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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188809228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880922
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-09
- Tag1888-09-22
- Monat1888-09
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1888
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S740 berg würden nicht auSgeliesert, weil eS sich um einen poli tischen Proceß handele. * Wie ouS London geschrieben wird, verfolgt man in englischen Kreisen die von General PrschewalSky in Begleitung mehrerer Osficiere und einer Anzahl Kosaken angetrelene Forschungsreise nack Thibet mit wachsen der Aufmerksamkeit, da man die Ueberzeugung hegt, eS sei mehr als Zufall, daß diese Expedition im Augenblicke eines zwischen England und Thibet bestehenden Krieges unternommen wird. Durch diesen Krieg seien in Thibet, da die Rivalität zwischen England und Rußland zu den feste» Glaubenssätzen aller asiatischen Höfe gehört und eher in übertriebener Weise ausgefaßt wird, gewisse Sympathie» für Rußland entstanden. Zn der Ausnutzung solcher Stimmungen habe sich die asia tische Politik Rußlands stets äußerst geschickt und der englischen Politik überlegm erwiesen und augenscheinlich verfolge auch die oberwähnte Reise einen ähnlichen Zweck, wenn sie nicht geradezu aus eine Ermunterung und Unterstützung de- Wider standes der Thibetaner abgezielt sei. * Der mit den vatikanischen Kreisen in Fühlung stehende Correspondent der „Politischen Correspondenz" schreibt auS Rom, 17. September: ES ist begreiflich, daß die bevorstehende Ankunft des deutschen Kaiser» in Rom fast ausschließlich daS Interesse beherrscht und zu den manuigsachsten Erörterungen Anlaß bietet. Selbstverständlich rechnet man hierbei mit feststehende» Tbatjachen. denn die Einzel heiten des Besuche- Kaiser Wilhelm ll. im Batican und das Ceremoniell hierzu sind schon längst vereinbart und die Verhand- lnngen hierüber in Allem und Jedem geschlossen. ES wird ver- sichert, der Batican habe eS durchgesctzt, daß durch die iür den Empsaug des Kaiser» im Batican vereinbarten Modalitäten die Hierherkuost Wilhelm II. den Charakter eines gleichzeitigen Besuches an zwei Souvrraine erhalte. Neben dieser endgiltig gelösten formalen Frage verbleiben die anderen Fragen im statu» guo. ES konnte übrigens nicht fehlen, daß der Kaiserbcsuch in Rom, wenn ec einerseits den Wünschen Italiens entspricht, anch in der c »en oder der anderen Weise dem heiligen Stuhle zu Nutz und Frommen gereiche. Früher, als man es erwarten durste, ist diese Rückwirkung eingelreten. Sie äußert sich durch die i» einem großen Theile der katholischen Welt sich geltend machende Stellungnahme zur römischen Frage, welche — anstatt begraben zu werden — erst recht in Fluß gerathen ist. Nach der Freiburger Katholiken-Be» siminlung hört man bereit- von einer ähnlichen Kundgebung in Belgien und es ist nicht zu zweifeln, daß auch die Katholiken Frank- reich-, Spanien- und anderer Länder nicht hinter ihren GlaubeuS- genojsen zurückbleiben werden. Speciell die Rede, welche Herr vr. Windhorst ans dem Frei burger Katholikentage hielt, bildet noch immer den Gegenstand leb hafter Erörterungen. Während jene zahlreichen kreise, die sür eine den Umständen Rechnung tragende Politik des BatiranS ein- trcten, über diese von einer so einflußreichen und in ihrer katho lischen Gesinnung über jeden Zweifel erhabenen Persönlichkeit auS- qebeude Kundgebung offene Befriedigung äußern, hat sie in intran sigenten Kreisen ;einen ärgerlichen Eindruck gemacht. Bekanntlich hatte Or. Windihorst sich dagegen verwahrt, daß daS deutsche Centrum die Friedensvolitik der Tripel-Aklianz compromittire. Der Grundgedanke de- hieraus bezüglichen PasiuS seiner Rede war der: die deutschen Katholiken sind über das Bündniß mit Oesterreich- Ungarn hocherfreut und hegen die Hoffnung, daß was immer in der Welt Vorfällen möge, diese beiden Mächte vereint austreten werden. Im Interesse der Fricdeu-erhaltung nun, welcher da- deutsch-öfter- reichische Bündniß dien», begrüße er freudig auch den Anschluß Italiens an dasselbe. Das verhindere ihn aber nicht, die Noth- Wendigkeit der territorialen Souveränetät des Papstes zu betonen, denn diese würde nur der Allianz zu statten kommen. Es wäre von großem Werthe, die Katholiken Deutschlands und Oesterreich-UngarnS zusntdeazuftelleu, und wenn solches geschehen, würde der Anschluß dieser beiden Mächte an Italien ein innigerer werden. Eardinal Schiassino, welcher von seiner belgischen Reise nach Rom znrückgekehrt ist, wurde vom Papste zum aggregirten Mitglied- deS Lardinal-LollegiumS der heiligen Congregatiou der Propaganda ernannt. * Wie au» St. Petersburg geschrieben wird, ist seitens de» diplomatischen Corps daselbst Alles für das auf den 25. Oktober fallende Dienstjubiläum deS Herrn v. GierS vorbereitet. Das dem Jubilar zu überreichende Geschenk ist fertig und zeichnet sich durch Rcichthum. Geschmack und Eleganz auS. ES wird über dasselbe strenges Geheimniß gewahrt, da eS aus eine Ucberraschung de- Herrn Ministers abgesehen ist. ES wird bestimmt versichert, daß Se. Excellenz an diesem Ehrentage vom Zaren durch ein schmeichelhaftes Handschreiben und einen sehr hohen Orden ausgezeichnet werden wird. * Der „Politischen Correspondenz" wird auS St. Peters burg, 17. September, geschrieben: Die Denkschrift, welche seitens der aus dem großen Jahrmarkt in Nischnij-Nowgorod versammelt gewesene» russischen Kauf mannschaft der kaiserlichen Regierung unterbreitet wurde und in sämmilichen russischen Zeitungen zum Abdrucke gelaugte, wird ihrer Tendenz wegen in politischen und commerciellen Kreisen lebhaft be sprochen. Die Spitze derselben ist vor Allem gegen Deutsch land, dann aber auch gegen England und eigentlich gegen das ganze Ausland gerichtet. Die Denkschrift verwahrt sich zunächst gegen eventuelle weitere Zugeständnisse an Deutschland aus handels politischem Gebiete, bedauert die senens der Regierung dem Aus lände sür die Dauer van fünf Jahren gewährte zollfreie Einfuhr von Maaren nach den Mündungsgebieten der sibirischen Flüsse Ob und Jenissei und entpuppt sich im großen Ganzen als eine protec- tionistische Kundgebung reinsten Wassers. Was nun die Wirkung dieses Schritte- anbclangt, so ist kaum anzunehmen, daß die Negierung diesen Wünschen entsprechen werde, jedenfalls nicht in dem Umfange, wie von den Interessenten verlangt und erwartet wird. Was die russische Kauimannschast rundweg aus spricht, ist ja nichts Neues, denn solche Bestrebungen sind schon lange aus der Tagesordnung und ihre Durchführung bildet einen Punct des bekannten Lieblingsprogrammes der „echten rnisischcn Patrioten", die am liebsten mit dem Auslände überhaupt nichts zu schassen hätten und die cs als em wahres Glück sür Rußland de- trachten würden, wenn es ihnen gelänge, ihr Vaterland dein Auslände ganz zu verschließen. Indessen sind diese „Patrioten" von krank- bastem Idealismus weit entfernt. Nach ihrem Wunsche sollte Ruß land seine Producte wohl ausiübren können, dagegen sollte es dem Auslande verwehrt sein, in Rußland ein Absatzgebiet zu suchen. Diese braven Leute sind von ihrem patriotischen Eifer dermaßen geblendet, daß sie die praktische Undurchsührbarkeit emes derartigen wirthschastliche» Pcogrammes nicht einseh n können oder wollen. Es verdient bemerkt zu werden, daß diejenigen russischen l ansleute und Großindustriellen, welche die in Frage stehcude Denkschrift an- aeregt haben, dieselben sind, welche seinerzeit von Moskau und Wladimir aus die bedeutende Erhöhung der Zollsätze sür au- F:n- land nach Rußland kommende P.oducte durchzusetzen vermochten, weil sie die Loncurreiiz deS GroßsürstenthumS zu fürchten ansingcn. D esekben Kreise haben auch, glücklicher Weise bisher erfolglos, danach gestrebt, die Aussnhr der große» Fabrikc.ntren in Waricbau, Lodz u. A. nach dem Inneren Rußlands durch Errichtung ciner inneren Zollgrenze unmöglich zu machen. Jedenfalls hat ihr be schränkter Egoismus biS zu einem gewissen Grade die volnische Industrie lahm zu lege» vermocht, indem sie es durchgesctzt haben, daß der Zoll aus verschiedene aus dein Auslande kommende und sür die polnische Industrie nothweudige Rohprodukte bedeutend er höht wurde. Wie schon oben augedeutet, ist es nichts lveniger als wahrschein lich. daß diese letzlc ultra - protektionistische Kundgebung weitere grcisbare Folgen nach sich ziehen werde, sie bleibt jedoch immer eia interessantes Sympiom der in einflußreichen kaufmännischen und industriellen Kreise» Rußlands herrschenden Strömungen und zeigt auch, wessen man gewärtig sei» müßte, wenn es diesen Interessenten jemals gelänge, die V.rwirklichung ihrer Absichten in vollstem Um sange durchzusctzen. * Nach einer Meldung auS Sofia will man daselbst im Besitze verschiedener Anzeichen sein, daß sich daS Verhäitniß der rumänischen Vertretung in Sosia zum Prinzen Ferdinand v. Coburg und zur bulgariscben Regierung binnen Kurzem in einer ähnlich herzlichen Weise gestalten werde, wie dies zur großen Befriedigung der bulgarische» Kreise gegenwärtig i» Rücksicht der serbischen Vertretung in Sofia der Fall ist. Aus Kaiser Friedrichs 111. Tagebuch 187Ü-71. * Di« in Berlin bei Gebrüder Partei erscheinend« »wd »vn Julius Rvdenberg heraulgegrben« „Deutsch« Rundschau" veröffentlicht Bruchstücke au» einem Tagebuche, welche« Kaiser Friedrich lll. während de» Feldzuges von 1870 einem Vertrauensmann«; mitgettzeilt hat, der sich indessen auS Gründen der Discretion auf die in der vor stehend genannten Revue veröffentlichten Auszüge beschränkt. Wir geöen daran- nach der „Leipziger Zeitung" Folgende- wieder: 30. October. ThierS kommt und begegnet der stattlichen Garde- Landwehr, vermeidet politisches Geipräch. ehe er in Pari- gewesen; Eonfusion der baherischen Unterhandlungen, die Jastruciionen kommen aus dem day.-riichc» Hochgebirge. In Berlin verlangen die Laie» im warmen Zimmer Beschießung von Paris. Dalwigk entwickelte mir zu nieinci» Erstaunen sein Programm der deutschen Frage. Prinz Otto von Bayern, der behui- Mittheilung wichtiger Aufträge plötzlich nach München berusen ist, beiuchte mich zum Ab- schied; bleich, elend, wie im Fieber schauernd, saß er vor mir, wäh rend ich ihm die Nothwendigkeit ver Einheit von Mtlilair, Diplo matie und des Oberhauses darlege. Ob er diese Dinge begreift, konnte ich nicht von ihm herausbekommen, nicht einmal ob er wirklich zuhürte. 1. November. Dalwigk hat heute eine Besprechung mit säiniutlichen deutschen Ministern und Friesen gehabt, um Bayern sür den Gedanken eine- deutschen Reiches mit verantwortlichem Ministerium und Staaten- und Oberhaus zu gewinnen, doch ist es zu keinem Ergebuiß gekommen, weil Bray besonder- geltend gemacht, daß die angeregten Frage» schon mit Delbrück in München discntirt, jedoch am Widerspruch PkrußenS gescheitert seien! Bismarck aber beriet sich aus die süddeutschen Wünsche dagegen. Der König sagte Roggenbach gestern Abend, daß er die norddeutsche Verfassung ol der Revision und Beränderuag bedürftig aasehe, und bat sich über- Haupt günstig über die ReictzSsrage geäußert. Da Bi»marck nicht von hier kann, hat man den Bedanken, den deutschen Reichstag hierher zu berusen, die Macht de» Eindruckes würde wirken, und wenn dazu nun gar noch der von mir gewünschte Fürsten-Eongreß mit jenen Sitzungen zusammenfiele, so würde der deuischea Sache mit einem Schlage geholfen sein. 11. November. Der Broßherzog von Baden hat von Bismarck den Eindruck, daß er es mit der Kaisersrage ernst meint; der Großherzog hat einen ganz wundervollen Brief an den König von Bayern geschrieben, der aber unbeantwortet geblieben ist. Württem berg macht untergeordnete Reservationen bei der Militairconvention, da- Recht zur Besörderuag in seiner Division benachiheiligt seine eigenen Ossiciere. 14. November. Gespräch mit BiSmarck über die deutsche Frage, er will zum Abschluß kommen, entwickelt aber achselzuckcnd die Schwierigkeiten; wo» man denn gegen die Süddeutsche» thun solle? ob ich wünsche, daß man ihnen drohe? Ich erwidere: „Ja wohl, es ist gar keine Gefahr, treten wir fest und gebietend aus, so werden Sie sehen, daß ich Recht hatte zu behaupten, Sie seien sich Ihrer Macht noch gar nicht genügend bewußt." Bismarck w es die Drohung weit ab und sagte, bei eventuellen äußersten Maßregeln dürfe man am wenigsten damit drohen, weil daS jene Staaten in Oesterreich» Arme treibe. So habe er bei Uebernahme seine» Amtes den festen Vorsatz gehabt, Preußen zum- Krieg mit Oesterreich zu bringen, aber sich wohl gehütet, damals oder über- Haupt zu früh mit Sr. Majestät davon zu sprechen, bis er den Zeitpunkt sür geeignet angesehen. So müsse man auch gegenwärtig der Zeit oaheimstellea, die deutsche Frage sich entwickeln zu sehen. Ich erwiderte, solche- Zaudern könne ich. der ich die Zukunft repräsentire, nicht gleichgittig ansehea; eS sei nicht nöthig, Gewalt zu brauchen, man könne eS ruhig daraus ankommen lassen, ob Bayern und Württemberg wagen würden, sich Oesterreich anzu- säilikßen. Es sei nichis leichter, als von der hier versammelten Mehrzahl der deutschen Fürsten nicht bloS den Kaiser proclamiren, sondern auch eine den berechtigten Forderungen de- deutschen Volkes entsprechende Verfassung mit Ober^mpt genehmigen »u lassen, das würde eine Pression sein, der die Könige nicht widerstehen könnten. BiSmarck bemerkte, mit dieser Anschauung stehe ich ganz allein; um daS gewollte Ziel zu erreichen, wäre eS richtiger, die Anregung an dern Schoße des Reichstags kommen zu lassen. Aus meinen Hin weis aus die Gesinnungen von Baden, Oldenburg, Weimar, Coburg deckte er sich durch den Willen Sr. Majestät. Ich erwiderte, ich wisse sehr wohl, daß sein Nichlwollen allein genüge, um eine solche Sache auch bei Sr. Majestät unmöglich zu machen. BiSmarck ent- gegnete, ich mache ihm Vorwürse, während er ganz andere Per sonen wisse, die jene verdienten. Hierbei sei die große Selbstständig, keit deS Königs in politischen Fragen zu berücksichtigen, der jede wichtige Tcvesche selbst durchsehe, ja corrigire. Er bedauere, daß die Frage des KaiierS und Oberhauses überhaupt lnScutirt set, da man Bayern und Württemberg dadurch vor den Kopf gestoßen. Ich bemerkte, Dalwigk habe sie ja angeregt. BiSmarck meinte, mcme Aeußerungen müßten nachtheilig wirken, er sä.ide überhaupt, der Kronprinz dürfe dergleichen Ansichten nicht äußern. Ich ver wahrte mich sofort ans das Bestimmteste dagegen, daß mir in solcher Weise der Mund verboten werde, zumal bei solcher Zu- kunstSsragc, ich sähe eS als Pflicht au, bei Niemandem Zweifel gerade über meine Ansicht zu lassen, überdies stehe es nur bei Sr. Majestät, mir über die Dinge, welche ich besprechen dürfe oder nicht, Weisungen zu geben, wenn man überhaupt annehme, daß ich noch nicht alt genug sei, um selber ein Urtheil zu haben. Bismarck sagte, wenn der Kronprinz befehle, so werde er »ach diesen Ansichten handeln. Ich protcstirte dagegen, weil ich ihm gar keine Befehle zu ertheilen habe, woraus er erklärte, er werde seinerseits sehr gern jeder anderen Persönlichkeit Platz machen, die ich zur Leitung der Geschäfte sür geeigneter als ihn halte, bis dahin aber müsse er seine Principien nach seinem besten Wissen und nach der beiwohncndcu Keniitniß aller einschlagenden Verhältnisse sesthalten. Wir kamen dann ans De«ailsragen, schließlich bemerkte ich, daß ich vielleicht leb- hast geworden, aber man könne mir beim Versäumen eines welt geschichtlichen Moments nicht Gleichgiltigkeit zumuthen. 17. November. Delbrück reist zur Reichstagseröffnung nach Berlin» er ist nicht entmuthigt und glaubt, daß unsere Taktik, die Bayern seit 14 Tagen zu ignorire», ihre guten Früchte trage, da sie um Wiederaufnahme der Verhandlungen gebeten. 18. November. Noggenbach meint, die Angelegenheiten ständen günstiger, als cs den Anschein habe. Ich freue mich über den Artikel der „Times" über meinen Tankbriesan Lindsay; möge es mir gelingen, nach den Grundsätzen meine- unvergeßlichen Schwieger vaters eine Kette zwischen beiden so ganz aus einander angewiesenen Ländern zu schmieden. 23. November. Augenblick spannender Combinatioaen. Molike trägt die Sachlage stets m;t der grüßten Klarheit, ja Nüchternheit vor. hat immer Alles bedacht, berechnet und trifft stets den Nagel aus den Kops, aber Roon's Achselzucken und Spucken und Pod- bielski's olympische Sicherheit influiren oft aus den König. Gespräch mit Pranckh, der Einsicht und Kenntniß genug besitzt, um den Seinen hetsen zu können, aber sür den Augenblick nicht mehr als Eintritt in den Bund erreichen kann. Ec legt großes Gewicht auf diesen Erfolg, bittet aber um so mehr, daS Ucbrige der Zeit anheim zu stellen. 24. November. Gestern Abend mit Bayern unterzeichnet. 25. November. Bismarck verlangt dringend Beschießung, Blume», thal cniwickelt in einem Pcomemoria a» Molike die Sinnlosigkeit eines Bombardements, das nur die Forts treffen könne, die mit Parallelen und Stnrin genommen werden müßten, wir müßte» u»S dort unter drin wirksamen Feuer des Feindes einlogiren, von da zum Angriff der stark befestigten Enccinte und endlich der Stadt übergehen. Bismarck bat wissen lassen, daß, wenn von Seiten der Fürsten daS Anerbieten der Kaiserwürde nicht bald erfolgen würde, mau den Reichstag nicht länger als bi« höchsten» Mitte nächster Woche hindern könne, den Antrag zu stellen. 28. November. Man ist in Berlin ganz toll aus die Be schießung, Fra» v. B. bezeichnet mich ol» Schuldigen, ganz recht, iw will vor Allem nicht ansangen, bis alle Munition da; mit bloßem Schießen hätten wir längst ansangen können, hätten aber wegen Munition-Mangel» bald aushören müssen. Die Schlachten- bummler raisonniren, die das Kriegsleben ohne Berautivorlung und Sachkenutniß milmachen. unsere Batterien können nur so angelegt werden, daß die Arbeiterviertel unberührt bleiben, die entscheiden; ich biete Jedem, der mir davon redet, da» Lommando an. Holn- stein ist plötzlich abgereist! Schneider schadet sehr durch leine takt losen Korrespondenzen, er liest dem König täglich beim Kaffee vor und erhält von ihm fast alle Telegramme, die meist durch ihn an den Bundeskanzler gehen, zu dessen gerechter Berzwcislung. BiSmarck fordert olle im Felde befindlichen Reichstagsmitglieder aus, nach Berlin zur Abstimmung zu gehen. 30. November. Ein Louccpt vi-marck'r sür den Brief de- König» wegen der Kaiserwürde au Se. Majestät ist nach München gegangen; der Großherzog sagt mir. mau Hab« dort nicht die richtige Fassung zu finden vermocht und sich dieselbe von hier er- beten, der König von Bauern hat den Brief wahrhastig abg-schricbe» imd Holnstein bringt ihn! 3. December. Holnstein ist angekommen, Prinz Luitpold muß da» Schreiben aus besonderen Beseht dem König überreichen. Nach Tiiche Bortrag BiSmarck'-, der den Brief vorliest, welchen der König so zur Unzeit wie möglich findet, woraus Bitmarck bemerkt, die kaisersrage Hab« nicht« mit de» augeablicklich«, Kämpfe» z» thun. Ll» wir da« Zimmer verließen, reichte» BiSmarck »nd ich »ns di« Hand; mit de« hentige» Tage find Kaiser »nd Reich »n- widerriiflich hergestellt, jetzt ist da» S5 jährige Interregnum, die kaiserloie, die schrecklich« Zeit vorbei, schon dieser stolze Titel ist eine Bürgschaft, wir verdanken die» wesentlich dem Großherzog von Baden, der unausgesetzt Ihätig gewesen. Roggenbach wird von Bi-matck nach Berlin gesandt, ich schreibe einen Lesebrief an Simson. 6. December. Der König ist sehr betroffen, daß Delbrück dem Reichstag den Bries de- Königs von Bayern vorgelesen. Stillfricd schickt ionderbare Entwürie zu ReichSwapven, da- preußische mit der österreichiichen Hau-kröne, die deutsche Künigskrone will er nicht, l»e ich gerade als Attribut der deutichen Kaiierwürde verlange. 7. December. Der Großherzog von Weimar tagt mir. er, als Schwager de- Königs, dabe seinem Gesandten besohlen, im BundeS- raih den Antrag zu stellen, daß Kaiser und Reich in die Verfassung ausgenommen würden, BiSmarck habe die- gewünscht. 0. December. Ich rriabre Delbrück'- Vorbringen der kaiser srage. das über alle- Maß schwach, niatt uno trocken; eS war kläglich, als ob er die Kaiserkrone in alte- ZeitungSpapier gewickelt auS der Hosentasche gezogen, e- ist unmöglich, in diese Leute Schwung zu bringen. Man fragt, ob dieser Bund daS Resultat aller Opfer sein solle, eia Werk, da- nur den Männern passe, sür welche und von denen eS gemacht. Ich bin mir wohl bewußt, welche unendliche Mühen und Beschwerden mir dereinst die heutigen Unterlassungssünden bringen werden. Ich habe indeß dem Lom- niandanten v. VoigtS-Rhrtz besohlen, in der Stille die Solls äs» »ftaees sreizuhalten. Der Großherzog von Baden sagt, der heute scheinbar leere Kaisertitcl werde bald genug zur vollen Bedeutung gelangen. 10 December. Der König ist erregt über Delbrück'- Bcrsahren, der König vo» Sachsen habe seine Ueberraschung aussprechen lassen; er sürchlct die ReichstagS-Deputation, weil e» oussche, als ob die Kaisersache vom Reichstage ausgehe, und will sie nicht empfangen, bis er die Zustimmung sämmtlicher Staaten durch de» König von Bayern hat. 12. December. Am 16. soll die Deputation rintreffea. e» ist an den König von Bayern telcgraphirt, er möge di« längst in seinen Händen befindlichen Schreiben versenden. 14. December. Todestag Prinz Albert'S, ich gedenke, daß er mir stets sagte, wir müßten den Gedanken ausgcben, ohne Beihilfe Deutschlands eine entscheidende Rolle zu spielen. 16. December. Der König will nicht- vom Empfang der Ab geordneten hören, dock lebt er sich mehr in die Sache ein; schlimm ist. daß gerade jetzt BiSmarck fußleidend ist. der Großherzog von Baden wirkt wie ein guter Genius. 17. Dccember. Ich höre vom Hofmarschall deS Prinzen Karl, daß morgen bei Sr. Majestät Diner sür die ReichStagsabgeordnetea. Bismarck sagt, der König wolle sie vorher empfangen, lange Unter haltung mit Simson. der correct und logisch. Graf Pcrponcher sagt zu Adalbert: „Wir werden doch die- Kaiserthum nicht sür ge- wöhnlich, sondern nur bei großen Hossesten oder Feierlichkeiten an- Icgen", woraus Adalbert erwidert: „Wenn der König Sic in den Fürstenstand erhöbe, würden Sie dann auch nur bei AuSnabme- gelegenheiien jenen Titel führen?" Boyeu fragt, was unser König thun werde, wenn ihm der preußische Landtag die Annahme der Kaiserkrone weigere? Du gleichst dem Geist, den du begreifst. Sonntag, den 18. December. Tief bewegt vom Empsana. würdig und gut. Die Predigt von Rogge ließ mich merken, daß dem Enipsange doch Gewicht beigelegt werde. Fürsten und Generäle baten mich, dabri sein zu dürfen, was ich sofort nach der Kirche dem Könige sagte, der ganz erstaunt darüber schließlich sagte, daß wenn wirklich Jemand von den Genannten dabei zu sein Lust habe, ec nichts dawider haben würde. So erschiene» Alle, wiewohl der König seine Ueberraschung darüber äußerte, nur Luitpold fehlte, im letzten Augenblick wurden noch die königliche» Adjutanten bestellt. Se. Majestät nahm im Hauptsalo» de- Mittelgebäudes Platz, die Punzen des Hauses zur Rechten, die regierenden Fürsten zur Ln-ken. Simson'S Meisterrede entlockte mir Helle Thränen, es ist eigentlich kein Auge dabei trocken geblieben, dann Verlesung der Adresse. Die Antwort deS König« erfolgte mit einigem Stocken, da er nicht mehr leicht ohne Brille liest, aber auch vor Rührung mußte er einige Male innehalten. Daun erfolgte die Vorstellung der Abgeordneten, während der ganzen Feier schoß der Mont Valeris», draußen stand AlleS in Hellen Hausen. Der König war nachher heiter, schien erleichtert und befriedigt. Die lünstigc Stellung der königl. Familie ist noch zweifelhaft, kaiserl. Hoheit widerstrebt mir gründlich. 28. December. Bries deS Königs der Belgier, voll Sympathie sür Kaiser und Reich und voll großer Erwartungen von denselben; er sieht darin Wiederherstellung der Ordnung und de- RechtS- bewußiseins in Europa und nennt die denselben zu stellenden Aufgaben „wahrhaft herrliche". Er sei eifrig bestrebt, leine Pflichten als Neutraler vertragsmäßig zu erfüllen, aber die Vorthcile einer solchen Stellung seien nicht ohne empfindliche Lasten und Schwierig, keiten. Ec wirst den fremden Literalen vor, die belgische Preß, sreiheit gegen uns zu mißbrauchen; Frankreich häuft Beschwerden gegen Belgien, weil dieses deutsche Verwundete und Lebensmittel dnrchlasse, während den flüchtigen Franzose» die Rückkehr nach Frank reich verwehrt werde und sie internirt werde». 28. December. Der König erliält ein BelobigungStelegramm auS der Köpenickei straße, weil wir die Beschießung endlich begonnen haben. Ich entwerfe mit dem Großherzog vo» Bade» einc Proclamatio» sür Kaiser und Reich. Ersterer ist Nachfolger der deutichen Kaiser, aber ein durchaus neuer, wie 1848 das alte preußische Königthum unier- aiug, um als vcrsasjungsmäßigeS ouszuerstehen, während Titel und Formen blichen. Heule vor einem Jahre theilte mir Napoleon mit, daß Ollivier Premier geworden. BiSmarck äußert sich sehr an- erkennend über Leopold'- Bries und bittet, in meiner Antwort aus die Burgschasl zu verweisen, welche Belgien durch rin starkes Deutich- land gewinne, von dem eS nie etwa« zu fürchten habe, und so lange diejcs stark, auch nicht van Frankreich. 31. Deccmder. Der König erklärt, zu morgen keine öffentliche Kundgebung zu wollen, weil Bayer» noch nichtizugestimmi. Delbrück dagegen meldet, heute Abend werde in Berlin die gedruckte Reichs- versassung erscheinen, die mit dem morgenden Tage, als solche Kaiser und Reich verkündend, in Krast trete. Bismarck, den ich im Bett finde und dessen Zimmer einer wahren Rumpcikanimer gleicht, erklär», ohne Bayerns Zutritt keine Jnaugurirung vornehmen zu können. Ich bat ih» dann, doch den historischen 18. Januar ins Auge zu sassen, waS ihm zuzusagen schien. ES ist uns unmöglich, aus Elsoß-Lothringeu zu verzichten, wenngleich der Gewinn des letzteren precär ist. (Schluß folgt.) Militairijches. * Soeben veröffentlicht der Ober-Präsident der Provinz Brandenburg nachstehende», an ihn gerichteten Aller höchsten Erlaß: Die Provinz Brandenburg ist durch die diesjährigen großen Herbsliibungcn de- Garde- und dcü III. Armce-CorpS, besonders in einzelnen Theilen durch die enge Zusammcn- ziehung der Truppen, in hohem Grade in Anspruch genommen worden. AuS den Meldungen der beiden Armee-CorpS ersehe Ich, daß trotzdem seitens der Kreis- und Orts-Ber- wattunge». wie seiten« der einzelnen Bewohner den An forderungen mit großer Bereitwilligkeit entsprochen wurde. Sämintlicbc Truppen sind, wie Ich dwS von Meinen Märkern nicht anders erwartet habe, gut und freundlich ausgenommen worden. Es gereicht Mir zur ausrichtigen Freude, hierfür, wie sür den Mir persönlich in Müncheberg bereiteten herz lichen Empfang Meine warme und dankende Anerkennung auszusprechen, und beauftrage Ich Sie, dies zur Kenntniß der ganzen Provinz, insbesondere aller näher Betheiligten zu bringen. Müncheberg, den 19. September 1888. Wilhelm k. An den Ober-Präsidenten der Provinz Brandenburg. * Es wird der „Kreuzzeitung" bestätigt, daß die seit einiger Zeit in der Presse auftauchenden Gerüchte: die Feld- Artillerie werde den Armee-Corps unterstellt und sowohl die Generalinspection der Feld-Artillerie als auch die J nspectionen der Feld-Artillerie eingehen, auf Wahrheit beruhen. * Zur Entstehungsgeschichte de» neuen Reglements sür die Infanterie schreibt man der „National-Zeitung" von militairischer Seite: 8» den wichtigsten Erlassen kaise r Friedrich'- zählt derjenige vom 26. März d. I., ä. ä. Lharloltenbnrg, über die Einsüvriing eine« neuen Exercil-Reglement« für die Infanterie. Ja demselben beißt e» unter Anderem: „Da- von Sr. Majestät dem kasser und König Wilhelm gegebene und wiederholt zeitgemäß geänderte Exercir-Reglcmcut der Insanterir ... wird bei den Ansprüchen, welch« die fortgeschrittene Technik der Feurnoassea jetzt an den Soldat», stell», einer Ber- eiasnchna, bedürfen, um Zeit »nd Ramn ,»schaffe, für ein» einheit- sichere »nd strengere Erzieh«, i» der Fnrer- «d «rkrcht»di«tiptt». g, diese« »i,« will Ich ,l» fttr ktlnftt, »m» MgsaS d^snder« geeignet vor Anderem die dreigltrdertg« Lnsstrllnng bezeichnen, welche im Kriege nicht gebraucht wird und im Frieden zu entbrhren ist. Jedoch will Ich die hiernach erforderlichen Aenderiinqen so gestellt wissen, daß zum Dienst zur Fahne rinbrruseae Mannschaften de« Beurlaubteustandes sich ohne besondere Einübung in der Schul« de» Reglement» zurecht finden." . . . Da eS sich hier bereits um eia historische» Aktenstück handelt, so darf daraus hingewiesea werden, daß Kaiser Friedrich längst die Nothwendigkeit eines neuen Reglement» — nicht eine» veränderten Comproiiiiß-Reglenient-. wie deren verschiedene Vorlagen — erkannt hatte, und daß diese Aiischauung ber Dinge entschieden von Zweien geiheilt wurde, welche Kaiser Friedrich ganz besonder« oahe standen, nämlich von dem Kaiser Wilhelm ll. und dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen. Beide waren, wie verlautet, bei der Abjassung obiger A. L.-O. bereit« zu Rathe gezogen wordcn und batten ihr Eiuverständniß mit derselben auSgedrückt, bevor sie veröffentlicht wurde. Es möchte nicht unzeitgemäß seiu, da< beute zu betonen, nachdem da» Werk fertig vorliegt, und nachdem man die einzelnen Phasen ziemlich genau übersehen kann, die r» bi» zu seiner Voll endung zurückgelegt hat. Eine Zeit lang schien eS, «l» ob e» nicht ermöglicht werden sollte, da- neue Reglement bis zum 1. October diesrS Jahre- sertig zu stelle«. Deun aus Grund obiger A. T-O. erging au die GcueralcommaudoS eia Erlaß, wonach dieselbea über die etwaigen Veränderungen Bericht zu erstatten hatte». Bis diese Berichte eia- gcgangea, geordnet und gesichtet waren, verliefen etwa 2 Monate — eine recht lange Zeit — so daß erst am l. Juni die Eiabeursnag der Reglements-Commission erfolgte, in welcher der damalige Kron prinz Wilhelm als »ichistlmmberechtigtcS Mitglied, brr Erbprinz von Sachsen-Meiningen als stimmberechtigte- saß. Ließ die Zusammen setzung der Lommiision schon an sich im Hinblick auf die „Direktiven" Kaiser Friedrich's da- Beste erhoffe», so hat doch daS, nunmehr vorliegende Reglement in vielsacher Beziehung die kühnste» Hoffnungen der Reformer übertroffen. Die Lommiision entledigte sich ihre« Aufträge» in etwa sechs Wochen, was eine ganz außerordeniliche Arbeitsleistung bedeutet. DaS Ergebuiß ihrer Arbeiten war rin „Entwurf", welcher in einigen Stücken gedruckt wurde, und nach welchem 3Bataillone der Infanterie: da» Füsilier-Bataillon Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiment» Nr. 2 in Berlin, da» Lehr-Jiisanterie-Bataillon in Potsdam und das Füsilier-Bataillon 6. Infanterie-Regiment» in Posen zunächst auSzubildca waren. DaS letzte Bataillon wurde gewählt, weil eS in der Garnison steht, iu weicher sich das General-Lonimando de» V. ArmeecorpS befindet, dessen commandireoder General (v. Meer« scheidl-Hüllesseni) Prüft« der Commission war. Nachdem die Aus bildung in Posen erfolgt und das Bataillon von vorstehendem General besichtigt worden war» erschien derselbe in Berlin, um Kaiser Wilhelm II. Bericht zu erstatten, welcher ungefähr gleichzeitig selbst die beiden andern Bataillone besichtigte. Darüber waren die ersten Tage de» Monat» August herangekommen. Irren wir nicht, so unterscheidet sich der „Entwurf" in sehr wesenllichsu Dingen von dem endgiltigea Reglement; denn sowohl in dem socmellen Theile wie in dem taktischen stehen Dinge, welche da- Reglement vom 1. September d. I. nicht enthält. Auch äußer lich ist der Unterschied in die Auge» springend, denn das Reglement ist viel dünner als der Entwurf. La nun eine Supercommissio» nicht einberusen worden ist, so müssen die mancherlei Streichungen und Besserungen wohl direct vo» höchster Stelle au- veranlaßt worden sein, wofür auch der Umstand sprechen möchte, daß das Reglement schon unter dem 1. September d. I., dem Sedeokiage der Schlacht von Sedan — wohl kein ZusallI — unterzeichnet worden ist. Trotzdem so schnell und thatkrästig gearbeitet ward«, trotzdem man bei den Vorstellungen obiger Bataillone die platzgegrifseueu Beränderungen beobachten konnte, so handelte eS sich bis dahin immer erst um einen „Entwurf", und die Gewißheit, waS endgiltig gefallen und neu hinzugesagt war, ist erst mit der soeben erjolgteu Ausgabe deS Reglements cingetreien. Vielleicht geht man nicht irre» wen» man die setzt erfolgte Berusung de« Generals von Meer- scheidt-Hüllessem an die Spitze des Gardccorp« mit den Arbeiten der Commission für Ausarbeitung de- Reglement- iu Zusammenhang jetzt, die der Kaiser ans das Geiiaueste vcrsolgt hatte. Den persön lichen Wünschen Herrn v. Meerscheidt'S hätte, wie verlautet, da» Verbleiben an seiner jetzigen Stelle mehr entspräche,,. Zocialpolilisches. * DerBeretn zurWahrung derJnteressen derchemischeu Industrie Deutschlands hat in seiner zu Bonn abgehaltenca Geiieralvcrsammlung den neuen Gesetzentwurf, betreffend die Altcrs- und Invalidenversicherung der Arbeiter, einer Beraihung unterzogen und den Beschluß gefaßt, an den Reichstag das Ersuchen zu richlen, de» Entwurf in seiner gegenwärtigen Fassung adzulchncn. Der Berichierstattcr Or. Martins, Mitglied des RcichsversichcrungS- amts, begründete diesen Antrag durch eine eingehende Kritil der neuen Vorlage, die trotz mancher Verbesserungen doch zweifellos als ein Rückschritt gegen den früheren Entwurs betrachtet werden müsse, da sie die industrielle Selbstverwaltung fast vollständig beseitige und die Organisation auf rein bürcaulralischer Grundlage ausbauc. — Dadurch, daß an die Stelle der sür die Unfallversicherung bereit» bestehenden bcrufsgcnossenschaftlichcn eine landschaftliche Gliede rung trete, werde der bisher sestgehaltene Grundsatz, daß jede In dustrie die mit ihrem Ben lebe verbundenen Gefahren für Leben, Gesundheit und Arbeitskraft selbst zu tragen habe, aufgehoben und die die Arbeitskraft weniger angreiscnden Betriebe — wie die Land- wirlhschast — zu Gunsten der gefährlicheren Berusszweige ungerecht belastet. Eine wesentliche Vereintachung in der Vcrthcilung der Renten aus die einzelnen Versicherungsanstalten werde durch die territoriale Gliederung auch nicht erreicht, da der Uebcrgang der Arbeiter von einem Communalverbande in den andern, namentlich an den Grenzen, ebenso groß sei, wie der Wechsel von einem Berusszweige zum andern. Man schasse also ohne Noth sür ganz gleiche Zwecke der socialen Gesetzgebung eine vollständige Toppelorganisanon, deren Ehrenämter im Wesentlichen den gleichen Personen übertragen werden und diese dadurch doppelt belasten würden. Einer der am schwersten wiegenden Mängel des Gesetzentwurfs sei aber die von ihm vorgesehene parki- cularistischc Gestaltung der Alters- und Invalidenversicherung. Die gelammte Bildung der Versicherungsanstalten und die Mitwirkung staatlicher Organe werde in die Hände der Landesregierungen gelegt. Jeder Einzclstaat werde sein eigenes Landesversicherungsamt errichte», aus welches die wichtigsten Gebiete der Thätigkeit des RciciBvcrsicherungS- amtcs übergehen, und gegen dessen Entscheidungen eine weitere Ab- Hilfe nicht vorgesehen se>. Diese Möglichkeit der verschiedenartigsten Behandlungen principicllcr Fragen, gegen welche auch die Bestellung von Reichscommissarlkn einen ausreichenden Schutz nicht gewähre, sei unaiinchnibar in einem Augenblick, wo das Reich sich anschickt aus dem Gebiete de- Civilrcchts endlich die lang ersehnte Einheit des Rechts und der Rechtsprechung herdeizusührc». Es sei gewiß ein sehr glück licher Gedanke gewesen, die durch das persönliche Eingrciscn des Rcichsoberhaupts geförderte socialpolitische Gesetzgebung in den Dienst der Reichsidee zu stellen. Denn kein stärkeres Mittel zurBesestigung der Neichseinheit und zur Kräftigung des Reichsgedankens vis in die untersten Volksschichten hinab konnte sich bieten, als die in den Herze» von Millionen Arbeitern zu erweckenden Gefühle der Zufriedenheit und der Dankbarkeit sür die Wohithaten, die daS Reich durch seine An stalten ihnen spendete. Die Preisaebung diese» Gedankens müsse daher auch als ein schwerer politischer Fehler und als ein bedaucr- Rückschritt auf dem Wege der Entwicklung der Reichseinheit bezeichnet werden. — Die Versammlung schloß sich diesen Bedenken an und trat dem Anträge de» Berichterstatters mit großer Mehrheit bei. Musik. Leipzig, 22. September. Für da- beutige Wobl- thäligkeitS-Concert sür hiisSbcdürstige Musiker hier bei Bo« norand ist folgendes Programm ausgestellt: Bach. Symphonie väur;D. IadaSsohn, Serenade; Thierivt, Serenade (Manu, scripl), ferner Lieder von Bendel, Curschinan», Franz. Metz; Claviervorträge aus der v. Janko-Claviatur, von Beethoven, Ehopin, Metz. Bei der Mitwirkung von Frläulein Clara Zigner, Pianistin aus der neuen Paul v. Janko-Claviatur. und de» Herrn Concertsänger Geyer ist. wie wir bereit-in voriger Nummer erwähnt haben, eia interessanter Eoncert» Abend zu erwarten. * Burgstädt. 21. September. Mit großer Freude ist beute hier die Kunde verbreitet worden, daß der akadem sche Gesangverein Arioa au» Leipzig in Burgstädts Mauern seinen diesjährigen Ferien-Loavent am 22. und 23. September abhalten werde. Als Festlichkeiten sind sür Sonnabend ein Commers, sür Sonntag eine solenne Frühkneipe und sür Nachmittag rin Ausflug in da» Muldenthal in Aussicht genommen. Die Stadt Burgstädt weiß di« Ehre Hirse» Besuche« zu schätzen und deshalb dürft» die Herren Ariouea einer srruadlichra Ausnahme gewiß ftia. -4- AIte»b»r>, A). September. Nachdem «mmehr bestimmt feststeh«, haß her diShertg» Hostheater-Director. Herr Ad»»»- Gl»m«e, mit ivster» Istvv «» fttmr Gtest»»» schrtdet, werde»
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