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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188811115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881111
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881111
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-11
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1888
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Vorlagen. sa^t: ..Schien, >vaS etwa in Bezog aof geschmackvolle Wiedergabe von Oelbftdecn aus photorlraphischem Wege zu erreichen ivar, in der Photogravüre ziemlich rrlchöpst, io wird Jeder, der die vorliegende Siminlung der beste» Gemälde dieser berühmtesten aller Privat-Samiiilimgen modern deutscher Bilder durchsieht, gestehen müssen, das» Or. Albert hier Etwas erreicht hat, von dessen Möglichkeit wir bisher Alle keine Ahnung hatten. Albert zeigt überall eine Feinheit der Geschmackes in seinen Reproduktionen, die gar oft den Reiz der Originale recht zur vollen Geltung bringt." Das Interesse an der in Aussicht gestellten Veröffentlichung wird übrigens noch dadurch bedeutend erhöht, daß der geistreiche Gras selbst die Bilder mit eingehendem Texte begleiten wird, wie eS offenbar nur der MaccriaS kann, der in seinem Kuiisttusculum eine der schönsten Perioden der neueren deutschen Kunst in ihren Hauptwerken sür spätere Geschlechter sammelte. In der ersten Lieferung wird man begegnen dem „Bildnisse Graf von Schachs" von Lenbach, der „Rast aus der Wanderschaft" von M. v. SÄ wind, „Adam und Eva" von Steinle, der „Klage des .Hirten" und der „Meeres- idylle" von Böcklin, „Francesco von Rimini" von Fcuerbach, der „Serenade" von Spitzweg. dem „Löweuhof in der Alhambra bei Mondschein" von E. Gerhard, dem „Traum der Rezia" von E. Ncureuther und drei Compositionen von B. Genclli. Dieser Hinweis möge genügen, um jetzt schon die Aufmerksamkeit aus das schöne Or. E. Albert'sche Unternehmen zu lenken. Adolf WeiSke. ' - Musik. "Leipzig,11. November. Der dritte Abend im K ainmer - musik-Verein findet morgen Montag, den t2. November o., bei Schatz. Ritteistraße 7, l, statt. Programm: Sonate für Pianosorie und Fagott op. 9 von G. Schreck (Verlag Merseburger), Lieder von W. Stade (Manuskript), Rich. Poht (Verlag Fritzsck, neu) und Job- BrahmS (neu. Verlag Simrck, Berlin). Solostücke für Pianosorie von W. Nehberg: n. Impromptu, op. 8. Verlag: Gebr. Hng; b. Barcarole, op. 15, c. Concerlwalzer, op. 13. Vertag: E. W. Fritzsck. Sonate für Pianosorte und Violine, ^ckm, op. 13, von G. Faurö, Capellineisler in Pari?, der hervorragendste Schüler von Saiiil - SaenS (Verlag: Breiikopj L Härtel). AuS- führende: die Herren Rebberg, Capellmeister Silt. Schreck, (Hüller, Concerlsanger Geyer an? Aitenburg und Förster. — Gäste sind willkommen. * Leipzig, 9. November. Da? am >2. November in der Alberthatte zum Besten der Sanitätöwachen de? Samarilerverein? zu Leipzig stattsindcnde Concert wird sich einer sehr regen Tkeilnahme deS PudlicumS zu er freuen baben. Im Vorverkauf bat die Nachfrage nach BillctS die Erwartung so sehr überlrofscn, daß die Ccnccrl- eommission sich veranlaßt sehen mußte, die Zahl der nnmerirlen Plätze um mehr als 309 zu erhöhen, deren Prei?, als Plätze II. Range?, um auch weniger Bemittelte» den Kunstgenuß zu ermöglichen, aus 1,50 im Vorverkäufe fest- gestellt ist. Am nächsten Montag hat sich die Umwandlung der ersten Reihe deü »ngesperrten Platzes in Sperrsitze (ä 2,50 rcsp. Vorverkauf 1,50 ^l) nöthig gemacht, um der Nachfrage entgegcnzukommen." Dank sei dem UniversitälS-Sängerverein zu St. Pauli, dem Tbeater- und GewandbauSorchestcr und den rühmlickst bekannten künstlerischen Kräften, die sämmtlick durch die Zusage unentgeltlicher Mitwirkung ihren Edelsinn und ihre für den Samaritervercin so ehrenvolle Anerkennung seiner menschenfreundlichen Be strebungen bekundet haben. — Bezüglich deS Programms verweisen wir aus die Inserate. Der Paul»? bietet einige seiner schönsten Gaben, und zugleich eine Novität von dein nordischen Tonmeister Eduard Grieg, welcher gewiß mit großem Interesse entgegengesehen wird, daS Theater- und GewandhauSorchcster. der Stolz Leipzig-, beginnt und beschließt da? Concert, Herr Grengg, der hochbegabte Bassist, singt ein äußerst wirksames Lied von Lassen. Herr Concertmeister Petri wird durch sein herrliche? Bwiinspiel erfreuen, während die berühmte Sängerin Frau Banniann »nd die sehr be gabte jugendliche Künstlerin Frl. Nothäuser Liedergaben spende» und Frl. Flösset die beclamatorischen Aufgabe» mit der ihr eigenen Anmuth lösen wird. Wo solche Kräsle walten, da muß das Resultat ein bedeutsames, künstlerisches sein. * August Riedel, der frühere sehr verdienstvolle Leiter de» Leipziger Quarteltvercinö, jetziger Seminarmusiklehrcr in Plauen i. Vogtl., hat ein umsaiigrelchercS Werk für Soli, Chor und Orchester, „Winfried" betitelt, componirt. Das selbe bringt die Singakademie in Plauen, deren Dirigent der Componist ist. nächsten Donnerstag, den 15. November, zur erstmaligen Ausführung. Herr Concertsängcr Trauter- mann wird die Tilelpartie singen. Wir zweifeln nickt, daß Herr August Riedel, der sich als ausgezeichneter Musiker und Compoinst hier in Leipzig einen guten Namen erworben hat, mit seinem neuesten Werke volle? Intesie erregen wird. * Leipzig, II. November. Ladislaus MierzwinSki, der phänomenale Tenor, hat seinen Concerttriumphzug durch Skandinavien soeben beendet und ist im Begriff, ein TournL durch Deutschland, in welcher er zunächst die Stätte Köln, Düsseldorf, Wiesbaden, München, Stuttgart u. a. berühre» wird, zu »nlernelimen. Nach diesem ist der gefeierte Sänger von Januar bis Mitte März sür 25 Concerle »i Rußland engagirt und zwar gegen daS enorme Honorar von 50,000 Rubeln. DaS »n hcnligen Annoncentheil angckündigte, am 8. Deren,ber in der Alberthatte deS Krystallpatastcs hier statt findende Concert deS illustrer, Künstlers, welches durch sein reichhaltiges Programm allen Verehrern und Freunden ber Gcsangekunst von hohem Interesse sein wird, verspricht eines der glänzendsten der Saison zu werden. Leipzig, II. November. Die ursprünglich sür daS Ncfer- mationsscst anacsetzte. der Kaiser-Festlichkeiten halber aber verlegte 15. Musilausfübrung in der Malthäikirchc, veran staltet von Herrn Musikdirektor Moritz Vogel, soll nun am 25. November, alS am Todtenscste, siattsinden. Für dieselbe in Aussicht genommen ist, wie schon früher erwähnt, ei» neues.Oratorium, „Isaak's Opferung," von dem in Sorau lebenden königl. Musikvirector Herrmann Franke, ei» Werk, welches durchaus geeignet erscheint, der Bedeutung deS TageS Rechnung zu tragen, daS aber noch deshalb von ganz besonderem Interesse ist, weil eS durch eingelegte, von der Gemeiiide zu singende Choräle, dieser selbst eine thätige An- rhecknalmie an der AuSsührung gestattet. Wer hätte bei Bach'? Matlhäuspassion nicht schon daran gedacht, daß die in dem Werke enthaltenen herrlichen Choräle, ihrer Stellung zum Ganzen halber, eigentlich Gemeingut sind, wennschon Bach selbst wahrscheinlich nie daran gedacht hat, sie von der Gemeinde singen zu lassen, denn dazu sind sie viel zu kunstvoll gesetzt. Hier nun bei „Ijank'S Opferung", wie bei einer Reihe anderer von ber Verlagsfirma BrellkopsLHärtet herauSgegebenen, spec cll sür diesen Zweck componirlen resp. bearbeiteten Werke, rst der Gemeinde Gelegenheit geboten, der Empfindung, welche die vom Cborc bcrab musilatlsch erzählte Handlung erweckt, Lurch das Mitsingen ber eingelegten Choräle Ausdruck z» geben. Selbstverständlich werden dieselben in ber cinsachstcn Form, d. h. so wie sie auch beim Gottesdienste gebräuchlich sind, gesungen werden. Es ist daS ein Versuch, der zugleich ein Prüjstein ans die kirchliche Echtheit oder eckte Kirchlichkeit deS auscpsüdrleii Werkes »st. Je strenger eine Compositio» im Kirchenslvle gehalten ist. desto unmerklicher wird sich der Ucbergnng in den einfache» Choral vollziehen; umgekehrt kann der letztere geradezu störend wirken, wenn ein sür die Kirche ge dachte? Werl nicht der Würde und dem Wertbe entspricht, welchen die Helligkeit deS OrtcS fordert. Bezüglich de? Franke'schen Oratoriums sehen wir dem Urthcile ruhig ent gegen. Näheres über die Besetzung der bevorstehenden Aus führung desselben bleibe uns für eine spätere Notiz Vor behalten. dl. V. "Leipzig, 1t). November. Die von der Gesellschaft „Ter pst. chore" veranstalteten Vergnügungen zeichnen sich durch sorgfältig gewählte Unterhaltungen au- und so kommt «» daß die Gesellschaft nicht blöS stetig neue Mitglieder gewinn!, sondern daß auch zahl- reiche Gäste gern ihrer Einladung Folge leisten. Der gestern »n ConccrlhauS Banorand aügehallenen Abendunterhaltung der „Terpst. chore" lag ebenfalls ei» gewähltes Programm zu Grnnde. Den orchestralen Theil desselben sühne die Knabencapelle des Herrn Schauer in Neustadt zur allseitigen Zufriedenheit auS; die kleinen Musiker entledigten sich ihrer Ausgabe nach besten Krästen und die« muß als ein Beweis dafür betrachtet werden, daß der Leiter der Eapelle sich unverdrossen redliche Muhe in der Förderung seiner Musik-Scholaren gicbt. Sehr verdient um da? Gelinge» des Abends machte sich Frl. Güdne, eine Aiisängerin, die gesanglich von Frl. Großschups anSgebildet wurde, durch den Borirag einiger Lieder. Möge die Strebsamkeit der jungen Dame, wie sie sich gestern offen barte, nicht erlahmen, damit nach den leichteren Aufgaben auch schwierigere Musikstücke der Dame gelingen mögen? — Recht exact führte Herr Feodor Schaad zwei Soli sür Violine ans uno das Auditorium dankte ihm. sowie alle» Mitwirkendcn für die Darbie tungen durch reichen Beifall. Daß ein solenner Ball die Festlich keit beschloß, versteht sich bei einer Gesellschaft die „Tcrpsichore" heißt von selbst., Ui Das erste, sehr stark besuchte Concert deS Musik»ereinS in Greiz, welchem der regierende Fürst mit G.'mahän bis zum Schluffe beiwohnten, brachte Fräulein Teresa Tosti als Solistin. Die Stimme der Künstlerin ist nach dem Berichte des „Grcizer Tage blattes" nicht allzu groß, aber wohllautend, gleichmäßig und sauber aiisgkbildet. Die Intonation ist rein und sicher, die ganze Schulung der Stimme enijchieden hervorragend. Leider litt Fräu lein Tosti an einer kleinen Indisposition, so daß bedauerlicherweise gerade der Anfang und der Schluß ihrer Vorträge, die Barbier- arie von Rossini »ad dir Peoch'sche» Variationen, in denen hohe Anforderungen an die Technik gestellt werden, an Glanz und Frische einbüßken. Wenn infolge dieser Indisposition die Arie auch die Wärme de? Vortrags vermissen ließ, so wurde man doppelt und dreifach entschädigt durch den Vortrag der Lieder. Hier zeigte sich Frl. Tosti als ganz hervorragendes Talent mit großer dramaülchcr Aestallungskrast, wir meinen di-S hinsichtlich de-; Rubinstcin'schc» Liedes und ganz besonders des „Erlkönigs" von Schubert, der eine» großen und nachhaltigen Eindruck binlerlicß. Ganz reizend kam auch das schwedische Volkslied n»d Vöglet» i» der Wiege von Tauben zu Gckör. Der Beifall, den die L-eSer fanden, war jo lebhait, daß Fräulein Tosti »och als Zugabe „Habt Ihr meinen Schatz gesehen", vo» Schmidt, sang. Da« Orchester, Hersiirth'sches Musikcorps und sürstl. Hoscapelle aus Gera, unter der bewährten Leitung deS Musik- dircetorS Hersmth, halte sich eine graste und schwierige Ausgabe gestellt und, wenn man de» Umsang des Orchesters in Betracht zieht, glänzend gelüst. Die Ausführung der sehr langen, aber »»vergleich- sich schönen Schubcrt'schen Oilur-Syniphonie, sowie der oußerordcnt- lich effeclvvll instrumcnlirlcn Fcstouvcrture von Neincck: war eine ganz vorzügliche. P Zur Chronik der Leipziger Coucert- und Bühnen- thätigkcit von Frau Woran-Olden, welch: Sonnabend zum letzten Male vor ihrer großen amerikanischen Reise aus unjcrm Theater lang, dienen nachstehende Notizen aus Georg H-r::iann Müller'S Buche: „Das Stadt-Theater zu Leipzig vom t. Januar 1862 bis t. September 1887" und ans Or. Alfred Dörsjel'S Festschrift über das Gewandhaus 1731—1881. Am 25. November werden eS sechs Jahre, daß Frau Mora» - Olde» aus Frank furt a. M. hierher berufen ward, um ein auf vier Abende be rechnete-; Gastspiel zu leisten. Es scheinen schon damals Ab- machnngcn eines späteren Engagements sür unsere Bühne statt« gmuiide» zu haben. Denn nach derselben Quelle trat in, März 1883 Frau Angelika Luger von den, königlich preußächc» Hos- overnihcate: Berlin zwar „Umstände halber der Form nach nur als Gast, in Wirklichkeit jedoch als cngogines Mitglied bis zu dem Z-i>- vi.net in de» hiesigen Mitgliederverbaud ein, Ivo Fron Moran- Olden vom Siadiiheater in Frankfurt a. M. ihre dortigen Ver pflichtungen erfüllt baitc" und „ns als Primadonna ganz angeboren konnte. (Frau Luger iang zun, ersten Male am 16. März 1883, ein Jahr später, am 31. Mai 1834, erfolgte ihr von Vielen bedauerter Abgang. Auch sie war eine echle Künstlerin von Gottes Gnade», eine von heiligster Begeisterung gehobene Priesterin der Kunst.) Da? zweite längere Gastspiel der Frau Moran begann am 17. August 1883 und erstreckte sich aus zehn Abende. Ihr definitives Engage ment datirt nach derselben Quelle vom 5. Juni 1884, beiläufig dem selben Tage, an welchem unser Bassist Rcß in Pension trat. — Wir sind also volle vier Jahre im Besitze dieses JmveleS der dra matischen Gesangskunst. Nicht daß Leipzig die Künstlerin etwa erst durch jene glückliche Initiative der neuen Ltadliheaierdirrction kennen gelernt hätte. O, das Gewandhaus-Publicnm hatte die Künstlerin lange vorher schon sattsam ihrem hohen Werthe nach würdigen ge lernt. Bereit? vor elf Jahren trat „Fräulein Fanny Olden aus Dresden" im Abonnemcnt-Coiiccrte vom 11. November zum ersten Male aus. Zwei Jahre später sahen wir sie im Conccrte vom 23. October als Frau Moran-Olden wieder erscheinen und einen neuen Triumvb feiern. DaS dritte Mal beglückte uns die Gefeierte im Winter l880/8l und zwar durch ihr Auftreten >m Abonnement- Concerte vom 10. März des letztgenannten Jahres. Wie oft sie noch im neuen Concerthanle zur Freude ihrer Verehrer gesungen hat. ist in frischer Erinnerung. DaS Gesagte möge genügen, um mit Genilgtliuung zu constatircn, daß die Künstlerin sich durch ihre herrlichen Leistungen »n Lause eines vollen Jahrzehntes das Bürger recht in der leipziger Kunslwelt voll und ganz erworben Hai, daß wir sie mit Stolz die unftrige nennen können, und hoffentlich noch recht lange. Kaufmännischer Verein. Leipzig, 10. November. Im Kaufmännischen Verein hicrselbst hielt gestern Abend Herr Reichsritlcr von Vincent iS eine» Vortrag über die Wallfahrt nach Kerbelä. Eingangs seiner Darlegungen sprach der Redner seine ganz besondere Freude darüber au?, in Leipzig sprechen zu könne», eS sei di: l31. Stakt, in welcher er aliszutreten die Ebre habe. Aus den Gegenstand seines Vortrages übergehend, be merkte der Redner, eine moklcmitifche Wallfahrt schildern zu wollen. Im Allgemeinen gicbt eS zwei mcSlemitische oder richtiger schiitisch' Pilgerströme: die Mckkapilger und Diejenigen, welche Li- Hciligthümer am unteren Euphrat aussuckcn. Kerbelä ist eine derartige Pilgerortscbast, welche die Stätte bezeichnet, wo die beiden Enkel deS Propheten im 62. Jahre der Flucht niedergcmctzelt wurden. — Die Pilgcrzüge nach Kerbelä sind die eigcnlhümllchsten. die man sich denken kann, sie bilden gewissermaßen de» Tod aus Reisen. Die streng gläubigen Schiiten lassen ihre Todten in Kerbelä; also in geweihter Erde, beerdigen; ein ungeheurer Transport Verstorbener nach diesem Orte ist die Folge davon, Spe diteure, welche der Körper sich freilich des Oestercn auch aus dem Wege dorthin entledigen, sind mit diesem Tobten» tranSport beschäftigt. — Der Vortragende schilderte nun seine eigene Wallfahrt nach Kerbelä in beredten Worten, er verfolgte Len Weg dortbin auf der Karte »nd gab eine Schilderung der Sitten und Gebräuche bei Ge legenheit der Wallfahrt. WaS den interessanten Bortrag aber ganz besonders anziehend machte, das war der Umstand, daß der Redner in unterhaltendster Weise sich mit seinem Thema abzusinden wußte und daß er auch dem Humor, wo derselbe angebracht war. ein Wort «erstattete. Mit der Schilderung kcS Lagerlebens der Wallsabrer aus dem Wege nach Kerbelä becndigke der Redner den ersten Theil seines Vortrages, uni nach einer kurzen Panse den weiteren Verlaus ber Wall fahrt, die Lcichensührungen »ach Kerbelä, die Gebete und Ge sänge zu schildern. Allmalig nähert sich die Carawanc dem Orte; sobald di: Pilger der Moschee anstchüg werden, bemächtigt sich ihrer eine ungeheure Glaubensinbrunst. sie Wersen sich zu Boden und beten z» Hossem. Vor den Thoren der Stadt, deren erster Tbeil gänzlich verlassen erscheint, entwickelt sich bald „ach Ankunft des Zuge« ein echte? Wallsabrlsbild: die ganze Pracht, daS ganze Elend der Wattjahrt. Zur Moschee führt eine nur etwa 6 Fuß breite, überaus lauge Straße, und aus diesem engen Pfade drängt sich die ungeheure Menge der Wallsabrer nach dem Zielpunkt der Wanderschaft. Eine ivlle Masse staut sich hier zusammen, Leichencust er- süllt die Lust. Menschen jeden Stande» und Alter? drängen in dieser sürchcrlichc» Enge nach der Moschee, deren Borhos von Häusern umbauk ist und deren Vor bau eine düstere Pracht ousweist. Nach dem Eingänge führt ein Nutschpsav. der von den Pilgern unter lauten, Ge bete aus den Knie» passirt wird. — Der Redner erklärte, das Heiligthuiu, in welchem sich der kostbare Sarg Hossrin« be» findet, nicht betreten zu haben wegen der Lebentzgesahr, welch« für jeden Nichtschilten damit verbunden Ist. Aber die Pracht in diesem Alle»heiligsten soll einzig und unvergleichlich sei»; überschattet wird der Sarg HosseiuS durch die Fahne drr Schiften. — Am Schlüsse des Vorträge? schilderte der Redner die Pilgerspiele, welche die Leidens- und TokeSgcschichte Hcssein» vergegenwärtigen. Tie ganze Wallfahrt war so phantastisch, so eigenartig, daß sich Redner fragte, ob sie nur ein Traum gewesen. Aber Wahrheit war Alles, wa? er ge sehen «uv vernommen, die reine Wahrheit. (Lebhafter Beifall.) Atildenlischer Verein für äußere MWon. kl. 8. Am 8. November Abends '/,8 Uhr hielt im hiesigen Studentischen Verein sür äußere Mission im Hörsaale 11 des Augusteums Herr Pastor Hosstelter einen Bortrag über „die Tragweite des MlsjiousbesehlS sür den MissioaS« betrieb". In den Worten des Herrn, die den Missionsbefehl enthalten (Matthäus 28, 19—20), sind die allgemeinen Normen für den Missioiisbetrieb enihalten. DaS zeigt sich schon in den einleitenden Worten: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und aus Erden." Sie uenncn uns als Endzweck der Mission de» Himmelskönig Jesus Christus. Wenn man heule die Mission günstig hcurtbeilt, so gesch eht dies häufig deswegen, weil man äußere Bortheile von ihr erwartet, unler andere» in unseren afrikanischen Colonien den, daß die Heiden, wenn gute Christen, auch gule Deuttche werden. Aber es ist schlimm, wenn die Heiden merken, baß die Mission nur als Mittel zu einem äußeren Zweck betrachtet wird. Die Worte „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker" machen cksichilich, baß kein Volk so undiseiplinin ist, daß die Mission uiä» zu ihn« herankominen könnle. Zwar das bestreitet man nicht mehr, aber in der Gegenwart ist die Meinung ausgekommen, daß die Culttir- vüikcr (Japaner, Chinesen) der Mission nicht bedürften. Dies ist der alte Irrt!)»!», demzuiolge die Mission nur Culinrmittel ist. So gewiß die Mission Christum und nichts Anderes bringen will, hat sie ein Recht, zu ollen Völkern zu gehen. Auch vor dem Fehler hat man sich zu hüten, daß man nach methodistischer Weise nur einzelne Auserlesene zu kleinen Gemeinden vollendeter Heiliger sammeti; denn eia Menschenauge kann nicht ins Herz sehen. Darum gilt cs, in LaS ganze Volk die Mission hineinzutragen uns eine Volkskirche zu gründen. Es ist em Wahn unserer Christen gemeinden. die Hcidenchristgcmeiüden sich als besonders blühend vorzustellen: auch dort giebl es Sünden und Laster. Wodurch sollen wir die Völker gewinnen? DaS lehren aus die Worte: „und lehret alle Völker und taufet sie". Also durch Taufe und Lehre» durch Saccament und Wort, nicht durch Gewalt mittel sollen wir Heiden zu Christen machen. Da die Taute vor allem Mittel der MsssionSwirkuilg ist, darf sie weder ent- sernt, noch enlmerthct, noch verschoben werden. AnS zwei Gründen wird die Taufe oft verschoben: 1) Weil man meint, daß ihr eine Erziehung >m Christenthum vorangei.c» muß. Aber mit der Erkemitniß im Ckristeiilhu», wächst nicht die christliche Gesinnung. 2) Weil eine Be währung vorausgegangeii sein müsse. Aber diese ist nicht die Voraus setzung, sondern Frucht der Tause. Der Missionar darj und soll auch Kinder lausen. Zwar gebietet der Tausbeschl nicht ausdrücklich die Kiildertause, aber ei laßt siez». Wohl wird de» Mündigen erst Unter richt gegeben, bevor die Taufe erfolgt, Kinder jedoch können sie sosort empsangen, weil zur Wiedergeburt, deren Sacrament die Tause ist. wie zur Geburt nur etwas Passives gehört. Ader zur Tause muß auch die Lehre hmzutreten, weil es zwei Enadenmittel gicbt: Sacramcnt u»v Wort. Darum hat man sich zu hüten vor der üblen Gewohnheit der Jesuiten, ganze Schaaren von Kindern, gleichviel ob sie in christlicher Umgebung ausgewachsen sind oder nicht, zu tause» »nd dann ziehen zu lassen. Vielmehr muß die Mission auch Mutier der Schulen werden. Doch dars sie in, Schul unterricht nicht ausgehen, denn der Herr hat gesagt: „Lehret sie halte» Alles, was ich euch besohlen habe." Darum hat ma» den Gelausten nicht bloS ein destilliries Christenthum, etwa die christ- liche Moral zu predigen, sondern auch den Glauben, denn der Herr hat nns auch den Glauben besohlen. Auch hat man kein inter- consessionelles Christenthum zu predigen, sonder» die Lehre unserer Kirche. Dazu ist nun freilia, nicht blos der Glaube, wie ihn jeder Christ besitzen soll, erforderlich, sondern auch die nöthige Begabung und geistige Ausrüstung, daß man vertraut sei mit ber heidnischen Lehre und auch verstehe Rechenschaft von seinen, Glauben zu geben (1. Petri 3, 1b). Darum können auch Theologen Alles brauchen, waS sie während ihre-; Studiums gelernt, im Dienste der Mission. DaS Ziel der Verkündigung aber ist nicht ein bloße-; Wissen um die reine Lehre des Evangeliums, sondern dies, daß sie haltcu 'Alles, waS Christus besohlen hat. Daß der Herr sür alle Zeiten Reges und Richtschnur in seinem Missionsbesehl uns gcgebea hat, zeigt, wie sehr ihm die Mission am Herzen gelegen ist. Schreberverein der Südvorsta-t. »r. Leipzig, 10. November. Gestern begann drr Schreber- verein der Südvorstadt seine Winterarbeit. Der Vorsitzende Herr Mittenzweyg begrüßte die im „Lehre rverei nsha nie" erschienenen Gaste auss Herzlichste und indem er aus de» Einzug des VcreinS ins Winterquartier hinwies, brklagte er, daß der Winter auch diesmal wie so ost sür die Mensche» zu rasch gekommen sei. Frühere Jahrhunderte, in welchen di: Menschen ohne genügende Verkehrsmittel waren, seien allerdings hinsichtlich des WimerS noch schlimmer daran gewesen als unsere Zeit, in welcher der Winter säst noch mehr Toüligkeit cntw ckele als der Sommer. Auch die Schrebervereine halte» ihre Hauptarbeit im Minier ab, und der Redner wünschte, daß die Samenkörner, die hier im Verein auSgestrcut werden würden, mit ins HauS hinein- getragen werden möchten, damit sie dort ihre Früchte trügen Nach einigen geschäftlichen Mittdeilungen, welche die Kinderfeste, die Veränderungen in de» Gärten, die nächste Sitzung (7. Tccember) und die zu veranstaltende Christfeier betrasen, erhielt Herr Frey er das Wort zu seinem gütigst zugesagten Dortrage. Derselbe hatte sich das Thema gewählt: Umgangssprache und UmgangS- ton in erziehlicher Beziehung. Nachdem er in der Einleitung den Einfluß deS Umganges »nd der dabei ouslrctenden Sprache aus Gcmülh und Willen bezeichnet und seine Wirkung alS veredelnd oder verrohend erkannt hatte» saßte er die erziehliche Bcdculiing dieses Factors scharf ins Auge, indem er 1) die Frage beantwortete, was unter Umgangssprache und Um- gangston zu verstehen sei; 2) die rechte und uurcchte Art derselben kennzeichnete; 3) die ersprießliche Einwirkung der ecsterea aus die Erzichung und die schädliche der letzteren erörterte; und 4) daraus die Ausgaben iolgerte, welche sich sür Jedermann in Haus »nd Gesellschaft aus solcher Betrachtung ergeben. AuS dem gedankenreichen und höchst zeitgemäßen Vortrage wollen wir nur Einiges heraushrben. Im Verlause des ersten Theiles wies er aus die Sp:achc»tivickeluug des Kindes hin, »nd zeigte, wie sich schließlich zwischen Eitern und Kindern ein fester SprachmoduS sür den Ver- kebr jestirtze, drr daS Medium sür den Verkehr bilde, aber aus rheto- r scheu Schmuck verzichte, und hinsichtlich des WörterschatzeS und der Gesprächsobjecte beschränkt und in der Wahl der Ausdrücke ost nicht sehr wählerisch sei. Im zwnten Thcilc kennzeichnete er die rechte Umgangssprache dem Kinde gegenüber als eine entschiedene, bald ernste, bald scrundliche. in anständiger Form sich bewegende, nicht unnütze Worte gebrauchende, und legte klar den Segen der selben dar. der gleichsam der Frühlingssoiiuenschein sür das rmpsäng- liche Kindesgcmülh sei. Zugleich warnte der Redner dabei vor dem zügellosen oder tändelnden Svrachverkebr, vor dem sogenannten Tatsche», vor dem Fluchen und Schwipsen, ebenso aber auch von zu großer Milde der Asfciilicbk. und g igelte nicht minder die scham lose, littirrnde Sprache Erwachsener. Kalte und Spott, zumal über religiöse Dinge, stellte er in ihrer höchsten Gesährlichkeit sür das Kind hm. Ter dritte Theil gab dem Redner Gelegenheit, die Einwirkung einer guten Umgangssprache nach allen Seiten hin zu beleuchten. Er nanittc sie Honigseim, der die Seele tröste und die Gebeine er quicke, »»d wies nach, wie dieselbe Frieden und Freundlichkeit dem Hause wahre und dasselbe zum Paradiese mache; wie sie Menjchen- jreundlichkeit onbahnc, Artigkeit. Höflichkeit, sittiamkcit Pflege und viel Unheil verhüte. Im lrtzien Theile beleuchtete der Redner die Aus gaben, die daraus für uniere Zeit erwachsen. Die erste dieser Aus gaben je, die, daß Jeder sich einer edlen Umgangssprache und eines edle» Berkebrstone; bei den Seinen wie draußen im geselligen und öffentlichen Leben befleißige; die zwecke die, daß Jeder aus edlen Verkehrston und edle Uingangssp ache auch in seiner Umgebung dringe; die dritte die, daß gegen Rohheiten in der Umgangssprache von behördlicher Seite eingejchriltcn werbe und die Schuldighp bestraft würden. Der durch virle Blicke in» Leben ausgestattele Bortrag fand ver- dienten Beifall der Zuhörer und de» Tank deS Vorsitzenden. Nach einer Pause leitete der Vorsitzende die Debatte mit einigen Worten ein. in denen er sich ganz kurz über die Disposition deS BorirageS verbreitete und auf die Wichtigkeit des Gegenstandes Hinweis. Weiter betheiligten sich an der Besprechung die Herren: Z immerman«, (welcher namentlich de» Ellern Vorsicht in dem Reden über andere Permnen empfahl), Berlin, welcher vor dem Reden über die Lehrer im Beisein drr Kinder warnte (zumal da die Kinder dem Lehrer Alle» wieder erzählten), Gotschebauch und Ander». Der Referent erhielt hieraus daS Schlußwort. Er erinnerte daran, daß er seiner flüchtigen Skizze auch Das noch hin- zuzusügen gewollt habe, daß inan vor Kiudcra immer wabr sprechen, nie lüge» und immer gerecht urtheilea solle. Wenn ein Fremder übrigens die viele» Flüche (die Dammiche im Volksmund) höre, die hier wie kaum an anderen Orten an der Tagesordnung seien, da werde er ein schlechte- Bild von dem hiesigen soeialen Leben be kommen. Daher sollten Alle in der Gesellschaft mit dahin wirken, daß solche Schlechtredncr und Flucher polizeilich belangt würden. Mil dem Wunsch, daß die angeregten Gedanken Früchte tragen möchten, schloß der Vorsitzende die Sitzung. Die gesellige Sitzung war durch Duette von Mendelssohn, gesungen von Frau und Herrn Nöthig, und Sologesänge von Löwe und Schumann, gesungen von Fräulein Handrich, sowie Declamationea iu ansprechendster Weise gewürzt. Die Milwirkeudcn ernteten reichen Beifall. Königliches Schwurgericht. XXV. und letzte Sitzung. "Leipzig, 10. November. Bor Eintritt in die XXV. und letzte Sitzung deS hiesigen königl. Schwurgericht» richtete der Präsident desselben, Herr Landgerichtsdirector Bartsch, eine kurze Ansprache an die Herren Geschworene», in welcher er denselben den Dank des Gerichtshofes sür den an den Tag gelegten Eifer und die Sorgfalt bei Erledigung der ihnen gestellten Ausgaben, welche be- deulende Opfer an Zeit gefordert, aussprach und daran die lieber- zeugung knüpfte, daß sie durch ihre Thätigkeit zu einer ersprieß- lichen Förderung der Rechtspflege bcigetragen haben, und schließlich die Herren bat, bei Rückkehr von der richterlichen Thätigkeit dem Gerichtshof ein freundliches Andenken bewahren zu wollen. Im Namen der Herren Geschworenen erwiderte diese Ansprache Herr Privatmann Or. zur. Fiedler, indem er die Erleichterung der an sie, die Geschworenen, gestellten Ausgaben auf die eingehende und klare Beweisaufnahme und die ausgezeichnete Erläuterung der juristischen Begriffe seitens des Herrn Präsidenten zurückführte, woraus Redner im Namen der Geschworenen deren Dank abstattete. Der Gerichtshof bestand an? den Herren Präsident Lar.dgerichts- Tirector Bartsch, Landgerichts-Rath Wolfram und Assessor Volk- mann; die Anklage führte Herr Ober-Staatsanwalt Hänyschel, die Veriheidigmig Herr Rechtsanwalt Or. Nienholdt. AlS Geschworene sungirten die Herren Ehrlich-GohliS. Schönert-Wurzcn. Brunner- Leipzig. Heydenrcich-Leipzig, Aßmann-Leipzig-Plagwitz, Trepte- Reuönitz. Bencr-Lindenau, Fiedler-Leipzig, Sala-Leipzig, Kluge- Leipzig, Ullrich-Stötteritz und Graiibner-Leivzig. Die letzte Sitzung hatte noch eine umfangreiche Anklage zum Gegenstände, deren Verhandlung eine geraume Zeit in Anspruch ge nommen haben würde, hätte nicht ein volles, umfassendes Geständniß deS Angeklagten Vorgelegen. Wie wir seiner Zeit mitgetheilt, wurden in Riesa re. falsch!« Hundertmarkscheine in Umlauj gesetzt bezw. der Versuch einer derartigen Verbreitung gemacht und in der Person de-; in den zwanziger Jahren stehenden Cartonnagenfabrikantcn Wilhelm Ernst Wugk aus Dahlen der Falschmünzer ermittelt. Wie uns aus den früheren Mittheilungen noch erinnerlich ist, hat Wugk die Herstellung des falschen Papiergeldes durchaus nicht etwa im Geheimen, sondern ziemlich unverhohlen betriebe» und eine ganz ansehnliche Parlie her- gestellt, welche theilS vollständig, theils noch unvollständig waren. Leider haben bei der Verausgabung zweier solcher Falsificate zwei nicht bemittelte kleine Gewerbtrcibcnde für sie empfindlichen Verlust erlitte», da Wugk nicht in der Lage war, Ersatz zu leisten, obwohl er solche», als man ihn sesthielt, versprochen halte. Die Anklage erstreckte sich weiter aus eine ganze Reihe von Ur- kuiidcnfälschungeii. mit welchen Betrug «nd Versuch desselben con- currirte. Wugk hatte eine Menge Wechsel mit falschen Aecepten von Geschäfts- und Kauslcntci, in Chemnitz, Plauen, Glauchau, Dahle», Leipzig, Burgstädt, Hohenstein-Ernstthal, Crefcld, Banne», Zeulenroda, Gräseitthal, Ncus, Ilmenau, Sonneberg, Freiburg i.B , Reutlingen, Remscheid re. versehen und solche zumeist bei einem Bankhaitt'c in Lschatz discontirt, bezw. zu discoittiren versucht. Meist waren es Summen vvn 250 sodann aber auch 450 X, oder aber von unter 200 und bezw. unter 100.B, welche ans den gedachte» Wechseln siqurirten; die Gesanimtsiinime, um welche der Angeklagte die betreffende Firma geschädigt hatte, bezifferte sich aus über 8000 ,/t, und auch in diesen Fällen ist der Angeklagte nicht im Stande gewesen, Ersatz zu leisten. Uebrigcns ist er bei der Anserti gung der Accepte mit großem Raffinement zu Werke gegangen, Hai verschiedene Tinten gebraucht, die Handschrift geschickt zu verstellen gewußt rc. Aus Befragen gab er an. daß er gehofft habe, einen Compagnon zu seinem Geschäfte zu finden und durch dessen Mittel seiner miß lichen Geschäftslage wieder aushelscn zu können; es sei ihm dies aber nicht gettnigen. Nach geschlossener Beweisaufnahme beantragte die königl. Staat? anwaltschast Verurtheilung deS Angeklagten unter Ausschluß mil- dernder Umstände und nahm daraus Bezug, daß der Angeklagte zu seiner Entschuldigung sich nicht etwa daraus stützen könne, daß ihm die schweren Strafen des Falschmünzer,- nicht vor Augen geschwebt hätten oder er der Tragweite seiner verbrecherischen Handlungsweise sich nicht bewußt gewesen sei, da ja der Angeklagte bei der An fertigung der Falsificate selbst die auf den echten Scheinen ersicht lichen Strafbestimmungen mit adgedruckt habe. Tie Verlheidigung konnte sich bei dem umfassenden Geständnisse deS Angeklagten nur daraus beschränken, für mildernde Umstände zu plaidiren. Gemäß dem Wahrsprnche der Herren Geschworenen, welche bei dem Münzverbrechcn die Zubilligung mildernder Umstände ver weigerten, solche aber im klebrigen annahmen, wurde Wugk zu 6 Jahren 6 Monaten Zuchthausstrafe und 10 Jahren Ver lust der Ehrenrechte verurtbeist, auch Stellung des Angeklagten unter Polizeiaufsicht sür zulässig erachtet. Königliches Landgericht. IV. Strafkammer. Ein sittlich verkommenes Frauenzimmer ist die ledige 24jährige Johanne Louise Caroline Steiniger o»s Fürstrnwalde, welche sich wegen Vergehens gegen W. 183, 113, 185 und 361,6 des R.-Str - Gcs.-B. (Erlegung öffenilichen Acrgerniffes durch eine unsittliche Handlung, Widerstand gegen die Staatsgewalt. Beanitenbeleidiguvg und Ucbcftretung deS Sittenpolizei-Regulativs) zu verantworten hatte. Die Angeklagte ist bereits wegen ähnlicher Vergeben mehr- sock vorbestraft. Sie wohnte in einem Hanse der Bcandvorwelk- stroße und hat am 31. Juni Vormittags dadurch öffentliches Aergermß erregt, daß sic unsittliche Handlungen am offenen Fenster vornah,n und zwar zu dem Zwecke, um einige ris-ä-vi» wohnende Frauen, welrbe zum Fenster hinaussahen, zu verhöhnen. Als sie einige Tage später die erwähnten Frauen wieder ärgerte, veranlaßrcn diese die Arrelur des schamlosen Frauenzimmers. Der herbcigeholte Schutz- mann hatte Mühe »nd Noth, die sich heftig sträubende Steiniger aus ihrer Wohnung zu dringen und auch aus dem Wege zur Wache leistete sie heftigen Widerstand. Aus der Wache setzte sie ihr renitentes Benehmen fort, »nd als sie in Haft gebracht wurde, beschimpfte sie die anwesenden Schutzleute in der gemeinsten Weise. Sie bediente sich der unflälhiqsten Ausdrücke und erging sich in Aeußerungen über die Schutzmanuschasi» welche nichts weniger olS schmeichelhaft waren. Zur Sache befragt, leugnete die Angeklagte Alle- rundweg und suchte sich als unichuldigrs Opfer böswilliger Verleumdung hinzustellea. Sie wurde jedoch in alle» Punclcn durch die Zeugenaussagen genügend überführt, sodaß ihr das Gericht 9 Wochen Gesängniß und 5 Tage Hast zudictirte. Der Gerichlshos bestand o»S den Herren Landgerichts-Rathen Bielitz (Präsio ), Siegel, Wolfram. Or. Franze und Assessor Heßler; dt: Anklage führte Herr StaatsanwallschasiSaffeffor Or. Lcißner. V. Strafkammer. Der Aerger über die Unpünctlichkeit seiner Braut halte dem Schlosser D. auS Plagwitz eine Bestraiung wegen HausiriedenSbruchs zugezogen. D. unterhielt schon längere Zeit mit der Köchin des Rittmeister? v. H. in Laustgk ein LiebcSverhältniß und besuchte die- selbe Sonntags öfters. So halte er sich auch an einem Juli- Sonntag in Wichs geworfen und war nach Lausigk gefahren. Ten ganzen Sonntag Nachmittag hatte er mit seiner „Braut" in an- genehmster Weise verbracht und er schwelgte schon im Vorgeauffe des abendlichen Piriuderns, welches den löblichen Abschluß des Tages bilden sollte. Seme Anna hatte ihm nämlich versprochen, „noch ein Bischen runlerzukommen, wenn das Abendessen besorgt sei", denn da es gegen 7 Uhr war, so mußte sie nach Hause, um das Abend- essen sür die Herrschaft anzurichken, umsomehr, als der Herr Ritt meister krank war und öfter- noch der oder jenen Kleinigkeit verlangte. Anna ging also ihren Pflichten nach und D. leistete sich inzwischen diverse GtaS Bayerisch, die ihn denn auch bald in die ouimirleste Stimmung vrrjetzlkn. Er wartete and wartcie hiernach vor dem Thore dcr von H.'schea Billa, seine Anna kam nicht; er ging noch ein VlaS Bier trinken und da er meinte, daß die onpüactlich« Brani non ebenso gut aus ihn warte» könne, wie er vorher ans sie, so blieb er noch ein Stündchen fitze«, denn, ft calcolirte er: „Den Zug nach Leipzig habe ich nun einmal verpaßt und muß wohl oder übcl in Lanslgi übernachten". Al« er sich endlich «ach der von H.'jchen Villa bemühte, mar e« gegen 10 Uhr «br,d» »,d A»»a selbstredend
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