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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188812066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881206
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-12
- Tag1888-12-06
- Monat1888-12
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1888
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Erste Leilage M Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. »41. Donnerstag den 6. December 1888. 82. Jahrgang. Drei Weihnachtsabende aus Luther'» Leben. Bo» Llaire Gerhard. kkachdrxk »riiX». E« war am Weihnachtsabend de« Iah«« 1493 Der W>„ler war schon lange in Deutschland mit seine», Froste eingekehrt, Bäche und Flusse laqen in schwere« E'seOstsseln und dichter Schnee bedeckte die Erbe. Ein scharser Nordwind subr durch die Straßen der thüringischen Stadt Eisenach und jagte die wenigen Leute, welche noch aus dem Weihnacht»- markte ibre Einkäufe besorgten, schnell beim. Ä» den meisten Häusern stand schon der geschmückte Tannenbaum in der Milte de» Wohnzimmer» und bald erglänzten hier und dort die Kerzen an ihm und luden die Hausbewohner zu inniger, be glückender Feste»fei«r. Doch stehe, da zog durch die stillen Gassen ein Häuflein Knabe». Eie waren ärmlich gekleidet und manch einer schon» tcrte vor Kälte in seinem dünnen, kurzen Mäntelchen. Hin und wieder machten sie vor einem Hause Rast und dann er scholl an» ihren jugendlichen Kehlen gar kräftig und herzlich ei» Weihnacht»gesang. E» waren di« EurrendeschMer, arme Knaben, die sich durch da» Singen vor de« Thürrn «inen warmen Trunk, ein Stück Brod erwarben. Auch vor dem Hause de» ehrsamen Bürger» Cotta hielte« sie, und ob der Wind auch brausend einherfubr, e» gelang ihm nicht, den vielstimmigen Gesang zu übertvnen. Besonder» klar und rein klang der Sopran eine» etwa fünfzehnjährigen Knaben; er sab blaß und bohläugig au», aber in seine« großen Augen flammte ein Strahl echter Kunstbegcisterung und Frömmigkeit. Ungezogen von dem scbvnen Gesang, trat Frau Cotta auf die Schwelle; mitleidig schaute sie aus die frierenden Schüler und bat: „Kommt herein and erquickt Euch!" Sie folgten gern der freundlichen Frau und ließen sich da» Warmbier und den Kuchen gut munden; nur einer be achtete nicht Speise und Trank, sondern blickte mit gefalteten Händen aus den strahlenden Tannenbaum. ES war der Knabe, dessen Helle Stimme die der Gefährten übcrtönt hatte; seine stumme Andacht gewann ibm Frau Ursula'« Herz; sie cnlsann sich auch, daß ihr sein Gesicht und sein Gesang schon in der Kirche ausgefallen war. Liebevoll sraate sie: .Ihr habt wohl lange keine» WcihnachtSbaum gesehen?" .O doch, im vergangenen Jahre war ich noch bei meinen E lern in ManSseld, die trotz ihrer Armutb immer ein Bäum chen schmückten; mein Oheim, der Küster Lindemann, bei dem !,ä hier wohne, ist aber nickt einmal dazu im Stande." „Armer Junge! Da ist natürlich Echmalhan» oft bei Euch Küchenmeister und der Magen bleibt zuweilen leer?" Er nickte erglühend. „So kommt von nun an täglich zu mir, Jbr sollt hier immer ein warme» Güpplein, Brod und Fleisch finden." „Wie gut seid Ähr und womit soll ich'» Euch danken?" murmelte er bewegt. „Indem Ähr mir zuweilen eine lateinische Hymne singt; wollt Ihr?" „O. wie gern will ich Euch täglich ein Lied zum Lobe des Höchsten singen!" „So zieht lieber ganz zu mir al» mein lieber Sohn. Mein Justu», den ich in seinem ersten Lebensjahre verlor, wäre jetzt gerade so alt wie Ähr; Ihr sollt ihn mir ersetzen." Der Wunsch der warmherzigen Frau ging in Erfüllung, der fremde K»ab« wurde ihr bald sehr lieb und blieb niehrer« Äahre in ihrem Hause; er hieß — Martin Luther. Sieben Äahre waren vergangen und wieder war e» Weih nachten. Äm Aiigustlnerktoster zu Erfurt hatte der Prior die Abendmesse gehalten; danach versammelten sich die Mönche ,»> Rescclorium. eine große Kanne edlen Weme» staud aus dem Tische und die Humpen der frommen Herren wurden gar osl wieder gefüllt, während sich dieselben über geistliche und weltliche Dinge lebhaft unterhielten. Nur einer fehlte in dem Kreise; der junge Bruder Mar- liimS hatte sich gleich nach der Messe in seine Zelle zurück gezogen. und nun lag er aus seinen Knicen und sandte in brünstige Gebete rum Himmel empor. Aber ach! Trotz aller Bitten kam kein Trost i» seine sckmerzzerrissene Seele, kein Frieden, den er doch so lange schon ersehnte. Seit s inei. Knabenjahren batte Martin Luther schon der Gedanke au die eigene iLündhastijZleit gequält, und wenn er auch, dem Wunsche seine» Vaters zeigend, in Erfurt die Rechte studirte, so halte er sich dock, dem inneren Triebe folgend, mehr mit der scholastischen Philosophie und Theologie beschäftigt. Die durch Zufall erlangte Kenntniß einer vollständigen Bibel, der plötzliche Tod seine» Freunde» Alexi», sowie eine eigene schwere Krankheit erfüllten ihn allmätig mit solcher Unlust am weltlichen Leben, daß er beschloß, sein Dasein ganz dem Dienste Gotte» zu weihen. In einer Äulinacht de» Äahre« 1805 pockte der junge Magister, der gefeierte Umversiiät»lehrer, an die Pforte de» AuguslincrklosterS und ward Mönch. Aber seine Hoffnung, in dem stillen Frieren der Kloslermauern, in werklhäliger Liede, in unablässigem Gebet seelische Ruhe zu finken, wart bitter getäuscht. Immer mehr verfolgte ihn der Gedanke, kein« Gnade vor Gott zu sinken und erfüllte seine Seele mit unbeschreiblicher Angst. So war e» auch am Christabend diese» Jahre». Flehend erhob er die gefalteten Hänke und betete innig: „Herr. Herr, ich lasse Dich nicht, e« sc, denn, Du segnest mich!" Dann nahm er die Geißelruthe und züchtigt« seinen durch Fasten geschwächten Körper so unbarmherzig, daß er ohnmächtig zu Boren sank. Einige Mönche, welche warme Freundschaft für Bruder Martin»» empfanden, batten inzwischen beschlossen, ihn in seiner Zelle zu besuchen. Sie liebten alle de» eifrigen, frommen Bruder, der. trotzdem er so viel kluger und gelehrter al» sie war. sie niemal» seine Uederlcgenheit fühl«, ließ. sondern immer gleich demüthia und bescheiden blieb. Sir halten ihn auch gern wegen ferner schönen Stimme, mit der er so erbaulich zur Laute zu singen verstand. Jetzt fanden sie seine Zelle verschlossen und da Martin«» auch auf wiederholte» Rusen keine Antwort gab, gerietkcn die guten Mönche in große Angst; sie erbrachen mit Gewalt die Thür und sanken den Bruder lebte» aus den Strinfliesen au»gestreckt. „Er ist tobt!" rief der Eine schmerzlich. „Nein, nein, er lebt!" flüsterte ein Anderer, der sich zu kem Bewußtlose« gesetzt und fein Haupt mitleidig in seinen Schooß gelegt hatte, „aber rr ist obmnächtig". Eie rüttelten nun Martinu», sie sprengten ihm Wasser in» Gesicht, — vergeblich, der starre Bann, der Körper und Geist gefangen genommen, wollte nicht weichen Da ries Bruder Augustin»»: „Wir wollen ihn durch Musik erwecken. Ist noch Leben in ibm, so wird die Kunst, die ihm so thruer ist, ihn wieder zu sich bringen." Er ergriff die an der Wand hängende Laute und die Mönche begannen zu ihren Klangen leise zu singen. Und wie ihr Gesang immer mächtiger und voller anschwoll, da lies ein Zittern durch die Glieder de» Hingestreckten, er öffnete rin wenig die Augen und murmelte: „Ich höre Sphärenmusik, o bat Gott mich begnadigt und mich in der geweihten Nacht zu sich genommen?" Die Mönche aber sangen freudig weiter; da richtete sich Martinu» aus und erkannte sie. .Also dock noch am Leben!" flüsterte er „und Ihr Freunde habt mich geweckt. Habt Dank für Eure Liede und Eure Lieder. S e haben Trost in mein wunde» Herz gegossen und ich bin nun gewiß, der Herr, der über den Wolken thronet, wird mir sündigen Mensche» die Schuld vergeben. Er wirb mich segnen und mich dazu au»- rüsten, sein Streiter aus Erbe» zu sein!" Und Martin Luther ward de» Herrn Streiter; er reinigte die Kirche von ihren Mißbräuchen, ihrem Aberglauben, ihrem Ablaßhandel, er führte mit einer Kraft und Energie odne Gleichen da» gewaltige Werk der Reformation durch. Aber cS war eia schwerer, harter Kamps und osl wollte er beinahe verzagen, aber immer wieder tröstete ihn da» Gebet und die Musik. Denn er die Laute spielte und dazu sang, oder wen» er die Flöte blie», dann kam eine freudige Zuversicht unv die feste Hoffnung über ihn, sein Werk werde gelingen. Wie sehr er die hehre Kunst lieble, sprach er selbst in den Worten au»: „8»m aöttlichen Wort und Wahrheit »lach, sic da- Herz still und bereit, Solche» hül Ellicu- bekannt. Da er de» Seist durch'» Harfen fand." Er dssegte die Musik in seinem Hause allezeit; sie War ihm in den Stunden der Schwachheit „Erquickung und Belustigung", wie Matlhäu» Natzeberger un» erzählt: „Auch hatte Lulbcrn» sonsten den brauch, sobald er die abendmalzeit mit seinen lisch- gesellcn geballen hatte, bracht rr au» seinem Schreibstüblein seine pnrto, (Slimmbücklem) und hielt mit denen, so zur Musica Lust hatten, eine Musicam; insonderheit gefiel ihm wobt, wo eine gute eowpuditio der alten Meister vff die Responsorie» oder dzrmno» <1e tempore nnni mit einfiet vnb sonderlichen hatte er zu jrdem 6antu l/rvzoriano vnd dem Choral gute Lust: verm-rcket er aber bisweilen au einem neuen Gejanq, daß er falsch abnotieret war, so setzet rr den selben ab vff die Linien und rectificiret ihn io eootiovoti Insonderheit sang er gerne mit, wo etwa ein tizrmniiL ober rospourorlom cks towporo nou öen Lkusici» componiret war, vff den caotum Kroguriam, wie gemeldet unv mußten ihm seine jung-n Söhne Martin»» und Paul,,» die Responsoria ckv temporo rack Essen» für Tische auch singen, al- zu Weib- nachlen: Vorbnio caro tsctnw ort, io priocipio oral vorkum, zu Ostern: Okowtnz resurgeos ex mortui», vitn »ooctorum, Victimuo pLsciiali lnucko» etc. Da er allezeql selbst solch respoo5orin mit seinen Söhnen, vnd in «mtu Lgurnli den Alt miljang." Vorstehendes giebt un» da» beste Zeugniß sllr Luther'» große musikalische Begabung und seine ausgekehnten Kenntnisse. Er war selbst ein geübter Sänger polyphoner Satze und beim Zusammensingen mit befreundeten Musikern bediente er sich nur de» Tenorpart», welcher in dem Stimnibucke entballen war. welche« ihm sein Freund, der Dresdener Capcllmeistcr Johann Walther, schenkte und welches Vcn Namen Lulher- Codex führte. Viele, viele Äahre waren dahingegangen, seit Luther an dem Weihnachtsabend durch den Gesang der Mönche im Kloster zu Erfurt auS tiefer Ohnmacht erweckt worden war und wieder war da» schöne Feit herangekommen. Frau Katharina, de» Reformator» liebevolle Gallm, war den ganzen Tag sehr beschäftigt gewesen und hatte die Kinder der Obhut der alten Dicnstmagd übergebe» Sie richtete in dem Refektorium de- ehemaligen großen Augustinerkloster», welches Johann der Beständige Luther zur Benutzung ge schenkt. den Christbaum her. AlS es endlich dunkel geworden, entzündete sie die zahl lose» Kerzen a» demselben und ries ihren Galten, der sich in seine?» Arbeitszimmer in eifrigem Gespräch mit seinen zum Feste nach Wittenberg gekvminencn Freunden Philipp Melanchlho« und Johann Walther befand, unv die un geduldigen Kinder. Gern folgten alle ibrer Aufforderung; Luther sprach ein kurze», aber eindringliche» Gebet, dann setzte er sich mit Katharina und seine» Gasten an den Tisch, während die Kinder jubelnd die Gaben betrachteten, welche da» Christkincchen ibnen gebracht. Dieselbe» waren nicht zahlreich und kostbar, aber Luther hatte die Seinen gewöhnt, auch an kleinen Geschenken Freud« zu empfinden. Da lagen für Johann und Martin Büchertaschen und Schreibhefte; für Paul eine sehnlichst gewümchle Armbrust; Magvalrnchen erhielt ein zierliche» Kästchen mit allerlei Hand arbeiten und die kleine Murqarrthe eine neue Puppe, mit der sie sich gleich zärtlich beschäftigte. Magdalena war ein ernste», sinnige« Kind und ein besonderer Liebling Johann Walther». Er schlang nun den Arm um ihre schmächtige Ge stalt und sagte: „Weil Du gar so artig bist und eine so hübsche Stimme hast, wie mir Drin Vater geschrieben, so bade ich Dir eine neue Auflage meine» geistlichen Gesangbuches mitgebracht." Magvaienchen bedankle sich geziemend und Lulber sagte: „Da» ist recht, lieber Freund, Musica ist eine halbe Di»- ciplin und Znchkmeisterin, so dir Leute gelinder und sanft» müthiger, sittsamer und vernünftiger macht. Die Jugend besonder» soll man stet» ihr gewöhnen, denn sie macht seine, geschickte Leute. *) Reich mir die Laute. Johanne», wir wollen nun gemeinsam ein Weihnachk-liertrin singen." Aber ehe Luther noch begonnen, erscholl vor dem Hause Gesang. Arme EurrendeschiUer erbaten sich durch Absingung einer Hymne, waS zu de» Leibes Nadrung gekört. De- Reformator» Angen feuchteten sich. Vierzig Jahre waren veiflosse», seitdem er, hungernd und frierend, gleich diesen Knaben, vor de» THUrrn gesungen und Frau Cotta sich güliq seiner angenommen. Ein ticseS Erbarmen mit den Sängern erfüllte ihn und er bat mit weicher Stimme: .Katharina, laß sie herein und gieb ibnen Speise und Trank." Bald danach füllte sich der weite Raum mit einer nickt unbedeutenden Anzahl von Knaben, die behaglick die Wärm« de» Zimmer» auf sick wirken l'eßen »:>d mit leuchtenden Augen den Christschmuck anschauten. Luther und die Freunde sprach,» liebevoll mit ihnen, während Fra» Katharina sie speiste und die Kinder ihnen die soeben erhaltenen Gaben zeigten. Magdalena aber ließ eS nicht dabei bewende», sie nahm die schöne», rolbbackigen Aepsel, welche die Mutter ikr geschenkt und steckte sie heimlich den Neusten Sängern in die Taschen. AlS sie alle» verzehrt und sich genügend erwärmt batten, sagte der HauSker-: „Nun singt mir nock einmal Euer Lied." lind gar sröblich und mächtig erklang von den bellen Knabenstlinmen der Nolker'sche HymnuS: „ksa recolaniuz I»uciil»i8." Dann bedankten sich di- Schüler »nd zogen weiter. Luther aber rief: „DaS war eine schöne Festfreude I Gerade dieser HymnuS ist mein LieblingSstück, aber eine deutsche Zunge sollte eigentlich am heiligen Abend nur ein deutsche» Wcch- nachlSIied singen." „Aber wir besitzen noch keine» in deutscher Sprache", wandte Melo.nchtbon ein. In des Reformator» Augen leuchtete rS freudig »nd eheimnißvcll auf. „So lass' mich dafür sorgen, liebster reundl" Eine Weile saß er nachdenklich da; dann ergriff er seine Laute und fang mit seiner schönen, zu Herzen gehenden Stimme: „Dom Himmel hoch, da komm ich her, Ich bring' Eni: gule, neue Mär, Ter gute» Mär bring' ich so viel, Davon ich sing'» und sogen will. Euch ist ein Kliiblein heut' gebar'», Don einer Jungfrau anSerkor'n, Ein Kiiidelei» so zart und sein, Das soll Eur' Freud und Wonne setu. ES ist der Herr Tbrist, unier Sott, Der will Euch lühr'n au» aller Noth, Er will Eu'i Hciland selber sein, Von allen Sünden machen rein. Lob, Eiir' set Sott im höchsten Dhron, Der uns schenkt selnen em'ge» Sohn, DeS freuen sich der Engel Schaar Und singen nun solch neue« Jahr." Ergriffen halten die Anwesenden gelauscht; der kleinen Margarelhe, die ihr Köpfchen an deö Vater» Knie gelehnt standen lichte Tbränen i» den blauen Augen. Johann Walther schüttelte herzlich die Hand Luther» „DaS hast Du brav gemacht, bester Freund, zu einem schönen Gedicht eine schöne Melodei. Damit bast Du allen deutschen Christen ein köstlich.» Festgeschenk gegeben und ich bin gewiß da» Lied wird leben und gesungen werken, wenn unsere Ge deine längst in Staub zerfallen sein werden." „Gott gebe es!" erwiderte Luther, noch einmal schlug er die Laute und jetzt sangen sie alle mit: „Lob. Elir' sei Soit »n höchsten Dbronl" Jahre. Jahrhunderte sind vergangen, seit an dem heiligen Abend de» Jahre» l538 da« berrlicde WeibnachlSlicd entstand, aber Johann Walther« Wort hat sich bewahrheitet. Da» Lied hat den Wechsel der Zeilen überdauert, und wenn Heuer die Lichter am grünen Ta,i»e»balim erglänzen, dann tönt c» von unzähligen deutschen Lippen andachtsvoll: „Bom Himmel hoch, da komm ich Herl" recht nickt in demokratischem Sinne au-Üdcn oder gar für „frei- innige" Eandikaten agitiren. Tenn sonst hätten die Herren heute »ack den Erklärungen, welche vom BuudesralbStische wie au» kein Hause erfolgten, sich ausdrücklich für besriedigt erklären müssen. Einfach und klar machte der KriegSminisler Herr v. Bronsart die Mittbeil'ing, daß für die Genehmigung der Statuten die darin enthaltene Bestimmung ausdrücklich gefordert werte, daß die Kriegervereine sich aller politischen Bestrebungen.entballcn. Ebenso bestätigte Oberstlieuteuant von Schtieben für daü Königreick Sacksen insbesondere, daß die dortigen Krieger- vereiue jeder politische» Agitation fernstebe». Ein Mann, welcher durch seine Stellung al- Edrenpräsident der deutschen Kriegervereine besonterS befähigt und berufen ist, deren Wirken u kenncn und richtig zu bcurtheilen, der Vertreter vonAtteiiburg, rüdere preußische Oderstlieiitenant Baumbach wie» die von kein Kleeblatt Bebel-Richler-Rickert erbobene Belckuldigung weil ab; da« bals aber alle» nicht», denn e» bandelt sich eben für diese braven Leute nicht um die Feststellung der Wahrheit, sondern um möglichst kräftige Agitation für die angehlich nabe bevorstehenden Neuwahlen zum Reichstage. Und da brauchen die „Freisinnigen" die socialdemokralischci: Brüder gar dringend, wenn jene nicht völlig au» kein Par lamente verschwinden sollen. Darum nabm auch Herr Richter heute die Gelegenheit wahr, Herrn Liebknecht, welcher sich Jabrzebnte hindurch al» eifrigsten Anhänger und Vertreter der „inlernatioualcu Gesinnung" selbst bezeichnet bat, al» warmen deutschen Patrioten und harmlose» Staatsbürger zu feiern. So weit ist e» bereit» gekommen, baß sich die .Frei sinnigen" nickt einmal dessen noch schämen, jene .Frei- sinnigen", welche sich koch immer aiü die .schärfsten Gegner" der Socialtemokraten ausspielen. In kräftigen, von warmer Vaterlandsliebe getragenen Worten nagelte Abg. l>r. Hartin ann (Plauen) die Herren daraus fest, aber der Unwille» de» HauscS vermochte die Herren Richter und Rickerl ebenso wenig zur Vernunft zu bringen, wie die Geißel der Herren v Helldorss und Hart mann, und schließlich trat auch der reich-sreunvlichr Or Win bl Horst dem demokratischen Biindnisse bei. An welchem Abgrund: wir standen, a>S die Majorität Windthorst-R icklcr» Grillenberger im Reichstage den Ton angab, heule wurde e» wieder schlagend dargethan, und wir sind der festen Zu versicht. die Lebre wird kem deutschen Volke in unauslösch licher Er»>»er»ng hasten bleiben. Wenn säst die ganze Sitzung durch den demokratisch-ullra- monlaiicn Skandal in Anspruch genommen wurde, so fand wenigstens am Ansang und am Schluß derselben der Kriegö- miniiier Gelcgenbeit, dem Reichstage zwei angenehme M«k- lheiliiiigen zu »lachen. Zwei wichtig« Gesetzeiilwüric sind so weit vorbereitet, daß sie wahrscheinlich noch im Lause dieser Session dem Reichstage zngehcn werden, nämlick da« Gesetz belr. die Fürsorge ftlr die Angehörigen der zur llebung ei»- beruscnen Mannschaften und daS Gesetz betr. die i» Eominunal- tienst übertretenden pensionirlen Mililairpersone». Aller Lärm, alle Lüge, alle» Hetzen vermag doch nicht zu verhindern, daß auch in die groß » Volkokreise der untersten Schichten mehr iliid mehr die Uckerzeugung eindringl: die viel arlästcrte „Eartelmehrbeit" im Verein mit der Regierung arbeiten mit Erfolg unablässig für das Wohl dcS Vaterland-», während die tcmokraliickcn Agitatoren daS tbörichte Volk, welche« ihnen leichtgläubig nur zu lange vertraut, mit tönenden R'.denSarten abipeisen und Steine statt deS Brodc» darbieten. DaS Schauspiel der bffenllickcn Verbrüderung zwischen „Freisinn" und Svcialdemokratic wird im klebrigen voraussichtlich i»> Reichstage wie außerhalb desselben unS zu unserer großen Gcnuglhnung noch öfter dargebclen werben. Heule Abend baden die Herren Singer und Virckow sich zu dem gemeinsamen Antrag verbunden, den Zoll aus Ge treide ansznbeben. Da de» Herren wobt bekannt ist, daß ein derartiger Antrag im Augenblick ganz und gar keine Aus sicht bat, die Mehrheit dcS Hanse« zu finken, kann Niemand darüber im Zweifel sein, daß eS sich auch hier lediglich »m Wahlagitation der angeblich scindlichen, in Wahrheit innig bejrcundetcn Brüder handelt *) Historische Worte. Zur parlamentarischen Lage. "Berlin, 4. Dccember. Heute begann im Reichs tage die Beraibnng dcS M > lital retats. An da» Gehalt teS KriegSministrrS anknüpiend, brachte» die beicen „frei- sinnigen" Fiihrei Rickert und Richter Beschwerde» vor, für deren Abhilfe, wenn sie begründet wäre», der Krieg-minister durchaus nicht zuständig ist. Angeblich treiben die Krieger» vereine Politik. DaS ist »un zwar von den Abgeordnete» Richter und Rickert in recht heftiger Weise wiederholt be hauptet, ober »> keiner Hinsicht bewiese» worden. Die „frei sinnigen" Agitatoren ärger» sich jedenfalls darüber, daß die Mitglieder der Kriegervereine. welche al» solche doch keine», weg« ihre» Bürgerrecht» verlustig geworden sind, ihr Wahl- vermischtes. Schreiben Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta an den Vorstand der Genossenschaft freiwilliger Krankenpfleger im Kriege: ES hat Mir besondere Besriedignng gewährt, den Bericht von« 17 d M über den gegenwäitige» Stand der Genossenschasl frei- williger Kraiik-nvflegcr im Kriege entgegen zu nehmen. Je mehr da» Eentral-EomnS der deinschen Vereine voin Rothen Kreuz seiner »msnngrelchen Fe edenS Ausgabe durch Heranziehung anderer ver wandter Organisationen in den Bereich des vorbereitenden Wirkens zn entlprechcn sich bemüht, mir Io mehr wird da» Berständniß „nd die Liede für lftel, Jwrck und Pflicht der freiwilligen K.lintenpslegc wachicn und sich verbreit«n. Die Genossenickast, der Sie vorstehen, ist ein ersieulicher Beweis davon »nd Ich kann a!S Proteetorin der d »ticken Vereine vom Rothen Kreuz nur Meine Anerkennung und Meinen Dank hierfür au 'Zwecken. Toblenz. den 30. November 1888. gez. Augvfta. Altenburg, 4. December. Die kunztige Theilung de» Schwurgerichts soll derart erfolgen, baß Sachsen- Alkeiiburg, Re»ß jüngere und ältere Linee einen und Sackien- Weimar. Schwarzburg« Rudolstadt den anderen Bezirk bilden sollen. iL Tie elf Schullehrerseniinarien in Bayern zählten mit Beginn de» Schuljahre» >888/89 797 Schüler u»v zwar 511 Katholiken. 282 Protestanten und 4 Israeliten. Die drei höheren weiblichen BilknngSaiistallcn (Aschaffeiibnrg, Memmingen und München) weisen 328 Schülerinnen »ach und zwar 291 Katholiken, 93 Protestanten unv 9 Jsraelilcn. Die 35 Präparan denschul en werden von 17l3 Schülern srequenlirt und zwar 1048 katholischen, K56 prolestant.schcn »nv 9 israelitischen. 8p66ia.1-Abt!i6i1un§ lkW» lloußsoko unil au»IZnr»»okv Ssirlsnsloffs. Qbl70iStSSS 1» LllSQ vslssvr» rurck Svtüv» Hsötsr Arrck 1U»L HsrLvr rrvtsi»xo. fiin rx«1< « n! In övruZ auk billige kreisstollunx dvxexnet 6a» OeselikklLkLU» Mlor ileiitseken uml a„5ljinili»ekon Onierirronr.
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