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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188812216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18881221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18881221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Text schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-12
- Tag1888-12-21
- Monat1888-12
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1888
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Dritte Mage zum Leipziger Tageblatt and Anzeiger. 35K. Freitag den 21. December 1888. 82. Jahrgang. Lolonialpolitisches. * Thatslkchliche Angaben, welch« bbrr da« Schicksal Emin Pascha'« und Stanley'« ein bestimmtere« Unheil, al» di«her. gestatteten, liegen nicht vor. Aus eine von dem Ber» liner an da« englisch« Emi« Pascha-ComitS ge. gefangen; wir glauben, daß Stanley nicht bei ihm war, sonhern aus einer anderen Route zurückkehrt. Wir sandten eingeborene Boten von Suakim nach Süden zu Erkundigungen im Juli, erwarten täglich ihr« Rückkehr, werden Sie in Kenalniß setzen. Mackinaoa." * Da» von Samoa in Auckland einaelroffene britische Kanonenboot „Lizard" meldet, daß neue Kämpfe zwischen Anhängern Mataasa'S und Tamasese'« stattsanden, bei welchen der beweisende Gesammtverlust hundert Todte und mehrere Hundeit Verwundete belraaen haben soll. Ein englische« und zwei deutsche Kriegsschiffe vefanden sich noch vor Apia. * Nachrichten de« .Hamburger Correspondenten" au« Sstdaustralien zufolge liegt vem gesetzgebenden Rath« dieser Colonie gegenwärtig «in Bericht de« Generalmajor« Dowin« zur Beschlußfassung vor, welcher eine durchgreifende Aenderung deS borligen Militairwesen« verlangt. Der Bericht erklärt die Zahl der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Truppen für zu gering und die Kosten ihrer Unter. Haltung für zu unveryältnißmäßiq koch. Die Recrutirung unter dem gegenwärtigen Werbesysiem sei ungenügend, und die Reserven seien ebensall« nicht zahlreich genug. Zur Be seitigung dieser Uebelslände empfiehlt der Bericht die Ein führung der allgemeinen Dienstpflicht für die Miliz. Die Dienstzeit in der stehenden Miliz soll für die Mllitair- pflicbtigen im Alter von 20 bi« 24 Jahren drei Jahre dauern, die Reservepflicht bi- zum 30. Jahre. Unter Berück sichtigung der zu erwartenden zahlreichen Abgänge würden, wie der Bericht annimmt, nach zehn Jahren SOOO Mann Truppen der stehenden Miliz und tOOOO Mann Reserve vorhanden sein. — Man sieht ber Ausnahme, welche die Vorlage in dem gesetzgebenden Körper der Colonie finden wird, in Australien mit lebhaftem Interesse entgegen. Verein für wissenschaftliche Pädagogik. * In der letzten Schling vom 4. December reserirte Herr Lebrer onschmann über Willma»»'« Didaktik 1U. Lyell: Der lldullgSlnhalt, und zwar die Analyse desselben vnd da« philologische Lehrgut. Die Analyse de« BildungSgehalte« nnternlmmt der Verfasser von der historischen Entwickelung d-S Bildung-Wesen« au«, und die Art, wie die Bildung mit dem Stoffe schaltet, leitet zu seiner Lintheilung. Daher giebt e« Stoffe, an denen die Bildung arbeitet, und andere Stoffe, mit denen die Bildung arbeitet; diese stad erst nachträglich in den Schulunterricht eingetreten nud also den grundlegenden Stoffen gegenüber accessorische. Zu den ersten, den Scholwissruschastea, gehSren: die Philologie, die Mathematik, die Philosophie und die Theologie. Die Theologie gehört dem Alter nach an die Spitze al« Mutter der übrigen Wissen schatten. An die Schulwissenschostea schließen sich Kenutaiffe aller Art: da« historische Wissen, die weltkundlichen oder geographischen Kenntniffe, die vielgestaltige Naturkunde und da« amorphe polymathiiche Wissen. Als dritte Gruppe reihen sich die Fertigkeiten an, die den Verkehr der Bildung mit der Kunst vermitteln, nämlich: Musik, Gymnastik, Giapdik und gewisse Elemente der Technik. Diese Eintbeilung de« Bildoug-gehalte« sucht Willmaa» tu alle» wichtigeren Büduagssystemen nachzuweisen und gewinnt bei der Zusammenfassung aller Ergebnisse folgende« Schema: Bildang-stoffe: Grundlegend« Di-ciplinea. Accessorische D««cipl>»e». Fettigkeiten. Schnlwifseaschasteu. Idealien. Material, formal, ttzitatie» f Phiiogle. Ethisch j Theologie -isscnschafien. Realie». Material. Geschichte. Popnläre Künste. Formal. Musik. Physisch. ( Mathematik. Naturkunde. / Technik, i Gymnastik. Diese Llassificatloa der Bildungsstoffe (§. 4L) vermag mau aber noch nicht die eigentlich« Struktur de- Bildung-gehalt« zu nenne», da diese da« Lrzeugniß bestimmter geschichtlicher Bcrhältniffe ist. Diese« Schema erscheint daher nach dem geschichtlichen Verlause mit wesentlich oder wenigsten« theilweise verschiedenem Inhalt erfüllt. In dem moderne» Bildung«weien ist die Eoacentration da« zu lösende Problem, da die Glieder de« System» de« Bildnagöluhalie« eine nahezu selbstständige Entwicklung gesunden haben. Nach dielen Untersuchungen über den BildnngSlnhalt im All gemeinen behandelt Pros. Willmana da« philologische Element der Bildung (88- 45—52). Erst bei einem sehr sorigeschrittenea geistigen Gemeinlebe» werden die ausgezeichneten sprachlichen Schöpsungen Objecte de« Lehren« und Lernen«. Diese Schriftwerke, nach Stoff und Form der Au-druck nationalen Geiste«, rufen die Sprachkund« ln- Leben. Sie hat al« Schrlslknnde die Zeichen der Sprachlaute, al« Grammatik die Mittel der Sprache lm Allgemeinen, al« Stilistik deren Berwkiidung zum GedankenauSbruck, al« Rhetorik und Poetik bestimm« Formen der Sprachkunst zum Gegenstände. Diese Dit- ciplinen sind jedoch nicht Selbstzweck, aber unentbehrliche« Mittel. Die pdilologi'che Bildung-arbeit erwartet von der Sprachkund«, Sprachkunir und Literatur I) de» Erwerb von Kenntniß der Sprache und ihrer Technik, 2s den Erwerb von Fertigkeit l» der Handhabung dieser Technik und 3) Bekanntschaft mit den grundlegenden Meister- werken der Literatur. In höchst klarer Weise stellt hieraus der Vers. historisch die Pflege der verschiedenen Theil» de« philologischen Lehrqut« von der alten bi» zu unsrer Zeit dar und schließt Hiera» di» Reiheusolge der von ihm behandelten Stoffe. Be» der «chreibkuiift >ß-46) hebt er hervor, daß sie den Lernenden in den Besitz de« allgemeinsten Mittel«, geistige» Inhalt zu heben und geistige« Lrzeugniß zu fixirr», setzt, daß sie nicht blo« »um Richtigen, sondern auch zum Schönen hinleitet, daß sie, lnsosern sie Vew»g»ng«gefühlr und Vewegnng-impulse nach einem vorgeftelltea Muster abstusen and regeln lehrt, zum Rechtthun führt und so der Bindung an da« höchste elbische Geletz de« Handelu« verarbeitet. Weit wichtiger sind dem Verfasser die Untersuchungen über dir Sprachkunde (8- 47). Ihr grundlegender Tdeil, die Grammatik, ist der Schlüssel zum Berständniß von Sprachwerken und der Wegweiser ur Handhabung der Sprache. Der Schulbetrieb neigt dazu, den Sildung-gehalt der Grammatik überwiegend darin zu sehen, daß sie da« Sprechen und Schreiben normirt und zur korrekten Fettigkeit erhebt. Daher muß die D'daktck immer wieder fordern, Grammatik und Autorenrrklärung in gleichem Maße zu pflegen. Weit durchgreifender al« der intellectuelle und technische Gewinn sind die Einwirkungen de« Sprachstudium« aus da« Sprachbewußt- sein. Durch die aadaliende und eindringendere Beschäftigung mit der Sprach« wird die Umbildung de« unrefleciirten Bewußisein« znm reflectirteu bewirkt. Den ersten Weg zu dieser Umbildung be zeichnet die grammatische Verarbeitung der Muttersprache. Zn höherem Sprachstudium schreitet erst da- grommat. Studium fremder Sprachen vor. Am Latein weist nun Pros. Willmana die Wirkung aus da- Spruchbewußisein bi« zum Lateindenkeu, bi« zum Erfassen der Logik und de« Ethos der Römerspracke nach. Die au« det Sprache fließende Reolkenntniß ist da« entscheidende Bildung-Moment. Sprachkunde ist Volkskunde; denn da« Volk beihätiq» in der Sprache seinen Lharakter. seine Denkweise, seine Geistesrichtung und seine eigenthümliche Leltanstcht. E« wird in der Sprache nicht blo« nationale Literatur, Welt- und Euliurgeschichte, sondern auch Natur, und Moralphilosophie, ja eine volk-tbümliche Encyklopädie de« Wissen« gewonnen. Die An wendung dieser Gedanken in der Praxi« haben Karl Mager un Theod. Waitz versucht. Verfasser schließt daran die Forderung, da darum der Onomattk eigene Pflege zuzuwenden sei. Ja da« eigentliche Gebiet der Sprachkunst (8 48) führen andere DiScivlinkn der Sprachkunde, welche lehren, wie zur Correcthelt die Schönheit, die Kraft und die Anmu>h der Diciion hinzuzusügen seien. Die Sprachkunst verlangt eine Schulung ini verarbeiten de« objektiven Denk- und GrsüdlSinhali« der Sprache und eine solche im Herau-arbeiten de- subjektiv Gedachten und Gefühlten. Durch die Behei richiing ihrer Mittel kann da« erkannte Wahre erst adäquat ausgedrückt werden. Rhetorik und Poetik treten daher gegen die Stilistik zurück al« die Lehre von der sprachlichen Formung de« Gedauken« und der gedanklichen Erfüllung der Sprache. Da« philologische Ledrgut im engeren Sinne sind die Meister werke der Sprache. Sie sind Denkmäler de« Sprach- und National geiste-, zugleich da- Wahrzeichen de« Fortschritt.« eine« Volke» in der schönen Verkörperung allgemein mens > licher Empsindung und Gesinnung; sie bilden den Kern der Nationalüteratur <8 49). Ihre Pflege ist darum ein Gebot der Selbsterhaliuag eine» Volk-körper«. Ihr Beitrag zur Nahrung patriotiichen Sinne» und zur Gewinnung historischen Verständnisse« kann die höchste Bedeu tung erlangen, besonder« seit die Philologie al« Reconstruction eine« Volksleben« in seiner Totalität ausqesaßl wird. Sie bezeichnet den Fiißvunct oller Bildung. Da« schulmäßige Studium derselben ge schieht 1) durch die exegetische Sprachlehre, 2) durch die Literatur geschichte und 3) durch die Aesthetik. Nach diesen allgemeinen Erörterungen giebt Herr Prof. Wlll- mauu bei der Anwendung derselben aus unsere sprachlichen Unter- richt-sächer den alten Sprachen (8. 50) den Bortritt, weil sie der vorzüglichste Stoff seien, au welchem die Kunst de« verstehen« geübt werden könne. Eine immanente Logik sei da« Charakteristische ber lateinischen Sprache und ihrer Grammatik. Die griechische Sprache sei dem gegenüber eine Anleliunq zur geistigen Agonistik. Ihre Stärke liege im Differenziren und Nüancirea. Zar Umbildung de« SprochbewußtseinS haben die antiken Sprachen besondere Eignung. Durch idealen Umgang mit Hella» und Rom könne die Jugend mit der Denk- und Empfindung-weise einer veredelten Menschheit ver traut werden, sie könne darin Geschichte der Menschheit kennen lernen. Bei den Griechen und Römer» sei überhaupt der Bildung-ertrag der Philologie hinterlegt, »nd ohne ihre Kenntniß sei wissen schaftliche Philologie nicht möglich. Ein weitere« vernachlässigen der antiken Sprachstudien werde ein verflachen der Sprachkenntniß, ja der Bildung überhaupt nach sich ziehen. All unser Wissen und unsere wissenlchaslliche Arbeit sei durch da« klassische Alterthum be dingt. Auch die exacten Wissenschaltc» können der alten Philologie aicht entbehren. In gewissem Betracht seien die alten Sprachen noch immer die Depositäre de« Wissen-würdigen. Da« antike Ledr gut sei bei un« übrigen« derart mit dem christlichen verwachsen, daß ein Rütteln an den Grundlagen unserer intellecluell-äfthetilchen Culiur zugleich deren religiös-sittliche mitberüdren werde. Die klassische» Stu dien bilden übrigen« auch ein vereinigende« Band der europäischen Bölker- familie. Die Erlernung moderner fremder Sprachen (tz. 51) mußie zum Elemente der Bildung erdoben werden durch den eingetrctenen geistigen Verkehr zwischen den Völkern und besonder» al« Schlüssel zu einer Literatur. Mit den alten Sprachen verglichen zeigen die modernen Fremdsprachen den Vorzug, daß sie christlichen Lharakter haben. Die Werke der Sprachkunst stehen zwar in Rücksicht aus Einfachheit und unbewußte Größe zurück, zeigen dafür einen werth vollen Zuwachs an Dichtung-iormen und Stilen und stehen mit «nserm Lebensinhalt und Gedankenkreise in unmittelbarer Be- »iehung. Besonder» werthvoll werden sie eben dadurch, daß sie lebende sind und al« solche nachgebildet werden müssen, daher ist aus Au«- sprach« und Accent, aus Tonsall «nd Ausdruck große Sorgfalt zu verwendeu. Diese DiSciplin de« Ohre« und der Zunge und das Gebiet der Fertigkeit besitzt die klassische Philologie nicht. Im Lehrbetrieb ist e« ober schwer, alle Momente ihre« BildungS- werthe« zur Geltung zu bringen. Am Schluß seiner Darlegungen bebandelt Willmana die Mutter- sprach« lß b2), deren Schätze eifrig zu pflegen seien; denn die hei- mische Dichtung sei die Vorschule für alle Porste vnd für jede Lite ratur. In den einheimischen Nachbildern finde sich sogar ein gewisser Ersatz für da« altclassische BildungSelement. Die Muttersprache bedürfe besonderer planmäßiger Pflege, da in ihr da« Sprachbewußlsein wurzelt. Sie sei da« didaktische Stamm kapital, aus dessen stetige Vermehrung Bedacht zu nehmen sei. Aller philologischer Unterricht müsse gleichzeitig multersprachl cher sein. Die correcie grammatisch stilistische Handhabung der Muttersprache sor> dere sorgsame planmäßige Obsorge. An der Muttersprache sei die wichtige Vorstellung der Ent wickelung einer Sprache zu gewinnen. Auch in onomatischer Hinsicht müsse der muttersprachliche Unterricht mehrfach vom Thalbestand zu dessen Begründung sortschreiten und den Zusammenhang zwischen Sprache und Leben vorstellig machen. Biel mehr Beachtung sollte der phvnktischen Seite derselben znqewendet werden. Der vorgerückten Zeit wegen stell« der Referent au« dem reichen, herrlich bearbeiteten Stoffe zwei Puncte zur DiScussion: 1) Da« Schema der wiflenschastei», welche« ihm etwa« gekünstelt «scheint (Nachwei«). 2) Die übertriebene Werthung der alten Sprachen gegenüber de» modernen Sprache», besonder« der Muttersprache. Professor Willmana'« eignem Ziele der Bildung und der philo- logischen Bildung, zufolge müsse der Muttersprache die höchste Pflege zu Tdeil werden (S. 99. 10V). Unser Voik«ibum biete ober so große und herrlich« Schätze, daß auch unsere gelehrte Bildung daraus ge- stützt werden könne. E« scheine ihm mindesten« eine Unterschätzung unsere« Bolk-tbum«, unserer Wissenschaft, unsere« Lhristenthum» und unserer Bildung, und Referent müsse ganz entschieden für unser deutsche« Leben und Streben eintreiea. Die angeregten Puncte sührteu zu einer sehr lebhaften, lange dauernden Debatte. Bei der Divergenz der Meinnugea blleb die Haupisrage unentschieden. —n. Verein siir volkswohl. - * Leipzig, 20. December. Der gesellige Abend am Sonn- tag wurde mit dem Sopransologesang de- „Frühling-Iiedel" von Mendelssohn, Tex« von Ki-ngemann, vorqeirogen von Frl.Mcißner, «ingeleilet. Der ungemein anmuthende Gesang der jungen Sängerin, die eine überall« wohlklingende Stimme besitzt, fand den lebhaftesten Beifall der Zuhörer. Herr Professor 0r. Schreiber, Direktor de« städtischen Museum«, hielt hieraus den zweiten seiner in Aussicht gestellten vier Vorträge über die „vier Elemente", indem er für den Abend al« Thema „die Erde" gewählt batte. In geistvoller und fesselnder Weite eiöffnete der Herr Vor- tragende seinen Zuhörern interessante Einblicke in die Lultur- und Kunstgeschichte vergangener Zeilen. Ausgehend von eigenen Beobachtungen und Reiseeindrücken, schilderte er zunächst den Einfluß der Eide aus die Charakterbildung, die Erziehung de« Menschen, ein Einfluß, der nicht weniger deutlich ist, al« der im ersten Vortrag oon dem Redner behandelte de« Meere« aus den Küstenbewohner und aus seefahrende Völker. Der Mensch im Flachland« wird ein anderer, als der im einsamen Hochgebirge lebende Aelpler und wa« wir von den Elgenthüinlichkeilen der Völker nud Elämme kennen lernen, ist meist da« Reiuliat der Liben-bedingungen, die an jeder Stelle der Erde, in jeder Landichrst v-i schiede» sind. So erklärt sich auch, meinte der Vortragende, die merkwürdige, durch alle Epochen der Weltgeschichte bewährte Tbatsache, daß durch Völker wanderungen zwar ganze Völker vertrieben oder vernichlet werben können, die Süien und Gebräuche einer Landschast aber an der Scholle hasten bleiben und von dem Besiegten aus den Sieger, von dem AuSwandernven an den Zuziehendea überliefert werden. Noch im jetzigen Griechenland leben die Lagen und Sitten de- klassischen AiterthliinS und zwar oft in überraschender Ursprünglichkeit fort, wie ja auch die altgriechische Sprache verhältiiißinäßig nur geringe Umbildungen erlitten hat, während die Bevölkerung durch allerlei Mischung mit fremden Elemente», namentlich durch die im Mittel- alter zufluihende slawische Einwanderung wesentlich verändert worden ist. An diesen Grundgedanken, den der Vortragende durch eine Reibe von Beispielen und allgemeinen R,fl xionen näher beleuchtete, schloß sich ein anderer, welch,r da« Gebiet ber Kunstgeschichte allein stresste. Auch die bildenden Künste, besonder« die vornehmste derselben, die Baukunst, hängen durchaus ob von dem. wa« ihnen die Erde an Vorbildern und Material giebt, ihr Charakter ist bedingt durch den der Landschast, in der sie blühen. So ist der plastische Sinn der Griechen, ihre hohe Begabung für die Bild-und Baukunst, voriiämlich durch den einzigartigen, wesentlich plastischen Charakter der griechischen Landschaft erzeugt worden. In der Baukunst aber gilt der Satz, daß ihre Entwicklung dem Material entspricht, da« ihr zur Bersügung steht. Daher der Bccksteinbau im norddeutschen Flach land, wo die Steine fehlen, der Bau mit an der Lust getrockneten Lehmziegeln in den Ebenen am Tigris und Euphrat (Babylon, Ninive), sowie anderseits die Steinkunst der Egyoier und der Griechen, deren jede (wie der Redner in allerlei Beispielen er- läuterte) sich eigenartig entwickelt hat. Fräulein Meißner erfreute hierauf noch die Anwesenden durch den Gelang der beiden Schubert'schen Lompositionen „Wanderer« Nachiiied", Text von Goethe und „Du bist die Ruh", Text von Rückert. Sie wurde ebenfalls wieder mit «ngetheiltem Beifall bedacht. Die im Fragekasten Vorgefundene Frage: „Wie entstehe» und au» wa» bestehen die Sternschnuppen? " gaben Herrn vr. Meißner Gelegenheit, hierzu einige interessante Erläuterungen zu geben. Herr vr. Gensel sprach in herzlichen Worten den beiden Vor tragenden seinen Dank oii» und gab dann noch einige Mittheilunge» über die nach den Feiertagen ln Aussicht stehenden Vorträge und über da« am 20. Januar stattfindende Stiftungsfest. Vermischtes. — Berlin, 19. December. Eine Neuerung in den täg lichen Gewohnheiten de» kaiserlichen Hose« ist die, daß Ihre Majestät die Kaiserin und Königin dieWeihnachlSein- käuse für ihre Kinder, ihre Verwandten, wie für ihre Um gebung persönlich besorgt. Von manchen Käufern in den großen und eleganten VerkausSläden mögen in den letzten Tagen bei ihrem Eintritt in dieselben zwei Damen in Trauer mil einem Herrn unbeachtrt geblieben sein, bi« sie denn in der einen die Kaiserin, in ihrer Begleilerin die Ober-Hosmeisterin Gräfin Brockdorff, in dem Herrn den Kammerherrn Frhrn. v. Ende erkannle». Die Einkäufe für Weihnachten machle früher der hochseliae Kaiser Wilhelm. Zu diesem Zwecke wurde ein unscheinbarer Wagen besohlen mit Kutscher und Diener ohne Livröe. Schon um 8 llhr früh trat der Kaiser seine Fahrt an. kehrte aber in das Palais zurück, sowie er vom Publicum erkannt worden war. Diese seine Mission hat nun die Kaiserin Augusta Victoria übernommen, und sie scheint dieser mit besonderer Freude, in der Voraussicht. Anderen Freude zu machen, obzuliegen. So sehen die kaiser-' lichen Kinder zum ersten Male den Berliner WeibnachlSmarkl. Da siüher die Eilern nur vom Beginn deS Carneval» an ihre Wohnung im königlichen Schlosse inne Hallen, so war den kleinen Prinzen dieses Vergnügen vorenthalten geblieben, bi« sie e« denn jetzt in voller Jugendlust genießen können, denn vor ihren Fenstern im königlichen Schloß breilet sich das volle bunlbewegle Bild de« WeihnachtSmarkleS au«. und an den Fenstern der zweiten Etage kann man die lieblichen, frischen, blonden Kinverköpse sehen und die Freude beobachten, die ihnen da« bisher »ngewohnle Schauspiel unter ihren Fenstern gewährt. — lieber die Modellbörse in Berlin wird un» von dort geschrieben: Zu de» originellsten, interessantesten und doch für die Meisten unbekannten Seeneu, welche da« Lcben in der deutschen Retchs- houptstadt bietet, gehört ohne Zweifel da» Bild, welche« dem er. staunten Blicke sich darbietet, wen» man die „Modellbörse" be- tritt. Mit diesem scherzhaften KunstauSdrucke, der ebenso witzig wie zutreffend ist, bezeichnen di« Künstler und Kuasiokademiker Berlin« sie Hausflur der königl. Kunstakademie, ln welcher sich an einem bestimmten Tage in der Woche früh Morgen« eine bunte, viel köpfige Menge von Sesiollea einfindet, dl« sich den Jünger» der Kunst, angehenden wie fertigen, zum Modell anbieten. So stürmisch wie oft aus drr Börse geht e« zwar aicht her. aber da« wannigsnltige. gedrängte Leben mag dem an der Börse gleich, kommen. E» ist in der That rin packende«, wrchselvolle« Bild, aus da« wir schauen. Bride Geschlechter »nd all« Grneiatione, sind in dieser Menge vertreten. Bom »»erwachsene» Knaben dt« um weißlockigr» Greise, vom kleinen Mädchen bl« zur betagt«, Frau — Berireter jeden Alter» finden wir zu dem gleichen Zwecke vereinigt. Nicht« ist lehrreicher und fesselnder, als da« Trübere und Innere dieser verschledrnsacheo Grstallr» in Augenschela zu nehmen. Nicht seilen trifft mau hier untrr Männern wie Frauen Ichöne und interessante Gesichter mit festen, auSgeprSgteu und edlen Zügen. Hier ein bereit« bejahrter Maua mit grauem und schwach gelocktem Haar und krausem, langem Barte, für den unbefangen prüfenden Bssck eine ehrwürdige Gestalt; dicht neben ihm ein frischer, pauSbockiger Junge, mit keckem, zufriedenem Gesicht, die Pelzmütze verwegen aus dle Seite gesetzt, die Hände nachlässig und bequem kn den Hosentaschen: dle echte Gestalt eine« Berliner Inugru au« drm Volke; dort eine etwa vierzigjährige, offenbar dem Arbeiterstande angehörlge Frau mit faltenreichem, vergrämtem Antlitz: sicherlich hat sie nur der Mangel an Arbeit und häurliche Noih za dem »rtgra »nd wrntg lohnende» Berufe getrieben. Hinter ihr eine Grupp« lachender und scherzender junger Mädchen, geschmackvoll »nd kokett gekleidet: ihnen scheint da- mühelose Amt de« Modrllstehen« »tne befttedtgeud« Beschäftigung Aber auch ärmlich gekleidete Mädchen, ohne Kopfbedeckung mit einem Hnndkörbchen am Arme stehen ruhig und schweigsam unter de: Menge; vielleicht, daß Mangel körperlicher Gesundheit und Krass sie eine zusagende Thätigkeil nicht erhallen läßt. Da« sind einige Gestatten aus der bunten Zahl ihrem Aeußern nach skizzirt. Fragen wir, wa« denn die eigentliche Beschäftigung dieser Leute >st, und wa« sie verlenlaßt bat, ihre srühcre Thättgkeit auszugeben und sich diesem Anne, da« keine mühevolle Uebuag oder Anstrengung ver langt, zu widmen, so hören wir oft seltsame und recht bedenkliche Antworten. Meisten« ist e« Mangel an Arbeit, welcher die Leute zwingt, sich aus diese immerhin noch redlich« Wesse ihr kümmerliche« Brod zu verdienen. J»deß auch die Llasse derer, welche durch Arbeitsscheu und unregelmäßigen Lebenswandel gesunken sind, stellen ihre Zahl So begegneten wir kürzlich in der „Modellbürse" einem älteren Manne mit ebenen, martirten Züge», aber iiiatlem, ge trübtem Auge: von Hause — Arzt, war er durch Trunksucht heruntergekommen und erwirbt sich nun aus diesem Weg- seinen täg lichen Groiche». Manche dieser Modelle haben ein dunkle«, viel- bewegte« Leben hinter sich, und sür den oder jenen ehrwürdigen Brei«, sür die oder jene sittsame und unschuldige Maid, welche die Meisterhand de« Künstler« aus die Lriuwand malt, hat vielleicht rin Modell gestanden, da« nitt der Gestalt de« Bilde« viel äußere, aber keine innere Gemeinschaft besitzt. ---- Ratidor. 17. December. Drm AnSzügler Franz Folnetzek in Klein-Peterwitz wurde, nach einem Bericht de« „Oberschlesischen Anreigrr«", am Mittwoch der Splitter eines Geschützgeschosse«, durch welchen er im fran zösischen Feldzüge verwundet worben und der im Kopfe stecken geblieben war, licrau«genommen. Der Mann hat also voll« 18 Jahre den Splitter im Kopse getragen. — Eine neue polnische Zeitung wird, der „Posener eitung" zufolge, unter dein Namen „Gazeta PozncinSka" jZosencr Zeitung) vom Neujahr ab täglich in Posen er scheinen. Die Probenummer wird zu Weihnachten berau«- gegebcn. — Darmstadt, l9. Decrmdrr. Heute Nachmittag 3 Uhr fand die feierliche Beisetzung der Leiche de« Prinzen Alexander von Hessen im Mausoleum aus der Rosen- bvbe programmgemäß statt. Bon fürstlichen Personen wohnten der Traucrfeier bei: Großhcrzog Ludwig und die nächsten Angehörigen de» Verstorbenen, ferner Se. k. Hoheit Prinz Heinrich von Preußen, die Großfürsten SeraiuS »nd Paul von Rußland. Prinz Wilhelm von Baden. Prinz Hermann von Sachsen-Weimar. Landgras Alexi« von Hesseii-Philipp«- lbal, die Landgräsin von Hessen, die Erbprinzessin von Anhalt. Herzog Adolf und Prinz Nicolau« von Nassau und Fürst Leopold von Hohenzollern. -- Eine eigenthümliche Mittheilung wird der „Morning Post" von einem schottischen Correspondenten ge macht. Darnach haben Maurer, welche in dem allen Schlosse Holyrood kürzlich AuSbrsserunben Vornahmen, in einer Mauer in den Zimmern der Königin der Scholle» den Leichnam rine« Säugling«, welcher in golddurchmirkte Kleider gehüllt war, die da« Zeichen .F" trugen, entdeckt. E« ist bekannt, daß Maria Stuart in dem anstoßenden Zimmer den König Jacob l. von England resp. VI. von Schottland, gebar und da» Kind unmittelbar nach seiner Geburt nach einem anderen Orte gebracht wurde, da die Königin wenig Interesse sür ihren Sohn zeigte. ES entsteht natürlich jetzt die Frage, wer, falls da« auigesundeiic Kind der richtige Jacob ist, da« Kind ist. welches später als König Jacob l. regierte. Der Einsender der Mittheilung setzt hinzu, daß an die Verwaltung der königl. Schlösser nach London telegraphier wurde, wa« mit der ausgrsundenen Kindesieichc geschehen sollte. Die Antwort lautete, sic wieder rubig an ihrem Fundorte beizusetzen und kein Gerede darüber zu machen. — In London fand am Sonnabend eine Versteige rung von Windspielen (grovbounäs) statt, bei welcher einige Exemplare ungewöhnlich hohe Preise erzielten. Ein 20 Monate altes Windspiel. „Fullerton", wurde vom Oberst North sür 850 Guineen (— 17 850 ^ erstanden, während andere Thicrc zwischen 20 und 500 Gmnecn erzielten. — Ncw-Aork, 15. December. Aus der Illinois Cen- tral-Eiscnbahn wurde am Sonnabend Abend ein Zug un weit Grenada, Mississippi, von zwei Männern, welche schwarze Larven trugen, beraubt. Die Diebe nahmen dem Erpreß- boten 3000 Dollars ab. Ein Reisender, der den Eiscubalm- bedicnstetc» hals, den Räubern Widerstand zu leisten, wurde durch einen Schuß tödtlich verwundet. Die Diebe entkamen mit ihrer Beute. Aurprriizstrab- 2 (ttotsl äs ?ru586) Als vorzüglich geeignete Festgeschenke empfiehlt die Blumenhalle >**r Aurprinzstratze 2 ? (Hülvl äs kru58v) der Ginnerei in Anger (Stadtqeschäsi: »arprinzsir. r, Nötel ck« Km,,«) allerlei bindende und Blattpflanzen; prachttzalle Blnmen-ArrangrmentS; da' Schönste ln Iardtnlbre» (o. A. H,>zsiligran»a«iem. IT«nI,»»«z Mi» einaevflanzten Matblnmen, Tulpe» HyacintykN, Farmen. Vkaosen »k : ii-rvarraq-nd schöne Ginrelpslanzrn: a s 8ni»cl>r», Azaleen, in voller Blittdeilpsachk. Traraenrn; Palmcn; höchst geschmackvolle, sarbenreiche Makartb«nq»rt« in allen Preis lagen. Bestellungen z»m Feste w-rden schsn jetzt emgegk, genommen »nd unter tttarantie rechtzrittqrn »nd guten t->ntreffrn« zu jeder gewünschten Stunde det tzilligster PrriSnotirung an-gelühit rrsp. ,n« Hau« besorgt. WM" Gleichzeitig emtzsietzit sich die W»t»'tn^»'»l zur AuSküdrnnn van Id«-«'«,r»»t«»n«'i» jeder Art. Neuheit! tzerfteldttr, ,» jede« van« paffend. »urchanS praktisch u«p nntzeraänqltch im Wrrid. rleqantc AnSstattttng Besondere Neuheit: Neuheit! SvristvsiiiniMIvn. SG" Nur neuer, sch-uer nud s«liper Schnnick "MP Mn bekannter Stand: vlr-t-vta cksr 8olood«Morot rolsvds (Vrttß trruiyLlL).
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