Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188811033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-03
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1888
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
für di« hervor: wltbarkeit eln- kinem utsch- i ls ist lbatt. amen- »er-Stf. k. L Ltt -erren- ^tiesel !tt. 8. ar Isstraße. 8el»ukv öorschrist Tanzlehrer z.do. »L»v <v«r-Orlvnn»- L!Z. i;ll cketeil. llsll!l>!l!l X 48,8t. L /ü- 50, - 5 .«57,- 57, - 6-,,. 65, - 7-^,. 75. - 8 -v>. 78. 8^. 75. - 8-^. 95, - 10 >1lOO. - 10^.. riimeiit8- !>, eexeu itr. 33 8. >« W. igl aus. Erste Geilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 388. So»«aben- den 3. November 1888. 82. JahMNg. vichterträume. Aon Ernst Otto Hopp. Nachdruck verbalen. Die meisten Dichter geberden sich h-"' "tage ganz wie vernünftige Mensche», sobald sie ,den Le anz. der ihr Haupt schmückte, in VaS dafür bestimmtz ä» des Pultes gelegt, die Schillerlocke ziirückgestrichen u,,o cs ausgrgeben naben, nach den Geheimnissen der Sternenwell mit jenem sinnenden Blick zu äugeln, de» die Backfischchen so bewundern. Viele Dichter, wen» sie sich ihr Pens»», schwieriger Reime geleistet habe», ziehen sich die Glacehandschuhe a», sehen den wohlgebürsteteu Cylinder oder den malerischen Schlapphuk aus, stecke» sich auch wohl eine Cigarre an und trinke» ei» „Echtes", satt« ihnen die Verse, wa« zu hoffen stebt, so viel eingebrachl paben, daß sie eö zu zahlen vermögen. Bart und Haare tragen sie kurz geschnitten, und so kommt cs. daß man den Poeten dann gar nicht inchr vom Elccknadelreisendeu oder vom Schmier- olsabrikanlen unterscheiden kann. Bei den Schriststellersestcn sah mau früher woht noch ein halbes Dutzend aller Herren, die mit silbernen Löwenmähnen prunkten; aber wenn die auS- gestorbe» sind, kann man den „Mann der Träume" gar nicht niehr herausfinden; die jetzt Heranwachsende» Dichtergeschlechter werde» wohl meistens init Kahlköpfen glänze». Ich kenne schon mehrere, die dazu Anlage haben. Viele Dichter tragen auch TagS über Acten und wandeln erst Abends auf den Helikon, »venu „das schöne, stille Auge der Nacht" ihren Genius weckt. Im gewöhnlichen Leben bat man oft gar keine Vorstellung davon, wie reizend sie sabuliren, und weiß gar nicht, daß in ihrer Brust fortwährend ein prometheischer Funke glimmt. — In dem feindlichen Frankreich hat eS einmal einen DichlerSman» gegeben, und zwar einen recht berühmten, der von dieser Regel eine Ausnahme machte; dies war Honors de Balzac, dem inan es ähnlich wie unserem E. T. A. Hoff man» bald anmerkte, daß er ein bischen von dem „'chönen Wahnsinn" besaß, den eine Dichtergabe vorstellt. Balzac iiichte seine Dichterträume bisweilen ins Praktische zu über setzen, waS die heutigen Genies hübsch bleiben lasten. So schwärmte er sür einen geistigen Bruderbund, für den Ge danke»: zwei, oder noch mehr, Herzen und ein Schlag! Es war ihn, gelungen, eine Gesellschaft zu stiften, die seine Pläne anssühren sollte, lauter junge Dichter und mächtige Träumer, unter ihnen Theophil Gaulicr, Alpbonse Karr und Granicr de Castagnac, die später auch wirklich berühmt wurde». Die c>st Sitzung fand in einer öden kleinen Kneipe in einer der Vorstädte von Paris statt; das WirtbshauS hieß: .Zum roihen Roß". Balzac träumte so: Die Mitglieder sollten ihre ganze Witlenskrast und Energie in de» verschiedene» Blättern, s»r die sie schrieben, daran setzen, einander zu hohen Stellungen cniporzuhelfen. .So wird in der Geschichte bas Größte voll bracht", sagte Balzac, „der menschliche Wille vermag nicht > nr viel, nein, er kann Alles, bei einiger Energie und großer Begeisterung. Willst Du Professor werden? Gut; unser gemeinsamer Wille wird eS durchsetze». Willst Du zum Mit glied der Akademie ernannt werben? Wohlan, wir werden rS durch eisernes Wollen erreichen, damit Deinem Wunsche Genüge geschehe " Leider halten diese Dichterträume durchaus keinen Erfolg. Den „Rossen", so nannten sich die BundeSbrüder» ging der Hafer aus; sie konnten Vas Geld sür die Tiners — denn ohne Diners keine Zusammenkünste — oft nicht aufbringen. Mehrere Mitglieder waren ciua»der auch nicht sympathisch, waö doch die Hauptbedingung für gemeinsames Handeln sein mußte. Einige merkwürdige Artikel erschienen in den Blättern, durch welche andere Dichter und Journalisten, die nicht zum Bunde gehörten, aus die Idee gebracht wurde», es sei eine neue gegenseitige BeweihräucherungS-Gesellschast gestiftet worden. „Schamlose Reklame!" brummten die Nichtwistenden. DaS war Alles. DaS „rothe Roß" existirt vielleicht noch, während die „Roste" längst schon auSgcträumt haben. — * In einer dunklen und kalten Winternacht, so gegen zwei Uhr Morgen-, klingelte eS anhailend und heftig bei einem Pariser Dichter Namens Jan. Der Pförtner zeterte, ver- Ichiedcne Schläfer wurden in dem Hause wach und schimpften, ein allgemeiner Lärm entstand. Endlich drang Balzac bei seinem Freunde ein. „Wer ist da? Was ist loS? Brennt es?" schrie der auS den süßesten Träume» cmpvrgeschreckte Dichtercollege. „Ich bi» eS. Balzac", war die Antwort, „zieh'Dich schnell an, wir müsse» sortl" „Fort? Barmherziger Gott, mitten in der Nacht, und ich habe keine zehn Sons in der Tasche! Wohin Leun, was hast Du denn vor?" Balzac ließ sich erschöpft aus einen Stuhl fallen und sagte: „Nur keine Zeit verloren l So kleide Dich doch an — Wir niüsicn sorl, nach Indien!" „Balzac! — Bist Du wahnsinnig geworden?" „Nein, eS ist volle Wirklichkeit! Sichst Du diesen Ring hier? " „Nun ja, er ist vielleicht fünf SouS werth", sagte Jan trocken und verdrießlich. „Fünf SouS! Erbärmlicher! Doch erst höre mich an. Ich komme eben von einer Soirüe beim neapolitanische» Gesandten. Du weißt, ich habe diesen Ring eines TageS in Wien von dem berühmten Orientalisten von Hammcr-Purgstall erhalten." ,DaS hast Du mir früher erzählt." „Also beute Abend kommt die Rede aus Ringe. Ich ziehe mein Juwel ab und sage zu einem der türkischen Attaches: „Hier ist eine arabische Inschrift, vielleicht können Sie die selbe entziffern?" — Der Herr nimmt den Ring in Augen schein und liest die Inschrift — plötzlich stößt er einen dumpfen Rus der Ueberraschung aus. Alles eilt und stürzt herbei. „Dieser Ring", sagt er, „ist Millionen werth; er stammt aus dem Schatze des Großmoguls, der ihn seil Langem ver mißt und gesucht hat — eS ist ein Ring, den einst Mohammed selber getragen, ein heilige« Kleinod, sür das der Mogul mit Freude» Tonnen Goldes hcrgeben würde." Sobald eS an ging, verließ ich eilends die Gesellschaft, ich winke ein Gefährt herbei und stürze zu Dir, — wir müssen zusammen nach Delhi reise» und dem Mogul den Ring überreichen, — ziehe Dich nur schnell an. —" „Hm!" sagte Ja» gähnend, „eS ist sehr freundlich von Dir, daß Du gleich an mich gedacht hast. Weißt Du, wir wollen unS erst eine Taffe Kaffee machen, eS ist bitter kalt und so früh " Beim Kaffee wurde der OpcrationSplan beschlossen. Jan ging tan» wieder zu Bette, und Balzac schlief auf den» Sopha. Am nächsten Morgen hatte er Ring und Reise vergesse». Ob der türkische Altacbb sich einen Scherz erlaubt, ob der Ring wirklich von dem berühmten Orientreisendc» Hammer hcrstammte, ist nie ermittelt worden. * * Als junger Journalist war Balzac zwar „saus sonor", aber auch meist „saos six sous". Es war im Sommer, er hatte eine Gartenwohnung bezöge». Eines TageS eilte er zu einem in der Nähe wohnenden Freunde; er war in großer Aufregung und forderte den College» auf, da eS sich um etwas ungeheuer Wichtiges bandle, mit ihm zu komme». Sic begaben sich nach Balzac'S Behausung. Der Karten, der dieselbe umgab, glich einem heutigen Berliner „Garten", in dem Bier verschenkt wir». Er besaß drei oder vier Bäume, die kränklich und dürftig auSsahen, nicht viele Blätter trugen und den Eindruck machte», als ob sie an pessimistischer Lebensanschauung litte» und demnächst von ihren Leiben erlöst werten wurden. Im Einklänge damit stand ein von der Sonne verbranntes rundes Beet, bei dein man nicht recht wußte, ob es cin Rasenstück oder ein Sand platz sein solle. „Sichst Du diesen Sommergarten?" sagte Balzac. „Garten!" echocte sein Freund spöttisch. „Es ist eine Caricatur auf einen Garten. Die Pvtizei sollte solche Gärten verbiete», den» sie sind freche Lüge», die unser sästhetischeS Gefühl schwer schädigen können." „Gleichviel!" entgegnete Balzac. „Ich habe im Sinne, dieses ganze Grundstück zu kaufen oder zu mietben. Ich lasse eS mit Glaö überdachen und ziehe daraus — Ananas!" „WaS?" sagte sein Freund verblüfft. „Nun, Ananas. In den Läden kostet das Stück jetzt zehn Franke» und mehr; ich verkaufe sic sür fünf Franken. Ausgerechnet ist Alles. Der Garten hat Platz sür hundert tausend bis bunderlsünszigtausend AuanaS. Nehme» wir nur hiinderltausciid an, da» Stück zu fünf Franken — welche enorme jährliche Einnahme! Freilich wird etwas für die Garlciigchilsen, für Heizung im Winter und die Glasbedachung abgehcn: aber dennoch wird eine kolossale Summe sür mich dabei abfallen — für unS — ich schenke Dir die Hälfte meiner Idee — willst Tu Partner werden?" E« dauerte eine ganze Stunde, bis der Freund ihm daS tolle Project ausgeredct hatte. * ^ » Balzac schwärmte unablässig für wundersame Gelderwerbs idee» und märchenhafte Expeditionen i» fremde Länder; auch aus das Schatzgraben war er erpicht. Thcophil Gaulier er zählt. daß Balzac, Jules Sandeau und er einmal alles Ernstes den Plan besprochen hätte», nach der Antilleninscl Guadeloupe zu reisen. Dort war, »ach Balzac'S Versicherung, ein erstaun lich großer Schatz vergrabe»; er kannte die Geschichte dieses Geheimnisses, er wußte, warum man das Gold und die Juwelen dort verscharrt habe, und hatte sich Specialkarten angeschasfl, aus denen er die Lage des Versteckes studirt batte und sie genau angeben konnte. ES war Alles in Ordnung, nur fehlte eins, daS Reisegeld. Die Ausrüstung für das Abenteuer, die Spate» und Spitzäxte, die Koffer und andere Utensilien konnte man geborgt erhalle», aber daS Baare wollte Niemand bergeben. Bald daraus beschäftigte den Schatzsucher ein anderes Project, das einen mehr realen Hintergrund zu haben schien. Balzac war daraus ausinerki'am gemacht worden, daß aus der Insel Sardinien alte Bergwerke, aus den Römerzeiten ber, erlstirten. Vor und in denselben befänden sich wahre Hügel von Rückständen, die an zehn Procent Silber und viel Blei enthalten sollten. Um ein Bntterbrod, hieß eS, seien diese Abfälle zu haben, und ein mächtiger Profit stehe zu erwarten; ein befreundeter Chemiker hatte ihm gegen eine Tantiöme ein neue« Mittel mitgetheilt, wie bas Silber auszuscheiden und zu gewinnen sei. Vor Allem kam eS daraus an, verläßliche Proben zu erhalten und festzustelle», wie viel Material vorhanden sei, oder ob sich eine Bearbeitung lohne. Umsonst riethc» minder sanguinische Freunde ab »uv wiesen auf VaS Chimärische deS ProjcctcS hi», die Nachricht sei bislang unverbürgt und unsicher — Balzac ließ sich nicht abbalten, er begab sich im Sommer 1838 ans die Reise. Von Marseille brachte ihn cin Fischerboot nach einem kleinen sardinischen Hafen. Er fand dort viele Moskito», die ihn blutgierig aufiele», einsame, schöne, aber gänzlich weglose Waldthäler, sowie sehr mangelhafte Verpflegung, und kam nach etlichen Woche» hungrig, zerstochen und sonnverbrannt zurück, lieber daS Silber schwieg er. Von diesen Dichlerträumen einigermaßen cnrirt, beschloß der große Romancier Theaterstücke zu schreiben. Nur hatte das eine kleine Schwierigkeit. Er hatte kein dramatisches Talent und wußte nicht« von Bühnentechnik und -Effecte», und vor Allem fehlte ihm die Idee sür ein Stück, er batte keinen Plan für die erste Anlage. Man rieth ihm. ein üom- pagniegeschäst einzugehen, einen schriftstellerischen Collegen zu suchen, der Ideen besäße, die Ausführung sollte dann Balzac'S gewandte Feber leisten. Dies leuchtete dem Dichter ein. Zu allgemeinem Staunen miethete er sich einen armen, schwindsüchtigen Lyriker, der sehr hungrig war und gern aus den Vorschlag eingina. Gegen freie Verpflegung und Wohnung sollte Lassailly, so hieß ber junge Musensvhn, Balzac Ideen liesern, Pläne entwerfen, er zog bei Balzac ein und wurde fürstlich bcwirthet. Nach acht Tagen traf ein Bekannter den besagten Lassailly, der im fadenscheinigen Nöcklein betrübt emherschlich. „Lassailly!" rief er ihn an, „Sic hier? Sind Sie denn nicht mehr bei Balzac, hat eö Ihnen dort nicht gefallen?" „Ach", erwiderte der hektische sanfte Jüngling und Thränen traten in seine Augen, „wie gern wäre ich dort geblieben! Gebratene Hühner — Früchte — guter alter Burgunder — und ein Kaffee!" Er schnalzte mit der Zunge und fuhr dann weinerlich fort: „Aber eS ging nicht!" „Warum kenn nicht?" „Sehen Sie, der Herr von Balzac War zu sehr auf seine Idee erpicht. Er behandelte mich wie einen Prinzen, aber zugleich quälte er mich zu arg. Sechs, siebe», acht Mal mußte ich in der Nacht ausstehen und zu ihm komme». ..Haben Sic eine Idee, Lassailly", ries er dann „einen Plan?" So ging eS Tag und Nacht, trotz alles WcinS und KasseeS konnte ich mich nicht ausrecht halten, ich hatte keinen Augen blick Ruhe — auS Verzweiflung rannte ich endlich davon." Bald daraus geriet!) Balznc in daS rechte Fahrwasser. Mit seinen Dichterlräumen war eS nicht vorbei, aber er ver suchte nicht mehr, sie in das praktische Leben zu übertragen.L Auch englische Dichter hat eS gegeben, die voll von wunderlichen Tränmereien steckten; so sei hier nur der Roman- schriststeller Lytton Bulwer erwähnt. Seine historischen Werke, wie „Der Letzte der Barone" und „Die letzten Tage Pompejis", oder seine Romane, die in der respektabelsten englischen Gesell schaft. wie „Pelham", „Dcvercur" und „Ernst Maltravers", spielte», haben weilen Ruf; weniger aber ist eS bekannt, daß er daneben auch phantastische Wuildererzählunge» auSklügeltc, in denen, wie i» „Zanvni", n»t den Gestalten der vierten Dimension gerungen wurde. Seine mcikwürdigste Träumerei ist „DaS kommende Geschlecht"; als Bulwer dieses Buch schrieb, war in der Weit noch wenig vom elektrischen Licht bekannt. Und doch läßt der Dichter den ganzen Schauplatz, der in de» „Eingeweide»" kcr Erde, im Erdinnern, liegt, durch mildes, sanftes elektrisches Licht erleuchtet sein. Ei» Reisender, so lautet die Fabel, erblickt bei Forschungen in einem der aus gedehntesten Bergwerke plötzlich von fern in der Tiefe ei» mildes Licht. Zusammen mit einem Ingenieur läßt er sich an Stricken einen Abgrund hinab; sei» Genosse fällt und wird bald daraus von einem riesenbasten Saurier, der sich nähert, verschlungen, während der Held der Geschichte sich rettet. Er findet dort in der Erdticfe ein in der Civilisalion großartig fortgeschrittene« Volk, daS sein weite« Gebiet, da Sonne, Mond und Sterne seblen, durch eine Art elektrischen Lichtes erleuchtet, in dessen köstlichem Glanze die Pflanzen blühen und Frucht tragen. WaS wüide der Romancier wohl sagen, wenn er heute ganze Straßen und volkreiche Städte durch elektrisches Licht, daö unwillkürlich an VaS seiner Dichter- träumerei erinnert, beleuchtet sähe? Lolonialpolitisches. * Die „Times" veröffentlicht ei» Schreiben de« Herrn CH. H. Allen, SecretairS der Gesellschaft zur Unterdrückung ces Sklavenhandels, an den Minister des Aenßern, Lord Salisbury, in dem die Frage: „Ans welche Weise kann der Sclavenhandel in Zanzibar unterdrückt wer den", wie folgt beantwortet Ivird: „Euere Excellenz! Nach einstimmiger Ansicht des versammelten Ausschusses der Gesellschaft zur Unterdrückung des Sclavenhandel- sollie der Sultan von Zanzibar ausgesvrdcrl werden, Schrille zu thun, uni der Sklaverei, wie sie heute noch zu Rechte» in bcn Inseln von Zanzibar, Pemba und verschiedenen anderen Gebieten, die sich unter seiner Herrschaft befinden, besteht, sernerc Anerkennung zu ent ziehe»; gleichzeitig wäre die englisch" Regierung z» ersuchen, die äußersten Anstrengungen zu mache», »in den Sultan zu veranlassen, diele Reform nach den Giundsatzcn durchzuslihrc», welche England ln Indien und a» der GvldkUste von Ajrika in Anwendung ge bracht hat. Es wird Euerer Excellenz bekannt lein, daß der unerlaubte Sclavenhandel von der afrikanische» Lsiküste nach der benachbarte» Insel Pemba während der tetzlen zwanzig Jalirc eine solche Aus dehnung erfahren bai, daß die Bewachung desselben gegenwärtig einen sehr beträchtliche» Thcck derjenigen Summen koste!, welche sür die Unterdrückung des Sklavenhandels durch englische Kreuzer aus- geworfen sind. Pemba liegt nur 30 Meilen nördlich von Zanzibar »nd ist von Afrika nur Lurch einen schnialen Eanal getrennt; die Sklavenhändler tonnen sehr leicht in einer Nacht die Ucbersahrt be werkstelligen. und die Ueberwnchung derselben ist deshalb eine b«. sonders schwierige und mühevolle Ausgabe. Die Bedeutung der Insel liegt in den dortige» Gewiirz»ctkeu.Pila»z»i>gen; die sehr hohen Ausfuhrzölle, welche aus der Gewürznelke taste» und zuweilen 70 Procent aä valorem betragen, erklärt die Thatsache, daß die meisten arabische» Landcigenihümer bei persischen GclLdarleihcrn stark verschuldet sind; die Sclaven friste» dort i» Folge dessen ein so elendes Dasein, daß die meisten schon nach wenigen Jahren ihrer Arbeit erliege». Unsere Gesellschaft bat vor einigen Jahren wiederholt die Auf merksamkeit der königliche» Regierung aus den Mißbrauch gelcnki, welcher au der ostasrikanischeu Küste von Sclavenbündlcrn mit der französischen Flagge getrieben wiro, und die grausame Ermordung des Capitains Brown Rigg Ist ein bekanntes Beispiet der Straf, losigkeit, welche Sclavenhändler und Mörder unter dem Schutze einer befreundeten Flagge finden. Ein neuer Fall dieses Mißbrauchs soll nach vorliegenden Nachrichten im September diese« Jahre« vor gekommen sein, da eine Dhauw unter französischer Flagge «nd mit sranzSsischen Papieren unter den Augen der Osficiere von S. M. 2. „Griffon" 80 Sclaven in Pemba landete, ohne daß sie gehmdcrt werden konnte. Der Ausschuß gestattet sich ferner die Aufmerksamkeit Euerer Excellenz aus einen ausführlichen Bericht zu lenken, welchen Kieme» »ant Smith auf Veranlassung Sir John Kirk's im Jahre 1884 über die Verhältnisse der Insel Pemba erstattet hat. Lieutenant Smith empfiehlt die „Abschaffung der Sclaveres in Pemba" und erklärt, England besitze ein Recht, daraus zu dringen, weil „fast alle dort lebenden Sclaven erst nach dem Jahre 1873 dort hingeiandt seien, — waS deu Bestimmungen de» Verlrage« au« demselben Jahre widerspreche." Bei Aussetzung dieses Berichts an da« Auswärtige Amt schrieb Sir John Kirk in seiner D-pelche vom 13. März 1884: „Ich bi» der Ansicht, daß die Abschaffung der Sklaverei für die öffentliche Wohlfahrt aus Pemba von wesentlicher Bedeutung ist." Earl Granville erwiderte hieraus unterm Ll. April 1884: „Es erhellt augenscheinlich, daß, so lange als die Sklaverei in Pemba existirt, eine größere Einwanderung von Freien nicht zu erwarte» ist, und ich ersuche Sie deshalb, keine geeignete Gelegenheit zu ve» säumen, um den Sultan aus die Bortheile hinzuweisen, welche die Abschaffung der Sclaverci sür diese Insel mit sich bringen würde." Am 22. November 1884 schrieb Sir John Kirk an Earl Gran- vtlle: „Ich werde bei dieser Gelegenheit dem Sultan die Bortheilc dringend vor Augen führen, welche er durch Abschaffung der Sclaverei in Zanzibar und Pemba erlangen würde, da alsdann freie Leute in größerer Anzahl dorthin etnwandern würden, welche jetzk sich davor scheuen, oder, wenn sie e« thun, dem Laude von jedem Beliebigen an der Küste als Sclaven reclamirt werden könnten." Im Hinblick aus die bedeutende Zunahme des Sclavenhandets während des letzten Jahres und aus die erheblichen Interessen, weiche eine britische Gesellschaft jetzt unter königlicher Chartre seit der Erschließung Lentralasrikas besitzt, hält die Antl-Sclavereigesell- schast de» gegenwärtigen Augenblick sür günstig, um de» Sultan von Zanzibar zur Durchsührung der Reformen anzuhalten, aus welche bei seinem Borgänger von der königlichen Regierung hin- gedrängl worden war. Im Namen des Ausschusses habe ich die Ehre zu sein Ew. Excellenz ergebenster Diener gez. Chas. H. L. Allen. * AuS einem Zanzibarer Telegramm englischer Blätter ergiebt sich die Bestätigung einer cmbermeitigen Meldung, wonach die deutsche Corvette „Carola", welche aus dem Heimwege war, in der Capstavl de» Befehl erhallen hat, zur Verstärkung des an der ostasrikanischen Küste befindlichen Geschwaders »ach Zanzibar zu gehen. * In London ciiigeganqenen Nachrichten au« Samoa vom 16. Oct. zufolge hat sich Tamascsc ins Innere zurückgezogen »nd Malaasä ist Herr ber Lage. Die Deutschen haben Mataasa nicht als König anerkannt. Admiral Fairsax hielt eine Confcrenz mit de» verschiedene» Consutn, nach welcher Theile der Hauptstadt und der Vorstädte sür neutral erklärt wurden. Vermischtes. --- Friedrichsruh, 31. Oclobcr. lieber den Besuch Sr. Majestät deS Kaisers wird dem „Hamburger Corrcspoilkcnten" noch nachträglich geschrieben: Gestern Mittag nach 1 Uhr batte daS wieder zahlreich erschienene Publicum die Freude, de» Kaiser und de» Reichskanzler in unmittel barer Nähe zu sehen. Ilm diese Zeit unternahm Se. Majestät, begleitet von den, Reichskanzler, einen Spaziergang zu Fuß durch den Park über die Obersörsterei und durch den Forstort Baukamp und kam an Petcrsen'S Gastwirlhschaft („Zum Landhaus") vorbei. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht i» der gedachte» Wirthscbast: „Ter Kaiser kommt!" und AücS strömte vor die Thüren, wo man denn auch den Kaiser und den Fürsten Bismarck langsam promenirend an- komnien sah. Ter Kaiser trug die Iusauteric-Unisorm mit IntcrimSrock, sowie den ueuen Insanlerie-Degen, in ber rechten Hand einen leichten Stock mit Knopf. Der Kanzler befand sich in Kürassier - Uniform mit Mütze und hatte ebcusallS eine» Stock in der Hand, ans den er sich stützte. Als der Kaiser daS Hcrbeiströmen der Menge gewahrte, blieb er mit dem Fürsten vor dem Landhause stehen und daS Publicum batte Gelegenheit, noch einmal seinem Kaiser zuzujnbcln. Derselbe sah überaus freundlich auS und dankte wiederholt sür die Zurufe de« Publicum«. Don Wenigen bemerkt, hatte sich cin von dem Kaiser befohlener Photograph ausgestellt, um da« bistorische Bild zu fixiren. Dasselbe soll, wie verlautet, woblgcluiigen sein. Nach kurzer Zeit ging der Kaiser und der Fürst durch die dem Landhaus: gegenüberliegende Gartenpforte nach dem Fürstenhaus zurück. Bei der Abfahrt, welche wieder vom Hauptcingange des Schlöffe« aus stattsand, begleitete der Kanzler seinen hohen Gast bi» an den Wagen. Der Kaiser gab dem Fürsten mehrmals beide Hände und ei» Keller Sonnenschein lag aus Beider Gesicht. Die Menge brach in brausende Hochs aus, bis ber Zug verschwunden war. <F Halle, 31. Oktober. Einer Nichtswürdigkeit sondern Gleichen hatte sich die HandelSsrau Göde hier schuldig gemacht, indem sie aus ihrem BcrkausSstandc aus dem Markt- Platze Bücklinge, die sich in einer Kiste unter ihrem Ver- kausSIischc befanden, mit einer gewissen Ekel erregenden Flüssig keit aus einem gewissen Topse (Nachtgeschirr) begoß und die so „ausgcsrischte" Wnare dann zum Verkauf brachte. Vor hiesigem Schöffengericht heute deS Vergehen« gegen tz 10, Abs. 14 deS NahrungsmittelgesetzcS von 1879 anqeklagt, wurde die gewissenlose Person zu i Monat Gesängniß verurtbeili. Der Staatsanwalt halte 3 Monate Gefängniß und 150 ^ Geldstrafe beantragt. --- St. Petersburg, 1. November. Die Wolga ist größte,ithcilö mit Eis bedeckt und die Schifffahrt aus der selben geschlossen. strstcr Geschäftsgrundsat;: Nur wirklich gute waaren preirwürdig zr» verkaufen. Heute den S. November deS Schuhmaaren - Etablissements von ii. IßonillisiiRsn, Petersstraßen- «nd Schloßgaffeu-Ecke. S 8 r v «*- V V Umtarrfch zu jeder Zeit gestattet
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder