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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188812153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-12
- Tag1888-12-15
- Monat1888-12
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1888
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G Erste Beilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 3LV. Sonnabend ven 15. December 1888. 82. Jahrgang. Hehre Weihnacht. Bon F. von Zobrltitz. »ia»druck eer»«le«. Nie habe ich eine Weihnacht erlebt, so voll schneivender Gegensätze, wie vor vier Jahren. Die Sache ging seltsam zu. Ich sag am Vormittage veS 24. December in meiner ArbeitSstude und ärgerte mich über jeven einzelnen Druckfehler, den ich in den mir vorliegenden Revisionsbogen einer Novelle fand. Draußen rieselte leichter Schnee vom Himmel herab. Aus den Fenslergesimsen Halle» sich weiße Berge ausgethürmt, aber c« war bocv nicht kalt genug, um zwischen de» verein zelte» und sehr durchsichtige» Eisbtumen der Scheiben nickt den tiefblauen. sonnenüberslrahlte» Himmel erkennen zu können. Dieser leuchtende Sonnenschein zauberte mir denn auch allgemach die grämlich» Laune au- dem Herzen. Ich warf d,e Druck- boae» und den Bleistift bei Seite und sprang empor. Ich wollte hinau« in» Freie, um mir in der winterlich frische» Lust Kops und Seele rein zu baden. Kaum halte ich indessen den Ueberrock angezogrn und Len Hut aufgestülpt, da schlug die Klingel an der Thür mit schrillem Tone an. Baron Pagger wolle mich sprechen, meldete mir da- Mädchen — m dringlichster Angelegenheit und nur auf fünf Minuten. Pagger trat ein. Aus dem eleganten Gehpelz, der seine hohe und schlanke Gestalt enq umschloß, lagen dickte Schnee, krystalle, die er ziemlich rücksichtslos aus meinen Teppich ad- schüttelte. Pagger erschien mir sehr erregt. Sein hübsche», vornehmes Gesicht war stark geröthet, und au» seine» braunen Augen blitzte cm unruhiges Licht. „Verzeihe meine Störung. Fritz", sagte er hastig und warf feinen Hut aus den nächsten Stuhl. „Du mußl mir die große G-sälligkeit erweisen und mir den Egon holen. Ich habe soeben daS Eikennlniß erhalten, laut dem der Junge wir zugesproche» worden ist." Ick viUckle warm und herzlich die Hand de» Freundes. „Selbstverständlich bin ich zu Allem bereit, so schmer mir — ich sage Dir das offen — die Miision auch wird", ent« gegnele ich. „Weiß Deine — weiß Frau von Bahrrn bereits von diesem Erkenntnisse?" „Sie wird es gleichzeitig mit mir erhalten haben — gewiß," „Gut denn, ich werde mich sofort auf den Weg machen, u erwarlist mich ivobl in Deiner Wohnung " „Ick warte dort, habe auch schon meiner Schwester tele- giaphirk, baß sie sich umgehend einsinden möge, damit e« dem Kleinen nickt an zarter Pflege fehlt. ES ist so viel auch noch zil besprechen." Und plötzlich fiel Pagger mir um den Hals und schluchzte laut aus. „O. Fritz", rief er aus, „wie bin ich glücklich, daß ich uicin Kind wieder erhalte! DaS Herz wollte mir der Ge» danke abdrücken, für immer von ihm getrennt sein zu wüsten! Nun wolle» wir fröhliche Weihnacht leiern, und unterm Ehristbaum will ich da» Lache» meine- Jungen hören!" Er riß sich lo» und stürmte fort. Ich aber trat mit schwerem Herzen meine Wanderung a». Er war ein braver, herzensguter Mensch, mein Freund Pigger, aber auch er trug mit Schuld an dem zerfahrenen Leben, aus daS er zurückblicken konnte. Al» Sohn eines sehr reichen GroßgrundbesitzeiS war Baron Pagger zu GneSheim in das vornehmste Cavallerie-Regiinent der Residenz einge« treten. Nickl lange blieb er Ossioer. Er lernte ein jungeS lind bildschönes Mädchen. Frida Babrenselt, eine sehr begabte Länger,,,, die unter dem NamenS eines Fräuleins von Bahren der königliche» Oper aiigehörle. kennen und verliebte sich leiden schaftlich in sie. Gewohnt, allezeit seine eigenen Wege zu gehe», achtete Pagger der Bitten, Mahnungen und Drohungen seiner Angehörigen, die von einer Mißbciratb nicht» miste» wollten, nickt; er warb um Frida und erhielt ihre Hand. Am Tage seiner heimlichen Verlobung nahm er eine» längeren Urlaub und reichte gleichzeitig seme» Abschied ein. der ihm ohne Weitere», wenn auch mit Bedauern, bewilligt wurde, alS man erfuhr, welche Gründe ihn dazu bewogen hatten. Ailbur stand derzeitig erst >n der Mitte der Zwanziger. Sein Ebarakter war noch unausgereist. Heißer Leidenschaft folgend, halte er ohne Ueberlegung, Vor allen Dinge», ohne sich über feine Zukunft >», Klare» "zu sein, seinem Herzen nachgegeben. Die Folgen blieben nickt auS. Seine Eltern sagten sich lv« von ihm und verweigerten ihm für die Folge jedwede Unter stützung. er war also ganz auf sich selbst angewiesen. Arthur war nun eine vielseitig begabte Natur, aber von allen Golles- gaben steckte immer nur ein Funke in ihm, und eS fehlte ihm an innerer Sammlung, sich zu einem bestimmten Berufe aus bilden zu lasten. Er hatte anfänglich die Absicht gehegt, seine junge Frau zu bitten, gänzlich der Bühne zu entsage», und schließlich mußte er frob sein, daß dieser Entschluß unau»ge- fülirt blieb, denn er lebte von der Gage Frida'-. Aus fein Zureden löste sie indessen koch den Eontiact mit der Hofoper, da es ihm unangenehm war. in der Residenz immer wieder mit jenen Kreisen, denen er srüber angebvrt hatte und die ihn jetzt zu ineiven suchten, zusammen zu kommen. Nun begann ein ruhelose- Wanderleben von Ort zu Ort Frida gastirte an allen größere» Bühnen Deutschland«, Oesterreich», Rußlands und Amerika«. Ueberall erntete sie Triumphe, und sie war glück lich dabei — glücklich in ihren Erfolgen und in ihrer Liebe. I» New-Bork schenkte ihr der Himmel einen prächtigen Knaben, der ln der Taufe den Namen Egon erhielt. Pagger wa selig vor Freude — diese- bildschöne Kind mit seinen großen blauen Augen schien der Liebe der Beiden neue Biücken zu bauen, aber e- schien doch nur so. Die Entbindung Frida'« batte für die junge Frau schwere Krankheiten zur Folge. Lange Monate hindurch mußte sie ihre Bilhiienthätigkeit unterbreche», und nun trat, da Arthur bi-her nur für die Gegenwart ge lebt. in seiner ganzen rauben Häßlichkeit der Mangel an die Beiden heran. Pagger versuchte zwar, sich durch journalistische Arbeiten einen Verdienst zu erwerben — auch sei» Malerkalent begann er zu verwerthen — aber seine Unersahrenheit und vor Allem eine gewisse Eitelkeit, die ihn daran hinderte, sich mit voller Tbalkrast aus da» Verdienen zu legen, ließ ib» Uber diese ersten Versuche nicht berau-kommen. Dazu kam, daß eS Pagger schwer siel, seine Passionen und luxuriösen Wohlleben erzogen, vermochte Angewohnheiten auszugeben; im W er >» den Tage» der Bedürftigkeit nicht, sich einzulchränken. Auch diese schwere Zeit ging zwar vorüber, aber ihre Schatte» waren erkältend in das Ebeleben der Beiden hinein- gefallen. Pagger fühlte eS plötzlich wie einen drückenden Alp auf sich, Nicht-Anderes alS der „Mann seiner Frau" zu sein, und dock vermochte er andererseits nickt, sich mit Energie aufzurafien und eine eigene Tkätigkeit zu entwickeln. Er wurde mürrisch, unfreundlich und lieblos zu seiner Frau. DaS Wanderleben behagte ihm nickt mehr, und so verbrachte er oft Monate in Nizza, Florenz, Paris ober Rom. während Frida auf deutschen Bübnen aaslirke. Frda litt anfänglich schwer unter diefen Verhältnissen, die sie doch nicht ändern konnte; alS sie aber hörte, daß Arthur in Florenz in nähere Beziehungen zu einer schöne» »nv reichen Amerika nerin getreten sei, da wallte ihr Fraucnstolz mächtig in ihr aus und sie beschloß blutende» Herzens, sich für immer von ihrem Gatten zu trennen DaS war um dieselbe Zeit, da geschäftige Klatschzuiiqen auch Arthur zugctragen halten, «zrika sübre ri» leichtsinniges Leben — und voll bitteren Grolls ging er auf die Sch idung ein. Die Treiinnng der Ehe machte vor den deutschen Gerichts höfe» Schwierigkeiten, die Fora aus eigener Initiative indeste» dadurch zu überwinden verstand, baß sie den» Reckt-anwalt Ailbur'S duick ihren Vertreter mitlbeilen ließ, „sie habe ihren Gatten böswillig verlassen". Frida liebte Arthur noch immer, aber sie wollte seinem Gluck » cht im W ge stehen; sie war überzeugt, daß ste ein Gewicht für ihn bildete, da» ihn bin derte, vorwärts zu streben, und sie glaubte, daß cr a» der Seite jener jungen und reichen Amerikanerin, die er i» Florenz kennen gelernt, ein größere- Glück finde» würde als neben ihr. Dock auch die SensationSafsaire mit der Amerikanerin Halle die Fama in rastloser Geschwätzigkeit übertrieben. Aus dieser flüchtigen Flirtation wäre eS weder bei der jungen Dame, noch bei Pagger Ernst geworden. Letzterer kehrte, nachdem die erste» Schritte zur Scheidung von Frida eingeleitet worden waren, nach Deutschland zuiilck und söhnte sich mit feinen Ellern auS. die ihn nunmehr mit ossenen Arme» empfingen. Er hatte beschlossen, >» diplomatische Dienste zu treten, arbeitete eifrig und abselvirle auch binnen Kurzem — unterstützt durch einflußreiche Eonnexiouen, Dank denen ihm eine Anzahl Semester geschenkt wurde — sein juristische« Staat» xamen. Die Scheidung war inzwischen erfolgt, nun aber entspann sich ein heißer Kamps um Ego», den keiner von Beiden von sich lasten wollte. All' daS flog mir in kaleidoikovischen Bildern durch den Kops, als ich mich aus dem Wege nach der Wohnung der Fruu von Bahren besand. Sie iveilte erst seit einigen Wochen wieder in B-rlin — wie man sagte, um ein erneute- Engagement an der Oper z» suchen, wie nian aber heimlich sich zuflüsterte. »in einen berühmte» Hals-Svecialisten zu consultiren. da ihre Stimme in letzter Zot in seltsamer Wc.se an Kraft und Wohllaut verloren balle. Frau von Bahren empfing mich selbst. Ich kannte sie vo» früher her gut und wußte, daß sie eine außerordentliche Schönheit war — aber ick war dock frappier, alS ich sie nun, »ach Iabre», wieder vor mir sah. Sie balle nicht« von ihrer Schönheit verloren, nur ernüer und herber war dieselbe ge worden. Ein Zug stiller Entsagung und heimlichen Schmerze- lag aus ihren edlen Zügen, und au« ihren dunklen Augen blickte ein Etwa» wie da« Leid der Niobe. Ruhig und ohne ei» Wort der Unterbrechung hörte sie mich an. Erst al- ich geendet batte, sprach auch sie „Ich war daraus vorbereitet, meinen Sohn zu verlieren" entgegnete sie, .,— eS giebt keinen Schmerz mehr für mich, der mein Herz zermalmen könnte. Dock — der Baron Pagger muß warten — mein Sohn ist krank — schwer krank." Ich erschrak aufrichtig. „O Gott, gnädige Frau — welch ein Unglück! Hoffentlich ist Aussicht auf baldige Besserung Vorbanden." Sie schüttelte den Kopf. „Der Arzt hat mich soeben verlasse», und sein AuSspiuch hat m ch nicht sonderlich er- mutbigl. Egon hat da» Scharlachsicber gehabt »uv ei» Rück fall ist einaetrele». Der Arzt erwartet heute Abend die ent fcheidende Krisis. Sage» Sie da- Ibrem Auftraggeber. Mich rust die Pflicht an das Belt meine« Kindes zurück." Pagger gerie'h in unbeschreibliche Erregung, als ich ihm den traurigen Tbatbestand miltbeilte. „Großer Gott — mein Junge, mein süßer Junge ist krank", nes er auS. „Todlkrank vielleicht — vielleicht seh' ich ihn nie wilder — nie wieder sein blaue- Auge, und nie wieder kann ick seinen Blondkopf an meine Brust drücken! Ich gehe bin, Fritz, und Du mußt mich begleiten. Du erweisest mir diesen Liebesdienst, ick bitte Dich flehentlich darum! Allein kann ich nicht, denn wie wird sie mich hasten, daß ich ihr da« lkind rauben will! Allmächtiger Gott, und nun wird unS Beiden der Tod e« rauben!" Es kostete mir Mühe, den Aufgeregten zu beruhigen. Erst al« wir im Wagen saßen und nach der Wobnung der Frau von Bohren fuhren, wurde er ruhiger. Er sprach k-in Wort weiter und saß still in einer Ecke. Ich ließ mich zuerst bei Frau von Bahren anmelven. Sie schrak zusammen und ward todtenbast bleich, al« sie hörte, daß Arthur im Vorzimmer wartete. Aber sie faßte ick sofort wieder'und entgegnete, ohne zu zögern, dock mit leisem Vibriren der Stimme: „Baron Pagger mag eintreten. Mein Kind ist auch da« eine — auch er gehört an daS Bett Egon'« zu dieser Stunde." Ich führte Paqg-r in den Salon. Sie begrüßten sich Beide mit einer stummen Verbeugung, dann schritten wir in die Krankenstube Al» Arthur » - kleine Bett sab. in besten Kisten da« üße, fieberglüben"» Kinderhaupt ruhte, wollte er schluchzend in die Knicc sinken, aber Frida hielt ilm zurück. .Keinen Laut — ick bitte Sie", flüsterte sie, und zum erste» Mal an diesem Abend streifte ihr Auge da» seine; „tiefste Ruhe ist nölhig — seien Sie gefaßt — wie ich!" Und nun »ahmen die Beide», indeß ich mich ,» den Hintergrund de- Zimmer« zurückzog, am Belte ihre« Knaben Platz. Frida sandte die Wärter,» hinaus, sie war nickt mehr von Nöthen. Die iiötbigen Obliegenheiten besorgte sie selbst, und Arthur hals ihr dabei. Ta Eaon unruhig schlief, so niußte der Eisbeutel aus seiner Stirn mit allergrößte» Vor sicht von Neuem gefüllt werden. Dabei sah ich. wie die Hände der beiden geschiedenen Galten sich berührten; sie zuckten Beide zurück und Beide erbleichten und crröth.lcii hieraus zugleich. Es war rin seltsame« Bild. Nach einer Stunde etwa entfernte ich mich leise und beiinlich — A-ruisgeschasle riesen mich ab Erst am Abend konnte ick abermals bei Frau von Bahren vonpreche». Der Arzt hatte den verzweifelte» Eltern hoffnungsvolleren Bericht erstattet^ DaS Fieber hatte bei Egon nachgelassen, das Allgemeinbefinden des kranken Knaben war im Elogen begriffen. Ich blieb einige Minuten mit Arthur im Eßzimmer allein. Hier stand ein Ehristbaum, und darunter lag eine Anzahl sorgsam verschnürter Packele. Mit thränenkeir Augen deutete Pagger aus diese. „Für Egon", sagte er, „WolmachtSgeschocke! Wird cr sich über sie freuen können? — Welch' Ehristfcst!. . . Dock ick muß zurück in die Krankenstube — ich bitte Dick, warte hier! Ick bin iu nauiculoser Erregung — o, und wie gut ist sie, wie aut!" So saß ich Venn wieder still im Lehnstuhle und wartete „Wie gut ist sie!" hatte Arthur gesagt — die Worte klangen mir fort und fort in de» Ohre» Wider. Wollte daS Ebrist kind >» heiliger Stunde als Engel der Versöhnung hermcder- steige» ? llnd wieder mochte eine kleine Stunde verflossen sein, als Arthur geisterhaft blaß und mit gerungene» Häuten in das Zimmer stürzte. „Zum A>zi", keuchte er, „ick bitte Dich, Fritz, eile zum Arzt — ick fürchte, eS geht zu Ende — der Athen, wird schwächer — e, großer Gott!" Ich stürzte ravou. Glücklicberwe se war mir der Ar;t d-r Frau vo» Balire» persönlich und demzufolge auch dessen Adresse bekannt. Der alle Sanitätsrath schüttelte den Kops, al« ich ihm die Trauerbotschaft brachte, war aber sofort bereit, mich zu begleiten. „Seltsam — ganz seltsam", sagte er, während er in de» Pelz schlüpfte und nack dem BambuSstock griff: „daS Fieber war koch vorhin im Abnchuien. die Krisis so wie verwunden — sollte irgend eine Dummheit gesche sein?" Al» wir in das Krankenzimmer traten, lag Arthur aus den Knien vor dem Bette Egon'S; Frida saß aus dem Stuhle daneben und hielt die Rechte de« Knaben in der ihren. Au- dem Antlitz Egon'» war die Fieberrötbe ge schwunden. seine Augen waren geschlossen, nur leise hob siä die junge Brust. Der Saniiätsrath betrachtete den Kranken mit scharfem Auge, legte seine Hand aus beste» Stirn und beugte sich dann über ihn herab, um seine» Atbemzüaen zu lauschen. Mit fiebernder Angst hingen die Blicke Frida'« und Arthur'« an seinen Lippen. Der Arzt lächelte. „Ja, mein Gott, waS wollen Sie denn noch!" sagte er „Besser kann'S um den Kleinen ja gar nicht stehe»! Da« Fieber ist ganz verschwunden — er schläft!" Pagger starrte dem Rath in« Gesicht, al- habe dieser in sremven Zungen gesprochen. „Aber, mein Himmel — diese« unmerklicke Athmen!" stütz er hervor. „Hört cS sich nicht an, al« läge er in den letzten Züge»?!" „Im Gegentbeil". lächelte der alte Mediciner von Neuem „gerade diese- anscheinend schwache, aber durchaus regelmäßige und tiefe Athmen ist da- beste Z-chen für die beginnende Genesung de« kleinen Burschen. Lassen Sie ibn schlafe», so lange er will — morgen früh gegen neun Nbr komme ich wieder. Ich babe da draußen im Mitlelzimmer einen Christ baum stehen sehen — zünden Sie beruhigt die Lichter an und feiern Sic fröblicbe Weihnacht — eö steht nichts mehr zu fürchten. Gott befohlen!" Und der Arzt grüßte freundlich, nickte mit seinem grauen Kopse und trottete aus dem Zimmer. Nun aber ereignete sich etwa« Unerwartete«. Eine» Augenblick standen Frida und Arlbur wie erstarrt — dann aber entrang sich ei» un- artieulirlcr Laut, Etwa« wie ein unterdrück«»« Jauchzen der Brust des Letzteren, und er zog mit rascher Bewegung Frida an sich beran. „Mein Weib — mein Weib!" St ll weinte sie an seinem Herzen . . . Ich aber zog, der sich Wicdersiiidei'deu Seligkeit „,chl zu stören, in aller Heimlichkeit Mich zurück, warf mich draußen in eine Droschke und subr der eigene» Wobnung zu. Ta« war die schönste und behrste Weihnacht in meinem Leben und die wundersamstc zugleich. V er misch t es. --- Rudolstadt, ll. December. Heute Mittag um 12 Ubr fand am Hause Mauerstraße Nr. 27 die feierliche Enthüllung der für den Dichter der „Bilder und Klänge au» Rudolstadt", den am l. Juni d. I. verstorbenen Garnison- Prediger Union Sommer, vom hiesigen Sladtralh ge listeten Gedenktafel statt. — Es batten sich zu der ernsten Feier nebst den Verwandten des Verewigten, den Herren LaiidgericdtSp,äsident Ver»i»ger und Reckt-anwalt Rath Klingbanimer, die Sp Yen der Staat«- und Stadtbebörden, eine Deputation des Ossicier-EorpS. Vertreter der Kirchen und Schnlbebörde» und ei» zahlreiche- Publicum eingesunken. A>S Einteilung intonirtc die Stabtcapelle de» Eboral „Sei Lob und Ebr' dem höchsten Gut", und diesem folgte c»> Gesang de- Lebrergesangvcrein«: „Der Herr ist mein treuer Hirt" von Stein. Herr Erüer Bürgermeister am Ende hielt hieraus folgende Ansprache: „Hoctig ehoe Beisominlung! E» gilt der Feier eine« Manne«, der zwanzig Jahre hindurch in dem einfachen Bürgerdauie gelebt und gewirki hak, vor welchem wir uns heute eingclunden liabe»; e« g.li der Feier der En,l,üllung einer G denkrosel iür unseren Auto» Sommer. AIS Sohn eines fürstlichen Hosmusiku? am N. December >816 in Rndolst >bt grl oren unv auf den, hiesigen Gymnasium zum Studium i» Jena gebildet, lebte Anton Sommer seil >847 »i Rudolstadt. Nach einigen aus wärtige» Stellungen ini Lehrerfoche hatte er zuiiächst die Leiiung einer höheren Töchterschule hier übernommen, wobei er zugleich als. Prediger »u benachbarten Dorse Schaala z» wirken halte, b>S ihm 1864 das Amt eines GarnisonpredigeiS übertraae» wurde, da« er »ur in Folge verdunkelte» Augenlichte« >885 ni,verlegte. Wie er i» herzgewinnender Weise als Lehrer und Geistlicher sich hochverdient machte, io wurde er auch ats Dichter ziini gefeierten Lieblinge. Seine seit 1848 immer neu und vermehrt erschienen » „Bilder und Klange aus Rudolstadi" sino als Dtalektdichlunge» an sich von Bedeutung, sie geben aber zu gleich »nt liebevollster Iieue alle Iüge des Rudolnädier Volkslebens in solcher Lauterkeit des Denkens und Fuhlen«, dabei niit so glück lichem Humor wieder, bah diese „Bilder »iib Klange" überall zu erfreuendem E »drucke werden. So ward er auch im besten zum unenil ehrlichen G legenbeil-dichter seiner Bateistadl, gab ihm doch jede Festlichkeit Anlaß, dem Materiellen derselben eine höh re Auslassung zu viil-ihen; Anderen Freude z» bereiten, war seine größte Freude. Nüüst sürstliLen Auszeichnungen ward ilnn daher an seinem Geburtslage jv8l das Ehrenbürger,eckt sonor Balerstabl eiihrilt und spater wurde mit höchster Genehmigung Seiner Durch- taucht drs Fürsten die längste Straße der R sidenz nach ihm „Somme, strotz" benannt. Bei all n dielen engsten Beziebungen zum Heimntbsorte ist er immer ein treuer deutscher Mann gewesen, auch bcm »euerstandenen deutschen Reiche hat cr freudig seme.Dichiergrüß,- gewinnet. Uni das Andenken unsere« g>lieblei> Auto» Sommer besonder« zu ehren und die Erinnerung an sh» wach zu Hallen, hat der Stadlrath be- schlossen, an diesem Hause, in welchem er so viele seiner Geistes- srüchle zeitigte, in welchem am >. Juni diese« Jahre« seine goli begnadete Seele den erkiantien Körper verließ und den lichte» Höben zu'chivebte, eine Gedenktafel anzubrinqen, die beute an des Dickner« 72. Geburtstag die Weihe erhallen und der Oesscntlichkoi übergeben werben soll Möge diese Toset zeugen von Anerkennung und Dankbarkeit, möge sie auch eine Mahnung zu stetem Streben und zu treuer Pflichterfüllung sein." Tie uiukränzte Tafel, unter welcher eine Orangerie aus gestellt war. wurde jetzt enthüllt; sic trägt in goldenen Lctleru i»c Inschrift: lu äissem klsniiv vvolinw ynck ckicktvto AVlOX LOäl.äUIt >868—1888. Ei» Gesang deS LehrergesangvereinS: „Die Himmel rübmen de» Ewigen Ebre" von Beethoven und ein weiterer Bers de« ansaiig» gespielten Eboral« beschlossen svkau» die Feier, welche alle» bei ihr Anwesenden eine schöne Erinnerung bleiben wird. (Rudolstädter Zeitung.) -- DaS jetzt veröffentlichte Personalvcrzeichniß der lln i versitäl Köniaöberg ergiebt, baß dort im lausenden Wiiitersrmesler 760 junge Leute studiren, von denen l88 der Tb ologie. 134 der RechtSivisfenschast, 244 der Med cin, litt den philosophische» Fächer» sich widmen. Zwölf Hospitanten besuchen außerdem die Vorlesungen. üöekst pD6i8ävüräi§6 ^T6ikQL6kl8-A.n§6bots in Fsnliavn kvtt-iiUAsvIkv. Von Inlot 1-ilon>l Von pnrpiir Inlot Rück 4.—. 4 50, 5 75. Rück /» 4.75, V.40, 7.25. DsokdvIUrviüLs. 5. Lu Von M0«»A -l«t>» <«ll»»«onloli,oi»I V»» M«t», Stück 4.40. 4.7b, 5 7b. 8tücll 4.7b, b.75. k«rUK» SvMüvksr. V«»» Von I-Olnl« Von Cr« tonn« Stück .« S.30, 2 50, 8il,rk .«» 3.30, 3.80. 4.25, Ltück -st 2.7b, r-rttß« votvrdsU-Illlsts. Von sxr-tr« ist Ini« t <8ito,«>> Von ro*» un«I purpur I»roN 8tück .« 4 — 4.50. Rück .St b.2ü, ü.80. 6.75, 3.2b. 4.50. 3.-. 5.75. 7.50c ßüi» vani«ninoil«n unil I-oinvn«»aoi"on.
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