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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881029
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-29
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.10.1888
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«S8V tritt io dar Arbetttverhälknsß bei dem Tanalbau durch den von der Banverwaltang für die betreffende Strecke bestellte» Arzt untersucht, dessen Urtheil über die Zulässigkeit der Annahme entscheidet. Mit ansteckenden oder ekelerregenden Krankheiten behajlete Personen werden j»r Arbeit beim Canalbau nicht zugelasseu. Mit jedem Arbeiter ist ein besonderer Vertrag abzuschlicßea. Die tägliche Arbeitszeit wird nach Anhörung der Unternehmer durch die Canal- Coinmilsion festgesetzt, Nachtarbeit dars nur mit Genehmigung der Canal-Commission slatlfinden. An Sonn» und Festtagen dürsen nur dringliche Reparatur» und sonstige unaufschiebbare Arbeiten borge» nommeu werden. Die Lohnzablungstermine für die Arbeiter dürfen nicht über 14 Tage auSeinanderliegeo. Bei Akkordarbeiten, welche eine längere Dauer bedingen, ist den Arbeitern nach 14 Tagen ein angemessener Vorschuß zu gewähren. Die Auszahlung des Lohnes an die Arbeiter durch Mittelspersonen ist unsiatthast. Arbeiter, welche einen Fomilienhausstand mit sich führen, haben für ihr Unter» kommen und ihre Verpflegung selbst Sorge zu tragen. Jeder Ar beiter ist berechtigt und aus eine an ihn ergehende Aufforderung seitens der Barackenverwaltung verpflichtet, an den Lehrstunden und Hebungen theilzunehmcn, welche zur Ausbildung von Maan- jchasten im Feuerwchrdienst wie im praktischen Samariter» d enst in de» Baracken stattfinden. Die Kosten dieser B-r- nsialtungea trägt die Canalcommissioa. NuS den OrdnungS» strasgeldera sollen hauptsächlich die Kosten gemeinnütziger Ver anstaltungen für die Arbeiter bestritten und außerordentliche Unker- üutzungen an letztere gewährt werden. Zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Arbeitern werden von der lranalcominissiou nach örtlichen Bezirken Schiedsgerichte gebildet, bei Lenen der Justitiar der Caualcommissiou den Vorsitz führt und 'owolil die im Bezirk thätigeu Unternehmer, wie die Arbeiter der betreffenden Strecke durch je einen Beisitzer, der von der Canal» csmmiffion auf je ein BetriebSjadr bestimmt wird, vertreten sein. AnS den vorstehenden Bestimmungen ist ersichtlich, daß den Arbeitern seitens der kaiserlichen Eanalcommission daS weiteste Entgegenkommen dargedracht ist, und ist darnach an- gnnehmen, daß daS Verhällniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch bei dem Bau deü Nordostsee-EanalS ein durchaus befriedigendes sein wird. Verein Leipziger Lehrer. In der Sitzung am 24. Oktober behandelte Herr Director Reimer das Thema: Zur Resormfrage in Bezug aus den naturgeschichtlichen Unterricht in der Volksschule. Thar» sächlich ist derselbe in den letzten Jahren Gegenstand vielfacher Er örterungen und Bearbeitungen gewesen; man vermag in der Art, wie er bisher ertheilt worden ist nur wenig GuieS zu finden, man jordcri, er müsse voo einem neuen Geiste durchweht werden. Während die Wissenschaft selbst in früherer Zeit ihre Aulgabe vorzugs weise im Ausbau des Systems und damit im Zusammenhänge in riwliger Erkcontniß der anatomischen und morphologischen Äer- hälimssc suchte, also die Formenverhällniste hauptsächlich zum Gegen stand der Betrachtung machte, hat sie sich io neuerer Zeit mehr den Lebeaserscheinuageu und Lebeasbedinguiigen, dem Werdea uud Sicheniwickela, sowie den dabei stallsindenden Vorgängen, allo der Pjysiologie und Biologie zugcwandt. Es lann nun nicht fehlen, daß die bezcichnete Art de- Studiums auch in den allgemein wisseuschastlicheu und ebenso in den populairca Darstellungen zum Ausdruck kommt, und so kann selbst der Lehrer, der die Naturwtssensäiasten nicht zu seinem Specialstudtum macht, nicht unberührt davon bleiben, fast unwillkürlich wird er sie tu keinem Unterricht mit zur Bcrwerlhunq bringen. Bei oller der Beoeulung, welche der Wissenschaft au sich thalsächlich sür die Schule znkommt, wird sich die letztere aber das Recht wahren, daß Aus wahl, Anordnung und Verarbeitung des Stoffes durchaus nach pädagogischen Grundsätzen zu erfolgen habe. — Zuerst such! mau Pie Ausgabe uud da- Ziel des uaturgeschichtlichen Unterrichts tiefer als seither zu ersoffen. Die Vergleichung einer Anzakl solcher neuerer Zielbestimmuugea zeigt indessen, daß sie von der Lübens» der gleichfalls eine „Erkeuntniß der Einheit der Natur, eine Erkenntnis de- Lebens, der Mannigsaltigkcit in der Einheit. Kenutoiß der Stoffe und Kräfte, welche das mannigfaltige Leben in der Nalur Hervorrufen" angestrebt wissen will, sich gor nicht wesentlich unterschetdeu. Der Begriff des „Lebens" insbesondere, der immer im Mittelpunct der Reformbestrebungea sieht, ist eia viel zu inhaltsreicher, schwieriger und auch noch räthselhafter, als daß wir in drr Volksschule so leicht damit fertig werd-n könnten. Die Neuerer wollen nun hauptsächlich, daß im Unterricht „die inne ren Ursachen der LebeuSäußerungen verschiedener Individuen und ganzer Lebensgemeinschaften" zur Behandlung gelangen. Ter Hauvt- vertreter Junge hat diesbezügliche jogeaaunle Geietze ausgestellt uud diele ia bestimmte Formeln gebracht, in den Bahnen, welchen der Unterricht zu verlaosen habe, welche zugleich auch den sich-ren Bestand der letzlgiltigen Endergebnisse repräsentiren. Nach kritischer Würdigung derselben kommt der Herr Vortragende zu dem Resultate, daß er die Kenntniß dieser Sätze nicht als das höchste Ziel deS noturgeschichilichen UnterrichlS anerkennca kan«, daß wir vielmehr bei dem Bestreben, sie zu gewinne» und zu vermitteln, in der großen Gefahr sind, einem Dog matismus und Formalismus zu veriallea, die wir aus anoerea Ge- bieten verurtheilen. Dabei müßlen aber doch die speciellen Betrach tungen in Junge'S „Dorsteich" säst durchgängig als musterhaft erklärt und jedem Lehrer zu eingebend:«, Studium empfohlen werden. Klarer und brauchbarer als die Junge'sche Zielbestiiiiinung sind die von Kracplio und Roßmäßler, und mit einiger Ver vollständigung auch dieser Fassungen hat die Naturgeschichte »ach ihrer materiellen Seite hio die Ausgabe, die Schüler zur Bekanni- jchast mit einer Anzahl nach bestimmten Gesichtspunkten aus- zuwählenden Einzelsormen aus dem Pflanzen-, Thier- und Mineral reich, desgleichen mit der Zusammensetzung, dem Charakter, dem Leben und den im Lause des Jahres einlrclendea Veränderungen der einer bestimmten Gegend eigenthümlichen Bereinigungen derselben, und endlich zum Berftäadniß der verschiedensachcn allgemeinen Erschei- innigen, Vorgänge und Entwickelungen in der Pflanzenwelt, der Thierwelt uud im festen Erdköeper zu führen. Tie Auswahl der einzelnen Naturkörper hat »ach ihrem Hervorlreicn im Gesamml- charaktcr der Heimath und nach ihrer Bedeutung IIN Haushalt der Natur und sür den Menschen zu erfolgen: manche Arten sind in alle» drei Beziehungen so wichtig, daß sie auch im Unterricht sämmilich herausgehoben werden müssen. In Hinsicht de» formalen Zwecke- dieser DiSciplio bestehen wesentliche Meinung-verschicdeuheiteu nicht. Es können hauptsächlich die NalurgeschichiSstunden nicht alle in gleicher Weise abgehaUcn werden, sie haben mehrfach verschiedene Charakter. Von denjenigen, welche eine vollständige Reform de» uatorgeichichllick.en Unierricbts ver- iangen, wird uun der jetzige» Betreibung einstimmig der Vorwurf gemacht, daß er eiu bloß beschrei beuder und blaß syste- malischer sei. Herr Direcior Reimer prüft die Bcreaftigung dieies BorwurseS auf das Eingehendste, giebt sie zu einem ge- wiffeu Theile auch zu. kommt aber dann zu dem ganz ent schiedenen Schlüsse, daß die Beschreibung eine ganz hervorragende Bedeutung in der Methodik und einen ganz cntjcheidcndeu Wrrlh sür die Ersolge de« naturkundliche» Unterrichtes hat und immer behalten wird. Wer sie allzu geringschätzig behandelt, wie cS neuerlich mehrfach geschehen ist, soll sich nur hüten, daß sein Unterricht nicht ia phraseologische, werthlose Rederei ausortel! Wer dem Beschreiben das Beobachten gegenüdersetzt, der bringt nicht» Neues. Das wird weiter auSgesührl. Bezüglich einer Bedeutung nr.d B-treibung deS System» in der Volksschule kommt eS zunächst daraus an, waS man darunter versteht. Es wird nie eine Haupt sache bilden, ist aber auch nicht ganz zu entbehren; der Abschluß mit demselben in Oberclasjeu ist zweckmäßig, nachdem der Anschluß an die Natur immer die Hauptsache gewesen ist. Zum Schlüsse kommt der Herr Vortragende noch eingehender zu sprechen aus die methodische Besonderheit der Lebensgemein schaften, die von Jutige und anderen genauer au-gebaut ist. Er erkennt den guten Gedanke», welcher der Sache zu Grunde liegt, warnt aber vor den Bedenklichkeiten, Schwierigkeiten und Unzweck mäßigkeiten. welche nothwendig mit einer solchen Praxis im Gesolge sind. — Mit einem Hinweis ani den idealen Gewinn sür Geist und Herz, welcher ollem uaturgeschichtlichen Unterricht nicht fehlen soll, schloß Herr Direktor Reimer seinen werthvollen Bortrag, sür oeu ,hm der Verein mit lebhafte» vezeiguagen daukte. I«. ver pllilindruck in der Photographie. In dem Schaukasten drr photographischen Anstalt von Georg Brvkesch, welcher sich an dem Hause Goethestraße 1 befindet, sieh« man seit wenigen Tagen Bildnisse au-geslellt von einem äußerst angenehmen jammetschworzen Ton, der ihnen eine Aehnlichkeit mit seinen Stichen oder Phologravüren giebt und ohne den Spiegel- gianz der gewöhnlichen Silberbilder. Alle die Feinheile» Brokesch'- >cher Arbeiten, die Schönheit der Modellicung und die Sicherhrit in der Wahl guter Posen kommen dabei in sehr erhöhtem Maße zur Geltung. Abgesehen von einer Anzahl der schon neulich er wähnten reizenden Kinder-, sowie anderen Siudienköpfen, lallen unter diesen Bildern ans ein sebr großes Bildniß des MalerS Hermann heubner, denselben in gcnrehafter Festung beim Aquarellire» beschäftigt darstellend, »an wundervoll plastischer Wirkung, «in sprechend ähnliches Bildniß des Akademiedireelors Hofrath vr. N eper, niäit minder vorzügliche Bilauiffe des k. pceuß Regierung-baumeisters Hoffman« Erbauer» unsere- ReichSgerichispalasleS u»o de- Capell- nieisters Nikijch Der neugierig diese jesselnde BildnißauSstelluiig Betrachteobe erfährt durch eine zierliche Jnichrift deS Kastens, daß eS sia, hier um „Platinotbpie". will sagen „Plalindruck" bandelt. WaS aber diese Platinolypie ist. und was sie sür die Pholographl» bedeutet, darüber hier einige Worte. Jur die Herstellung der sogenannten positiven Abzüge oder Drucke, wie sic schlicßlich in die Hand der Publikums gelangen, ist die Portraitphotoqraphie bi« beute wesentlich der Zurichlung oeS PapicrS mit lichtempfindliche» silbervervindungen treu geblieben, denn noch immer dar dies Bersabren, besonders bei der schließlich«« Ausfärbung oder Tonung der Bilder im Goldbade, die aiigenehlnüen Töne und mit Ztthilsciialnue einer glänzenden, satinirten Eiweißchicht auch die schönsten Tieien in den Schatte» gegeben. Der Uedelstand aber hat nicht beseitigt werden könne», daß diese Eilbcrbilder gegen Licht und chemische Angriffe im Ganzen wenig nüberstaubssahig sich er weise» und nur durch die sorgfältigste Behandlung uua Auslaugung eine eliiigermaßen genügende Dauer erhalle». Mau hat freilich ein Versahrcn, welche» absolut unzerstörbare Bilder kejeci. üe Kohlc- photographie, wie sie z. B. in sehr großem Maßstabe sie Aullalt Brauii-Tornach zur Herstelluug ihrer grogeu Repruduclionen der Schätze der europälichen Gemäldegallerieu verioenvel. Duffem Verlahren fehlt aber doch die von der Portrailp.wlographie ge- lorderte Eleganz. Da ist nian denn schon vor längerer Zeit aus den Gevanlen gelommen, das Silber durch das weit unzerstörbarere Platin zu erietzcn und »ach den Verd-sjerungen, welche Pros. Eder und andere Fachmänner an dem Versaqren angebracht, hat man es wagen können, dasselbe >n die Praxis wiiklich eiuzusübren. Mit welchem Eriolge die» geschedcn, beweisen die von Brokcsch aus- gestellten Bildnisse. Die großen Vorzüge deS PlatinveriahrenS sind erstlich die schon erwähnte große Tiefe der Schatten, welche An wendung die glänzende Aldunilnschicht entbehrlich macht, lodann der eigeathuinliche Charakter der Bilder, welcher dculelbco in tunst- lerischer Hinsicht eine» Loben Werth verleiht, ferner die vollständige Uaveränderlichkeit der Coolen und dann sür den Ausübenden noch die hohe Empfiiivlichkcii des Plaiiuversahrens, welche innerhalb einer gewissen Zeit drei- bis viermal jo viel Copien wie beim Silber- vcriahren herzustellen erlaubt und die groß- Einfachheit der Mani pulationen. Die etwas größere Kosffpieligken des Platins, wird dem gegenüber kein Hindernis einer allgemeinen Anwendung kcr Plaliuotyple bilden. Adolf Weiske. Vermischtes. ----- Wiesbaden, 2Ü. Ocioder. Es giebt augenblicklich nichts, worüber man sich in Wiesbaden mehr ereifert als über die Thealersrage. Die Sachlage ist kurz folgende. Nach der Annexion verblieb bekanntlich aus politische» Gründen den Hoslbealern von Hannover, Kassel und Wiesbaden ihre Eigeilschast alS Hosbühue, ohne dag jedoch sür ein daueriioes Fortbestehen oerjelben unter königlicher Berwallung Garantie geleistet wurde. Dieser unsichere Instand veranlaßle den Oberbürgermeister Or. v. Jbell vor einiger Zeit zu einer Reise nach Berlin, ivo eS ihm gelungen ist, die Angelegenheit in einer den Umstanden nach bcsrlcdigcnden Weise zu ordnen. Dr. v. Jbell Kalle Besprechungen mit den Ministern des königlichen Hauses, deS Innern und der össentlichen Arbeiten. Erster» erklärte, man beabsichtige nicht, schon jetzt die könig liche Verwaltung auszuhcbeu, inan werde dieselbe vielmehr jo lange zu erhallen suchen, als eS thunlich sei; dagegen wurve betont, daß eine Verpflichtung zur Verwaltung nicht bestehe. Ferner könnte sür den Neubau — denn ein solcher wird be- reilS seil Jahren beabsichligt — nur die Wahl zwischen dem Platze am sogenannte» Warmen Damm und dem Anschlüsse an die neue Eolonnabe sein. Der Gemeinderath entschied sich einstimmig sür den ersteren. Damit war jedoch die Angelegen heit noch nicht endgillig entschieden, denn dem ausdrücklichen Verlangen der Minister entsprechend, wurve die Platzsrage dem BürgerauSschusse zur Bcralhung und Beschlugsasjuiig unterbreitet. In verschiedene» Blällern erschienen ui Folge dessen Aufforderungen zur Theilnaduie an einer ösfenlltchcn Versammlung im Schützenhose bebnsS Besprechung dieser Sache. Die Versammlung nahm eiiien sehr lebhafte» Ver laus und endete damit, baß fast einstimmig beschlossen wurve. eine Petition an de» Gemeinderath und den BürgerauSschuß behufs Erhaltung der Anlagen am Warmen Damm zu richten. Am 22. d. M. fand die Sitzung deS Ausschusses stall, zu welcher sich auch zahlreiche Einwohner und Eurgäsle ein gesunden Hallen. Das Ergebmß der Beralhuug war. daß sür den vom Gemeinveratd gewähllen Platz am Warmen Damm mit großer Majorität gestimmt wurde. --- Zwei Rennfahrer, von welchen einer dem andern, den er sich überlegen wußte, bei Gelegenbeit eines Straßen- sahrenS bei Leipzig, den Sieg in der Weise abkausle, baß er gegen eine Entschädigung als Erster über das Baust kam, wurden dieser Manipulation überführt. I» Folge Vesten ist der Antrag gestellt worden, daß beide Betreffende von der Mitgliedschaft des Deutsche» RadsahrerbundeS, wie auch oeS Allgemeinen Radfahrerclubs „Union" ausgeschlossen werben sollen. (Wicverholt). ---- Hauptmann von Franko iS ü In 8uito deS Kol- dcrgischei: Grenadier-Regiments (2. PommerscheS) Nr. 9 ist von der Anfangs dieses Jahres im Aufträge deS Auswärtigen Amtes nach dem deutschen Schutzgebiete Togo ange- trclenen Reise nach Berlin zurückgekehrt. ---- Zn der Feier des siebe»hundertjährigen Bestehens keS Domes in Stendal hat sich Enltusminisler von Goßler. wie die „Kreuzzeitung" meldet, i» Begleitung vcS Mlttislertal- directorS Barkhausen nach Stendal begeben. --- Aus Stargard in Pommern wurde vor Kurzem der „Deutschen Evangeiiscken Kirchen-Zeitung" berichtet: „Von Seile» der katholischen Kirche werden neuerdings groß« Anstrengungen gemacht, einen in unmittelbarer Nähe unserer Stadl Herruch gelegenen größeren Park zu erwerbe», um hier ein Kloster zu gründen, von wo aus Pommern leicht missionirt werden könnte. Dem Besitzer des Parks sind bereits annchinbarc Summen geboten worden. Da derselbe jedoch gut evangelisch gesinnt ist, so hat er dies Angebot bisher abgelehnt." Non anderer Seite wird noch bemerkt, daß der gebotene Preis keiueswegS dem Wcrlhe des Grund stücks entsprochen habe. --- Die Gebrüder Stumm in Neunkirchen haben, wie die .Franksurler Z-silung" meldet. ,»folge der gestiegenen Preise sür Brod und Kartoffeln ihren Elieiiarbeitern eine Theuerungszulage von 3 monatlich bewilligt. --- Ueber Forellenzuckt in derLüneburgerHaide berichtet die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": Seit etwa sieben Jahren hat sich in der Lüneburger Haide, zu beiden Seiten der Oertze, ein Erwerbszwejg herausgebildet, den mau am ollerweuig len im Bereiche einer Gegend zu suchen geneigt sein möchte, von der es gewöhnlich heißt, daß sie nur Honig und Haidschnucken hervorbriuge, nämlich eine ganz beachtenSwertde Forellen zucht. Dieselbe wird, was besonders zu beachten ist, nicht etwa in der Großen und Kleinen Oertze betrieben, von denen elftere gar keine vnd letztere nur noch sehr wenige Forellen onszuweisen Hot, sondern, wie ge- sagt zu beiden Seiten der (Großen) Oertze, und zwar in der Haide selbst. Wo irgend einigermaßen ergiebige, im Sommer nicht versiegende Quellen aus dem Boden hervorkommen und einige» Master in flachen Ver- tiesunqen langsam über der Fläche hiniühren und dabei eine Art von Suinpsvegetaiion Hervorrusen, da staut der Bauer mit Hilse eine» ausgcworjenen Dammes daS Wasser an und hat damit einen Fischteich hergestellt: der Abfluß deS überschüssigen Wassers wird durch eine keine Schleußt vermittelt, welche mit einem engen Holz- qaiter versehen ist: diese läßt die Fische nicht durch. In einem solchen Teiche gedeiht die Forelle ganz gut, trotz de« keineswegs schlammireien Grundes. Allerdings vermehrt sie sich nicht bei solchen Verhältnissen, denn die Eier der Forelle verlangen sür ihr Gedeihen nicht nur klare», sondern auch fließende» Wasser und steinigen oder doch wenigstens kiesigen Grund; ober die junge Fisch brut, die mau in solche Teich; hineinsetzt, findet ein io gutes Gedeihen, daß sie bereit« im dr Iren Jahre ein den Anforderungen der Händler entsprechende« Gew cht erreicht hat, welches zwischen einem halben und iünsviertel Biuud schwankt, Zar Züchtung sind drei Teiche erforderlich. Die Züchter, welche säinmtlich de» bäuerliche» Besitzern angehören, verschreiben die Eier von de» Fffchbruianstalten und lassen dieselben in sehr einiachen. aber praktisch eingerichteten kleine» Brutanstalten ausbiüten, setze» dann die langen Filche in de, kleinsten der drei Leich« »,tz laste, ft« dar» bis »um nächste, Frühjahre ser ble den. Dann ertolgt die Uebersührung ia einen etwa- größeren Teich, und ü» dutten Frühjahre »imml der grüßte der drei Teiche di; Fisch; aus. In dem daraus solgsndca Herbste wird versclbe ab- gelasjen, die brauchbaren Fische werden tierausgenonimcn, d-e etwa zu klein gebliebenen werden in dein Teiche belassen, der al-dann wieder angeskaut wird. Die Fischhändler, welche meistens in Ham burg oder in Bremen wohnen, sind zuvor bennchrichngt worden und bestimmen die Tage, an welchen sie an der nächsten Cisenbahnstaiioii (meistens Münster an der Uelzen-Bremer Strecke) eiuireffen wollen, um die Fische in Empfang zu nedmen. Die Besitzer bringen dann diese in großen, mit Wasser gefüllten Kübeln zu Wagen dorthin, und ebenso werben dieselben mit der Balm weiter befördert. Von der Eiiiiräglichkeit dieser primitiven Fischzucht kann man sich eine Vor stellung machen, wenn inan erfahrt, daß das Psunü Forellen au Ort und Stelle mit 2,80 biS 3 .st be>adlt wird. Einzelne tüchtige Züchter erzielen sebr deachtcnswerrhe Einnahmen, und w ist cS ganz naiurlich, daß die Zahl derselben von Jahr zu Jahr zunimini. --- Zahlenspielerei. Unsere Leser erinnern sich, so schreibt die „Kölnische Zeitung", vielleicht noch der eigeiilbüm- licae» zwischen den einzelne» Zahlen der Jahreszahl 1888 beliebenden Beziehungen, aus die wir tin Beginn dieses JabreS ailimecksaiil machten und zu denen man durch paarweise Vereinigung der auscinanvcrsolgenden Ziffern der genannten Jahreszahl aus dem Wege der Addition wie auch aus dem der Multiplikation gelangt. ES ergeben sich bekanntlich durch Addiren der erste» zu der zweilen, sowie der dritten zu der vierten Ziffer und durch Bildung der Qucosumme zunächst die Beziehungen: 1 -s- 8 ---- 9 ----- 3^, 8 -s- 8 -°- 16 ---- 42, 9 -j- 16 -- 25 — 5». oder 3» -s- 4» --- 5» und durch Mul- lipliciren derselben Zablcn mit einander: 1X8 — 8 -----2s, 8X8 ----- 64 --- 2» --- (2')». 8 X 64 — 512 -- 2" — (2s)s, also (2s)C (2«)* — (2s)s. Wir würden auf diese Rechenkünste, welche einerscilS den drei pylbagoräischcn Zahlen 3, 4 und 5, anderseits Len drei ersten Zahlen l. 2 und 3 unserer Zahlenreihe gewisse Rollen sür dar Jahr 1888 zuweisen. sicherlich nicht zurückgekom men sein, wenn nicht ein Zufall zu der Wahrnehmung geführt batte, daß daS mittlerweile zum Drcikaiserjahr ge wordene lausende Jabr mit seinen drei 8 noch eine höchst überraschende Beziehung zu den Alterszahlen der drei Kaiser Wilhelm I. — 9l, Friedrich HI. — 56 — und Wilhelm II. — 29 — ousweisl. Zieht man nämlich die Zahl 29 von 88 ab. so bl-.bt als Rest 59. zieht man 56 von 88 ab. so bleibt 32. Di- Summe dieser beiden Nestzahlcn liefert 91 und das Product von 59 und 32 ergiebl wieder die Zahl 1883. — lieber die afrikanischen Projekte deS freie» Kosaken Aschinow wird der „Dossischcil Zeitung" aus Petersburg, 20 Oclober. geschrieben: Trovsenw.ise, bald in Kiew, bald »1 Moskau, bald in Odessa oder Petersburg, dringe» Aachrichwn über die afrikanischen Projectc des sreien Kosaken Aichinow in die Öffentlich- keit. Lo.d gestatt-» sie trotz ihrer Spärlichkeit den Schluß, daß A'Ämow wen klüger als die ru fischen Journalisten ist, die bisher in wöniswei» Ton von sciner Uniernehmung redeten. Niemand vermag zu sage», wer die Proteclorcn des Kosaken sind, und N-.niand kennl die Quellen, aus welchen er die erforderliche» mal riellen Mittel s-llöpil. Und doch dars als seslstebend angenonnncn werden, daß sein Plan, d>e on der asrr- kanischen Küste gegründete Staniza „ Moskwa" zu einer großen russischen Colonie zu entwickeln, hier unterstützt w'rd, daß seine Gesädrten nicht alle dunkler Herkunft sind. Der Name eines derselben, Rnnskai - Kocsjakow, gehört einer allen AdelsiainÜle an. Die Einiendung des russischen Archi- mandritcn Paffst nebst untergeordneten Geistlichen nach Abes sinien, die zweifellos zu Stande kommende Errichtung einer »itbodoxen K.rckn und Klosters in der SlanJa „Moskwa", sür welche in Moskau schon Glocken bestellt sind, lassen wohl vermuthe», daß der heilige Synod oder sein Ooerprocurcur Geheimrath Pobe- donos^ew, daS Unternehmen n-l majorem ckei gloriaiu fördern. Ein Resultat der viel bespüitelten Kosaken-Expediiion zum Negus ist also nicht mehr in Abrede zu stellen. Um sich davon zu überzeugen, braucht man nur emen Blick i» den Ausruf des an die Spitze der obeisi'.liichen Mission g'stellten Paffst a» die Orttiodoxen zu w-rsen. Datin beißt es, „am Ostuscr Airckas pflanzten rechtgläubige Kosaken die russische Flagg- aus . . .", „der heilige Synod eribeille uns seinen Segen zu», Bau einer orthodoxen Kirche . . ." Damit die Spenden der Rechtgläubigen auch reichlich fließen, eilt der tbätige Aschinow von h-er nach Moskau, von dort »ach Kiew u. s. w. und enthüllt seine Pläne mit icdeni Tage mehr und mehr. Die Umsicht, welche Aschinow bisber bewies, läßt nicht glauben, daß er den Gläubigen nur Sand i» die Auge» streuen wolle, wen» er von dem Pla», in der Sianiza „Moskwa" eine russische Schule sür huuSert Schüler zu errichten, erzählt. Schon vor Jahr und Tag waren diese Prostete im Organ Kal!o:o's skizzirt, und der Henna» Aschinow ist der Mann, sie in Ausführung zu bringen, wenn auch sein Bildungsgrad kein sebr hoher ist. Dafür besitzt er bedeutende Energie und einflußreiche Gönner. Aus Kiew begiebi sich Aschmow in den Kaukasus, sodann nach ttonstantinapel und Port- Said und wahrscheinlich in Begleitung einer nicht kleinen Zahl von Nassen, die in Asrika ihr Glück suchen wollen. — Ein anderes von Aschinow angeregtes Prostet, die Colonisirung der Küste des Schwarze» Meeres mit Kosaken, gelangt dem Vernehmen nach in der demnächst beginnenden Session des Reichsraths thcil» weise zur Verwirklichung. Nach amtlichen Erhebungen beträgt der Flächeninhalt der dort sreien Kronländerciea 227 000 Deßjannen, wovon aber blos 6000 cultursäbig sind. Dieies nicht besonders große Areal soll nun bevölkert werden. Kosaken sollen bei der Colonisirung den Vorzug erhalte»» aber auch andere Ansiedler nicht zurück gewiesen werden. — Eine interessante Schilderung entwirft der Neise- sißrislsteller H Nenner in der ..Deutschen Zeitung" von Mostar. der Hauptstadt der Herzegowina: „Mostar ist nicht im Stande", schreibt Renner, „einen so günstigen Eindruck belvorzubrnigeu wie Sarajewo. Dazu trägt allerdings die Bauart der Stadt sehr viel bei. Alle Häuser sind auS Stein und sei en, da ihnen jeder architektonische Schmuck fehlt, einförmig aus. Obendrein fehlt in und an de» Straß » der eigentlichen Stadt das belebende Grün von Baumen oder Blumen; nur in den Verhüten der Moscheen ist sür Schalten gesorgt. Au: die staubige» Straßen brennt den größten Theil des Jahres eine afrikanische Sonne, welche ei» Spazierengehen zur Qual macht. Die Abende bieten aber auch keine Erholung. Nus den Steinen strahlt nach Sonnenuntergang die Wurme eines Damvsbades aus, und wer sich in die Zimmer zurückziehen will, muß vor den Mückeiffchwärmen die Fenster schließen. Wenn aber einmal der Winter wie im vorigen Jahre hereinuricht, dann ist die Kälte zwischen den Steinmauer» uns bei dein Mangel an Oescn eine dovpclt empfindliche, die nur noch einer Slcigcruiig fähig ist, wenn die Bora von den Bergen mit verheerender Gewalt dahci braust. D'eje llimalischen Verhältnisse mögen auch der Giuub sein, baß sich i» Mostar weit weniger Fremde aiigcsicdelt haben als an anderen kleinere» Punclen deS OccupationsaebieteS. Ennge Ga-'twirthe, wenige Geschäftsleute kamen aus den nördlicheren Gegenden d r Monarchie, sonst sanden sich nur crwcrbjucheude Dalmatiner ein. Die Straßen in Mostar sind so weit sauber, als es bei dem starken Verkehr mit Tragtl-iercn möglich ist. Ganze Karawane» kommen vom Lande mit allen mügtichen Berkaossartikelu; große Schaf- und Ziegeubeerden werden von Wciberu getrieben, die noch nebenbei aus einer Spule spinnen. Beiondere Schönheiten findet man unter diesen Landweibern inchi; sie sind meist sedr gebräunt, dabei schmutzig in der Kleidung, aber keiner fehlt der Halsschmuck von Silbermüazen oder Glasperlen. Die Unreinlichkeit ist aus dem in vielen der Gebirgsgegenden herrschenden Wassermangel zu erklären, tenn die selbe verschwindet dort, wo Wasser vorhanden ist. Die Soantags- kleidung ist aber stets rein, die Leinensachen sind schön gestickt in den bekannte» iüdslawischen Mustern. Die Siadtbevölkerung trägt sich national. ES ist ein kräftiger, hochqewachiencr Menschenschlag, der mit großem Seldstbewußiiein eiuberschceitet. Da ist keine Unterwürfigkeit zu spüren, man sieht es den Männern an, daß sie stet» bereit sind, sür ihre Freiheit zu kämvsen. Dabei sind die Herzogen»«» offen und ehrlich, gegen Fremde nicht besonders entgegenkommend, ober in jeder Weise verläßlich. An das öfterrcichiich- Reg-ment haben sie sich sch»« s» ziemlich gewöhnt, aber diese Angewöhnung gebt doch langsamer vor sich als in Bosnien, und es ist immerdin gnt, daß man durch den Bau von ForlS und Blockhäusern den Sympathien etwas nachzuhelsea sucht. So schauen vom Poowelescd gleich sieben Blockhäuser oder Lasernen aus Mostar und seine Umqebnaq herab, za denen sehr gute Serpentinen an gelegt sind. Zu beneiden sind aber vie Soldaten nicht, welche dort ihre Zeit verbringen müssen. Im Norden und Süden der Stadt bciinden sich Kasernen und sonstige nnlitainsche Anlagen. In der Nahe des Nordlaqer» liegt der Bahnh«> der Moftar-Meikovir- und letzt zngieich der Mostar-Rama-Babn. Hier werden europaffche Häuser gebni», und hier bürste sich auch mit der Zeit eine Art Villenviertel entwickeln. Da« Süsiagcr macht schon einen freundlicheren Eindruck, da Me aaarlegte» vanmpflanzungeu gut gedeihe» uud mit der Zeit «>»«» Van bilde» wnben. Lin idyllischer Vanct findet sich noch in der Stadt ganz nahe der alte» Narealobrücke. Dort find groß, Höhlen — augenscheinlich einstmals vom Flusse ausgewaschen — un' in diesen ist eine Bierhalle elablirt. In dies:» Höhlen ist eS wua dcrb.ir kühl, und selbst Kronprinz Rudolf verschmähte e» nicht, diesen- originellsten aller Bierhäuier einen Besuch abzustatten. Hier fliegen die Schwalben zu Hin,denen aus und ein u-,d nisten >0 den Ge mächern, ohne sich um die Menschen zu kümmern. Boa hier ou« hat nian auch einen guten Fernblick aus daS wildzerklllsteie Nareaia- beit, besten Wildheit gerade ,a der Stadt am meisten zur Geltung kommt." DaS SeemaanSheim auf Mönebgut. * So manchem Reisenden, der im Laus« der letzten beiden Sommer mit dem Dampfer die malerischen Küsten Mönch gut« palsirt an»- beobachtet hat, dürste in nächster Nähe des Gühren'schea HüfteS ein' kleine rokhe Flagge aus hoher Düne flatternd cmfgesallen sein. Die selbe webt über einer, seit Jahresfrist hier erbauten und von dichte»- Buschwerk umgebenen Holzbaracke: dem Seema nnsbeim z» Güb reo, errichtet uud geleitet voa «oer vornehmen Dame de' höchsten Stände. Um so ve>wunderlicher will eS uns daher auch erscheine« ll» sichieibr Herr Alexander Eitenbnrg im „Rügenschen KreiS- and Anzeigeblan"), daß die meisten Bewohner unserer deimcnhliche» Insel, wie der nächstgelegensten Küsleostiiche des Festlandes, über daS Bor dandensein und die Bedeutung dieser segensreichen Anstalt, wie über das menichensrenndliitie Beginnen der edlen Gründerin derselben noch immer in großer Unkenntniß sind. Die Ausgabe dieser kleinen Arbeit ist eS nun: die Kunde von dem uneigennützigen Unternehmen einer hochherzigen, vornednien Frau in heimische Kreise hinein zu tragen, wie auch im weiten Bionenlande sür daS mehr und mehr aiisblühende Seemannshcim aus Mönchgut ueae Freunde »uv Gönner zu werben. Ein Zusoll war es. der im Lause deS Frühlings 1887 die Gräfin Sch nach Göhren aus Mömbeut führte: sie war ihren Soffer» oach- gereist, die, anstatt noch Tbiesjow, hierher gesandt worden. An» Strande vromenirend begegnete sie Fischern und sprach sie an. Die Leute erzählten der liebenswürdigen Lame, daß sie vom Festlande koniinend, ost 6—10 Tage, infolge von Hochseefischereien weit ab vom Strand? in ihren offenen Böten liegen müßten und säst immer nur aus trockene Nadrung und Schnaps angewiesen wären. Kimen äe dann endl ch wieder einmal hier an Land, dann fänden sie in Köhren Nachtquartier und warme Kost auch nur sür schwere- Geld und gute Worre, Aus diese M'.ttbeiluiigeu hin zog die Gräfin Er kundigungen ein und iand nur bestätigt, waS sie schon wußte. Zu gleich aber reiste in ihrem hilfsbereiten Herzen der seste Vorsatz, hier an diesem Strande eine Volksküche sür sremde Fischer, ver bunden »nt Schlasranm aus eigene Kosten zu errichten und in Zu kunft ihre Anstalt selbst zu leiten. Und mit männlicher Thatkrast und im Vertrauen auf Gott und den guten Zweck ihre- jungen Unternehmens ging Gräfin Sch. aus Werk, erwarb eiu Stück Feld mark aus Lebenszeit und war schon gegen Mittsommer in der Lage, ihre ersten Gäste au-zunedmen. Schreiber dieser Zeilen ist selbst seit einigen Jahren auf Rügen ansässig und genoß vor wenig Wochen erst den Vorzug, «inen gauzea Tag als Gast ini Seeiuonnsheim der Gräfin Sch. zu verweilen. Ai-s schlichte» seste» Bretter» gefügt, erhebt sich die geräumige Barocke aut hoher, am Südw'slsira--de gel'geueo Düne, die «me entz»ckende Aussicht aus da§ off-ue Meer gewährt. Eiuioche, sckmee- weiß gescheuerte Tische und Bänke bilden die zweckentsprechende Ausstattung des Hauptraumes. von welchem durch eine medere, zicrl'che Holzschranke der Küäicnraum abgetheilt ist, mit Borden sür Geschirr und einer eisernen Kochinaschinc ausgerüstet, aus welcher von zwei sauber gekleideten Mädchen die einfachen, aber kräftigen Mahlzeiten bereitet werdea. Hinter dem kücdeuraume liegt der mit gutem Stroh versedene, abgesonderte Scblasraum. Neben dem Hauptgebäude erhebt sich ein kleiner, gleichialls in Barackeifform gebaltenrr Pavillon, ein zierliches Wohnzimmer mit anstoßender Schlaikammer enthaltend, emgcrichlet mit Erzeugnissen einer Mödelsabrikation. welche Gräfin Sch. ebenfalls im Interesse ihrer wcttergebrüunten Schützlinge ins Leben gerufen uud aus die wir später noch einmal zurückkommen werden. Unter diesem iäil chien Dache weilt Gräfin Sch. vom Morgen bis zum Abend, um erst spät in ihre Wohnung in Göhren zurückzukehren, aus welcher sie nur die Stürme des Winters zu vertreiben vermögen k Hierher kehrt die selbstlose Dame mit beginnender Fischsangzeit zurück, um einzig und allein dem Wobt und Wehe der Fischer sich zu widmen, die in Vieser klugen, warniberzigen Frauenseele «ine ver schwiegene Vertrante, ein» treue, einncblige Beratherin gesunden, die sür Jeden den rechten Ton. das zutreffende W rt zn fiudri, weißt Wie weageschwunden ist im Verkehr zwischen Fischer und Edrldame der Unterschied des Standes; und dock bat Gränn Sch. sich niemals über Unchrerbieligkeit zu beklagen gehabt, im Äegenlveil, sie wird aus Händen von diesen ranheu Secleuien getragen, deren trotzige Gemüiher sie mit sicherer Hand und klarem Blicke zom Guten und Schönen binleitet! Der Zuipruch und die Anerkennung, welche Gräfin Sch, seit Jahr und Tag von diesen fremden Fischern erntet, belohnt die Be- müvuiigcn der Dame in vieler Bestehung. Mehr als Tausend sind es nun bereits, die unter ibrem Gott gesegneten Dache Einkehr und Rast gehalten haben, begrüßt mit c:ucm jceundlichen Worte, geleitet von frommen Segenswünschen I Die Preise der verabreichten Nahrungsmittel sind gleich denen in den Volksküchen großer Städte sedr geringe. Ei» warmes Millag'esten wird mit 20, Thee mit 5 und Kaffee mit 3 abgegeben. Aus der benachbarten Jniel Oie jedoch »iüssen die Fischer sur ein Gericht Kartoffeln mit Salzhärinq 50 zahlen, und obendrein »och unter der Voraussetzung, daß gezecht wird. Daker h,gt Gräfin Sch. stark die Absicht, auch aus diesem kleinen Eilande eine gleiche Anstalt, wie in Göhren, eiu. zurichien und unter die Obhut einer Diakonissin zu stellen. Wie freudig dieser Plan von den in diesen G wässer» verkehrenden Fischern begrüßt wird, läßt sich nach einem Vergleiche obengenaiiuter Zahlca wohl ermessen. Um »un auch sür die Muße- und Winterstunden den guten Leuten einigen Verdienst zu verschaffen, hat der erfinderische und elastische Geist dieser hochherzigen Daine ebenfalls Mittel und Wege gesunden. Nach von ihr selbst entworsencn Zeichnungen läßt Gräfin Sch. aus schlichtem Tannenholz solide Möbel anserligen, deren originelle und stilvolle Formen das Auge jedes KunsrsreundeS ersceuen müssen. Das Holz ist dunkel gebeizt; Ränder, Lehnen, Sitze und Tischplatten werden von der talentvolle» Dame mit weißen oder grünen Linien, Figuren und kunstvollen Arabesken bemalt, welche von den unbe- ichSstigien Fischern nachher durch riese, keilsörmige Mesiereruschnitte sauber ausgehoben werden. Diese in obenbesagter Weile behau- bellen Möbel erzielen eine prächtige Wirkung und dürsten sich ganz besonders zu Vor- und Speisezimmer-, wie Kiicheneinrichrungei, ganz vorzüglich eignen. Bestellungen werden unter der Adresse: „Seemannsbeim in Göhren a. Rügen" bereitwilligst und dankbar von der Gräfin Sch. entgcgcngenoinmen. Die Preise sind auch hier wieder äußenst solide: eine vollständige Eßzimmer-Emrichtung zum Beispiel stellt sich nur aus 150 «Sl, und was geschmackvolle AuSsübruug anbelangt, Io birgt der ausgesprochene Schönheit», sinn, wie die ganze künstlerische Begabung der edlen Dame nur Gutes. Mancher aagehenden jungen Hausirau wird also hiermit Gelegenheit gegeben, bei Anschaffung ihres nothmendiqen HausratbcS nocti einem guten Zwecke zu dienen uud einer wahrhaft selbstlosen deutschen Fraueaseele eine große Freude zu bereiten, nicht durch äußere Anerkennung, nein, nur durch dos Aufblühen ihrer Menschen- sreundlicken Beftrebnngcn kann Gräfin Sch. wahrhast belohnt wer. den! Ebenso wird cs uns selbst zu größter Freude gereichen, wenn diese Zeilen nicht nur hier in unserer engeren Heimath, sonders auch weit brinncn im Binnenlande die Kunde vom „Seemanasheim ans Mönchgut" und seiner edlen Stiiterin verbreitet werden, noch mehr aber, wenn das hier geschilderte Vorgehen der voruehmcu Dame am einsamen Strande von Mönchgut, die vor Kurzem noch ihre kost baren Schleppen über Las Parquet voa Königsschlössera zog, m mehr als emer Weise thätige Nachahmung fände. üericht über vie Freyliciir >w Asyl sür männliche Oböachlosr, Tbalstraße Nr. 28. In der Zeit vom 20. bis 27. October 1888, Nacht vom Vorge- sprochen Aujge- nommen Zurück- qewreten 20. Oct. zum 21. Octbr 41 40 1 21. - O 22. B .... 41 41 —- 22. - - 23. > 40 38 2 23. 24. - - 24. 25. L 45 37 , , 44 . 36 1 1 25. 1 - 28. 3S 38 1 26. 27. 47 47 290 284 6 Literatur. Als «ns vor wenigen Monalcn das erste Hest der siebente» Auslage des vollständig neu umgearbeiieren P«erer'schen C««V«r» satisnslerifsn», heran-gegeben von Professor Jos, Kürsch»«»,
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