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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881028
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881028
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-28
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1888
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Nrdactlon und Expedition IohonneSqasse 8. Sprechstunden der Nedaction: Lornutlazs 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. >>r »>« Nü<lß«»« «tn,ttand»n Manulcrivk» Nicht stch s» »ed»ct>cn nicht »ndindlich. «««atz», der f»r »te «ichstfalgentze Nu««er defttmmten Inserate an Soche»ta,»n bt» S Nhr Nachmitiag», an Sann-und Arfttaieu früh bis'/,v Uhr. In den Filialen fiir Ins.-Annahme- vtta Klemm. UniversikätSstraße 1. Laut« Löscht, Kathartnrnstr. 23 Part. »na König-Platz 7, nur bis '/,S Uhr. ttpNgtrMMlllt Anzeiger. — .. ^ Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. AdoinrementSprei» vierteljährlich 4»/, Mk. iacl. Brinqerlohn 5 Mk., durch dt« Post bezogen L Mk. Jede einzelne Nummer 80 Ps Belegexemplar 10 Ps. Gebühre» für Ertrabeilaaru (in lageblati-Format gefalzt! ahne Postbeiörderung SO Mk. »tt Postdesörderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schrislen laut »ns PieiSverzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach höherm Darts. Urrlamen unter dem Redactionsstrich d>« 4aespalt. Zeile SO Ps., vor denFamIlterinachrtchtr» die Kgcspallene Zeile 40 Ps. Inserate sind steil an die Gxprdttta» »n senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumerancko oder durch Post- nachnahme. 302. Sonntag dm 28. October 1888. 82. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vtkaimlmch«»-. Mit Rücksicht auf die bevorstehende Teilnahme Sr. Maleftüt de» deutsche« Kaiser» und Tr. Majestät deSKtintö» »»«Sachsen an der Feier der Grundsteinlegung zum ReichSgertchtS- edaude macht e« sich nöthig, am 31. Octcber d. Z. folgende tragen und Platze, welche Ihre Majestäten bei der Fahrt nach dem Festplatz passire» werben, als: den Platz vor dem Dresdner Bahnhof, die Bahn- - hossstraße von „Stadt Nom" bis zum Grimmaiscken Steinwea, dir Straße über den AugustuSplatz, die Grimmalsche Straße, die den Markt umgebenden Fahrstraßen, die PeterSstraßc, die Fahrstraße an der Westseite de- König-Platze-, den PeterSstcinweg bit zum „Römischen HauS", die Kleine Burggasse und die Bcelhovenstraße bi- zur Grassistraße, in- gleichen die Harkortstraße und die Simsonstraße auf der Strecke von der Wächterstraße bis zur Albcrtstraße in der Zeit von H Uhr Vormittag» bis nach geschehener Borbeifahrt de- kaiserlichen und königlichen WagcnzuaS bez. bi« nach beendeier Feier auf dem Feitplatze für den Fähr verkehr zu sperre«. ES wird daher das Fahren aus diesen Straßen mit Fuhrwerk irgendwelcher Art, insbesondere auch mit Landwage« und Ktuderwagen während der gedachten Zeit untersagt; doch soll in dringenden Fälle» das Kreuze« der bezeichnet«»» Straßenlracte Mil be spanntem Fuhrwerk in der Zeit von 11 Uhr bi» >/«12 Uhr Vormittag- noch nachgelassen bleiben. Auf die mit besonderen Wageukarte« versehenen eia« geladene« Festthetlnehmer bezieht sich jedoch vor- stehendes Verbot nicht, vielmehr ist e» diesen gestattet, auch die abgespcrrten Straßenlheil« mit ihren Wagen zu passiren. Für die Abfahrt Ihrer Majestäten Wird in den Nach. Mittagsstunden auch die Albertstraße vom ConcerthauS bis zum Bayerischen Bahnhof vorübergehend für den Fährverkehr gesperrt Werder^ «nd ist in dieser Beziehung den Anordnungen der ausgestellten Schutzmannsposten nachzuiommen. DaS z« F«S> verkehrende Publicum wird ersucht, in den vom Zuge mekührten und den benachbarten Straßen thunlichst die rechte Seite einznbehalten. während de« Borühxrfahren» der Majestäten aber fest auf dem Platze gehe« za hletbe» und in jedem Falle vi« zwischen den Spalier bildenden Vereinen und Truppen liegende Fahr straße srei zu lassen. Diejenigen Reisenden, welche wäbrend der Absperrung« zeit sich nach dem Dresdner Bahuhos zu begeben ge zwungen sind, haben ihren Weg vom Eingang gedachten Bahn hofs bei „Stadl Rom" aus durch den dortigen Posthos nach der Hinteren Bahnhofshalle zu nehmen, bez den Weisungen der dort ausgestellten Bahnbeamken nachzuaehen. Wenn wir schließlich auch bei dieser Gelegenheit an die gesammte Einwohnerschaft die Bitte richten, selbst für Auf rechterhaltung der Ordnung mit allen Kräften einstehen und die Aussichtsorgane unterstützen zu wollen, so sind wir all seitiger Zustimmung um so mehr sicher, als gewiß ein Zeder init uns den Wunsch theilen wird, daß der für die Stadl Leipzig so hohe Ehren- und Freudentag durch keinerlei Miß ton getrübt werde. Leipzig, am 26. October 1888. Der Rath und da» Polizeiamt -er Stadt Leipzig. Xo. 37941). R. Or. Georgl. Bretschneider. Hcntschet. Zn Gasanstalt I kann bis aus Weiteres Füllmaterial. alS: gewachsener Boden, Sand, Kies, Steinknack abgelagert werden; die Ablagerung von verwesenden, verfaulenden oder den Boden verunreinigende» Stoffen, insbesondere von Schutt, Asche, Kehricht u. s. w. ist unzulässig. Eine Vergütung für das angesahrene Füllmaterial wird nicht gewährt. Die Ansuhre hat von der Berliner Straße auS zu geschehen und ist den mit der Ueberwachung der An fuhr beauftragten Beamten unbedingt Folge zu leisten. Leipzig, den 25. October 1888. De» Rath» der Stadt Leipzig Deputation zu den Gasanstalte«. Das am 1. Januar 1882 von der Polizeibehörde in Kalkau für Jehann Herrmann aus Blomenlhal au-gestellte Dienstbuch ist vor einiger Zeit verloren gegangen und im SuffiudungSfalle anher abzuliesern. Leipzig, am 82. October 1888. Da« Palizeia«» der Stadt Letpzt,. I. 5521. Bretschneider. L. Sonnabend, den 3. November d. I., früh 10 Uhr soll tm Hose de- alten JohanniShoSpitaleS 1 Pserd, brauner Wallach, öffentlich an den Meistbietenden gegen Baarzahlnng versteigert werden. Leipzig, am 27. October 1888. Die Ockanamte-Inspecttan. Nichtamtlicher Theil. Die Zustande in Frankreich. Die Verhandlungen der Kammer Uber da» Budget. deS Ausschusses für die Revision der Verfassung, über den Antrag Floquet'S, die Abberufung deS französische» Botschafter- beim Königreich Ztalien und der zunehmende Einfluß Boulanger'S gewähren ein Bild der Zustände in Frankreich, welche« trübe Aussichten für die Ziiknnst de» Lande« erweckt. Der Finanz minister Pevtral vermochte für da< übermäßig bohe Krieg«, budaet nicht» andere» geltend zu machen, al» die gebieterische Notwendigkeit. da- bisherige KriegSdudget noch mehrere Zahre sortzuerhalten. Ueber die neue Einkommensteuer setzte er sich mit der kühnen Wendung hinweg, daß sie keine neue Steuer, sonder» nur eine Ersatz- und ErgänzungSsteuer sei. und schließlich bat er unter dem Beisoll der rrgierungSsreunb. licke» Abgeordneten, da- Budget noch vor Enke de« Jahre« r» bewilligen. Damit war die allgemeine Erörterung beendet, für gestern war aber der Eintritt in dir Einzrlverathung anaesrtzt und dabei wird ei» anderer Ton angeschlagen werden, »nchsr de» »et Beginn d«, Genemldebatt, «ehr nrtsprechen wird, in welcher bekanntlich die Eensur der Opposition auf Wahnsinn lautete. Der Schwerpunkt der gegenwärtigen Lage ist da zu suchen, wo Boulanger seinen Einfluß geltend zu mache» Gelegenheit tat. DaS war in bei» Ausschuß für die BcrsaffuiigSrevision der Fall, wo er die Auslösung der Kammer und die Einberufung einer constituirenden Versammlung, also gerade die Maß regel für iiolhwendig erklärte, welche Floquet auf jede Weise bekämpft. Boulanger begründete seinen Antrag durch die Erklärung, daß die unabbängige vor dem Lande verant wortliche Execulivgewalt in den Händen einer Constituante liegen wüste, welche die Aufgabe habe, diclatorischen Miß bräuchen vorzubeugen. Eine solche Warnung au- dem Munde derjenigen, von welchem derartige Mißbräuche in erster Linie befürchtet werde», hat etwas Komisches, aber eS ist ja ein ganz gewöhnlicher Kunstgriff ehrgeiziger Streber, daß sie die Miene der Unschuld annehme», wenn sie die Anstalten lrefsen, um ihre PlLue ins Werk zu setzen. Boulanger hat stet» Widerspruch gegen die Beschuldigung erhoben, daß er nach der Diktatur strebe, aber alle seine Handlungen strasen seine Worte Lügen. Er will Racke nehmen für die gegen seinen Willen über ihn verhängte Versetzung in den Ruhestand, er 'al seine Rückkehr an die Spitze der KriegSverwallung in lu-sicht gestellt, er protestirt aber gegen den Verdacht, daß er seine Hand nach größerer Machtvollkommenheit auS- trecke, weil er weiß, daß er die Slunmen vieler Wähler ver lieren würde, wenn er ein weniger zurückhaltendes Verfahren cinscblüge. Für Boulanger arbeiten di« Verhältnisse und di« Un einigkeit seiner Gegner. Floquet hat sich durch Einbringung seine« Anträge« auf VersastungSrevision einen großen Theil der Republikaner entfremdet, er wollte Boulanger mit seinem Anträge treffen, hat aber nur sich selbst geschadet. An Warnungen vor diesem verhängnißvollen Schritt hat eS nicht gefehlt, aber Floquet wollte eine Entscheidung herbeisühren, und er hat seinen Zweck soweit erreicht, daß ibm die Mehrheit der Republikaner ihr Vertrauen zu erkennen gab, wenn auch tbeilweise unter dem Vorbehalt, daß diese Kundgebung nicht die Zustimmung zu dem Anträge bedeute, sondern auS PalnotiSmuS geschehe. Die Kammer wird voraussichtlich in nächster Zeit noch wiederholt in die Lage konimen, ihre Vaterlandsliebe durch Brwilligungvon Regierungsforderungen zu zeigen, die den Wünschen der Mehrheit widerstrebt. Sehr bezeichnend für die wahre Lage der Dinge waren die Bemerkungen, welche der Berichterstatter de« Budget- machte. aaSsitzung für KrugSzwecke anSschuste« der Kammer, Roche, in der DienSta Er wie» auf die Steigerung der Ausgaben s in allen europäischen Staaten hin und nannte Europa ein verschanztes Lager, er verschwieg ober den Hauptgrund dieser Rüstungen und stellte Frankreich als daS Opfer unglücklicher Verhältnisse dar. Frankreich sei in seine» Bewegungen nickt srei, gebeugt durch die unglücklichen Er eignisse. könne es sich nicht vor den drohenden Bündnissen wie aus einer Tafel isoliren. Ter Sinn dieser Erklärung ist verständlich: Frankreich muß den Dreibund durch doppelte Rüstungen unwirksam zu machen suchen. Es scheint aber, daß diese eigenthiimliche Logik doch allmälig auch unter de» opferwilligsten französischen VaterlandSsrennden Gegner findet, sonst würde der Vorwurf de- Wahnsinns bei der Finanz- Verwaltung der Regierung erspart worden sein. Frankreich vermag die Lasten, welche ibm die stete Steigerung der Aus gaben für Kriegszwecke ausbürdet. nicht mehr zu tragen und sehnt sich deshalb nach einer Veränderung seiner Lage. DaS ist die eigentliche Bedeutung der von Boulanger erregten Bewegung, er kommt damit der unklaren Empfindung vieler Franzosen entgegen, daß nur durch eine feste einbeillicke Regierung Abhilfe für die unerträglich gewordenen Zustände geschafft werden kann. Daß auch die« eine Täuschung ist, leuchtet den besonneneren Franzosen eiu, aber sie seben sich vergeblich nach Mitteln um, der Gesahr mit Erfolg entgegen zu treten. Der Vorfall im Ebateau d'Eau-Theater, über welche» wir gestern berichteten, läßt ein Wachsen der boulangistiscken Bewegung erkennen, die Palriotenliga hat sich Boulanger vollständig zur Verfügung gestellt, um seine Sacke zu fördern, und hat damit freilich den rachedürstenve» Charakler der Diktatur Boulanger'S über jeden Zweifel erhoben. Bekannten Vorbildern getreu leugnet Boulanger auch die kriegerischen Absichten, welche er gegen de» Nalionalscind hegt, und nimmt die Miene deS Friedensapostel an, die Palriotenliga läßt daS aber unbeachtet und hebt Boulanger aus den Schild des Führer» im Rachekriege. Daß eS dabei zu Tbällicbkeiten kommt, entspricht sicherlich den geheimen Wünschen Boulanger'S. wenn dabei auch seine Person in Gefahr gerätb. Wer »ack der höchsten Gewalt strebt, muß solche kleine Unannehmlich keiten mit in Kauf nehmen, und bei den Wahlreise» in die verschiedenen Departements bat Boulanger cS lernen müssen, auch feindlichen Kundgebungen die Spitze zu biete». Zm Ganzen kann der Mann der Zukunft Frankreich» mit seinen Erfolgen zufrieden sein, er bat die herrschende Ver wirrung durch sein bernuSsorderndcS Auftreten wesentlich ver mehrt. er hat sich zur Hauptperson Frankreichs gemacht »nd die Regierung grnöthigt, ihre ganze HanklungSmeise mit Rück sicht auf seine Person einzurickken. Floquet würde nicht daran gedacht haben, einen Antrag aus VersastungSrevision zu stelle», wenn er nicht damit Boulanger ein Hinderniß sür seine Pläne in den Weg z» rollen geglaubt hätte, Goblet würde wabr- scheinlicb vorsichtiger in der Masiaunh-Angelegenbeit operirt hoben, wenn er nicht gebesst hätte, die öffentliche Aui- merksamkeit dadurch von Boulanger ab- und aus sich selbst zu lenken. Der Minister des Auswärtigen bat jetzt einen Ausweg gefunden, um die Verantwortung sür die diplomatische Niederlage in der italienischen Streitfrage von sich abzu wälzen. der Botschafter Mond wird abberusen, weil er eS nicht verstanden hat, sich mit der italienischen Regierung in leidliche Beziebnngen zu setzen trotz der schroffen Note, welche Goblet nach Rom gesandt hat. Solche Gegensätze a»s- zualcichen. Würde wohl auch ein geschickterer Diplomat außer Stande gewesen sein. Auch in der tunesischen Schulsrage bat Goblet Anlaß zur Unzusriedcnbeit der italienischen Negierung geboten, also auch in dieser Frage ist Mouy an dem unerquicklichen Verbällmß der beide» Re gierungen schuldlos. Goblet ist zu weit gegangen in seiner Action gegen Ztalien und da die Folgen in Gestalt diplo matischer Niederlagen zu Tage treten, muß der Botschafter Frankreichs in Rom seme Pässe verlangen. Auch dieser Bor- I gang kann nicht dazu beitragen, da» Dasein de« Ministeriums I Floquet -u verlängern Leipzig, 28. October. * Der BundeSrath nahm in der am 25. d. M unter dem Vorsitz de« Vice-Präsidenten de« königl. StaatSministe- riums, StaatSministerS und StaatSscrretairS de« Znnern v. Bötticher, abgehaltenen Plenarsitzung die Neubildung der Ausschüsse für Zoll- und Steuerwese», sür Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, Post- und Telcgrapben, sür Justiz- Wesen, für Rechnungswesen, für die auswärtigen Angelegen heiten, für Elsaß-Lothringen, sür die Verfassung und sür die Geschäftsordnung durch Wahl vor. Dem Anträge Braun- weiaS, betreffend die Znkraftsetzung dcS Gesetzes über die »fall- und Krankenversicherung der in land- und svrstwirth- schasllichcn Betrieben beschäftigten Personen sür das Gebiet deS HerzogthumsS Braunschweig. wurde die Zustimmung er- theilt. Ein Schreiben des Präsidenten des Reichstags, be treffend den Beschluß dcS letzteren zu einer Petition wegen des Erlasse« gesetzlicher Bestimmungen gegen die Ueberhand- nahme der Trunksucht, sowie mehrere Eingaben, welche sich aus dasselbe Ziel richten, wurden dem Vorsitzenden deS Bundesraths überwiese». Endlich wurde über vie geschäft liche Behandlung von Eingaben Beichluß gefaßt. * In den nächsten Tagen wird die Verordnung zur Ein berufung deö Reichstag» erwartet. ES soll dafür der 20. November in Aussicht 'genommen sein. Der Reich-tag wird sich diesmal einen neuen Präsidenten an Stelle deS Herrn von Wcdell-Piesdorfs suchen müssen. Die Hauptvvr- laae der Session, der Altersversicherungsentwurf, soll soweit ezördert sei», daß er bereit« zu Beginn' der parlamentarischen lrbeiten vorgelegt und noch vor Weihnachten in Angriff genommen werden kann. Ueber den sonstigen ArbeitSstoss des Reichstags ist noch wenig in die Oefscnttichkeit gedrungen. * Dem Magistrat von Berlin ist aus die an Zhre Majestät die Kaiserin und Königin aerichteie GeburtStagS- Glückwnnschadresse folgende Allerhöchste A nlwort zuaegangen: Den Ausdruck der Glückwünsche und der treuen Getznnung habe ich zu Meinem Geburtstage von dem Magistrat der Haupt- und Residenzstadt Berlin gern entgegengenomme». Wenn der Rückblick auf daS verflossene Jahr zunächst daS Gefühl schmerzlicher Wehmuth von Neuem in Mir w-ickrust, so ist eS Mir ein schönes und tröstliche« Bewußtsein, Mich darin Ein« zu wissen mit der gesammten Nation. Aber neben der Trauer und dem Heimgang der großen entschlafenen Monarchen bewegt Mich daS (Hesüyl herzlicher Dankbarkeit für so viele« Gute, da« Mir Gotte« Gnade im Lause des letzten Jahre« erhalten und neu geschenkt bat. Dahin rechne Ich vor Allem die glückliche Heimkehr Seiner Majestät deö Kaiser«, Meine« Gemahl«, und die an Geist und Körper frische und kräftige Entwicklung Meiner Söhne. Die guten Wünsche des Magistrats für Vas Gedeihen derselben haben Mich besonders angenehm berührt. Nicht unterlassen will Ich, den Magistrat Meines lebhaften Interesses sür die Stadt Berlin, zumal sür die mannigfachen Anstalten und Werke barmherziger Nächstenliebe zu versichern. Es wird Mich nach wie vor erfreuen, denselben Meine Fürsorge und Theilnahme zuwenden zu könne». Potsdam, den 22. October 1888. (gez.) Victoria, Kaiserin und Königin. An den Magistrat der Haupt- und Residenzstadt Berlin. * Nack dem nunmehr amtlich feststehenden Resultat der Reichstags-Ersatzwahl >» Nürnberg erhielten der sreiconservatwe Candidat v. Lerckenseld 3745, der Candivat ver Vo kSparlci Kröbcr 3637, Leidig 1868 und Schönlank 70l Stimmen. ES ist mithin eine Stichwahl zwischen Lerckenseld und Kröber ersorkerlich. — Das amtliche Ergebniß der am 23. d. M. stattgehabten ReichstagS-Ersatzwabl im Wahlkreise Flatow-Scdlochau ist solgende«: Abgegeben wurden im Ganzen 15 959 Stimmen; davon erhielt der bisherige ReichStagSabgeordnete OberregierungSrath vr.Sckeffer in Bromberg (deutsch-conscrvativ) 9?6l. ver Geistliche 1>r. von WvlSzlrgier in Zakobsdors (Pole) 3934 und der Dckan Neumann in Hammerslein (Cenlrum) 2118 Stimmen; I)r. Scheffer ist mithin gewäblt. * Das „Berliner BolkSblatt" bezeugt heute, gegenüber den Versuchen deS Nichtcr'schcn Reptils, den Umstand zu leugnen, daß in Soli» <zen allerdings zwischen Socialdemokraten und Fortschrittlern über ein Cartel verhandelt worden ist. fügt außerdem aber noch die interessante Angabe hinzu, daß nicht etwa die Socialdemokraten, sondern die Fort schrittler im Gefühle ihrer Schwäche den ersten Schritt ge- tban haben. DaS „Volksblatt" erklärt, die Freisinnigen hätten sich, wie schon vor drei Zähren, an die Führer der Social demokraten mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Die Eocialdemokratie wisse sehr wohl, daß sie eventuell bei einem Zusammengehen mit dem Freisinn in jenem Kreise im Stande sei, den Herren Euny und v. Eynern daö Mandat streitig zu machen. Es sei deshalb gefordert worden, daß die Freisin nigen als den einen Canbidaten Herrn Singer aniiehmen sollten. Die Freisinnigen sollen jedoch abzelehnt haben, offen in diese Wablallianz emzutreten. * TaS Landgericht zu Duisburg hat bekanntlich die Beschlagnahme deö Mackenzie'schenPamphlcts, einem Anträge deö Rechtsanwalts Golvbaum entsprechend, wieder ausgehoben. Die Leute, die sich das Machwerk voran« bestellt hatte» — nach der Reclamc sollten es ja wohl 70 000 sein —, werden es nun auch abnehmen müssen. Sonst wird freilich die Nachfrage schwerlich groß sein. Selbst in Eng land ist die Sckrist, wie das „Berliner Fremdenblatt" mel det, schnell im Preise gesunken. Erst zu 2« 6<l verkauft, sank sic nach dem Eintreffen der deutschen Richtigstellungen ans l » ll ll. dann aus l » 9ä und ist jetzt nur noch schwer absetzbar. Dabei arbeitet die Reclamc mit äußerster An strengung. Ueber Virchow bemerkt die „Truth": ..Anw N chlsacbleukkn muß die traurige Figur aussallen, die der große Mitroikop-Mann Birckow in der Angelegenheit spielt. Die Denlschen sollten über ihn und nicht über Mackenzie Hersailen, daß er den Kaiser seinem Schicksale überließ. Wenn Virchow nicht so völlig sicher grw-sen wäre, daß kein Krebs vorhanden war, so hätte der engli che Specialis! nie die Stellung einnehmen können, die er ein« nahm; nnd selbst wenn er gern Bösartigkeit angenommen hätte, wiiidr er doch nicht seine Meinung dem pathologischen Orakel ent gegei'gesetzt haben." UebrigenS wollen wir nicht unterlassen, anaesichtS der Freigebnng dcS Mackcnzie'schen Pamphlet« darauf ymzuweisen, daß Mackenzie cS durckgefetzt hat, in England den Verkau dcS amtlichen KraukhcitSbcrichtS so gut wie völlig zu unter- I drücken. Durch feine Drohungen haben sich die englischen > Buchhandlungen so rinschüchtern lassen» daß sie den Verkauf der englischen Uebersehung der deutschen Protokolle ablehnen. Die Berliner Derlagshandlung hat daher, wie dem „Fremden blatt" mitgetheilt wird, in London eine Special-Verkaus-stelle errichtet, von der aus sich da« englische Publicum versorgen lasten kann. * Daß eS die Ultramontanen nicht mit der Wahrheit zrnau nehmen, daß sic im Gegentheil klare gesetzliche Be- timmungen fälschen, wenn eS in ihren Kram paßt, zeigt sich vicder einmal in der „Schlesischen Vvlkszeitung". Nach der- elbcn lautet nämlich derAmtScid derLchrer im König reiche Sachsen wie folgt: „Ich schwöre, daß ich bei der ln hiesigen Landen angenommenen reinen Lehre der evangelisch - lutherischen Kirche, wie solche in der beiligen Schrift enthalte», in der ersten ungränderten AugSburgischrn Confessio» »nd den beiden Katechismen Llilher's erklärt und dar. gestellt lst, beständig ohne Falsch verbleiben, sie unversälschi vortragen »nd, falls ich von dem bei der evangelischen Kirche angenommenen Lehrbegriffe abweiche, dies ohne Anstand meinen Vorgesetzten vor tragen will." Die „Schlesische VolkSzeitung" bemerkt dazu: „Diesen Eid haben nach einer Verordnung des EultuSministeriums alle Lehrer von Gymnasien. Realschule», Lebrcrscminarien und Volksschulen zu leisten, so daß in ganz Sachsen an keiner Bürgerschule und an keinem Gymnasium ein Katholik al« Lehrer angestellt werden kann." Natürlich ist die ganze Geschichte erlogen. Nach tz. 35 der Ausführungsverordnung zum Vvlksschulgesetz vom 26. April 1873 ist bei der erstmaligen Verpflichtung eine« ständigen Lehrers folgende Eidesformel in Anwendung zu bringen: „Ich X. X. schwöre hiermit zu Boit, daß ich dem Könige treu und gehorsam sein, unter genauer Beobachtung der Besitze deS Landes und der LandcSversassniig, die mir übertragene Function alS ständiger Lehrer nach meiiiei» beste» Misten und Gewissen ver walten »nd Mich allenthalben den Anordnungen meiner Borgesetzte» gemäß bezeigen will. So wahr mir Gott helse durch Jesum Christum, seinen Sohn, unsern Herrn!" Diejenigen evangelisch lulberische» Lebrer und Lehrerinnen, welche aus Grund der bestandenen Priiinnge» zur Ertheilung von Religionsunterricht berechtigt sind, haben das Gelöbniß konfessioneller Treue nach folgender Formel abzu- leisten: „Ich grlobe vor Gott, daß ich daö Evangelium van Christo, wie dasselbe in der heiligen Schrift enthalte» und in der ersten «»ge änderte» Augsburgische» Cousession. sowie in den beiden Katechismen vr. Lulher'S bezeugt ist, nach bestem Wissen und Gewissen lauter und rein lehren will." Ueber die confessionelle Verpflichtung nichtevange lischer Lehrer wird von der kirchlichen Behörde, beziehentlich Vertretung der betreffenden ReligiouSgeseltschast, Bestimmung getroffen, und es hat der Verpflichtete eine Abschrift des hierüber aufgenommenen, die Verpslichtnngssormel enthaltenden Protokolls an den Bezirksschulinspeetor abzugeben. Für die Gymnasiallehrer ist »ach der Bekannt machung vom 8. Juli 1882 daS Gesetz und die Verordnung vom 20. Februar 1870 maßgebend, welche sich mit der oben mitgetheiltcn deckt. Das ullramontanc Blatt hat demnach >csälscht und alle an die Fälschung anknüpsendc» Folgerungen inv hinfällig. * DaS Project, durch den Bau eines Canals durch Jütland von der Nordsee nach dem Kattegat die für Dänemark nachtheiligcn Wirkungen dcS künftigen Nord- ostscecanalS nach Kräften zu beseitigen, wird jetzt wieder in der Kopenhagener „Nationaltiteiike" warm empfohlen. Es wird mitgetheilt, daß dem Civiliiigenienr GläSner die Er theilung einer Conccssion zur AuSsübrung der Anlage zu- gcsagt worden sei, sofern die erforderlichen Mittel dazu herbei geschafft werden können. * Der Bürgermeister von Athen forderte in einer öffent lichen Bekanntmachung die Bürgerschaft auf, da« Regierungs jubiläum deS Königs in würdiger Weise zu feiern. — Die zu den Festlichkeiten eintrefsenden Fürsten werden im königl. Sckloste Wohnung nehmen. Der Herzog und die Herzogin von Ediuburg trafen am 20. v. hier ein. — Der vom Könige dem Sultan verliehene Erlöserorbe» wird demselben dem nächst überbracht werden. * Zn einer Versammlung der französischen Sena toren von der republikanische» Linken wurde sestgestcllt. daß die große Mehrheit deS Senats gegen die Revision der Ver fassung sei, da eine solche zugleich die parlamentarischen Frei heiten und die Handlungen der Exekutivgewalt compromittire. — Tic Deputirtenkammer genelimigte den Gesetzentwurf, betreffend die Verlegung der Akademie von Douai nach Lille. Sonnabend wird die Kammer in die Berathung VeS Budgets sür daS Ackerbauministcrium eintrclen. * Der britische Gesandte bei den Bereinigten Staaten von Amerika, Sackvillc-West, hat einen Sturm der Entrüstung unter den Bürgern der Republik gegen sich berausbescbworen. Er hat an einen in den Ver einigten Staaten naturalisirtcn Engländer, der in Calisornien wohnt und den Gesandten in Hinblick auf die bevorstehende Präsidentenwahl um Rath über die Parteiverhältniste gefragt hatte, eine» Brief geschrieben, den die amerikanischen Zeitungen dieser Tage veröffentlicht haben. Herr Sackville- West spricht in diesem Briese die Ansicht aus, daß in den Vereinigten Staaten gegenwärtig jede Partei, die offen für daS Mutterland eintreten würde, ihre Bolksthlimlichkeit ver lieren müsse und daß sich dessen auch die herrschende demo kratische Partei noch immer bewußt sei; er glaube jedoch, daß diese Partei noch immer wünsche, sreundschastliche Beziehungen zu England aufrecht zu erhalte» nnd alle Streitfragen in Be zug aus Eanada beizulegen, welche unglücklicher Weise durch die Ablebniing deS abgeschlossene» Vertrags seiten- der republi kanischen Mehrheit de« Senat« wieder belebt worben seien. Der Gesandte glaubt schließlich gulen Grund zu der Annahme zu haben, daß Präsident Cleveland sich bei der Behandlung jener Streitfragen vom Geiste der Versöhnlichkeit werde leiten laste». Dem Briese beigesüqt ward ein Ausschnitt ei»er Zeitung, in welchem ebenfalls darauf hingewiesen wurde, daß von der gegenwärtigen Verwaltung am ehesten die Beilegung der canadische» Streitfragen z» erwarten sei. Die repuölikaiiischen Blätter beschuldigen Sackville wegen diese« Briefe- der Einmischung in amerikanische Angelegen- beiten und verlangen seine Abberufung. StaatSsecretair Bayard soll sich einem Journalisten gegenüber dahin aus gesprochen haben, er finde eS sür den Gesandten eine« fremden Lande« nicht paffend, seine persönlichen Anschauungen über HSuSlich« Angelegenheiten de« Lande« auSzusprrchrn, in welchem derselbe beglaubigt scl. Herr Sackville hat »ta«
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