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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881028
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881028
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-28
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1888
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Zweite Seilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 302. Sonntag dm 28. Oktober 1888. 82. ZühMNg. I Zur preußischen Wahlbewegung. I ** Bert in, 26. October. Äm Dienstag finden die I Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus« statt, I unv die letzten Tage vorher werden von allen Parteien zu I eifriger Agitation noch rege benutzt. Mil Befriedigung können » Wir constatiren, daß diesmal auch die Nationalliberalen ihre I volle Schuldigkeit thun. ES ist ja, wie wir gerne zugeben, I keine angenebme Aufgabe, in Bicrdunst und Tabaksqualm sich R drängenden Lolksmassen, welche, a» die starke Kost temokra- I tischcr Hetz- und Schlagworte gewöhnt, meist unsäbiz sind, I ruhiger. sachlicher Auseinandersetzung zu folgen, Meinungen I vcrzutragen, welche den Anschauungen jener Leute nicht Rech- I nung tragen und der „Souverainität" des Volkes nickt I schmeicheln. Aber in der Zeit der Vereins-, VersammlungS- I und Wahlfreiheit gilbt eS kein anderes Mittel für die Wahr- W heit zu kämpfen, als da» miindliche^Wort und die Presse. M Am schwersten wird immer der Kampf in den großen W Städten sein, zumal in der Millionenstadt Berlin, wohin W jährlich ein Zuzug von sünszigtausend Menschen stattfindet, > welche zum größten Theil aus der niedrigsten Stufe der W Gesellschaft stehen, in bürgerlicher und sittlicher Beziehung. W Und gerade diese Leute bilden den Kern so vieler Wahl- I Versammlungen, sic sind besonder- überall dabei, wo gelärmt, I geschrieen und getobt wird, sie sind die geborenen Feinde jeder I Dränung, also auch gewiß jeder DiScussion. Sie bilden den I „Stab" der „Radauversammlungen", wie der Berliner sagt, I gleichviel, ob Herr Stöcker oder der Stadtverordnete Kunert I den „Bortrag" hält. » Nachdem sich die besseren Elemente der conservativen Partei > von dem Hofprediger Stöcker osficiell loSgesagt. kam es I gencrn Abend auch unter seinen bisherigen Anhängern zu I einer sehr scharfen Auseinandersetzung. Die er ries, die I Geister — er wird sie nun nicht los! Oder vielmehr gerade I gegen seinen Willen wird er sie „loS". Er ist den Antisemiten I nicht mehr unverfroren genug, und so wurde er denn — I o Ironie! — gestern Abend von den Anhängern deS Herrn I Böckel in den Bann gethan und für einen „konservativen I Indenknccht" erklärt. Der ganze Verlaus der gestrigen Vor- » stadt-Versammlung erinnerte so recht an die „Erziehung" der I Volksiiiassen durch Herrn Stöcker. Die rohen Redensarten I und wüsten Schimpfereien der Hauptredner lasten sich nicht » wiedergcben. Jedenfalls wird Herr Stöcker dieses Mal die I größte Niederlage in Berlin erleiden. Zu bedauern bleibt I freilich, daß die Hintermänner der „Kreuzzeitung" und ihr I crtremer Anbang sich nickt entschließen konnten, ihrem I sp.ciellen „Wahlsporl" mit Herrn Stöcker zu entsagen. Aus I diese Weise ist eben auch, wie wir schon ansciiiandergesetzt, I auch für die Mittelparteien die Aussicht auf einen Erfolg I von vornherein vereitelt. I Darüber sind sich die Parteien völlig klar, daß das end- I giftige Ergebniß der Wahlen bereit« durch die Wahl der Wablmänner am 30. October bestimmt wird, und daS etwaige Stichwahlen am Gesammtresultat nur wenig zu ändern ver mögen. So sind denn auch alle möglichen Anstrengungen gemacht und Alles vorgesehen, um alle säumigen Wähler an die Urne zu führen. Die meisten Fabriken und Werkstätten feiern am Dienstag und zahlreiche BurcauS und Comptoire bleiben geschlossen. Doch glauben wir, daß diese Gcmissen- b.isligkeit der „Bourgeois" mehr der Bummelei als der ..Wahlarbeit" zu gute kommen wird, denn die Socialdemo- ki.ften haben nunmehr doch osficiell Wahlenthaltuug procla- inirk, und wenn auch ein Theil gleichwohl für die „Frei- . sinnigen" stimmen wird, die große'Maste pflegt sich gerade M bst den Socialdcmokraten und Ultramolitanen besonders gut ^ diöciplinirt zu erweisen und dem Befehl der „Führer"'zu folgen. Berlin, 26. October. Es scheint uns eine ganz un- b ,rundete Äesürchtung. daß aus der gegenwärtigen Lau di a gS- wablbcwegung eine ernstliche Verschiebung in dem Verhältnis dc Parieic.i hervorgehe». daß insbesondere die »ationalliberale Barte, in Zukunft von der bisher eingehaltenen Linie nach links a weichen könnte, wie es jetzt von cons-rvativer und fort- sch rittli eher Seite im Tone der Besorgnis und Warnung oder dcr Hoffnung unterstellt wird. Die pttiliscke Geiammtlage, welche, i.ai.ieuilich im Reiche, seit langen Jahren das Zusammengehen der Ern ervativen und Nationallibcralrn als einzige Möglichkeit einer p.siiiv sorlschreitenden Gesetzgebung bewiesen hat, spricht denn doch ciue viel zu ernste Sprache und hat eine viel zu zwingende Gewalt, al? daß kleine AuSeinandcrsetzuiigeii in einem Dutzend preußischer Wahlkreise dieses Berbältniß wirklich stören könnten. Gegen eine A irrung nach der radicalea Seite dürfte unsere Partei durch lang jährige trübe Erfahrungen gesell sei», wenn sic auch keineswegs ge- sonnen ist, ihren liberalen Eharakicr, wie sie ihn versteht und stets verstanden hat, zu verleugnen. In fast jeder Grundsraqe des l! uiigen politischen Lebens trennt uns von dem dentichfreisinnigen Radikalismus eine tiefe Kluft. Sollen wir an die jüngsten Bor- c unge in der ReichSqeletzqebung erinnern, an den erbitterten Wider stand. welchen die deutschsreisinnige Partei jedem Versuch entgegen- setzte, das Reich militairiich, finanziell und wie sonst immer zu de- festigen? Sollen wir an die Unmöglichkeit erinnern, mit dieser Pattei eine Social- oder eine Colonialpolilik zu treiben, wie sie die Zril fordert, oder eine gesetzgeberische Behandlung der socialistischen Bewegung herbeizusühreu. wie sie zur Sicherheit der Staatsordnung u o Gesellschaft verlangt werden muß? Wo konnten denn in irgend c »er der großen enlschcideoden Fragen, die seit Jahr und Tag die Nation bewegen, höchstens vielleicht von der Gewerbepolüik abgesehen, dieNalionalliberalen undDeiitschsceisianigen Zusammengehen? In dcrlheorie und im Princip mögen sie in manchem übereinffimme». bei der positiven Arbeit fast nirgends. Und auch was die preußische Gesetz- gcbuag betrifft, wer kann je hoffen, daß, auch wenn einmal eine nationalliberal-sorischrittliche Mehrheit vorhanden sein sollte, auf Grundlage dieser Majorität eine verständige Steuerreiorm oder VerwallungSgesetzgebung zu Staude kommen könnte? Wer kann sich denn in der so hochwichtigen Schulsrage aus Herrn Richter verlassen, der diesen Gegenstand geflissentlich umgeht und dessen Parteigenosse» zur Hälfte mit ultramoutanec Hilse ii» Ab- geordnetenhause sitzen? Wohin wir blicken, wir sehen nirgends eine Aussicht mit dieser überall negativen und oppositionellen Parte, eine ersprießliche positive Arbeit thun zu können. Die Herren Richter und Rickert haben auch von Ausang au die Wahlagitation so ent schieden und gehägig zum Kamps gegen die Nalivnalliberale» zu- gespitzt; sie haben uns jo unernilldlich versichert, daß wir nicht den geringste» Anspruch aus liberale Gesinnung mehr hätte» und in, Grund noch viel schlimmer seien als die Conservativen, und diese Angriffe kommen ihnen so sichtlich von aufrichtigem Herzen, daß es wirklich unnütz ist, sich mit der großen gesammilibcralen Partei unter Herrn Richter'S Führung zu beschästigen. Wenn in einzelnen Wahlkreisen ein einmaliges 'ektlscheS Zusammengehen zwischen ge- mäßigten und extremen Liberale» beschlossen worden ist, jo entspringt dies zum Theil örtlichen und periönlicheii Verhältnissen ; es enlipringt zum Theil dem geringen Entgegenkommen der conservativen Partei gegenüber den gerechten Ansprüche» der Nationalliberalen aus eine billige Revision de» den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr überall entsprechenden parlaiiiciilariichen Besitzstände«, und r« ent springt ferner der Einsicht, daß von der deuischsreisinnige» Partei in ihrem gegenwärtigen völlig abgewirtdlchasieten Zustand im Laudiag durchaus keine Gefahr droht, daß aber auch vom grinäßiglliberalen Siandpunct nicht gewünscht werden kann, daß die hochcouservaiive Richtung ein verstärkte« und beseitigte« Uebergewicbi in dem neue» Abgeordnetenhaus« empfängt. Wenn man diese Gesichtspunkte ruhig erwägt, wird man davon zurückkommen, derartige unvermeidliche Wahlreibereien zu große» symptomatischen und solgejchwercn Er- scheinungcn auizubauschcn. Eines derjenigen »ationalliberal-deutichfreisinnigcn Wablcompro- iiiisse, welche« am meiste» Staub ausgewicbelt, das in Teltow- Charlottenburg fällt bereits in Nichts zusammen. Verschiedene »ationalliberale Unterzeichner de- Wahlaufrufs ziehen ihre Untrr- schristea zurück und der »ationalliberale Eaudidat, Herr Nenhanr, erklärt, aus die Landidalur zu verzichten. Zur Lage in Ost-Äftika. * Der „ReichSanzeiger" wies bei der Veröffentlichung der Berichte des GeneralcoiisulS Michahclles über die Vorgänge an der ostafrikanischen Küste mit Ncckl Varans hin, daß di: arabischen Sclavenbändier die Träger der Feindschasl gegen die dortigen deutschen Colonialuifter- nchniiingen sind. Mil Bezugnahme daraus schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung"; Schon seit geraumer Zeit beschäftigt sich die öffentliche Meinung mit der afrikanische» Sclavensrage, wie dies zahlreiche Versamm lungen in veischieden Tbeilen Deutschlands bewegen, vor 'Allem neuerdings die aus den 27. d. Dt. anberaumle öffentliche Lerlamm- lung i» Köln, zu der hervorragende Männer aus allen Classen der Gesellschaft und aus allen politischen Parteien mit dem Hin weise einlade», daß es gelte, gemeinsam gegen einen gemeinsamen Feind vorzugehen, der nicht nur englische, belgische wie deutsche Arbeit, sondern auch die gejanimtc civiliialorische Mission Eurovas in gleicher Weile bedrohe. — Die Frage ist tu der Thal nicht »»r für Deutschland von Bedeuiung, sondern für alle civilisirten, christliche» Nationen Europas, welche In teressen iu Ostasrika hoben, und für welche die großen Culturzwecke maßgebend sind, die bei der Erschließung Asrffas in erster Linie in Betracht koinmeu. Bisher halte England in aner- kcauensweifther Weise und mit größten Opfern die Führung in dieser Frage übernommen; mit dem Wachse» der muhamedanischen sclavenhändlerischen Bewegung, welche sich über ungeheure Länder- stricken au-dehnt, genügen aber die Kräfte eine- einzelnen Volkes nicht mehr, um den Gräueln, wie sie der Sklavenhandel zu Tage trete» läßt, zu steuern. Nur gemeinschastlichem Wirke» der betheiligten civilisirten Nationen kann es ge lingen, jenen traurigen Zuständen, welche eine Schmach für »user Jahrhundert sind, ein Ende zu machen; und wir dürfen zuversichi- iich hoffen, daß das deutsche Volk sowohl wie das englische aus der Höhe der Ausgabe sein werden, weiche ihnen durch geheiligte Prm- cipien der Religion und der Humanität in dieser Frage gestellt ist. Es hat den Anschein» als ob hier eine Initiative zum Zusammenwirken der betheiligten Negierungen in Aussicht gestellt würde. — In der Angelegenheit der Bekämpfung deS Sklaven Handels in Afrika hat der Papst ein von der „Kölnischen VolkSzeitung" niitgetheilles Schreiben an den Erz bischof von Algier, Cardinal Lavigerie, gerichtet, dem wir folgende Stellen entnehmen: En großes und schwieriges Werk haben Wir, von Liebe gedrängt, dir ausgetragen: daß du alles, war in deiner Macht sieht, treulich ausbieten mögest, um die Knechtschaft jo vieler unglückliche» Meni'chen in Afrika zu verhüten. Wir wünschen und erflehe» dir jenen Erfolg, welchen eine so edcle und gute Sache verdient. Auch erwecke» die Ansänge Uns, wen» es Gott gefällt, gute Hoffnung für den weitere» Verlaus. Denn die Fürsten Europas stimmen darin überein, kräftig müsst einem so Ungeheuern Uebel cnlgegen geirrte» werden, Wie sie 1878 aus der Berliner Conserenz versprochen haben. Bei zahllosen Privatleuten aber hast du das Mitleid erregt, durch Schrift und Wort, und zwar, wie dein Schreiben bestätigt, nicht blos bei der edlen Nation deiner Mitbürger, sondern auch bei de» Belgiern, die schon von Natur so bereit sind, fremdes Unglück zu lindern; dann bei den Engländern, die ichon seit langer Zeit sich große Verdienste um die Negersklaven ciworbe» haben, und bei den deutschen Katholiken, von deren Liebe Wir, wie auch bei de» Por tugiesen, mit Recht das Grüßte erwarien. Zudem zweifeln Wir nicht, daß mit gleicher Bcreilwilligkcit Italiener und Spanier das Werk begünstigen und unterstützen werden. Wenn ein Mal die Kennlniß der so unwürdigen und häßlichen afrikanischen Sklaverei durcbgedruagen ist, wenn die Geister geweckl worden sind, um Heil mittel zu suchen, wenn entflammt worden ist dos Gefühl der Menschlichkeit und christliche» Liebe, dann dürfen Wir erwarien: dem Maße günstiger Gesinnung Europas, welches dir bis jetzt zu Theil wurde, wird auch in Zukunft das Maß der praktischen Arbeit und der Freigebigkeit entsprechen. Wen» Einige die Kirche be schuldigen, sie Hobe sich zu irgend einer Zeit der Sklaverei konnivent gezeigt oder für deren Beseitigung nicht genügend gewirkt, so zeigen sie Undankbarkeit und auch Unkcnnimß der Thaisache», da die Ge schichte aufs Klarste davon spricht, was zu diesem Zwecke apostolische Männer in Afrika selbst und von Rom aus, der Hauptstadt der kalholiichen W.lt. die Päpste geleistet haben. Du sollst nicht im Zweiscl bleiben, daß Wir deine Absichten und deinen Euer in jeder UiiS »löalicheii Weiie unlirsiutzen wollen. Ais Unlerpsand dieses Unseres Willens weisen Wir dir 300000 Lire an; gen, bestimmen Wir diese Summe für dich, damit du dieselbe nach deinem Ermessen an die Anstalten bczw. Comnes zur Abschaffung des Sklaverei iu Airika verlheilen magst. NichiS kann Uns wihttich erwünichier sein, alS diese» so Unmensch ich gequälten Mensche» zu Helsen; auch wird es die Katholiken aller Völker, deren großaitige Freigebigkeit Wir nainenilich in diesem Jadre kennen gelernt liaben, treuen, zu hören, daß die Früchte ihrer Freigebigkeit auch dazu verwandt werden, diese grausigen Unbilden zu bekämpfen und die Menschenwürde bei so vielen unserer Brüder zu wahren. * Die Eongo-Neqierunq erklärte (nach einer Brüsseler Depesche der „Allgemeinen Zeitung") formell, sich einer deutsch-englischen Ostafrika-Expcdition anschließen zu wollen. Wie die Ücduilleu nach Leipzig kamen. Ein Rückblick uns dir Reise der Beduine». lieber die weitgespannten Zelte der Beduine» im Zoologische» Garten zog ein lcichlec blauer Rauch, Mahomed wärmte sich, die Hände lebhaft reibend, oi» knisternden Holzieuer, das noch vor Kurzem dazu gedient hatte, ein Siück saftigen Haniinel- sleiiches gar z» machen. (Hammelfleisch, j-do.ch nur gekocht, eine frische große Zwiebel und em Glas recht iüße Limonade, das gebt den Beduinen über Alles.) Farag Mahmud machte sich an sei ein Gewehr zu schaffe», eine lange Ärabrrflwie, aus deren zersprungene» Laus er mit Kop'schüttcln und dem Ausruf dcs Bedauerns „Caput, capiit" sonwährend hiiideutele. Des Schecks „Kleinster", de» rothen Tarbusch aus dem Köpfchen, in ein langes weißes Hemd gehüllt, tuminelle sich munter bei den arabischen Rossen, die leicht gefesselt aus dem Rase» standen. In de» Zellen lag, t» Decken gebullt, aus Malle» gestreckt, ein- Anzahl der braunen Geselle», malerische Gruppe» bildend und die Scenene reizvoll belebend. Ans dem Rondel sprangen die Bedninenbunde herum, die Schale und Z-kgr» naichtcn die spärliche» Grashalme weg, welche die Hufe der flüchtig sprengenden aralniche» Renner bisher noch verschont hatte», während die Kameele Mit langgesiieckie» Hälse» von den Platanen vollends noch den letzte», von Frost verschonten Laubrcst zu willkommenem Futter hcrabholtcn „Nehmen Sie Platz!" sagte Herr Willy Möller, der ge- wandte, vielgereiste „Impresario" der Bedu »en. u») schob einen weichgepolsterten Kauiecliattcl, dessen ganze Constcuction lebhaft an einen brapirtkn Sägebcck erinnerte, vor das Zelt, „sie sollen wissen, wie ich die Beduine» »ach Leipzig brachte, wie ich sie unler unsäglichen Mühen und große» Ovscr» au Gel' „»S Wüste», fand und Sonnenbrand nach unseren Breiten führte! Kalt wirb'« ihnen freilich jetzi", meinte Herr Dl Aller, und deutete lächelnd aus den kräftigen Suliman Saab hin, der den weißen Burnus gleich einer Toga malerisch um de» Leib geschlungen, in seiner Pose ciuci» Brutus gleich, nur daß er, der Kälte wegen — Glacehandschuhe und Stiefelette» trug. „Meine Leute habe» sich ober trefflich wohl befunden; sie nehmen Erinnerungen lebhaftester Art mit heim. Denke» Sie nur an Berlin, wo wir durch die hohe Munisicenz des Kaisers Zulab zu allen niilitairischen Schauspiele», zu Paraden und Manöver» Hallen! Haben Sie nicht bcmeikt. wie der ..Scheid" jetzt seine Leute »iililai- risch drillt? Das Coniniando „Absitzen" bat er auch in Berlin abgeguckt; die braune» Kerle springen wie schlanke Husaren vom Pferde. Doch hören Sie erst meine Reise! Herr Ernst Vinkert, dem die Völkerkarawanen im Zoologischen Garte» Lust und M»lh zu eigner Unternehmung gegeben hatten, wollte vor Langem schon etwas Originelle«, neues Eibnographisches bringen Er wantite sich a» mich, der ich mit lbni bekannt und besr-imdet bin, zur AuEüh- rung seine- Planes. Vertrant mit den egypnschen Verhältnisse», lange Zeit in Afrika thätig in Reisen, die imch oit von Alexandrien nach dem Sudan führten, wo ich eine Sudanciengruppe für Baruuni ivarb und mehrsach Thicrtransportc thellS für diese», Iheils für meinen Bruder Heinrich Möller in Hamburg sammelte, bot ich H:rr» Pinkert denn auch gern die Hand. Schwieriak ilen großer Art Halle allerdings die Sache, den» ich wußte, daß Beduinen aus dem Lande nicht herauszubckommen waren, daß bereits früher von anderer bedeutender Seite geplante Unternehmungen ähnlicher Art au der Abgraeigthcit der Beduinen, das Land zu verlassen, und bei den selbstbewußten Ansichten derselben scheiterten, wonach sie sich aus Grund der ihnen von der eayvüschen Negierung eingcräumle» Privilegien als vollkommen unabhängige freie Männer fühlen, frei vo» allen Abgaben, frei von jedem Zwang, frei von jeder iniluairischen Unterordnung, nur in criminellen Fälle» der Gerichlsbarkeit deS Ahcdive unterworfen. Unier solchen Umständen konnte ich Herrn Pinkert keine bin dende Zulage geben; ich ver'prach aber mein Möglichstes zu lhun, um braune „Wüstenrilter" in die Ebene von Leipzig „ver pflanzen" zu Helsen. Wußte ich doch auch, daß seit dem Blutbad von 1882. bei welchem unler den gegen tue Engländer rcvoltirenden Hauicn die BeLmnen keine unlergeordnete Rolle g> spielt Hallen, die Sch'U der Beduinen vor Lei» Ausland eine große geworden war. Dazu kam »och in Betracht, daß die Beduinen nie ohne Oberhaupt ihre Gegend verlassen, daß sie sich nur unter Führung eines „SctiechS", der in seiner Perion ihnen selbst wieder Sicherhei! bietet, bewegen lassen, ihre Wankergebiete ausiugeben. „Nicht wahr, Salach Teris?" meinte Herr Möller, dem Schelk zunickcnd, der mit ernster Miene an unserer Seile stand, die lange Flmle in der Hand, aul welcher als Zeichen seiner Würde zum Ucberfluß ein Bajonett noch stack. „Der deutsche Generalconiul versprach mir bereitwilligt Hilse in meinem Vorhaben und die Bcinrworlung der Ausfuhr von Leuten und Thieren beim Khedive. So ging ich ans Werk. I» Mex, wohin ich mich zunächst wandte, kam ich zu keinem Erfolg, dann inachte ich mich mit Empfehlungen von Mohamcd Beh, dem Sohne des Gouverneurs von Al-xandrien, Osman Orphi Pascha, begleitet vom Polizeilieuteuant Stengel in das Innere aus de» Weg. Meine Bekanntschaften mit verschiedenen Beduinen-Schechs sollte» mir hierbei zu Statten kommen. Eine Bande Beduinen voin Schoa- stanime zeigte sich iu der Gegend von Damanhonr zum Mitgehen bereit, aber die Kerle forderten reine Tenoristenhonorare, 10 bis 15 Lstrl. für Lea Monat außer freier Station, der Schech sogar 20 Lstrl. Nach unendlichem Hin- und Herreden wurden wir einig. Die Truppe erschien auch richtig in Alexandrien, aber siehe da, eS fehlten ihr die üblichen Namensstempel zur Bekräftigung des Con- tracte«. Rasch gab ich den Leulen hierzu da« gewüuschie Geld, Stempel und Beduine» sah ich aber niemals iveder. Ta lernte ich aus meinem Zuge durch Gaüruih Salach Teris. den Schech. den Sie hier sehr», kenne». Ich trug ihm meine Absichten vor, die er aber ganz unvcistündlich fand, da er »ich! begreift» kv»ut>'. wie ma» sich in Leipzig nach Beduinen sehne, indessen „Backschisch" und Reise geld machten ihn mürbe, und so Iras er denn auch »nt 14 Männern in Alexandrien ein. Ader immer noch häufte sich Schwierigkeit auf Schwierigkeit. Einmal wurdra die Leute wieder andere» Sinnec-, dann blieb die Erlaub,ich des Khedive zur Ausfuhr aus, endlich hieß es aber: „Wir gehen mit und wenn uns die Köpfe abgeschnitten werden". — Sie waren schon aus dem Lloyddanipsrr uuicrgebracht, da änderte sich nochmals ihre Meinung über die Zweckmäßigkeit dcs Rcisens. Sir wollten partout wieder zurück, den» schon standen sie mit vollem Gepäck in Reih und Glied aus Deck. Erft als wir „lchwammeu", war das Unternehme» gesichert." „Sehen Sie, — dabei deutete Herr Möller aus Giadalln Saab, welcher Herrn Ernst Pinkert mit den schmeichelnden Worten „Papa gut, Papa sehr gut" beehrte, wie sie sich jetzt freuen, hier zu sei». Sie haben viel gesehen, wie sie andererseits in Berlin, Köln, Dresden, Franksuri a./M. von Tausende» und Aberiausenden angkstaunt worden sind. Berühmte Anthropologe» bcschüftigten sich vielfach mit ihnen und benutzte» ihre Erscheinung zu eingehendem Studium. „Hier steht sogar ein Modell für die plastische Kunst", fügte Herr Möller hinzu. Umbaja, der vollendete Revräientant deS echten Bedulnl:.- typus, näherte sich, eine stolze schöne Erscheinung mit scharf ge- schnittenem Kops und kräftig gebogener Nase. „Diesen bat der Bildhauer Windsch als Reilerfigur aus arabischem Roß und a!s einzelne Figur modellirt, bestimmt zu einem Ehrengeichenk, das ein Consorlium Frankfurter Bürger in Form eines bronzenen Aus- satzcs de», deutschen Kaiser widmen will " Jetzt ließ sich der gurgelnde Laut der Ncitdroinedare vernehmen; die braunen Gesellen zwangen die Tbiere z»m Nieberlegen. Wer ichwaugc» uns beide aus die üb.r die Hocker der Thiere gelagerten Sattel, keuzicn die Beine übereinander und schmeukleu ein paar Mal um den Reitplatz, wobei die ruck- und stoßweise Be- wrgunq der lau weinige» Kameele diese so geübte Reitkunst keines wegs als ein besonderes Vergnügen erscheinen ließ. „Said", sagte der Schelk zum Abschied und legte den Zeigefinger der richten Hand salutirend an die Stirn. „Said" riesen die klebrigen der Karawane Morgen, Montag, wird sich dies „Said" noch öfter« wieder hol», den» »unniebr gehiS wieder hei», über Triest, Alexandrien in die Libysche Wüste, wo die Wüstensöhne dann im stillen Lager an den Eiinneruiiae» zehren mögen, die ihnen bei einem Rückblicke aus ihre Reise durch Deuiichlanv aussteigen werden. —m. vermischtes. L Eisenach. 25. Oktober. Die Strafkammer deS icsigcn Landaerichls v-rhanbelle beule über die bekannte ruhlaer Assaire vom 22. September, welche den Tod des jungen Schlossergehilsen Hugo Drussiug zur Folge Halle. Iu oer Nach! vom 22. zum 23. September war letzterer mil seinem Freunde in den Wald gegangen, um die Hirsche brüllen zu hören, wobei ihn aus der Ailensteincr Straße die lövliiche Kugel deS Angeklagten Forstaussehers G- Ort mann aus Ruhla tras. Ter letztere besanv sich mit seinem Sohne aus dem Anstande ,m Ruhlaer Forste, um einen Hirsch zu schieben. Ter Mond schien mit ungewöhnlicher Klarheit, und eS war am Thatorl unv in dessen Nähe so hell, daß man aus »lindeste»« 100 Schrille Jemand zu erkennen in der Vage war. Wenn gleichwohl der Angeklagte, der nur 37 Schrille ent fernt von dem Getroffenen stand, auf denselben loöjchieben konnte, wie er es thalsächlich gelhan, in der Meinung, einen Hirsch vor sich zu haben, so ist daS eigentlich nur dadurch zu erklären, daß er an einer Fichte gelehnt, geschlu'.nmerl oder .geLusselt" hat unv, als ilun sein Sohn sagte: „Jetzt kouiint etwas", sosvrl ohne Ueberlcgung schoß. Nachdem Ne Ver handlung und Zeugenvernehmung" ergab, daß die Cnlschnl- dignnHcu VeS Angeklagten wenig begrüntet waren, folgerte der Staatsanwalt aus daS Vorliegcn einer fahrlässigen Tövtuvg unv Außerachtlassung der durch daS Amt. LaS der Angeklagte eiiinahm, bedingten Vorsicht n»v bcanlragte «vier Annahinc mildernder Umstände drei Jahre Gefängnis;. Der Gerichtshof vcrurthcille den Angeklagten zu zwei Jahren Gesa» gniß und >n die Kosten deS Verfahrens. ---Karlsruhe, 26. October. Die Frau Groß- Herzogin consultirtc gestern nach mehreren Woche» den Hosrath I)r. Maier wieder. Die genaue Untersuchung ergab, baß die Heilung des Augenleidens günstig fortgeschritten ist, iininerhi» aber noch große Schonung der Augen und völlige Cuthaltung deS Gebrauches derselben für eine Beschäftigung noch aus längere Zeit uotbwendig macht. Besonders er freulich ist, daß die vielerlei GemüthSbewegungcn der letzten Zeit ohne Nachthcil sür da» Befinden' der hohen Frau vorübergingen. --- Cleveland (Ohio). 24. October. Der Rendant der städtischen Casse, Thomas Axworthy, bat städtische Gelder im Betrage von 420 337 Dollars unterschlagen und ist »ach Canada durchgebrannt. Er hatte sich bei großen Weizenspecutationcn betheiligt, welche fehlschluge». Die Bürgen des Flüchtige», Senator Payne unv andcre hervor ragende Demokraten OhivS, haften der Stadt sür den Verlust. H Mrs-r». Einfarbige tuchartige Nciberstaffe, Vollgriffiqe, solide Qualitäten in hochmodernen LL Ttttsori-Aarbelr. LL T«»»»rlttreit S. Mtr. von t X an bis zu ve« gediegensten Qualitäten d. Mtr 5 X wollene Fantasie-Stoffe (Saison-Ncubciteii) »MW ,n avnrtr» Streifen, Bordüren- »nd Ramagr-btrschmnck W»> Doppettbreit d. Mir. von L.25 beginnen», bi» 5 ^ »V vv V V V V V V 6lL88i8ed6 ntlWLM 8eii1en-8tvsse, »eiche glanzreiche Gewebe obne Apvretnr. d. «tr. 2.25. 2.«5. 2.25, 2.LV. 2.75 b,S 8 Elsässer Hms- M HmScu-Ächk. Vaumwollene gewebte und bedruckte Henrdeiiflanelle d. 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