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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188811254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881125
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881125
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-11
- Tag1888-11-25
- Monat1888-11
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1888
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7180 Stadl, so müsse man mit dcr sehr nahe liegenden Möglichkeit rechnen, dass mit dieser neuen Stadt die übrigen östlichen Bororte verbunden werde». Dies würde dicht an den Thoren Leipzigs eine neue Stadt von 80 bis 100 OM Einwohnern ergeben, eine neue Stadt, welche an ihren Grenzen unbebautes, nicht zu thenres und für die Ansiede lung dcr Industrie geeignetes Areal habe. Es liege aus dcr Hand, wie schädigend dies aus die Interessen Leipzigs einwirkcn könne. Die enge wirthschastliche Jntereffengemeinsamkeit zwischen Leipzig und Reudnitz sei ebenfalls schon früher besprochen; sie habe in neuerer Zeit besonders noch durch die Ansiedelung von Etablissements der graphische» Industrie in jenem Borort zugenommen. Bei früherer Beratlmng der ganzen Angelegenheit war zugleich eine Steuerreform — der der wohl von dem Finanzausschüsse in der Hauptsache an indirecte Steuern gedacht worden sei — mit an geregt worden. Wolle man eine solche jetzt zur Bedingung des Anschlusses von Reudnitz und bez. Angcr-Crottcndors stellen, so wäre damit die Möglichkeit des Anschlusses zum 1. Januar 1889 ausge schlossen. Denn kein Mensch werde daran deuten, das, cS möglich sei. eine solche Steuerreform in sieben Wochen zum Abschlüsse zu bringen. Nach eingehenden Erwägungen glaube man aber, dass jetzt, so «nge cs sich nur um die Aufnahme von Reudnitz und Anger- Crottendors handle, mit dein gegenwärtigen Steuersystem noch ans- zukommen sein werde, während der Finanzausschuß allerdings der Ansicht sei, daß, wenn ein weiterer Umfang dcr Einverleibung in Frage kommen solle, man hierfür bei der früheren Anregung stehen bleiben müsse und eine Steuerreform nötliig sein werde. Ncbcr die finanzielle Lage von Reudnitz lag bei der früheren Bcrathung das Material in den, seincrzcitigeii Borlrag des Herrn Oberbürgermeisters und dessen Anhang vor, worin dieBerhältnisse bis 1884 berücksichtigt ivaren. lieber die Entwickelung von Reudnitz seit 1834 i» finanzieller Hinsicht und insbesondere »i seiner Steucelrafl gebe eine Schrift des Herrn GemcindevorstandcS Auskunft, aus welcher dcr Referent nähere Mittycilunge» macht. Aus letzteren ist hervorznhebe», das, die Ge- »leindeeiritommcnsteuer von rund 154 800 X im Jahre 1834 auf rund 215 000 im Jahre 1887, obwohl im Jahre 1887 der pro- eestnale Steuerzuschlag um 10 Proc. ermäßigt worden sei; die tZrundsteucreinheiten von rund 898 870 aus 498 75,0 im Jabre 1887; daS steuerpflichtige Einkommen von rund 7 !>04 600auf rund 9 966 293 ./ö gewachsen ist. Es erhelle hieraus, das; Reudnitz in seine» wirthschastlichen Verhältnissen und in seiner Steucrkrast in stetiger Entwickelung begriffen sei. Dies werde auch durch das Anwachsen der Actibcn des Gemeinde- vermrgenS bewiesen. Sie betrugen im Jahre 1834 1 022 828,5)8 ; nach dem Haushaltvlane für 1888 2109 014,49 ./?. Hierbei dürfe allerdings nicht ausser Albt gelassen werden, dass hierin nicht nur Etistungscapitalien, sondern auch das Kirchenvcrmüge» (Kirchcn- gcbäude und Area! 280 OM ^>1 mit begriffen sei, weil in Reudnitz politische Gemeinde, Schule und Kirche zu einer Easse vereinigt seien. Dieser Zustand werde nach dem Anschlüsse nicht forldauern können, sondern die Kirchcngemcinde werde ihr Vermögen in acriver und passiver Hinsicht selbstständig zu verwalten und zu vertreten haben. WaS von dem dem Haushaltplane beigesügten Verzeichnisse des Aetivvermögcns Slammvcrmügen im eigentlichen gesetzlichen Sinne sei. lasse sich nicht genau erkennen. Keinesfalls seien alle Activ- posten eigentliches Stammvermögen, und cs sei in dieser Hinsicht 8- 2 de» Ortsstalujs - Entwurfes von Bedeutung, woraus Referent hier schon Hinweisen will. Für die Gemeinde werbende Objecte befinden sich unter den Activen im Verhältnisse allerdings nur wenige, soviel Referent sehen könne, :16 000 ^ in Wcrthpapieren und Hypotheken und einige Grundstücke. In dieser Beziehung bringe also die Stadtgemcinde dem Orte Reudnitz ein großes Opfer, indem sie ihm die Betheiligung an dem reichlichen Stammvermögen der Stadt durch die Einverleibung ge statte. Den Aktiven stehen nach dem Haushaltplane für 1888 die Passiven mit 1378947,42 .>1 gegenüber, worin aber wiederum die Passive» der Kirchengemeinde mit begriffen seien. Tic Anleiheschuld belaufe sich dermalen, wenn man die zu kirchlichen Zwecken aufge- nommcnen Anleihen ausschcide, aus 960172 Bei der früheren Berathung war gerade für die Ostvororte weniger Meinung in den Ausschüssen; bei dcr Plcnarverhandlung wurde nur noch von einer Seite Widerspruch bezüglich dcr Einver leibung jener Orte erhoben, der aber sogar zu einem principiellcn Anträge gegen deren Einverleibung führte, welcher allerdings abgc- lchnt worden sei. Auch diesmal waren einige Stimmen in den Ausschüssen dcr Einverleibung dcr Ostorte weniger geneigt, doch erklärten die be treffenden Mitglieder, dass sie nach Lage der Sache dcr Einverleibung nicht entgegen sein wollten. Tie Bedingungen des Anschlusses ergeben sich aus dem Tcputa- tionsberickit und dem vorliegenden Entwurf des Ortsstatuts. Im Ganzen könne man sagen» daß glecche Rechte und gleiche Pflichten damit angestrebl werden. Ter Standpunct des OrtsstatuIZ sc: ein sehr nobler; um dies näher zu erläutern, thcilt dcr Herr Referent die Bedingungen mit, welche im Jahre 1666 bei den damaligen Verhand'nnge» wegen der damals von den Stadlvcrordnelcn abgclchntcii Einverleibung von Reudnitz vereinbart worden waren, nämlich Eintritt dcr Stadt >n die Active», aber nicht in die Passive» dcr Gemeinde Reudnitz, vor herige Abstoßung Vieler Passive» durch die Gemeinde Reudnitz und Reform des SchleußemveiciiS aus Kosten der Gemeinde Reudnitz. Wollte man die Bedingung dcr vorherigen Schuldcnabstoßung jetzt wieder stellen, so hieße dies »ach dem Obigen nichts Anderes, als Ablehnung des Anschlusses, wie keiner weiteren Ausführung dedürse. Man werde datier schon deshalb von dieier Bedingung ab- schen müssen, um Io mehr» als man doch wenigstens nach Ansicht eines Tyeiles dcr AuSschußmitglieLcr, einigermaßen dem Umstande Rechnung teagen müsse, daß bei dcr seitdem eriolgten Entwickelung Leipzigs dock auch Reudnitz einen Theil der hiermit verbundenen Lasten gelragen habe, insofern ein großer Theil dcr in dcr Stadt roninmirenden und producirenden und also dcr S>adt nützenden Be völkerung i» Reudnitz gewohnt und damit zum Wachsen der Lasten dieser Gemeinde ohne entsprechendes Acquivalent beigetragen babe. Was die Schleußenverhältnisse anlangt, jo haben diese in Rcnduitz sich wohl neuerdings erheblich gebessert und dem städtische» Zustande genähert. Zu den Einzelheiten des Entwurfs zum Lrtsstatut übergehend — welche der Herr Referent namentlich auch unter Hinweis aus die nach Maßgabe der Vorlage in einige» Puncicn abgeündcrte Fassung, die sich auch aus einer sür die Mitglieder des Collegiums bcrge- stelllen Vervicljälligung crgicbt, erläutert —, bemerkt Herr Referent -u 8 1, daß die dort erwähnte Gleichstellung bez. des Schulwesens rc. jedenfalls keine wohlerworbenen Rechte sür Einzelne schassen solle, wndcrn nur eine allgemeine Norm, über deren jpccicllc Ausführung das Weitere Vorbehalten bleiben müsse. In 8. 5 muß es in der vorletzten Zeile statt „tz. 1" heißen „8. 21". 8 6 werde zu seiner Ausführung wohl noch weitere orts- stalutariich: Bestimmungen nölhig machen. Tic Frage der Bezirkswahle» (cs. 8- 9) brauche gegenwärtig noch nicht definitiv entschieden zu werden, man sehe daher auch davon ab, beute daraus näher emzngehcn, und hebe nur hervor, daß das Col- l-gi»m sich seinerzeit gegenüber einer Eingabe des Stadt-Vereins w.gen Einführung von Bezirkswahlcn cinstimmig ablehnend erklärt babe. Zue weitere» Bcrathung könne die Frage erst komme», wenn man wissen weide, wie groß die Zahl der wahlfähigen Bürger in jedem Orte sein werde. Tie meisten Erwägungen habe 8. 10 des Ortsstaluts hcrvorqe- rufen. Ti" Worte „wird keine Einigung erzielt" lassen schon an sich mehrfache Deutungen zu, es könne aber auch nach dein Wortlaute des Entwurfs Vorkommen, daß. wen» Rath und Stadluerordncte über Budgelposilionen e nig sind, der Gemeindcrath aber dissentire, die königliche Krcishanplmannichast das Budget nach den Anträgen der Gemeinde: atliSniitglieLer sestsctze» könne und die Stadt dann daran gc'ouiideii sein würde, was insbesondere bei Posten des Ordinariums bedenkliche Eoiiicquenzc» haben könnte. ES liege lern, dem Ge- memdcrathe eine Inieiition ans eine derartige Gestaltung der Sache znzuicbiebcn, man ,»üsse aber bei solchen Bestimmungen sicher gehen, wcdurch möglichstes Entgegenkommen gegen die Gemcinderäthe im Ilebriqc» nicht ausgeschlossen sei. Man habe crwogcn, ob man etwa durch gewisse Ccutelca die ousgelanchtc» Bedenken beseitigen könne, babe aber schließlich davon abgesehen, um nicht der Beiwaltung die Hände zn binde» und weil der Erfolg ein unsicherer gewesen sein würde. Man wollte aber auch im Interesse der Selbstverwaltung der Vor gesetzten Regierungsbehörde nicht weitere Competenz gewähren, alS sie nach dem Gesetz habe; geictzlich enticheide dieselbe nach der revidirten Slädlc-Ordnung über Differenzen zwilchen Rath und Slalüverordnkte bei dem Haushaltplanc, eine Borschrist, die auch hier zur Anwendung zu gelangen habe, da der HauShaltplau sür di; betreffende Gemeinoe sich aus eine Zeit beziehe, zu welcher die Gemeinde in der Stadt ausqegangen sein werde, während sie noch dem Entwurs auch über Differenzen zwischen den beiden städtischen Kollegien einerseits und dem Gemeinderolh andererseits entscheiden würde. Aus diesen Erwägungen beruht Antrag 1» der Ausschüsse. Was K. 11 des Entwurfs anlangt, so glaube man bei dessen Annahme dem Rath« sür die UebergaogSzeit bezüglich der Erstreckung ter vrisstalutarischen Bestimm»»«»» aus Rr»d»itz ri»e gewisse Dictaturgewalt einzuräume». Man lhue d>eS gern, um dem Rathe die schwere Ausgabe der Ueberleitung thuulichst zu erleichtern. Jedenfalls glaube man aber, daß wenn jetzt gewisse orlsstatutarische Bestimmungen von der Erstreckung ausgenommen werden, nachmals aber deren Erstreckung doch noch erfolgen solle, hierzu Zustimmung der Stadtverordneten nölhig sein werde. Zu 8- 13 nian der Ansicht, daß Kündigungsfristen in An stellungsverträgen, welche von den ort-statutarischen Fristen ab« weichen, doch den Boriang vor letzicren erhallen sollen. Sind die Bertragssristen länger als die ortsstatutarischen, so werde nian an erster« gebunden sein, sind sie kürzer, so liege kein Grund vor. sie ortsstatutarisch zu verlängern. Hieraus erklärt sich der Ansschußanlrag zu §. 13 Abs. 1. Bei 8- 17 lei man zweifelhaft gewesen, inwieweit die kann ent haltenen Bestimmungen sich mit den gesetzlichen Voischriitc» über den Erwerb deS Uniersiützuugs-WohnsitzeS vereinbaren lasse». Rach dem Entwurse können Fälle Vorkommen, in denen die gesetzliche zwei jährige Erw'rbsfrist nahezu verdoppelt erscheine; also den Land- armeuverband bez. den bis dadin verpflichtete» Lrtsarmenvcrband die definitive lllitkrstüpungspflicht um so viel länger treffen würde. Bezüglich des Geineiiidebürqcrrccbls sei im Entwnrs volle Einrcchnung der Ansenthaliszeit in dem einen oder anderen Orle statnirt, cüio daS ertr-qengcsctz- Priiicip befolgt, w.e bezüglich deS Erwerbs des llnterstützn»g-'wolms>tz.'s. Ob die orisstatutar.ichcn Bestimmungen in Edlerer Beziehung mit den gesetzliche» Borichrtstcn vweinbar seien, wolle man seitens der Ausschüsse nicht rntscheiden, sondern dies nur de» Rathe zur nochmaligen Erwägung gcb-n; daher Ausschußantrag 1e. Bei 8. 19 handele es sich um den Vertrag zwischen dcr Thü- ringer Gasgesetlscliasl und der Gemeinde Reudnitz. Aus diesem Vertrage macht Herr Referent zur Benrthcilnng der Tragweite der bezüglichen Bestimmungen einige Mitiheilnngen über den hauptsäch liche» Verlragsinhalt. Folgendes mag hier Erwähnung finden. Ter Vertrag kann citenS der Gemeinde mit einjähriger Frist jür de» 30. Juni 1896 gekündigt werden und länst bet unterbleibender Kiindigung von Jahr zn Jahr fort, während die Geiellschasl 27 Jahre lang, vom 30. Juni 1886 ab gerechnet, daran gebunden ist. Tic Gesellschaft hat öa-S GaS sür die gejammle öffentliche und private Beleuchtung zu liefern, und zwar an Private zu dcn jeweilige» Leipziger Gas- Preisen, aber nicyt thenrer als 22 bez. 15 sür BeleuchtungS- zwcäe, bez. technisch: Zwecke. Der Preis sür die öffentliche Beleuch tung ist iniirdestens 50 Proc. billiger. Tie über dem Erdreiche liegende» Rohrleitungen und Bclcnchknngsgcgcnstünde sind Eigen thum dcr Gemeinde. Das unterirdische Röhrennetz ist Eigenlhum dcr Gcsellschait; bei der Beendigung des Vertrages ist die Ge meinde dasselbe käuflich zu erwerben berechtigt: wird von diesem Rechte kein Gebrauch grmacht, jo kann die Gesellschaft entweder das Röhrennetz liegen lassen, welchen Falls cs in das Eigcnthum dcr Gemeinde übergeht, oder die Rühren aus ihre Kosten hcrauS- nchme», welchen Falls sic aber die Straßen ans ihre Kosten wieder herzustcllen hat. Wahrend der Bcrtragsdauer ist das Recht der Getcllschast ein ausschließliches; jedoch kann die Gemeinde schon Rohre für ihre Benutzung nach Beendigung deS Vertrages legen lassen. Tic Ausschüsse sind der Ansicht, daß die Bestimmungen dieses Vertrages ein Hindcrniß gegen die Einverleibung nicht abgebcn. In 8. 13 aub 2 werde »och aus den neueren Nachtrag zn dem Ortsstatut über die Rechtsverhältnisse dcr Gcmciudcunterbcamien rc. mit Bezug zu nehme» sein. Herr Referent wendet sich daun zu der Vorlage wegen Anger- Crottendorf, theilt auch aus dieser das Haupllächlicyste mit. Dcr Gcmeindcrcilh habe unter Bezugnahme auf den Anschluß von Reudnitz darum nachgcsucht, daß zusammen mit Reudnitz Angcr- Eroltcndors am 1. Januar 1889 a» die Stadt augeschlosse» werde; dcr Umstand, daß die Fluren von Reudnitz und Anger-Crottendorf aneinander grenzen und ineinander liegen, lasse diesen gleichzeitigen Anschluß nur vorihcilhasl erscheine»; dazu komme, daß dringend nothwendigen ortsstatutarischen Bestimmungen die Genehmigung mit Rücksicht auf den bevorstehenden Anschluß au die Stadl versagt worden sei und das bei der Verwaltung des Ortes als ein schwerer Ucbelstand empfunden werde. Wie der Rath diese »on dem Gemcinderäthe vorgebrachlen Gründe sür beachtlich geholten habe, so auch die Ausschüsse. Sie empfehlen daher um so mehr die Zustimmung zur Vorlage, als nach ihrer Meinung, wenn einmal Reudnitz angeschlvssen werde, dcr An schluß von Anger-Crottcndors die Ausgabe der Stadt nicht erheblich mehr erschweren werde. Auf die Vertretung im Stadtvcrorduetcu- Eollcgium habe auch Angcr-Crottcndors aus so lange, bis dcr Gc- sammtanichluß dcr sonstigen Vororte erfolgt sein werde, verzichtet. Rcserent giebt noch einen Uebcrblick über die finanziellen Ver hältnisse an dcr Hand des Haushaltsplanes für Anger-Crottendorf auf das Jahr 1888 89. Der durch Steuern aufzubringende Fehlbetrag belauft sich danach auf 3.9 800 .6, ausschließlich des Aufwandes sur Bauten und Straßenpslasterung, welchem Bcdarse eine voraussicht liche Einnahme von 74057 ./L gegcnübcrsteht. Die dcr allmäligcn Tilgung unterliegenden Schulden belaufen sich aus rund 80000./- Zu einer allgemeinen Betrachtung sich zurückwcndend. bemerkt der Herr Referent noch, daß allerdings der Beweggrund weiterer Raumbcschaffung für die Entwickelung der Stadt gerade bei Reudnitz wohl mir in verhält«ißmäßig geringem Grade in Betracht komme, dieser Beweggrund sei aber bereits früher als nicht allein durch schlagend bezeichnet worden; die sonstigen früher hervorgehobcncn Gesichtspuncte sür die Ausnahme treffen aber bei diese» Vororten sämintlich zu und rechtfertigt sich hierdurch der Ausschußantrag auf Zustimmung zur Einverleibung dieser Orte. Herr Referent schließt sein Referat mit dem Wunsch-, daß dem Rathe die schwierige 'Aufgabe, die er mit dem Beschlüsse der Ein verleibung aui sich nehme, gelinge» und daß der heute zu fassende Beschluß des Collegiums, der allerdings auch sür die Auinahmeirage einer großen Zahl von weiteren Vororte» im Oste» der Stadt pcäjudicicll sein werde, der Stadt zum Segen gereichen möge. Welche etwaigen Maßnahmen und Anträge man bei weiteren Einverleibungen im Interesse dcr Stadt z» stellen haben werde, lasse sich jetzt noch nicht übersehen. ES sei aber ganz zweckmäßig, daß zunächst durch Ausnahme zweier Vororte Gelegenheit zu eine:» Ver suche und zur Sammlung von Ecsahrunge» geboten werde. Nach Eröffnung dcr Debatte danll Herr Oberbürgermeister vr. Georg« dem Herrn Vorsteher Justizrath vr. Schill für sein eingehendes, gründliches und wohl durchdachtes Referat, erb'ltet sür dcn Rath die Nachsicht des Collegiums bei der schwierigen Lage, tu welche er durch die Arbeiten sür die Einverleibung und Ueberleitung kommen werde, und bemerkt im klebrigen Folgendes: Zu 8- 10 sei er der Ansicht, Laß aus die Vereinbarung deS betr. HauShaliplaiics 8 112 der revidirten Städte-Ordnung kaum schon zur Anwendung z» kommen labe» dürste, da z» der Zeit der Be- ralhung dieses Haushaltplancs die Tors-Gemeinde noch ihre selbst ständige Existenz habe. Sehr große Erhöhungen der Bedarsspositionen werde man wohl nicht zu befürchten habe», weil die Deckungsmittel sür diese noch in der betr. Laiidgemeiude selbst zu suchen sein werden. Nachdem Herr Oberbürgermeister noch aus die aus 8.134 folgende eventuelle Competenz der Regierungsbehörde hingewiesen, räumt: er ein. Laß »i 8- 10 des Ortsstaluts juristische Einzelbestimmuiigen über die Berechnung der Majoritäten fehle, man habe solch- Be stimmungen ober mit Rücksicht auf die commissarische Verhandlung auch nicht sür nöthig gehalten. Zu 8- 13 will der Herr Oberbürgermeister dem gestellten An träge nicht entgegen sei». Durch 8- 17 solle nicht bestimmt werden, daß beide Gemeinden nach der Einverleibung auch insoweit einen neuen OrtSarmenverband bilden sollen, daß in diese:» wiederum erst durch neuen zweijährigen Ausentdalt der Unterstützung-Wohnsitz erworben werde; vielmehr solle die vorherige Ausentballszeit in dem einen oder anderen Orte aller dings voll eingerechml werden. Dem am Schluffe des Referate» ausgesprochenen Wunsche des Herrn Vorstehers Justizrath Vr. Schill schließt sich Herr Redner voll an. Herr Referent erwidert, daß, wenn 8-17 so verstanden werde, wie dies der Herr Oberbürgermeister dargelegt habe, jedes Bedenken dagegen schwinde, und dann auch die dem Rathe anheimgcstellie Er wägung nicht mehr »öthig sei. Zu ß 10 wiederholt Herr Referent, daß man keinesfalls irgend welches Mißtrauen gegen die Gemcinderäthe habe, ma» «olle aber die Selbstverwallung nicht weiter beschränken, als sie durch das Gesetz beschränkt sei; er gebe im Uebrigen zu, daß er seine Erwä- guugen nur aus de» Zeitpunct gerichtet habe, zu welchem der be treffende HauShallplan in Kraft trete. Er sei aber, wenn vom RathStische größere Klarheit dadurch erwartet werden sollte, bereit, schon heule einen periönlichen Antrag dahin zu stellen, daß, wenn Differenzen zwischen Rath und Stadt verordnete über den betreffenden HauShallplan entstehen sollten, diese nach 8 112 der revidirten Städie-Ordnuug behandelt, also evcnt. durch die Regierungsbehörde entschieden werden lallen. — Er betone nochmals im Namen deS Collegiums, daß man bei der Bcrathung der HauShaltpläne den Gemeinderäthru ratoegeukommea werde, soweit es die Billigkeit «ad da» Jaterrffe der Stadt irgend- wie gestalten. Herr Bicevorsteher Herrmaaa glaubt bei der gegenwärtigen Gelegenheit den Aastchten de« Finanzausschusses bezüglich der Folgen der Einverleibung der Vororte im Allgemeine» Ausdruck gebe» z» müssen — unbeschadet der heute nach Lage der Sache erklärte» Zustimmung de- Ausschusses zu den heutigen Vorlagen. Zunächst müsse er aus Grund deS von früher vorliegenden Ma- terial» constaliren, daß die Einwohner der bisherigen Sladt Leipzig in Zukunst nicht unerheblich mehr Steuern werden zahle» müssen, als bisher. Er halte es auch deshalb sür nölhig, dies zu constaliren, weil die Ausstriche der Boiorle zum Theil so gestiegen z» sein scheinen, daß man glauben könnte, der Bestand von Leipzig hänge von der Ausnahme der Vororte ab. Dies sei nicht der Fall, die Stadt bringe durch die Einverleibung — allerdings au- praktischen Gründen, insbesondere im Jntersse der industriellen Entwickelung — den Vororten große Opfer und sie gebe bei der ganze» Einverleibung mehr, als ,sie empfange. Ferner kommt Herr Redner aus seine srüher gegebene Anregung einer Stenerresorm, insbesondere bezüglich der indirecten Steuer», zurück. Wenn man auch, wie Herr Redner durch Miltheilung von vergleichenden Beispielen über die Höhe der Gemeindesteuern tu anderen deiitichen Städten darlegi, gegenwärtig »och ohne ein« solche Steuerreform auskommen könne, so würde eine solche bei Einoerleibung weiterer Vororte seines Er- achtens doch nöthig sein wersen. Herr Oberbürgermeister vr. Georgs erwidert, daß, wenn auch durch dcn beabsichtigten Antrag des Herr» Vorstehers nicht alle etwaige Bedenken der Gemeinde erledigt werden dürsten, er diesen Antrag dock: immerhin sür sehr zweckmäßig halte. Die Frage der Stenerresorm sehe er nicht als erledigt an; sie werde in qemcinichasllicher Berathung weiter behandelt werden. Herr Referent beantragt nun persönlich — vorbehälilich dem Rathe zu überlassender Fassung des Antrags — zusatzweise zu ß. 10 des Lrtsstaluls, daß. wenn über den vom Gemeinderalhe auszustellenden Hanshaltplan Differenzen zwischen Rath und Stadtverordneten entstehen sollten, über diese »ach 8-112 der revidirten Städtc- ordnnng entschieden werden solle. Bezüglich der Frage dcr Stenerresorm, insbesondere der indirecten Steuern, behalte er sich seine Stellungnahme vor. Daraus, daß andere Städte, die solche Steuern haben, sich gut stehen, folge aber »och nicht ohne Wciicres die Zweckmäßigkeit der voraussichtlich sehr kostivieligen Wicdercinsührung hier. Der persönliche Antrag des Herrn Vorsteher» wird unterstützt und hierauf, da sich Niemand weiter zum Worte meldet, zur Ab stimmung vcrschriilen. Ausichlißanirog In, 1b und der persönliche Antrag deS Herrn Referenten werden einstimmig angenommen; Antrag lo hat sich durch die beiderseits seftgestellte Auslegung von 8 17 erledigt; die Aus- schußanträge Ick und 2 finden einstimmige Annabme. Herr Vorsteher Jnstizraih vr. Schill übernimmt den Vorsitz wieder. Herr Wagner berichtet sür den Bau- und Oekononiie- ausschuß über Aussüllung der schwarzen Lache im Nonnenholze und des unteren durch den Eisenbahndamm ab- geschnittenen Theiles deS Streitteich cs mit 3515 Aufwand i» conto Stammanlage dcr Stodtwasscrkunst. Der aus Zustimmung zur Rathsvorlage gerichtete Ausschußantrag wird einstimmig angenommen. Nachdem man genehmigt halte, daß die übrigen Gegenstände der öffentlichen und bez. nichtöffentlichen Tagesordnung sür heute mit Ausnahme von Punct V dcr öffentlichen Sitzung abgesetzt werden, dagegen genehmigt hatte, daß dieser Punct. weil dringlich, heute noch zur Berathung und Beschlußfassung gelange, obwobl er noch nicht acht Tage aus der Registrande war, rcs-rirte Herr Pommer sür die Echlachtdoss-Commijsion über diesen Punct, betr.: Herstellung von 7 Kühlzellen im Kühlhause des Vieh- und SchlachthoseS mit einem Auswande von 3149 ./L a conto Neubau des Bich- und SchlachthoseS. Die Commission beantragt: Zustimmung zur Vorlage und gicdt dem Rathe »och anheim, eine Vermehrung der Kühlzellen vorzunehinen, sür den Fall, daß sich dadurch die Beschaffung der einzelnen Küdlzelleu billiger stelle. Der CommüsionSanirag findet einstimmige Annahme und wird sodann die Sitzung geschlossen. Vermischtes. --- Berlin. 22. November. Für die Galatasel, welche heute Nachmittag um 4 Uhr im königlichen Schlosse stailsanv, war folgende Speisekarte in deutscher Sprache auS- geqcben: „Berlin, den 22. November 1888. Königliche Mittags tafel. Austern. Ncbhühner-Suppe. Bach-Forelle» mit Butter- Sauce. Hirschriickcn nach italienischer Art. Pastete von Krammetüvögcln. Seezungen in Aspic. Fasaiicnbratcn. Compot, Salat. Sellerie mit Nindermark. Nussische Mehl speise. Gefrorenes. Nachlisch" Tie goldumrandete Karle war mit dcr Kaiserkrone und dem deutschen und schleswig- holsteinischen Wappen in Golddruck geschmückt. Eine zweite, nur mit Krone und deutschem Wappen geschmückte Karte enthielt daS folgende Programm der Tafelmusik: Programm am 22. November 1888." „Alexander-Marsch", Leonhardt. Ouvertüre zur Oper „DaS Leben sür de» Zar". Glinka. Jntroduclio» und Chor aus „Carmen", Bizet. Potpourri aus ..Tannhäuser". Wagner. Ouvertnre zu „Oberon", Weber. Fantasie aus dem „Trompelcr von Eäckingcn", Ncßler. Licktertaiiz der Bräute von Kaschmir cmS „FeramorS", Rubinstein. „Russisches Volkslied und Tanz", Kiciiipaul. — Der 48. Geburtstag der Kaiserin Friedrich wurde in Windsor durch Glockcngcläiite und Salutsalvcn festlich begangen. Viele Häuser hatten geflaggt, und aus dem deutschen Botschaftsgebäude in London webte das ceutsche Reichsbanner. Der Magistrat von Windsor überreichte der Kaiserin eine Glückwunschadrrffe, und Abordnungen verschie dener preußischer Regimenter uberürachtcn Geburtstagsgeschenke. Abends fand in> königlichen Schlöffe ein Familienrincr statt, an welchem auch Graf Hatzseldt, der kaiserlich deutsche Bot schafter. theilnabm Gras Hatzseldt und die Secrctaire und Attaches der deutschen Botschaft überreichten rin prächtiges Blumcnbouguet als Geburtstagsgabe. Z Halle a/S., 23. November. Zu dem Doctor- jubiläum dcü Professors v. Gneist in Berlin batte auch die juristische Facultät unserer Universität ihre Glück wünsche ausspreche» und gleichzeitig eine Festschrift überreichen lassen. — Ai» I. Advent feiert die Sonntags sch ule der hiesigen Dom ge mein de ibr 25jäbrigeS Bestehen. Die Schule war eine dcr erste», die 1863 bei Einführung dieser Schulen von England auS in Deutschland begründet wurde. Gegen wärtig habe» alle anderen Kirchgemeinden cbensallS stark be suchte Sviinlagöichulk». doch sind sie sämmtlich neueren Da tums. Die meisten sind erst innerhalb deS letzten Jahrzehnts entstanden. — Seil letzten Sonntag war der im Walrhause bei Ustrunge» (Süvbarz) stcttionirte Förster Mautz verschwunden. Am Mittwoch wurde er todt im Walde (Siebengemeindewalde) ausgesundcn. Die Leiche lag bei einem äusgebrochenen Stück Wild. Es erscheint zweifellos, daß dcr Forstbeamte Wilddiebe beim Ausweisen ihrer Jagdbeute betroffen hat und von denselben erschösse» worden ist. Seine Witlwe betrauert mit vier unerzogenen Kindern in ihm den treuen Gatten und Vater. — Der ucue Hallesche Bahnhof erhält nicht mir selbstständige elektrische Be leuchtung, sondern auch eigene Wasserversorgung Lurch eine besondere WafferleituugSanlage. — Tie größeren GaSconsumenten Halles haben jetzt eine Petition in Cnculation gesetzt, um, wie schon früher berichtet, eine Herabsetzung deS Gaspreifes von l8 ans l6 ^ pro Cubikmeter (unter Beibehaltung rer jetzt üblichen Nabatlsätze) zu erreichen. Dir Gasanstalt liefert dcr Stadt einen großen Uebersckuß. --- Bei der am Mittwoch im Hasen von Bristol statt gehabten Explosion eines mit Naphtha beladenen Schisse«, worüber wir eine Mittheilung brachte», ist von der Mannschaft nur einer mit dem Leben davongckomnicn. DaS Schiff, das mit 300 Fäffenr Naphtha beladen war, stand sofort in Hellen Flammen. Die Erschütterung war so heftig, daß in dem nahe gelegenen Hospital alle Fenster zer schmettert wurden. Literatur. s. Berger. Der Märchen - 8««»rrgarte». Eine Samm lung enthaltend di« schönsten Märchen aus oller Welt von: Ander- se», Sechstel», Brentano» Lartura»», Hedwig Dohm, Gebr. Grimm, Hackländer. Rosalie Koch. Lausch, Leond-r. Löhr, Luelön. MisotaliS. MusäuS. Perroult, Gros Pocci. Robert Rcinick, Sutermeister. Trc- jan. Wacheiihuse». Medeinann und anderen. Mit Farbendruck- Jllustralionen nach Aquarellen von Marie Koch und Silhouetten von Karl Fröhlich. Berlin dl. B. Angcrstein's Jngendschristen- Verlag (Otto Drewitz Nachfolger), Oranienburgerstraß« 28. 348 Seilen. Preis 5 ./ü — DaS schöne Buch ist ein ungemein reichhaltiger und fast alle bekannten Märchen enthaltender Märchen- schatz, deutlich das Bestrebe» des Herausgebers zeigend, alles sür Kinder irgend Anstößige zu entfernen. Unterscheidet er sich hier- durch schon vortheiltiasi von anderen Märchcnsammlunqen, so hat auch der Verleger dies Werk nicht nur mit prachtvollen farbige: Bildern ausgestattet, sondern auch noch Dutzend vollseüigc Silhouetten des bekannten „Oukcl Früh,ich" hinzugesügt, die in ihrer nieisterhasten Charakteristik die Jugend' zum Westercutwickeln des Gebotcnen anregeu dürsten. Papier und Druck deS stattlichen Buch- sind gut. In demselben Verlage erschien: Lockowttz. Ekkehard und die Klostrrkiiabk» von St. Walle». Der Titel des vorliegenden Buches könnte z» der Meinung Veranlassung geben, daß man es hier etwa mit einer Bearbeitung der gleichnamigen Scheffel'jcheii Dichtung zu thun habe. Dem ist nicht so. Man müßte eine Ausnutzung des herrlichen Meisterwerkes von Scheffel sür einen schweren Frevel an der Heiligkeit der Poesie erklären müssen. lBor- liegendes Werkche» soll vielmehr der lernbegierigen Jugend ei» möglichst anschauliches Bild des deutschen Lebens und Treibens unter Konrad I. und dcn ersten sächsischen Kaisern geben, ein Bild des Erwachens und der Aethätigung deutscher Krast. Dazu erschien uns außer den« Harzga», der Heiniath der sächsischen Kaiser, als Mittelpunkt nichts geeigneter als das Kloster Sanct Gallen, da die enisetzliche Ungaruplage vornehmlich aus den Ländern um dcn Bodcasce herum schwer lastete. Daß der Versasser bei dieser Gelegenheit die Knabeu-Erlebiiisse desselben Ekkehard Palatinus gewistermaßen als den rothen Faden durch das Ganze benutzte, wird man verzeihlich finden, denn eS lag aus der Hand; aber nur der Klost, rk»abe Ekkehard war dazu zu gebrauchen, so daß die Erzählung da schließen mußte, wo das Meisterwerk Scheffels anhebt. Zahlreiche historische Schriften über jene entlegene Zcüperiode, in erster Reihe natürlich die „Chronik des Canlons St. Gallen", haben als Grund lage für die Thaisache gedient. Weiter ist aus diesem Verlage zu nennen: Adolf Frank, „Der Rattenfänger von Hameln". In seinem Rallensänger von Hameln vernicht dcr Venajjer, der reiseren Jugend in poetisch ungezwungener Weise, die Sag- von einen» neue» Gesichtspuncte aus zu schildern. Ein jeder Conflict aus dem Wirken der beiden Geschlechter zu einander war in Hinsicht aus da» Alter der Lesenden iinthunlich, und so mußte denn, um dem Buche ein interessantes und fesselnde» Colorit zu verleihen, die Person des Pseisers cineStheilS möglichst bcrvortreten, andcrentheil» jedoch wieder in verichwimmendrn Farben gezeichnet werde». In Folge dessen ist dem jagcnhastcn Spielmann die mythische Gestalt des ewigen Juden unterlegt worden, der in den deutschen Localsagen aller Orten, wen» auch unter den verschiedenste» Namen austritt. In ihn, verkörpert die Erzählung da« Princip dcr Bergeltung aus Erden, und die Hinwegsührung der Kindcr erfolgt gcinäß der bibliichen Vorschrift: „Auge um Auge, Zahn um Zahn." Indessen, nicht des Geldes wegen bringt er vieles alttestamentarische Gcsetz zur Vollstreckung, sondern das ethische Motiv des Racheactes liegt in dcr ungcrechlcn Adurtheilung seines Freundes, eines Jünglings, dessen syinpalhijche Erscheinung e»> jedes Kinderherz fesseln wird. DaS Wesen der Frenndschast, die Mildihätigkeit und die Selbstbeherrschung finden in der Erzählung ihre berufenen Vertreter, wie denn anderer- seits die Treulosigkeit, die Selbstsucht und die Berechnung — nach- dem sie, wie einmal der Welt Lauf, zerstörend gewirkt, ihren Loh» im Augenblick des vermeintlichen Sieges finden. — Die Handlung vollzieht sich nach dem Interregnum in Deutschland aus nieder- sächsischem Boden, jedoch ichließt die Darstellung auch Rückblicke auj die großen Hohenstaufen Heinrich VI. und Friedrich 11.. sowie auf die beiten letzte» Kämpfer aus diesem Fürstengcsckilecht, Manfred und Konradi», ein. Der durch die mittelhochdeutschen Dichter, namentlich durch Walther von der Vog-Iwcide. gepflegte deutsche Sinn steht der Hinneigung der Kaiser zu Italien feindlich gegenüber» und das Raubritterlhum findet seine Meister in dem wieder zur Macht kommenden Kaiser und in de» zum Bewußtsein ihrer Stärke ge langenden ausblühenden Städten. Wir verzeichnen schließlich »och aus diesem Berlage: IVV1 Nacht oder Die Vrzälilnng.n Ser Schclicrsavc von E. Berger. In säst allen onocrn Ausgaben von 1001 Nacht finden sich ganze Erzählungen oder doch zahlreiche Stellen, welche in einer von den heutigen Pädagogen nicht gebilligten Weise Liebes-Episoden bringen, sondern auch die von der unsrigen vielfach abweichende Welt anschauung der Orientalen unverändert in einer Weise wiedergeben, die uns geradezu verletzt, manchmal sogar unmoralisch erscheinen muß. Alles Derartige trotz der Reichhaltigkeit deS Inhalts auszu. merze», war ersichtlich deS Herausgebers Bestreben. Die VerlagS- bandlung hat das Buch mit sarbensvrühenden Bildern des bekannten Lrientmalers H. Katsch versehen lassen. Wir enipseylea die vorstehenden Jugendschriften nnsern Lesern auf das Wärmste. » * » Trcwkndt'S Volkskalender für 1389. (BrcSlau, Eduard Trewendt.) Bereits zum 45. Male klopft dieser altbewährte Haus freund an die Thurcn jener großen Zahl von Familien, in denen er sich bei Jung und Alt durch die stets gleiche Fülle und Gediegen heit seines Inhalts in Wort und Bild beliebt, ja oft rneutbehrlich gemacht ba». Denn in gewohnter Frische, unterstützt von tüchtigen Mitarbeitern, bringt er jahraus, jahrein einen reichen Schatz von UnterhallungSstoff für Verstand und Gemüth, eine Fülle praktischer Aussätze sür das Haus und das Leben und dabei ein so reichhaltiges Kalendarium nebst dazu gehörigem Beiwerke von Tabellen, Tarifen, statistischen Notizen rc., wie wir es anderwärts nicht wieder finden. Von den erzählenden, reich illustrirten Beiträgen des neuen Jahr gangs, in denen dcr Heimath des Kalenders entsprechend Schlesien eine besondere Berücksichtigung findet, sei zunächst genannt Georg Horn'S „Reich gcheirathet", eine größere Erzählung, die eine wichtig- sociale Frage mit sittlichem Ernst in fesselnder Form behandelt. Ferner crwäknen wir H. Stohn's „Ein rettender Einfall", eine heitere, an sprechende Schilderung aus der Zeit Friedricch's des Großen, und endlich eine gemüthvelle und ergreifende Erzählung aus dem Jahre 1871 von B. C. Walther: „Der Gefangene von Breslau". B. Stein, dcr bekannte Botanikcr-Feuillelonist, plaudert in anmuthiger Weise über die „Blumen der Hohenzollern", während ein Beitrag: „Kaiser Wilhelm und sein- Schlesier" speciell dem Andenken des großen dahiiigeschiedenen Kallers geweiht ist. Die technologischen Mittdei- lungen und die praktischen Winke sür Haus- und Landwilthschast, von Paul Landeck wie in früheren Jahren fortgesetzt, eia vorzügliches Epigramm von Felix Dahn, ferner Räthsel und illustrirte Anekdoten vervollständigen den Inhalt des Kalenders nicht minder angenehm wie die sinnigen poetischen Gaben, mit denen die ständigen Mit arbeiter die prächtigen Vollbilder desselben erläutern. Bei seinem billigen Preise von 1 möge Trewevdt's VolkskalenLer zu den vielen alten noch recht zahlreiche neue Freunde und Gönner ge winnen. Trewendl'S HnnSkalender (BreSlau, Eduard Trewendt) liegt jür 1889 im 42. Jahrgang vor. Als ein wirklich praktischer und dabei interessanter Familicnkalender sei er auch für daS kommende Jahr auis Wärmste empsohlcn. Dcr dauerhafte Umschlag, das hübsche, farbige Titelbild „Verlegenheit", welches allein schon genügt, den Leser in die beste Stiminung zu versetzen, das saubere roth und schwarz gedruckte und mit Papier durchschossene Kalendarium zeichnen ihn äußerlich vortheilhast vor allen anderen ähnlichen Kalendern aus; auch bietet er einen im Hinblick aus den geringen Preis außerordent lich guten und obwcchselungsreichen Inhalt, dcr mit vielen Illustra- tionen geschmückt ist. ** * * « Die „Isis", Zeitschrist für alle naturwiffenschastlichen Lieb habereien, verauSgegeben von vr. Karl Ruß (Magdeburg. Creutz'iche Verlagsbuchhandlung, R. L M. Kretschmarin), enthält in Nr. 47: Tbicrkunde: Allerlei Haus- und Hofqenoffen aus der heimischen Thierwelt. (Fortsetzung.) — Die Mokropovcn-Zucht im Zimmer. (Fortsetzung.) — Pflanzenkunde: Die verschiedenen Bersadren der Pflanzenvermehrung. (Fortsetzung.)— Anleitungen: Ueber Thermo- regnlaloren und deren Anwendung sür heizbare Aquarien uud Ter rarien (mit Abbildungen). — Meine Aquarien, Terra-Aquarie», Terrarien und ihre Bewohner. (Fortsetzung.) — Nachrichten aus den Naturanslallcn: Hamburg. — Vereine und Ausstellungen: Berlin; Magdeburg. — Mancherlei. — Anfragen und Auskunft. -- Büchcr- und Schriftenschau. — Briefwechsel. (Eingesandt.) Tem Eingesandt vom 21. Hy)., betreffend die Verbesserung der Pflasterungen in den verkehrsreichen Straßen, kann nur lebhaft von allen Seiten beigepflichtet und betreffende Wünsche möglichst unterstützt werden. Besonders Feldsteinpslaster sollte überhaupt wobl aus allen Straßen entjerut werden, denn dcn besten B weis, daß die srüher sonst ruhigen ältere» Stadtviertel »inen drei- und vierfach lgesteigertcn Wagcnverkehr ausnehmen, besonders mit Lastfuhrwerk, zeigt der Zustand des Pflasters aller dieser Biertcl. besonders im West- und Oslviertcl der Stadt, die zum großen Theil noch Feldsteinpslaster haben und seit L—-10 Jahre» »icht ein mal »mgrpflastert worden siud, - —O.
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