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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188812075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-12
- Tag1888-12-07
- Monat1888-12
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1888
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Dritte Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 342. Freitag den 7 December 1888. 82. Jahrgang. Spröder Stoff. Skizze »o» Fran»i»ka »o» Kapss-Eslrntber. N«ch»r«g »erSoi«» Dlr Prinzessin ließ ibn warte««. Bielleibt gerade darum, Weil sie keine wirklich« Prinzessin war. Eine kleine Millio närin vielmehr. aber, wie r« schien, mit allen Launen unv Ansprüchen einer geborenen Hoheit. Seit einer Viertelstunde harrte vr E chbolZ. außerordentlicher Prosessor d-r Aeffbrtik an der Universität, in dem reizenden, nur ein wenig über ladenen Salon seiner neuen Schülerin. Anfänglich hatte ihn «ine herrliche Marworbüst« der Venus von Milo, welche von Blattpflanzen „mgeben. aus ein.« Socket stand, ges,sielt. Nu» aber wurde er ernstlich ungeduldig. Die Sacke sing ja gut a»! Dav junge Fräulein würbe jedeufall» die Borurlheile. die er gegen >bn-.,lkiche„ hegte, bestätigen. Offenbar hatte sie in der »Zeitung gelesen, daß ihm. dem Doktor E chbo'ü die Ebre zu Tdeil g,worden ser. der Prin- zessi» Louis,- Marie Bortläge über Ä ithetik zu halten. Da wurde Fräulein Herma Ullmann von der Laune ana wandelt, sich dieselbe» Borträge Hallen zu lasse». Man dcschiev ihn also in da- Hau- de- enorm reichen Speculauten unv bot ihm dasselbe Honorar, welche- er von der königlichen Hof haltung erhielt, ohne auch nur zu fragen, wie bock sich das selbe beließ Er nahm an, wxlvvbt mit inneren. Wider streben' denn er gedachte seiner jungen, schwerleireuden Schwester, die man vielleicht »och ,n diesem Herbste nach dem Süden schick n mußte. Neulich hatte man ihn flüchtig seiner neue» Schülerin vorgestellt; heute war er zur ersten Leclion erschienen. In dem kok tt geschinücklen Salon stand ein Tischchen mit einer grüne» Tuckd-cke, daraus hochelegante» Schreibmaterial. Fräulein Herma Halle bereit» über ein B>erl-l der lbeuer bezahlten Stunde ve,st egen lasse», obue zu erscheinen. Nun endlich öffnete sich die Tbür. aber nur die Tante trat ein, die „garcko 6v ckamv", welche de» Lektionen beiwoline» sollte. Die ältliche Dame blickte »ul groß'», Rspect aus den jungen Prosessor. Es »npo»ir>e ihr sichtlich, daß er eine königliche Prinzessin unterrichte. Sie gehörte zu der armen Verwandt schast de« HinseS unv Herr Ullmann batte ueulich hin geworfen, baß sie überhaupt Nickis Weiler verstehe, als grüne Hechle zuzubrreiten. Sehr schüchtern und unbeholfen, machte sie jetzt de» Pros-sior daraus ausmeiksai». daß ihre Nickte Herma kleine E genbeiten habe. Sw sei zart. ue,vö», ein mutterlose- Kind, elivas verwöhnt. Man dürfe sie nicht «»strengen, de» Unterricht nickt gar zu ernst nehmen — Herma bade ja ohnehin ickon so viet gelernt. Ein leises ironilches Lächeln glitt über da- ernste bärtige Antlitz de« jungen Mannes. »O, ich kenne diese jungen Damen", sagte er mit einem kleinen Seufzer; „natürlich ist e- ihnen niemal- ernst mit der Cache! Und ich habe mir schon jetzt einige Seldffvor» Würfe gemacht, da» schniejchelbasle Anerbieten des Herrn Ulliuan» angenommen zu haben. Ich tauge eigentlich gar nicht recht für solch eine Aufgabe, bin nicht geschmeidig genug dazu." Die Tante blickte ganz erschrocken an der stolzen, stram men Figur de« Professor» empor. Er sprach von ihrer Nichte nur so wie von jungen Dame» überhaupt und da» glänzende A igebot schien gar keinen Eindruck ans ihn ge macht zu Hab,»: Wenn sie nick» so verschüchtert wäre, möchte sie ihm wohl den Standpunkt klar macken. Glücklicherweise llberbob sie da- Erscheinen ihrer Nichte weiteren Er örterunge». Da war sic — mit der Miene uud Haltung einer wirk licheu Prinzessin. Es war »»glaublich, wie viel Hocbmuth die- reizende kleine Gesichlchen zum Ausdruck brachle. Herma war von einer eigenibüinlichen, perlmutlerarligrn Bläffe; wenn sie sich trotzdem stark zu Puder,- lieble, so geschah die» in der Meinung, da- Kreideweiß des Puder- rontrastire recht auffallend mit ihrem schwarzen Haar und ihren dunkle« Augeu. Wie sie ibn brgrüßle. wie sie da- seine Köpfchen hielt »nd säst mechanisch an ihm vorüberlah. da- gab sich als so bocksahrende Keckheit, daß dem Prosessor eine leise Rölhe aus stieg. Gul. daß er ihr schon nenlich vorgestellt worden war; so konnte er h.ule gleich mit dem Unterricht beginnen. S>« saßen einander an dem kleinen T sckcken g-genUber. .Lassen Sie «ich lange Einteilungen ersparen, Fiäulein; unsere Zeit ist ohnehin nur kurz bcmrssen', sagte er mit de- dculungsvoll m Bück aus die Uhr. „Ach. Sie habe» sich inzwischen gelangweilt, HrrrProsessor?" „Ich langweile mich niemals", versetzte er rin wenig pedantisch. „Sie Glücklicher!" ries sie mit einem koketten Seufzer. Ec beachtete denselben nicht weiter und begann sehr ernst: „Dir Arsthetik, mein Fiäulein. ist d e Lehre vom Schönen, doch bitte ich Sie im Vorhinein, sich von den landläufigen Vorstellungen, welche dieses Wort Hervorrust, loSzumachen. Im Alltagsleben ist alles schön, was gefällt, ei» Kleiderstoff, wie ein Roman, ein SountagSwelter, ein Braten. Der Begriff des Schönen im Sinne der Arsthetik ist höher zu fasse». Arsches,S heißt im Giiechischru Eiiipsiudung u> d von den Griechen h,ben wir eigentlich die rein ästhetische Empfindung überkommen. Ick glaube Ihne» da» Wele» desselben in a», schau ichster Weile zu erkläre», wenn ich sage: Sie empfinden ästbelisch. wenn Ihre Sinne und Ihre Seele zugleich durch einen scküne» Eindruck gefesselt werden. W der da- blos Anmulhige und Gefällige, kaS nur zu unseren Sinnen spricht noch das Abstrakte, da- auSsck >eßlich unsere Vernunft, unsere Erkenutniß in Anspruch nimmt, vermag ästbelisch zu wirken Es ist vielmehr die barmonischr Verschmelzung de- sinnlichen . nnv geistige» Menschen, welche bei der Betrachtung de» Schönen im höheren Sinne sich off »hart." In diesem, ein wenig dccirruben Ton sprach der Prosessor »och etwa süus Minuten fort, während Herma'- Gesicht sich verdüsterte. Sie spielte, sichtlich zerstreut, mit dem reizenden Goldcro.vc'n au ihrer Uhr. Auch die Tante schüttelte ga»; leise den Kops; sie schien sagen zu wollen: „Himmel I Wozu brauchi rin Mädchen derlei Gelehrsamkeit!" Dcctoe Eickhol', kam jetzt ,u dem vorläufig-» Schluffe „Solche Enipsi idnng erweckt in uns der Genuß eine- wirk lichen Knnsiiverke». in welch'», die schöne Form und der oeistige Gehatt. die künstlerische Idee unv der Ausdruck der selben sich decken, untrennbar mileinandrr verbunden sind. Wie Seele und Körper in der Erscheinung de- Menschen. Ein Kunstwerk. . Herma ließ ihren Goldkrähen, den sie längst losgenestelt batte, sollen. Er hob ihn auf, ohne besonderen Elser; sie lächelte herablassend. „Ich bitte Sie, H-rr Prosessor. sprechen Sie mir gleich von bestimmten Kunstwerken — ja? Zum Beispiel von »er jetzigen Kunkan-stellnng-" Seine Miene war e« jetzt, die sich verfinstere. „In diese« Augenblick wird mir ganz klar, mein Fräulein, wal S>e eigentlich von mir wünsche». Sie verlangen, daß ich Ihnen fertige Urtheil« gebe. Ihnen Allerlei über Kunst. Musik, Lileralnr erzähle, damit Sie sich barau« aneiquen. wa» Ihne» paßt uud gefällt — die übliche, bequemste Form, den spröde, Stoff von der Ursthetik z» bewältigen. Ich aber, »ein Fr-,lein, bin em enttchiedrner und abgesagter Gegner jener »ovmle« Mädch»eniehu»q. welche äußerlich aahastenden Flitter gilb» statt echte, Geiste-dil-ung." Tie »nr dnnketroth aewor-en und stampfte sogar ganz sch« »st de« Fnße auf. „Ich bin kein kleine« Mädchen mehr. Herr Professor. Möchten Sie e- nichl mir überlassen, wie ich mir den ..spröde» Sloss" anzueiguen wünsche?" Daran könnte ick Sie freilich »>cht bindern, mein Kräutern. Ich aber will und werde Ihnen nur da- geben, wa» »»ei» Wissen un» Gewissen mich als das Richng. erkennen läßi." Der stolze Ernst seiner Worte schien sie rin wenig ein> jnschuchter». Ei was saustrr sagle sie: „Und waö hatte» Die lür vaS Richtige? ' „Daß Sie es nickt nur lernen, sich eigene und richtige Urthcile zu briden — nickt nur das! — sonder», daß Sie r» erlernen z» geniesten im hökeren. edlere« Sinne, wozu Ihnen da- Schicksal ja so reich'ick Gelegenheit gebolen bat. Ich möchte Ihnen ersckli>ßrn. was niemals durch G ld und Gut zugänglich unv dennoch den Begüterte» dieser Erde viet, v«et leichter zu erreichen ist, al» Jenen, d,e um da- tägliche Bros kämpfen — : Die bedre Welk de» Schönen! " Aus ihrem reizende» G sicktchen malte sich eine seltsame Mischung von Trotz und Bcsaugenbeit. In »»sicherem Ton erwideste sie: Ich will ja ganz gern lernen, was Sie mir da in Au-sich« stellen, aber". u»b ihre Oberlippe schürzte sich schmollend, „es dürste doch nicht gar zu langweilig sein!" Der allerliebste Trotz m ihr-m G fickt be,wang ibn nickt. Kaum seine» U>,m«»h beherrsche >v. rief er: „Langweilig: Daran mißl sich eben Ihr ganz » Leben. D e Diuge sind langweilig oder unterhallenv — einen andere» M ßffab gieb« r» nicht dafür! Nun. ich will Ihnen die Sacke ganz klar machen, Fräulein: Sie werden sich bei nieine» Vorirägen lang,veilen, wenn Sie sich nickt die Mühe geben wolle», mir mit Ernst zu folgen. E» mag ja sein, daß ich langivest g bin. die Sacke ist eS sicher nickt — wird es auch Ihne» nicht sein, wenn Sie mit — denke» I Uno uu» enlschkioen sie sich, Fräulein", schloß er energisch, „wollen S»e da«, oder nickt?" Die Tante »nackte hier eine Bewegung de» Schreckens, offenbar ganz entsetz! über die Kühnheit dieses Manne». „Ick sagte Ihne» ja Herr Prcscsior", stammelte sie. „ich machte Sie doch ausmciksam ..." Ader Herma nahm diese Intervention sehr übel. Offenbar ivollle sie »uil de», Pio'esior selbst fertig werden. „Ich bitte Dich, Tante", sagie sie übellaunig, „bring' mir dock meinen kleinen Flaco»! Du wirst >h» finden — aus meiner Toilette!" Die aimc Taute zögerte. Sollte sie dem Besebl ihre» Sckwager- entgegenbandeta und Herma mit dem jungen Lehrer allein lassen? Oder sollte sie der kleinen Prinzessin trotzen? Aber, liebe» Kink, da — dort siebt ja ei» Flacon!" Ack. da» ist Kölnisch Wasser! Das mag ich nicht leiden! Ich will meinen kieuien Filigranfiacon — den mit tudorouse — Du wirst ihn schon staben. Tante!' Mit raldlos bestürzter Miene verließ die alte Dame das Zimmer; der Blick deS Professor- sotate ihr M'lleitig. „Bille, fahre» Sie fort, Herr Pros.ssvr", sagte jetzt H-rma mit leichter Ironie „Ich »»erde mir alle Mühe gebe», Ihrem Gedanktngange zu folgen." Er Halle sich erhören, al- wäre er berrit zu gehen; trotz Herma'« einladender Handbewegnng setzte er sich auch nickt wieder an da- grüne Tischchen. Vtrttneür wandte er sich zu der Venu-büste. deren schöue«, steinerne» Antlitz zu dem Streite zu läckela schien. .Mein Fräulein", begann er von Neuem, .ich wossle e» vorbin versuchen. Ihnen da« Wesen eines echte,, Kuustw rke- zu erklären. Der Kops dieser Venus ist e»n solche«. Wieso kam e». daß die Alten diesem Gebilde den Namen einer Gottheit beilegten? Wa- ist e». da- uns jetzt noch, „ach zweitausend Jahren, daran erhebt und entzücki? Ist es die Harmonie, die edle Ruhe in diesem Antlitz? Ist es die »heit der Seele, der erdenk»ückle Friede, der hier sickibare orm und Gestalt gewonnen hat. Betrachten Sie das Bild, räulein, betrachten Sie c» oft und nehmen Sie e» lies in bre Seele aus!" Und bei diesen Worten sah er da» junge Mädchen so ernst, so strenge an. baß sie unwillkürlich er- rölhete. „Dieses Antlitz ist schön", fuhr er sott, „denn keine »inedle Leidenschaft, keine kleinliche Regung hat je ihren Sckatten über dasselbe geworse». Wen» wir unS keinen Anblick versenken, vergessen wir. daß es Selbst uckt. Hock- mulh. Eigensinn, böse Laune gicbt, welche so ma> ch.S an- mulbige, junge Me, schenonilih zu entstelle» vermöge»!" Auch Herma balle sich längst erhoben und war an dir Büste berongelreten. LerPiosessor sp-ach ruhig, ganz leiden- jchasl-lo- — er sah nur da» Veuusbilv au. während da» l»nge Mädchen abwechselnd rolb und blaß wurde. „Darum entzückt unS die hellenische Schönheit nickt nur", sprach er weiter, „sondern sie b rührt un» auch wehmülbig. »veil sie un- al- so ganz unerreichbare» Ideal erscheint. W r finden heute keine edel uud harmonisch gebildete» Menschen mebr, und zwar gerade da am wenigsten, wo wir berechtigt wären, sie zu suchen: in lenen G-sellschastssch-chirn. welche von aller Schönheit des Leben- durchsonnl sein könnten. Aber gerade da sind die ung-zügelten Regungen der Selbstsucht zu Hause, welche die Anmulh morde», die Harmonie der Seele zerstören, keinen reinen Lebeii-genuß auskouime» lasse». N»d die ewige Lehre, welche solch ein Götterbild giebt, bleibt un» begriffen. Ja — mau darf e» kaum wagen, in dem Geiste zu sprechen . . Herma stand daneben, wie mit B>»t vbergosse». Plötzlich machte sie eine hastige Bewegung nach der Büste hin unv mit Donnergepolter stürzte Vielelbe von dem Sockel herab, aus dem Parquet >» bunderl Stucke zerschellend. Eine kleine Weile schauten beide wortlos auf die Trümmer. „Wie schadel " sagte der Piosessor wehmvthig. „Ach — wa- liegt daran!" ries sie leichthin. „Gewiß, mein Fräulein — wa» liegt Ihnen daran! Sie könne» sich morgen eine neue kaufen. Mir tbut es nun einmal wehe, wenn ich etwa« Schöne« vernichtet sehe ... Ich b n nämlich nicht nur Prosessor der Arsthetik, sondern ein wahrer, warmer Freund de« Schönen I" Dir Tante trat wieder ein, jedenfalls von dem Getöse herbeigelockt. Der Anblick der verworrenen Situation aab idr de» Mulh. zu sagen; „Ach entschuldigen Sie nur. Herr Prosessor. aber ich backte mir gleich. Herma würde sich ärgern Verzeihen Sie nur, aber S»e machen da- zn gelehrt, zu philosophisch!" „Vielleicht haben Sir Recht, gnädige Fron", versetzte er mit einem Anflug von Humor. „Ich Hab« dem Fräulein wohl zu viel zugemuihet und am E»d< ist die Reih« an mir, um Entschuldigung »u bitten." Und zu Herma gewendet, subr er fort: „Mir lchw«bte meine Schwester v»r, an der ich erfahren habe, daß «an auch junge Mädchen zu dem schöne» Z>rle führen kan», »elche« mir vorschwebt. Freilich, meine Eckwestcr ist krank, gelähmt, brustschwach, fir »erbringt den größten Tbeil ihre« Leben« i» Lehnstuhl. Sie hat sonst nicht- vom Dasein, kennt keine anderen Reiz« de- Leben«, als l»r Welt de« Schönen, di« ich ihr erschließen kante. Sie hat m>t mir denken, arbeiten und — genießen gelernt. Wir besitzen keine echten Ma'morbüsten. aber ei» kleine« Musen an Photographien, Holrlchuittea nad Gtzpsabdrückeu. Und die Freude an diesen kleinen Schätzen macht sie nicht ihre Leiden und Entbehrungen vergessen, «acht sie auch gut, sanft, gedulvig. Fräulein Herma aber stehen ja gan» ander«, glänzendere Freude» und Genüsse zn Gebote, »nd ich «»ß es ihr Überlassen, ob sie sich fernerhin mit de« spritze« Stofs meiner Wissenschaft befreunden will. Darüber darf ick wohl um e,ne Meinungsäußerung bitten." Er verneigte sich höflich und ging. W O G Der Proi'essor saß A'end« an seinem Dtndirtilche. als 'bin gemeldet wnrde, daß ibn rin Iivr,r'er Diener zu lprecken wünsche Eine Absage von der Prinzissin Luise Marie ver- mntbeud, ließ er de» Bolen emtrelen Ab r es bauerte ein Weilchen. b>» er ihn zu G fickt bekam. Der Diener war draußen bekckä'tigl. irgend «tag» a»S:> packen und brachte nun zunächst eine lckwere Säule uns da»» ein Epemplar jener V »»»buffe herein, welche der Pros-sior Vv>nniiaa» halte iu Trum»ier satten sehe». Wäh e»v Säule und B»»e vor seinen Blick n anszericktel wurk>n, ig» er. aknuugsvoll lächelnd, da- B lleiche», mit welch m Fiäulein H rn,a ihre Sendung begleitete Sie wünsche, sck'ieb sie. die Erinnerung an die zerstörte Schönheit zu veiwischen, bäte ihn, diese Büste in P », Museum seiner Sckioeffer a»i-,uff>lleu und morgen, fall» es seine Zeit erlaube, um elf Uhr den U»Icr- rickl sorlzusetzen „Ich kan» Ihnen nickt Helsen. Freund", sagte er ohne Bedeuk-n zu dem harrenden B dienlen. „aber Sie müssen lchon so gut sei», die beiden Stücke wieder einzupacke» und mit meinem schönst « Dank zurückzustell.n." Er rcickle v ,n verdutzten Menschen ein Trink^l» und schrieb, indeß die Büste verschwand, folgende Zeile» a» Herma: .Rur. weil es mir zu koübar ist, sende ich Ihr herrliche- Geschenk zuiück Die Marmcrbüffe könnte sich unmöglich beoni'ch sühien unter unsere» Gvpsabdrücke». Mir aber wird ihr Anblick den gleichen Genuß bereiten, wenn es mir gestaltet ist, sie bei Ihnen zu bewundern." Der Diener ging: der Prosessor war zweisellcs ein unbe scheidener Menlch. Was wollte er denn sonst »och baden? Doclor Eichholz aber brauchte eine volle V>e,telstnnke. bis sich alle seine Gedank. o wieder ganz gesammelt Hallen. Endlich — endlich fand er sich zurecht .... Ar» er am anderen Tage im Hause Ullmann- erschien, eiupfil'g ihn die Tante — lehr verlegen, beinahe ängstlich. „Sein Sie nur nickt böse. Herr Piosessvr, meine Richte ist vor einer Stunde ausgesabren und noch nicht Heini gekehrt ' Er griff nach seiner» Hut Ich lasse »i ch empfehlen" sagte er; aus s,-men Lippen schwebte „och >iu l»erbeö Abschied» wo,t. Da fi l seil, Blick auf ..seine" Venu-büste Schmerzlich lächelnd beruhigte er dir alte Tanke: er werde wirte,kommen Draußen aber, vor dem Tbore. stieg ibn, der Zorn von Neuem aus. Ohne auch nur noch einen Bl'ck zurückzuwerse», nach dem Haule der überniüihgeu junge» Dame, schrill er davon nach Hause. Er bemerkte gar nicht, daß ibn vom Bock der leere» Equipage berab, welch« vor seinem Hause hielt. Jemand grüßte; er war »»ckt in der Stimmung, dergleichen zu bemerken. Ader schon in seinem Wohnzimmer duftete il»n Eau de Cologue entgegen. Fast b, klömme» trat er bei seiner Schwester ein uud blieb betroffen stehe». An dem Lehnstuhl, in welche», daS sieche, bleiche Mädchen ruhte, hockte aus einer Fußbank — Herma. Seine Schweiler bi,tt in den durchsichtig,», schmalen Händeu eine» großen Sirauß von srilchen, offenbar vor einer Viertslstunke eist gepflückte» Feldblumen. Iu Viesen, Augenblick wurde sie ihn gewahr unv sprang empor. „Ick habe Sw selbst gesucht. Herr Professor!' r><s ie aus und streckte ibm dir Hand entgegen. Er erfaßte d>,se )a»d mit warmem Druck, beugte sich auf sie hernieder und preßte einen Kuß daraus. Der spröde Stoss war überwunden. ch za »fcht virrziajahrigks Jubiläum -er Schachgestlllchast ^ugustea. (Forlsihuag.) Herr v. Schutz gedachte von Neuen, der hoben Verdi «iste de» I)r. v. Koltichall, und H rr Buchhändter Schellenberg an» Drrs.r» hie» eme m > großen» Beifall e.ufgenomincue Humor,ftijche N.de, die wir hier folgen lassen. In Ernian ielu„g zweier bekannter, hat unser Vorsitz nd r zwei unbikannlt Grüß n zur ossicielle,, Veilrelung bei Jhrir Jubelsen-r abg ordnet, als welche lch nur erlaube Itmen vorzustelle» uni«,en SchrisisUbrer und meine Wenigkc». Zugleich bin ich beaujlragi worden, hier vor Jlinen Allen die Veh uplung auszusielle», bez den Beweis dasür zu erbringen, daß Ihre „Auguftea" nicht nur die erste, sondern auch die beste all r Schachgeiellichoffen unsere» geeinten Vaterlandes sei, uud daß Leipzig, wie IN so vielen anderen Dingen, auch aus dem Schachgebietc au bei Sp tze der llimlisaiion ma>sch>re. Nun. meine He-ren, get-eu dem mir gewoidenen Befehle behaupte ich die» uud bkluse mich z»m Beweise aus einen q-w lse» Herr» von Goethe, welcher ja auch Ihre Stadt so sehr gelob! und sie sogar mit Pari» verglichen bat, unzweiselhafl wegen de» Nose»thalS, dess-n sich beide Städte zu erfreue» haben. Schon bei der Ankunft, wen» mau in die Deoirbke gestiegen ist und der edle Sloifelenker so kräffig angezogen bat, m rkt ma», daß man sich iu der Stadl des Nöiseilpruuges b findet. Leipzig ist d r Sitz der altehiwürdigen Schachze,m»g. hier wird da» „Handbuch" vergrffl-ii und »lanches Audeie augegrifie», hier rügneri e» förmlich von schich ichen llnlerneln,,»» ,en. Leip^g >si d>-r Grund sie,» und das ltckjel» oller schachl.chen Bew-gnugen uud Bestrebungen, hier b wabrbeuet sich da» Dichlerwori: ,,E» >oll h-r SLager mit dem Kön g geben", denn Sie genießen de» Vorzug, an der Spitze Ihres Be,e »s ein n auch aus anderem Gev-eie bochqeseierten »eiste» der»» sieden zu sehn: Ihnen ist r» mögl ch, aus ein Parterre von Meister» zu blick n uud mit Spielern vom erste» Nonge zu verkehren uud über Jbuea tbronl der Olymp, v»n dem Gött liches h rniidcrs chal i I. Ja, meine Heirrii, Sie dürfen Sich sogar den Luxn» erlaube«, manchmal >n>! Zwanzigen zu spielen: w in wäre da« sonst noch vergöiinl? Kurz»,» — iu Leipzig zu sein, ist ein Gewinn, uud rnelir kann der Schachipielrr »nt» verlange». Rach diesem Pinki y icu» werben Sie wohl die Ueberzeuqnn i gewonnen haben, daß Ihr Bereu, von keinem anderen übertruinpii w rdtn kann, und dennoch — es ibul mir lei». Ihnen diese Uener- zeugunq rauben zn müssen. Bor Allem der Wahrheit die librel Sv groß Sie uuch dastehen — Dr-sv u ist Ihnen über. Auch wir bereiten dem ahnungslosen Ankömmling einen würdig « Empfang: Mancher von Ihnen erinnert sich vielleicht jener l>«> rühmte» 8 Stufen, die au« der Bahnhofshalle hinunter aus d>» Schachbrett Dresden» führen und deren Steine so off berührt worden sinh, daß die Meisten daraus straucheln oder gar zu Falle kommen: da- ist die Dretdaer Eröffnung, da» sogenannte Badnhos»- Gombi». Bei un» spazieren der König und die Königin utchi blo» aus dem Schachbrett» Herrn», bei nn» könne. Sie ihnen onck aus der Straße begegnen; mit den Olffrierea werlen wir »ur so »m uns und Bauer» habe» wir mehr, al» un» lieb lst. Und »un erst unser Llubl Al» dieser Tag« Frcund Schonländer un« mit seinem Besuch« beehrte, w-hntr er i» eine Geveralversomm ung geralhen zn sei», s» »oll war e» und s» ruhig ging e» da zu l Welch eiae müßig« und nüchterne Geselllchafil Jeder begnüg sich mit einer Flasch» Gvdawaffer, »nd da» Gekoris« könne» Sie schon höre«, wen» Eie dt« Lrepv« berank kommen. Um jeden T'sch gruppier« sich 8—10 Zuschauer, keine« gieb« einen Laut von sich aber ein- greis«» ihn» sie Alle i» da« Spiel und eh« man sich» veifieh« ist der Marsch fertig. Und da,» di« Onalüü« unserer Spieler l gor eine. Hülst« setze» ffe sich zusammen au« Spielern, di« Alle» über- sehe», »nr andere« aus Blindlpieler«, di« absolut gar ns»t» lehea. Mir ha»«» das Brett »icht »nr «m Kops«, sondern manchmal auch vor de« Kopse, und jede» Morgen ist her Fußboden dich' trlüei mt» ^opferte, Fsgare». Dabei aber find » r solide Lcuir, iwir spteke» de» Joint »ich» döher als um dle '/, Sie »erdr» mahrscheinlich denken: ..Der Kerl schneid,« oder aus «h »atet haben dt« DrKdner noch »ich« einmal einen Eongreß zu Stand« gebracht!" Ja, meine Herren, da» ist wähl wahr, auer eö Hai auch seinen guten «rund! Da- E nzige, worin wir Idae« noch »ich« aanz gewachsen find, ist das Problemiach, und di« Eongreßangele ienkeil ist ein« Au'gabe. die bisher immer nach schwer für uns war: wir baden die Lösung bis l tz' noch fi nden könne« Wir knaupeln aber schon lange daran vernm. «>>d daß wir sie schließlich doch »och derauSkneg n. ist »ur noch ein« Frage der Zeit, daraus können St Sch veilasien. U. I w. E» spräche» noch die Herr-» Zachau und Boß. Beide» Borlioadsmiiglieder. Der voeiiichc Toast des Letzlereo folge hier: Zum vierzigjährigen SiisiungSseste om 4. December >888 Tie -eniqm. I»>- den, ..schalt" enttprunFen, Hat hcut tM „Auguftea' dejiin^en. E„ Schackverein, der 46 Jahr desi hi. Uns beule frov sein Sti'luugssrst degiht, Dem kann man freudig wohl e»lg gen rufen: Beiül' düh Goitl Und Alle, die dich ichuient Schon Mancher ist aus bleiern Kreis geschieden. Er wurde „matt" und weil» nicht medr hienieder». Ja t'iier ond,rn Welt kan» man id« finden — Wo er demilut, sich einen Elub zu gründen.! Fr.uoh.Zckeilorl" ist auch nun schon dort oben Al» Lebrer da, da» ..Blmdliiigsip,1" zu piodr». Seid AU' gegrüßt, seid All' geehrt! Bo» einer Dam-, die zum Lp ej gehört. Bor Abrin aber iolli' da» Glas erheben Zum Hoch! des Präsidenten. Er soll leben! So lange Iabie ftg> d er »reu zur Seite. W r bitten 'e-ner ni» die Gunst auch heul«. De», B krpsänden». Schochkanzlrr" man sh» nennt. Brel Dank sür seine Muhen, Den iassen ur inalS nur vo» dannen ziehen. Auch ihm ertönt em Hoch! aus Aller Kehle»! Denn streng »»d gut ist er. mchi zu verbeulen. D i» Zecretoir auch sei ein Hoch gebrach,! Der immer „still", ob schreibt er. od<r „schacht". Und alle andern Herren, die >n> Schach Sich abgemnhi. auch sei c>» Hoch! gebracht. Run will ich schnell mich aus dem Staub« machen, Daß uiigenirt die Herren !S men lacke». Da sie die Damen nie i» il»e» Kreis gerogen, D'r Aerger t at zum Blaustrunap! mich lewng-n. Herr v. Schütz gedachte des Leites der Schachspieler, des Turnier« glück» Herr ;Zit»anzig verlas die eingelauseneii Telegramme, näm lich der Schuchvereine zu Jena. Dessau, Glauchau, Magdeburg. Schachelub Anderste» in Saaz. Hamburg. Frankfurt, .4 8. t!. München, Meister i» Kiel. Rach Beendigung des Essens und E»l> scniiiiig des Miisikcorps enttv ckelle sich bei Wem und Clavieispiel «roch ein fröhliches Achachtreibc» bis zum tagenden Morgen. Bon den Fesiliede n laste» wir zum Schluß noch das nachsolgcndc kleine Humor- und sttnimniigsvollc „Das ewig Weibliche" folgen. ''Heledic. stimmt an m,t h<Uem. hchem lrlanF. Es hat ein hoher Iudclrag Beriammell unsre Brüder Zu freuiidichasllichem Festgrlag In trauten, Kreise wieder. Und wahrend wir der Lust uns sreu'n Mit wonnige,» Behagen. Soll hoch ini Lied gepriesen sein. Was wir »m Hcrzc» tragen: Die trene Fra», di« früh und spat Im Haus durch liebreich Wallen csuchl den oft düster» Lebenspsad Uns sonnig zu gestalten; Die hold« Braut, mag diesem Fest Sic innerlich auch grollen. Uud dem, der heut' tm Stich sie läßt. Dem Bräutigam, gar schmollen: Die schm cken Mädchen ohne Zahl, Die in den Iünglnigsherzen Entfache» beiße Lust und Qual. Der Liebe süße Schmerzen. Und wem das Sch-ckial sie verwehrt. Er hält mlt heißer Minne Die Dame aus den, Brette werlh. Sich ihrer Macht stets inne. Ob all' da» ewig Weiblich« Nun auch vom Fest geblieben. Doch kling' das llnbrlchrkidlich«: Hoch leben, dl« wir lieben! Nachdem an« Mittwoch, den ü. Deceniber, die Turniere ihre» regelmäßige» Fortgang genommen hatten, briuchlen die Festtheil- «iihmer Ab nt» größlenih il» da- Panorama, z» welchem der Ein tritt sür die Turme, ipieler selbst frei war. In d n Longreß- räuinen selbst wae. abgesehen von den direct am F fte Betbeillglea, der Verleb» ei» höbst lebendiger, wiewotil liiller, sreilich nicht immer schiveiglanier; ei» zahlreich s Publicum aus boden Ke>ellsch>islakreilen von anSirxiris »nd von hier, darunter auch schachliebende Dame», Halle sich eingesnnden. welche- sich leddaff sür den Stand der Pa lieu uud auch sür die Kammer selbst zu intereisiren schien. Im Hanvt- ttiintek war b!» DonnerSiag Mittag die Gruppe I. entschieden; sie zeigt folgenden Verlaut: 6 s 8 R Q V «tt E» — 0 0 l 1 0 i 3 Goering i — tt tt I o » 3 H >we» i 1 — i i k l>r. R-,s i» l — i 4 Reii-glaS >> tt 'l. « — > 2 Gleis i l tt ", — > Barai» ü tt 0 tt 0 — Die beide» Grnvpensieqer, Hawes uud Ne. Reis, haben mit den G upvensieqeru der noch schwebenden zme>t-n, nicht besseren. Turnier- hälsie um d:e Preise z» ft chen. De» bisheiige, Verlaus des Meiftertnrn e!», welche- vielleicht schov Freilog zu Ende geht, zeugt uachsteheud« Tabelle: Meister.Turnier. v Bardelebeu s ° ! 8 7 S Z oi -I, » e N «L 8 -s tt) s Z « tt» A L ttt Q I. M ,s- S tt — v l l l l » Mnckw tz i , 0 0 tt W Pauste» 0 -! tt « 0 1 F. R emano 'V i > i! — l 1 1 v. Scheve u i 1 > o — 1 A schviilänber «> l , » — » Or. Tai rasch 0 i tt , 0 u 1 — Die Gothallcheu Aalender -es hohen Adels für 1889. Leipzig. 6. December. Dem „Almanach de Gotha" und dem „Gvthostchen genealogisch-» Hoslalender" find regelmäßig zwei ander« genealogische Berössenllichunqen dersclbeu F>rma >n Goina» Just»« Pertdr», und in demseive» Tnscheniormat bejgegeben. In, grünen Gewand« präienlir» sich da» „Taschenbuch der Nrät- i'chen Häuser", li» dunk-kv »letten Kleide schließ« sich da» .Goihaische genealoat'che Taschenbnch der Freiherrlichen Hä nier". jene» im 6ck, diele» >m 3? Iadrganq stehend, an. Da» qiösiiche Taschenbuch >st da» wenau» umsänglichste dieser sömmi ich » Büchlem. es ,»idäl> über l-sO Seittu engen Dracke». reichlich zwei- buidert Sette, mehr, al« jede» der andern Taschenbücher und Kalendarien. Ist e» Znsull oder Absicht? wir wissen r» »ich«: jede- der beides
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