectrl Sic Ausbildiiiig in de» graphischen Künsten. Anmeldungen zur Ausnahme sind IN dir Zeit vom 3. bis NM 15. Scptcmbcr dss. Jrs. in der Expediiion der Akademie, westl. Flügel der Plcißenburg, II. Eloge, Nachmittag? Z".' s 4 uud b Uhr zu bewirken. Leipzig, den 7. August 1888. Icr lirertor: Oe. Lndw. Niever. Vekanntmachung. SintrittSkarte» zur Synagoge und dereu Filiale werden ferner ausgegeben: Sonntag, de» 26. Anglist, Vormittag« I—11 Ubr, Dienstag, dc» 28. August, vormittag« 1»—12 Ubr. iu der Gcmeindekanzlci im Synagogengebäude, Tr. 1. Die dies jährigen Gcmciiidcstener-Luittungen find «ttzndrtngen. Eb-ndasellst ist da- von Herrn Rabbiner vr. A. M. Ä«ltz- schmidt herauSaegebene Gebetbuch käuflich zu haben. Ueber diejenige» Plätze, für welche »te Karte« von den bisherigen Inhaber» nicht spätesten« am 28. Angnst. Mit tags 12 Uhr. in Empfang genommen find, »ird ander weitig verfügt. — Leipzig, den 23. August 1888. Der Vorstand der Israelitischen Religionsgemeiude zu Leipziq. Bekanntmachung. ! DienStag, den 28. d. M., soll die weitere ASphal- tirung " deS BarfuHgä-chea« ln Angriff genommen werden. Demzufolge wird dasselbe von dem angegebenen Tage an bi» zur Vollendung der Arbeiten für den gesanrmten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 24. August 1888. Der Nath der Stadt Leipzig. IX. 6753. vr. Tröndlin. Hennig. Nutz- und drenniich-Auction. Montag, den 27. August d. I. sollen von Vor mittag» 9 Uhr an im Forstreviere Connewitz ca. 10 Rm. Eichen-Nutzscheite II. El. ca. 34 - - -Brennscheite, ca. 3>/, » gemischte Brennscheite und ca. 22 Hausen harter Abraum unter den im Termine öffentlich auShängcnden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Len Meistbietenden verlaust werden. Zusammenkunft: Aus der Plagwitzer Rampe am Rillrriverder und der Fluthbrücke bei Plagwitz. Leipzig, am 20. August 1888. DeS NathS Forstdeputation. Gesucht wird der am 6. Mai 1854 zu Leipzia geborene Schlosser Karl Wilhelm Doigt, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. - Leipzig, am 22. August 1838. Der Nath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) R. II. Nr. 2109. Ludwig-Wolf. Neumann. Der diesjährige zweite Notz- und Viehmarkt in Volkmarsdorf-Leipzig findet Sonnabend, den 8. September ». o. statt. Gketchzrlttg wird noch bekannt gemacht, das; die Händler — ohne Ausnahme — nur ans hiesigem Marktplätze ihre verkansSstünSe errichte» dürfen, das Standmachcn ans de» Strasse» aber, vor den Restaurationen und auSrrr» wrnnd- stückc» nicht gestattet ist. volkmarSdorf, am 14. August 1888. Trr Gemrindrrath. Lohse, Gem.-Vorstd. No-ick. Nichtamtlicher Theil. Frankreich. Der europäische Störenfried macht während der Kammer serien mehr von sich reden, als zur Zeit der letzten Parla mentssession. in welcher der Kamps wegen Boulanger die Hauptaufgabe der Negierung und der Kanimcrinehrhcit bildete. DaS Land langweilte sich dabei und das ist bei Len Franzosen erfahrungsgemäß ein gefährlicher Zustand. Wen» nicht der Kualleffect deö Duells und der lärmende Austritt Boulanger's aus der Kammer noch einen leidlichen Abschluß herbeigcführt hätte, dann wäre die letzte Kammcrsession die ödeste seit Gründung der dritten Republik gewesen. Am 19. August hat sich nun aber die ärgerliche Begebenheit der dreifachen Wahl Boulanger's zugetragen, und dadurch sind alle stolzen Hoff nungen der Regierung aus eine neue republikanische Acra über den Hausen geworfen worden. Die Republik ächzt unv kracht in allen Fugen, und die Royalisten stimmen bereits den Todtcngesang für sic an. Soweit sind wir nun freilich noch nicht, es wird wohl noch manches Jahr dahingehcn, bis Frankreich sich wieder in eine Monarchie verwandelt, aber mit der so oft behaupteten Festigkeit der republikanischen Einrichtungen hat es auch nicht viel auf sich. Vielleicht der ungefährlichste Feind der Republik ist der Gras von Pari», dessen fünfzigster Geburtstag am 23. August von seinen Anbängern in Pari« durch ein Festessen gefeiert worden ist. Ein solcher Tag fordert zu einem Rückblick aus die Thätigkeit de» Prätendenten heraus, aber eS ist nicht viel Gute« von ihm zu berichten. Er hat sich nach Kräften bemüht, die Republik in ihrer Entwickelung zu stören, aber er hat mit seinen Bemühungen kein Glück gehabt, sie haben ihm nur die Ausweisung aus Frankreich eingetragen, viel Geld gekostet aber die Sache deS KönigthumS nicht gefördert, wenn man nicht daS Ergebniß der letzten Gesammtwahlen zur Abgeordnetenkammer al» einen Erfolg deS Grasen von Paris ansehen will. In gewissem Sinne ist er daS ja, aber eS nehmen noch andere Prätendenten an diesem Erfolge Theil, in erster Linie Prinz Victor Napoleon. DaS Manifest, in welchem sich der Gras von Paris zum Gedanken deS PlcbiscitS bekennt, hat seiner Sache sicher nicht genutzt, vielleicht aber dem Bonapartismus neue Anhänger erweckt. Diese Form der Agitation für die Wiederherstellung der Monarchie hat auch dadurch der royalistisctcn Bewegung den Rang ab- gelausen, daß sie die Sache Boulanger's zu der ihrigen gemacht hat, und wenn auch die Anhänger des Grasen von Pari» sich bei den Wahlen zu Gunsten Boulanger's betheiligt haben» so ist doch Boulanger noch nie al» Bahnbrecher für die Wiederherstellung deö KöuiathumS genannt worden. Die Rede Pasqnier'S bei dem Festessen zur Feier des Geburtstage» des Grasen von Paris gab dieser Sachlage Au-brilck, indem er sich das Wort desselben von den ephemeren Popularitäten ancignete. Die Aufforderung, eine entschieden monarchische Politik zu befolgen, kann unter diesen Umständen nur als leere Redensart gelten, eingeleitet durch den Angriff aus Len Präsidenten ohne Autorität und aus den verkleinerten Senat, welche Frankreich der Tyrannei einer einzigen Ver sammlung überliefern. Die Rolle deS Grasen von Paris konnte als auSgespielt betrachtet werden, nachdem in Görz , beim Leichendegängniß de« Grasen Chambord die Bereinigung I aller Royalisten unter der Führung deS Grase» von Paris > zu keinem positiven Ergebniß gelangt war. Durch Manifeste I stürzt man keine RegierungSsorm, dazu bedarf eS der Thal, und zu einer solchen wird der Gras von Pari- niemal- schreiten. Aber in Frankreich bereitet sich eine andere unheimliche Umsturzbcwegung vor, und diese geht von den Socialistcn und Anarchisten au». Der Streik der letzten Wochen ist zwar glücklich überwunden worden. Dank der von der Negierung entfalteten Thatkrast haben sich die anarchistischen unv communistischen Veranstalter deS Streiks wieder beruhigt, bevor die Bewegung noch die gefürchtete allgemeine Aus dehnung gewonnen hatte. Damit ist aber die Sache nicht als beendet zu betrachten, eS herrscht vielmehr in den unver söhnlichen Schichten der Pariser Bevölkerung eine Gährung, welche ernste Gefahren für di: Zukunft in sich birgt. Schon während deS Streits wurde niehrsach die Acußerung laut, daß der Streik bestimmt sei, die sociale Revolution zur Centenar- scier der Erstürmung der Aastille cinzuleiten. Zu dieser Auf fassung hat sich auch jüngst der Eommunegeneral Eluserct bekannt und die Mitglieder seiner Partei füllen inzwischen die Zeit mit Boinbenattentaten auS. ES sind offenbar in Paris seit längerer Zeit Kräfte ihätig, von welchen die Re gierung so gut wie nichts weiß unv deshalb keine geeigneten Maßregeln zu ihrer Bekämpfung ergreifen kann. Die Aus dehnung deS Streiks der Erdarbeiter aus eine ganz« Reihe anderer ErwerbSkrcise war plötzlich da und erst nachträglich kam die Regierung zu der Einsicht, daß die ArbcitSbörsc der Hauptsitz der Bewegung sei. Außerdem gicbt eS aber in Paris noch ein revolutionäres Eentralcomitö, dem die Negie rung machtlos gcgcnübcrsichl, weil sie keine gesetzliche Hand habe bereit hat, um die Wirksamkeit dieses ComitöS zu be enden, welches in einer zügellosen Presse eine bewährte Förderin seiner Pläne zur steten Verfügung hat. DaS dritte Mittel zur Beunruhigung ist die auswärtige Politik Frankreichs. In dieser Beziehung ist daS Zcrwürsmß mit Italien die beachtenöwerthcste Thatsache, welche täglich an Bedeutung gewinnt. Man bringt wohl nicht mit Unrecht die beschleunigte Rückreise GriSpi's nach Nom damit i» Ver bindung, sei eö »un, daß die Versammlung einer starken Panzerflolte im Mittelmeer anS Anlaß der bevorstehenden Flottenmanöver, oder die Antwort der französischen Negierung aus die italienische Note vom 13. August oder Beides dazu Anlaß geboten bar. ES scheint, daß der diplomatische Schristen- wechsel vorläufig sein Ende erreicht bat. aber der türkische Widerspruch gegen die Einverleibung Massauahs und Zulas in den italienischen Machtbereich wird dazu beitragen, den Streit zu verschärfen und zu verlängern. Der Gedanke liegt n«5c, daß Jialirn gleichfalls seine Mittelmeerflotte in Bereitschaft setzen wird, um die Bewegungen der französischen Flotte zn beobachten. War doch zur Zeit der Anwesenheit de» englischen Admirals Hewctt in La Spezzia schon von einem Seekriege zwischen Frankreich und Italien die Rede. Die Sache ist damals von verschiedenen Seiten ernst genommen worden, man hat aber die Erörterung darüber abgebrochen, weil sie zwecklos erschien. Heute ist nicht in Abrede zu stellen, daß die Anwesenheit einer so bedeutenden französischen Panzerflotte im Miltelmcer, sei eS auch nur zu Manvvcrzwcckcn, einer Her ausforderung Frankreichs gegen Italien sehr ähnlich sieht. Glücklicherweise besitzt Europa im Dreibund deS beste Mittel, um etwaigen französischen KriegSgelüsten einen Dämpfer aus zusetzen. Die Franzosen können eS nicht lassen, hin und wieder mit ihrer Flotte zu prahlen, haben sie doch sogar die McereSsahrt deS deutschen Kronprinzen im Jahre 1884 durch eine Demonstration an der Riviera zu stören versucht. Auch bei Eröffnung der Ausstellung in Barcelona erschien eine ungewöhnlich große französische Panzcrslott« im Hasen der Stadt, aber die Sache verlief glücklicherweise ohne jegliche Reibung zwischen französischen und italienischen Seeleuten. Hoffentlich wird auch daS französische Flottenmanöver regel mäßig und ohne Zwischcnsall verlausen, doch läßt sich nicht leugnen, daß die Jiisccnirung dieses Manövers gereckte Be denken sowohl in den friedliebenden französischen Kreisen als auck im übrigen Europa erregt. Tie italienische Regierung wird ihrer ganzen Geschicklichkeit bedürfen, um aus der gegenwärtigen gespannten Lage den geeigneten AuSwcg zu finden. « » » » * Tie an leitender Stelle zum Abdruck gebrachte hoch- ossiciöse Auslassung der „Norddeutschen Allgemeine» Zeitung" über den BoulangismuS hat folgenden Wortlaut: Die „Times" bringt einen Leitartikel über die großen Wahl, erfolge, welche der General Boulanger soeben errungen hat, und führt darin au?, daß dieses Wiederaustauchen des Boulanger- Sternes, den man bereits unlergegangen gewähnt hätte, in Berlin unangenehm berühren würde. Dies ist ein vollständiger Jrrlhnm: In Berlin wird man stets mit Genuglhriung jeder Entwickelung Frankreichs gegenüberstchen, die geeignet scheint, dem bcuachbaricn Lande Ruhe zu verschaffen und es wieder zu einem zahlenden Ab» nchmer unserer Producle zu machen. Unter welcher Negierungsform dies geschehen möge, ist eine Frage, die sür uns gar keine Bedeutung hat. Wir haben keinerlei kriegerische Velleitütcii, und jede sranzösische Regierung, die den Frieden nicht bedroht, ist uns recht und wird uns will- kommen sein. General Boulanger hat hinreichende Ber- sprcchungen gegeben, daß auch ihm, im Interesse Frankreichs, die Ausrechierhaltung des Friedens am Herzen liege, und es ist deshalb gar kein Grund vorhanden, uns wegen der Eventualitäten zu be unruhigen, die an die Wahl des Generals geknüpft werden: Wir kSunen mit einem boulangistischen Frankreich ebenso gut in Eintracht lebenwiemit einem bonapartistischen; es ist zum Minaest n sraglich, daß General Boulanger, falls der- selbe zu gesteigertem Einfluß kommen sollte, denselben in anti deutschem -inue verwcrihen werde, und es ist im Gegentheil in hohem Grade wahrscheinlich, daß der General vorsichtig vermeiden werde, eine errungene hohe Stellung den un- berechenbaren Zufällen eines Krieges preiSzugeben. Wir sind nach Allein, war General Boulanger in jüngster Zeit gesagt und geschrieben hat, berechtigt, ihn sür friedfertig zu halten, und wenn wir darin auch keine sichere Bürgschaft für die Ausrecht- erhallung des Friedens erblicken, so sind wir uns doch ganz klar darüber, daß es bet der augenblicklich in Frankreich herrschenden Stimmung überhaupt keine sranzösische Regierung giebt oder geben kann, die uns i» dieser Bcziehnug vollständig beruhigen würde. Aber General Boulanger beunruhigt uns sicherlich nicht mehr al« irgend rin Anderer, und wenn er hält, was er versprochen hat, wen» eS ihm gelingt, Ruhe und Ordnung in Frankreich berzustellen, so werden seine Erfolge uns und ganz Europa sicherlich will kommen sei». Leipzig, 26. August. * lieber die Reisepläne Kaiser Wilhelm'-vernimmt man, daß sür den Tag der Abreise Ende September, der- mulhlick der 30., i» Aussicht genommen ist Der Kaiser *w>rd sich zuerst nach Stuttgart, von da nach München begeben und sodann in Wien eintreffen. Von dort geht die Fahrt nach Nom mit einem Ausflug nach Neapel, wo u. A. ein große» Panzerschiff vom Stapel gelassen wird. Am 22. Oktober, als dem Geburtstag der Kaiserin, würde Kaiser Wilhelm in Potsdam zurück sein. * Zur Berufung Harnack'S nach Berlin bemerkt die „Nationalliberalc Corrcspondenz": Gegen die Berufung des Marburger Lehrers der Kirchen- und Doqmengeschichte, Pros. vr. Haruack, an die Berliner Hochschule hat der Oberkirchenrath, wie eS heißt mit einer Stimme über die Mehrheit, Einspruch erhoben, ormell sich darauf berufend, daß ihm nach der Verordnung von 1885 eine gutachtliche Aeußerung über Lehre und Wandel der jenigen Lehrer der Theologie zusiehe, die von außer-preußischen an preußische Hochschulen beruscn werden sollen. Marburg sei, als jene königliche Verordnung erging, außerpreußische Hochschule gewesen. Diese Begründung «st kaum ernsthast zu vertheidigen. Materiell erklärt der Oberkirchenrath, die Berufung eines zweiten Angehörigen der Ritschl'schen Schule würde durch eine Bcr- Ichiebung des Schwerpunctts der theologischen Facultät in Berlin nach links bedeuten, wogegen Verwahrung nöthig sei. Hierzu bemerkt heute die „Post": „Materiell vindtcirt sich der Ober- kirchcnrath aus Grund der in jener Verordnung im beigelegicn Besugniß, sich über Lehren und Wandel zu äußern, eine maßgebende Einwirkung daraus, welche Schattlrungen der verschiedenen, inner- halb der evangelischen Kirchen bestehenden Richtungen der Lehrkörper >er evangelisch-theologischen Facultäten ousweisen soll. Es haudelt ich also rechtlich um einen directea Uebergriff in das staatliche Be- setzungsrccht ber theologischen Professuren, um den Versuch, für die Kirchenbebörde praktisch weit über die in jenem Allerhöchsten Erlasse gegebene formale Berechtigung hinaus eine bestimmendeEinwirkung aus die Besetzung der theologischen Professuren zu erlangen. Die Regierung hat allerdings gegen den — sehr charakteristischer Weise in dieser Zeit zum ersten Male — unternommenen Versuch, für die kirchlichen Organe eine cnlscheidcndc Mitwirkung bei der Besetzung der theologischen Lehrstühle zu erlange», nach dem alten Sprichwort „prinaipiis obstu" ent. schieden Front gemacht und damit anscheinend die ZiikiinftSvläne der Hochkirchlichen an der empfindlichsten Stelle getroffen. Wenn bei diesem Anlaß wiederum schwere Beschwerden wegen nicht erfolgter Publieaiion eine? Kirchen- bezw. Sanclion eines dazu crsorderlichen StaaisgesctzeS erhoben worden sind, so mag daran erinnert werden, daß jenes Kirchcngesctz Aenderung der Verfassung der Kirche und darunter eine Minderung der verfassungsmäßigen Besugnisse der Gemeiiidc-Organe zu Gunsten der Besugnisse der Geistlichen enthielt, und daß zwischen die Einbringung des betreffenden SkaatSgesetzcS und die Beschlußfassung über'- die Sauction desselben der Hammer- stein-Kleist.Netzow'jche klrchenpolilische Feldzug fällt. Gegenüber dem Ansturm aus die bestehende Ordnung der evangelisch-kirchlichen Verhältnisse kann eine unter anderen Umständen und sür sich be trachtet vom staatlichen Gesichtspunkte nicht zu bedenkliche Aen- derung der Kirchenverfaffung sehr wohl cntscheidenoen Be- denken unterliegen. Wen» daher über die Nichwerwirklichung jener Gciieral-Synodalbeschlüfle geklagt wird, so sind die Vorwürfe dahi» »u richte», wo die Ursache liegt: gegen die Hammersteiu-Kleis!- Retzow'ichen Bestrebungen mit ihrer gegen den Staat der Hohen- zollern gerichteten Spitze! Wenn dabei auch der Summepiskopus gegen den Staat ins Feld geführt wird, so ist dabei übersehen, be ziehungsweise geflissentlich nicht berücksichtigt, daß der Summ- episkopilS zugleich zufällig der Herrscher dieses so sehr angefeindete» preußischen Staates, daß eS sein Ministerium ist, gegen welches jene Beschwerden erhoben werden, und daß der Summepiskopus in der Botschast an den Landtag ausdrücklich gelobt, der «sie Diener deS preußischen Staates sein zu wollen!" « «! « * Der Verweser deS russischen Marineministe- riuinS, Generaladjutant Schestakow. der sich gegenwärtig außerhalb Rußlands befindet, wird, wie die „St. PeterSburg- skija Wedomosti" erfahren, in den ersten Tagen deS Sep tember nach Scbastopol reisen und daselbst die ganze Schwär z- mccrslottc bcsichligen. General Schestakow werde aus der »eu erössncten Bahn über Wien nach Konstantinopcl reise» unv von dort ans dem russischen Kricgsdampscr „Eriklik" dlrcct nach Scbastopol fahren. * AuS Paris, 23. August, wird der „Kölnischen Zeitung" geschrieben: Ter heutige Tag gehört in der -sraiizSsischen Presse ganz vor wiegend Herrn Crispi und seiner Reise nach Friedrichsruh. Bei Erörterung der Frage, was Crispi dort eigentlich anzubahnen oder durchzusetzen suche, gehen die Ansichten und Annahmen derart auseinander und beruhen ost aus so willkürliche», manchmal geradezu kindlichen Boraussetzungen, daß es keinen ernsthasten Zweck hätte, sie im Einzelnen eingehender zu behandeln. AlS Gcsamnttbild ist »ur die eine, aber interessante Thatsache festzustellen, daß vielen Franzosen angesichts der Friedrlchsruher Zusammenkunft so unheim lich zu werden ansängt, daß sie den ganzen Massauahstreit ver wünschen und Herrn Gablet schon Borwürfe machen, diese Sache überhaupt angcstislct zu haben. Allerdings, so sagen sie, habe Gvblet in dieser Angelegenheit vollständig recht, sowohl sachlich als förmlich, aber Massanah und die Copitulationen seien für Frank reich ohne jegliche; Interesse, so daß man sehr wohl hätte die Hände davon lasse» können. Es würde ja noch angehen, wenn cs sich nur darum handelte, den uiiverschämtcn Italienern eine Lehr« zu geben, aber leider stände hinter diesen Deutschland, daS Italiens Sache zu der scinigen machen und damit dem colonialen Zwischen fall ein ganz anderes Aussehen geben könnte. Also — so räth inan Gablet — möge er diesen Zwischcnsall ja nicht vertiefen und ihn lieber um jeden Preis zum Abschluß oder zum Vergessen bringen, selbst wenn den Franzosen das nicht würde, was sie als ihr gules Reckt betrachten. Diesen Vorschlag zum diplomatischen Rücklage verdecken viele Blätter mit der weisen Begründung, der Zwischenfall mit Massanah sei eine der schlau gelegten Fallen Bis- inarck'S, denen man sich mit noch größerer Schlauheit entziehen müsse. Nun glaubt man aber, daß die Franzosen im Grunde ihres Herzens i» dics'iu Falle nicht sowohl die Bösartigkeit und Ver- derbtheit des Fürsten MSmarck beargwöhnen, als vielmehr die Pläne Crispi'S, d-m sie Alles Zutrauen, namentlich aber die Absicht, mit Beharrlichkeit »ach einem KriegSvorwande zn suchen. Hört man doch schon die Hoffnung ausiprechen, daß Bismarck mäßigend auf seinen Bundesgenossen einwirken und Frankreich dadurch der Nöthigung entheben werde, den Ncvanchekrieg in einem ihm höchst ungelegenen Zeitpuncle vuSsechten zu müssen. Wie jedcSmal, wenn in Italien die Colonialpolilck in den Vordergrund tritt, wird auch jetzt die Frage wieder aufgeworfen, ob Italien, um seine Miß- erfolge in Massauah wieder gut zu machen, nunmehr zur Besetzung von Tripolis schreiten werde. Da man Trispi, wie geWt, Alles zniraut, würde man sich auch nicht wundern, wenn er über Nacht Tripolis angceifea wollte. - Die Pariser Blätter bringen ein DanksagungSschrciben Boulanger's an die Wähler de» Nord, der Somme und der unteren Charente, worin sehr starke Ausfälle gegen die Kammer und die Regierung Vorkommen. „Der Gewählte bemüht sich", äußert die „Justier", „den Candivaten in heftigen Ausdrücken noch zu übcrtresfcn, und das ist ihm denn auch wirklich gelungen." * Den Anspielungen Gladstone'S in seiner jüngsten AgitationSrede aus die Kosten der von Parnell zu führen den Processe Folge leistend, haben Gladstonianer und Iren Sammlungen zur Deckung derselben eröffnet. In Irland haben die Erzbischöfe Walsh unv Eroke sich an die Spitze der»
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