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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188811139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881113
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-13
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.11.1888
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Erste Seilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. .V« 318. Dienstag den 13. November 1888. 82. Jahrgang. Hunger. Dem Leben nacherzählt von Hermann Heiberg. Nachdruck «crbslen. In einem großen allen Elageuhaule am Alexanderplatz in Berlin saß un Winterszeit, den Kops in die Hände ver graben. die Ellbogen aus einem am Zensier stehenden Tisch gestützt, ei» Mann der gebildete» Stände seit einer halben Slnudc regungslos Ueber ihm wurden Möbel gerückt, alS ob man ein Fest vorbcreite. aus der Treppe ging» eilig aus und ab, und ein haüigeS Leben machte sich auch draußen aus dem Platz bemeikbar und drang in einem beständigen schwir rende» Geräusch zu ihm empor. Zahlreiche Fuhrwerke jagten an einander vorüber. Eilende »ul Schachteln und Packerei» beladene Menschen: Männer, grauen, ost Kinder nach sich ziehend, »ahmen ihren Weg. Ueberall geöffnete Laden mit kaufenden Leuten, Rusen, Fragen. Eni und auS, Kommen, Gehen — kurz ei» ruheloses Hu, und Her, wohin das Auge sich wandte. Aber der Mann sah und hörte von alledem nichts. In seiner Seele saß Berzweislung, sie halte sich eingrnistet wie fressender Staub, und wohin die Gedanken auch gingen, AllcS war Nacht um ihn Das eilfertig frohe Drängen nach einen» bestimmten Ziel, die jauchzende Freude, die a»S den Augen der Kinder blitzte, der Erwachsene» glückliche Mienen, und das erwartungsvolle Fieber, daS fast jeden Menschen — c- war der vicrunvzwan- zigste December — sichtbar ergriffen, ihm war'S, als er vordem durch die Gassen gewandert, wie ein grausame- Puppeuspiel erschienen. Die Noch halte neben ilnn gesessen, ungebeten nun schon seit vielen Monaten; sie ließ sich nieder an seinein Tisch, blieb bei ihm, wenn er den Fuß regle, hockte an seinem Belte, wenn der Schlaf erscheinen wollte und trieb diesen fort. Der Mann hätte ost wünschen mögen, der Himmel habe Säulen. Er würde sic mit seinen Hände» umspannt und geschrieen habe»: „Ich will auch Glück und Erfolg! Ich bin ein Mensch wie jene. Gieb mir Brod — ich verlange nur Ai beit, um zu leben! Und gewahrst Du nicht, so reiße ich Deine Besten ein!" Und wen» er ruhiger ward und die Sündhaftigkeit seiner Gedanken bereute, dann wandte er de» Blick zum kalten, gestirnten Himmel und schrie: „Ewiger großer Gott, Barin Herzigkeit l" Nun öffnete sich die Thür und eine Frau mit einem leidenden nullen Gesicht trat in- Gemach. Sie stand eine Weile ties Athen, schöpfend und sah aus den Geknickten, der bei ihrem Ecnlritt sich nicht geregt hatte und auch jetzt vor ihr saß und »ich:« zu hören, nichts zu suhle» schien Plvtz lick überwältigte sie eine furchtbare Augst. Sie stieg hinaus bis an- Herz, und so gewaltig war die Erregung, daß der Schlag sich hemmte, baß eS dunkel wurde vor ihren Augen Aber nun eben regte der Mann sich, erhob langsam das anpl und nickte ihr mit mallem Grnße zu. In seinem lick lagen alle Antworten aus ihre stnnimcn Fragen, und diese und die rasch wechselnden Empfindungen zwischen Angst und Befreiung von Sorge bewirken, daß nun auch sie kraft los in eine» Stuhl sank. Er bewegte de» Kops und sah sie mit unendlich liebevollen Blicken am Schon um ihretwillen würde er Tage lang frierend ini Schnee gestanden, sich Sturm. Wetter, Entbehrungen cniSgesetzt, Alles. Alles für sie erduldet haben. Aber nicht« hatte sich ihm neuerdings ausihun Wollen, nichts! Selbst an Slraßenarbeitcrii. unter die er sich eingestellt bei der Musterung, gab'S bereits genug. „Biel leicht i» einigcn Tagen, wenn'« Wetter so anhaltcn werde, sei Aussicht l'^ Der Fra» wollte sich auf die Lippen drängen: „Ich habe Hunger, Durst. Ich leide — lieber Mann." Aber sie er schrak vor sich selbst. Da- hieß seine O»al vermehren Diese beiden Menschen liebten sich wie Liebende und wie Ge schwister. Des Emen Gedanke trat über in die Seele des Andern, oder war schon vorher darin geboren. Ihre Augen führten eine Sprache, für die cs sonst auf dem weiten Erden rund keine Laute gab. In einem Wäschegeschäft Ivar sic tbLtig gewesen; nun schrieb sie ab, auch er suchte glcnche Arbeit. Sie allem hatte Beide längere Z-il ernährt, war aber dann ertrankt. Der Mann war ein tüchtiger Ingenieur, aber fand keine Arbeit. Endlich, endlich, nach allen vergeblichen Versuchen entschloß er sich zum Schne. schaufeln. .Stehlen oder sterben I" hauchte er wie im Irrsinn redend Sie Hörle, waS er sprach, und schauderte zusammen; dann stand sie aus, und obgleich ihre Seele hoffnungslos war. und obgleich cS in ihr weinte und zuckte ohne Unterlaß, sank sie a» ihm nieder und tröstete: „Ich weiß, mein Arnold, mit Deinem Herzen hrt's nichts gemein, was Du eben geredet Du willst leben und darist Hossei, I Verzage nicht, Geliebter I Raffen wir »nS auf! Komm! Wir wollen berathe», die Zeitung unS bolcn von der Mithin, und Nachsehen, ob wir etwas finden." Er sagte nichts, er vergrub wieder daS Gesicht in die Hände und — zum erste» Mal, seil sic ibn kannte und mit ihm verheirath-t war, weinte er. Sie streichelte sein Haupt und tastete nach seine» Händen, die kalt waren wie draußen der Schnee, aber die Thräncn waren heiß. Sie kamen auS tiefen Quellen, da, wo sie der Schmerz geviert. Endlich lösten sich seine Finger und er sagte: „Morgen ist Weibnacht. Wer denkt in den Tage» des sirohsiiinö an Die. die Arbeit suchen. Wer kennt die — Hungernde», die Frierenden!" Und sich unterbrechend und ibre Wange» berührend, flüsterte er: „O, meine Anna! Bergieb, daß ich Dir ein solches Leben bereitete, eS wagte. Dich solchem Elend preiSzilgeben. Sieb, wenn ich wüßte, daß ich eines Menschen Her; crwcichcn könnte, ich würde »»eilen weil aus spitzen Steinen zu ihm mich Heranschleppen und leben: Gieb mir Brod! — Ich will keine Gaben! Arbeit! Arbeit — ich muß ja leben! Nun stoffen auch die Tdränen der Frau, sie umhalste ihren Mann »nd küßte ihn zärtlich und immer wieder. Eins waren sie »lilcinander! Wen» sie freiwillig in den Tod gegangen wären in diesem Augenblick, sie hätten nichts von dein Grausen deS Sterbens gefühlt, sondern nur de» unendliche» Glücksransch ihrer sich i» dem gemeinsamen Elend zu einander drängenden Seelen. Sie wurden ans ihrer Umarmung durch ein Geräusch gelöst, daS an der Thür entstand, welche die Frau beim Ein tritt nicht ganz geschloffen halte. Die schnuppernde Schnauze eines Hundes erschien, und rasck zwängte sich dann daö Tbicr selbst, mit seine» Pfoten arbeitend, inö Gemach. „Bobby. Botby? bist Dn's", ries die Frau mit ungemeffenem Er staune«. — Ja. er war'S. Er sprang heran an die Menschen »nd bellte »nd wedelte vor Freude, ließ sich liebkosen und gab immer von Neuem stumme und laute Zeichen seiner Liebe. Vor einem Jahr halten Beide den Hund, ein ganz un gewöhnlich ktugeS und desonkers angelerntes Tlncr, in Folge einer Anzeige in der „Bossischen Zeitung" verkauft. Wer der neue Herr war. wie er hieß, wußten sie nickt. In ihrer Abwesenheit hatte daS Matchen den Hund gezeigt und der Fremde ihn gegen Niederlegung eines hohe» Preises mitgenommen. Als er fort war, saß in den Menschen eine Unruhe, alS sei ihnen ein Stuck besten Lebens genommen. Eist atlmälig halten sie den Vertust deS treuen Geschöpfes überwunden. Während die Eheleute daS Thier noch hätschelten niid Fragen an ihn richtete», die er zwar zu verstehen schien, aber doch nicht z» beantworten vermochte, ward an die Thür gepockl und ein Diener erschien, dein sich Vas Thier sogleich Heutig bewegl-ch zuwandte. ..Vom Hetcl werde ich gesandt!" erklärte er. „Bi» ich bei Herrn Spang?" Der Aiigeredcte erhob sich und nickte. „Mein Herr, ein Fremder wünscht sogleich Jemande» dem er diclire» kann. Sie haben Ihre Adieffe abgegeben Es wird gewünscht, daß Sie womöglich gleich kommen." „Wohl! Emen Augenblick. Ich gebe gleich mit Ihnen!" Und: „Lege Tick nieder, meine Anno! Ich gebe —" flüsterte der Mann seiner Frau zu, während der Bote bescheiden zurückkrat. „Nein, nein!" erklärte er aus ihre hieraus folgend« angstvolle Frage: „ich bin ganz — frisch. In einigen Stunden werde ick ja wohl zurück sein, — und" — hier senkte sich seine Slimme fast unhörbar — „und bringe — ja sicher Geld —" * * Seit einer Stuude saß Spang im Hotelzimmer und schrieb neben ihm ging ein älterer Mann n»t dem ernsten Gesicht eines UcberseerS und das Haupt mit kurzgeschnitlencn, weißen Haaren bedeckt, aus und ad und dictirke. „Haben Sie? Affecuranz besorgen?" Diesmal erlönte nicht wie sonst ein artiges „Jawohl, mein -Herr." ,Wie? Habe» Sie?" wiederholte der Fremde, ohne hin zuschen, und suchte nach »tuen Worten. —„Also, also — wie war doch der letzte Satz ?" Wieder keine Antwoit, und als der alte Herr, ein Kaus mann, Deutschcr, auS London, mit Nam-n Dröge, sich jetzt umwantte, sah er, baß deS Schreibenden Oberkörper aus veu Tisch herabgesunkcn und daß ihm die Feder entfallen war, aber er sah auch, daß daS kluge Thier, daß Bcbby, der sich ihnen gegenüber ans den Teppich gelegt, a» Spang immer wieder emporsprang und die kraftlos herabgcsunkine blaffe Hand leckte. Um HimmelSwillenI Was war daS? Der alte Herr trat eilend hinzu, beugte sich herab und suchte den Oh» »nächtigen zu erwecken. Aber in ein tottonäbnlicheS Antlitz blickte er, als er vor sichtig Spang's Haupt emporhob. Nun netzte er seine Stirn mit Wasser, klingelte, besaht Wein zu bringen — sogleich — raich — rasch! — und öffnete die Fenster, frische Lust in» Zimmer bringen zu lassen. Als er zuriicklrcrt, schlug eben der Kranke mühsam die Augen empor. „WaS ist Ihnen mein Herr?" drang eS voll Teilnahme au- de- Alten Munde. Und die zitternde Antwort lautete, aber auch die furchtbare, erschütternde: „Hnn — ger — Dann siel der Kops abermals herab, und Bobby. „Bobby, willst du, Bobdy I" — mahnte Dröge. — jaulte und wiiiscllc und stieß weinende Töne auS seiner Kehtc * * » E- War inzwischen Abend geworden, und der dunkle Himmel hob um so klarer die ruhigen Sterne am Himmel und da- vielfältige Licht in den zahllosen Häusern und Palästen der großen Stadt. Immer noch war ein gewaltige« Drängen, Schwirren und Summen draußen aus der» bel-bten Alexanderplatz »»d in den einmünbenven Gaffe». Nock war nickt die Ehrislsestfleiide gekommen, aber sie nahte, und Jever, der'- vermochte, warf nun für Stunden von sich alle Sorge und Qual uns genoß die still beseligenden Freuden des herr lichsten Festes, das Menschen zu feiern vermöge». In dem Zimmer deS Alerander-Hotel« saßen sich gegen über der Fremde und — Spang. Seit einer Stunde hatte der Letztere bereits geredet und. noch immer mehr zu sagen, rrmunlerle ibn der ernste, alte Herr, in besten Angesicht Sorge und tiefes Mitgejühl zum Ausdruck gelaugt waren. „Aber ich vergesse ;a", ries Spang, 'sich dann plötzlich unterbrechend, „meine Frau. Gestalten Sie, mein Herr, daß ich mich, ehe ich sortsabre, zu ihr hinüberbegebe. Auch sie hatte — nichts — seit heut Morgen zu esse» und — und — während ich hier bei Ihnen iveile und mich erfrische, leidet sie sicher. Erlauben Sie —" „Ich schicke hinüber und laste ihr sogleich bringen — noch mehr — wir wollen unS diesen Abend nicht ferner trenne»." Der Fremde zog an der Glocke, schrieb inzwischen ein paar Worte aus und gab dem eintretenden Kellner Befehl, daß sogleich zu Frau Spang hinübergesanst Wersen solle. „Während Ieinand hinübergehl — beruhigen Sie sich, ich bitte — ich sandle Ihrer Frau Geld und schrieb ihr — er zählen Sie mir ferner von Ihren Schicksale»." Und da Hub der Mann an: „AlS wir vor einem Jahre den Hund, Bobby, verkaufen mußte», begann bereits daS furchtbare Elend. WaS ich auch versuchte, Alles mißlang. Es schien, alS ob daö Schicksal mich sür Vergehen strasen wolle, die ich unwissend begangen. ES würbe mir selbst unglaubwürdig erscheinen, wenn mir Jemand sagen würde: Hier in der großen Stadt könne sich ein kräftiger Mensch nicht ernähren. Wir haben unS ja auch ernäbrt, unv so lange eS möglich war. ösfenlliche Wvhlthaten genosten. Aber wie baden wir gelebt! Beide, meine Frau »nd ick, sie ist die Tockter eines MajorS. der schon seit längeren Jahren seiner Frau inS Grab folgte, stehen allein in der Welt. AlS ick, von Mecklenburg kommend, nach Berlin gnrg und in Moabit die Stellung erhielt, lachte unS die belle Glückssonne. Wir waren zufrieden und unendlich glücklich, dann trat plötzlich die Lignidation der Firma ein, und trotz meiner guten Zeugnisse. die ich Ihnen vorhin vor- legte, vermochte ich Neu-S nicht zu finden. Jeder Posten war besetzt. Wir versuchten, unS durch Abschreiben zu er näbren. Ich arbeitete auch sür Zeitschriften, empfing aber die Beiträge zurück. Mittet, Berti» zu verlassen, hatten wir nickt. Die vorläufig von unS gemiethete möbtirte Wobnnng mußten wir aufgeben. Zweimal ivar meine Frau todtkrank, so daß ich kaum anS dem Zimmer zu gehen wagte. Wir haben ost tagelang nur von Kaffeebohne» gelebt — wurden Beide so schwach, daß die Kräfte auSgingen, und »un — neuerdings —" H er versagte dem Manne die Stimme, und er machte eine Piuse, alS ob ihm plötzlich die Lust vergangen sei. „Entsetzlich", stieß ser Fremde fast uiihörbar heraus und schüttelte sich in Graue». „Nun aber ist die Zeit der Noth vorüber, Herr Spang", fuhr er. den rubigen Ernst wieder in seine Züge leaenv, fvrt, und senkte seine Hand mitleidig beruhigend aus de« Bedrückten Schulter. „lieber daS Wie werden wir nachher sprechen, wen» Ibre Frau kommt, die ich e.nlud, und wenn wir das Fest seiern. Entschuldigen Sie mich jetzt nur eine k»r,e Zeit; ich habe dafür einige Anordnungen zu treffen." Kanin war der alte Herr auS dem Zimmer gegang-n, alS sich Spang's eine heftige Unrube bcmächtigle. Noch immer ivar Anna nicht da, obgleich schon über eine halbe Stunde seit der Abfertigung des BrieseS an sie ve«flössen war. Nickt Herr seiner Erregung, sprang er empor, ver ständigte aus dem Eorridor de» Kellner, trug ihm aus, Herrn Tröge zu bestelle», daß er sogleich zurückkehren werde, und flog die Treppe hinab aus die Straße n»o von dort in seine Wohnung. AlS er vor der Tbüc stand — man batte ihm in der Portierloge gesagt, daß der Brief an seine Frau von der Wirthin obgenominen sei, da das Zimmer verlcklosien ge wesen — schlotterten ihm >» einer nnerklärbaren furchtbaren Angst die Kniee. Der Athen, fehlte ihm, und erst „ach einer kleinen Pause vermochte er seine Slimme zu erheben. „An—na — An—na", ries er »nd klopjte. „Ich bin'- — schläfst Du? — Oeffnel" Aber Alles war still, nichts rührte sich. Nu» pcckte Spang stärker — Zein Blut rann ihm fiebernd durch dir Adern — sein ganzer Körper bebte — olle Ge tanken waren auf den einen Punct gerichtet: zu hören, daß sie da, lebendig — gesund — daß ihr nichlS zugestoßen sei. Zuletzt schlug der Mann mit den Fäuste» gegen die Thüröfsnung. Die wahnsinnige Angst machte ibn so.st be sinnungslos. Und da — da — klang an deS Horchenden Ohr — ein Laut — ein Laut auS ihrem Munde — „WaS — ist — ja — ja —" vernahm er, und Schritte ertönten — und hinter ibm aus der Treppe raschelt,: es — und die Thür öffnete sich, und sein Weib sie. ihm mit einem dumpsen Schrei in die Arme. Er hielt sic lange sprachlos und dann flüsterte er immer wieder: „Hilfe — Hilfe ist gekommen, meine Anna, meine theiire. geliebte Anna —Uno da fie nicht anl.vortete, da der Hunger in dem aliSgebnngerten Kälver die Kräfte ver- zehrt, und ihr nun gar sie Worte sehtleu, trug er sie 'urück an da- Belt, aus dem sie wohl wie in eine», Tok-Sicklas gerubt. küßte ibr Stirn und Waiiae» und weinte vor Glück und Seligkeit, daß sie in seinen Armen ruht«. Aber da »var noch ein lebendige- Geschöpf, dasselbe, da- vorher mit trip- »elnden Schritten dir Treppe emporgekonimen, daS sich freute. ?S war Bobtch, der ihnen Beiden die Hände leckte und um her« 'prang, al- sei eigentlich er die Veranlassung zu Allem und reue sich, wie ein guter Mensch über die Werke eigener Barm- »erzigkeit eben selbst Freude empfindet. AlS die beiden Ehegatten — Frau Anna durch einen kräftigen Trunk von dem Weine gestärkt, den der Fremde gesandt — daS Hotel sund da- Gemach betraten, war Herr Dröge nicht anwesend. Aber bald schritt er mit gütiger und behaglicher Miene inS Zimmer, neigte sich aus die Hand der Frau herab, ehe sie „och ein Wort zu sprechen vermochte, und sagte, ihr forschend in-Auge schauend: „Ich bin glücklich. Sie kennen zu lernen, verehrte Krau, und lasten Tie mich es Ihnen sagen, wie sehr ich mit Ihnen sühlc. Und da Sie meine Gäste sein wollen an dem heutigen Abend, ich bitte, kommen Sie." Aus dem reichgedeckten Tische stand ein kleines grünes Bäumchc» mit zahlreichen suiikelnden Lichtern, wie eS in den Berliner Marklbnden erhandelt wird um Weihnacht. Der Alle faßte Beider Hände und sagte: „Nehme» Sie lürtieb »»t dem dürftigen Bäumchen, ich wollte nur meine» guten Wille» zeige». Aber das Fest der Freude, wie eS die Weihnacht ist, liegt ja nicht in dem Aeußercn, in den, Glanz der Lichter, sonvern in dem GlückSgesühl. daS Jeden Vurch- Irömt, seine» Nebenmenschen an diesem Abend Freude zu bereite». Mein Herr Spang! Ich besitze in der Nähe, in Ebarloltenburg, obgleich Ausländer, ein Werk, sür das ich olmehi» eine lüchlige Kraft gebrauche. Daß Sie ein guter Mensch sind, da« lehren mich die Töne des Schmerzes, die dem nuvernünstige» Thier entquollen, als Sie ohlimächlig nieder- sankcn — hier, hier ist wieder bas döse, braune Ungelhüni. von dem ich mich nicht mehr trenne» konnte, seitdem eS mein Eigen- lbu», ward", und er zeigte lächelnd aus Bobby, der mit »ic»,schlich klugen Auge» zuzuböre» schien. „ES lehrt mich aber auch Ihr Auge, Ihre Sprache und Ihre Zeiigiiisse be weisen Ihre Befähigung. So zog denn ich den GlückSlresscr cm de« IahreS Schluß, wenn ich Sie in mein Werk cinstelle. Sie zu einem Vertrauensposten berufe! Unv »un wolle» wir speisen und trinken und fröhlich sei» unv süblen, daß »vir Menschen sind und ehrlich, so Gott will, sür Lebzeit zusammen- hallenl Ich stehe auch säst alle», aus der Welt, wie Sie, nur eine Tochter besitze ick, die sich vor einem Iabrc nach New-?)ork veiheiratbel hat. Doch davon später. Also bitte, nebnie» Sie Platz, lieber Herr Spang, verehrte liebe Frau! Und Kellner! Service» Sie! Wir wollen Weihnacht und Auferstehung feiern." Spang sah Anna, seine Frau, an und sie ibn, und in ibre Auge» traten nach diesen Worte» Lichter, die den Kerzenglanz am Taniieiibaum hätten verdunkeln können. — Aber sie warfen auch Blicke aus den fremden Mann, der wie verklärt drelnschaute, daß er an anderen gute» Menschen ei» meiischliches Werk vollbringen konnte, »nd er laS in ihren Augen mehr, atS tausend Worte zu beschreiben vermögen. Vermischtes. (-) AuS Thüringen. 1l. November. Es wird jetzt die berciiS früher von unS gemachte Miltbeilung bestätigt, daß der Preis der Retourbillete aus den prcußilchen Vtaai«- bahiien ab l. April k. I. allgemein aus den l'/Aachen Preis der einfachen PersonenzugSbittete — der dann überall nach de» Normattaxen berechnet sein wird — hcrabgeseyt, die I Ursache ScbnellzugStaxe also abgesckafst werben soll. Die letzicre, erst wenige Jahre alte Einrichtung hat sich, wie voranS- zuseheu war, nicht bewährt, zumal die Passagiere dieselbe unter großer Belästigung der Beamten sehr häufig zu um gehen wissen. Man »beilt eben eine mit Netou bitte.« zu be sah.ende größere Strecke, wrn» die Gültigkeitsdauer von zwei, bez.o. Vre, oder vier Tagen auSreicht, in mehrere Strecken von weniger als lin) Icm Länge und erzielt durch vie Lösung von Eiiizelretourbilleteii hierfür einen ost sehr erheblichen finanziellen Gewinn. Derselbe beträgt beispielsweise sür die Strecke Hamburg-Frankfurt a. M. ca. 5 -4l Auch bevnigt die jetzige Bestir.mung manche Ungerechtigkeit, indem beispiels weise b'.e Schnellzugvtaxe auch im Verkehr zwischen solchen kleineren Station.» bezahlt iverden mub aus welchen nie eia Schnellzug onhält. B-merkl sei hierbei, daß auch »ach de» t. April im Localv.rkehr der Strecken Eisenach-Halle und Corbetha-Lcipzig die ZuschlagSdillclr bei Schnellzügen nölhig bleibe» —r. Hü »selb, ll. November. Nachdem da? hierher entsendete Pionnlcrcommanvo seine Ausgabe durch Aus räumung der Straßen rr. in dem nicdergcbrann'eii Stadt- theite beendet hat, ist dasselbe wieder nach Eastel zurück- gekehrt.— Mit dem Bau der Boracken ist bereits begonnen worden, dieselben werden durch dc.i Ziiitniermkister Lämmer- zahl auS Herösetö auSgesührt. Eme gleiche Baracke als Geschäftsraum läßt sich ver Buchdrucker Albietz neben dem Borschußverein und dem Grü»eu Bau:» aus dem Anger er richten, um so bald als mögl'ch sein Geschäft wieder uuszu- nrhnien. — Zur Avsubr de« ganz bcveuteiioen Scki'l'.eS l at sich ein Unternehmer gesunden, welcher dieselbe im Accord nach den» Quavral-Meter berechnet zu enlsprechendcm Pcei» übernehmen will. - - Der E'zbffckos von Köln hat dem Bisckos Joseph Weiland in Fnlku sür unsere Abgebrannten 5»ÜOfi .F ans vorbanvrnen Fon»! ül.«-wiesen. vV' /- LIoHtMM ^ainftvasze 7, parterre, I, und II, Etage. au- K«II ober «InnItSl EKKtK«^N«n oder »IntlKn k»n1»-tK«t«»trKo. oder aus oder HVollpItt^I», Itlntliv—H oder »nnlnKtKKtoir au« «I»1t oder »«»IrKtNKin oder HV»IIp>tt»<Ii, k«tck«li-kI»»tI»»^K oder Ib »ntnKtK««t<»tl»n 181^08) a < oder oder KN a s knntn»1e«t«»1»KN od« mtt rKtnvollKnvn» und oder ^ Hlnäblmau« ^«»uKrI»»NKN*>ioII und «sn„Itl«n »Aparte Aussßhr»»!- Alle Gratzell Illid in ««„» neuen letzt erschienene« Kay««-t« racher ««-wähl. " ^l ». 8. t» bl« ^l n>, IS. r« bl« HlO. ^l ir. IS ro bi« » 2«. SS. lt« bi. EiO. IS. I«. 18 b» -ch «. k b«, 14.
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