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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188812024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-12
- Tag1888-12-02
- Monat1888-12
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1888
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Zweite Leilage zum Leidiger Tageblatt «ab Anzeiger. 337 » Sonntag den 2. Dcccmber 1888. 82. Ial'Miig, Zur parlamentarischen Lage. d* Berlin, 30, November. Während bei der ersten Lesung de« EtaiS, der Generaldebatte, über lausend andere Dinge mehr gesprochen wird al» über daS Budget selbst, wird mil dem Eintritt in die zweite Beralhung. die Special- di<cussion. dir Hauptarbeit der ParlamrntSsession eröffnet. Hier werden keine langen Reben mehr gehalten, hier werden wirklich sachliche Erörterungen gepflogen. Allerdings wird der schwierigere Theil de» Budget« von vornherein com- rnissarischer Beralhung überwiesen, denn manche Begründung von Mehrsorderungen muß vertraulich gegeben werkeu, uns manche eingehendere Beleuchtung wird besser der öffentliche» Beleuchtung entzogen. Aber auch aste jene Positionen, welche in der Coinmistio» bereit« erörtert wurden, müssen noch zwei Lesungen im Plenum durchmachen. Die gewissenhafteste Prüf,mg ist also in jeder Beziebuug verbürgt. Heute begann im Reichstage die zweite Derathung der jenigen Theile deS Etat«, welche nicht der Budgctcom Mission zugewiesen sind, und e« war eine recht interessante und inhalt- reiche Sitzung, wenn auch vielleicht die Stammgäste der Tr>- ! bünen nicht durch aufregende Debatten und lauge Reden be friedigt und einigermaßen enttäuscht worden sind. Zunächst ist zu bemerken, daß alle Titel, über welche ver» handelt wurde, auch durchweg onstandSlo« bewilligt worden sind. E« erfolgte kein einziger Abstrich, Nur die Forderung von 200,000 zur Förderung der Hochseefischerei wurde au die Budgetcommission verwiesen, damit dort dem Wunsche de« natiönalliberalen Abg. Gebhard entsprechend über die Verwendung diese- Fond» eiiigehenkere Auskunft erhetlt werbe. Aus eine Anregung de« Abg. I)r. Buhl machte StaatS- secretair v. Bötticher die erfreuliche Mittheilung, daß der Bau de- neuen Reich-tagSbause- so gefördert werde, daß man zuversichtlich erwarten dürfe, die Abgeordneten würde» bereit« rn vier Jahren, im Jahre 1892, da« neue Heim beziehen können. Bekanntlich ist erst im Sommer 1884 der Grund stein zu diesem großartigsten Bau der neuesten Zeit gelegt worden. Man bat also allen Grund, mit stolzer Genug- lhuung aus diese schnelle Ausführung zu blicken. De« Weiteren machte e« einen woblthuenden Eindruck, daß entgegen den verschiedenen absprechenden Urtheilen, welche in den letzten Monaten von mehrere» Seiten in der Presse über den veröffentlichten Entwurf eine- Bürgerlichen Gesetz buches verlautbart worden sind, beute im Reichstage diesem Werke als einem glänzenden Denkmal deutscher Wissenschaft und deutschen Fleißes von rechts und von link« da« höchste Lob gespendet wurde. Die Fortführung und der Ab schluß diese« nationalen Werkes werden nach den Versiche rungen deS SlaatSsecrekairS im Reichsjustizamt Herrn vr. v Schelling in Folge de« Tode- de« hochverdienten Präsidenten Pape durchaus keine Verzögerung erleiden. Zntercssant war die Mittheilung deS Herrn v. Bötticher, daß da» Kuustbuttergesetz, welche» im vorigen Jahre gegen de» Widerspruch der Regierung und der natiönalliberalen Partei angenommen wurde, durchaus nicht die von der Mehr heit erwartete Wirkung gehabt hat. Aber auch die befürchtete Schädigung deS legitimen Verkehr- ist erfreulicher Weise aus« geblieben. Der Entwurf eine« neuen Patentgesetzes ist bereits an den VundeSrath gelangt und die Reform de-M irkenschnheS ist in Er wägung gezogen'die öfter angeregte Ermäßigung der GerichtS- kostendürste ebenfalls einer gewissen Berücksichtigung näher gerückt sein. Alle diese vom BundeSrathStische abgegebenen Er- Mrungen machten selbst auf der äußersten Linke» einen der artigen Eindruck, daß sogar von Seiten der .Freisinnigen" und von den Svcialdemokraten der von vornherein aussichts lose Versuch einer Opposition unterblieb. Sogar die Zulage von 14 000 a>S Repräsentationskosten für den StaatS- secretair de« Innern wurde von ke»ier Seite beanstandet, ob gleich vorher in der gegnerischen Presse der dort übliche Lärm erhoben worden war. So dürfen wir denn auf einen weiteren gedeihlichen Fortgang der EtatSberalhungen hoffen. Am DienStag wird der Militair- und Marineetat berathen, soweit er nicht in die Budgetcommission verwiesen ist. Berlin, 80. November. Der Oppositionsparteien beginnt sich bereits eine fieberhafte Aufregung im Hinblick aus die RcichStagSwablen zu bemächtigen, von denen man in diesen Kreisen mit Bestimmtheit anziinehmen scheint, daß sie schon im nächsten Herbst bevorstehen Die Socialdcmokraten haben bereit» einen Wahlaufruf eilassen, der in der Forderung: Geld, Geld und noch einmal Geld! gipfelt. Die lattik der Deuischsreisinnigeii läßt auch in jedem Stück ihren wablagitatorischen Zug erkenne». Nach unserer Kenntniß der Sachlage habe» über den Zeitpunkt der nächsten Reichstagswahlen in den maßgebenden Kreisen noch gar keine ErwSgunien stattgesundeiz, und wir halten eS sür unwahrscheinlich, daß die Wahlen früher anbcraumt werden, als eS der natürliche Verlauf mit sich bringt. Wir sehen dafür keinerlei Zweck. Ob Aussicht vorhanden ist. daß der nächste ReichSmg ebenso günstig zu- sammeiigesetzt sein wird wie der gegenwärtige, ist eine augen blicklich ganz müßige und gar nicht zu beantwortende Frage. Jedenfalls zeigt ober der gegenwärtige Reichstag eine so günstige Zusammensetzung, daß wir nicht einsehcn, warum man sein Dasein um eine volle Session verkürzen sollte. Aufgabe», wie die Altersversicherung und die neue Regelung der Socialistensrage, müssen doch, sollten wir denken, nach dem Wunsche der Regierung und der ReichSIagSmehrheit noch in der gegenwärtigen Legislatur- Periode gelöst werden: es ist aber sehr fraglich, ob dies schon in der lausenden Winiersesfion gelingt. Die Bornabme der Wahlen in, Februar 1890 mag jo, da sie sich mitten i» den sonst sür die Reichstagssession bestimmten Zeitraum hineinschieben. mancherlei Unbequemlichkeiten haben. Darüber ist aber schließlich hinweq- zukommen, sei eS, daß die gesetzgeberüchen Arbeiten deS nächsten WinierS schon bis zum Februar erledigt werden sännen, sei es. daß alsdann im nächsten Frülijahr der neugewählte Reichstag noch zu einer Nachlesston einberusen wird. Wenn wir aber auch glauben, daß die RcichStogSwahlcu so früh, wie die OpposiiionSpirtelen annehmen, nicht bevorstehen, so müssen wir doch unsere Partei genossen ermahme», zeitig sich aus alle Wendungen zu rüsten und an dem jetzt schon erwachten Eifer der gegnerischen Parteien sich eia Vorbild zu nehme». In einigen deutsch freisinnigen Blättern beginnt sich doch ein Rest von Scham über daS Eintreten für de» welfischeu Cant » boten in dem Wahlkreise Melle-Diepholz, wo morgen die Stichwahl bevorstehi, zu rege». So bringt die „Danziger Z-ilung" einen Artikel, der unter allerlei ausweichenden Redensarten und Vorbehalten am Ende doch zu dem Schluß kommt, daß man aicht umhin könne, für den nationalen llandidaten einzutreten, zur großen Entrüstung der Berliner „Volks,eitung". welche spottet und zürn», daß der „rechte Flügelmann" ichon wieder »msalle. Auch im Wahl kreise Zellst soll nach der „Osnabrücker Zeitung" rin Theil der Deuischsreisinnigeii entschlossen sein, sür Herrn vr, Sattler zu stimmen. Nach Allem, wa« vorangegangen, können wir aus die Unterstützung von dieser Seite nicht mehr viel hoffen. Die Schmach, offen für einen welfischen R ea et ton air gegen einen National- liberalen einqetrelen zn sein, wird der deutschsreisinnigcn Parteileitung und ihren heroorragendsten Preßorganen anhasten bleiben. Lin Schulcramen in öengalen. Von Ellinor Wyndham. Stachtrnit rerdote». Ouhh in Bengalen. Boa den verschletensten Seiten hakte ich in Europa die Ver sicherung gekört, daß die Livilisation in Indien, jelost in die streng, frommen Faiiiiliea der Geld- und Geburlaristokralie, bahnbrechend einqedrungcn sei, daß der Unterschied zwilchen den Kasten sich allmälig vciwsche und die Bildung eine Brücke über den allgewaltigen Lcean schlage, der Indien von west lichen Kontinenten trenn». Da ich meinen Galten, einen Amatenr-Lopitain, aus allen Meeren stets beqleite, gelangte ich zur periö >l eh?n Ueberzenguiig, baß bisse Ansichten über den Fortschritt der Bildung rntweder au- polilischer oder anderer Absicht geflissentlich falsch verbreitet werden, oder aber man nimmt die schwachen Versuche, >n Schulen die Weiber zn erziehen, schon vor- areisend sür einen Ersolg. Ich sagle absichtlich uiltit „die weibliche Jugend", den» der Besuch einer Sctiule zeigte mir jedes Alter unter der Fuchtel der Lehrerin. Ich wurde nämlich mit der Gattin deS Oberschulinspector- bekannt, und sie lud mich ein, sie zu einem jährlichen Examen der Zenana-Schule in Oudh zu be gleiten. S e selbst durste nicht dabei fehlen, da ich, anS später sol- gendeu Gründen, erfuhr, daß inan ihren Gatten sonst gewalt g naZ- führen würde. Die Säiule liegt mitten im Herzen der ziemlich große» und rein lichen Stadt, und die Fahrt durch belebie Straße» und Bazare war sehr interessant. Bis man selbst einmal den Osten bcsnch», begreift man gar nicht die Nvthwendigkeit eines plotzinachendrn Vorläufers. rS giedt keine Trottoire oder gepflastert« Seitenwege, da- Volk gebt aus der ganzen Breite der Straße, so dichte Hausrn bildend, daß ein VorwärtSkommcn oninSglich wäre, lirdiete uichi des LäuserS Stimme den Weg. Ohne Aushören erlänt sein Rui: „O Spaziergänger entweiche! O Kaufmann entflieh! O Tuchhändler mach' Platz! O Volk gieb Raum! Der große Sahib kommt!" — Und die Menge drückt und zwängt sich aus Momente zusammen, um dann wieder n> lebhaftem Gewoge durcheinander zu drängen. Kleine Kinder hebt man aus die Arme, damit sie der Gefahr entgehen, — die im Orient so häufigen Fanatiker, den Kops i»i Tuch versteckt, die Ge danken in den, siebenten Himmel, finde,i sich zuweilen bei Seite ge bracht und unter ein Thor, einen Lad:n placirt, sie wissen selbst nicht wie —, alles dies ist der Bor- und Umsicht deS Läufer» zu danken, UnglückSfälle sind seilen! DaS lebende Panorama der Straßen ist abwechselnd bunt nnd farbenprächtig — der magere Asket in Lunipeii und schlangengleichen Locken um da- sanatische Gesicht, der reiche Kaufmann in stattlicher weißer Robe unter schatlenspendem Schirm, während die ihm die nenden Kuli- unter der Last riesiger Waarrnballen nrbenher stolpern und in nicht» Andere» gekleidet sind, als in ihre eigene leiden- glänzende schwarze Haut Man sieht Affen und Esel und Ziegen, Büffel nnd Kameele al» Lastthiere, hin und wieder Elephonien, die vorsichtig nnd ernst die Menge durchschreilen, ein Ochsengespann, an dem da» vierle Rad wackelt, ein kleiner BambuS-Karren mit Scharlach. Tuch belegt und mit Troddeln und Fransen verziert — ein elender kleiner Pony zieht diesen metergroßen Karren aus zwei Rädern, der dennoch sechs Insassen faßt — sie sehen au», wie sechs weiße Rollen Lallico. Unser Wagen hielt unter einem säulengetragenen Tlwrweg, der die einzige Abwechslung in einer monotonen Mauer bildrie. Nach einigem Warte» «ssnele sich die Thür nur so weit, daß wir zu Fuß durchkomiten. Wir mußten uns durch geheimnißvolle lange Gänge winden, mnuerbegrenzt und von Palmkronen, Planlanen und Orangen- bäumen überkränzt. Tann folgte ein großer Garten mit dunklen Lypressen und goldglänzenden Apfelsinen lm blanker, Orangenlaub, bis ein alte? Gebäude mit einem großen Hof im Vordergründe austauchtc. In diesem Vorbos waren, unter einer schattenreichen alten Dnmarinde, Stühle placirt, denn weiter durften die „unbeiligen" Männer nicht dringen. Hier setzten sich der Inspeclor und der Schulmeister bescheiden nieder, während ein alle- zahnlose- Wttb stillschweigend einen schweren Vorhang bei Seite zog und mich, iowie des InspectorS Frau inL ANerheiligste führte. Dieser Vor- Hong verdeckte einen graziöse» maurischen Thorbogen, der den Ein gang in ein großes lustiges Zimmer bildete — hier waren un- geiähr vierzig Weiber, Mädchen und BabieS versammelt, alle aut gekleidet, wenn auch in schreienden Regenbogenfarben, mit großen goldenen Ringen im Ohr und — durch die Nase, und mit Arm bändern von klirrenden Münzen und kleinen Goldglocken, nicht nur um Hals und Arme, sondern auch um die Schenkel Als wir eintralen. erhoben sie sich alle vom Fußboden, mit ein-m Geräusch, nicht lauter, als wenn ein Schwarm Tauben auf stiegt. Sic begrüßten »nS mit dem schönen und würdigen 8»Iaam der Orientalen, dann ließen sic sich wieder ans die Erde nieder — sür u»S hatte man zwei Stühle herbeigeichafft, einige der lieblichen Mädchen setzten sich uns zu Füßen, demüthig und ehrerbietig unsere Gesichter während der ganzen Besuchsstunde unablässig im Auge behaltend. Die Cchutmeisterin war eine schöne Frau und schön gekleidet, sie war die Einzige, die Slrümpse trug — doch natürlich keine Schuhe. Sie schien dreißig Jahre alt zu sein, ihre Tochter, ein Bild von Schönheit, kaum iünszehn, repräsentirte in ihrer Person die ganze Gelehrsamkeit der Schule, wie wir später entdeck!«». So bald absoluteste Stille etngetrelen war, begann der Jnlpector jenseiiS de« Vorhang-, traußen im Hos. sein Examen, indem er so laut al-möglich schrie. DerEssectwar äußerst drollig. Die ersteLlasse wurde ausgerusen, sie bestand auS zehnFrauen, einige schon alt.graubaarig »nd zahnlos, dtc einzige Junge warSchulmeisterins DSchttrletn DerInspcctor ries ihnen zu, sie sollten «in bestimmte- Buch aus einer gewissen Seite öffne». Diese Ordre erzeugte eine kleine Rebellion, da äniintliche „Schülerinnen" murmelten, die Seite hätten sie noch nicht gehabt, könnte» sie also auch nicht lesen, Schlüßlich fanden sie sich doch znrcchl und „Fatiina Begum" wurde vom Inspeclor ousgesordert zu lese». Fa! ina war eine lehr alte Creatur mit einer großen goldene» Brille auf ihrer 'pitzen Nase, und Kops und Gesicht ver mummt i» dem landübliche» Kopftuch „Nongvan", Sie stotterte rin paar Zeilen zusammen, ohne zu ahnen, welchen Sinn da? Ge lesene enthielt, vit corrtgirt durch den Inspeclor, wahrscheinlich so oft er von dem halblauten Gewäsch etwas versieben konnie, dennoch konnte man eS im gewissen Sinne immer »och Lesen nennen. — Dann wurde „Hosaini Begum" ausgesorbert zu lesen, aber trotz der Lcdrerin wülherde Blicke blieb sie dabei, daß sie nicht lesen ISiiiie. Und nun zeigte sich dir Nolhwenbtgkeit von der Iuspeciorii, Gegen wart — ohne diele hätte der L-Hrerin Tochter a» Hol-nni'« Stelle »eleien, ohne daß ihr Gatte den Betrug entdeckt haben würde. Außer Fattma war eS sactisch nur »och eine rinzlge andere Schülerin, die lesen konnie — — „och schlimmer stand eS mit dem Schreiben. Nur Töctiicrchen konnte schreiben, zwei malte» noch ein paar Buch staben aus die Tascln, ebne sicher zu sein, wie sie hießen, «iu« dritte malte, iadet» sie ihnen über die Schulter sah, die Buchstaben nach, aber wir enldickten dielen Betrug, führten sie bei Seite und nun gestand sie un-, dir- sei ihr erster Echieidversuch. — Nun wurde Zählen und Addiren vom Inspector ungeordnet, doch nicht eine Einzige versuchte auch nur, diese Geheimnisse zu enthülle». — Tann war da- Examen zu Ende — denn nur von der ersten Llasse verlangte man .Kenntnisse". Wie der Inspektor bei solchen Resultaten den Muth nicht ver liert, ist mir unversiändlich, er meinte ober seelenruhiq, das wäre alle Jahre so, man könne auch nicht mehr verlangen, da selten eine Schülerin länger al» sechs Woche» oder zwei Monate ouShält — sie heiraihen meistens schon »» zwölite» Jahre, viele besuchen dann erst die Schule, Familienangelegenheiten und häusliche Sorgen nehmen ihnen da« eigentliche Lerii-Inleresse. Der wahre Grund aber ist drr Lharakter, die angeborene Müß gleit der Eingeborenen. Sie haben nur reale Wünsche, Putz, gnics Essen. Dienerschaft — wo daS Streben fehlt, fehlt auch der Eiiolg, nolhwendiger Weile. Dabei sind sie immer zusriedeu und glücklich Die Männer hingegen culliviren sich schnell, obgleich zu ihrem sittlichen Schaden. Sie emancipiren sich von ihrer Religion und deren Gebräuchen und sind der Abscheu sowohl ihrer Ellern als ihrer Bekehrer. Der Manu vertritt überhaupt einzig und allein da« gesellschaft liche Leben. Außer Weibern der arbeitend-« Llasse erblick! man nie eine Dame. Bei irgend einem herrlichen Feste lernt man de» Gast geber, seine Sähne, .Neffen, Verwandle» aller Grade kennen, aber nicht den Schatten von der Existenz einer Frau. E? ist Per Bruch de« DecornmS, daß nian der Dam » d-s Hauses erwähnt, er ignorirl sie und erwartet von der Gäste Hössi.l kei, dasselbe. Umsonst haben Europäerinnen versucht, Oiidere Beziehungen her- zustrllen — dieser Brauch ist zu lies in die religiösen Satzungen eingewurzelt, vergeben» rütteln Jahrzehnte an Jahrtausende allen Iuslituttouea. Biele Damen allerdings würden gern Besuche der Europäerinnen emvlangen, aber sie tSii'ten sie niemals erwidern, da die häusliche Linrtchtniig dort ihre Pcrion vor Männerb ick n nicht sicher stellt. Außerdem behindert die sehr schwere hmdosta- uische Sprache den Verkehr. Gesellschaftlicher Verkehr ist deshalb zwischen den Eingeborenen — die nicht rnglilch erlernt haben — und Europäern nur ein Begriff, Der Gastgeber sitzt nie mit den Gästen »u lisch, aur wenn hinterher Tanz od r Feuerwerk solgt, setzt er sich zu ihnen. Sine Ausnahme bildet der kleine Kreis der Oodh'trr Na- bobS, sie sind völlig, bi« zur Libertinaqe aufgeklärt und tpriien mit den Ungläubigen an demselben Tiiäie, vorausaeietzi kein unreine« Thier wird servirt. Der Bruder de» Exkönig» Oudh lud Mich ein, seine Damen zu besuchen, als er mich in Lulnvw kennen lernie, er selbst südrte mich In da- Frouengemach „Xenänu" und ließ mich dort mit der Hanptgattin und verschiedenen anderen Zungen Weibern, ob Frauen oder Bedienstete, vermag ich nicht zu sogen. Sie umringten mich zärtlich, berührten mich mit kindischer Neugier und stellten endlose naive Fragen über All und Jede» Mein An zug tntcressirte sie sehr, doch moquirtea sie sich über einige Detail» Ich konnte wenig zur Unterhaltung beitragen, doch verstand ich die meisten ihrer Fragen, So erschütterte eS mich, als die Begum noch einer Weile sagte: „O, Ihr Fremde seid sehr glücklich. Euer Gatte hat nur ein Weib." Mit mehr Höflichkeit als Ernst erwiderte ich. ob der lange, lange herkömmliche Gebrauch nicht viel dazu beitrage, sich an die Nebenbuhlerschaft zu gewöhne». Die Begum zeigte aus einen Papagei an der sesselnden Stange. „Er ist eS auch gewohnt, seine Vorfahren wurden in der Kette geboren, und doch — wäre er frei, wie glücklich und selig würde er durch die schäne Welt stiegen. Gewohnheit ändert ulchtS an der Empfindung eine« liebeoden Herzen-, mit jedem liebenden Weib wird der Schmerz neugeboren." Die Begum schien mir aber die einzig fühlend« Seele zu sein, die anderen zeigten mir sreudig ihre bunten Kleider, ihre Perlen und Juwelen, schmückten sich und führten mir zu Ehren einen Tanz ans. Die beste Tänzerin war jene halsstarrige Hosaini, die nicht leien wollte — als ich ihr darüber eine B.nierkung machte, jagte sie lachend: „O, Tanzen da» ist Glück — da- Lernen macht alt und dumm!" Ihre Ansicht janv allgemeine» Echo Man begreift, wes halb die Erziehung der Frauen noch mehr Plan als Ausführung im schönen Indien ist. Neue Knullsachen. Von unserer nii» glücklich in New-York weilenden Prima-Donna Frau Moran-Olden sind noch kurz vor ihrer Abreise mehrere photographische Ausnahmen hergestellt worden. Dieselbe», dervorgegangen an- dem langbcwährten pliotoqraphl'chen Atelier de« Herr» Carl Bellacki, Gellertstraße Ne. 12. hier, sind in der Hoskiinsthandlung von Del Vecchio am Markt ausgestellt. Ein große? Brustbild, Imv-rioltormat, zeigt nnS die Künstlerin in großer Toilette, geschmückt mit allen Ehrenzeichen, während mehrere andere Aufnahmen in Paneel und Labinetsormat dieselbe in einer ihrer Glanzrollen „Fidelio" darltellen. Frau Baumann in ihrer Rolle im „Wildschütz", sowie die jenige der Frau Du ncan-Lha »iberS und Ausnahmen von Frl. Flösse!, Frl. Krammer u. a. zeugen ebensall? von künst lerischer Vollendung. Von Frl, Amanda Lindner. Mitglied des Meininger Hos- theater?. ist in be i letzten Tagen ebenfalls ein lebensgroße? Bild in der Bcllach'schcri Anstalt fertig gestellt worden. Dasselbe zeigt un? di« Künstlerin in einem ideal ausgesaßien, meisterhaft angeführten Brustbild, welches auch bei Del Vecchio ausgestellt werben wird, außerdem in dem Schaukasten der Bellach'schen Anstalt — Ecke der Geliert, uud Bahnhvsstraße — seinen Platz gssunden hat. Diese», Bilde reibe» sich gleichwerthige Erzeuanisse an und finden durch die geschmackvolle Umrahmung mittelst Palme» und Pampa« einen künstlerische» Abschluß. Nickt unerwähnt lassen können wir die Genre- und Vel uchtungS- studikn, welche durch reizende Kinder ihre Dattlelluiig finden. Zum Beispiel da? Ki»d mit dem Etrickstrumps, welche», über den Tisch gebeugt, fleißig Etricküdungen macht und von dieser Arbeit oiss- schaut, Die Beleuchtung diese? Bilde« ist i» Rembrandt-Manie , Dan» da? lachende, über e,» Bliimeiibonqnet »rckisch hinwegschaiiente kleine Mädchen, daS de» Beschauer unwillkürlich in Versuchung führt, m>t dem kleine» D nge scherzen zu wollen. Gleich diesem Auelagekasten zeigt auch der in der Goeihestraße an der Georgea- bolle erneutes Arrangement uud heben wir auch hier zwei reizente Pendant- eine? Kinde» als „Rolhkappcden" hervor. Bei dem einen ist Rolhkappchen aus dem Wege zur Großmutter »nd wird vs , dem au? dem Gebüsch hervorireteodc» Wvls in tue l «kannte Unter Haltung gezogen; während aus dem anderen Bilde Roihkäppchen >, dem Moment dargestestt ist, in welchem eS die Stube der Groß mutter betritt. Alle diese Ausnahmen beweisen die künstlerische Empfindung und Auffassung, sowie technische Fertigkeit des Herrn Be Nach. Durch einen sehr eleganten Anbau und stilgerechle Einrichtung desselben ha« die erwähnte Anstalt eine zeitgemäße Vergrößern!., erfahren, 2. vermischtes. —» Berlin, SO November Es ist bereits erwähnt worden, daß ver Kaiser dem englischen BiichofWilkinsonam Mitt woch eine Audienz bewilligte. Die im Schloßpark Monbijou errichtete englische St. Ge rgekirche erweist sich bereits al» zu klein, und es liegt in den Wünschen deS Gemeinvevorsteberk. dieselbe zu erweitern. Der Bischof hatte die Ausgabe, ocm Kaiser die Bille uni Uederlassung deS dazu nötbigen Ba»- gruiidc» zu unterbreiten. Der Kaiser versprach zu sehen, wa» er in der Sache thun könne. Während der Audienz erfuhr der Kaiser, daß Bischos Wilkinson längere Zeit im Ziilulande ge lebt habe und versolgte mit vielem Interesse dt« aus seinen Wunsch vorgetragene Schilderung ver militairischen Orgam- satton in König Erlewayo'? Reich. Der Kaiser richlete bezüglich dieser D»>ge eine ganze Reibe eingehendster Fragen an den BÜchos, welcher in Aussicht stellte, dem Kaiser einige Zulu- Trophäen und KricgSgeräthe, darunlcr die Wurfspeere „Asse- gaiS" übermitteln zu können, — Der Herzog von Marlborough giebk, wie der .Frankfurter Zettung" aus London, 26. Nov„ berichtet wird, der englische» Presse eben Stoff zu scharfen Verurlheilungen. AIS er mit seiner Neuvermählten ,m Schloß Blenbeim seine» Einzug hielt, erwarlele er. daß in der Esemeindek rch- die lylocken geläulrl würden, aber der Dorsgeisllicde, der t»e Eüe de» PalronS als eine durch die B'bel verbotene ansiebt — der Herzog ist wegen Ehebruch geschieden — untersagte dem Kirchendiener daS Läuten Darüber herrschte große Entrüstung »n Schloß, und da r« sich ver Patron nichl wohl erlauben konnte, dem Beispiel des HerodeS uachzuahmen und dem für Eittenreinbcil begeisterten Prediger den Kops abzuhauen, so rächte er sich in einer sür einen Herzog de« 19, Jahrhunderts etwa» schäbigen Weise; er entzog der Gemeinde seine jäbr liebe Subvention vo» 10 Lsirl. (eine wahrhaft fürstliche Unter stützung!) nnd verbot den, Pfarrer und seinrr Familie die Bc- nutznng deS durch Bleichen» Park führenden Woge-. Schach. Ausgabe Nr. KOI. Bon O»r> btgeorl in Hamburg. 8vli»enri. VSsniiq »o» Nr. 8SS. 1. 8o6-pä K.Iä—«4 3. DH7-H2 Lo4-<13: oder öS 8 I,K3—kl oder «61 . Diese- für Anfänger bestimmte Problem gestattet Nebenl-tungen durch 1. l-dll -fb 2.8<IS-l4 re, oder 2, DK7-K4 s- re. und 1,8e6-s4 s, vingelanfeue Lösungen Nr. 899 wurde gelöst von Fritz Förster, Benno »nd OScar Koll- mann in Reudnitz. Kurt »nd Waller Kablninnn. Karl Arnold, H. Wagner in VolkmarSdors. M, M„ L I,, Franz Fischer. I. G. Ritter, L. L. Nr. 898 scrncc von A»g, Schindler, Franz Fischer. Echachgesrllschaft „Augnftea". Versammlungsort Eal-Merkur, An der Pleiße 8, DienStag und Freitag Abend, Schachklub „Carola". Versammlungsort Las« Hanlsch (Vieren- korb), Dresdner Straße, Donnerstag Abend, puppen PuMii-Artiktl Weihnachts-Ausstellung Alle Arten s. MMML8ül»i Mch» reichster AusivH. 6, gtgtillibtl dem llasihinarkt, j-arterre «nd I. Etage. einfachster bis feinster Ausführung.
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