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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188810300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-10
- Tag1888-10-30
- Monat1888-10
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1888
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SS1S Neueste Nachrichten. * Berlin, 29. Oktober. (Fernsprechmelduna de» „Leipziger Tageblattes".) Der Besuch de- Kaiser» von Rußland in Berlin wird dementirt. — Die Fahrt de- Kaiser- in Hamburg nach dem Festplatze glich einem Triumphzu^ Die Jubclruse der nach Hunderttausenven rällenden Menge erwiderte der Kaiser huldvoll. An ver schiedenen Stellen wurden dem Kaiser Blumen überreicht. Nachdem Allerböchstderfelbe aus dem Feslplatze angekommrn war und die Tribüne bestiegen hatte, hielt Bürgermeister VerSmann eine Rede, in welcher er dem Danke des Senats und der gesammten Bewohnerschaft Hamburgs dafür Aus druck gab, daß eS dem Kaiser gefalle, die Stadt zu ehren und der heutigen Feier durch seine Theilnahme die Weihe auszudrücken. Hierauf wurde die Urkunde ver lesen, welche für den Schlußstein dcS Werkes bestimmt und in welcher die Geschichte veS Anschlusses niedergelegt ist. Sodann wurde dem Kaiser der Hanimer überreicht und derselbe begleitete hierbei die Hammerschläge mit den Worten: Zur Ebre Gotte«, zum Besten des Vaterlandes, zum Wobte Hamburgs. Es folgten sodann Mollke. die Präsidenten deS Senat», die stimmsührenden Mitglieder des BundesrathS, anwesende Mitglieder de« ReichSlageS und die anderen Theilnehmer. ES erfolgte sodann eine Fahrt auf der Elbe und Besichtigung dcS Hafen». — Da» Antwort schreiben de« EhesS de» kaiserlichen Civilcabinet» von Lucanu» an die städtische Deputation citirt den Wort laut der kaiserlichen Rede nochmal» und bemerkt, daß der Kaiser Unwillen darüber empfinde, daß die Berliner Blätter seine Familien-Angelegenheit so sehr an die Oefsent« lichkeit zerrten; insbesondere verletze ihn da» fortwährende Citiren seines Vaters ihm gegenüber. Wenn er in Berlin seinen Aufenthalt nehmen solle, so müßte von dauernder Heranziehung seiner Familie in der Presse Abstand genommen werden. Die Aufgaben, welche Fürst und Volk ewigen und da» Vaterland groß und glücklich zu machen, seien bedeutsam uud mannigfach . . . (Hier wurde un» vom Berliner Amte die weitere Verbindung abgcschnitten. Redactiou des Tage blattes.) Der Kaiser in Hamburg. * Ueber die FSst« zu Ehren de» Kaiser» wird un» tele graphisch gemeldet: * Hamburg, 28. Oktober. Die Mitglieder des Bundes raths sind zur Theilnahme an der morgen stattfindendcn Zollanschlußfcier heute Abend kurz nach 5^ Uhr von Berlin hier eingetroffen, eine Deputation dcS Senats war den- selben entgegcnaereist. Heute Abend findet zu Ehren der BundesrathS - Mitglieder im „Hamburger Hos" ein Fest mahl statt, an welchem auck die Spitzen der hiesigen Be hörden und der preußische Gesandte v. Kusserow theilnchmen werden. Alle Straßen, welche Se. Maj. der Kaiser morgen passiren wird, find auf da» Reichste und Prächtigste geschmückt und von vielen Tausenden von Menschen durchwogt, welche die Dekorationen besichtigen. Die am Alsterbassi» und in besten Umgebung befindlichen Laternen sind in GaSfackeln um gewandelt, welche Tageshelle verbreiten. Ucberall herrscht bereits eine erwartungsvolle festliche Stimmung. Die Ver treter der hiesigen Zeitungen und der auswärtigen Presse unternahmen heute mit sämmtlichen Barkasten und mit dem Dampfer „Patriot", die auch an der morgenden Fahrt theil- nehmen, eine Fahrt aus dem Zollcanal und demjenigen Theile der Elbe, welchen Se. Majestät der Kaiser bei der morgenden Umfahrt passiren wird. * Hamburg. 29. Oktober. Se. Majestät Kaiser Wilhelm traf Mittags 12 Uhr hier ein; derselbe erschien in kleiner Generals-Uniform nnd wurde an der Lombarbs- brücke empfangen von einer SenalS-Dcputation unter der Führung der Bürgermeister VerSmann und Petersen. Der Kaiser reichte sreundlich grüßend vielen Anwesenden die Hand, nahm sodann in Alstcrlust ein Frühstück ein und fuhr danach in einem festlich geschmückten Dampfer über die Binnenalster nach dem Jungfernstieg. * Hamburg, 29. Oktober. Bei dem gestern von dem Senate für die Mitglieder des Bundesraths un „Hamburger Hos" veranstalteten Festmahl hatte der Staatsminister v. Bötticher den Ehrensitz an der in Huseiscnsorm ausgestellten Tafel eingenommen; links von demselben saß Bürgermeister VerSmann, rechts Bürgermeister Petersen, neben letzterem der Culluöminister v. Goßler. hierauf der preußische Gesandte v. Kusserow. Außerdem waren anwesend: die Vertreter Bayerns, Gras LerÄenfeld, Sachsens Gras Hohenthal, Württembergs Graf Zeppelin nnd der Badens v. Marschall, ferner Karl Schurz, Adolf Wörmann, die technischen Leiter der Zollanschlußbauteii u. A m.. im Ganzen etwa 60 Per sonen. — Der Staatsminister Gras Herbert Bismarck und der Chef der Admiralität Gras MontS'habe» einer Ein ladung des Gesandten v. Kusserow folgend, bei diesem Woh nung genommen. ZU den bevorstehenden Festlichkeiten. * Leipzig. 29. Oktober. Wohl nur in den seltensten Fällen ist mit so großer Beharrlichkeit und so oft der Stand des Barometers verfolgt worden, als dies gegenwärtig von Tausenden uud Abertausenden zu geschehen pflegt. Jeder hat nur die eine Sorge, „daß da« Wetter am 31. Oktober auS- hältl" Und allerdings ist diese Bcsorgniß keine ungerechtfertigte, Angesichts der enormen Mühen und Anstrengungen, welche seit Bekanntwerden der Nachricht, daß unser jugendlicher Kaiser der Grundsteinlegungsfeier zum Bau deS ReichsgerichtSgebäudes beiwohnen werde, allerwärtS in unserer Stadt Leipzig gemacht worden sind, um in Bezug aus den festlichen Schmuck anderen Städten, die der kaiserliche Herr seit seinem Regierungsantritt besucht hat, nicht nachzustehen. Heute kann man sagen, daß sich da« Gesammtbild seit Sonnabend vervollkommnet hat. Bis dahin waren cS haupt sächlich die von der Stadt aus getroffenen dekorative» Vor bereitungen zum festlichen Empfange des Kaisers und unseres erhabenen Landesherrn, des Königs, welche das allgemeine Interesse in Anspruch nahmen; anders heute, da nunmehr auch die Bewohnerschaft rüstig dazu verschrecket, ihrerseits zu dem Schmucke der Gebäude und der Straßen beizutragen. In erster Linie sind «s natürlich die Straßen der inneren Stadt und vorzugsweise wiederum diejenigen, welche die Aller höchsten und hohen Herrschaften auf ihrer Fahrt am 31. Oktober berühren werden. Da« Bestreben nach möglichst einheitlichem Vorgehen hat die schönsten Früchte getragen, wie das Bild in der Grimmaischen und in der PeterSstraße zeigt. In der elfteren ziehen sich bereit» eine Menge Guirlande» über die Straße hinweg und gewähren nebst dem stattlichen Schmuck den Gebäude einen recht hübschen Anblick; dasselbe gilt von der Petersstraße, und auch aus dem KonigSplatz und PeterS- steinweg, die kleine Burggaste entlang bis zum gestplatz« selbst trifft man aus die gleiche Erscheinung, die sich vom DreScner Bahnhofe aus die Bahnhosstraße bi» zum Auguslusplatz wiederholt und mit dem Wald von Guirlanden verbundenen Flaggenmasten bestens harmonirt. Wie in so vielen anderen Fällen so konnte man auch diesmal wiedersprechende Urtheile über die Wahl der Deko ration von Seiten der Stadt hören, natürlich waren die» Stimmen, welche nicht erst den Weitergang der Grup- pirungen rc. abwarten können, sondern auS dem Rohbau schon aus die ganze Ausgestaltung einen Schluß ziehen zu sollen meinten; so z. B. konnte man nickt selten eine ab- spreck-nde Kritik über die bei den Ehrenpforten verwendeten Obelisken vernehmen; sreilich wurden diese Stimmen immer vereinzelter, je weiter die Arbeiten Vorscheinen und heute stimmt man damit überein, daß die Wahl der Dekoration ganz gut getroffen worden sei. Die Obelisken werden mit Tannrnreißern und Fähnchen, sowie mit heraldischen Sym bolen geschmückt. Immer wirkungsvoller gestaltet sich dersstmde» in den Herren Schelper und Hedmondt gleichfalls große Triumphbogen aus der Fahrbahn deS AugustuS Platzes, zumal heute da» Beiwerk von Ballen und Bretern rc. entfernt worden ist und dem Auge nunmehr ein freier Ueber- blick möglich ist. Die monumentale Beschaffenheit ist eine in allen Theilcn sehr wohlgelungene, mag man daS Bauwerk vom Grimmaischen Steinweg oder von der Grimmaischcu Straße auS betrachten. Ebenso fesselnd wirkt die Dekoration aus dem Fest- platz selbst und in besten nächster Nähe. Nament lich haben die Justizgebäude an der Harkortstraße ein impo santes Aussehen erhalten. Dasselbe gilt von dem neuen Gewandhause und den angrenzenden Monumentalbauten und wir sind der Ueberzeugung, daß, wenn nun erst noch die außerhalb des Bereichs der sogenannten Feslstraßen liegenden Grundstücke, wa» hoffentlich innerhalb der nächsten vicrund- zwanzig Stunden geschieht, ihren Flaggen- und Guirlanven- schmuck angelegt haben werde», die Stadt Leipzig ihren alten Ruhm, bei hohen festlichen Gelegenheiten auch ein würdiges äußerliches Gewand zur Schau getragen zu haben, zu wahren wissen wird, zumal bei einer solchen bedeutsamen Feier, die keiner zweiten Stadt im Reiche begehen zu können vergönnt sein wird. Zu der Spalierbildung sind die Anmeldungen in so erfreulich reichem Maße eingelausen, daß die Kopfzahl der Theilnehmenden, einschließlich der Schuljugend, nicht viel hinter 20 000 Zurückbleiben bürste. Tie hohen Vertreter d«S BundesratheS, deSReichs- tages und der ReichSäm ter rc . soweit sie in Berlin weile», werden am Mittwoch Vormittag mittelst der Berlin- Anhalter Bahn hier eintrefsen und in den von der Stadt gestellten Eguipagen abgeholl werde». Ein Theil deS königlichen Marstall» auS Dresden, bestehend in 20 Pferden und einer Anzahl Hofeguipage», da runter ein Gala-Liererzug, werden bereits Dienötag nach Leipzig befördert. Carola Theater. Leipzig, 29. Oktober. Alpenlust, Sennhütten, glühende Schneespitzen, Vvlksscenen mit Schuhplaltl- und anderen Tänzen, lustige Vagabonden, natürliche Kinder und Vater, Liebespaare, welche alle Hindernisse überwinden ober durch den Mißlaut derber Maulschellen in die Harmonie deS ehelichen Glückes sich hincinsiiiden, VolkShumor in Volksvialekt, Jodellieber mit kräftigen Jucbsern: das Alles ist jetzt wieder zu hören und zu sehen im Carolatkeatcr wo gestern die Münchner mit ihrem „Herrgollschnitzer von Anim erg au" vor einem sehr vollen Hause ihr diesmaliges Enseinblegastspiel begannen. Dieser Herrgotlschnitzer ist ei» unverwüstliches Stück, das immer seine Schuldigkeit thut, in jeder Besetzung, wenn nur bas Ganze gut zu'ammengehl und die meisten Hauptrollen von be währten Künstler» dargcstellt werden, lieber den Pauli des Hern» Albert, den Pcchcrlehnl deS Herrn Neuert, die Löhner Trautl der Amalie Schönchen kann die Kritik nichts Neues sagen; sie darf sich aus ihr früheres uneingeschränktes Lob be- rusen. Dagegen giebt'a andere Rollen, die nicht in so festen Händen ruhe». Die Loni sahen wir anfangs von Elise Bach, dann vonKathi Thaller. gestern VonKarli Hücker dargesteilt. Wrr kennen diese Schauspielerin vom letzten Gastspiel der Münchner her: sie hat eine sympathische Erscheinung, ein wohllautendes Organ; doch objchon sie hin und wieder eine Nuance von volkSthümlicher Derbheit auch mit er folgreichem Ausdruck anzubringeu weiß, hat sie doch eigentlich etwas zu Vornehmes für diese Dorsschönen, und uia» bat zu weilen den Eindruck, als ob sie .salonlyrolerte". Ihre Persön lichkeit deckt sich nicht ganz mit einem solchen oberbayrischen Krastmädche», das ein etwas lockeres Handgelenk hat. Als Schauspielerin hat sie allerdings anerkeunenSiverths Fort schritte gemacht, die Haupljcene mit Pauli im vierten Acte spielte sie mit vieter Lebenswahrheil und manchen feiiisühligcu Nuancen. Warum Herr Hvspauer die Lederhoje seines GaiSbuben LoiSl an den Naget gehängt hat, wissen wir nicht; aber dieser Hospauer'sche LoiSl ist uuS viel zu sehr «iS Herz gewachsen, als daß wir ihn leichten Sinns entbehren möchten. Herr Meißner spielte ihn zwar ganz gewandt und nicht ohne komische Wirkung, auch richtete er sich mit Reckt nach seinem Vorbitde; doch man hatte hier und dort daS Gefühl, baß man doch einen zweiten Ausguß der Nolle genoß. Herr Hvspauer selbst spielte den Muckt als einen über- mülhigen, in seiner Art jovialen Burschen, der alles Unheil nur durch voreilige Keckheit anrichtet. Die RcSl des Fräulein Meitinger hatte bei aller Schläfrigkeit doch eine schlagfertigere Naivctät als die gestrige ReSl der Anna von Volkmar, die sonst den, Phlegma, das die Nolle verlangt, ganz gerecht wurde. Gewonnen gegen früher hatte der Maler Baumiller, den Herr Eggerth besonders in der Scene mit Loni mit warmer Treuherzigkeit spielte. Der Gesang der „Nandl" erklang gestern nicht sonderlich anmuthend: die Stimme der Wilhetmine Wunderte ist in der Höhe etwas schwankend; die letzte Nandl — wir glauben, eS war Fräulein Poucha — hatte ein sympathischeres Organ. Auch viele kleinere Rollen waren neu besetzt. Obschon die gestrige Ausführung etwas gegen die früheren zurückstand, so war doch baö Ensemble wieder so gut in- scenirt und lebendig arrangirt wie früher und übte auch die selbe Wirkung aus. Rudolf von Gott sch all. Musik. Neues Theater. Leipzig, 29. Octobcr. Neu ciustudirt ging gestern Lortzing'S komische Oper „Die beiden Schutzen" über die Bühne. Nach emem alten französischen Lustspiel „Die beiden Grenadiere" verfertigte der Componist s. Z den Text zu der Oper, die er anfangs „Die beiden Tornister" betitelte, welchen Titel er dann aus Anralbeu seiner Freunde, speciell des DirectorS Ningelhardt vom Leipziger Stadltheater ver änderte, da die hiesige Garnison damals aus einem Schützen- Bataillon bestand. Die Oper wurde am 20. Februar 1837 zum ersten Male hier aufgesührt, und Lortzing selbst spielte und sang den dummen Peter mit vollendeter Virtuosität. Seitdem ist daS Werk verhällnißmäßig nur selten zur Aus führung gelangt, trotz des Mangels, den die deutsche Opern bühne an guten, wirksamen komischen Opern hat, und die Wiederbelebung erscheint demnach daiikenSwerth. einer Reihe von Wiederholungen den Erfolg sichernd. Die vergnügten Gesichter und die unwillkürlichen tauten Beifallsbezeigungen des gestern sehr zahlreich versammelte» Pubticums sprachen bester als irgend etwas Anderes für die Lebensfähigkeit deS Werkes. daS allerdings eine treffliche, flotte Aus führung erlebte und dessen unwiderstebliche Komik die LachmuSkeli» der Zuhörerschaft fast beständig beschäftigte. Für den Erfolg der Oper wirkten die AuSsührenden so gleich mäßig gut mit allen ihren Kräften, daß kaum einer vor dem andern genannt werden könnte, men» die Bedeutung der Rollen nicht eine verschiedene wäre. In erster Linie gedenken wir deS Schwarzbart dcS Herrn Grengg. der namentlich in den Ensemble-Sätzen, besonders im erste» Finale den ihm eigenthümlichen urwüchsigen Humor entwickelte, der ihm, neben seinen phänomenalen Stimmmitteln, die Herzen aller Leipziger Theaterbesucher zugewanvt hat. Als Einlage, statt de» sür die Handlung gleichgiltigen LiedeS, im ersten Act sang Herr Grengg ein Lied von Alexander Winlerberger, I-»oriillLv Oilnsti von R. Baumbach. daS sich in die Oper reckt gut elnsügte und die Eigenart des bekannten und ge schätzten Componisten nicht verteugnete. Sehr ergötzlich war Herr Marion als Peter sowohl in seinem langen Solo zu Anfang deS zweiten, als im Finale desselben AcleS. Von den vorzugsweise derb-komischen Rollen muß hier noch der deS Jnvaliden-Osficier» Barsch gedacht werben, den Herr Ernst Müller mit, wenn auch nicht ganz neuer, so dock erschüt ternder drastischer Komik au-stattete. Die „beiden Schützen" vortreffliche Vertreter sowohl hinsichtlich ihres Spieles, als ihres Gesanges. waS bei de» stets anerkauiiten Eigen schaften beider Künstler kaum besonders versichert zu werden braucht. Ebenso anerkennenswerlb waren die umsänglich kleineren Leistungen der Herren Köhler, der den Gast- wirth Busch, und deS Herr» Prost, der den Amtmann Wall gab. Von den Damen-Rollen ist zunächst die Carotine deS Fräulein AndeS als in allen Beziehungen äußerst ge lungen hervorzuheben; die Künstlerin erwies sich wiederum als außergewöhnlich geschickt für derartige Partie», die Schalk haftigkeit ebenso verlangen wie Gcmülh. Die kleinere Rolle des Suschcn vertrat Fräulein Nothauser ebenfalls ausS Beste, während Fräulein Buse die verschämte Haushälterin. Jungfer Lieblich, mit dem bekannten Geschick auSslatlete. Die Ausführung wurde von Hern Capetlmeister von Fielitz ge leitet und erfreute sich solchen Beifalls, daß der Besuch der Oper bei Wiederholungen Allen warm empsohleu werden kann, die Sinn sür Humor haben und einige heilere Stunden gern verleben wollen. G. Schlemüller. kk. Leipzig, 28. Oktober. Kirchenmusik. Der Thomaner- chor vermittelte uns in seiner gestrigen und heutigen Aufführung in der Nicolaikirche die Bekanntschaft zweier Novnäten, einer Motette von R. Finsterbusch, Cantor und Musikdirektor in Glauchau, und eines ob seine- Alters von 100 Jahren ehrwürdigen Chorsatzcs von F. N. Rust, dem Dessauer Violinvirtuosen. Die Motette von Finsterbusch (über den 23. Psalm) ist eine dreitheiüge Coinposition, deren Autor jedensalls an guten Mustern sich gebildet hat. Sie bietet gerade nichts Außergewöhnliches, bringt manchmal Anklänge an den Brautzug zum Münster aus „Lohengnu" und wendet die Mittel der Modulation und des strengen Conirapuacles nur ipar- sam an, ist ober im Ganzen und Großen in freundlichem Sinne wirksam. Die ermüdenden Wiederholungen der Texiworte „der Herr ist mein Hirte" und das Unisono der Soprane und Tenöre bei den Worten „er bereitete mir einen Tisch gegen meine Feinde" sind die Achillesferse des ersten Thciles; das Uni- lono namentlich, an jener Stelle künstlerisch nicht zu recht- sertigen, ist in einer aus die Vielstimmigkeit von vornherein angewiesenen Compositioa nur ausnahmsweise am Platze. DaS Werk von F. W. Rust, zur Einweihung der Marienkirche in Dessau geichriebeu, ist eine feierlich schöne Compositlon, die sich so jriich und lebenskräftig bewies, daß die Bermulhung nahe liegt, es habe die Meisterhand des verehrten Thomascantors Pros. vr. Rust die Jnstruinentirung den modernen Ansprüchen gerecht gemacht. Die prachtvolle» Posauneuaccorde, die feinsinnig behandelten Holzblas instrumente gebe» dem Werke einen festlich-erhabenen Charakter. Auch die Behandlung des Vocalsatzes ist in hohem Grade ansprechend, der ernst-ruhige EinleitunqSchvr (ksckur), die Sopranarie (OwoU) und das Schlußgcbet (Ljckur) vereinen sich zu schöner Gesammt- Wirkung und sind in» Einzelnen dankbare Bortragsstücke. DaS Geber (Kstiinmiger Chor) verwendet wirkungsvoll polyphone Me lodik. Die Ausführung der Motette sowohl, wie des Rnst'jchcn Feststückes war eine tadellose, erquickliche. L. Leipzig, 29. October. In der Nicolaikirche halte gestern Abend das hiesige sogenannte „Röthig'jchc Quarten", das. unter des Herr» B. Rüthig's Lireclioa, schon manchen schönen künstlerischen Erfolg sdavongctrazen hat. eine „geistliche Mnsikaussührung" veranstaltet, an der auch hervorragende So listen theilnahme». Herr Conccrtocganist B. Psau »stiehl eröffaete die Borträge durch eine erhebende Wiedergabe dcS herrlichen Prä ludiums i» Lsckur von Bach, dessen mächtiger Flug und religiöser Geist den Hörer in dieser meifterhaskcii Ausführung überzeugen konnte, daß wir i» Bach doch mehr zu bewundern habe» als den hohen Meister coutcapunclischer Form. Neben der kuustreichen Form tritt bei Bach auch das warme, sittliche Gefühl hervor, und in der zweiten Nummer des Programms, dem Quartett: „Es ist genug", zeigte sich die glaubensseste Frömmigkeit, der er die schönste Form verliehen, in weihevollem Lichte. Das Röthig'jche Quartett führte die Gejaugscowposition würdig durch und gab der selben einen innigen, versöhnenden Ausklang. Die Sopran- partie war besonders günstig vertreten. Auch in dem Liede „Ich will dich lieben, meine Stärke" und dem hochernsten, er. greifenden Gesang von Rietz' „Seele, waS betrübst du dich", bei dem der Solist vorzüglich inlonirle, bewährte das Röthig'sche Quartett seine treffliche Schulung und warme Hingabe an die Meister geist licher Musik. Mit einem ansprechende», wirksam gesetzten Quartett von leinen» Dirigenten, B. Röthig, beschloß bas Quartett seine Leistungen. Von den Solisten sei zuerst des Frl. Marie Groß- jchups gebacht, der wir besonders gern bei kirchliche» Aufführungen begegnen. Ihr »littelgroßcr Sopran entwickelle sich bei der Nummer aus'Händel's „Samson" („Kommt all' ihr Seraphim" rc.) vor- trefflich, wenn sie auch an einzelnen Stellen mit der Höhe zu kämpse» zu haben schien. Das „Gebet" von Hiller trug sie mit tiefer Empfindung und seiner Schatiirung vor. Auch in dem Duett aus Mendclsjohn's „Elias" war sie Herr» G. Krautze, der die Baryioiivartie ancrleniieiiSivenh durchsührte, eine ebenbürtige Partnerin. Als Altistin hat sich Frl. D. Hand rich mit dem Raff'- scheu Liede: „Sei still" sicherlich die Symvatie ihrer Hörer er worben; denn sie sang nicht nur corcect, londccn auch mit innigem Ausdrucke. Herr B. Psa »»stiehl trug außerdem bereits erwähnten „Präludium" von Bach noch ein Ehoralvoripiel: „Schmücke dich o liebe Seele" von Papperitz und eine effektvolle Sonate: „Zur Todtcnseier" von Forchhainmer vor, welch letztere als Novität zu gelten hatte. Das Tonwerk ist reich a» Gedanken, und der volle Strom tröstender Beruhigung wechselt darin erhebend »nt den Tönen sanjter, elegischer Klage ab. Herr Psanustiehl spielte daS Stück mit einer Abrundung und Durchgeistigung, die dem Componisten nur zum Vorthcil gereichen tonnte. * Leipzig. 28. October. Einer schönen und lobenswerthen Tradition folgend, veranstaltete der Gesangverein „Typographia" auch Heuer zum Besten seiner Wittwenunterstützung in den präch tigen Raume» der Albenhalle ein Concet, dem die tünstlerische Weihe durch Mitwirkung der allbeliebten Concertjängeri» Frau Mctzlcr- Löwy und durch die vollendeten Orgelvorträge des berühmten Orgelvirtuosen Herrn P. Ho in eher gegeben wurde. Frau Metz- lcr-Lüwy sang Lieder vo» B. Vogel, Grädencr, Reinecke, Schu mann, Brahms und Tyson - Wolff entzückend schön: sinnige Jutcr- pretatiou des poetische» Gehaltes und der in seinen Accenten zu einer wirkungsvollen Scala woylberechneter Bortragsschattirungen sich aufbauende Meistervvrtrag sind auch hier, wie bei allen von dem warmen Hauche der Künstlerschasl belebten Leistungen der Frau Metzler-Lüwy als Cardinaltugenden hervorzuhebcn. So gelangen i» gleich liebenswürdiger Welse der jchwermüthige Gesang Vogel s („Waldblume") mit dem trostreich glitzernden b'is ckur - Schlüsse, wie das in seinen lebensfrohen Rhythmen so charakteristische Lied von Brahms „Dort i» den Weiden steht ein Hans". Der Ge maudhausvrganist Herr Homeyer, einer der ersten Orgelvir tuojen der Gegenwart, brachte auf der allerdings schwer zu traktirendcii ^nichtsdestoweniger aber sehr klangschönen) Orgel der Alberlhalle eine interessante Sonate von Rheinberger, deren! letzter Satz, eine krasl- und saslvollc Fuge über ein in der chromatischen ^ muli-Tonleiter sich bewegendes Thema, estectvoll sich aufbaut, und die äußerst schwierige, aber dankbare Orgelübertraaung von Nicolai's „Kirchlicher Festouverture" von Liszt mit verblüffender Virtuosität und >ene,n Darstellungsvermögen zu Gehör, welches die zahlreichen Klangfarben der Orgel zu einer Farben - Symphonie, zu einem Makart'schen Gemälde voll blendender Effecte zu mischen versteht. Las dankbare Publicum spendete beiden Solisten stürmischen Beifall und inehrfachcn Hervorruf. Die Leistungen der „Typographia" ver dienen freundliche Auerlennung; dem Eifer des Dirigenten, Herrn Kohrßen, ist es gelungen, die Leistungssähigkeit des Vereins auf eine achtbare Stufe emporzuheben; mögen die Gewissenhaftigkeit und der nutzbringend zu Tage tretende gute Wille io arridus eine sichere Grundlage sür die fernere Entwickelung des strebsamen Vereines werden! Das Liedcrprogramm des Vereines war etwas lang: ein Weniger wäre Mehr gewesen. Ungelheilten Beifall errang Herr A. Mittel bach mit einem von Herrn Fr. Woenig gedichteten schwungvollen Prolog, dem des Redners sonores Organ und ver- ständnißvolle Deklamation zu eindringlicher Wirkung verhalf. Hoffentlich wird dem guten Zwecke eine bedeutende Summe zu- gesührt. Leipzig, 29. Octobcr. Concert in der Alberlhalle. Die Alberl halle war gestern der Schauplatz eines Triumphes, wie er »n deu Annalen unserer Tiiicertgeich'chte nur leiten vorkommt und dann nur den auscrlejenste» Künstlern zu Theil wird. DaS Publicum brannte lichterloh, sein Enthusiasmus erinnerte au das heiße Tem- perament Italiens. Die Ausnadmeerscheinung, welche den kuror leutunicu» cntscffelte, ist sür ihre Größe klein genug: Herr Werner Alberti, der von Angela Neumann aus der Monotonie deS kauf männischen Coniploirs erlöste und auf kie Bretter gestellte Wunder- lenor. übcrtrifft, was die Kraft und Schönheit seines hohen Stimm registers aabclangt, Alles, was aus den deutichen Bühnen über ein hohe« 6 verfügt. Und merkwürdiger Weise konnte man, der Tra dition entgegen, bei feinem Singen musikaliicheS Bcrständniß und — eS klingt bei einem eben entdeckten Tenor ganz unglaublich — auch wirkliches Gefühl wahrnehmen. DaS Organ ist in der Mittel- loge schwach und bedeutungslos, entzündst sich aber vom g-' äuge« sangen zu wunderbarem Glanz und stählt sich zu unglaublicher Kraft. Die Arie aus dem „Tell" fing ganz uufcheiobar an, kein Mensch konnte ahnen, was sich dann bei der Schlußweudung o* d' ss' ersüllte: jeder Ton elementar. Daß Herr Alberti das o in der Stretta aus dem „Troubadour" mit dem volle» Behagen selbstbewußter Kraft sesthielt und damit den letzten Widerstand der Skeptiker besiegte, ist verzeihlich. Es ist ja völlig unbegründet, diese lang ausgehalteaen dohen Töne als Couliffenreißerei, Effecthascherei rc. zu brandmarken: sie stellen eben die ganze Krafr, die aus das Höchste gesteigerte Leistungsfähigkeit eines Sängers dar, und sollte man es Jemaudem verargen, tüchtig zu sein? Die drei von Alberti gesungene» Lieder (Meyer-Helmund, Riedel und Brahms) lassen sür die weitere künst lerische Entwickelung deS Sängers das Beste hoffen; eine gesunde «Innigkeit und wohltlmende seelische Belebung unterscheiden diese Leistungen von jenen Caricaturen, wie sie sonst die Cogliostrr des hohe» 0 zu liefern pflegen, sobald sie einmal musikalisch anständig sein wollen. Alberti wiederholte die Stretta und hätte sie wahr scheinlich nach Belieben noch ostmalS wiederholen können. Es war ein Concert in den höchsten Regionen, >n Lenen auch die Coloratur- iängerin Frl. Beith Franck frei waltet. Irl. Franck besitzt, wie sich dies auS dem Echoliede Eckert's ergab, eine vortreffliche Coloratur; bei ihren sehr anerkcnnenswerthen Leistungen bleibt nur die Wahl der Stoffe zu bedauern, die durch eine ansaogS hcrvorkretenbe Indisposition besonders ousstel. In der Thal verdient die Arie aus Lacmö von Delibes gründliche Mißachtung: sie ist weiter »ichts als Trapezkuiist, ein hohes und ei» Triller aus dem konnte sür mancherlei tückffche Zufälle nicht entschädigen. Das Echo- lied von Eckert war eine brillante Leistung von außerordeutticher Feinheit; die Triller im Pianissimo gerieihen sehr gut. Frl. Fraack' sang außerdem noch Jenien's Lied „An deu Linden" und die uo. ongenchnie Meyerhelmundmde „Mütterchen, sei nicht böse", elfteres etwas kühl, letzteres zu sehr aas deu äußeren Effekt zugespitzt. DaS Echolied wiederholte die schätzcnswerthe Sängerin nach stürmischem Beiiall. Die eminente Pianistin Frl. Gulyas, ein Liebling der Musen und Grazien, bot mit ihren Vorträgen aus der Jaakoclaviatur Leistungen genialen Charakters. Chopin'- L moll-Scherzo, Schu manns Nachtstück, die Tareutelle von MoSzkowsly uud das als Zugabe gespielte Lied ohne Worte von Tichaikowsky waren hinreißend gespielt; die glänzende Bravour der Technik (mochte sie auch nicht immer fleckenlos bleiben) und die begnadete Schönheit des Anschlages räume» Frl. GulyaS einen Ehrenplatz unter den modernen Virtuosen ein. Frl. Gulyas spielte als Novität LiSzt's Phantasie über spanische Lieder, ei» effecivollcS Biriuosenstück, dessen Hauptinhalt, Variationen über bas bei uns jo populäre Lied „Grad aus dem Wirthshaus komm' ich heraus", mit allen Zulhaten krastgenialer Virtuosität ge würzt ist. Es erübrigt noch unserer eiahklinffcheu Künstler zu ge denken. von denen Herr Kammervirtuos Schröder mit den Solo- stücken sür Violoncello (Händel, Schumann, Popper) uud Herr W. Rehberg, der treffliqe Pianist, durch die im Vereine mit Herrn Schröder gespielten Bioloucellelaviersouate von Rubinsteia uud die seinsiiluig durchgesührte Clavierbegleitung ihre oft gewürdigten, auch diesmal vom Publicum mit lauganhalteudem Beifall ausgezeichneten Küustleleigeuschajten zur schönsten Eittsaltung brachten. Als Concert- instrumente diente» zwei Flügel von Blut hu er, die in ollen Stücke» ihrem Weltruf gerecht wurde». F. Psohl. ?2. Leipzig, 28. October. Die „Leipziger Liedertafel", einer unserer ältesten und berühmtesten Mäunergesangvereiue, hatte gestern Abend »n großen Saale der Centralhalle einen „Lieder abend" veranstaltet, bei welchem leider der langjährige Dirigent des Vereins, Herr Richard Müller, infolge eiiies Krankheits- salles sehlte. So mußte denn ein Vereinsmitglied, Herr Leon hardt, in Vertretung da- Direclioiisscevter schwingen. Das Con- cert begann mit zwei Mannerchöre», „Hymne an den Wald" von Jüngst und „Mich zieht es nach dem Dörfchen hin" von Robert Schumann, sür Mannerchor gesetzt von G Jansen, bei denen der Chorus rer „Liedertafel" sofort zeigen konnte, daß er das Strenge mit dem Zarten, das Starke mit dem Milden zu paaren weiß. In der „Waldeshymne", die den Wald in sinniger Weise als deu „Dom in Urgeftalt" preist, gelangen sowohl die markigen Partien, wie auch die getragenen, elegischen Stellen vortrefflich. Nicht minder gut war das Schumann'sche Lied einstudirt. bei dem sich die Sänger namentlich vor Verschleppung hüten müssen. Die Toskanischen Lieder" sür Männerchor und Soli von Wem- wurni stellten schon schwierigere Anforderungen an deu Chor. Die Chorliedcr wurden indessen stimmungsvoll schattirt und der Schliißgcsaug impoiiirle durch den reinen, kräftigen Ausdruck der Sliiuiue». Das erste Solo, „Blaues Steralein", wurde von Herrn H. Eberle mit schöner, wohlklingender Stimme uud vor- züglichcr Declaniation gelungen, während die zweite Solopartie ebcnsalls ein Bereiasninglied, Herr Berger, befriedigend durch- führte. Die Clavierbegleitung wurde von den Herren Merico m ro und Krohn discrel und vcrstLnduißvoll behandelt. Den Schloß des Concertcs bildeten wieder zwei Mannerchöre, von denen der erste: „Mcr's nur verstände", der „Leipziger Liedertafel" vom Com- ponisten, Herr» Gustav Schreck, gewidmet worden ist. Der Chor- gejang ist einfach, aber ansprechend gesetzt nnd erinnert an den gemülhswarmcn Ton Kreutzer's. Als Tenorist ließ sich Herr Architekt R. Ha ge mann, ebenfalls ein Mitglied der „Liedertasel", mit zwei irischen Liedern: „Träume sind Schäume" von August Horn und ,Jm grünen Hain" von Popp, hören. Er sang mit freudigem Behagen und brachte seine» Baryton-Tcnor, der bis zum k herausgeht, zu trefflicher Wirkung. Als Pianistin trat Frl. Elise Morsbach aus, die sich unjeres Erachtens mit dem Präludium von Chopin, der Etnde desselben Co»ipo»isten und dem „Vogel als Prophet" von Schramm noch zu ichwiertge Ausgaben herausgesuchl harte. Sie spielte zwar correct, aber es sehlte noch der Geist in der Form. Auch die Verwendung de- Pedales war nicht immer echt künstlerisch. Dagegen bewies die Reinheit der Passagen und Triller, die Aus- dliuer im Spiel, daß sie eine gute Erziehung uud ein tüchtiges musikalisches Streben besitzt. Leipzig, 29. Octobcr. Der gastliche Saal Blüthuer ver sammelte gestern ei» zahlreiches und gewähltes Publicum, das mi! dem grüßten Interesse dem Spiele des jungen Pianisten Herrn Fritz von Boje folgte, Herr von Bose, ein Schüler des Leipziger Con- jervatoriumS, spielte die chromatische Phantasie und Fuge von Bach, Schumami's Phantasie op. I? und das 6ckur-Concert von Carl Remecke. In allen diesen Vorträgen sprach sich ein interessant gestaltendes, nur hie und da »och mit einer conveutionellen Phrase behaftetes musikalisches Darstellungsvermögen aus; eine bedeutende technische Virtuosität, »üancirungssähiger Anschlag und ernsthafte künstlerische Absicht sind die Grundzüge im Spiele des Herrn von Boie, die sich zu einem erfreulichen Gesammirejullat vereinen. Als hervorragende Leistung muß der Bortrag de- Conccrtes von Rcmecke bezeichnet werde», dessen virtuose Höhenpuncte einen liebevs« würd.g.heitece» Ausblick gewähren; die glitzernden Passage» (dar unter das Kunststück einer brillant gespielte» Oäor-Scala), die an- muthigeil Arabesken, die sich überall um die Themen winden, uud die Eleganz des Tonsatzes fanden in Herrn v. Bose einen reichbegabten und feinsinnigen Interpreten, der die dankbare Ausgabe glänzend löste. Das zweite CIaviec spielte der Componist mit oft gerühmter Meisterschaft. Die chromalnche Phantasie (in der Bülow'schen Bearbeitung) zeigte in der Fuge durchsichtige Klarheit und eine bis zu packender Gewalt sich steigernde poetisch ichvne Tonsprache, die natürlich auch sür da- erzioniantiiche Phantasiestück Schumann's beredte Accente zu finden wußten. Herr v. Boie sond lebhafte Anerkennung; möge der junge Künstler die Palme der vollsten Künstlerschaft erlangen. Der Ent haltsamkeit von Chopin hätte» wir gern ein Zeichen vom Beethoven- cultus entgegengesetzt gesehen; den» Beethoven ist für die Pianisten aller Anfang und alles Ende. Fräul. Aline Friede aus Berlin sang Lieder von Schumann (Schöne Wiege meiner Leide»), Remecke (Waloesgruß). Brahms (Dort in den Weiden) und drei Brauilieder von Cornelius: eine respektable Sängerin, deren aagenehmeS Organ nur von einem oft störenden vibrat« und einer in sentimentalen j Dingen etwas aufdringlichen Gesühlssckiwärmerei sich zu emancivireu brauchte. Wohlklouq und musikalisches Empfinden belebten in lobens- wertder Weise die Liedervorträge, von denen das zweite Brautlied von Cornelius am ö stcn gerictb, DaS Publicum nahm die Lieder mit freundlichem Beifall auf. Die Begleitung besorgte Herr Bose in niustergiltiger Weise aus einem Blüthuer, der in den Solo slücken durch Fülle und Schönheit deS Tones geradezu saSciairte. F. Psohl- nr. Leipzig, 29. October. Männergesangvereia „Lieder- lost". Die Feier des zehnten Stiftungsfestes der „Liederlust" wurde gestern im blauen Saale des Krystallpalastes unter Mit wirkung deS Herrn Cellisten Barth und unter sehr zahlreicher Theilnahme von Freunden des strebsamen Vereines abgehalten. Nach dem Festgruß von Jul. Otto: „Seid gegrüßt, ihr wertheu Gäste" trug ein Herr einen Prolog von Franz Wönig vor, iu welchem in hochpoetischer Weise geschildert wurd«, wie der Sang aus einem Ablauscheu der Natur und des Meuschen- herzen- beruht und wie im Lied des Menschen Gemüth all seinen Schmerz, all seine Freude aushaucht. Die sinnige und liebliche Dichtung fand allgemeine Anerkennung und lebhaften Beifall. Es reihte» sich hieraus zu einem schönen Festkranze au: Da« deutsche Lied von Kalliwoda. dos immer alle Herzen bezwingt — RöSlein im Walde von Fischer — Ritters Abschied von Kinkel
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