Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188809084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880908
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880908
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-09
- Tag1888-09-08
- Monat1888-09
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1888
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Ü425 Üattfinden. E« wird diese« die letzte diesjShriae Ausfahrt sein. Die Füllung de« Ballon» beginnt um 2 Uhr. während die Ausfahrt wegen der jetzt früher eintretenden Dunkelheit um 6 Uhr statlfindet. Da» Concert beginnt um S Uhr. auch werden zur Unterhaltung de« Publicum» mehrere kleine Pracht-Ballon» vor der Ausfahrt de» großen Luft-BallonS ansslrigen. Da» Eintrittsgeld ist wie früher aus 25 -f für Erwachsene und lO sür Kinder festgesetzt. *Großjschocher, 6. September. Die nunmehr ge« sicherte Errichtung «iner Güter, und Personenstation a» der Thüringer Bahn hier, welche besonder» durch die Opserwilligteit der Firma Zick mantel >L Schmidt er möglicht wurde, wird allerdings sür den industriellen Verkehr bedeutenden Nutzen haben; aber wenn gesagt wurde, daß auch eine große Erleichterung im Personenverkehr zwischen hier und Leipzig damit geschaffen würde, so ist da» etwa» zu hoff nung-voll. denn einmal wird da» Tourbillet 3. Elaste 60, das TageSbillet 80 kosten, also nicht billig sein, dann cr- sorvert die Fahrt über Leutzsch viel Zeit und endlich geht der letzte Zug au» Leipzig nach Zeitz auch schon l».t5 au» Leipzig ab. Allgemein ist sowohl hier wie in Kleinzschocher der Wunsch, e» mochte die Pferdebahn von Plagwitz über Kleinzschocher bi» zum jetzigen Bahnhos Großzschvchcr fort gesetzt werde», dann erst würde die geeignetste und billigste Verbindung mit der Stadt erreicht werden. K Möckern, 7. September. Als Psarrer sür die neu« gebildete, au» der politischen Gemeinde und dem exemten Nittergute Möckern bestehende Kirche »gemeinde Möckern ist der Psarrvicar zu St. Johannis in Dresden. Herr H. Lorenz, einstimmig gewählt worden. Die Collalur steht dem königl. Cultusministcriui» zu. Die neue Kirchengemrinde tritt mit dem 1. Oktober d. I. in« Leben. * Pul gar, 7. September. Ei» Fest seltener Art wurde jüngster Tage hier gefeiert. An der Stelle, wo Kaiser Wilhelm j. zu Pferde stieg, um die Parade deS XU. ArmeccorpS zwischen hier und Zeschwitz abzunehmen, ist ei» .einfaches Denkmal errichtet und unter entsprechenden Feierlichkeiten, an denen sich auch die Schwestergcmcinden belheiligte», geweiht worden. Der obeliSkarlige Stein, vom Bildhauer Herrn Sch-llenbcrg in Groitzsch bearbeitet, trägt aus der vordere» Seite daS in Bronze auSgesnhrte Medaillon bild Kaiser Wilhelms I. und aus der anderen Seite ent sprechende Inschriften. ch Dresden, 7. September. Wegen Bierpanscherei ist ein hiesiger Schankwirth Namens Bculich in eine recht empfindliche Strafe genommen worden. Derselbe halte in der von ihm im Hause Neumarkt 14 betriebenen Schank- wirthschasl zur ..Bayerischen Krone" fortgesetzt Bier aus der Brauerei zum Aürgerbräu in München mit hiesigen Bieren „verschnitten" und dieses Gemisch als echtes Münchner Bier Die Sache kam schließlich — I» Folge NnglstckSfalle» bei einer Bootsfahrt aus dem Maiu, welcher einem jungen Manne den Tod in den Fluthcn brachte, sollen bei dcuFranksurter Nudergesell» schäften die Ruderer daraus geprüft werden, ob sie sichere Schwimmer sind. Auch wird empfohlen, von Zeit zu Zeit Instructionen zu ertheilen, wie mau sich bei Unfällen nn Wasser zu verhalten hat. in den, hierdurch nicht nur der Ruderer sür feine eigene Person aus seinem Elemente Sicher heit erwirbt, sondern er auch in die Lage versetzt wirk. Anderen, die sich in Wastergesahr befinden, helfend und rettend beizustehen. Bei der überhandnehmenden Verbrei tung de» Wassersports sollten die genannte» SicherungSmaß- regeln allen Rudergescllschastcn als unerläßliche Bedingung anempsohlen werden. Daß der Gebrauch von Schreibheften mit blauer Liniatur eine schädliche Einwirkung aus daS Seh vermögen auSUbt, ist ärztlicherseits vor geraumer Zeit sest- gestellt worden. Bisher batte man jedoch noch nicht davon gehört, daß eine Schulbehörde Veranlassung genommen hätte, gegen die blaulinnrtcn Hefte der Schüler vorzugchen. Die Großherzogliche K r ei s - S ch u l commission in Mainz ist jetzt dagegen eingeschritten. Sie hat »ach Einholung eine» besonderen Gutachtens einer Commission von Aerzten verfügt, daß vom nächsten Jahre ab solche Hefte nicht mehr geführt werden dürscn nnd daß an ihre Stelle Hefte mit schwarzen Linien zu treten haben. MvSlowitz. 4. September. Im Monat August sind ans der hiesigen Bahnstation, wie der „Oberschlcsische An zeiger" erfährt, nahezu 32000 Gänse zum Weitertrans port nach Berlin und Sachsen verladen worben. Außer» dem sind hier und in der Umgegend von den angelangleil Transporten über 2000 Stück, welche de» Weitertransport nicht ertragen hätten, verlaust worden. Freiburg, 6 September. Zu Beginn der dritten öffent lichen Versammlung des Katholikentages, welche gestern Abend stattfand, verlas der Präsident Rechtsanwalt Müller zunächst ein Telegramm des Cardinal-Staatssecretairs Rampolla, welches lautete: „Der h. Vater übersendet den dort versammelten Katholiken die besten Glückwünsche und ertheilt ihnen aus vollem Herzen den apostolischen Segen." Ferner verlas der Präsident ein Begrüßungs- tclegramm von der deutsche» Katholikenversammlung in Cincinnati. Als erster Redner deS Abends betrat der schweizerische Gerichtspräsident Wirz die Tribüne, um auszusühren, daß das muthige Ausharren der deutschen Katholiken unter der Führung Windthorst's auch die schweizerischen Katholiken begeistert und gestählt habe, so daß es ihnen gelungen sei, von der Schweiz den Culturkamps fernzuhalten, und heute stimmten alle Schweizer darin überein, daß der religiöse Friede die sicherste Grundlage bilde sür die Erhaltung der nationalen Wohl fahrt und Selbstständigkeit. Unter lebhaftem Beifall der Versammlung dankte der Präsident dem Redner sür seine anerkennenden Worte; alsdann ergriff auch vr. Windthorst daS Wort, ukn sür seine Person die freundliche Anerkennung abzulehnen und auf die Centrums- sraction zu übertragen. Kaum jemals zuvor habe eine parlamentarische verkauft. Die Sache kam schließlich zur Anzeiac, und der»,- —o-— —----- Genannte wurde vom königl. Amtsgericht Dresden aus Grund I Bertretung cinc so schwierige A»sgabe zu lösen gehabt und noch zu - — »-«« »>». - deS NeichSgesetzeS vom l4. Mai 1879, den Verkehr mit Nah rnngsmitteln rc. betreffend, wegen seiner uilcrlaubtcn Hand lungSweife zu 3 Monaten Gcsängniß und 600 „eil Geldstrafe rcchtSkrästig verurlheilt. Damit noch nicht genug, erlitt Beulich noch einen weiteren großen Nachthcil dadurch, daß er sich sogar genöthigt sah, seinen Wirthschastsbetricb auf zugeben, da sein Local nach dem Bckanntwerdcn der Bier panscherei von Gästen gemieden wurde.— Aus einem Neubau an der MaximilianSallee ist gestern Nachmittag ein mit Verputzen beschäftigter Maurer dadurch verunglückt, daß er aus einem Fenster im dritten Stock aus die Straße hinabstürzte, wo er todt liegen blieb. Der Aermstc hatte das Genick gebrochen. — In einem zum Schlachthaus- Hergerichtelen Hintergebäude dcö Grundstückes Pragerstraße 39 entstand gestern Vormittag ein Schadenfeuer. Es sind mehrere Fenster und Thürcn und verschiedenes Gebälk verbrannt. Der entstandene Schaden wird aus etwa 1000 geschäht. Der Brand, welcher von der städtischen Feuerwehr in zwei Stunden gelöscht wurde, war in einer mit trockenen Hobel- fpäncn gefüllt gewesenen Kammer aus bisher noch nicht aufgeklärte Weise auögckvmmen. — A»8 einer Wohnung im ersten Stockwerk eines Hauses am Bischosswcg ist gestern ein dreijähriges Kind durch ein geöffnetes Fenster aus die Straxe hinabgestürzt und hat mehrere Schädel brüche erlitten, welche wahrscheinlich den Tod deS Kindes herbeisühren werden. Vermischtes. --- Eine Geslügeljagd in der Berliner Central- niarkthalle richtete Donnerstag Vormittag gegen lO Uhr allgemeine Verwirrung an. AuS bem Stande eines Geflügel Händler» waren ans bisher noch nicht aufgeklärte Weise sämmtliche Hühuer und Tauben auö Len Behältern heraus geflogen und flatterten nun ängstlich durch de» weilen Raum Natürlich wurde auf die Flüchtlinge Jagd gemacht nnd im Eifer stießen die dem Geflügel Nachcilendrn bald gegen die gefüllten Waarenkörbe der Obsthökerinne»; auch von den Marmorplatten der Fleischer rollte im Gedränge so manche Wurst aus Nimmerwiedersehen zur Erde herab. Al- der be stürzte Gcflügelhändler herbeikam, konnte er feinen Verlust schnell übersehen; seine Hühner und Tauben waren sämmtlich i» den Lüften verschwunden. ---- Der Cot tbuser Ka rpsenmarkt, welcher in früheren Jahren insofern eine besondere Bedeutung hatte, als aus dem selben sich die Teichbesitzer mit den zu dieser Börse gekommenen Fischhändlern über die Preise der Karpfen fast in der Regel leicht zu einigen pflegten und dort Kaufabschlüsse erfolgten, welche Tausende von (Zentnern umsaßteu, hat i» neuerer Zeit gar viel von seinem trüberen Cbarakter eingebüßt, indem die Teicbbesitzcr regelmäßig höhere Preise fordern, als die Händler bewilligen können. In Folge dessen sind schon seit mehrere» Jahren aus diesem Markte entweder gar keine oder nur kaum nennenSwerthe Abschlüsse erzielt worden. Auch. der diesjährige Markt, welcher am letzte» Montag statlsand. bat keine Einigung bezüglich der Preise gebracht. Die Teichöesitzer forderten sür de» Centnrr solcher Aarpsen, von denen nur bi» 30 Slück aus daS bezcicbnete Gewicht fallen, 66 während die Käufer für diese Primawaare blo» bis 65 bewilligten und nur b!» 29 Slück aus den Centner gellen lasten wollen. Hier sind die Fischhändler den Producenten in Anbetracht der Thatsache. daß die heurige höchst ungünstige Sommerwikterung mit den meist kühlen Nächten da» WachSlhum der Karpfen ausgehalten hat und große Karpfen in der bevorstehenden Saison recht selten sein werde», gewiß genügend entgegeugekommen. allein in den meisten übrigen Sorten gehen vie Forderungen und die Zn- geständniste viel weiter auseinander. Die Verkäufer fordern: bis 35 Stück 63 bi» 40 Stück 57 bi« 45 Stück 52 --tk. während die Käufer bieten: bis 32 Stück 57 bis 35 Stllck 54 und bi» 40 Stück 50 Die von den Teichbesitzern weiter verlangte Preiserhöhung sür Mittel fische wurde seitens derselben damit zu begründen gesucht, daß in der letzlvcrflostenen Karpfensaison ein Uebrigbleiben der Fische nicht zu verzeichnen gewesen sei und somit die Vorräthe der Nachfrage vollständig entsprochen baden rc. Die Käufer wiesen jedoch »ach, daß während der diesjährigen Fastenzeit in Folge deS um Ostern herrschenden Nachwinter- eine große Anzahl Teiche unauSgefischt hätten bleiben „lüsten und baß die darin befindlichen Karpfen, welche für den Ge brauch im Frühjahr bestimmt gewesen sind. z. Z. eben »och vorhanden wären. Ja Oesterreich namentlich seien diese FrühjahrSfischereien an der Tagesordnung upd in der Regel fänden von deren Erträgnissen sehr häufig behütende Mengen ihren Weg nach Mittel- und Norddrutschlaod. — In ähn licher Weise wurden noch viel hier einschlagende Fragen er örtert. eine Einigung jedoch nicht erzielt. E» bleibt demnach den Interestenten nicht» Andere» übrig, al» sich privatim über die Sach« zu einigen, und ist nur zu wünschen, daß die Einzel preise der Karpfen in der bevorstehenden Herdst- and Dintrr- saison möglichst mäßige nd«. - ... sei die richtige Stellungnahme leichter zu finden als in den Ruhe pausen. Redner sprach sodann seine Freude ans über den zahlreichen Besuch der Schweizer und Elsaß-Lothringer, aus welcher Thatsache allein schon hcrvorgehe, welche Bedeutung der diesjährigen Ver sammlung innewohne; unter den gegenwärtigen Constellationen sei sie wohl die bedeutsamste, welche icinals in Deutschland abgehalten worden sei. Bon ihr solle die Anregung auSgehen, daß auch die Katholiken anderer Länder sich zu gleichen Zwecken zusammen fänden. ES sprachen dann »och Abg. Hitze über die sociale, Pfarrer Ei sc »ring (St. Gallen) über die Schnlfrage, Pros. I)r. Sch eich er aus St. Pölten über „katholisches Leben und Ver sumpsung" unter Bezugnahme aus österreichisch: Zustände, Pfarrer Weber (Rudolszell) über die katholische Presse. Pfarrer Keller, Schulinspector in Gottenheim, über die Simultamchule. — Der Ausschuß sür die römische Frage hat in einer lehr stark besuchten Sitzung folgende Resolutionen einstimmig angenommen: 1) Die Generalversammlung spricht von Neuem die lieber zeugung aus, daß die Wiederherstellung der territo rialen Souvcränetät des h. Stuhles sür die Sclbststän digkeit desselben und sür seine volle Freiheit und Unabhängigkeit in der Regierung der Kirche eine unabweisbare Nothwendigkcit ist und daß jede von Gott gesetzte wirkliche Macht im wohlverstandenen eigenen Interesse und zur Wiederherstellung der erschütterten Gesell schaftsordnung handelt, wenn sie die vom h. Baier dcsfalls erhobenen Rechtsansprüche erfolgreich unterstütz'. 2) Die Generalversammlung beklagt insbesondere die neuesten Maßnahmen der italienischen Regierung gegen den h. Stuhl, vor Allem die Bestimmungen des Entwurfs zu einein neuen italienischen Strafgesetzbuch, welche un mittelbar die Rechte des italienischen Klerus, mittelbar aber die Rechte des apostolischen Stuhles angrciscn, und schließt sich voll und ganz dem Schreiben der in Fulda vereinigt gewesenen hochwürbigsten Bischöse an den h. Vater vom 29. August d. I. an, indem sie gleich zeitig den» hochw. Episkopat sür diese mächtige Initiative zum Schutz des h. Stuhles den wärmsten und innigsten Dank ausspricht 3) Die 3ö. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands bringt den Ausdruck innigsten Dankes dar sür den besonders gnädigen Em psang, den S. Heiligkeit Papst Leo XIII den deutichcn Pilgern bei ihren beiden Fahrten nach Rom hat zu Theil werden lassen. --- Vom Harze. Seit einiger Zeit finde» im Bode thale Vermessungen behusS Anlage einer Drahtseilbahn »ach dem Hexenlanzplatze und der Noßtrappe statt Dieselbe wird einerseits in einer Schlucht zwischen dem Hexentanzplatze und der LaviöreS-Löhe. andererseits zwischen dem Walvkater und der sogenannten Iungsernbrücke die Höhen erklimmen. An einigen Stellen werden ihr die Fesen nicht »»erhebliche Schwierigkeiten in den Weg legen; doch wovor schreckt heute die Technik zurück? Eine neue Brücke über die Bode wird beide Linien verbinden. In der Milte zwischen den gewöhnlichen Schienen wird wie bei den Zahnradbahnen eine Zahnschiene den Auf- und Abstieg regeln, erleichtern und sickern. Die Beförderung soll durch daS Gegengewicht von Wasterwogen geschehen und der Fahr preis 75 betragen. --- Wien, 6. September. Gestern sind Oberlicutenant v. Kecziczka und Lieutenant Dworsak des 8. Infanterie Regiments, sowie OssicierS-Slellverlreter Umlaufs v. Frank well de» 17. Feldjäger-VataillonS aus Brünn mit dem Zweirade aus ihrer Tour »ach Serajewo hier durch gekommen. Dieselben beabsichtigen, über Graz, Agram. Brood, Serajewo, Mostar, Metkovich nach Nagusa aus dem Rad, von Ragusa nach Triest mit dem Schisse und von Triest über Laibach, Klagenfurt, Leoben, Wie» wieder nach Brün» mit dem Rade znrückzukehrcn und diese Tour innerhalb zwanzig Tagen zu machen. ---- Au» Pest wird ein unerhörte» Verbrechen qe meldet, welches Schneidermeister Otto Gnädig gegen seine junge Gattin verübte. In aller Frühe war'S, da vernahmen die HauSinsassen auS der im Parterre gelegenen Wohnung laute Hilferufe. Da das Schreien nicht aushörte, eilte daS in demselben Hause wohnende Fräulein Irma Bisiike Gnädig'» Wobnung. und al» sie da» Zimmer betrat, sah sie die Frau im Negligö aus dem Bode» liege» und Gnädig über sie gebeugt. Ais Gnädig den Besuch wahrnahm. bat er uni Essig, da seine Frau unwohl geworden sei. Plötzlich aber richtete er sich empor, sprang zur Tbür hinan» und ries den Nachbarn zu: „Meine Frau stirbt! Ich gehe de» Arzt hole»" So kam e». daß Gnädig ungehindert da» Hau» verlassen konnte; dann aber stellte e» sich heran». Laß er nicht» Ge ringere« im Schilde geführt hatte, al» sei» Weib zu ermorden denn wie sie. nachdem sie zun, Bewußtsein gebracht war, angab, hatte der Mann, während sie >ni Bette lag, versucht, ihr mittelst eine» Trichter» heiße» Blei in» recht Ohr zu gießen. Die Frau setzke sich zur Wehre, worau sie von Gnädig zu Boden gerissen unv am Halse gedrosselt wurde, wobei er immerfort ries: „Du mußt noch heute bin werden." Die Frau glaubt, ihr Gatte wollte sie ermorden um dl« Versicherungsprämie von 10 000 fl. zu beheben, sür welche ihr Leben versichert war. Nicht ohne Grund wir» aber von behördlicher Seite angenommen. Laß Gnädig wahn sinnig geworden sei Der Zustand der unglücklichen Frau, in deren Ohren wirklich noch warme» Blei gesunden wurde, ziemlich »«drnklich. ' — Ta» Chloroform, jener große Wohlthäter der leidende» Menschheit, feiert in diesen Tagen sein vierzig jährige» Jubiläum Nachdem seine narkolisirende Wirkung schon im Jahr» t847 durch den jranzösischcn Physiologen FlourcnS und den englischen GcbnriSlielscr Simpson erkannt worden, war es daS »nsterbliche Verdienst de« Letzteren, diese heilsame Substanz ein Jahr daraus in die ärztliche Praxis einzusühren und Tausenden von Unglück liche» Linderung bezw. Heilung zu verschossen. Welchen un glaublichen Einfluß die Eiusühruug deS Chloroforms aus die ganze chirurgische Thätigkeit üble, davon kann sich nur Der jenige einen Begriff machen, der daS frühere OperationS- verjabren kennt. Tie Kranken verzehrten sich schon lange in dem Gedanken au die bevorstehenden Schmerze» und Qualen und kamen entkräftet und abgehärmt aus de» Operationstisch- alsdann wurden sie nach bestimmten, sür jede besondere Operation vorgezeichncte» Methode» geknebelt, damit sic während des schmerzbasten AcleS nicht etwa durch störende Bewegungen Hindernisse bereiteten. Bei dem Ein- griff selbst war natürlich daS erste unv wesentlichste Erforder nis die Schnelligkeit, welcher ost vie Exaciheit. Sauberkeit und Grünblichkeit zum Opscr gebracht werden mußle. Wie ganz anders heule! Man kann mit gutem Rechte behaupten, daß heute selbst die schwersten und eingreifendsten Operationen 'chmerzloS sind, denn selbst die Schmerzhaftigkeit nach dem .Erwachen" des Patienlen ist Dank unserer feste» Occlusiv- verbände aus Null reduciet. Indeß liegt der wesentlichste Fortschritt der Einsührung deS Chloroforms aus einem ganz anderen Gebiete. Während frühere Operateure auS Rück schien der Humanität eine gewisse Virtuosität darein setzte», möglichst schnell zu..arbeiten", womöglich ganze Glieder mit einem Mefferschuilt abzutragcn, liegt der Schwerpunkt bei de» chirurgischen Eingriffen unserer Zeit vielmehr in der sorgfältigsten Blutstillung, strengsten Antiscplik und kosmetischen Vollkommen heit. Dinge, welche die sicherste Garantie sür einen ungestörten, gefahrlosen Wundverlaus bieten. Betrachten wir nun noch mit wenigen Worten die Gefahren, welche die neue Entdeckung zur Folge Halle, so werden diese von Laien wesentlich über» 'chätzt. E» 'st ja eine unleugbare Thalsache, daß fast jeder erfahrene Chirurg eine» ober mehrere Beispiele von „Chlor»» örmtod" zu verzeichnen bat. allein eine Statistik läßt sich 'chwer ausstellen. Diejenige» Chirurgen nämlich, welche mit peinlicher Sorgfalt, unterstützt durch geschulte Assistenz, alle Cautclen bei im Auge behalten, und welche daS kleinste gesahrdrohenve Symptom durch Störungen bcS PulseS und der AthnnuigS thätigkeit erkenne», werden Todesfälle säst ganz vermeiden können, während Oberflächlichkeit und Leichtsinn sich aus keinem Gebiete strenger bestrafen wie gerade hierin. Ein Operateur, der gewiß ein competentcS Urtbcil in dieser Frage bat. der freilich an persönlicher Gewissenhaftigkeit »nd guter Assistenz vielen anderen College« voraus ist. Geh. Rath Pro- csior Bardclebeu, kann sich deS erfreulichen Resultates rühmen, )aß ihm von 30 000 Patienten nur einer au Chloroform ge torbcn sei; dicS war noch dazu ein sehr fettleibiger, mit einer Herzstöruug behasletcr Mann, welcher also für die Statistik schwer verwendet werben kann. Trotz aller Bor sichlSmaßrcgeln kommt es freilich bei gewissen schwächlichen Personen vor, daß ihnen die Chlorosormnarkose schlecht bc kommt, ja selbst ernste Gefahren zur Folge hat, so daß wir eS Loch nicht empfehlen möchten, sich z. B. beim Zahnziehen chlorosormiren zu taffen — Vom Nigi wird der „Sachs. LandeS-Zcit." geschrieben, daß bei empfindlicher Kälte seit dem Sedantage eine viertel Elle Schnee liegt, vom Kulm b,s herab zum Felsentbor- Nomili in Klösierle. UcbrigeuS ist dort daS Ricsen-Firmen chilv: „Ernst Kaps Pia'noS Dresden", welches sich an einer Alphülte in melcrgroßen Buchstaben die ganze Wand einnehmend, befindet, tief verschneit. Wie erfreut eS jedes Sacksenherz, diese Dresdner Firma hier in den Regionen der Schweiz vorzusinde». Wie ein Gruß auS der Heimath leuchtet der Name KapS Len Gcuckc-Tcnristen entgegen. (Wir können u»S damit, daß an den schönsten und berühmtesten Puncten der Alpcnwell derartige aufdringliche Reklamen ange bracht werde», gar nicht einverstanden erklären. ES eine gewissenhafte unv der Chlorosormnarkose ist rührt doch gar zu eigenthümlich und unangenehm, wenn z. B. an der berühmten Teusclsbrücke bei Andermatt, wo der Wanderer iiiit andachtsvoller Bewunderung vor solchem Wunder der Natur steht, das Continental-Holel in Berlin mit riesengroßen an die Felsen angeklcxle» Lettern in rothcr Farbe seine billigen Zimmer und sein Tadle d'hüle anpreist Wir wissen nicht, ob in der „freien" Schweiz eine behördliche Erlanbniß zur Anbringung derartiger Reclame» nvlhig ist wen» daS aber der Fall sein sollte, so möchten wir den bc treffenden Cantonal- und Gemeinde-Verwaltungen doch sehr ur Erwägung anheim geben, ob sie gut daran thun. zu olchcr Verunzierung ihrer Naturberrlichkcitcn die Hand zu bieten. Die Red. d. Lcipz. Tagebl.) --- Eine Alpen tour aus Befehl. Mit welchem Ernste die kriegsmäßige Ausbildung der Truppen in unserem Nachbarstaate Oesterreich-Ungarn betrieben wird, zeigt mi die von der Vedelte beschriebene Marschleistung deS in InnS brnck garnisonirendrn 4. Bataillons deS k. k. 93. Jnfanterie- NegimentS, weiche diese Truppe in Ausführung der jüngst erlassene» Verordnung über Marschübungeu im Gebirge glück lick auSsührte. Am l. August d. I. trat daS genannte Ba taillon einen aus drei Tage berechneten UebungSmarsch über daS Haller Salzwerk, Lawatscber Joch (2077 m), Hinlerau, Glcierschlhal, PseiSalpe »ach der Arzler Scharte an. Ein Marsch, der vielfach von Touristen gemacht und mit Ausnahme deS Abstiege- von der Arzler Scharte nicht als besonder- de schwerlich gilt, der sich aber durch die herrschenden Temperatur Verhältnisse zu einer in hohem Grade anstrengenden Hebung ge staltete. Nach zweitägigem Marsche, der meist von Regen begleitet war, kam daS Bataillon am 2, Aiigust gegen Abend bei Christeueck imGleierschlhalea». Miltcnim Walde gelegen, botderOrt, wel cher nur auS einem Iägerhause, einer verfallenen Schneidemühle und mehreren Schuppen besteht, kaum genügend Dach und Schn) gegen den strömenden Gußregeu. ES war die zweite Nacht, während der die Leute sich mit einfachem Dache über dem Haupte genüge» lasten mußte». Die empfindliche Kälte ver scheuchte den Schlaf. Auf platter Erde, nur Len Mantel als Decke, ruhten die Leute uothdürslig, um bereits in früher Morgenstunde am 3. den Marsch in der Richtung PseiSa! Arzler Scharte sortzusetzeu. Die aus einen Augenblick sicht baren Bergrücken waren dicht beschneit. Im Thale regnete eS in Strömen. Nack mehrstündigem anstrengende» Marsche kam daS Bataillon i» daS Gebiet de» über Nacht gefallenen Schnees. Jede Wegspur Hörle auf. Es mußte bei der so genannten „Mösl"-Älm ein Führer genommen werden. I höber man stieg, immer tiefer wurde der Schnee, die er- bofstc VergnügungStour in dir großartige HochgebirgSland- schast wurde sür die braven „Egerländer" zur erliste» Probe sür Ausdauer und MaiinSziichl. AIS die PseiSalpe erreicht war. war die Temperatur unter Null gesunken; die durch, näßlen Kleider der Mannschaften überzöge» sich mit einer die Bewegung erschwerende» Eiskruste, »nd es begann ei» grimmer EiSsturm, der Einem die Nadel» in- Gesicht peitschte. Dichter Nebel verhinderte die Aussicht. Die Lage wurde immer bedenklicher, die Mannschaft fror znm Er barmen. a» Ctebenblmbeii und Ruhen war nicht zu denken. Die Weigerung de» Führers, Weiler Vorzudrivg-n. konnte nur dadurch gebrochen werden, daß der Bataillons - Com- manveur ans dessen Wunsch einging, als zweiten Führer de» Schashirt von der PseiSalpe mitznnehme», da ein einzelner beini Rückwege leicht verunglücken könne. Mann hinter Man», eine endlos scheinende Colonne, setzle da» Bataillon stumm seinen Marsch fort. durch ost »iclcr- tiesen Schnee. Endlich, „acb anderlbalb Stunden, die zur Ewigkeit zu werden schienen, und mit Ausbietung aller körper lichen und geistigen Kraft gelang eS. die Scharte zu er reichen ; eine Strecke, die unter günsligen Verhältnissen in einer halben Stunde zurückzulege» ist. Da» Schlimmste war nun Uberstanden Der Abstieg am SÜbhange war vcrhältniß- mäßig leicht. Der srostige Nordwestwino war nicht meyr empsinbscim. der tiefe Schnee bot eine Stütze ür die müden Beine, und als sich endlich der Nebel ll cilte und daS sreuukliche Innsbruck nut der gastlich winkendcu großen Insanlcriecascrne sichtbar ward, da jubelte die Co- lvnne aus, alle Schrecknisse und Mühsale waren vergessen, und um 2 Uhr 30 Minuten inarschirte das Bataillon »i strammer Haltung, von dem MusikcorpS der Garnison cinpsangcn, in ein Sianbquarlier wieder ein. Im Ganzen war dasselbe an diesem Tage acht Stunden, davon jünf Stunden i» Slurm und Schnee, ohne Rast »iarscb>rt, hatte eine» Ausstieg von >000 unv einen Abstieg von über 1500 m gemacht und keine» Marode»! -- Abgang von FahrbilletS. Aus dem Centralbahn- hose zu Nom wurde der Abgang von FahrbilletS l. Elaste im Werlhe von 80 000 Francs entdeckt. Ein Individuum wurde in Anjio mit einem dieser an den Nummern kennt lichen Billete angetrossen und vcrhaflct; mau befürchtet jedoch, daß die Mehrzahl der gestohlene» Karten bereits auS- gegcben unv benutzt worden ist. -- Der „Nowa Resorma" berichtet man auS Warschau einen sensationellen Vorgang, besten Held Lieutenant Gurkv ist, der Sohn deS GcneralgvuverneurS. Die Sache verhält sich folgendermaßen: Bei einem Warschauer Buchhändler erschienen vor geraumer Zeit zwei Oisiciere der dort gornisoiiirende,, Garde »nd baten um ons Buch „Die Warschauer Gesellschaft", dessen Vertrieb von der rulsiichen Censurbehörte auss Strengste verbaten ist. Ter Buch händler weigerte sich natürlich, das verlangte Werk zu beziehe», und erst als die beide» Olficiere ihm aus Ehrenwort verstclicrtcii, daß je ihn nicht verralhen werde», ging er ans ihr Verlangen ei» »ua sandte ihnen nach Ablaus einiger Woche» das Buch zu. Dasselbe machte nun in Ol'sicierSkreisen die Ruude und kam unter Anderen auch dem Lieutenant Gurk» in die Hand, welchem einer der beiden oben erwähnten Ossinere in kollegialen, Gespräche d,e Bezugsquelle auvertrout hatte. Lieutenant Gurko fand »lin zwar großrn Gefallen au dem Klatsch, welcher in der besagten Schritt niedergelcgt ist; als er aber darin auch Angriffe aus seine Mutter las. lies er schnurstracks zu seinem Vater und denmicirte den Buch. Händler, welcher zu einer binnen 24 Stunden zu erlegenden Geld- strose von 500 fl. verurlheilt wurde. DaS Geld wurde gezahlt, und mit der Quittung der Behörde begab sich der Bcstraste zu den beiden Ossicieren, um Auskläruug und Ersatz bittend. Die Oinciere waren im höchsten Grade überrascht, doch war cs nicht schwer, die Tenunciation aus den junge» Gurkv zuriickzuführen. Sämmtliche Osficiere deS Regiments erklärten »»», daß es ihnen unmöglich sei, Lieutenant Gurko sürderhin als College» aiizucrkcnnen, und baten entweder um ihre Entlassung oder um Cassirung des jungen Gurko. Außer sich ob dieser Berjchwörunq und nicht Willens, seinen Sohn auS dem Heeresverbande zu »chmc», forderte der Gcncrat- gouverneur die Bestrasung der rcbellirenden Osficiere. Daraushin erklärte aber der Regiments.Commandant niit voller Entichicdenheit, daß er wegen des Lieutenants Gurko seine bewährten Osficiere keinesfalls zu bestrafen oder zu entlasse» gedenke. Die Sache kam bis vor den Großsürsten Wladimir, der bekanntlich vor nicht langer Zeit in Warschau weilte. Der Großfürst überließ jedoch die Gut scheidung dem Regiments-Tommandanlen Nun blieb dem jungen Gurko nichts Anderes übrig, als zu resigniren. Er trat auS der Armee. Doch — und daS ist wohl das Sonderbarste in der ganzen Angelegenheit — er legte die Uniform nicht ab und zeigte sich auch weiterhin ln derselbe» auf der Straße, so daß seine früheren College» auf ein Mittel sinnen mußten, um ihn zum Ablegen der Uniform zu zwingen. Sie ließen ihm die schriftliche Verwarnung zukomincn, daß sie sich nicht scheuen werden, ihm die Uniform aus osfeuer Straße durch gedungene Leute vom Leibe reiße» zu lasse». Das wirkte. Der junge Gurko mußte sich sügen, aber man kann sich denken, welche Stimmung jetzt im Schlosse des Generalgooveruenrs herrscht. --- lieber die Teke-Turkmenen erhält die „Politische Correspondenz" die folgenden interessanten Milthrilungcn an» Petersburg: General Richter, Lhes de» unter dem kaiserlichen Hosmlulstertum stehenden Apanage-Departement-, ist kürzlich von seiner Reffe nach Central.Asien, wohin er im besonderen Austrage des Kaiser» gesendet worden war, hierher zurückgekchrt. Er hatte unter Anderem die Ausgabe, zuverlässigere» Material in Betreff der Oase von Merw und ihrer Bewohner zu sammeln, als es ungeachtet der ziemlich umjangreichen Literatur über diesca Gegenstand bisher zu Tage gefördert wurde. Ihr Lorresvondent ist ia der Lage, ver schiedene iatereffaate Einzelheiten über die Ergebnisse der Richter'schea Forschungsreise milzutheilen. ' Die Oase Merw ist seit dem Jahre 1857 von Tekr-Tork- menen in Besitz genommen. In der Oase selbst giebt es, ver läßlichsten Angaben zufolge, uugesähr 18000 Kibilkcn. Die Merw- Turkmenen sind Sunniten, zum Theil nomadisirend, zum Theil mehr ober weniger seßhaft. Die nomadisirenden sind reicher, aber weniger kriegerisch als die anderen. Ein echter Turkmene will von keiner Obrigkeit wisse» und betrachtet sich ganz unabhängig. Bevor die Turkmenen »och von den russische» Waffen besiegt wurden, lebten sic bekanntlich vornehmlich von Räuberei, und die Bewohner der Grenzmarken gegen Persien, Bocchara und Lhiwa hatten be kanntlich bi» in die jüngste Zeit sehr darunter zu leiden. Die Turkmenen sind tapfer, aber äußerst grausam, sehr zu Lüge und Heuchelei geneigt und wortbrüchig. Es giebt sehr wenige Han. delSleute unter ihnen. Ehedem waren eS säst immer Kausleute aus Persien, Bocchara und Ckiwa, die sie mit dem Bedarf, den sie zu kaufen genöthigt warea, wie Zucker. Thee, getrocknete Früchte u. s. w., versehen hatten. Gegenwärtig haben armenische Kanfleute dies Ge- lchäst übernommen. Die meisten ihrer Bedarfsartikel erzeugen die Turkmenen selbst» zumal ganz vorzügliche Waffe», z. B. Nach- ahmung von Hinterladern (Berdan-System) mit Patronen. Die Männer arbeiten übrigens sehr wenig und bürden alle schwereren Arbeiten den Schultern der Frauen aus, welche verstehen, schöne Teppiche, starkes Tuch und seine Seidengewebe herzustclle». Die turkmenischen Frauen tragen keine Schleier, sie verkehren ganz frei mit den Männer», sind wehrfähig und wasfcniüchlig wie diese, und haben z. B. an der Seite der Männer mit großer Tapferkeit gegen die Russen gekämpst. Der Mann kann bei den Turkmenen vier Ehefrauen haben und in den Personen derselben so ost, als es ihm beliebt» Nenderungcn eintreten lassen. Er braucht nur eine seiner vier Frauen als „soü" zu erklären und jeden Verkehr niit ihr abzubrechcn, so ist er dann berechtigt, eine neue Frau zu eheliche». Er bars dies wiederholen, <o ost es ihm beliebt. Ec kann eine Frau nach Gutdünken ver stoßen, ist ober, wen» die Verstoßung nicht durch die Frau ver- schuldet worden ist, verpflichtet, sür ihren Unterhalt und sür denjenigen ihrer Kinder Sorge zu trage». Wenn eine Frau ihn, untreu wird, hat er daS Recht, sowohl sie als ihren Liebhaber zu tödtcn. Wenn er aber nur die Frau und nicht auch den Liebhaber lödtet, wird er von den Verwandten der Frau so lange verfolgt, biS er die Oase verläßt, oder aber sich bereit erklärt, eine Geldbuße (kuna) zu leisten. Aus der andere» Seite steht der Frau das Recht zu, sich von ihrem Ehemanne scheiden zu laste», wenn er sic mißhandelt. Tie Scheidung kann aber erst platzgreisen, wenn zweimalige Beschwerden der Frau erfolglos geblieben sind. Der Man» ist i» einem solchen ScheidungSsalle verpflichtet, ihr einen Betrag sür ihren Unlcr- halt zu zahlen. Die Polygamie ist unter den Turkmenen nicht eine so allge meine Erscheinung, wie dies zumeist angenommen wird, was wohl haupliächlich daraus zu erklären ist, daß der turkmenische Mann, der sich um ein Mädchen bewirbt, »ach der herrschenden Sitte dem Vater desselben bedeutende Gescheute darbieten muß. I» früheren Zeile» bestanden die Geschenke gewöhnlich in persischen Sklaven. Der Vater bat da» Recht, seine Kinder zu tödlen, cs ist aber kein einziger Fall bekannt, wo ein Turkmene von diesem Rechte Gebrauch gemacht hätte. Die Turkmenen legen sür ihre Kinder, be sonders sür die Söhne, Liebe an de» Tag. Mitunter kommen Ent- suhruiigen vor; w rd man der Flüchtenden habhaft, so wird der Ent- sichrer sowohl, wie die Entsührte geiödiet, letztere mit besonderer Grausamkeit, indem die Turkmenen von der Voraussetzung ausgehen, daß sie ohne ihre Einwilligung nicht cnttüdrl worden wäre. D:e Ermordung de» Eatsührers zieht keine Strafe »ach sich, wenn er während der Flucht cingeholt und getödtet wird. Erfolgt ober die Ermorduug erst, nachdem eS ihm gelungen ist, seine Aul oder sein Heiniathsdors zu erreichen, so muß die Thal durch eine Geldbuße gesühnt werden. Die turkmenischen Männer sind ungemein trüge, wenn eS sich nicht um einen Kriegs- oder Raubzug handelt; sie verbringen ihre Zeit vor ihren Kibitken (Zeltwagen) ober Lehmhütten sitzend, in lebhaftem Gespräch: über alle politischen Ereignisse, van denen sic erfahren, oder Schach spielen», das sie ausgcz-ichnci verstehen. Ihre Neugierde ist eine außerordentliche: ein Turkmene legt g-en einen Weg von 40 kio und mehr nach der nächste» Aul zurück, um über die dortigen Vorgänge etwas zu «rlatiren. Neuigkeiten verbreiten sich daher mit erstaunlicher Schnelligkeit duich die ganze Oase.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder