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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188809210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880921
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-09
- Tag1888-09-21
- Monat1888-09
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1888
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>'^> W»WWffWWWff> ' ' > Erste Leilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 285. Freitag den 21. September 1888. 82. Jahrgang. Aus Len Ostseeprovinzen. * Zur Lage in den baltischen Provinzen wird der „All gemeinen Zeitung" au» Mi tau (Kurland) geschrieben: „Von dem Ünmulh und der Verbitterung, welche di» weitesten Kreise der baltischen Gesellschaft ergriffen baden, macht sich keine Vorstellung, wer diese» friedfertige und loyale Land m besseren Tagen gekannt hat. Schläge über Schläge fallen aus un» nieder, ohne daß sich von irgend einer Seile rettende Hilfe absehen ließe. E» sind nur noch wenige Monate, die u»S von dem Zeilpuncte der Einführung der neuen russischen Polizeiversasfung, d. h. der Aus lieferung de» bisher von seinen besten Söhnen verwalteten flachen Lande» an abhängige Werkzeuge unserer Feinde, trennen, und schon droht un» weitere» Ungemach. Dir drei Ritterschaften batten sich zur Zeit Le» Ukase» über Russificirung der Slaat-schulen an den UnterrichlSminister gewendet, um die Eclaubniß zur Erhaltung der deutschen Unterrichtssprache an den auf ihre Kosten erbaltenen und von ihnen begründeten Schulanstalten und zur Verwandlung derselben in Privalschulen zu erbitten. Eine dieser An stalten. die Revaler Tomschule, beruht auf uralter Stif tung. die übrigen (zwei livlänvische und eine kurländische) waren aus Grund ausdrücklich ringeholter Privilegien Alexander'» ll. unter der vorigen Regierung eingerichtet worden. Aus alle diesen Gvmnasien ertbeilten Berechtigungen sollte Verzichter und für dieselben ledig dasjenige Existrnzreckt in Anspruch genommen werden, da» für Privatunternehmungen solcher Art >m gesummten weiten Reiche besteht. Höhnend bat man un» zur Antwort gegeben, daß Coiporationen keine Privatschulen zu halten berechtigt seien, und daß die Ritter schäften, wenn sie ihre Schöpfungen eingeben lasten wollten, vorgängig die Zuschüsse des Staat» zur Ausführung der be züglichen Gebäude zurückzuzablen hätten: diese Zuschüsse waren kaiserliche „Geschenke" gewesen! So steht man vor der Alter native, aus LandeSkosten Russificirungssabriken zu erhalten oder seinen BilbungSeifer mit erheblichen Gcldopsern zu büßen und Dutzende verdienter Lehrer in» Elend zu jagen. Niemand weiß, wa» da werden soll. Niemand vermag sich eine Vorstellung davon zu machen, wie deutsche Knaben von deutschen Lehrern russisch unterrichtet und erzogen werden sollen, und wa» au- der Universität werden soll, für welche diese jungen Leute vorgebilvrl werden. Rußland selbst ist außer Stande, un» Lehrer abzugeben, die nach den Begriffen europäisch gebildeter Menschen brauchbar wären, und unsere einheimischen Schulmänner vermögen bestenfalls russisch zu rade breche». DieZahl derjenigen von ihnen, die ihre Staatsstellungen au» diesem Grunde hnbeu nieverlegen müssen, ist bereits erheblich — waS soll au» denen werden, die bisher bei unseren ständischen Schulen ihre Existenz fanden? Verzweiflung-voll scheu wir einem Rückgang unserer BilvungSzustände entgegen, wie er in diesem Lande noch niemals erlebt worden ist. An Stelle erprobter alter Einrichtungen sollen aus diesen wie auf anderen Ge bieten Experimente treten, die an der Stätte ihre» Ursprung» zum Nihilismus und zur Verwandlung der Schulställen rn revolutionaire Herde geführt haben. Und da- eben jetzt, wo die Einsetzung russischer Polizeibeamten ohnehin Ver wirrung und Zuchtlosigkeit androhl! Bleibt e» dabei, daß Lusstachelungen der Pächter gegen die Eigenthllmer und der großen gegen die kleinen Grundbesitzer al» Verdienste „um di« wahren Interessen de» Reiche»" belohnt werben, so können wir bereit» über Jahr und Tag merkwürdige Tinge erleben. Erst wenige Tage ist eS her, daß die Entscheidung einer Staatsbehörde der Stadt Riga da» Recht absprach, zwei recht zeitig gekündigte widerspänstige Pächter contractmäßig ex- mittiren zu lassen; noch ein paar Exempel solcher Art und die Anarchie al» solche ist in aller Form proclamirt. Bi-Her war mindesten» aus die Lantpolizei Verlaß gewesen, jetzt soll dieselbe in die Hände beutelustiger Ex-Lieutrnant- und au« dem Innern verschriebener „Missionaire der Rechtgläubigkeit" gelegt und dieSicherheit de» ländlichen E'gentbum» aus solche Weise von dem Belieben von Leuten abhängig gemacht werden, die für „abnorm" ansrhen, daß vor 700 Jahren Deutsche und nickt Russen in diese» Land gekommen und zu Begründern der Cwilisation desselben geworden sind. Die Regierung aber, in deren Namen diese Dinge sich vollziehen, erhebt den Anspruch, conservativ zu heißen, und wesentlich ruht sie in den Händen eine» Minister» de» Innern, der die Erkaltung von Zucht und Autorität für seine besondere Ausgabe ansieht, und der mit besonderer Vorliebe von der Erhaltung der „historischen Stellung" de» russischen Adel» declamirt. Im nächsten Monat tritt der livländische Landtag zusammen, um die ministerielle Entscheidung der Schulangelegenheit zu berathen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird man die Anstalten zu Birkrnruhe und Fellin auslösen müssen, in keinem Falle wird man zur Russificirung derselben die Hand bieten. So wenig man un» im l6 Jahrhundert zu Polen und hundert Jahre später zu Schweden hat machen können, so wenig wird man un» in Russen, und zwar in moderne Russen, verwandeln — Zähigkeit im Widerstande ist alle Zeit die Hauplstärke diese» vielgeprüften Lande- gewesen I Biegen wird man unsere harten niedersächsischen und westfälischen Knochen nickt so leicht, und gebrochen sind dieselben b>» jetzt noch nicht Nur als Deutsche können wir Protestanten bleiben, da» protestantische Bewußtsein aber sitzt bei un» tiefer als irgend ein andere». Der einsichtigere Theil der Letten und E sthen beginnt bereit» auf die Seite Derjenigen zu treten, mit denen diese Stämme durch gleiche Recht»- und Neligionüanschauungen und durch dir Bande vielbunderijähriger Geschichte verbunden sind. Treibe» Popen und Bureaukralen eS auch nur ein paar Jahre lang in der bisherigen Weise weiter, so wird da» ge- sammte Land wiederholen, waS die Gebildeten unter seinen Bewohnern bereit» gegenwärtig sagen: Wir bleiben, die wir sind, und keine Macht der Erde wird un» zu Anderen macken! I» Rußland schlägt der Wmb alle fünf bi» zehn Jahre um — bei uns hat er noch nie umgeschlagen Drüben verleugnet mau morgen, waS man gestern in den Himmel erhoben halte; hüben deharrl man unentwegt bei den Heiligtbilniern. die u»S zu protestantischen Christen und zu civilisirten Menschen gemacht baoen. E» soll sich noch zeigen, wer länger auShalten, wessen Licht länger brennen wird." Socialpolitisches. * Recht eingehend beschästsgi sich der Beneralbericht der Fabrik- inspeckorrn für das Jahr 1837 mit der Frage der Kiaderardeit und der Beschästiaung jugendlicher Arbeiter. Die Mck- iheilungea au» einer Reihe von Bezirken lassen auf eine Abnahme der Kinderarbeit schließen, in mancdcu dieser Bezirke ist dieselbe in den letzten I ihren üdertwur» gering gewesen. So wurden in Berlin-Charloitcnburg im Vorjahr 64 Knaben und 37 Mädchen, im Berichtsjahre dagegen nur 25 Knaben und 12 Mädchen ln Fabriken beschäftigt. Am Bezirk Oppeln ank die Zatil von 19 aus 9, in BreSlau-Liegnitz von 346 aus 332. in Merleburg-Erturt betrug die Abnahme 42, in Württemberg 205, in Sochsen-Meiningeu 43, in Waldeck 10. Eine Zunahme der Kinderarbeit batten neben dem KSntgreich Sachsen die AussntnSdezirke PotSdam-Fr,nksurt a. O>, Minden.Münster. Köln-Koblenz, RegenSburg und Neuß L L aus- zuiveisen. In einzelnen Versen gen Bezirken, in welchen »ine Ab nahme der Kinberaibeit zu constatiren war, stand derselbea eine Zunahme solcher Anlagen gegenüber, welche jugendliche Arbeiter beschäiliaen. In einigen Bezirken war diese Zunahme beträchtlich. Im AiiisichtSbezirke ArnSberg betrug dieselbe 23 Procent gegenüber dem Vorjahre; hier beiras die Zunahme nahezu ouslchließlich männliche Arbeiter, während die Zahl der beschäftigten jugendlichen Arbeiterinnen eine Zunahme nicht erfahren hat. Die recht erheb, liche Zunahme der Beschäsiigung der Kinder und jugendlichen Arbeiter >m Königreich Sachsen rührt namenilich daher, daß dieselbe bei der Stickerei und V gognespinnerei üblich ist und dag hier diese ArbeiiSk'äste nicht entbehrt werden können. Bei der ersteren Industrie ist dieselbe daraus zurückzusübren, daß da» Lin- fädeln der Stickaadeln nicht durch ältere Arbeiter erfolgen kann, und alle Versuche, diese Arbeit mittelst einer mechanischen Enirich. tung ou-zusühren. bisher al» mißlungen zu bezeichnen waren; bei der Bigognespinnerei aber daraus, daß bei der Kürze der Baum- ivollfaser und bei dem schnellen Gange der Maschinen sehr viel Fäden reißen, welche in kürzester Zeit wieder angedrehi werden müssen. Nach der Ausführung einzelner NuisichtSbeamten scheint indessen rücksichtlich der Stickereien von der bis jetzt freilich noch sehr vereinzelten Einsührung der Einsäbelmaschinea, welche allmälig den erforderlichen Grad der Vollkommenheit erlangen, ein günstiger Einfluß in Bezug aus Einschränkung ooer Beseitigung der Kinder arbeit in Fabriken erdoffi werden zu können. Die Durchführung der gesetzlichen Vorschriften zum Schutze der in Fabriken und denselben glcich»ehe,iden Anlagen be- ichäingien jugendlichen Arbeiter Hai gegenüber dem Vorjahre insos-rn einen Fortschritt erfahren, al» nicht nur die Revisionen der Auisich'Sbkamten namenilich in denjenigen Bezirken, in welchen den selben Hilfskräfte zur Seite gestellt werben, in zum Ideil größerem Umsonge statisanden. sondern auch die von den OriSbehörden geübt« Lonirole in manchen Bezirken an Ausdehnung und Lorqsali ge wonnen Hai, ein Umstand, der von um so größerer Bedeutung erscheint, al«, wie in den Berichten mehrfach betont wird, die Thätig- keit der AaisichiSbeam'en zu ihren Erfolgen eine enllprechende Unter, siützung der OriSbehörden, insbesondere der polizeilichen Organe nicht entbehren kann. AndererseiiS lassen ob-r die Belichte au« einem Thcile der Bezirke immerhin noch daraus schließen, daß die Eontrole der gesetzlichen Vorschriften Lurch die OriSdedürden auch häufig mehr oder minder zu wünichen übrig läßt Vornehmlich gilt die- von kleineren Orten. Schon in den Berichten de» Vor jahre» wurde mehrsach daraus hinqcwicleu, wie a-ring die Zahl der ermittelten Ueberiretungen in solch» Orlen ist, in welchen die Aussicht der Localbehörden in wirksamer und euer, gischer Weise bervoriritt. Diese Erfahrung wird auch für da« Berichtsjahr bestätig«. So fand der AuisichiSbeamie tür Tcier-Aachea in der Stabt Aachen, für deren umtangreiche Industrie ein beson derer Polizeibeamrer mil dieser Beauisichiigung betraut ist, nur „ganz ausnahmsweise" Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften. Auch in Berlin, wo, wie wir bereits früher gemeldet, eine überau« umsassende polizeiliche Aussicht neben der Tdäiigkeit der Aussicht», beamicn stallfinbet. sowie iu Hamburg, wo d«e Beobachtung der SZ 1-35—138 der Grwcrbcordnuug im BrrichiSjahre durch 1484 Revisionen conlrolirt wurde, ist die Zahl der Ueberiretungen sehr gering gewesen. Den Beamten traten in Ausübung ihrer Revisionttbätigkett besondere Schwierigkeiten, namentlich seilen» der Ardeiigeber, in der Regel in keiner Weise entgegen. Indessen machte sich doch nach dem Berichte noch hier und da der Versuch bemerkbar, bu ch unwahre Angaben oder auch durch plötzliche Lncsernung der jugend lichen Arbeiier aus den ArbeiiS'äumen, den revidirendrn Aussicht«, beamien zu täuschen. Solche Vorgänge sind in Mmden-Münlicr, Iu der Psalz, Lhemaitz, Meißen und Oldenburg coustatirt worden vermischtes. — Altenburg, 19. September. Ein schrecklicher Un« glück»fall trug sich am heutigen Morgen in der Garten- siraße zu. woselbst Maurer und Handlanger bei einem Neubau beschäftigt waren. Dabei bemerkten sie, daß ein mit Steinen beladener Wagen ihnen im Wege stehe, und ein Handlanger wollte ihn darum ein wenig von der Stelle rücken. Bl- er zu diesem Zwecke da» Schleifzeug ausdrehle, fuhr der Wagen die abschüssiae Straße hinunter. Da eilte ein kräftiger, etwa lVjäbriger Maurerlehrling zu Hilfe, wurde aber von der Deichsel >ur Seile geschleudert und zu Boden geworfen. Zum Unglück schlug der Wagen in diesem Augenblicke um, ging über den Unglücklichen hinweg und vergrub ihn unter den Herabsillende» Siemen. Schrecklich verstümmelt wurde der junge Mann ausgedoben. Der Kops war ziemlich vom Rumpse getrennt, mehrere Gliederbrüche und Fleischwunden waren zu sehen. ES durchzuckte de» Köiper noch mehrmals, dann war da» junge Leben ihm entflohen. --- Der zwecke Band der Memoiren de» Herzog» von Eoburg wird im Herbst im Verlag von Wilhelm Hertz in Berlin erscheinen. Derselbe umfaßte die Jahre 1851—60 und beruht aus umsaugrejcben Correspouvenzen der Könige Friedrich Wilhelm lV. und de» Kaiser» Wckhelm I. Leopold'» von Belgien, de» Prinzen Albert und vieler deulscher u»v englischer Staatsmänner und Politiker au» jener Zeit. Von dem größten Interesse dürsten daneben die Ausschlüsse über die Beziehungen und de» seit 1854 ununterbrochenen poli tischen Verk-or mit dem Kaiser Napoleon III. sein, worüber auch ein an-gedcbnter französischer Briefwechsel vorlag. — Mit der Aufschrift „Erinnerung an Kaiser Wilhelm'» Meer fahrt" ist dem Kaiser von dem Marinemaler Saltzmann, welcher den Monarchen aus seiner Reise nach St. Petersburg und Stockholm begleitete, am Montag eine aus v erzia Blättern bestehende Ätbum- mappe überreicht worden: Augenblicks-Aufnahmen solcher charakteristischer Vorfälle, interessanter Gruppen- und McercS- ditder, wie sie durch die Taschen-Camera des Künstler» oder den größeren photographischen Apparat eben in der Schnelligkeit estgehaltcn werden konnten. Unter diesen Bildern befinden sich eine ganze Anzahl, von deren Ausnahme der Kaiser über haupt bis jetzt gar keine Kenntniß hatte, zum Beispiel eines, welche» während eines starken SturmcS gemacht wurde und welche» de» Kaiser inmitten einer ziemlich bewegten Gruppe ^eigt, Prinz Heinrich ganz im Vordergründe, am Achlcrdcck- jäuSchen lehnend. Ein andere» Blatt zeigt den Kaiser im Begriffe, den Löffel zum Munde zu führen, mit welchem er au» einem von einem Matrosen ihm dargereichten Teller Suppe schöpft — Matrosenkost, die er zur Prüfung sich hatte darbietcn lassen. — Berlin, 19. September. Einen üblen AuSgana nahm eine Ballonfahrt, welche da» Mi litair-Lustsch,fser- Delachement vom hiesigen UebunqSplatz vor einigen Tagen unternahm. Der Ballon, in dessen Gondel sich der Lieutenant Briese vom 4. pommerschen Insanterie-Negiment Ne. 21 und ein junger österreichischer Osficier, Lieulenant Sckiedler, be fanden, wurde bis in die Gegend von Filekne getrieben, wo man zu landen beschloß. Bei dem Dorfe Dratzig im Czarni- kowcr Kreise erreichte dir Gondel den Erdboden, der Anker faßte jedoch nicht, die Gondel wurde ein Stück geschleift und hierbei erlitt Lieuienanl Schiedter einen Beinbruch und ver schiedene Eontusionen. Der Verletzte wurde nach Kreutz tranSportirt, wo er sich noch jetzt m ärztlicher Behandlung befindet. — Stuttgart, 19. September. Die Münchner ,All« emeinc Zeitung" widmet dem am 18. d. M. verstorbenen rei Herr» Earl von Colta den folgenden Nachruf: Line erschütternde Trauerbotschaft geht un- soeben von Stutt gart zu. Carl Freiherr Loita von Cottendorf, der Vorstand der I. G. Lotta'schen Buchhandlung in Stuttgart und als solcher Mlteigenthümer und oberster Leiter der „Allgemeinen Z-itong", ist den Folgen eine« Sch aganialleS, von dem er am 10 d. M. aus seinem Sommersitz Schloß Serach bei Eßlingen betroffen wurde, dort heule um 9 Uhr Morgen« erlegen. Noch vor wenigen Tage» hatten wir die Freude, den in de» letzten Jabreu etwa« kränkelnden vocvverebrten Mann hier in München, wohin er sich mit seiner Familie zum Besuche der Ausstellungen begehen hatte, begrüßen und eine erhebliche Besserung seines leidenden Zustande« wahrnchmen zu dürfen. Wer hätte ahnen können, daß bei Händedruck, mii welchem wir uns in der Hoffnung frohen Wiedersehen- bei seiner Rückreise von ihm trennten, der letzte sein, ach, einen Abschied fürs Leben bedeuien solliel Und nun ist das Bitterschmerzliche geschehen, daß der Mann, der un» mit einem ihm nie hoch genug onzurcch,lenden, aber, wir dürfen eS obne Ueberhebung sagen, von unS nie mißbrauchten oder getäuschten Vertrauen zu Hütern eines seiner kostbarsten Familienvermächtnisse. der „Allgemeinen Zeitung", berufen hatte, mck dem nur wählend einer langen Reihe von Jahren in ununterbrochenem, durch keinen Mißklaug gestörten geschäftlichen Verkehr standen, und der un« so ost »ui den ehrendsten Beweisen seine- sich stet« gleichbieibendea Wohlwollen« beglückie, un» durch eine» frühzeitigen Tod entrissen wurde. Io daß wir ihm nur noch an, Rande der Gradl» den Tribut unserer ausrichtigstea, nie verlöschenden Dankbarkeit und Lerekrung darzubringen vermögen. Doch wa» wollen unsere eigenen Empfindungen gegenüber dem un gleich schwereren Verluste sagen, der die nächsten Angehörigen de» iheuren Dahingeschiedenen in so ungeahnt plötzlicher Weise betroffen hall Wr würben de» heiligen Schmerze» der Wittwe und der heißen Thronen der Kinder und Geichwister z» spotten glauben, wollten wir in diesem Augenblicke nach einem Tcosiqrunde suchen, der sie über den jäben Zulamm-nbruch ihre- häu-lichen Glück«, über den unerietzlichen Verlust de« geliebten Gatten, Vaier« und Bruders hinwegzuiäuschen vermöchte: denn einem solchen Schckial-ichlage gegenüber giebt et nur vic stumme Ergebung in den unergründlichen Rall,schlich Desjenigen, der die Geschicke der Menschen lenkt! W«r sind degreisl cberweise heute Nicht m der Gcmüihsversossunq, einen Nekrolog zu schreiben, und müssen dies einem ruhigeren Augenblick vo« bedaiien, wo wir deu hervorragenden Geistes- und Thacakie» e genichalien des Verstorbenen, seiner li-be»-ivürdigen Veich.-idenüeii, seinem milden, veriödnlichen Sinn, seiner aus ev liier Bildung be ruhenden Humanitär, durch welche er sich namentlich in de» Herzen oller Angehörigen de« weitverzweigten Lotta'schen Geschäft« ein un vergängliches Denkmal geletzt, volle Gerechtigkeit widerfahren lassen werden. Für deute hoben wir nur den einra Gedanken, nur den einen Wunsch: Er ruhe in Friede»! ---- Madrid, 16. September. In Andalusien haben die letzten Gewitterregen schreckliche Verheerungen an- gericktel. In der Provinz Aimeria allein sind 49 Personen umS Leben gekommen, und »och läßt sich di« ganze Größe Vc» Unglücks nicht übersehen, da zahlreiche Ortschaften völlig von der Außenwelt durch Forlsckwemmen der Brücken und Zer störung der BerbintungSstraße» abgeschlossen sind. Neben Almeria hat die Provinz Granada am schwersten gelitten. Viele Häuser sind da eingesiürzt und die Felder mit Schutt uno Geröll bedeckt. Zur Linderung der Nolh hat die Re gierung 30 000 FicS. auraeworsen. Die spanische Privat« milvlhätigkeit beschränkt sich fast ausschließlich aus den Ban oder Wiederaufbau, von Kirchen, die Slislnng von Klöstern und sonstige „fromme" Zwecke; so hat Zsabella II. für die Ausbesserung der Kathedrale von Sevilla 25 000 Frcs. geschenkt, zum Bau der Kirche zu Ehren der wunverkhäkigen Jungfrau von Aimudena neben dem königlichen Palaste lnerselbst hat sie eine noch größere Summe gegeben; in kurzer Zeit waren gegen zehn Millionen zu diesem Zwecke von unserer bigotte» Aristokratie zusaminengebracht, und da ist wohl auch anzu« nehmrn, daß die von der Ueberschwemmung heimgesuchlcn Provinzen mit demselben Elfer unterstützt werden. Die von der Regierung bestimmten 30 000 FrcS. sind ein Tropfen auf drn heißen Stein, gerade so viel erhallen zwei der zwanzig B amten. die den Generalstab de» neugcschaffenen Tribunal del Contencioso bilden, ein Gerichtshof, der in Frag-», die daS Slaalsiiileresse direct betreffen, entscheiden soll. Vielfach ist man der Ansicht, daß dieser neue Gerichtshof die Ein« cassirung der Forderungen an den Staat nur erschweren wird und daß derselbe mit seinem Personal von 80 bi» 100 Angestellten als eine BersorgungSanstalt derjenigen Günstlinge unserer leitenden Persönlichkeiten gedacht rst, die durch Morel'S VerwaltungSresormen ihr Gehalt verlieren. Die sechs Millionen „Ersparnisse" finden aus diese Weis« nun doch noch Verwendung. — Trasoi, 19. September. Auf der Route Bormio« Sondrio-Colico u»d Bormio-Engadin sind durch ^ zerstörte Brücken die Straßen, beziehentlich die Eisenbahn noch wochenlang versperrt. D>e Großherzogin von Sachsen« Weimar» welche gestern das Stilsser Joch passirte, um nach Como zu reisen, wird jedenfalls wieder umkehren müssen. --- Konstantinopel, 12. September. (Ausführlichere Meldung.) Die Familie des deutschen Botschafter- Herrn v. Radowitz und mehrere Mitglieder der Botschaft befanden sich gestern in größter Lebensgefahr. Zu Ehren deS Geburtstages des Zaren fand am Abend deS Tages bei dem russischen Botschafter, Herrn v. Nelieow, in dessen in Bujukdere am obern Bosporus gelegenen Sommerresidenz eine große Abendsestlichkcit statt, zu der die ganze osficielle Welt und viele Mitglieder der „Gesellschaft" geladen waren. Der BoSporuS war an dem ungewöhnlich stürmischen und dunklen Abende von einer kleinen Flotte von „Mouche»", Dampsbarkasscn, belebt, welche die Botschafter, Gesandten und andere Sterbliche, denen eine derartige „Wasserdroschke" zu Verfügung steht, aus ihren Sommerhäusern in Therapia, vjeniköi, Stenia u. f. w. nach Bujukdere brachten. Herr und Frau v. Radowitz und deren beide Töchter, ihre Schwester Frau v. Peterson und Fräulein v.Pcterson, der erste Dragoman Herr Testa, der Botschaftösecretair Herr v. Mutzenbecher, die Attaches v. Eckardt und v. Zausen, der Botschaftsprediger Suhle und der Commandant deS hier liegenden deutschen KriegSfahr- zeugeS Herr v. Lyncker befanden sich an Bord der deutschen „Mouche" aus dein Wege nach Bujukdere. Infolge der starke«, Strömung auS dem Schwarzen Meere und deS an diesem Abend besonders starken Seegänge» war daS Anlegen de- kleinen Dampfer« an der vor der russischen Botschaft er richteten Landungsstelle ziemlich schwierig. Während die SchiffSleute bemüht waren, die Taue am Lande zu befestigen, war die „Mouche" wenige Sekunden so nahe an der LandungSbrücke. daß Herr v. Radowitz mit einem Sprunge dieselbe betreten konnte, Fräulein v. Peterson folgte ihm. Im nächsten Augenblicke indessen riß daS Tau und da» Fahrzeug wurde sehr schnell in den Strom getrieben. Während der Führer beschäftigt war, eS wieder an das User zu bringen, kam die englische „Moucke" mit den Mitgliedern der Botschaft an Bord heran und fuhr unmittelbar in die Seite der Collegin hinein, welche sofort zu sinken begann. Glücklicherweise waren etliche Barken in der Nähe, welche die Insassen der Barkasse aufnahmcn, die später gleichfalls in Sicherheit gebracht werden konnte. ES verlautet indessen, daß der ihr zugesttgte Schaden unheilbar sei. Die so großer Gefahr Entronnenen waren der Gegenstand wärmster Beglückwünschungen, denen sich am folgenden Tage auch der Sultan anschloß. Die Meinungen bezüglich der Schuldtragenden gehen, wie stet- in solchen Fällen, sehr auseinander. ---> Bei Cawnpore, wird auS Calcutta unterm 16. Sep tember lelegrapbikt, verbrannte sich die Wittwe eine» brahmaniscken Dorfbewohner». Nachdem der Leichenzug ihres Manne» sich schon entfernt batte, schlich die Frau unbemerkt aus de» noch glühenden Scheiterhaufen und fand ihren Tod in den Flammen. Kanrllnsn vrsits I-Lnßss sivss riüßsols rsnstsr — 2 klüssl wstorvsiss vo 128 cm 3.25 üäeter 3.75. 60 128 - 3.25 - ^ 4.50. 70 134 - 3.25 - 5.—. 75 128 - 3.25 - ^ 5.50. — 125 - 3.65 - 6.50. 80 130 - 365 - ^ 7.50. 95 ^ 140 - 3.65 - ^ 8.50. — 133 - 3.65 - 10.—. 1-20 145 - 3.65 - ^ 11.50. — Stück öessers l)u»Iit»tsn 6»» li'onstcr bis 30 ^ HIN-in «8188 und epvme, Bieter 32 40, 5b, 60, 65, 70 unä 80 in ne>88 unä eremo, ÜL» von 30 ^ bi» 1.30. S«i»srr«ss - : Eloiixi'«»» - 8toSv in «ei88 unä ei'sms, 110—125 cm breit, Bieter von 35 bi» 125 L Oons»»«»» - kttoirv in «6>88 unä 0LSMS, 110—130 cm breit, Bieter von 65 bis 175 110 cm breit, Bieter von ^ 1 bis ^ 2.50, Vlli-nxvi, in wei88 unä onsme, 70 cm breit, Bieter von 45 bi» 70 70 em breit, Bieter 65 unä 70 Ooogi'v»»-in V8i88 unä ei'vmv, Lleter von 18 bis 50 unil ln we>88 unä otvms, Lleter von 60 bis ^ 2.20. . polivk.
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