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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188108181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-08
- Tag1881-08-18
- Monat1881-08
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1881
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Erscheint täglich MH «V. Uhr. Lröektlo» «>d Lrpttttle» J^auvr-Mr M. -PrrchstvnSrn -re Ledartie»: vormittag« 10—12 Uhr Nachmittag« 4—« Uhr. - - »Stt.L«L L»'^ « 'tip)lgtr.Tagcblatt e» «»«««, « ,»r »»e »»«er »rftt««ten Iuleratr ,» i»ch«utB«eu jt» S Uhr Nach»ittag«. »<»»«- au» Sesttaaeiisrnh'(,» Uhr. »MAih«« f»r »te »ichstsa«^»», M««er »em««t»n " AÄßeut««eu.«? A» ör» /ttielen für 3nf.-Ani»atz«e: Ltt, Kle»«. UnivcrsitätSstraße 22, t»«I« Lischt. Katharinenstraße 1ö, p. «Uk »t» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Lscalgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. ^ 230. Donnerstag dev 18. August 1881. Amtlicher Thetl. Vkk»n»lm»chung. I« Grundstück de« Krankenhauses. Liebigstraße Nr. LS, so»-» Dte«»tag de» LS. d«. Mt«., Vormittag« 10 Uhr, d Gttlck in Gebrauch gewesene Wafserbasstn« »m» Gtfenblech, ü 2.50 Meter lang. 0.95 Meter breit, o.as Meter hoch, gegen Baarzahlnng und unter den an Ort und Stelle bekannt zu machenden weiteren Bedingungen an die Meistbietenden verkauft werde». Leipzig, dea IS. August 1881. — De« Rath« Baubeputation. Veliannlmachung. Da« am «. d. M. aus den Abbruch versteigerte, im ehe- maligen Botanischen Garten gelegene WächlerhauS ist dem Höchstbieter zugeschlagen worden und werden deshalb in Gemäßheit der BerstelgerunaSbedingungen die übrigen Bieter »hrer Gebot« hiermit entlasse». Leipzig, den 15. August 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Trvndlin CichoriuS. Se-an-Veier. Di« hiesigen Handelsfirmen und Gewerbtreibeaden «erden ersucht, durch Schließung ihrer GeschLfi-locale am 2. September d. 2- zur Feier des Rationalfesttages beizutrageu. Leipzig, den 16. August 1Ä1. DtevandelSkammer. vr. 8ach«muth, Vors. vr. Genscl, G. Die GeMerdekammrr. D. A. Oehler, stelle. Vorsitzender. Herzog, S, Amtall -rs Laiserl. Pollgebiln-es am AllgsSusplatz M Leipzig. Auf da» Hase d«« Kaiserlichen Postgebäudes am AngnstuSplatz Hierselbst solle» verschiede»« beim Abbruch gewonnene Gegenständ«, wie Thorr, äußere und innere Thüre», «gern« Oefen, Brennholz, Fenster öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung ver kauft «erden. Zu diesem Zwecke wird am »»»*«»1«», de« r«. «uguft 188t, «Mk». 11 «he et» Termin auf de« Hof» de» »bmbenannte« Oostgebände« «bge- Haste», Wqst Ka»ft«stige mit demGemerße» eingcladen werden, daß dt« Verkeussbediagungen vor dem Trrmiu bekannt gemacht »erden. Leipzig» den IS. August 1SS1. Di« Vanbevwnlt«»«. Nichtamtlicher Thetl. Leipzig, 18. August. E« ist vor Kurzem berichtet worden, daß der StaatS- focialist Professor Adolf Wagner vom Reichskanzler m Kissuigen in Audienz empsanaen worden und daß das Thema der Unterredung die Einführung de« Tabaks Mono pol« gewesen ist. Der genannte Sccialpolitiker schickt sich an, in bau beginnenden Wahlkampfe eine bedenlungsvolle Nolle zu spiele»; wenigstens erweist sich eine Nede, mit weicher Wagner in Elberfeld-Barmen als RcichStaaScandidal ansgetreten iß, als ein« wahre Fundgrube von Aufklärungen und Ueberrafchnngen hinsichtlich der Pläne de« Fürsten BiSmarck. Zn Professor Wagner würde die konservative Partei ohne Zweifel eine Kraft gewinnen, welcher sie in ihrem bisherigen, an bervorragenden Kräften so dürftige» Bestände Nicht« an die Seite zu stellen hätte. Vielleicht ist »s die» geheime Ge fühl der geistigen Unbedeutendheit, welch«« die Agrarier und sonstigen Reactionaire dem gelehrten Politiker gegenüber nicht recht warm «erden lassen will; sie haben ihn bisher wenigsten« immer recht kühl und von oben herab behandelt» Vielleicht auch fürchte» sie in ihm den redselige» Zug, wetcher sich so ganz und gar nicht um parteipolitische Rücksichten kümmert und frischweg den Redner aus der Schule plauderu läßt. Ganz unrecht hätten sie von ihrem Standpnnct au« in letzterer Beziehung nicht: die Liberalen aber können e« Herr« Wagener nur danken, daß er so ist, wrr er ist. Den» inan lernt au» seinen HerzenSergießungen die Absichten de« Kanzler« besser kenne», als ans allen gebeimnißvoll klingenden Auslassungen der „Prov.-Eorr." und nun gar der Ofsiciösen »weiten Grades. Da findet sich denn u. A. in der Elberselder Rete die merkwürdige Enthüllung, die Erträge de« TabakSmonopol« sollte«, ww Fürst BiSmarck dem Herrn Professor persönlich erklärt habe, zurDeckung derKvsten der allgemeinen Arbeiterversicherung verwendet werdest. Da« ist so deutlich gesprochen, daß e« «ine ganze sinanziumistericUc Denkschrift auswicgt. Der Redner hat cS sich erspart, hin- zuzusügen, daß unter solch«» Umständen von irgend welcher Steuerreform im Reich und in Preußen gar nicht mehr di« Red« sein könne. Er durfte diese Folgerung, die aus der Hand liegt', getrost dein Berständniß seiner Hörer und Leser überlasse». Wa» wird denn nnn au« dem heiße» Bemühen der Großgrundbesitzer, die verhaßte Grundsteuer abzuschüttetn? Wa« autz den Hoffnungen de» „kleinen MaopeSvon den directe» Abgaben befreit zu werden? Wa« auS den Versprechungen de« Preußischen BenvendungSgeseheS? Und vor Alle«, wie w»rp Fürst BiSmarck selber sein Pro gramm ersilllen köniren, Schul-, Armen- und Polizeilastr» aus de« Staat zu übernehmen uud den überbürdeten Eom- m»ne» eia Retter in der höchste» Nolh zu «erden, wenn er di« Mittel, die dazu »öthm wären, für aadere Zwecke fest legt? Es ist nackgewiesm worben, daß für die groß artige» soeialpolitische» Pläne d«S Kanzlers die Erträge des Monopols gerade hmreiHc» würden, und daß in den Ge- dcmteu de« leite»»«» Staatsmann«- da« letztere mit der Arbeitervevsicherung wohl e»g«r vert»üpst sein dürste al« mit der Gte»«rres»r«. Jetzt kommt auS de« Fürsten BiSmarck eigenem Mund« (denn Herr Adolf Wagner ist nur sein Sprachrohr) die Bestattung: Es bleibt Alle« beim Alten, der Fimunminister Bitter braucht keine „verlorene Liebes mühe" «ehr an BerwendungSaesetzentwürs« zu vergeuden, der Stnwrerlaß behält seinen Charakter al« Sommernacht»- tranm, der. laum verflogen, schon vergessen ist, sür da« Monopol aber ist endlich di« Marke gefunden, di« eine wuchtige Propaganda unter den Masten gestattet, denn die Geldanstvtrak« gewinnt Berständniß für den Segen de« TabakSmonopol», wenn sie hört, daß au« demselben die «llgemein« Alter«- und Znvalidenversorgu»g«anstall bestritten werden soll, und e« kann sein (so ist wenigsten« der Calcul de« Proicstor« Wagner), daß sie in diesem Sinne an die Wahlurne herantritt. AIS vor wenigen Wochen der Finanzminister Bitter in Königsberg die Aenßcrnng that, cS würde auch nach Ein führung des Monopols sobald nicht an dic Erleichterung der Steuerlast gedacht werden können, da beeilten sich die Ofsi- riösen, diese Mittbcilung zu widerrufen. Werken sie jetzt an gesichts der gleichen, vom Kanzler autorisirteu Er klärung des conservatiden Professor- dcnsclbcn Auftrag er litten? Man wird aut tbun, mit Bestimmtheit daran zu zweifeln. Zweierlei «der steht jetzt fest; einmal, daß die TabakSnionopolsraae einen wichtigen'Punct der Kämpfe ini neuzuwählenden NcichSlage bilden wird, dann, daß von den erwarteten Erträgen auch nicht ein Pfennig dazu verwendet werden wird, die sagenhafte Steuerreform zur Wirklichkeit werden zu lasten. Die schmachvollenAuSschreitungen gegen das Iuden- thn m in Preußen, welche sich bisher auf einige kleinere Ortschaften in Wcstprcußcn, Pommern u. s. w. erstreckt batten, haben sich miniiiebr auch, wie wir gestern in einem Berichte der „Ostseczeilung" mittheilten, aus Stettin aus gedehnt, eine Stadt, welche im großen Weltverkehre steht und di« sich zudem von jeher durch ihre» Freisinn in politi schen und religiösen Dingen ausgezeichnet hat. Tie Behörden haben cS nicht an der erforderlichen Energie schien lasten, dem am Montag Abend stattgesundenen Skandale rasch ein Ende zu machen. Wenigstens berichtet die „Neue Stettiner Zeitung" vom Dienstag: „Montag Abend gegen 1t Uhr waren die Straßen wieder rudig und menschenleer. Freilich fiel verschiedentlich da« Losungswort, daß hcute nur die Generalprobe gewesen und morgen die eigentliche Vorstellung statlsindcn werde. Wir glauben, daß der klägliche Erfolg, den däö ganze tbörichtc Unternehmen gestern gehabt, hmrcichcn wird, die Wieder holung desselben zu verhindern. Ha»S- und Familienväter werden sicher nicht verseilten, „ai»e.Ntich das jugendliche Element, daS sich gestern stark bctheiliatc, zu Hause zu batten. Wir habe». Dank dem energischen Eingreifen der Behörde, keinerlei schlimmere Ausschreitungen zu verzeichnen — daß aber auch nur derartiger Unfug in Unserer Stadt, «cm Sitz per Regierung (und wir fügen hinzu: in einer großen Garnison. D. Ncd. d. L. T-). hat statt- finden können, ist eiu sicheres Zeichen, wvbi» die un heilvolle Bewegung der Antisemiten führt und führen muß!" Wir hoffen, waS uns anbetrifft, daß sich diese Erwartung ersiillca wird. Mittlerweile treten in Frankfurt a. O. Anzeichen zu Tage, welche, wenn man in denselben auch vor läufig nur eine vereinzelte Ausschreitung erblicken darf, doch zur Wachsamkeit aufforderu. So schreibt dic„Frkf. Oder-Ztg.": Ter antisemitische Spektakel in Pommern uud Westpreußcn hat seinen unheimlichen Schalten auch nach unserer alten Stadt Frank in der um die gedachte Zeit der AbendgotteSdienst stallyatte Ein anwesende« Vorstandsmitglied, besürchtend, daß die AnkSmmlinae wohl nicht mit reinen Absichten im Bet hause anwesend sein dürsten, holte einen Polizeibeamten herbei und erfuhr auch, daß die sieben Männer vorher iu dem Schlächterladen von Joedicke (Tuchmachcrstrafie 60) gewesen waren, woselbst sic über die Juden räsonnirt und geäußert hätten, die ^Hepp Hcpp'S" >» der Synagoge betrachten zu wollen. Ter herbeigcrufcnc Polizei- beamte entfernte die Leute auS dem Bethauie und stellt« sic in Betreff der bei Joedicke gcthaiicn Aeußerungen zur Rede, wobei einige der Arbeiter eiuräumten, daß solche Aeußerungen in lärmender Weise gefallen seien, doch nur von einem von ihnen; dieser wurde denn auch verhaftet. ES wird nunmehr auch ein Erlaß dos NegierungS- Präsidcntcn von Marienwerder an oic Landrälhe seines Bezirkes über die Krawalle bekannt. In diesem Erlasse wird die bestimmte Erwartung ausgesprochen, daß durch die OrtS- polizeibebvrden und Organe der SicberbeitSpolizei mit vollstem Nachdruck und allen zu Gebote siebenden gesetzlichen Mitteln dafür gesorgt werden wird, der Wiederholung derartiger Erceste vorzubeugen und eventuell gegen erneute Versuche mit größter Energie einzuschreitcn. Der Gesandte der Vereinigten Staaten, Mr. Wbite, der von Berlin bereits abgereist ist und über Harzburg. Paris iind London nach New--sork zurückreist, wurde am Montag aus Schloß BabelSberg vom Kaiser in einstündiger Audienz empfangen, lieber den Verlauf derselben erfährt die „Tr." folgende Einzelheiten: „Die Uebcrreichung seines AbbernslingSscbrcibenS begleitete der Gesandte mit dem Ausdruck des DankcS sür daS ihm vom hiesigen Hose wie von der ReichSrcgicriiiig cntgcgcngebrachte Wohlwollen. Der Kaiser bedauerte, einen °o ausgezeichneten Mann wie Mr. Wbite von hier scheiden za sehen, dein eS jederzeit gelungen sei, dic guten Bcziobungcn zwischen der Amerikanischen Union und dem Deutschen Reiche zu pflegen. Die weitere Unterbalkung kam bald aus den Präsidenten Garsirid, nach dessen augenblick lichem Befinde» der Kaiser sich sehr thcilnehmend erkundigte. Mr. Wbite konnte leider nur mittbeilen. daß der Zustand bcS Präsidenten fortdauernd ein sehr ernster sei, daß aber die Aerzte die Hoffnung auf Wiedergeucsung noch immer nicht auszebe» und aus die kräftige Natur de« Patienten vertrauen. Der Kaiser zeigte sich über die Persönlichkeit Mr. Garsield'S genau unterrichtet; er habe seit dem Attentat jedes ans die Verwundung bezügliche Moment mit vollem Interest« ver folgt, und wenn der Gesandte nach Washington komm«, so möge er dem Präsidenten sagen, daß die Theilnahmc sür ihn in Berlin eine ungetbeilte sei. Se. Majestät ließ sich von dem Gesandten ausführlich »ütlheilen, wie derselbe sein lünstigeS Lebe» einzurichlen gedenke, und wünschte ihm für sein« gelehrte THLtigkcit aus der Zlhaka-University alle« Gute. Die ltitterredung wurde in sehr herzlichen Forme» geführt." Wie die „Magteb. Zlg." aus sicherster O.aelk« mittbeilen kann, sind die an den Kaiser gerichteten Droh briefe alücklickwr Weise auf einen Dummenjungenstreicb zurückzusühren. Der Urheber derselben heißt Liedtke und ist der etwa achtzehnjährige Sohn cincS Lehrer« in Etbina. Er besuchte die Realschule seiner Vaterstadt, zeigte aber so wenig Fleiß und Anlage», daß er au« Ouarka abgehe» mußte. Unbegreiflicher Weise fand der unreife uud bis zur UnzurechuungSsäbigkeit überspannte junge Mensch eine Stelle al« HauSlebrer in der Niederung nicht weit von der Post- stgtion Hvckltirl'lau. »,it deren Stempel die Drobbriese ver sehen sind. Liedtke ließ die von ihm abgesagten Machwerke Vernehmung gab er emen ZUmg der Diesem kirchcnvolitische Frage gehandelt hat, liegt zu naor, um nM die V!rn.uth...ig sL als ^w.ßbe.t erscheinen u lassen. Wenn kürzlich behauptet wurde, tue wegen der Lösung der Trierer Frage reichten b'ö Z ' der Eeil zurück wo der Kaiser in Emö gcwcic». so entspricht-r. aS Wineswegs de» Thatsachen. Jene Verhandlungen asteniä vielmehr' bis zu.» Srühjahr znrücksuhre,. ww . »t , r .zu Bismarck, sondern auch der Kaiser und die Kali-nn m BcUm weilten. Bekanntlich machte damals °U'e Not,; Au,sehen nach welcher der Reichskanzler von t-r Kasten» -mp angen worden sei. Düse Audienz ,lammt nicht aus der Bcäehung zu der Frage, die jetzt zu einem vorlaungen Abschluß gediehen ist. Für die Beurtbeilung der augenblicklichen Sachlage ist eS immerhin von Wübligkei'l, die mancherlei Einflüße zu kennen die zu ibr geführt haven." Eur Feier deS Sedantage» wird u»S auS Berlin gesstmcbeff: „An verschiedenen Orten ist bei dein Hcran- naben deS 2. September die Frage angeregt werden, ob man den Sedanlag auch in diesen, Zabre wieder seitlich de- gehen oder ob »lau jetzt bei Beginn deS Zwetten ZahrzeynlS seil unser» großen Siegen von öffentlichen Feflselern abstehen solle Wir meinen, cS ziemt uns wohl auch jetzt noch, einen der großen ErinnerungStnge an die ruhmreiche Zeit sott- zubalkcn. Gerade in einen, Augenblicke, wo vielzach die Freude an den nationalen Siegen und Errungenschaften durch trübe Schwarzsehern und erschlaffende Zurückhaltung verkümmert wird, wo unter dem Gezänk deS TägeS vielsäch vergessen und gering geachtet wird, waS unS einst daS Herz erbeben, scheint eS uns wohlgethan, die Erinnerung an Ereignisse und Tkaten aufzufrischc». denen unsere Nation ihre Wiedergeburt verdankte, über den Hader der Parteien hinweg dem Allen gemeinsamen Gefühl der Liebe znm Vater land Ausdruck zu geben. Wir sind nicht so reich an er hebenden Momenten in nnsercin öffentlichem Leben, daß wir gleichgültig einen Gedenk- und Festtag preiSgcben sollten, zu dessen Feier wir berechtigt sind wie nur je ein Volk". Zu einem Artikel über „Deutschland 187l—l88l" wcist die in Chicago erscheinende „Neue Freie Presse" aus die gefährliche und schwierige Stellung nach dem dcutsch- sraiizösischcil Kriege hin. auf die wenig wohlwollende Stim mung der Nachbar», auf die Nevanchegeliiste Frankreichs lind dessen gewaltige Anstrengungen für Vergrößerung uud Ausbildung seiner Heereömacht uud fährt dänn fort: Wäre Deutschland zu jener Zeit so unglücklich gewesen, an der Spitze seiner öffentlichen Angelegenheiten Herrn Bebel, Herr» Eugen Richter oder einen anderen von lenen Krakehlern zu haben, die beständig „Nachweisen", daß BiSmarck „eigentlich" ein ganz dummer Kerl ist, während sie (Richter und Ge nossen) die Geheimnisse des Weltall- und sonst noch wa« fort während spielend ergründen — wäre Deutschland« Auswärtiges Amt zu icuer Zeit mit einem jener una»«stel,lichen Klugschwätzer bchestct gewesen, so sähe die politische Karte Europa« hcute wahr scheinlich ganz andcr« au«. Denn säst »och schwieriger al« die Er schaffung der deutschen Einheit au« einem iu sich uneinigen, von eifersücinlgcii Nachbarn umgebenen Deutschland waren die Erhol- tung und der Ausbau de« Reiche« in den'ersten Jahren nach dem Kriege. Umringt von Feinden »nd Neidern, im Innern geschwächt durch Ränke am Hose, durch die socialistischen Wühlereien, durch Kämpfe mit de» Ultramontanen — so fuhr da« LtaaiSschiff de« iunaen Deutschen Reich« in einem au Unciesen reichen Fahr wasser dahin. Aber BiSmarck zeigte sich auch dieser Aus gabe gewachsen. Während in der „Reichsglocke" und in Volks- Versammlungen zum tausendste» Male nachgewüsen wurde, daß der Kanzler kein Staat-mann, sondern ein Zusall-mensch sei, brachte Bismarck i» den, Verhältnis,mäßig kurze» Zeit raum von 10 Jahren eine »Sllige Umwandlung iu der Stellung der Völker zu einander zu Stande. Der Versaster weist sodann an zahlreichen Beispielen nach, in wie hervorragender Weise die BiSmarck'sche Politik Deulscb- iand während der letzten zehn Zahre gekrästigt hat, und schließt mit den Worten: „Das wird aber natürlich die Krakehler im politischen Leben Deutschlands nicht abhalten, zu versickern, daß sie da« Alle« viel besser gemacht hätten; und cS wird auch Dummköpse genug geben, die eS glauben, und demgemäß stimmen; besonders deshalb, weil die intelli genteren BevölkerungSclementc de» Krakehlern da« AgitationS- scid säst ganz überlassen." Tie „Kölnische Zcitliim" unterzieht die Socialpolitik und die Steuerpläne de« Reichskanzler« einer eingehenden Untersuchung. DaS rheinische Blatt gelaugt dabei zu solaen- dem Schlüsse: „ES ist aber eine Heuchelei von geradezu brutaler Dreistigkeit, wenn man di, Vertheuerung der für breiteste Schichte» de« Volke« unenlbehriicksten VerbrauckS- gegenftände besch»,naen will mit dem vorgeben einer czerech- teren Bertbeilung der Steuerlasten. Entlastung de« Groß- A",^sttzea 'ft m ibrer Wirkung stet« eine Verschlechterung der Lage de« kleinen Ackermannes, wenn sie Hand in Hand gebt mit der Vertbeuerung der Gegenstände de« großen Verbrauch, Von unserer ganzen Steuerreform stecken die Großgrundbesitzer und ein TbeU der Großindustriellen de» die Tasche, während der kleine Bauer, der seine paar Morgen Land im Schweiße seine« Antlitze« selber bestellt und der kleine Beamte. Handwerker. GeschästSinbaber Schwächsten den SchmauS d» Gv »-? Annehmlichkeit der leichten Einziehung ? . ft,, den FiSeu« bezahlen. Dabei ver. tt^nereS B^v Handwerker, der sür ^ Tchnmlz mindesten« 8" Mk mebr >m Zabre bezablen m'-g. ,ß Mark an der Elaffensteuer er- Steu^n^b"'. faktische Anwendung, welche dic ,Vbi-. unserer gegenwärtigen StaatSlcnftr von dem Grundsatz der gereckten Vcrtheilung der Steuerlasten zu macken gewußt hat und weiter machen zu wollen in nn- Auflage 16,»SV. IHommarulsprei» viertelj. 4'/, Mk., nwl. vrinaerlohn 5 Mk.. d»rch dt« Post bezogen 6 Mk. Jede «iazelue Nummer 2ö Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilag «hne PostbesSrderung 39 Mk. »it PostbesSrderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichuiß. Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Hrrlmnen «nter den Uedartiousstrich dt« Lpaltzeile bO Ps. Jasrrat« sind stet« an die Expedition zu staden. — Rabatt ivicd nicht gegeben. Zahlung pruouuwerumlo oder durch Post. Nachnahme. 75. Jahrgang. erfreuliche Aussicht stellt." Wir heben auS den Ausführungen der „K Z " noch die folgende Mahnung hervor: „Die Regierung wird sich ein große« Verdienst um die Klärung unserer inner» Lage und besonder« de« Verhältnisses der Parteien zur Regierung erwerben, wenn sie sortfährt, die Ziele des Kanzler« «nd Ministerpräsidenten klar und verständlich hinzustellen: nickt große in ihrer idealen Vollständigkeit ewig unerreichbare fromme Wünsche aller Gutgesinnten. sonder» specielle Pläne, wie sie in Gesetzvorlagen sich verkörpere sollen. Dann werden wir klar und unumwunden unsere Stellung zu denselben bekannt geben, völlig unbekümmert darum, ob er seine näheren ministeriellen Mitarbeiter zur Erreichung dieser Ziele au« den Reihen der Junker und Psassen oder der Streber ohne weitere Farbe nimmt. Der Verdacht, welchen man aus die Liberalen noch immer wirft, ihr Blick sei aus die Ministersessel gerichtet. ist heutzutage lächerlich, wo es schon schwer wird, im konservativen Lager Leute zu finden, die einen Ministerposten sür eine begchrcnSwcrthc Saclse halten." AuS Berliner CentrumSkrelsen vernimmt man, daß Herr Dr. Ko rum von Rom aus einem katholischen Verein in Trier seinen Segen telegraphisch übermittelt habe und zwar charakteristischer Weise mit der Unterschrift: „Felix, B i s cb o s". Nun ist er zwar durch die Consecration vom vorigen Sonn tag Bischof nach kanonischem Recht, aber er kann diese Würde in Preußen erst nach erfolgter Bestätigung durch den König bekleiden. Ti« NamenSuntersckrifl jenes Telegramme» ist also etwa« zweideutig, und man findet vielleickl nicht mit Unrecht, daß dlsrck sie einem Amte vorgegriffen wird, welche« am letzten Ende der weltliche Staat ebensogut wie die Curie zu vergeben hat. Indessen in der VersöhnunqSstimmung, in welcher die Regierung sich befindet, legt sie aus solche „Aeußer- lickkeiten" wohl nicht sonderlichen Werth. WaS den Kern der ganzen BischofSsrag« von Trier anlangt, nämlich die Erfüllung der Anzeigepflicht, so kann es'jetzt als gewiß gelten, daß der Papst sich zur Wiederholung seine« bcrül,inten tolersri po»»e vom 24. Februar diese« Jahre« verstanden, daß in diesem Punct Herr v. Goßt er also in der Thal die Rechte de« Staates gewahrt hat. Es fragt sich mir. und da« ist da« Entscheidende, ob unter dem neuen Bischof von Trier jemals ein Fall eintreten wird, wo die Anzciqepflicht praktisch wird. Wa« hindert ihn, in gleicher Weise-zu verfahren, wie di« drei noch im Amt befindlichen preußischen Bischöfe, di« ihre Stühle nur deshalb behalten baben, weil sie di« Ernennung von Pfarr-Geistlichen seit Erlaß der Maigesetze überhaupt unterließen? Mit der un schuldigsten Miene von der Welt könnte er alsdann Gesetz Gesetz sein lasten und sich mit Gcnugthuung sagen, er habe sich nicht unter dasselbe gebeugt, eS freilich auch nicht verletz t. Man traut auch Len geflissentlich verbreiteten Nachrichten nicht ganz, nach welchen demnächst in der Diverse Osna brück eine Reibe von Ernennungen im Einverständnisse des üapikularverweser« mit der Regierung zu erwarten ständen. Bei dem versuche einer Einigung der liberalen Parteien, der Aufstellung eines einbeitlichen Wahlproaram- mcS und gemeinsamer Candidatcn, wle er soeben von West- preußen auSgegcmgen ist, wird man unfehlbar zu der Ucberzeugung kcmmen, daß diese Zusammenfassung unmöglich gelingen kann, wenn nicht den verschiedenen Richtungen ein weiter Spielraum gelassen wird, wenn man sich in der Klarstellung de« Begriffe« „liberal" nicht vor aller Eng herzigkeit, Unduldsamkett und Einseitigkeit hütet. „Vor allen anderen Dingen — bemerkt die „Nationallib. Corre- spondenz" — wird e« sich wieder klar herau»stellcn, daß es ganz unmöglich ist, den gcfammtcn deulschen Liberalismus in wirthschastlichen Fragen auf eine bestimmte Lehre zu verpflichten. Der versuch, politischen Freisinn als unzer trennlich von den Lehren der Freihandelsschule darzustellen, kann niemals gelingen; er würde dm deutschen Liberalis mus aus die Küstenstriche de« Nordens und einzelne versprengte Enklaven im Innern beschränken und ihn damit aus ewig zur Ohnmacht und Inferiorität verurtheilen. Dic Fortschrittspartei hat sich durch die Gleickftellung mit dm ertremstenLehren der Freihandelsschule selbst eine enge Grenze gezogen, welche der Ausbreitung der Partei über einen be schränkten Umfang hinaus immer «in unUbersteiglicheS Hinder niß bereiten wird; dieselbe Erfahrung würde auch eine gc- sai» intlibrrale Partei mache», wenn sic den Grundsatz aus- stcllkv, daß jeder Eingriff de« Staats in da« „freie Spiel dcr wirth- sckaftlichcn Kräfte" von einem freisinnigen Man» unter allen Um ständen zurückgewiesen werden müsse. Dem Zusammenschluß der Liberalm ist bisher nicht- so hinderlich gewesen, wie die Unduldsamkeit der Fortschritt-Partei und ihrer Presse, dic eine berechtigte Form deS Liberalismus außerhalb ihrer eigenen engen Kreise nicht anerkennen wollte und den National- liberalen oder doch einem großen Thcil derselben daS Recht bestritt, die zweite Hälfte ihres Namens zu führen. Wir brauchen gegen die mächtige NcactionSbeweguna, die weniger von Oben als von Unten auSgeht, allerdings „alle Mann aus Deck"; allein die Vorbedingung dazu ist die Anerken nung. daß der Liberalismus sich unbeschadet der Eliilnüthia- keit >» gewissen grundsätzlichen Principiensragcn in einer Reibe politischer und namentlich wirthschastlichcr Fragen in ver schiedenen gleichberechtigten Formen und Richtungen äußern kann, nicht blo« nach einer von der extremsten Seite vorgeschriedenen Schablone." Die Ultramontanen schmeicheln sich damit, bei den diesjährigen Wahlen nicht weniger als sieben neue Sitze zu gewinnen, einen in der Provinz Posen (in Fraustadt), wo die Polen sür einen deutschen Katholiken stimmen solle», einen in Schlesien (in Zabrze), einen in Nassau (Usingcn-Jdstein- Homburg, wo wahrscheinlich wieder eine engere Wahl zwischen dem CeiilrumSmanne und einen, der beiden gegenübersiehcnden liberalen Eandidatm Mohr und Bräunig nölhig werden wird), zwei in der Rheinprovinz (St. Wentel, wo Herr Stumm jedenfalls durch einen Ultramontanen abgelöst werden wird, und Saarbrücken, da« von den Liberalen doch behauptet werden dürfte) und endlich zwei in Baicrn, wo in Schweinjurt Graf Luxbura, in Jmmenstadt Bvlk verdrängt wcrtrn solle». Ans dm Verlust irgend eines Sitze« rechnen die Ultramontanen sucht,, doch dürfte ihnen di« Behauptung des Wahlkreises Danzig-Land herzlich schwer gemacht werden. AuS Petertburg verlautet, die russische Regierung stehe schon seit längerer Zeit mit der serbischen in Unter- bantlnng wegen Auslieferung eine-gefährlichen politischen Verbrecher« Namen- Grünbcrg, der früher in Moskau lebte und dic socialistifche Partei, der er angchörte, mit beträchtlichen Geldmitteln unterstützte. Nach der Ermordung de- Spions Rennstein in Moskau dnrch die Nihilisten, in
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