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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188811033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-03
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1888
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tausgesuche" rt pro»,tuest tStr.20. I. oecken w rg 0. 2EU8 »Li«. Zweite Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 308. Tonnnbend den 3. November 1888. 82. Jahrgang. 100.000 »»80». h. in». Lor- . Off. snb eschüstslage, ) sofort zu wollen sic tu d. BI idst. inrcge: ispr. Berm. ! Wicicnstr. eip'.ig- m ' .L. Ü. 200 itz. oberes GohliS zu cht. Pre.„ „ ies. erbeten > d. Bl. Elogen in, . Offerten . N. ILO istr 7, eri-. wreinsahrr, Babndoie.. zu kiniirn >8toi- ^r. 3«„ oder Caf> isen gejuch.. IÜULVI- »cksi UNI Iveethe len. A^e. str.D. e, Golö, aze Nackt l'tcn Preis, : 1b, p. Hä- Ifarmri Aestcllnn 16,3 rckr d hole c . !. G-ichn LÜiutei Nachlu r^i»^ kauft 8«z»li. Wicder- . 2»? iri: . Sir^24. auit sie! :.8. Hosl. r. holt ad Sir. 13 1, kaufi gstr. 9,1. iz. 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Wie schwer eS oft ist, manche Wahlmänncr nach ihrer Parieistellung einzuschätzen. beweist z, B. die Tbatsache. daß in Breslau eine ganze Anzahl Wahlmanner zugleich aus der Liste der Cartelparteien und der Deuischfreisin.iigeu oder aus der Liste der letzteren und des LenlrumS standen. Auch in Posen sind die drei Parteien. Cartel, Deutschsreisinnige, Polen, iu annähernd so gleicher Stärke auS den Wahlmännerwahlen hervorgegangeu, daß er noch nicht einmal zu übersehen ist. welche von den drei Struppen in die Stichwahl kommen werden. Auch in Frankfurt am Main wird die Entscheidung von einer ganz geringen Mehrheit ab» hängen. Wir verzichte» daher einstweilen daraus, Berechnungen im Einzelnen anstelle» zu wollen, die doch zu ganz unzuverlä sigeu Resultaten führen müßten. So viel ist aber aus alle Fälle jetzt schon sicher, daß die national- liberale Partei in einer um mindestens iS Mandate verstärkten Zahl in das neue Abgeordnetenhaus einzieht. Da dieser Gewinn zum Theil aus konservative und sreiconservative Kosten erfolgt, diese Parteien aber schwerlich irgendwo neue Er- oberungen gemacht haben werden, so steht eS jetzt schon vollständig fest, daß eine allein auS den beiden conservalivcn Fraktionen be» stehende Mehrheit ausgeschloffen ist. Da die Deutschsreisinnigcu noch immer sortsahren, mit der Vorspiegelung der Möglichkeit einer rein konservative» Majorität zn overircn, so muß nachdrücklich her vorgehoben werden, daß diese Gefahr vollkommen ausgeschlossen ist. Ob auch im neuen Abgeordnetenhaus eine klerikal-dcutschcouservative Mehrheit vorhanden sein wird, läßt sich »och nicht übersehen. Die Eonservativen müßten, wen» diese Mehrheit beseitigt sein sollte, niindcslenS zwölf Mandate verlieren. Ob ihr Verlust so groß sein wird, könne» wir noch nicht mit Sicherheit vorauSietzen. Jedenfalls wird diese Mehrheit zu einer verschwindend geringe» werden, und das kann das zuverläisige und dauernde Zusammenwirken zwischen Conservative» und Nationalliberalen nur befördern. Die Deutsch- freisinnigen haben mit Sicherheit jetzt bereits verloren die Mandate von Königsberg (1), Altona (i), Himm-Soest (2), Land kreis Wiesbaden (lü ObertaunuSkreiS (1), Unterlahnkreis (1), also 7, wozu wahrscheinlich Frankfurt a. M. (1) und Pose» (l) und viel» leicht Breslau (3) hinzukommen. Als Gewi»» dürste dem nur Nordhauser, (1) und vielleicht Liegnitz (2) gegeuüberstehen. Ganz umwälzende Ergebnisse werden sonach durch die Abgeordnetcnwahlen freilich nicht herbeigeführt werden; das wurde ja auch von allen Seiten mit Sicherheit vorausgesehen. Indessen das neue Ab- geordnetenhauS wird doch i» unserem Sinne nicht unwesentlich verbessert sein, durch Verstärkung der Mittelparteieu und der gemäßigteren Richtung bei den Eonservativen, und das berechtigt uns vollauf, mg Genugthuung und Zufriedenheit aus den bisherigen Verlaus des Wahlkampfes zurückzublicken. Westfälische Cent rumsblätter liegen sich hestig in den Haaren über die Wahltaktik. Der Beschluß der Centrumspariei, in Hagen für Herrn Richter mit oller Kraft einzutreteu, findet leb hafte» Widerspruch bei dem „Westfälischen Bolksblatt" in Paderborn, welches Wahlenthaltung empfiehlt, wogegen andere Lenirumsblättcr wieder den Beschluß vrrtheidigen, für diesen hervorragenden „Bcr- treter des Christenthums, der Religion und Gottesfurcht" nach den Worte» des bischöflichen Wahlerlaffes cinzutrete». Offenbar sängt nachgerade der Cenlrumswähler an, etwas stutzig zu werde», daß er immer und überall die bedrängten Demokraten heraushaucn soll, und noch dazu mit salbungsvollen gottseligen Redensarten. Die bereits feststehende Thatsache, daß die deutschsreisiunige Partei von vierzig Mandaten noch ein Dutzend einbüßt und die übrigen zum größten Theil der Gnade des Centrums ver< danke» wird, sängt doch an, in ehrlicheren und offenherzigeren sorb schrittlichen Kreisen einigen Eindruck zu machen. An dem, auch mit jedem Jahr knapper werdenden Sieg der Herren Knörcke, Parisius und Hermes in Berlin kann mau sich schließlich doch nicht aus die Dauer aufrichten. Auch Berlin wird eS bald müde werden, diesen politischen Mumien, die sonst vom ganzen Lande zurückgewiesen werden, allein eine Heimstätte zu bieten, so gut wie BreSlau und Posen. Auch in fortschrittlichen Kreisen reißt die Erkenntniß, daß eS so nicht weiter gehen könne, merklich ein; in der fortschrittlichen Presse werden bereits die Ursachen des trostlosen Verfalls der Partei erörtert, und wie viel schuft und seltsame Ansichten dabei auch zu Tage treten mögen, die Ueberzeugunq, daß die Partei, wenn sie aus den bisherigen Wegen weiter wandelt, dem unrettbaren völligen Untergang unaufhaltsam entgeqengeht, dringt doch mehr und mehr durch. Es wird aber keine Rettung sein, ehe der größte Heerverderber aller Zeiten, der mit unfehlbarer Sicherheit seine Partei mit jeder Wahl mehr decimirt, beseitigt ist. Wir können freilich nur wünschen, daß er noch lange die Sache des „e»t fchiedenen Liberalismus" leitet. anlaffnng zu diesen Reisen? Einzig und allein die Leibarzte, die eine Verantwortung von sich ablehnen zu müsse» glaubte», soli der König ihrem Rath, bei beginnender rauher Witterung ei» süd liches Klima auszusuchen, nicht Folge leisten würde. D.r König, nach d in Zeugnisse der ausgezeichnetsten Männer geistig viel reg- samer und bedeutender, als Uneingeweihte wisse», ist so bestimmt in seinem Urtheile, io ausdauernd in seinem Alle», daß er keineswegs leicht zu behandeln sein soll; von einer blinden Be- einslussung aus ihn kann vollends keine Rede sein." Ja ähnlicher für die „Amerikaner" günstiger Weise spricht sich eine Zuschrift an die „Frankfurter Zeitung" aus. Im Widerspruch damit steht eine telegraphische M,«Heilung der „Daily-News" aus Nizza, daß die Amerikaner dort eine Villa gegenüber dem Hotel des Königs be- wohne», ein luxuriöses Leben führe» und als die einzige» Gesell- chasler des Königs bei dessen Spaziergängen erscheinen. Am Sonn tag Abend hatte der Corieipoudent der ,,D. N." eine „Unterredung" mit einem der Amerikaner, dir indeß sehr kurz verlause» zu sein cheint. Der Correspondent fragte den Amerikaner, ob er die be kannte» Zeitungsnachrichteil als unwahr bezeichnen könne. Er ant wortete, daß er nichts zu sage» habe, wünschte „Guten Abend" und wies sehr unceremoniöS nach der Thüre. Das Pokerspiel, welch S König Karl niit den Amerikanern spielt, soll demselben ein außerordentliches Geld kosten; der spiritistische Humbug, den dieselbe» treiben, wird natürlich vielfach besprochen. Auch daß König Karl trotz der Haltung der französischen Bevölkerung und Regierung wiederum »ach Nizza gegangen ist, macht keinen angenehmen Eindruck. Nehme» die französischen Blätter doch sicher jetzt die Miene a», als hätte sich König Karl durch seine Reise »ach Nizza unter französischen Schutz gestellt! Selbst sür de» so ge wandten Staateminister von Mittnncht erwächst durch alle diese Dinge eine kaum durchführbare Position. D es um so mehr, als weder der Gesundheitszustand, noch die Gcinüthsversaffung des Thron erben Prinzen Wilhelm die besten sei» sollen. Da auch dieser keinen Erbe» hat, so steht bekanntlich der Uebergang der württembergischen Krone aus den katholischen Zweig des Hauses in Aussicht." Die (osficiöse) „Telegraphen-Agentur" in Stuttgart versendet folgende Depesche: „Die Meldung eine- hiesigen Blatte- (veS „Stuttgarter Idemokratischens Beobachters"), da- würltembergische Gesammtministerium habe seine De mission eingereicht, ist völlig erfunden. Man „be trachtet" in hochstehenden Kreisen die Nachricht als ein tendenziöses Lügengewebe" und als „Gimpelfang"." gewonnene Neberzeiigling des großen Elends und der höchsten Hills- bedürfligkeit, in welcher die meisten Abgebrannte» trostlos schwebe», aewiß dazu beitragen, daß die warme» Worte der bereits erfolgten Ausrufe der HüsscomilöS um reichliche »»lde Gaben ans recht frucht bare» Boden fallen. Hier thnt Hilfe »nd schnelle Hilfe wirklich uolh! 1 Aus Württemberg. * Die .Neue Freie Presse- bring! eine umfangreiche Corrc- spondenz. welche den Zweck verfolgt, die vielbesprochene Dar stellung der „Münchener Neuesten Nachrichten" über die Ver- bältiiisse am württembergischen Hofe zu widerlegen. Wir entnehinen dein Artikel, »m auch diese Auffassung zu Worte kommen zu laste», Folgendes: „DaS Eine sei sogleich zugegeben: einen gewissen scheuen, dem lauten Lärm dcs Lebens abgewendeten Sinn hat König Karl mit dem fagenuniwebten Bayernkünig gemein, ober entfernt nicht in demselben krankhaften, cxaltirten, unseligen Grade. Kein Mensch nahm Anstand daran, so lange der intime Freund und Bcrtraute deS Königs, Frhr. v Spitzemberg, auS dem alten Adel war. Erst als die fremden und bürgerlichen Elemente sich geltend machten und in de» Vordergrund traten, bildete sich um die Personen und den Fürsten selber ei» My henkreiS »m so abenteuerlicherer Natur, als nur Wenige Liese Ausländer kannte» und diese sich auch ge- flissentlnh im Hintergründe hielten. Wenigstens gilt dies von der niaßgebenden Persönlichkeit der jetzigen Epoche, dem nun in den Freiherrnstand erhobenen Herrn CbarlcS B. Woodcock-Savage Derselbe Halle allerdings einen Vorgänger gehabt in dem ehemaligen Secretair des amerikanischen Confulatcs zu Stuttgarl, Herrn Richard Jackson, den der König zu seinem Vorleser ernannt und Mit Ehren und Geschenken Überhäusl Halle, ohne in ihm zu finden, waS er suchte: einen Menschen, der ihm reinen Wein einschenkte und ihm dauernde geistige und seelische Anregung bot Der körperliche Zustand des Monarchen verschlimmerte sich, und so war es noch zu Zeilen des Freiherr» von Spitzemberg, als der König, gepeinigt von den unerträglichsten Schmerzen, aufiug, sich magnelisiren zu lasten und sich auch sür Spiritismus zu interessiren. Man hörte damals auch viel davon, unter dein Einflüsse des streng katholischen Herrn von Spitzemberg mache die katholische Propaganda im Laude große Fortschritte. Indessen, Spiritismus und Katholicis- Mus wurden verdrängt und verichwanden, als aus die Empsehlung deS verstorbene» englische» Gesandten zu Stuttgart in Herrn Woodcock der frühere Prediger einer evangelischen englischen Gemeinde an den königlichen Hos kam. Mit ihm zugleich ein jüngerer Landsmann, der Sohn einer Familie in Amerika, die mit Woodcock's Hause eng liirt, ihn dem landsinannichasilichen Schutze übergab, als der junge Mann ebenfalls nach Deuijchland ziehen sollte» um seine Ausbildung zu vollenden. Der vielbercdete Herr Woodcock zählt heule ungefähr vierzig Jahre; er hat früher iu Heidelberg studirt und verbindet nach dem Zeugniß Derer, die ihn kennen, mit der akademische» eine ungemein weltmännische Bildung. Er machte, als der König ihm sein Vertrauen schenkte, seinen Einfluß dahin geltend, ihn zu einer Operation zu bewegen, welcher der hohe Patient sich bis bis dahin aus- Acußerste widersetzt hatte, welche aber nun, wie später amtlich knndgegeben ward, durch den Wildungener Specialisten vr Marc geschah und dem Monarchen höchst wahrscheinlich daS Leben rettete. Was Wunder, wenn dieser sich mehr und immer mehr einem solchen Ratdgeber anschloß und in seiner unbegrenzten Dankbarkeit ihm auch die Ihalsächlichen Bewe, e davon in angeborener Liberalität zufließeu ließ! Gleichwohl ist die Behauptung von dem geschenkten Hause mit all seinem Glanz« und „seinen Mysterien" eine Unwahrheit; sogar die Einrichtung ließ der König für sich machen und übergab seinem Vertrauten die fürstlich geschmückten Räume nur zum Bewohnen. Daß die Mittel riuet Königs dadurch bis zum droheadeü Hereinbruchc einer Kala strophe erschöpft wurden, kau» nur einem Kinde glaubhaft gemacht weiden; wohl ober haben notorisch die auswärtigen Reisen des Fürsten einen Aufwand bedungen, der gewisse Einschränkungen in »er Hofhall^ug uöthig gemacht haben soll. Wer aber ist die Bcri Fahrpreisermüßitzungtn bei Schülerfahrten. * Während der Sommermonate des laufenden Jahres wurden eitens der Betriebs-Ober Jnspectton Leipzig I der künigl. säch- 'ischen Staatseiscnbahnen an 10628 Kinder und Lehrer Fahrpreisermäßigungen gewährt. Hiervon betrug die Zahl der jenigen Schüler bezw. Schülerinnen, welche das 14. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten und von welche» daher je 3 aus 1 Billet bc- ördert wurden, 9889, während der Rest von 739 Schülern von über 14 Jahren die Vergünstigung genoß, daß je 2 derselben auf Billet Beförderung fanden. Von den Leipziger Schulen benutzten 3159 Schüler und Lehrer die gebotene Vergünstigung, um von dem Bayerischen Bahnhose aus "isst' Der große Srand in Hüllfeld. —r. Hünseld, 31. Oktober. Was bis jetzt über das furchtbare Brandunglück in Hünseld durch die Zeitungen mitgetheilt worden ist, reicht lauge nicht an die Grüße des entsetzlichen Ereignisses h-ran, wie es sich dem Auge a» Ort und Stelle darbietet. lieber tausend Bewohner deS Städtchens sind des schützenden Obdaches plötzlich beraubt, Hunderte durch Zerstörung ihrer Habe der bitterste» Noth, wenn nicht gar dem krassesten Elend überliefert imd nicbl Wenige geradezu zu Bettlern geworden. Die immerhin großen Brände in Tann, Geisa, Vacha, Lengsseld, Ostheim und Meiningen, bei denen wir theilweise selbst lhätig gewesen, habe» nicht einmal annälicrnd einen solch schauderhaften Anblick geboten, eine solch surchlbare Zerstörungskraft gezeigt als das prasselnde Feuermeer, das in kaum 12 Stunden nahe an 200 Häuser mit der Ernte und dm, Mobiliar in Schutt und Asche verwandelte. Schauerlich fielt der Schauplatz der Zerstörung auS und die herzzerreißendsten Scene» bietcn sich noch heute dem Auge dar; von dem bestehenden Durch- einander macht sich Niemand einen Begriff. In den Gärten, Straßen und Plätzen liegen wirr durcheinander die verschiedensten Gegenstände. Uebcrall yänderingende und verzweifelnde wie auch völlig apathische und resiqnirte Unglückliche an de», Gcatc ihrer Habe, den thränenfeuchlcn Blick starr aus den Feuerherd gerichtet. — W>r lüchteten nach bei» Bahnhof, um ein bescheidenes Plätzchen ausfindig zu mache», zur Niederschrift des Gesehenen und Gehörten. Der Andrang ist aber überall ein solcher, daß es fast unmöglich wird, zn schreiben. DaS Elend tritt dem Beobachter auch hier in diesen Raumen entgegen und die aus dem Bahnhofe Hersscld vorsorglich z» uns genommenen Naturalien wurden uns iosort entzogen, da verschiedene hungcrige Kinder ihre Hände danach ausstrecklen, denen wir sie nicht vorenthalle» konnten. Nach de» verschiedene», von glaubwürdiger Seite erhaltene» Mil theilunge» lag am Morgen des SchreckenstageS noch liefe Ruhe aus der Stadt, ais kurz vor 6 Uhr die erste leuchtende Feucrgarbc aus der Scheune des Gasthauses „Zur Krone" unheilverkündend gegen de» Himmel loderte; trotz herrschender Windstille gewann das Feuer zusehends a» Ausdehnung, mit der auch die Krast des Elementes durch verschafften und sich bis zum Sturm steigernden Selbstzug wuchs. In unerklärlich kurzer Zc t und i» einer Art Springjluth tand der von der katholischen und protestantische» Pfarikirche be grenzte, die Hauptstraße, den Marktplatz, die Wasser-, Hinter- und Ralhhausgaffe umsaffende, aus mäßiger Höhe gelegene, Hess re SlaLI- theil, u. A. Mit de> Post, Slpothete, dein Kataster-und Uuter- tcueranit und Rathhaus, sowie in» größeren Gastliöfcn in jichterlohen Flammen, welche jeglichen Rettungsversuch vo» vornherein schon als vergebens erscheinen ließe». Ganz eigeiilhümliche Wege nahm der Brand in seiner unbändigen Wuth, da »ich! nur das abseits gelegene, durch einen über 100 m breiten sreic» Platz von dem eigentlichen Feuerherd getrennte Gast Haus zum „Grünen Baum" im Flaiiiuicnniecr versank, sondern auch Gebäude, deren Sicherheit nach »iknichlicher Berechnung unzwc scl hast war, aus einmal dem Opser des verheerende» Elementes verfielen Wir »eniien hier nur die uns bekannte Albirz'jchc Buchdruckerei, welche unverinuihet ganz vernichtet wurde und deren Hünsclder Kreisblatt nun bis aus Weiteres in Fulda hergestcllt werde» muß Am Brandplatze, der selbst bei Tage den Himmel gcröthet, sind wohl auS allen umliegende» Orlschaite» die Feuerwehren, ohne daß sic aber dem Feuer Einhalt zu thu» vermochten. Der Brand machte immer größere Forljchriite, das Flugseuer bestrich und zündele Alles, was in seiner Richtung war, bis es gegen 7 Uhr Ab.nds an Krast nachließ, denn von emeni Localisiren durch menjch ichcS Ciiigrciscn konnte dann bei der unerträglichen Hitze und dem erstickende Qualm, der jede Annäheiuiig iininvgluh machte, keine Rede sein Mittags tras eine Abtheilung Militoir aus Hersscld zum Sicher heit-- und Löschdienst ei», die verfügbare» Locouioliven der Station Fulda wurden zum Spritzendicnst hierher beordert und leisteten Vorzügliches. Die c>» das Gasthaus „zum grüne» Baum' angrenzende Malkmus'jchc Brauerei war auch bereits vvin Feuer ergriffen, wurde aber, wie auch die dabeistehende evangelische Kirche vo» den hier vereinten Kräften der Fuloaer Feuerwehren, besonders aber von der schon früh mit Exlrazug eingetrvffciie» Balmloss Fenecwchr gerettet. — Leider mußlcn wir aus der Blaudstelle höre», daß eS, wo doch einlrächiigcs Zusammenwirken und gemein sameS Unlcrordnen unter ein einheitliches Commando so außer ordenllich »oihwcndig gewesen wäre, nicht an Dissercnzen unler den Lösch«» annschasten gefehlt hat und sollen sich die Fuldaer Feuerwehrmänner bitter darüber beklagt haben, daß sie von an getrunkenen Leuten in ungehöriger, bedaueraswerther Weise behandelt worden sind. Mehrere Fuldaer Herren, als Augenzeugen des unsäglichen Elends unter den Abgebrannten, wurden am Abende des Brandtages telegraphisch bei der Fuldaer Stadtbehörde vorstellig und bewirkte» die sosortigc Absendung von 150 wcllcncn Decke» und 600 Laib Brod, um den ärgsten Hunger der Abgebrannten zn stillen. Gcstcr trafen auch solche Sendungen von Hersfeld und Geisa ein, wie auch die leeren Eise» bahn wagen vom Fuldaer Bahnkos zut Ausnahme von Obdachlosen auf daS tobte Gleise der Station Hünseld gefahren wurden. Die Mehrzahl der Armen Hai freilich die ganze erste Nacht nach dem Unglückslage im freien Felde oder im Haingarten aus primitivem Strohlager cam pireu müssen, bis sie >ctzl in Fulda, HerSseld oder in den bcuach barten Ortlchai'ten und i» den beiden Kirchen, in den zwei Schulen der Zuckerfabrik, am Bahnhose und im Hospital eine nothwendige Unterkunft gesunden habe». Ueber de» Schaden läßt sich ia Ziffer» noch »:chlS, aber doch so viel sagen, daß er nach Millionen zahlt. Wie wir höre», soll n die Elberseloer uud die Magdeburger Feuer« VersichetungS-Äesellschasten stark beiheiligt sein. Biele Ag-nten »nd Bersicherungs-Inspeclerea sind schon anwesend. M t uns zugleich teosen heute der Regierung-- Präsident Rothe und der Ober- Regiernngsralh Schöniaa von Kassel hier eia u»d besichtigte» eben falls di« Brandstätte, die in der vergangenen Nacht durch heftigen Sturm wieder einen bedenklichen Charakter arzonehineu droh«. Als erste Gabe seitens der Regierung zur Linderung der große» Noth überreichte der Regleruugs-Präftdent dem Laodraty von Negnrr» die Summe von 1500 ^l Der Zudraog vo» Besuchern nach der zerstörten Stadt tst eia eaormer »ad wird die von so viele» daselbst Ausstiigc zu unternehmen. Die übrigen Schullinder, 7469 a» der Zahl, vertheilen sich in der Hauptsache auf die nachgenannte» Orte: Altenburg, Böhlen. Borna, Burgstädt, Crimmitschau, Elsenberg, Gera, Gößnitz, Gohlis, Greiz, Großzschocher, Groitzsch, Kieritzsch, Leipzig. Limbach, Meuselwitz, Pegau, Penig, Plagmiy-Lindeiiau, Plauen i. B., Reudnitz, Ronneburg, Schmölln S.-A., Seelingstädt, !'eichwolsramsdorf, Triebes, Weida, Werdau, Wiitgensdors, Zeitz und Zwenkau. Das Eisenbahn Endziel der »leiste» Ausflüge der Leipziger Schule» war Gaschwitz, wohin 37 Classen verschiedener Schulen in der Ge ammtstärke von 1842 Kindern befördert wurden; »» lieb rigeii wurden auch größere Toure» uuternommeii. Die Stadt Leipzig selbst wurde von 14 auswärtigen Schulen und 1016 Kindern besucht. Leipziger Lehrer-Verein. Herr Professor Or. Marshall, welcher dem Vereine ii» vorige» Jahre eine Reihe von Vorträgen über die Darwiii'jche Theorie bot, die das lebhafteste Interesse de, Mitglieder in Anspruch »ahm, hat sich auch i» diesem Jahre in höchst liebenswürdiger Weise bereit erklärt, 6 Vorträge z» halte» und zwar über „Das Leben der Tiessee". Am 25. Oktober sprach der geschätzte Herr Redner zunächst über die „Entwickelung der Batliyozeanographie und die Bodenbeschaücnheit iHs Meeresgrundes". Redner führte hierbei etwa Folgendes aus. Das Meer hat immer und allerorten einen gewaltige» Eindruck auf die Menschen gemacht Dem Meere gegenüber öffnet sicti ihm der Blick i» die Unendlichkeit. Cr spricht mit dem Wanderer in Goltl»r's Faust: „Und nun laßt hervor mich treten, Schau» das grenzenlose Meer, Laßt mich kiiiee». laßt mich bete», Mich bediäiigl die Brüll so sehr." Während aber Wüsten und Steppe» trotz ihrer Großartigkeit mehr de» Eindruck des Starre», Todten mache», erichemt daS Meer als ei» lebender, geheimnißvoller OraanisiiuiS. Strömungen pulsiren iu ihm, wie das Blut in, tlneilschen Körper. Es alhmet »nt seiner Brandung und dem Spiel seiner Wellen. Seine dem menschlich-.» Auge sür ewige Zeiten entzogene Tiefe, sein Thier- reichihlmi, das uächiltche Leuchten, alles das wirkte zusammen, eine immer iviederkchrende, nach Erklärung suchende Bewunderung in der menschlichen Seele zu wecken. Trotzdem aber ist die Ersorschung des Meeres m seinem ganzen Unisauge der jüngste Zweig der Nainrwiffcnschaft. Längst schon halte man die Bahnen der Gestirne berechnet, längst das Wese» des Lichtes, die ZnjalNiiiciiirtzlinq der Körper erkannt, ehe ma» eine Ahnung halte, wie eS aus dem Boden des Meeres aussähe. Erst das Bedürsniß der Culliirvölker, durch Meere getrennt, sich mittelst deS elektrischen Funkens in Verbindung zu setzen, schuf die „Balhy- ozeouogrophie, die Ticsücsoischung. Die kühne Zdce, gewaltige Kabel i»'s Meer zu versenke», zwang, die Bodenverhältnisse deS Meeres genau zu »nteriuchcu. Großartige Sondirungen wurden seit de» 40cr Jahre» Vieles Jahrhunderts besonders vo» Eng hindern »nd Amerikaner» ausgesührt. Schon 1857 konnte durch das Schiff Cyklop das erste atlantische Kabel zwischen Irland und Neu-Fundland gelegt werden Der Vater der wissenschaftliche» Tiefseeforschung ist Jdhyville Thomson (1830—82), welcher „aus dem Bode» des Meeres daS ge lohte Land der Zoologie" erwartete. Hauptsächlich durch das Wirken seines Freundes, W. B. Caiveuter, wurde den beiden Forschern 1868 seitens der Regierung ein kleines Kanonenboot. „Liglhning", zur Verfügung gest Ni, besten Ausrüstung allerdings sür diese» Zweck ziemlich iiiaugeliast war. I» 2 Monate» wurde» zehnmal Ties dredschuiige» ausgesührt, vermal kam man tieser als 500 Faden Sie ergaben die Gewißheit, daß »lindestcnS bis 650 Fad,» tief ein reges Thicrlcbcii zu finde» sei. Zahlreiche neue, oder sür ansgestoiben gehaltene Formen wurde» ausgesunden. 1869 stellte die Adiiiiruliläl de» Falscher» ein zweites Sckiiff z»r Veriügung, die „Porcupine", niit welchem drei Fährte» »ach der Westküste von England, nach der Bay von Bi-cayei und zwüchr» den Heblyden, Färöer» und den Shetlaudiiisel» unternommen wurden. 90 Tiesbredschuiigeu wurden uulcrnoinuien und eine Tiefe vo» 4438 in erreicht. 1870 wurde eine neue Fahrt nach der Nordküste Afrikas iiiiternouime». 61 mal wurde gedrcdicht, die grüßte erreichte Ticse betrug 3157 iu. Wohl selten hat eine so kurze Fahrt von wenigen Monate» so viel N»es und Bahnbrechendes an das Tageslicht gefördert, so viel alle Aiisichim über den Hausen geworfen. Das lebhafteste Interesse der Engländer war erregt und Tank der Energie Calpenlcr's wurde vo» der Regierung die Corvette . Challenger" als Natursorscherschiff ailsgcrüslct. Capital» Rares führte dasselbe. Tüchtige Gelehrte, w-e FortieS, Thomsvii, leitete» die Expedition. Auch ein Deutsche,, I>r. v. Willemoes-Suhui, »ahm daran Theil, welcher leider aus der Reise seineu Tod sand. Wiederholt wurde aus dieser Fahrt der Ailantüche Occau gekeeu^t, dann drang man vo» Cavstadt aus in die oniarkli scheu Gewässer bis 60" 45'5 Br. und 78° ö. L„ wendete sich dann »ach Australien und den Inseln des Große» Oceaus, erreichte die Westküste Amerikas, durchsiihr die Magcllanstraße und kehrte dann über die Capvcrdischcn Inseln und Portugal hem>. 719 Tage war der „Challenger" im offenen Meere und hatte i» dieser Zeit 68890 Seemeile» zuriülgelcgl und 96 567 Clr. Steinkohle» verbraucht. 370 Tiesseelotiiungcu, 255 Tcmpe aturmessungen. lllZügc mildem großen, 129 mit de», kleinen Tiessren tz ausgesührt. Cs war in Bezug aus die Ersorschung dcs Meeres die grüßte und wissenschaftlich ersolgreichste Expedition, die bis Kahm überhaupt unternommen worden war. Sic lieferte ein gewaltiges Material; ein ungeheuree Reichthum an Thiergestalte» wurde aufgesunden. Gegen 30 starke Quarlbändc mit Tausenden von Tasel» und dem dazu gehörigen Text enthalten die Ergebnisse. Auch die kleineren Expeditionen der Amerikaner unter Agassiz 1868, der Skcndiuavier 1876—78, der Italiener und vor Allem der Franzosen lieserlen werthvolle Beiträge. B-el ist in de» lctzien 20 Jahre» getan» worden, viel aber blcidt noch zu th»n. Der Herr Redner erörtert hieraus eingehend die eig »artigen Be dingungen. welchen sich das Thierlebe,, in der Tiefste anzupaffen hat. Zunächst ist die Kennlniß der Tiefe» außerordentlich wichtig Um diese zu messen, sind zahlreiche Lolhungen ausgesührt worden Unter den hierzu beuutzlen Instrumenten sind besonders das T,es- seeloth von Brooks und da- chemische Tiesseelolh von W. Thomson in Gebrauch, deren Einrichtung und Anwendung und die Befestigung der derselben eutgegcustchendeli Hindernisse, wie die Dünungen und da» Adtreibeu des Schiffes darch höchst sinnreiche Vorkehrungen Redner in ausführlichster und anschaulichster Weise darlegt. Bei letzterem Apparate wird die Tiefe durch Berechnungen aus der Fallzeit de« hinabgelasjene» Lothes gesunden. Tie größte qemeffene Liese im Atlantischen Oceane beträgt 7086iu Sie wurde 95 Seemeile» nördlich von der Insel St.ThomaS gesunden. Die größte lieft überhaupt von 8513 na wurde von dem Schiffe „Tuscarora" östlich von Japan aelothet. Doch sind solche Tieft» Ausnahmen: die durchschnittliche Tiefe für das Weltmeer überhaupt beträgt 3440 u>. sür den Allan tischen Ocea» 3680, sür den großen 385? ni Wenn auch diese Liesen ungeheuer erscheinen, so bedeuten sie doch im Verhäliniß zur Ausdehnung des Weltmeere- n,chl mehr, als wenn in einer Schüssel von 1Ü0 w Durchmesser das Wasser 3 cw hoch stünde. Für die Keuatniß der Litsseeorgaaismea ist ferner die Unter sucht»« der Bodenbeschaffenhett des Meeres von besonderer Wichtig kett. Der Boden ist außerordrntltch selten sest, nie seifig, sondern stets bedeckt mickSchichte» von submarinem Humus, welcher an- sehr mounlgsachea Reste» mineralischer, vegetabilischer und animaler Nalur besteht. Die genaue Herkunft der einzelnen Thcile ist schwer »achzuwcisen. Ein guter Theil wird voni Lnnüe dem Ocea re zn- gesührt; Ströme, Flüsse und Bäche, Luftströmungen, ober- und »nteifteische Bulcane, Eisberge tragen zur Hcrbestchaffimg des Materiales bei. Je Wester vem Lande, desto mehr nimnil der con- linentale Detritus ab. Der Schlamm ist dann haupisächlich vulcanischen Ursprungs, veinst'ch! ,nt z-rs.tzlcm Mutlergestein; daneben findet sich kosmischer Staub, Magneleisen n. I. w Zahlreich sind auch kleine Gebilde von einzelligen Kalkalgen (Coccolithen und Rhabdolsthcn). Hauptsächlich zeigt sich dieser Schlamm in dreierlei Form: als blauer, arüner und rolhek (eisenschüssiger) Glauconit. Daneben findet sich viel vulkanische Asche, zerriebener BmSste'N, Corallenland und Schlamm. Besonders merkwürdig ist auch der Globigerinenschlick, be stehend aus 40—95 Proc. kohleusaureni Kalk, dem D lr lus von ivraminisere». Stellenweise wird ec abgclüst von dem Radiolarie»- amm. Dari» finden sich auch Haifisilzähne, sowie zahlreich« ^alosphärcu (Miiigaiiknolle») u. s. w. Der berühmte BathybiuS Hackel«, aus den inan so große Hoff nungen setzte, den aber schon Möbius 1876 als Jlrlhum nachvies, ist nicht gesunden worden. Wie die zahlreiche Versammlung den geschätzten Herrn Redner chon bei seinem Erscheine» mit lebhafter Freude begrüßt Halle, so dankte ihm dieselbe auch am Schluffe seiner Ausführungen durch reichen, wohlverdienten Beifall. L. bl. Königliches Landgericht. IV. Ltrajkaiuiurr. „Drei gefährliche Einbrecher!" Unsere Leier werden ich »och erinnern, daß in der sogenannten „Bodefaison", den Monate» Juli und August, eine ganze Reihe der schwersten Em- bruchsdiebstähle in unserer Stadt verübt wurde», welche nicht nur die Einwohnerschaft in die größte Unruhe versetzten, sondern auch der Polizei eine barte Nnß zu knacke» aaben. Nach unauegeletztc» Bemühungen gelang eS denn auch der Criminalpolizei, der Urheber jener Massciidiebslähle »> den Personen der Echlossergelellen Max Paul Wilhelm, Otto Louis Illing und Paul Hugo Seidel habhust zu werden und dieselben der wohlvtrdiciste» Bestrafung zuzusühre». Ans dem nachstehende» kurzen Auszug, den wir hiermit aus der Verhandlung gebe» wolle», werde» unsere Leser ersehen, mit welcher lestpiellosc» Frechheit und Schlauheit diese Subjecle bei ihre» Ranbzügen zu Werke ginge». I» einige» Fällen be- gnnglen sie sich nicht einmal dam«, zu stehle», was sie erlangen konnte», sonder» verni re nigle» obendrein noch die Wohnungen der von ihnen Gebrandjet,atzten in brutalster Weise. Wie wir bereits bemerkten, batten die Diebe die Badesaison gewählt, >»» zu arbeiten", denn da in derselben die meisten herrschaftliche» Woh nungen verlasse» waren, konnten sie mit größter Muße dieselben ousplüadera und das saubere Kleeblatt wählte denn auch mit großer Umsicht diejenigen Wohnungen aus, wo „etwas zu holen war" Zuerst wollen wir mit dem Einbruch beginnen, welcher i» hiesiger Lortzingstraße volliührt wurde. Daiclbst fixirle» die Spitzbuben vorerst die Fenster des betreffend n Hauses und als sie d e Jatvnsien Herabgelaffen und die Gardine» zugezogcn fanden, glaubte» sie ihrer Sache sicher z» sein; uni aber ganz sicher zu gehen, kli,igelten sie vorher noch einige Male an der betreffende» Wohnung. Alsdann öffiicleii sie vermillclst Sperrhakcns die Saotthür und drangen ein. Die Oessiiung der übrige» Stubeutbüre» machte den abgefeimten Spitzbuben wenig Schwierigkeiten, erstlich kom ihnen hierbei ihre Fachkciiiilmß als Schlosser z» statten und zweitens ver- ügten sie über ci» reichhaltiges Sortiment vo» Nachschlüsseln, Spcrrhaft» und sonstigem Diebeshandwerkszeug. Bald waren olle vorhandenen Schränke erbrochen. Die Spitzbuben Haie» ich bei ihrer „Arbeit" durchaus nicht beeilt, vielmehr »ist größter Seelenruhe jede» Kasten, jede Schublade, jedes Fach sehr eingehend nntei sucht, hierbei zugleich aber Alles bunt durcheinander geworfen. Sie hätten auch eine ganz respeclable Ausbeute an alle» möglichen Sache» gehabt, doch daran lag ihnen Nichts, sie wvlllen entweder Geld oder Pretioftn, am liebsten aber Beides zusammen. I» jener Wohnung stahlen sic 30 tu Gold, mehrere ausländische Münze» niid eine goldene Damcnuhr. Gleichzeitig sielen ihnen »och 40 Stück Cigarren in die Hünce. Davon haben sie gleich an Ort und Stelle einige geraucht und sich? h'erz» aus den Plüschmöbeln der „nuten Stube" bequem gemacht. Merkwürdiger Weise habe» sie daS Silberzeug unberührt gelassen, wahrscheinlich, weil sie sich durch de» Verlaus solcher Gegenstände selbst verreichen konnte». Noch müssen wir bemerke», daß Wilhelm diesen Diebstahl allein aussuhrte, wie dies auch i» der Folge der Fall war, da Seidel nur ein- oder zweimal thällich mitgeholsc», sonst aber »ur den Hehler gespielt Hot. Zum Rauchen wollten sie jedoch auch trinken und diesmal befriedigten sie ihre» Diust niit — Champagner. Diesen inußle der Keller eines Oificiers lieser». M« dem sragliche», t» einem Hause der Gotischedstraße belegcnen Keller erbrachen sie noch süns andere Keller, aus deren einem sie 15 Stück Taielkäie, Butler, Wurst re. entnahmen. Der Champagner hatte ihnen geschmeckt, dies geht daraus hervor, daß sie schon am nächste» Ab nd ihren Appetit darnach aus Kosten eines Inge nieurs F. stillten, dessen Keller sie erbiocheu und gleich a» Ort und Stelle den Srct genehmigten, ebenso w-e ein Quantum Rothwein. Soda»» erbrachen sic eine Kellerabtheilung in einem Hause der BiSmarckstraße. In diesem Keller gefiel cs ihnen jedenfalls sehr gut, denn sic sprachen den Roihweiiivoriäihcn, die sie fände», wacker z», »ahme» auch noch eine Anzahl Fiaschen mit, damit auch Freund Seidel seinen Durst stillen konnte. Sodann machte» sie einer andere» Familie eine Visite, diesmal aber ohne El folg, denn das gute Sicherheitsschloß spottete aller Bemühungen, die Töür gewaltsam zu öffnen. Eine» gleichen Mißerfolg hatten die Spitzbube» bei einem höhere» Beamten zu verzeichnen, denn als sie ihre alle Vorsichtsmaßregel gebrauchten, vorher einige Mal zu klmgeln, kam aus der nebenan gelegenen Wohnung ei» Dienstmädchen heraus, welches nach dem Begehr der Beiven fragte, woraus Wilh lin schnell gesoßt erwiderte: „Ich bi» ein Verwandter von der Marie und wollte sie 'mal besuchen!" Mil der „Marie" meinte er das Dienstiiiüdchen dcs betreffende» Herrn, und de» Nomen „Marie" brauchte er aus gut Glück, da er das Dienstmädchen in Wilkiichkeit gar nicht konnte. Jedenfalls hatte er aber seinen Zweck erreicht, nämlich ohne Verdacht erregt zu haben, davonzukommen. Spoter verlegten sie de» Schauplatz ihrer Thätigkeit nach dem Wcst- viertel der Stadt. Zunächst operirteu sie in der Elsterstraße, wo sie in einigen Häuser» Keller erbrachen und daraus, neben größeren Quantitäten Wei» und Bier, auch Butter, Käse und sonstigen Mundvorralh stahlen. In der Wohnung eines Buchhändlers, a» deren Fenster die Jalousien herabgelasjen waren und die sie nach dem üblichen Vorsichlsklingeln mittelst Nachschlüssels öffneten, hausten sie gleichialls schlimm, 12 Xk Haares Geld, eine Taschenuhr und andere Sachen eigneten sich die Diebe an. Nicht genug damit, daß sie Alles drunter und drüber geworsea und Manches demolirt halten, vernnicinigten sic auch noch die Zimmer in gemeinster Wc>ft. Dasselbe gilt Von der Wohnung einer Wittwe, woselbst sie eine goldene Uhr, 42 Baargelv uud verschiedene andere Gegenstände stahlen. Auch de. Kausman» N. kann von ihrem Besuche ein Liedchen singen, denn bei diesem hießen sie über 70 ^1 baoreS Geld, eine Uhr und diverse Geldsache» mitgehen. Es würde zu weit sühren, wollten wir alle die Diebnähle hier einzeln auszahlcn, welche der EröffnungSbeschluß den Angeklagten zur Last legte. Wir heben nur noch einige davon hervor. In der Bcethovenstraße haben sic wohl an ein Dutzend Keller erbrochen, ebenso ln der Sebastian Bachsteaße und daraus verschiedene Lebensmittel entwendet. Im Keller deS Kaufmanns K. erregte ela feister Schinken Wilhelms besondere- Gefallen, auch »ahmen sie daselbst Bier, Conserven, eingemachte und srische Früchte, Eier, Butter. Käse, kurz sie sorgte» stets sür eine gulbesetzle Tafel. Ebenio mußte der Weinvorrath eines Architekten P. h rhalten, besten Keller sie erbrachen und daraus ein Dutzend Flaschen Wein sür ihren Bedarj rcquirirte». Durch die Praxis hatte» sich die Spitzbuben eine gewisse Kenntniß der Weine anqeeignet, wenigstens ließen sie Land- und sonstige billigere W.me stehen und nahmen die schw.-ren und seine». Einen heillosen Schreck jagten sie einem in dev Daoid- straßc wohnhaften Herrn M. ei», denn als dieser eines Abends nach Hause kam. war seine Kassette verschwunden, in welcher sich 50 baare-Geld und etwa 10 000 in Sparcasftnvücheril and sonstige« Wki ihvap cren befanden. Die Nachricht vo» diesem Diebstabl ging damals durch alle hiesige» Blätter und erregte allgemeines Aussehen. Wie wir berichteten, wurde die Casfttle in dem bei Plsg-vitz gelegt- oen Walde einige Tage später erbrochen vorgefunde» und zwar be fanden sich noch sämmtliche Werlhpapierc darin, nur 40 ^l sehllen, wahrend ein Zehnmarkstück noch darin lag, da es die Diebe in der Eile jedenfalls überiehea hatten. An einigen hiernach ausgesührten Keller- dicbstählen bat sich auch Seidel beiheiligt, während der Diebstahl in der Davidstraße ein Solostückchen Wilhelm'- ist. Ja Leipzig war dem Klee' blatt der Boden mittlerweile zn heiß geworden und deshalb siedelten sie
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