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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810124
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881012
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881012
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-12
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1888
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«L1»2 die gewaltsam« Ausplünderung der Besitzende«. Eine« der wüstesten Hetzblätter, die sog. ..Arbeiterstimme". l>at als socialistische» Programm die Bcrstaatlichung derPro- ductwnsmittcl ausgestellt und erklärt, man müsse in Ver- iolqung dieses Programms Macht gegen Macht au»- spielen. Hiergegen wendet sich der ..Frei« Rhätier" mit folgenden vernünftigen Worten: „Da« Drohen mit der Macht, der Gewalt ist aber gerade das jenige, was die Arbeiterpartei ia Gegensatz bringt mit dem Kolke. Sie dürste sich übrigen« täuschen über ihre Macht. Denn sie ist nicht die Mehrheit, sondern rin« kleine Minderheit. Aus dem Wege der natürlichen Entwicklung ist nicht nur da« ganze Volk sehr geneigt, den Arbeitern und nicht nur ihnen, sondern allen Bevürstigen, soweit es nur möglich, zur Besserung ihrer Lage Beistand zu leiden Ia aus diesem Wege würde man vielleicht sogar sich gewöhnen, als Staoittaglöhner zu arbeiten, am Abend seinen Boa in Empiang zu nehmen und mit der jeweiligen Frau in« Staatstheater oder ins StaatSwirthShau» zu gehen, während die Linder in der StaatS- kaierne erzogen werden. Wir sind bereit, dies mitzumachea, sobald unsere Mitbürger eS sür die richtige Methode des Dasein- erachten. Wir sürchten ober, daß unsere Mitbürger in ungeheurer Mehrheit da« soeialistische Paradies sür eine Utopie anseben werde», welche ia der Wirklichkeit nicht Stich halten wurde. Durch eine Revolution gar sich in Trümmer zu stürzen, nur um die Probe mit einer Utopie zu machen, gefällt Niemandem. Die verständigen Arbeiter werden daher den Verlockungen widerstehen und aus dem Boden der Mög lichkeit ihren Mitbürgern die Hand reichen. Der Boden der Mög lichkeit ist die Versicherung. Diese ist schon nicht im Handumdrehen zu erziele», aber sie wird kommen. Sie ist sehr viel, ia sie ist mehr, al- jetzt die gr»he Masse de« Volke» besitzt." * In Paris ist (wie bereit« kur» erwähnt) unter dem Titel „blSmoires sutbelltigaes äs kräaSrio III. r»«emdlbr et cowpletbs" eine französische Uebersetzunq de» in der deutschen „Rundschau" veröffentlichten Tagebuch» er schienen. Desgleichen ist in London eine solche in eng» lischer Sprache herauSgekommen. Wir machen daraus auf merksam, daß nach der Berner Convention vom 9. Septem ber 1886 derartige Uebersetzungen einen strafbaren Nachdruck bilden, wegen dessen gerichtlicher Verfolgung da» Erforderliche von Berlin au» ungeordnet werden wird. * AuS Kairo wird der „Kölnischen Zeitung" geschrieben: Die auS Luakim eingegiugeuen Nachrichten, welche wiederholte Angriffe der Sudanesen aus die genannte befestigte Stellung mel- beten, haben ia den hiesigen Regieruag«kreisea Beunruhigung hervor» gerusen und die Aufmerksamkeit erneuert aus die militairische Lage de« Landes gelenkt. Um der Gefahr, welcher Suakim von den Empörern au«gesetzt sein könnte, nach Thunlichkeit zu begegnen, ist die uaverweilte Verstärkung der schwachen, kaum fünfzehnhundert Manu zählenden Besatzung des angegriffenen Platze- angeordnet worden. Eine« der beiden in Kairo stehenden Bataillone egyptischer Infanterie, siebenhundert Monn stark, hat zu solchem Behuse Marsch, beseht erhalten und wird sich iu kürzester Frist in Suez nach seiuem neuen Bestimmungsorte etnschiffm. Der stellvertretende Sirdar der eg optischen Armee hat bei diesem Anlässe wieder- holt aus de» geringen Bestand der letzteren, welche bei einem JahreSbudget von 370 000 eghptischea Pfund (7 708 333 ^l) nur 9ÜOO Manu zählt, hingewlesea und im Hinblick aus die kriegerischen Verwickelungen an der Südgrenze de« Laude« dir Nothwendigkett betont, schleunigst zu «tner Vermehrung de« stehendeu Heere« zu schreiten. Zur thuulichften Vermeidung von Kaste» wird dabei vorgeschlagen, von der Errichtung neuer selbst- ständiger Truppeukörper abzusehea, dagegen den Effectivbestand der schon vorhandenen Bataillone, derer» die Armee dreizehn zählt, um je hmtdert Man» z» erhöhen. Nach Ansicht der militairische» Kreise wird e« nicht schwer halten, zur Besetzung der sür solchen Fall neu z» schaffenden Osficierftellea besäbigte Personen an« der Zahl der- jenigea eingeborene» Osficiere zu gewinnen, welche nach der britischen Besetzung Lgvpicns verabschiedet worden sind. La Mannschaften ist Ueberslntz vorhanden: demnach würde es. um die geplante Maßregel in« Leben treten za lasten, lediglich der Beschaffung der aus 16 000 eg. Pfand (333 333 >l) jährlich veranschlagten Mehrkosten bedürfen. Da« FinanzcomitS hat in einer am 2ü. September unter dem Bor- sitz« de« Lonleil-präsidenten Riaz Pascha abgebalteneo Sitzung diesen von de» Militairbehürdea befürworteten Vorschlag ia Berathung gezogen. Bei derselben hat der britische Vertreter sich dahin geäußert, d«H seine Weisnngea ihm znr Pflicht machen, jeder Verstärkung de- «aypttscheu Heere« und dadurch bewirkten Mehrbelastung de« Budget« die Zustimmung zu versagen. Mit Rücksicht aus diese Erklärung ist sotto»« de« Finauzcomit«« die «ndgilttge Eutschließuag einstweilen "^^ur Bekämpfung der irischen Homerulebestreb» nun«« führen die englischen Tone» und die mit ihnen ver bündeten Unionisten unter Harlington und Chamberlain nun auch die preSbyteriauische Geistlichkeit Irland» in» Feld. Wie man durch eine Drahtmeldung au» London erfährt, theilt die „Time«" mit besonderer Genugthuung mit, daß der „Verband der nonconformistische» Unionisten" dem Ministerpräsidenten Salisbury und dem Marquis Hartington am 14. November im Hotel Metropole ein Festmahl geben werde, bei welcher Gelegenheit denselben ein« von irischen Dissidenten«Geistlichen Unterzeichnete Adresse zu Gunsten der Aufrechterhaltung der legislativen Union zwilchen Großbritannien und Irland überreicht werden würde. Von den 980 Dissidenten - Geistlichen Irland» sollen nur wenige ibre Unterschrift verweigert haben. Die „Times" veröffentlicht Len Wortlaut der Adresse, welche zum Schluffe betont, daß die Herstellung eine» SonderparlamentS in Dublin dir bestehenden Uebel nicht nur verschlimmern, sondern neue und schlimmere schaffen würde. Die „Time«" scheint sich eine ganz besondere Wirkung von dieser Kundgebung zu versprechen. Man hat bei Beurtheilung derselben jedoch im Auge zu be halten. daß die Bewegung sür Selbstregierung in Irland fast allein von der katholischen Bevölkerung getragen wird, baß sich da« Verhältnis dieses TbeilS de» irischen Volks zu dem jenigen der protestantischen Dissidenten oder Presbyterianer ungefähr wie acht zu eins gestaltet, und daß unter den Dissidenten-Geistlichen nur ein geringer Theil irischen Ur sprung« ist. Hiernach ist der bevorstehenden Kundgebung ein lediglich platonischer Charakter beizumessen. Die Romsahrt des Kaisers. * Nach Ausweis der programmmäßigen Bestimmungen sollte die Ankunft Kaiser Wilhelm'« in Rom in den NachmiltagSstunden de» 11. October erfolgen. Seit Wochen bereit» schmückt sich die Hauptstadt Italiens aus daS Fest lichstr, um dem treuen Freunde und mächtigen Bundesgenossen König Humbert'S bei seinem Einzuge in der ewigen Stadt einen des großen geschichtlichen Augenblicks würdigen Empfang bereiten zu können. Es ist dies wobt ein rein äußerliche» Moment, aber der in demselben enthaltene tiefere Sinn wird dem Blicke des kundigen Beobachters darum koch nicht ent gehen. Voll freudiger Spannung richten sich die Gedanken de» italienischen, wie de» deutschen Volke« in diesen Tagen nach der uralten und doch so unverwüstlich leben-frischen Culturstätte am Tiberstrande, gewiß, daß au» der Begegnung, aus dem vertrauten persönlichen Verkehr der beiderseitigen Herrscher auch ihren Unterlhanen Heil und Segen erblühen werbe. Nickt Bande de» Blutes, der Stammverwandtscbaft sind e». weiche Deutschland und Italien zu einander gesührt haben Aber aus der Gleichartigkeit des modernen Entwickelung« ganzes beider Machte, au» ber Gemeinsamkeit ihrer Interessen au» ber Idenliläl ihrer der Erhaltung und Festigung deS Weltfriedens gewidmeten Politik ergiedt sich eine so starke wechselseitige Anziebungskrast, baß vor ihr alle Verschieden beiten in Abstammung, Sprache, Sitte in ven Hintergrund treten. Hüben wie drüben bleibt die Empfindung Sieger, daß Deutschland und Italien gleichsam durch eine höbere Gewalt aus einander angewiesen sind, eine Gewalt, deren Impulsen inan um so bereitwilliger Folge leistet, al» beide Theile einsehen, daß ihr beziehungSweiser Vortheil in dem selben Maße gefördert wird, in welchem sie sich in die Eigenart de» anderen hineinleben. E» ist ein in der tiefsten Natur der Dinge begründeter Annäherungsvorgang, der sich zwischen den beiden nordwärts und südwärts der Alpen gelagerten Großmächten vollzogen hat» und nur weil da» deutsch-italienische Bünbniß ein spontan in die Erscheinung getretene», nicht elwa rin gekünstelte», ander» gea 'en Neigrtngen und politische» DaseinSvedtngungen widerwillig abgerungene« Werk ist. hat e« in den wenigen Jahren seine» Bestände« dergestalt in Fleisch und Blut der Belheiligtrn übergehen können^ daß man e» heute al» elwa« Selbstverständliches betrachtet, da«, wenn e» noch nicht vor handen wäre, von Stund an mit elementarer Wucht sich seinen Platz erzwingen würde. In dem ,nächtigen Dreibünde, der den sturmfreien Port des europäischen Frieden» darstellt, ist Italien dasjenige Glied, welchem die Wacht gen Süden, über den slutus quo am Millelmerre. obliegt, gleichwie Oesterreich-Ungarn naiv Osten Au-guck und Deutschland den Westen unter Controle hält. Italien ist entschlossen und gerüstet, im Frieden, aber auch, wenn e» jemals sein müßte, im Kriege seinen Posten zu halten. Den Theilnehmera de» mittel europäischen Bundes liegt die Beunrubigung, die HeranS- sorderung anderer Nationen fern; sie stehen aber alle sür einen und einer sür alle, wenn von dritter Seite versucht werden sollte, an der bestehenden internationalen Ordnung zu rütteln. Den aus ih», als heilige» Vermächtnis seine» in Gott ruhenden kaiserlichen Großvaters überkommenen Rechten und Pflichten, einer Politik de« Friedens, der Versöhnung, deS Interessenausgleich» seinerseits feierlichen Ausdruck zu geben, hat Kaiser Wilhelm die BeluchSreise zu seinen erbade« nen Bundesgenossen, erst nach Wien, von dort nach Rom aiigetreten Der Empfang, der dem deutschen Herrscher jen- eil- der Alpen bereitet ist, wirb den Bundesgenossen und der ganze» Welt zeigen, welchen Werlh Italien» Volk aus den Besuch eine» Monarchen legt, der. wie König Humbert, nur dem Wähle de» Staate- lebt und die ihm zu Gebote tehenbe imposante Macht erklärtermaßen, so viel an ihm iegt, zum Schutze gedeihlicher JrleoenSarbeit verwendet 'ehen will. * Zur Romsahrt Kaiser Wilhelm'» schreibt die „Nationallibcrale Correspondenz": Die Romsahrt unseres Kaiser- bildet deu glänzenden Abschluß der nachbarlichen Besuche, welche der neue Herrscher de« deutschen Reichs dek besreundelen und verbündeten Höfen abstattete. Nicht zum wenigsten wird ihm in Rom begeisterter übel deS Volks entgegenschallen. Der Bund zw ichen dem neuen Deutschland und dem neuen Italien ist so sestdegründet, wie es ein Bund zwischen zwei Völkern verschiedenen Stammes nur inimcr ein kann. Er beruht aus der ganzen historischen Eniwickelung der beiden Völker in der Vergangenheit und aus der Gemeinsamkeit hochwichtiger politischer Interessen in der Gegenwart. Die Aehnlichkeit des geschichtlichen EniwickelungSgange- beider Nationen ist oft genug bervorgehoben worden. Beide baden lang und schwer gerungen, Ins sie sich auS politischer Zerrissenheit und Ohnmacht zur nationalen Einheit und zu einer ihrer Bedeutung entsprechenden Neilstellung cniporgekämpst haben, und dleie Geineinsamkeil des Schicksal- hat ein Band um beide ge« schluogen, dessen innige Beziehungen weit über eine gewöhnliche süchtige Allianz hinausgeken. Wenn >e der Tag kommen könnte, an dem die nationale Einheit und Macht DeulichlandS bedroht wäre, jo wäre auch der Bestand deS neuen italienische» Reich« nicht mehr gesichert. Das Bewußtsein von der Gemeiniamkeil der wich- tigften nationalen Interessen in der Vergangenheit und Zukunst hat sich den beiden Völkern ties eingeprägt, in der Zusammenkunft der beiden Herrscher findet e« jetzt seinen bedeutungsvollen Ausdruck. Mit den Römersabrten deS Mittelalter- hat dieser Kaiserbesuch nicht einen einzigen Zug mehr gemeinsam. Der Kamp! zwischen Gneisen und Gdibelliaen ist längst auSgekämpst. Die Sache des nationalen italienischen StaoleS hat gesiegt und nirgends hat man die- freudiger begrüßt als in Deutschland. Unendlich fern liegt dem neue» deutjchen Reich und Kaiserthum der Gedanke, a» roniantisibe historische Antiquitäten anknüpsen zu wollen. ES sind zwei durchaus moderne, aus dem eftesten Boden der Gegenwart stehende Reiche, welche sich die Hand zum Bund gegeben dadcn und jetzt in den erhabenen Personen ihrer Herrscher sreuiidichaitliche Grüße auSIauschen. An serne überwundene drstorischc Erinnerungen gemahnt nur noch die Anwesenheit einer Dritten — de- Papste-. Ohne Zweifel werden die Eeremonien- meister einen Weg finden, wie der deutsche Kaiser bei dieser Gelegen heit auch dem geistlichen Oberbaupt der katholischen Christenheit seine Achtung bezeugen kann, ohne irgendwo Empfindlichkeiten hervorzn- rosen. Allein auch im ultramontanen Lager wird man demkaiser- besuch in Rom die Bedeutung nicht absprechen können, daß damit aus gesprochen werden soll, daß die Bestrebungen noch Wiederherstellung der weltlichen Gewalt des Papstthum- nimmermehr die Unterstützung der dentschen Politik finden können. Dies ist im Grunde, da die Wieder herstellung deS Kirchenstaate- unvermeidlich die Auslösung de- natio nalen italienischen Staates in sich schließen würde, so selbstverständlich, daß man kaum daraus hinzuweijen brauchte. Aber man weiß ja, was sür Hoffnungen im ultramonlanen Lager noch immer gebegt werden und mit welchem sanatnchen Eiser neuerdings die klerikale Agitation die Forderung der westlichen Herrschast des Papstthums wieder erdobe» hat. Der Aerger und Ingrimm, mit dem die ganze ustramonlane Presse die Romsahrt deS Kaiser« begleitet, beweist, daß man lene Bebeulnng derselben wohl begreift. Um so freudiger werden die nationalen Parteien »> Italien den deutschen Kaiser in Rom empiangeii. Möge der den beiden Ländern selbst und dem europäischen Frieden zum Heil gereichende Bund aus dieser Zusammenkunjt der Monarchen neue Kraft ziehen I * Rom, 10. Oktober. Di« deutschen Bewohner RomS werden am Sonntag nach dem Gottesdienst Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm eine vom Maler Tubenthal kunstvoll hergestellte Adresse folgenden Wortlaut- überreichen: „Begeisterten Jubel erweckt die Ankunft Ew Kaiserlichen Majestät >m deutschen Känstlerverein und bet ollen in Rom onsäisigen Deutschen. Enlsorossen den verschiedenen Gauen de- großen Vaterlandes, haben die Deutschen Roms zu allen Zeiten in der Liebe zur Heimalh, in der Theilnahme an Allein, was das deutsche Volk freudig und traurig bewegte, das stärkste Band der Gemeinsamkeit gesunde». Daß wir unserer treuen Anhänglichkeit an daS Vaterland, unserer tiefen Ergebenheit und Ehrfurcht sür Seine» erhabenen Herrscher. Ew. Kaiserliche Majestät, inmitten der Stadt Rom, deren dankbare Gäste wir sind, am heutige» Tage Aus druck geben dürfen, erfüllt unS mit inniger, unermeßlicher Freude. Gottes reichster Segen begleite Ew. Kaiserliche Majestät aus allen Wegen zum Heile und Ruhme unseres deutschen Vaterlandes!" * Rom, 7. October. Für Kaiser Wilhelm's Besuch im Baticon sind dem Vernehmen nach salzende Anordnungen getroffen: Der Kaiser wird am 12 gegen Mittag erwartet und der Empsang beginnt au der großen Treppe, on deren Fuß ein Zug Schweizergaroen. vier päpstliche Diener in der SiaaiSiracht von roroem Damast, zwei geistliche und zwei weltliche Kammecherren (enwsrieri cki capp» e -<>pn<I»), sowie der Obercer-monienmeister (Prälat) und eine der höchste» weltlichen Hoschargen, der lllaestro ilel «nerv ukkrio, der Ankunst Sr. Majestät harren. Der letzt genannte Hoswürdenträger öffnel bei Eintreffen deS Wagens den Wagenschlag. Die hier aufgezählten Personen geleiten hieraus den Kaiser lammt seinem Gesolge die Treppe hinaus. Der Zug Schweizer- garde solgt dem Zuge bis aus die Höbe der Treppe. An dieser Stelle begrüßt eine neue Gruppe den hohen Gast. Dieselbe besteht auS zwei weiteren Holprälaten, dem Almosenier und dem Sacristan. aus zwei geistlichen und zwei weltliche» Kammerhcrren, dem Oaerstallmeister und einer Anzahl Osficiere der Psalzqarden, der Schweizergorden und der Nobelgarden. An ihrer Spitze steht der Majordomus, der Ober, hosmarschall weltlicher Höse. der im Vatican zu den geistlichen Hos- ckrargen gehört. Ihm lällt die Ausgabe zu. den Kaiser i» die päpst lichen Gemächer zu südren. Am Eingänge des ersten Vorzimmer- steht ein weiterer geistlicher Hoswürdenträger, der Kseotro «teil» 6»wer», der mit der Leitung de« Dienstes in den pävstlichcn Ge mächern betraut ist, wiederum umgeben von geistlichen und weltlichen Kammerherren. Hier bat auch die Nobelgarde Ausstellung ge« noinnien und schließt sich dem Zuge an. Beim Durchgänge durch die Gemächer bilde» Psalzgarbcn und Schweizergarden Spalier und erweisen die militairische» Ehren. Mittlerweile bat sich der Papst, begleitet von etner Anzahl Cardinäle und zwei Kammerherren, in den Tdronsaal begeben, wo er stehend vor dem Throne die Ankunst des Kaisers erwartet. Der Leremonirnmelster meidet bei seinem Eintritt in den Saal mit lauter stimme Se. Maicsläl an. Kaiser Wilhelm erscheint, den Majordomus zur Rechte», den Uneotro stell» Oamer» zur Linken. Zur Rechten des Papile« wird eia reicher Sessel bereilstehen Leo XIII. bittet de» Kaiser, aus demielveu Platz zu nehme», und es erfolgt ber übliche Austausch formeller Artigkeiten, der übrigens nur von kurzer Dauer ist. Der Papst ladet daraus den Kaiser ein, >n sein Privaiqemach zu treten, wo ohne Zeugen die eigentliche Unterredung statlfindei. Nachdem dieselbe beendet ist. wird da- Befolge zugelassen und »orgeftelli. Alsdann begleiie» der Papst den Kaiser bis zur Thür seine« Gemache« und die Rückkehr zum Wagen erfolgt mit denselben Förmlichkeiten wie die Ankunft. Nachmittags wird der Kaiser sodann die vaticanischen Sammlungen besichtigen und wahrscheinlich die Kuppel der Peter», kirche besteigen. Bei Vieler Gelegenheit werden an einem Ruhepuncte Ersrüchungen gereicht. Beim Hiaabsteigen wird der Kaiser am Fuße der Treppe einen Stein einqesügt finden, aus welchem das Ereigniß seine« Betuche» zum Andenken der Nachwelt eingegraben steht. Zur Affalre Grsscken. * Eine» der beliebtesten Argumente, womit die sor 1- fchrit tliche Presse Herrn Prot. Grsscken beispringen möchte, ist da«: in dem von ihm veröffentlichen Tagebuch seien keine Staatsgeheimnisse enlhatlcn gewesen, lieber diesen Punkt äußert sich eine Berliner Correspondenz der „Ham burger Nachrichten". E» heißt darin u. A.: „So lauge man glaubte, daß Kaiser Friedrich ol» Kronprinz auch von dem Tagebuch de« Jahre- 1870—71 ebenso wie von einige» anderen Abschnitten seiner Auszeichnungen eine Anzahl Eopiea vertheilt habe und daß die Publikation in der „Rundschau" aus Grund einer solchen ersolgt sei, konnte von Herrn Grsscken wenigsten« behauptet werden, daß kein Geheimniß, also auch, daß kein „StaatSgeheimniß" dadurch verrathen wurde, was einer großen Anzahl Personen mitgetheilt worden war, ohne daß hierzu irgend «ine sachliche Nölhigung bestand, hat dadurch ausgehört Geheimniß zu sein. Allein durch Pro, Delbrück ist sestgestellt worden, daß von dem Tagebuch von 1870—71 keine Cop'en verbreitet worden sind. DaS ändert offenbar die Sache sehr. In unterrichteten Kreisen wird ferner angenommen, daß Herr Gesscken keine Ermächtigung irgend einer Art seitens de« verstorbenen Kaisers zu der Veröffentlichung nachznwessen vermag, auch, gleichviel, woher er dos Manuscript gehabt haben mag, keine solche besessen hat. Wenn e- sich Io ver hält. dann scheint die Angelegenheit sich zu der Frage zuzuspitzen, ob Papiere eines deutschen Kaisers, die er selbst geheim gehalten Hot, mit einem Inhalt wie ver deS veröffentlichten Tagebuchs als „StaatSgeheimniß" im Sinne de« Art. 92 de- Strafgesetzbuchs zu betrachten sind. In dieser Beziehung ist oazunehmen, daß in studio sür da» erkennende Gericht die Auffassnng de- al» Sachverständigen zu hörenden, le,lenden und verantwortlichen deutschen Staatsmannes, also deS Fürsten BiSmarck, maßgebend sein würde." * Ueber die ia der Krug'schen Familie befindlichen Abschriften au« Tagebüchern Kaiser Friedrich'» gehen der „Bossischen Zeitung" folgende Miltbeilungen zu. au» denen hervorgehl, daß die Gesscken'scbe Veröffentlichung außer allem Zusammenhang mit jenen Aufzeichnungen steht: Der HauShosmeister de» nachmaligen Kaiser» Friedrich, Krug, der übrigens bis zu seinem, am 28. Januar 1887 erfolgten Tode in acliven Diensten stand, hat thatsächlich die Abschriften der Tagebücher, und zwar nach ven Originalnotizen de» Kronprinzen, bewirkt. Krug genoß daS ganz besondere Ver trauen seine» Herrn, befaß dabei nicht nur eine sehr gute Handschrift, sonder» konnte auch die bisweilen schwer leser liche Handschrift de« Kronprinzen besonders geläufig lesen. Die Abschriften wurden nicht im kronvrinzlichen Palais, sondern im ReickStagSgebäude gemacht, besten HauSinspector der Bruder deS verstorbenen HauSbosmeister» ist. Der Haus hofmeister wurde während der Arbeit in dem nahe der Woh nung de» HauSinspeclorS gelegenen Bolenzimmer eingeschlvssen. Niemand, auch nicht der Bruder, durste den Raum während ber Arbeit betreten. Die Originalnotizen von der Hand deS Kronprinzen wurden nach bewirkter Abschrift durch Feuer vernichtet. Zur Erinnerung hat der Kronprinz alsdann seinem HauShosmeister drei der Tagebücher, da» von 1866, da» der orientalischen und da» der spanisch-italienischen Reise, in einem Exemplar geschenkt, und zwar mit ber eigenkänbigen Widmung „AuS dankbarem Herzen sür aufopfernde Pflichttreue" und der Unterschrift. — Nach dem Tode Kaiser Friedrich'« im Juli erhielt die damals in HermSdors m Sommerwohnung lebende Wittwe deS HauShosmeister» den Brief eines, zuweilen auch als Fourier verwendeten Kammerdieners der Kaiserin Friedrich, in welchem angeblich in böherem Auslrage um Herausgabe der drei Tagebücher ersucht wurde. Frau Krug entsprach dieser Aufforderung nicht, einmal weil sie die Bücher nicht nur als ein Geschenk, sondern auch al- ein unveräußerliches Andenken betrachtet, dann aber auch, weil sie den Bedienten nicht sür legilimirt hielt. Einsicht in die Tagebücher ist bisber Niemandem, auch den Verwandten nicht, gestaltet worden. Ein Tagebuch von 1870 existirt ia der Krug'schen Familie nicht. Audienz beim vicekönig Li-Hung-Lhang.*) * Aus Sonntag, den 14. März, Nachmittag» 3 Uhr, war uns eine erste Audienz bei Sr. Exccllenz dem Vicekönig Li-Hung-Chang bewilligt worden. Herr Biceconsut Feindel hatte in liebenswürdiger Weise sich bereit erklärt, unsere Vorstellung zu übernehmen, und ich hatte eS aus mich genommen, die Begrüßungsrede in englischer Sprache zu kalten, während der Privalsecretair deS VicekönigS. Herr Lo- Fu»a-Lo, als Dolmetscher sungiren sollte. Kurz nach 2 Uhr setzte sich unser Zug mit all dem bei einem Ausgang hoher Mandarine üblichen Gepränge von dem Europäervi'crtcl aus nach dem etwa dreiviertel Stunden ent fernt gelegenen Hamen des VicekönigS in Bewegung. Eröffnet wurde der Zug von einem Borreiter aus mongolischem Doppelponv. Der Reiter, seines Zeichen- ein als Polizist im deutsche» Consulat angestellter Chinese, trug Gala-Uniform, schwarzseidene Kniestiesel, blauen Seidenrock und weißen, pilz förmigen Basthut mit rolbem Haarbusch. Ihm folgte alS Bisitenkartenträger mein Boy, gleichfalls in seine besten, seidenen Prunkgewänder gehüllt, ein schwarzledernes Futteral tragend, welches unsere großen, etwa 8 Zoll langen, 3 Zoll breiten, rothen Visitenkarten enthielt. Wir hatten uns nämlich bei der Ankunft im himmlischen Reich neue, durch je drei chinesische Wortbilker wieder- zugcbendc Namen zulegen muffen, da unsere seitherigen Namen, mangels einer Buchstabenschrift, gleichlautend in chinesischer Sprache nicht niederzuschreiben sind. Mick hatten die chinesischen Schrisigelebrten, einen gewissen Anklang an den Namen Lmor wahrend, in im-sre-no La ---- Die große Güte. er« — Befähigt. die Oberaufsicht auSzuüben, vo — Bestätigen umgetaust, und konnte ich mich über den Wohlklang und den BedeutunqSreichlhum meines neuen Namen« somit nicht be klagen. freund B'S rotbe Visitenkarte ließ ihn noch wunder barerer Eigenschaften theilbaflig werden. So wurde er in seiner ersten NamenSsilbe als ein Mann bezeichnet, der in lange und prächtige Gewänder gekleidet ist. Das zweite Bild schildert ikn uns als einen Menschen von höchster Tugend und Moral und mit der Fähigkeit begabt, andere Menschen glücklich zu machen; das dritte Sckristzeichen schließlich verleiht ihm das Prädicat eines großen Gelehrten. Auf unseren Visilcnkarlenlrägcr folgte in semein von vier livrirle» Kulis getragenen Palankin von grüner Farbe — der ConsulalSfarbe — Herr Biceconsul Feindel, dem sich meine beiden Kameraden und ick in drei blauen, gleichfalls von je vier Kuli» getragenen Palankins anschloffen. Den Schluß de» Zuges bildeten wiederum al» Garde zwei berittene Diener. Im schnellen Marsch wurden wir durch die engen Gaffen der chinesischen Vorstadt getragen, wo dein. Heransprengen dc» sür die nachfolgenden bohen Mandarine Play heischenden Bor- reiterS Alles eilfertig zur Seite stob. Püncllich um 3 Uhr trafen wir vor dem viccköniglichen Hamen ein. Die Residenz de» große» VicekönigS von Tscbili weist in ihrem Aeußeren nicht« ImponirendeS auf. — Sieht man von der großen Anzahl ber Thorhüter ab. so möchte man daS Gebäude «her lür die Wohnung eine» kleinen Mandarinen, al» sür die Residenz de» ersten chinesischen Staatsmannes anseben. Chinesischem Baustil cnlsprechend, präsentirt sich un» daS Hamen in Gestalt eine» großen Viereck» fensterloser, schmutzig- weißer Lehm mauern, besten Innere» eine große Anzahl eben erdiger Baulichkeiten enthält. Um zu den EmpsangSräumen zu gelangen, müssen wir zunächst drei große Höse passiren und werden alSdann von »»seren Trägern vor einer ge schloffenen Gitterthür niedergesetzl. Beide Thorflügel sind mit leuchtende» Farben bemalt. Aus grünem Untergründe lauchen mächtige Drachen in Gelb und Roth vor un» aus * Wir veröffentlichen unter dieser Ueberschrist nach dem An züge der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" ein Capnel auS dem now unvollendeten Werke de« Herrn Ba nkdirec t or A.H Exner Leipzig, über di« Reise am die Welt im Jahre 1886 Die Red. daneben sind große» rotbe Holztafeln ausgestellt, aus denen mit Goldsarbe in mächtigen, chinesischen Schristzeichen die Titel und Würden Li-Hung-Cbang's verzeichnet stehen. Er wird u»S am' dien» Taseln unter Andern» al- „Bor mund und Erzieher deS Tkronerbcn" vorgesicllt. als „Super intendent im Handelsministerium der Noikknste". al» „Avjunct ber kaiserlichen Admiralität". ..Generalgouverneur von Tschilr" und „Mitglied de» ersten Ranges im 3. Grade de» erblichen Adels mit dem Ehrentitel Su-i." Nach kaum miuutenlanqein Warten, während welcher unsere Karten abgegeben worden sind, öffnet sich da» weile Gitter, und wir werden von dem Ccremonienmcister dc» Vicekönig» einen langen Corridor entlang zu einer kleinen Säulenhalle geführt, von der au» wir in die inneren Gemächer de» Palaste» gelangen. Nachdem wir mehrere chinesisch ouSqestattete Räume durch schritten haben, belrete» wir ein europäisch eingerichlele» Em pfangszimmer, dessen Wände mit zwei lebensgroßen Oelbilbern geschmückt sind, von denen da» eine den Vicekönig selbst, da» andere de» Kaiionenkömg Friedrich Krupp in Essen barstcllt, beites Geschenke deS Letzteren an Li. Hier wurde» wir von dem unser bereit» harrenden Dol metscher Herrn Lo-Fmig-Lo empsangeu, der unS in tadellosem Englisch begrüßte. Wenige Minute» später stießen der Cere- monieiimcister, sowie die neugierig mnherlungernden Diener unS unverständliche Laute auS. welche da« Herannahen Sr. Excellenz des Vicekönig» melden sollten. Eine hohe, breitschulterige Mandschurengestalt von Über 6 Fuß Länge mit grvbknochigen. aber intelligenten Gesichts zügen und dünnem herabhängenden Schnurrbart betritt da» Zimmer. E» ist der Vicekönig Li-Hung>Cbang. Er trägt hohe, schwarzseidene Mandarinensticsel. ei» seidene« Unterkleid und eine schwere Pelzjacke mit in chinesischer Manier nach außen gekehrtem Pelzwerk. Ueber Brust und Rücken fällt eine dicke Perlen- und Steinketle herab, wie sie die hohen Mandarine zu tragen pflegen. Sein Haupt, von dem ein wohlgepflegter, in der unteren Hälfte mit schwarzer Seide bmchflochlener Zopf bis zu den Knieen herabhänqt, ist mit einer dunklen Pelzkappe bedeckt, über die ein Busch seiner rolher Seidenliycn herabsällt und die mit einem Mandarinen- knops höheren Grade» und mit der Pfauenfeder decorirt ist. Huldvoll lächelnd begrüßt er die Anwesenden, reicht bei der Vorstellung Jedem von unS mit einer gewissen Feierlich, keit die Rechte und fordert unS durch eine einladende Hand- bcwequng aus, ibm in da» anstoßende Gemach zu folgen. Dieses, ein etwas schmäleres Zimmer, ist gleichfalls in europäischem Stile eingerichlet und wird säst ganz von einem mit rotkem Tuch ausgeschlagenen Eonserenztisch au-gefüllt, an Lessen oberem Ende Li Platz nimmt, während wir »n» on beiden Längsseiten niederlaffcn. Nach Landessitte wirb uns alsbald in verdeckten Schalen Thce servirt und werden sür unS Europäer de» Ferneren Cigaretten herbeigcschafst, während der Vicekönig selbst von Zeit zu Zeit eine» Zug au» einer langen, chinesischen Pfeise lhut, welche Nauchuistrumente bekanntlich sür europäische Dauerrauck'er nicht erfunden sind, da der kleine Pfeifenkopf nur eben Raum genug für so viel Tabak bietet, al» zu einem einmaligen Zuge nolhwendig ist. Während der etwa l>/, ständigen Dauer unserer Audienz bockte ständig ein chinesischer Pseisenanzünder zu Füßen Ve« Vicekönig». um nach jedem Zuge desselben den Pfelfeiikops der Asche zu entleeren und mit frischem Tabak zu füllen. Eine Anzahl Diener versorgte un» mit Mandeln, Melonciikernen und süßem Conscct. Des gleichen wurden die verdeckten Taffen wiederholt abgetragen, um mit irischem beißen Thee gefüllt unS wieder vorgesetzt zu werden. Gegen Ende der Audienz wurde französischer Cham pagner servirt. Während der Dauer unserer Unterhaltung mit Li waren wir ständig von Lauschern umgeben. Außer dem Pseisenanzünder und verschiedenen ab- und zugehrudca Dienern, welche sich mit dem Serviren de» Tbee», dem Auf trägen von Melonenkcrnen re. im Zimmer zu schaffen machten, befanden sich auch in dem durch einen Vorhang geschiebenen Nebenzimmer mehrere Chinesen, die aus jedes Wort unserer Unterredung lauschten und deren schmutzige Finger wir de» Oesteren den Thürvorhang ein wenig heben sehen konnten. Als nach gut anderthalbstündiger Sitzung der Vicekönig durch Auslrinken seines GlaseS und Aussetzen der großen Hornbrille daS Zeichen zum Ausbruch gab. verabschiedeten wir un». chinesischer Etiquette gemäß, von »hm bi» zum Thore begleitet. Beim ersten Thore baten wir Se. Excellenz. sich unseret- willen nicht weiter bemühen zu wollen, doch setzten wir nach wiederholtem Nölhigen und HöslichkeilSanStausch gemeinsam unseren Weg durch einige Gänge und Höse weiter fort. Bei jedem Thvrweg wurde die Comödie de» gegenseitigen NcthigenS und der Höslichkeitsphrafen wiederholt, bis schließ lich am 4 oder 5. Thore Li mit nochmaligem Händedruck und unter gegenseitigem Tschin, Tschin sich zurückzog. Wir warfen eine Hand voll Münzen unter die Thorhütcr. stiegen in die Tragstühle »nd verließen, um ein interessante» Erwbniß reicher, den viceköniglichen Palast. Wenngleich außerordentlich viele Europäer von Li em pfangen werden und er selbst eine Persönlichkeit ist. deren Worten nian nicht nur in Asien, sondern auch in Europa großes Interesse cntgcgcnbringt, so haben koch meines Wissens bislang niemals Berichte über derartige Interview» ihren Weg in die Presse gesunden. ES dürfte dies zu einem großen Theil seinen Grund darin haben, daß Li eS in der That meisterhaft versteht, seine eigenen Absichten zu verheimlichen, hingegen den Besucher nach jeder Richtung hin auSzusorschen. Er selbst sagt ent weder Nichts, waS einer Veröffentlichung werth erscheint, oder cö ist die Unterhaltung derartig confidentieller, wohl gleichzeitig auch geschäftlicher Natur, daß eine Bekanntgave derselben ausgeschlossen erscheint. Man vermag sich schwerlich direktere Fragen vorzustellen, als solche von Li Hung Chang beliebt werden. Hierin sucht er in der That seinen Meister: während er selbst nur wenig Auskunft zu geben sich bereit finden läßt, in welchem Verhalten er durch die nolbwendige Benutzung eines Dol metschers wesentlich unterstützt wird, versiebt er eS meisterhaft, in buntester Reibensolge die verschiedenartigsten Gebiete zu bcrübrcn und durch zaklreiche, in ihrer Gradhcit oft ver blüffende Fragen sich lehrreiche Informationen zu sammeln. Ich bin während nieincS Aufenthaltes in China wiederholt vom Vicekönig in Audienz empsangen worden, in Audienzen, welche, da der Chinese den Wahrspruch „Zeit ist Geld" noch nicht zu würdigen versteht, sich oft aus eine Dauer von zwei Stunden und länger auSdcbnten. Ich habe in mancher dieser Sitzungen gleichsam als lebendiges ConversationSlexikon herhalten müssen und habe dabei die Wabrnebmung gemacht, daß die Convcrsation um so größeren Reiz sür den Bicclönig gewinnt, je weniger man sich durch seine Fragen verblüffen läßt und je offener und gerader man ihm Antwort aus die von ihm gestellten Fragen crthcilt. Ich erinnere mich unter anderen sonderbaren Fragen noch seiner direct an mich ge richteten Frage, ob ich klüger sei als der Direktor der „Hongkong und Shanghai Bank", woraus ich ihm natur gemäß nur erwidern konnte, daß ick selbst nickt wohl ein Urkheil über meine Fähigkeiten abzugcbcn vermöchte, die» zu thun vielmehr Denen überlassen müßte, welche mich und meine Thätigkeit genau kennte». Ein anderes Mal. als viel von der beabsichtigten Gründung einer deutsch-chinesischen Bank die Rede war, interpellirtr er mich hierüber und fragte, wann die Deutschen eine Bank in China austhun würden. Ich erwiderte, daß die» wobl noch g:raume Zeit dauern würde, da ein so große» Unternehmen nicht über Nacht in« Leben gerufen werden könne. Prompt erfolgte hieraus die Frage: „Warum nicht?" und alS ich die allgemein gehaltene Antwort gab: „weil zuvor eine Menge aus die Äank be züglicher Puncte zu eröltern und zu entscheiden sind", stellte er die weitere Frage: „WaS sür Puncte?" Einstmal» ließ er mir ein ihm zugegangenes dentscke» Buch vorlegen «nd
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