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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188809264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880926
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-09
- Tag1888-09-26
- Monat1888-09
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1888
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Redaktion und Lrpedition IohanneSgasse 8. Lprechkundtn der Kedaction: Vormittag- 10—13 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. flilr di« NUckgad« e>n,ei-,orier Manutcrivte »acht fl- die Siedactccn aichl verbind»-. A«uat»e der für »le iiichftfolsenUe Nummer brstimiute» Inserate au Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, an S»nu- und Acsttageu früh bis '/,v Uhr. Zn den Filialen für Zns.-Annahme: Otto klemm, UniversitütSstraße 1. Louis Lösche, Katharinens! r. 23 hart, und König-Platz 7, nur bis '/,S Uhr. Anzeiger. :k- Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Abonnement-prek» vierteljährlich 4>/, Ml. inck. Bringerlohn ö Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 30 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbcsörderuilg 60 Mk. Mit Postbesörderung 70 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis. Tabellarischer u Ziffernsotz nach höherm Tarif. Krclamen unter dem RedactionS strich die 4gespalt. Zeile 50 Pf., vor denFamiltennachrichtea die 6 gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an d,c t-xpedttton zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnenumeraocko oder durch Post> uachnahme. ^ 27V. Amtlicher Theil. VkilLflniMlichling. Die Lenchtkrasl des stävlischc» Leuchtgase« betrug ln der Zeit vom L7. biS 2«. September dsS. IS. im Argand. drenner bei 2,5 Millimeter Druck und 150 Litern stündlichem Consum da« 17.9sache der Leuchtkraft der deutschen Normal kerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Da« specisische Gewicht stellt sich im Mittel aus 0,44t. Leipzig, am 24. September 1888. DcS RathS Deputation zu den Gasanstalten Submission out?nßwkghersttl1nng. Der Unterzeichnete Gememdcrath beabsichtigt die Fußwege im hiesigen Orte mit Granüplattc» belegen zu lassen, zu beiden Seilen mit Mosaikpflaster auSjulülle» und niit einer Granüstc»kinsassu»g zu versehen und diese Arbeiten mit theilweiser Materiallieferung a» eine» Unlernedmer zu vergeben. BlanqueiS zu Kostenanschlägen, sowie die Bedingungen über Vergebung und bcz. Herstellung der Arbeite» können gegen Er stattung der Copmlien im hiesigen Gemeindcamle ciiinommcli Werden. Angebote sind bis zum 3. Oktober v. I. verschlossen und mit rntsp>eche»der Aufschrift vcriehcu daselbst abzugcben. Neusellerhaujen, am 21. September 1888. Der «emeindcrath vaselbst. Ihle, Gem.-Vorst. Nichtamtlicher Theil. Das Tagebuch Kaiser FrieLrich's Und die öffentliche Meinung. Wir lasten die Frage »ach dcr Echtheit der von dcr .Deutsche» Rundschau" veröffentlichten Auszeichnungen Kaiser Friedrich'« unentschieden. Vorläufig liegt >n dieser Beziehung nur die allerdings schwer inS Gewicht fallende Ansicht de» Fürsten Bismarch vor, daß sie apokryph sind, also von einem andern Verfasser herrühren, nnd eine von der ..Kölnischen Zeitung" und von der „Norbdeulscden Allgemeinen Zeitung" gleichzeitig veröffentlichte amtliche Mitlheilung, vaß die Üchtheit »vegen der darin enthaltenen starken chronologischen und tharsächlichen Irrthümer bezweifelt werden muffe, daß namentlich di« Annahme ausgeschlossen sei, d«r ganze Inhalt der Auszeich nungen könne vom Kronprinzen selbst herrllhren und sei täg lich i» frischer Erinnerung von ihm niedergeschrieben worden. Die große Wirkung der Vcröffcnllichung kann nicht geleugnet werden und wird dadurch bewiesen, daß sich die gesummte Presse aller Parteien de« Gegenstände« mit gleichem Interesse bemächtigt hat. Es giebt ja auch in dcr Thal kaum etwas, daS die Seele eiuc« deutschen Patrioten mehr in Anspruch nehmen, tiefer erregen kann, als der Werdegang des in blutigen Kämpfen erstrittenen deutschen Reiche«, bie'Gcbankcn und Empfindungen de« Thronerben, welche diesen in der große», beispiellos dastehenden Zeit vom Beginn deS Krieges biS zur Rückkehr in di« Hcimalh bewegt und bestimmt haben. Man kan» sich nur schwer entschließen, diese Auszeichnungen als daS Machwerk eines rassinirten KopseS anzusehen, der um eigensüchtiger Zwecke willen seinen Scharfsinn angestrengt hat. ElwaS ganz Anderes ist die Frage nach dem Zweck der Veröffentlichung, und diese kann nur in dem Sinne beant wortet werden, daß sie dem Parteiintercsie dcr keutschfrei» sinnigen Partei dienen sollte. Da« leucblct um so inehr ein, wenn man sich vergegenwärtigt, welche Manöver dcr dculsch- sreisinnigen Partei k»e Veröffentlichung deS Tagebnchbruch» stückeS begleitete. Da ist zunächst die Beglückwünschung der Parteiführer bei Gründung der Partei durch den damaligen Kronprinzen, mit welcher Nachricht der Abgeordnete Eugen Nichler seine Zuhörer in BreSlau erfreute. Ein zweites weniger allgemein bemerktes Wahlmanöver der Partei ist die Erneuerung deS Gedächtnisse- an dicComnitssionSverhandlungen über den Entwurf deS RcichS-Militair-SlrafgesetzbucheS, bei welcher der Abgeordnete Laökcr den Antrag verlheidigte, daß die Strafe für daS Militair die gleiche sein müßte wie für daS Civil und daß kein Unterschied zu machen sei zwischen den Strafen für Osficiere und für Uiitcrossiciere und Gemeine. Der Vorsitzende der Commission, Mvllke. erklärte den Antrag für unannehmbar, aber als LaSker gesprochen batte, schloß er die Sitzung mit den Worten: „Was der Abgeordnete LaSker gesagt hat, ist unwiderlegbar." In der folgende» Sitzung wurde der Antrag in Abwesenheit Moltke's einstimmig angenommen. Solche Erinnerungen werden nickt ohne bestimmte Absicht von verschiedenen Selten in die Oeffentlicbkeit gebracht, e» ist vielmehr System darin, die öffentliche Meinung soll dadurch beeinflußt, eS soll ein Druck »ach verschiedenen Richtungen, besonder- aber nach oben hin auSgeübt werde». Es ist auch ein offenbarer Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung de- TagebuchbrnchstückeS und der Erörterung der Frage »ach Schaffung von Reich-Ministerien in der Presse, für welche ja in dem Tagebuche Kaiser Friedrich'- warm eingetrelen wird. Endlich paßt eS in dieses System auch hinein, daß die deutsch- freisinnige Partei kein eigenllicheS Programm für die bevor stehenden preußischen Landtag-Wahlen sormulirt hat. svndern sich aus einige kurze Sätze beschränkt hat, welche für die Wablbeweguiig in Berlin zur Richtschnur gegeben werden, alS da sind: Jährliche- SteuerbewillignngSrecht, Vermehrung der Abgeordneten für die Stadt Berlin, Beseitigung des NeptiliensondS, Einführung deS allgemeinen Stimmrechts in Preußen und Ausrechthaltung de« Grundsätze- »er Gleich berechtigung der NeligionSparleien im Staate. Es ist unzweifelhaft, daß hier verborgene Kräfte thätig gewesen sind, um durch Zusammentragung von verschiedenem Material die Menge der Mäkler auszuregen und eine Stimmung bervorzurufen, welche den Absichten der deutsch- freisinnigen Partei nützlich ist Bis zu einem gewissen Grave ist das auch gelungen, aber nicht so weit, daß dadurch dcr Same de« Mißtrauen- gegen die bestehende Regierung auS- gestreul worben oder da- zielbewußte Streben und Thun des tungen Kaisers und König« beeinflußt werden könnte. Die Ziele, welche da- deutsche Reich unter Mitwirkung der Fürsten nnd Freien Städte wie der Mehrheit der Volksvertreter ver folgt, ebenso wie die Grundsätze, nach welchen die preußische Regierung und Volksvertretung handeln, liegen weit ab von h«u etgenngtzigrn Absichten, welche di« dentschsreiflnnig« Partei Mittwoch dm 26. September 1888. hegt. Der Abgeordnete Richter sagte in BreSlau: „Wir buhlen nickt um Fürstcngunst, wir werden gerecht der Krone und dem Volke; eine so gefestigte Partei kann auch in schwere» Zeiten der Krone eine Stütze sein, in Leib und Kümmeruiß bewährt sich die rechte KönigStrcue". Nun wir haben eS er lebt. wie die deutschsreisinnige Partei um Fürstengunst buhlen kann, wen» sie hofft, daß unter einem Fürsten ibr Weizen blüht. Man lese die Rede», die der Abgeordnete Traeczer in Nordhausen zur Zeit dcr Regierung de- Kaisers Friedrich geballen hat, und man wird vergeblich nach einem Seiten- stück von persönlicher Verherrlichung dieses oder eine- anderen Fürsten in einer anderen Partei suchen. Nein, die deutsch sreisinnigen Wortführer und ihre Presse haben sich zu sehr bloßgestellt in der Bewerbung um die Gunst Kaiser Friedrich'«, als daß sie jetzt durch den Mund deS Abgeordneten Richter sich frei von der Buhlerei um FUrstengunst ausgebeu können. Die Auszeichnung de« Kronprinzen Friedrich Wilhelm vom 7. März 187l, welche lautet: „Ich zweifle an der Auf richtigkeit für de» freiheitlichen Ausbau deS Reiche- und glaube, daß mir eine Zeit, die einst mit mir rechnet, solche- erleben wird", paßt zu sehr zu der Gesamnilhallung der dculschfreisinnige»Partei während der Regierung Fnedrjcd'Sill.. als das nicht gerade in diesen Warle» ei» Hauplbewcg- grund für die Veröffentlichung deS Tagebuchbruchstückcs ge sunden werden sollte. Ob diese Worte wirklich vom Kaiser Friedrich herrühren oder apokryph sind, wie Fürst Bismarck glaubt, wird sicherlich noch sestgestellt werden, weil sich Abzüge deS TagebuchbrnchstückeS in den Händen mehrerer Personen befinden. Auch unterliegt eS berechliglen Zweifeln, ob Kaiser Friedrich sich alS de» ersten Fürsten bekannt hat, der verfassungsmäßigen Einrichtungen ohne Rückhalt ehrlich zugetban ist. ES wäre sehr zu wünschen, daß von Seiten Derjenigen, welche Aufschlüsse über den Inhalt deS Tagebuchs Friedrich'- III. zu geben im Stande sind, volle Klarheit darüber verbreitet würde, ob die Mitlheilungen der „Deutschen Rundschau" mit der Wahrheit übereinstimmen oder nicht. Schweigen kann die dculschsreisiiinige Partei nur in der Verfolgung ihrer Parleizwccke unterstützen. Die Auszeichnunge» Kaiser Fnedrich'S haben unter allen Umständen nur historischen, aber keinen praktischen Werth, aber wenn der Beweis geführt werden könnte, daß daS wirkliche Tagebuch Kaiser Friedrich'- für den Gebrauch der deutschfreisinnigen Partei eigen- zurecht gemacht und abgeändert worden wäre, so würde dadurch da- ganz« Spiel, waS hier offenbar vorliegt, in der allerbeschämenv- sie» Weise aufgedeckt werde». * * * Zu dem angeblichen Tagebuch« Kaiser Friedrich's schreibt die „Kölnische Zeitung": So lange eS Monarchen und Regierung-systeme gegeben hat, hat e« auch eine Kronprinzeapolilik gegeben. ES ist ja iiaiurgeniLß. daß ein gewissenhafter und von patriotischem Streben beseelter Thronfolger sich schon frühzeitig mtt de», Bewnßisein der Schwere dcr vcraniworllicheu Stellung, zu der er berufen ist, er- lüllt, und daß er sich lebhaft mit Pläne» über das Wohl jenes Volkes beschäftigt, zu dessen einstigen Herrscher ihn das Schicksal bestimmt hat. Je krasirollec der thaleiilustige Kronprinz zum Manne heranreist und je mehr er dennoch von der praktischen Politik scrngchaltcn wird, um so behaglicher und selbstgefälliger wird er an seinen Reiormgedanken weileripinnen. Ist dcr Monarch eine conservativ gerichtete Persönlichkeit, so wird der Gedankengong des jungen, popularilätssrohen Thronsolgers leicht eine überalisircnde Richtung einschlagen; die Umgebung dcS Kronprinzen wird i» diesem Falle auS geistreichen Leuten beiiede», welche gern über den i» Vorurthcilen und überlebten Anschauungen steckende» alle» Herrn und seine langweilige Umgebung spötteln. Huldig! der Monarch liberalen Anschauungen, so wird der Kronprinz sich eher in einer conscrvativen Aimosphäre wohl befinden. Solche allgemeine Be trachtungen über ungeduldige Kronprinzcnpolitik in ihrem Gegen sätze zu dcr langsamen, vorsichtigen Gangart der praktischen StacttS- geschäste drängen sich dem Leser aus. welcher sinnend die wechselnden Bilder aus dem Tagebuch des Kaisers Friedrich an seinem Geiste vorüberziehc» läßt. Nur wer die damalige diplomatische Lage und die Gesammlverhältnisse biS inS Einzelne hinein kennt, wird z. B. entscheiden können, ob der Kronprinz nicht verbängniß- volle Berwicklungen hcrausbcschworen hätte, wenn sein Vorschlag vom 14. November 1870, zur Beschleunigung der Kaisersragc len Süddeulschcn gegenüber „fest und gebietend auszutreten", a». genommen worden wäre; von vornherein wird sich dem unein geweihten Beurtheiler eher eine Politik empfehlen, welche den deutschen Fürsten Zeit gönnte, sich in die neuen Verhältnisse hineinzuleben und ihnen zugleich die Ueberzeugung verschaffie daß dcr König von Preußen, weit davon entfernt, nach ungemessener Kaisermacht zu streben, als naiver preußischer Particularist mit allen Fasern scincS Herzens mit rührender Anhänglichkeit an de,, alten langsam ver sinkenden Verbältnissen hing. Es ist peinlich, solche Erwägunge» anzustellen. und nachdem einmal ehrsurchtslose Hände das Tagebuch veröffentlicht haben, würden wir uns am liebsten mit einer rein literarischen Stellungnahme begnügt haben, wenn nicht eine politisch und moralisch bankbrüchige Partei den Versuch gemacht hätte, ihre schlechten Wahlaussichlen durch eine kindische Ausbeutung bestechen in eiwaS zu verbessern. Tie Auszeichnungen sind ohne Boiwissen und ohne Willen dcS fetzigen Kaisers in die Oeffentlichkeit gelangt; sie enthalten eine Reihe von Unrichtigkeiten und können unmöglich alle nach frischer Erinnerung täglich niedergeschrieben sein. I» gut unterrichtete» Kreisen wird nicht bezweifelt, daß eS sich »in ein besonders hergcrichtetes, durch Ausmerzungen nicht nur ver stümmelte-, sondern auch in seinem wahren Charakter entstcllie« Werk und nicht durchweg um echte Auszeichnungen des verewigte» Kaisers handelt. Man wird sich auch schwer zu de», Glaube» ver- stehen können, daß Kaiser Friedrich z. B, die Veröffentlichung der Stelle angeregt bat, in der es heißt, er „werde der erste Fürst sein, der, drn verfassungsmäßigen Einrichtungen ohne allen Rückhalt ehrlich zugethan, vor sein Volk zu treten habe"; denn diese Bemerkung enthält eine eben io schwere als ungerechte Beschuldigung des Kaisers Wilhelm I. * Von Herr» Professor I)r. Delbrück geht der „Post" folgendes Schreiben zu: Herr Rcdacteur! Ich bestätige Ihnen hiermit das Dementi, welche« Herr v. Zedlitz gestern die Güte halte, vorläufig für mich aus zusprechen: ich bin in keinerlei Weise an der Veröffentlichung „AuS rem Tagebuch«: Kaiser Friedrich'S HI." in der „Deutschen Rundschau" belheiligl. Berlin, den 24. September 1888. Pros. H. Delbrück. * Wir verzeichnen an dieser Stelle die bereit« erwähnte amtliche Auslastung der „Norddeutschen Allgemeinen eitung" über da« angebliche Tagebuch Kaiser ried rich'S; > „Unter der Ueberscbrist: „AuS Kaiser Friedrich'« Tagebuch" I hat die „Deutsche Rundschau" Auszüge au- einem Tagebuche I veröffentlicht, welche« während de» KrieaeS 1870—71 angeb lich der Kronprinz — nachmalige Kaiser Friedrich III. — geführt haben soll. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß diese Veröffentlichung ohne Borwisien Sr. Majestät dcS Kaiser« und Königs erfolgt ist. Was den Text de- angeb lichen Tagebuchs deS verewigten Kaisers Friedrich betrifft, so enthält dasselbe nach den Erinnerungen dcr bei de» Ereignissen betheiligtcn Persönlichkeiten so starke chronologische und lhat- sächliche Jrrthümrr, daß die Echtheit bezweifelt werben muß. Namentlich ist eS ausgeschlossen, daß dcr ganze Inhalt von dem Kronprinzen selbst herrührt und täglich also in frischer Erinnerung von ihm ausgezeichnet worden ist." * Wir verweisen im Ucbrigen aus den Artikel „Deutsch- freisinnige Wahlmanöver". Leipzig, 26. September. * Nach der „Post" wird die Vorhut der deutschen Emin-Expedition bald abgehen und zwar unter Premicr- tieuteuant Wißmann, dessen Mitwirkung nur dadurch erreicht werden konnte, daß man ihn unabbängig stellte. Es entspringt bicS nicht etwa einer gewissen Eitelkeit oder lleber- hebung, sondern der Ueberzeugung von der Nolbwendigkeit, daß ein Wille bei solchen Expeditionen der maßgebende sein müsse. Ueber den Weg dcr Expedition ist. wie die „Post" im Gegensatz mit anderen Nachrichten betonen kan», noch nichts Genaues bekannt, da Mancherlei von der Lage in Zanzibar abhängen wird. * Ueber die Manöver von Jelissawetgrad wird der „Schlesischen Zeitung" auS Odessa, 19. September, geschrieben: Dle Truppen, welche an den Manövern in der Umgebung von elilsowetgrad im Beisein deS Zaren Iheilgcnomwen haben, nd bereits in ihre Standquartiere zuruckgekehrt. Dcr Rücktrans port dauerte vier Tage, und während dieser Zeit wurde aus sämmt- lichen südruslischen Bohnen der Frachlentransport ringestellt, und es verkehrie» »ur die sahrplanmäßigen Passagierzüge. An den er wähnten Manövern haben bekanntlich die Truppe» de» Odcjsaer und de« Lharkower Mililalrbezirke« tdcilgenommen. Die Manöver dauerien im Ganzen 6 Tage. Den Manöver» lag folgende Idee zu Grunde: AuS Rumämeu ist eine feindliche Armee cingedrunge», welche sich Podolicns und NeurußlandS (Ncwo-Rolsia) mit de» Slädtcn Odessa und Nikolajew bemächtigt hat. Am Bug wird rma ciur Armee concentrirt, welche sich dem Feinde entgegeustellen und zunächst den Dnjevr-Uebergaiig bei Kre^,eutschug, wo sich eine wichtige Lisenbahnbrücke befindet, in ihre Hand bekommen soll. Gleichzeitig entsendet diese Armee Abthcilunge», welche sich der strategisch wichtigen Eisenbabnbrücke» bei Kiew und JekaierinoSlaw, sowie der jekaierinoSlawer Eisenbahn zu versichern haben. Den aus Rumänien eingedrungenen Feind stellten die Truppen dcS Odessacr Militairbczirkcs dar, als deren Commandant Gener«llieittenant Nohrberg, der Comniandonl des XI. ArmcecorpS, suugirie. Dieselben zählte» 25000 Mann. Die am Bug concentrirte Armee bestand austzden Truppen des Char- kower Milüaiibezükes und wurde von dem Coiiimandaiiten deS X. Armeecorps, Generaladjutanien Swjäüchi», befehligt. Sie setzte sich aus der 9. und der 31. Jnfaniecikvivision, der 5l., kriegs mäßig inobilisiile» Reseivedwisio», der 9. und der 10. Cavallerie- division, einer kriegsmäßig mobilisirie» Artillerie - Reserve, dem 12. Sappeur-Bataillon, dem 15. KriegslclegravKenparke und den er- forderlichen Abibcilungen desHcliogrc.pdcn- und dcS Gendarmeriecorps zusammen. Im Ganzen zählte man bei dieser Armee 4 t Bataillone, 48 Escadrons und 80 Fuß- und 24 Reitergeschütze mit einem Stande von 1183 Generalen und Osficiere» und 37 200 Mann. Der Zar war mit dem Verlaus der Manöver sehr zusriede». Ins besondere soll die Mobilisirung der einberusenen Reserve-Diviston, dann die seldmäßige Berprooiantirung der Truppen sich in sehr präciser Weise vollzogen haben. I» der Tkat ist auch bereiiS ein ganz ansehnlicher OidenSregen aus die Häupter der bei diesen Manöver» beiheiligt gewesenen Generale nicdergcgangen. Von Len hiesigen Manövern hat sich der Zar mit seiner ganzen Familie eus Las Jagdschlößchen Spala in Congrcßpolen begeben. Aus dcr Reise dorthin besuch!« er Cbelm, einst der Hauptsitz dcr gewalt samen Bekehrung der orthodoxen Rulbene» zum italholicisinus, dann ober wieder unter ruistichcr Herrschaft der Bekehrung der katholischen Ruthenen zum Octhodoxismus. Der orthodoxe Bischof von Marschau und Cchelm, Msgr. Leonlie. begrüß!« de» Zaren i» der Cbelmer früher kaiholischen und jetzt orthodoxen Kalhedialc mit einer Ansprache, worin er es als cm Glück für das Lhelmer Russen, ihum pries, daß eS wieder eins sei nn Glaube» mit dem übrigen Rußland und daß „die unglückselige Union" (d. h. die Union mit Rom) nicht mehr seinen Nacken bedrücke. Man erwartet die kaiser- liche Familie bald wieder an dc» Usern des Schwarzen Meeres, wo die Ankunst des Schahs von Persien und eine Begrüßungs- depuiaiion des türkischen Sultans unter Führung Schakir Paschas bereits angcsagt ist. * Zu den Verhältnissen am Congo wird der „Kölnischen Zeitung" auS London. 22. September, ge schrieben: Die Katastrophe am Congo ist vollständig. Am 17. ds. starb aus der Station Bangala im Congo-Slaaic I. S. Jameson, der Botaniker, der als zweiter O'ficicr Barttelot begleitet hatte und nach testen Ermordung zu Tipp» Tip gegangen war, um »lit ilin, gemeinichasttich einen neue» Enlsotzzug ins Werk zu setze». Vermuthlich war ihm die- mißlungen; jedenfalls befand er sich aus d>r Reise nach der Küste, um sich mit dem Eniin-Unierstütziings- ousschuß in telegraphische Verbindung zu setzen, als er aus der Bangala-Station vom Fieber ergriffen ward und starb. Mit ihm werden viele Hoffnungen begraben. Er war ein gebildeter, begüt-rter und begeisterter Mann, hatte als Botaniker und Ornitholvg schon mehrere Jahre in Südafrika zuaebracht und große Sammlungen ange- legt. Für Sianley's Enlsatzzng schwärmte er dergestalt, daß er IE L-, nach Ändern 15 000 L.. beisteuerte und sich dadurch die Eclaubuiß er warb, trotz seiner schwächlichen Gestatt die Reise milzumachen. Er war kaum dreißig Jahre all, stammt aus Dublin und hinterläßt eine Witiwe. Mil Jameson schwindet tan» vorläufig jeder Plan eines »euen Zuge». Der einzige Weiße, der bei Barttelol's Schaar noch übrig blieb, ist der Arzt Bonnh, und von ihn, kann man schwerlich irgend welche Begeisterung für ein zunächst völlig auSsichisloieS Unternehme» erwarten. Er wird daher wakischemlich demnächst selbst an der Küste erscheinen. Bangala, wo Iamcion starb, liegt halbwegs zwilchen den Slanley Fällen und Slan ey Pool. Hier in England giebt es jetzt keinen Menschen mehr, der Eini».Pascha vom Longo auS erreichen möchte; man hilit sich mit der tröstlichen Ausrede, daß Emin Pascha nicht enlützt werden wolle und sich wahrscheinlich ganz wohl in Wadelai befinde. Selbst bei Stanley sängt man schon an, sich mit der Ausrede zu behelfen, daß er euiweder lobt ist und dann keiner Unterstützung mehr bedarf, oder daß er noch lebt, sich bi« jetzt durchgeschlagen Hai und wahrschein- l ch auch in Zukunft allein durchschlagen wird. Was hier aber in nächster Linie inieressirt, ist die Weißwaschung Bariielol's von den in dem Briese de« „Standard" enlhalienen Beschuldigungen. Man will wissen, daß von Jameson selbst kürzlich hier ein Telegramm anlangte, welche« alle von dem enilosi-nen Dolmetscher Assad Farran „»«gehenden Behauptungen lür Fälschungen erklärt. In der „Time«" weist heute Jemand daraus bin, daß dle lm Lager am «rinvlmi zusammengerafften Mannen nicht Eoldatin, sonder» arabt- 82. Jahrgang. sches Lumpengesindel gewesen, zu denen noch Tipp» Tipv's Hals abschneider au« Manhcma binzugekommen seien; ohne Peitschenhiebe habe sich unter ihnen die DiSciplin nicht aufrecht erhalten lassen. Das mag wahr sein. Bartteloi'S Härte läßt sich schon erklären, »ich! aber seine Kurzsichtigkeit betreffs Tipp» Tip'S. Der Sclavea- könig thront jetzl lriumphirend an den Stauley-Fällen, freut sich über die Nenimgion-Gewehre, die ihm jetzt in die Hände fallen, und preist Allah, daß er alle seine Nebenbuhler vernichtet hat. * Der ehemalige französische Marschall Bazaine ist laut telegraphischer Miltheilung auS Madrid am Sonntag Nachmittag im Aller von 77 Jahren gestorben. Seitdem Bazaine am 10. December 1873 von dem durch den Herzog von Aumale präsidirten Kriegsgerichte au» Anlaß der Capi- iulaiion von Metzwcgen Pflichtverletzung einstimmig für schuldig eiklärl und zum Tode veruriheilt, dann aber vom Marschall Mac Mahon zu zwanzigjähriger Hast begnadigt wurde, hat er die öffent- liche Meinung »ur »och selten besckäfligi, so daß er in den ützlen Jahren beinahe verschollen war. Nur als er am 10. August 1874 in abenlcucrlicher Weise von der Insel St. Marguerita bei Cannes, woselbst er gefangen gehalten wurde, entfloh, Ui» später in Madrid seinen dauernden Aufenthalt zu nehmen, wurde die Erinnerung an den sranzöslschc» Marschall wieder ausgesrischl, der im Kriege 1870—71 eine so bedeutsame Rolle spielte. In mancherlei charakteristischen Züge» erinnerte dcr nunmehr verstorbene Marschall an einen ConLolliere früherer Jahrhunderte. Nachdem er seine militairische Lausbadn in Algerien begonnen halte, kämpste er in Spanien gegen die Cariiste» und »ahm dann während des Krimkriegcs als Brigadegeneral und Cemmandeur der beiden Frcmdenregimcnter Theil, wie er sich denn auch bei der Belagerung von Sebastopol auSzeichnete. Eine noch bedeutsamere Rolle spielte Bazaine iu Mexiko, woselbst er zuerst mit seinen Truppen in die Hauptstadt einzog »nd nach dcr Abberufung Forey'S dc» Oberbefehl über die sranzösiichen ExpeditionSiruppcn übernahm. Znm Marschall befördert, verblieb Bazaine auch unter Kaiser Maximilian in Mexiko, woselbst er gegen den Guerilla-Kricg in grausamer Weise voeging. Als Napoleon die Trupve» zunickzog, bemühte sich Bazaine, den Kaüer Maximilian zur Abdankung zu bestimme», ohne daß es ibi» jedoch gelungen wäre, das Mitglied des österreichischen Kaiserhauses vor seinem düsteren Schicksale z» bewahren. Im Jabre 1870 übernahm Bazaine daS Commando des dritte» Armeecorps und spüiec den Oberbesehl über die bei Metz concenlrirle scanzösischc Rheinarmee. Der Plan des Marschalls, von Metz »ach Chalons obzuziehen, wurde durch den Angriff vo» Seilen der deutschen Armee vereitelt. Durch die Schlachten von Vivnville und Gravelotte sah sich der Marschall dann in Mctz riiigeschlosjen; seine Versuche, durch den deutschen Cernirung'güricl burchzudringen, blieben ver- geblich; daS Schickial dcr sranzösischc» Rheinnrince war besiegelt. lieber die Unterhandlungen, welche Bazaine in Metz mitder deutschen HeereSsührung anknüpste, haben die Verhandlungen vor dem Kriegs gerichte unter dem Vorsitze de« Herzogs»»» Aumcilc kcm Swegs volleSLichi verbreitet. Marschall Bazaine fühlte sich nicht blos als Militair, iondern auch als Politiker, der im Interesse Frankreichs, wen» aiich nicht der Repu blik vorzugehen glaubte, indem er deraclige Unlcrlmndlungen anknuplte. Für die unvermeidliche Capiiulation von Metz waren diese Unier- dandlungc», die überdies gar nicht zum Ziele führten, ohne jeden Einfluß. Vcrräther war Bazaine »ur in dem Sinne, i» welchem jeder unterliegende sranzösischc General vo» den Franzosen als Verräther betrachtet z» werde» pflegt. Nichtig ist dagegen, daß Bazaine bei seinen Durchbrnch'versiichen nicht »inner mit der er- iorderlicben Energie vorging, obgleich es keinem Zweifel uiiterliege» kann, daß auch bei größere», Blmv rgicßc» Bazaiiic's Armee dem Untergänge geweiht war. Mit dem Marschall Bazaine ist nunmehr rine »ul der Gcschichle dcS zweiten iiaiscrreich.-s innig verbundene Peisönlichkeit aus dem Leben geschieden, die, zuerst vom Glücke ver wöhnt, dann von einem tragischen Schickiale betroffen worden ist. * ES lohnt sich kaum mehr der Mühe, den franzö sischen ZeilmiHen i„ ihren Berichten über die Ergreifung deutscher Spione zu folgen. Statt deS vielen Geschreies, welches die Hetzprcsie erhebt und welche« nur aus sehr erregte Nerven noch einwirken kann, wäre cö wirklich einmal er forderlich, daß man uns mit einem gerichtlichen Erkcnntniß eines wegen Spionage vcrurlheilten Deutschen vor Augen träte. Dleö ist aber den Franzosen bisher nickt möglich ge wesen, und so suchen sic daS, waS den Spionage-Gerüchten a» Inhalt fehlt, durch Worte zu ersetze». Wenn irgend ein Mann mit deutschem Namen in Frankreich wegen einer straf baren Handlung festgesetzt wird, so erhebt sich auf der ganzen Linie der Journalistik der Nus eines deutschen CpionS. Da aber die Deutschen in Frankreich gar nicht so zahlreich sind und die vorhandenen kein starkes Verbrecher Contingcnt ab geben, so kommen die Franzose» thcilS aus singirte Name», thcilS auf solche, die wir wegen Spionage abgcurtheilt haben. DaS lustigste Stückchen in dieser Beziehung isi in den jüngsten Tage» geleistet, indem man einen Herrn von Kreit inaycr, der sich in Paris aufhält, alS einen deutschen Spion be zeichnet«:. Bekanntlich ist dieser Krcitmayer in München vor einigen Jahren wegen LandcSverraths verurtheilt worden, weil er aus Anstisten deS französischen Spion« Graillet de», selben verschiedene landesverrätherische Mittheilungen machte. Aus dieser einen Probe wird man am besten daS französische Epionagcgeschrei veurtheilcn können. * Unter der Epitzmarke Politische Polizei lesen wir im Berner „Bund": „Gegenüber den maßlosen Angriffen, welche ein Theil der schweizerischen Presse gegen den Bundcsraih wegen seines Vorgehen- in Sachen der politischen Polizei richtet, glauben wir bier constaliren zu sollen, daß das jetzl vielfach citiric bundesräth- liche Kreisschreibe» vom 11. Mai dieses Jahres an die Cantons- regierunqen das Reiullat einer sachbezüglichen Conseren» i» Bern war. Wir möchten in Erinnerung rnsen. daß diese Conserenz vom eidgenössischen Justiz- nnd Polizeivepartement einberusen und von de» Polizeidirccioren ver Lanlone mit der zahlreichsten flottanlen Bevölkerung besuch! wurde. Der BundeSralh hat jenes Kreis- ichreiben sämmllichen CanIonSregierungcn übermittelt, und von den fünfundzwanzig Ständen ist keine einzige Einsprache gegen Inhalt und Tendenz desselben beim Bundesräth erhoben worden. Dcr Bundesrath konnte also i» gutem Treuen annedmen. daß er im Jnieresie der Wahrung der Sicherheit unsere- Landes keine uii- richiigen, unsere freiheitlichen Institutionen gefährdenden Maßregeln getroffen habe. ES ist sonderbar, daß die einschlägigen Verfügungen des Bundes- raths, trotzdem sie jetzt mehr alS 4 Monate in Kraft bestehen, z» keiner Klage irgend welcher Art über Verletzung der verfassungs mäßigen Rechte der Sckiw-izerbürger Veranlassung gegeben hoben. Es bedurfte erst der Veröffentlichung de- bundeScSlhlichen KreiS- sckircibeii«, uni einen Theil der schweizerüchen Presse in unnölhige pairiotiiche Aengstigung zu versetzen. Wir glauben bestimmt, daß, hatte h er nicht wieder eine unentschuldbare, die aufrichiigen Ab sichten deS Bundesräth« lähmende Jndi«cretion flallgesundeu, kein Schiveizcrdürger in die Lage gekommen wäre, irgendwie einen Ab bruch seiner politische» Freiheiten wahrzuuehme». klebrigen« wird der Bundesräth nicht ansieben, späterhin wettere Aufklärungen über die Tendenz seine« Krei-schreiben- den zuständigen cantonalen Behörden zu geben, sofern er die« als »oihweudig er achten sollte. Wir müssen uns nur verwundern, wie man in der Presse solchen Lärm schlagen kann, i» einer Angelegenheit, welche doch aus nicht« Anderes hinzielt, oll dem BundeSrath die Infor mationen über gewisse Erlcheinungen d»S öffrnilichen Lebens »» v«rlch«ffen, welch« ihm nslhwendig erlcheinen, um sowohl di« «Slkir-
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