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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189003058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900305
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900305
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-03
- Tag1890-03-05
- Monat1890-03
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1890
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. DletsrN«» u»t Er,e-itt»» g»y»»»es-aft« 8. L-rrchtll»-ru der tlek>«rti«>: LormMags 10—12 Uhr. N-chimii»,« 5—« Uhr. k »> »«,»«»,», »»che sch Ä» Nch«rv»» nicht »TtG»chchch. »er für »1, »ächftf«l,e»h« N,»»rr ftrslti»«te, z,»e,«t, «» «scheut»,e» »ts 8 vtzr Nuchmtttu,«. ,,K»»u- »uft Eeft»«,e, früh l»i«Vtzr. 3» hru /ttiilr» für 3ns.-Lnll«tz«e: ktt« Rle««'» Esrtt«. Olfrrtz Huhu), llsivrrsntrstrraßr 1, Lsut« Lösche, Ksthsriueuftr. 23 Par«. und KSutgsplatz V/ «ur bt« '/,tz vtzr. «4. Amtliche Bekanntmachungen. VekilMNtMchMlg. Nach de, heute erfolgte« Zusammenstellung de« Ergebnisse« der a» 28. vor. Mon. zwischen den Herren Eisengießerei» besitz« Tvetz hier und Drech«lermeister Bebet in Plauen bei Dresden vollzogenen e»gere« R«ich»tag«wahl >m Xll. Wahl kreise sind vou den adgegebeneu 32 146 giltigen Stimmen aus Herr« Eisengießereibesitzer <8oetz 17 «63, aus Herru Drechllermeister Betel 1« 681 Stimme» gefalle». Herr Eisengießereibesitzer Wustav Goetz «llhirr ist daraus at« zum Reich«tag«abgeordaeten im XÜ. Sächsische» Wahlkreise gewählt von mir derkündigt worden. Nach tz. 27 Abs. 2 bez. ß 31 de« Reglement« zur Aus» siihrung de« Wahlgesetze» vom 28. Mai 1870 w,rd die« hier mit bekannt gemacht. Leipzig, den 4. März 1890. Der Wahlc»««istar t« XU. Sächsischen Wahlkreise. Hehler. Laut Beschluß de« Unterzeichneleo Armendirertorium« vom 18. diese« Monat« ist Herr vr. »aä. Arttzsch«, König»straße 16, I. al« «rmenarzt i» 1.. 12.. 1«. und 15. Armendistrscl vom 1. April diese« Jahre« ab gewählt worden. Leipzig, am 26. Februar 1890. Da- Nrwren-Dtrertortar». ^ k. 40b Ludwig-Wolf. R^ Die Anmeldung der Ziehkinder hat wegen de« Bußtage« bereit« Donnerstag, dr» O. Mär, LS»«, von Rachwittag v,5—v,6 Uhr im Stadthause, Obstmarkt Nr. 3, 1. Etage, za ersalgr». Leipzig, den 8. Mär, 1890. Der Rath der Stadt Sechzig. Är«en»4l«t» Nr. 63. X. k. Ludwig-Wots. Hsr. tlPilM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschLstSverkehr. Mittwoch dm Ü. März 1890. Abomnementsprei» vierteljährlich 4V, Mk. tncl. Beingekloda b vik., durch die Haft tze»»ae, Svik. J»de ei,,rl,e Rnwmer 3V Hs veleg-zrmolar 10 Ps. Lebähr», für Lztrabeilaqe» st» Taqedlaii-Formal gesalttl »tzur Aostbejülverulig 60 Mk. «lt Poftbesürdereuz 7V Mk. Inlrratr K gespaltene Petitzeile 80 Pf. «rStzrre Schnflr» I,»1 »ns. Hreisver^ichmy. radellartscher «.Llssernsatz aach h«hrrm Ian>. l^eliruuell »»1er de» >»h,cti,»»ftrich dt« sqespalt. Zeile 50HI,»«r de, Familiruuachrrchtt, die «gespaUene Zeile <0 Pi. Inlerate find stets an die Grtzetzttian za lende». — Rabatt wir» nicht gegeben. Zahloag pnmnumeranäo »der durch Post nachnahme. 84. Jahrgang. LoucurreilMsschreUieil für tze» vaa et»ee r»aa,rllsch-luttzertlche» Arche t» tzer Etdhsrftatzt zu Lrchzi^ ^ftr de» Han einer rvaugellschlathe^schen Kirche l» der Güd- «ssael. Vaterland vielleicht eia chaotischer Trümmerhaufen geworden I Ernennung de« Senator« Marrau zum Präsidenten de« ist, die Mahnung, sich fest an einander zu schließen, I obersten Gericht-Hos« eingelegt haben, well diese Ernennung ohne Rücksicht auf kleinlich« ParteiuntersLeidungen. und fest I dadurch eine rein politische Pcrsonensrage werde und Mazralr Wird hiermit elnr Loncnrreoz Leiftztger Lrchttrkkr« »r- Va »Programm. Hedlngnnge» »,d Situatlonspla» ftetza» t» dar <kr»«d1tio> der Peterskirche zur Lersügnag, die -»l»ftlf» sind rbeu- dajrlbst bt« »um 31. Mot h. I. abzugrbe». Leiptzig. de, »8. F-bruar 18SV Ter Kirchruhorstantz tze« Audreasktrchsptrl«. v. Hart»««, Vors. Zum Lddruch VMuntma-mr. Der Preis für den in den stäetisevra Gasanstalten er äugten Kok« beträgt loco Gasanstalt I, beziehentlich loco öalaostalt II von heute «n: für den Hektoliter Steinkohlm-Sroßkok« . 1 « » « « Kleinkok« 1 s s - zerLeinerteuEteinkoblen- kok«, sogenannten Mei- dinger-Kok«.... 1 » « - Braun kohlen-Kok« . . — » « « Steinkohlenkoks-Gru« . — Prei« bei Abnahin« größerer Posten nach Vereinbarung. Die Marken zur Koks- und GruS-Entnahme sind gegen Baarzahlung, soweit die Borräihe an Kok« rc. reichen, in den Bureaux der Gasanstalten zu erhalten, wozu bemerkt wird, daß von Braunkohlcn-KokS immer nur sehr geringe Lorrälhc vorhanden sind. Zur größeren Bequemlichkeit de« Publicum« liefert die Ga-anstall Ven Koks auch frei in« Hau» Leipzig. Die Kosten biersür betragen bei jeder Sorte 15 -s für den Hektoliter. Die Lieferung geschieht dann in plombirten Säcken. Etwaige Bestellungen wolle man entweder mündlich oder durch die Post in den Bnreaux der Gasanstalten, oder in der Rech nung«» und Easienverwaltung der Gasanstalten, Ritter- slraße 6, machen. Ferner haben wir bei Herrn Fr. Rohr, Sidonienstraße 5. Herren Beruh. Franz 6t Go-, Südplatz 8, Herrn I. <8. Steinbora, Aeltzer Straß« 17, Herrn A. Dänin«, PclerSstewweg 2l, Herrn Fr. Günther, Sternwarteasiratze 7l. Herrn «arl Kappel» in Firma T. S. Wade witz, Ranstädter Steinweg 25, Herrn W. Helbig, Davidstraße 3. Herrn R. Sehulre Thalstraße 34, errn Albert Tbieme» Eutritzscher Straße 19. errn F. A. Günther, Davidstraße 8. errn Ferd. Graba«, Tauchacr Straße 25. errn Robert Röhaer, Gustav Adolsstroßk 45. ein Lager der obenbezeichncten KokSsorlc» errichten lassen und kann die Entnahme zu den obenbezcichneten Preisen auch an diesen Stellen geschehen, an welchen der Kok» «densall« in plombirten Säcken gebalten wird. Leipzig, am 5 März 1890. De» RatbS Deputation z« den Gasanstalte». Aiictions-Vekaimtmachnn-. Donnerstag, de« v. diese» Monat», Dorwittaa» von >/,LV Uhr an, sollen im Stavibause, Eingang MUHlgasie Nr. t verschiedene WirthichaitSgegennände, Kleidungsstücke. Taschenuhren, 1 Siebpult. 1 Waarenständrr und verschiedene andere Gegenstände an den Mcistb,eienden gegen sofortige haare Bezah lung öfsenilich versteigeri werde». Leipzig, am l. März 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Ick. 25207 89 u. s. w. l)r. Gcvrai. Hüdsckmann. Oeüentlielio Oie tzumelä uur rau Unnälniiisiieiirllneeo, «eelebo leommeocke 0,'ern io ilie krUb- cxt r X^eliwitt»<r^«r«i! >Ier l^brll»«*- »tzibellan^ eivtretea «Ilen, erbirr-c »ick äer llorerreiebaet« in <ler 2-it «»» I» bl« »it 13. Zlitrr, Varmlttae, «»» 1l tzi, 12'/, Iltzr, rrointzxlivb ani-r per»mlicker VornreUune <t«r tznru- weläcnäen äur I, idr>- Ilerre» ?nnoip»I«. l>»» ler^t« 8eb»l- eeu«nw» »ier äio Oainrlirt« «les 8abü>»r» iat bei äieeer tlelekv«»- bejt vorrulouen. IVitliremI Oer erstrebte» 2«it «reräen »ueb Lvm-lstinnce» Klr sten elhZiibriiren tnebniezearebaktllvden Luren, eat««ik«a- xeoomwe», an »kicken, »iek U»>n»«oa,I«brllnr«> bebbeil'ueo büvnen, äi« i« Le-ur, Oe» tue ckia Mi»«eu»<!b»tUiok- 8»s»kjLalUk «um Linjtkrix-k'reiirilli^en'iieiuu« »loä. b'oderricbt 10 Ztuoäen Mvebenillkl,. 8ekuh-el>1 SO ^ l^ixrix, üa kedrunr 18V0. c»r1 VeUru», viroctor. oll tza« ««thhan« „ «rsttzsch, 1760 ertzmü «h 187» itzetlneis. umgcbaui, »ie,«ta, de» II. «Sr, 18»«. u» II vtzr vsrmttta,» im Uattzsützuniszimmer an den Meistbietende» »niar da» im Termine noch bekannt z» machenden und vorher an Rathsstrll« eur- znlehendeu Bedingungen verkanst «erde». Nähere «ntkoust kann jederzeit »Lhrroh der SrV«dtti»»«»rit eingeholt werden. Groitzsch, den 88. Februar 1990. Lrr Ltntztrath. Lswe. SchrSier. Vas Lrgediliß der Neichslagswahlen. * Der Wahlkampf ist vorüber, aber auch heut« ist e« noch nicht möglich, rin ganz sichere« zahlenmäßige« Bild von der Zusammensetzung de« neuen Reich«tage« zu geben, da noch immer da« Wahleraebniß au« sieben Wahlkreisen ausstehl. Soviel ist jedoch völlig klar, daß die Stichwahlen da« Werk der Hauptwahlea fortgesetzt und de» Rad>cali«mu« noch weiter verstärkt haben. Dieser, der im vorigen Reichstag sich aus etwa 50 Vertreter beschränkt sah, wird iu dem neu- gewählten etwa 120 Abgeordnete zählen: Freisinn etwa 70 Volksparteller 10, Socialdrmokraten 36—40. Dem stehen gegenüber 70 Deutsch-Conservative. 24 Freiconservative, 40 vi« 45 Nationalliberale, ferner etwa 100 Eentrum, 10 Elsässer. 9 Weise», 15 Polen, 1 Däne, 4 Antisemiten. Mit anderen Worten: die Mehrheit WindtHorst—Richter—Lieb knecht ist wieder hergestellt und der unsere nationale Entwickelung mit so giftigem und ausdauerndem Haß be kämpfende Führer der ultramontanen Partsi und Anwalt de« Welfenthum«, Herr Windihorst, ist der wirkliche Herrscher im deutschen Parlament. Di« Erfahrung wird e« lehren, wie di« Deutschsreistnnigon und Socialdemokralea nach de« schlauen Herrn Windtborst Psetse tanze» «üssen. Wir stellen diese Thatsachen. welch« di« veutschfrrtstnnize und soeialdemokratische Presse natürlich z» vertuschen suchen, fest, Thatsachen. tvelche jeden wahren Freund de« Vaterland,« zum tiefsten Schmerz gereichen müssen, denn sie bedeuten, daß an Stelle der stetigen besonnenen Arbeit, welche den vorigen Reichslag au«,eichnete und bewirkte, daß die Verhältnisse unsere« Reiche« nach außen und nach innen sich kräftigten und gedeihlich entwickelten, wieder leidenschasllichr Parteikämpfe mit ollen ihren üblen Folgen, unfruchldaren Aufregungen und Verwirrungen treten werden, welche da- vertrauen auf die Festigkeit und Machtstellung de» Reiche« erschüttern, während doch ein so junger Orga»i-inu-, wie da« Reich, dem Feinde auf allen Seiten gegenüber stehen, gerade de« vertrauen«, der nothweudigrn Doroussednng sür seine äußere Sicherheit und seine fruchtbringende Tbätigkeit im Innern vor Allem bedarf. Wahrlich, wen» unscre Väter, Brüder und Söhne, die vor Zwanzig Jahren für unser Vaterland ihr Leben dahin baden geben müssen, wieder auserslehcn könnten, sie würden die Unsumme von Unverstand und de» Mangel an Patriotis mus» Welcher gegenwärtig gegenüber den großen natio nalen Errnngenschastea zu Tage getreten ist, geradezu unfaßbar finden. Indem wir diese betrübenden Thatsachen seststellen, wollen wir ihre Bedeutung nicht überschätzen, denn in un« lebt die feste Uebrrzeugung, daß die glorreiche Schöpfung Kaiser Wilhelm'» I. und unsere« Golt se> Dank noch immer in un- gebrochener Kraft am Steuerruder de« Reiche» stehenden Fürsten ViSmarck auch dir Stürme überwinden wird, welche im An zuge sind. Aber ein großer Febler würde e« sein, die Bedeutung dieser Thalsachen zu unterschätzen. Wenn wir auch der Meinung sind, daß die in devtschsrristnnigrn Blätter» colportirten Mitlheilungen über Aeußerungrn unsere« jetzigen Kaiser«, nach welchen derselbe da« Wahleraebniß gar nicht so Übel finden soll, im Gegenthril sür geeignet hält, seine social- politischen Pläne zu unterstützen, sür tendenziöse Erfindung halten — e« gehört da« zu dem System, womit man von drulschsrrisiuniger Seite di» Wähler irre führt und aus de» Leim lockt — so neigt man bn un« im Allgemeinen nur allzu sehr dazu, sich mit den einmal gegebenen Tbatsachen ob- zufinben und sich zu trösten: e« geht auch so — bi« dann »nt einem Male sich zeigt: so geht e« doch nicht. Die Erfahrung wird, möaen darüber ein oder mehrere Jahre vergehe», auch diese» Mal nicht ouSblriben: so geht e« nicht Der große Sieg de« reich-seindlichen Radikalismus, de« wir un« jetzt gegenüber gestellt sebe», bedeutet heut« nur da« Anfchwellen der unreinen G>wässer. welche die Staat unv Gesellschaft schützenden Dämme untersplllen, morgen bricht aber durch die R>sse »nv Sprünge dieser Schutzwehre» die revolutionaire Hochslutb, wenn nicht noch rechtzeitig da« Nithige geschieht, um die Katastrophe zu verhindern. Was zu diese», Zweck aus politischem Geviet vermittelst der Gei-tz- g-bunq zu thun sei» wird, daraus wird in späterer Znt zurückzukommen sei». Man wird hier nur nach reislicher Er wägung unv ohne Ueberslürzung, alSdon» aber auch ohne Zaudern und Schwanken und ohne boctrinaire Liebhaberei danvrln müssen. Einem Feinde, wie der Socialvemokratie, gegenüber hat alle zarte Empsindelei und alle furchtsame Schonung auf,uhören, und wir stehen nicht an, schon heute ru bemerken, daß wir in der Ablehnung de« dem letzten Reichstag vorgeleqten dauernde» Socialistrngesetze« seiten« der nationalliberaleu Fraktion einen schwer wiegenden Fehler Vieser Parier erblicken. Schon in, Iabre >878 batte sich di« gleiche Haltung der Natioiialtiberalrn im Reichstage bei derselben Veranlassung bitter gerächt und heute erlebe» wir dieselbe Bescheerung. Doch, wir wollen heute nicht weiter aus diesen Puncl «ingrhrn, sondern ihn einer späteren eio,ebenden Er örterung Vorbehalten. Laut und deutlich ergebt au« de» Ereignissen der letzten Zeit an alle Bürger de« Reiches, soweit sie »och nicht gan von der Sociatkeiiiokratie ergriffe» sind, die Mabnung. die unerläßliche Nothwendigk.il einzusehen, dem v?rd«rbe»drluge»- den Radicaiiswu« entgegen zu treten, ehr e« zu spät und da« und geschlossen dafür zu sorgen, daß der «eist der Ordnung, der Pflichttreue, der Wahrhaftigkeit im Volke erhalten und gestärkt werde, daß dir Moral der Nation nicht unwieder bringlich zerstört werde durch Eharakterlosigkeit, Unwahrheit und Feigheit. Wenn den Politiker da« Wahlergebniß »it Sorge erfüllt, o steht der Moralist den Erscheinungen, di« während der Dahlbewegung zu Tage getreten sind, mit dem Gefühl tiefster Trauer »nd bitteren Schmerze« gegenüber. Denn noch nie mal« haben sich Doppelzüngigkeit, Lüg», die niedrigste» In- liurt« so mächtig in der Geschichte unsere« Volke« gezeigt, wie in diesen letzten Wochen. Freisinn und Socialdemokratie haben keinen Anstand genommen, die ossenbarsterr Unwahr- beiten zum Iu«gang«punct ihrer Wahlagitation zu machen. Ihre Schilderung der Folgen der Gesetzgebung der letzten Jahre waren nicht blo« leidenschaftlich entstellt, sondern sie beruhte aus völliger Verdrehung der Thatsachen. Dies« Par teien haben kein Bedenken getragen. Forderungen zu stellen, von deren Unaußsührbarkeit sie selbst von vornherein über zeugt waren, in der Spekulation darauf, daß die große Masse der Wähler diese Trugvilver nicht sofort zu durchftrauen ver mögen. Beide Parteien endlich haben bei den Stichwahlen ein Schauspiel aufgrsührt, da« die Schamrölhe in die Wange» jede« ehrlichen Manne« treiben muß. Parteien, die auf dem selben Fundament der allgemeinen Weltanschauung stehen und, wenn auch in Bezug aus die Mittel verschiedener, doch einer Ansicht sind in Betreff der letzten Ziele, können sich mit einander verbinden, ohne daß dir öffentliche Moral dadurch Schaken erleidet, aber für ein« solche Verbindung zwischen Freisinn und Socialdemokratie fehlt diese Voraussetzung. .Die Socialdemo kratie giebt die ganze Eullur, welche die Menschheit in iabrlausend langem Ringen erreicht hat, der Vernichtung prei«-, so erklärt die deulichsreistiinige Partei in einem Wählst,igblatt sür Professor Birchow mit Recht, und doch nimmt der Freisinn diesen Feind der Eullur zu seinem BundrSgenossen, nimmt seine Dienste an und leistet ihm die schimpflichsten Gegendienste. Noch mehr: der Freisinn steht di« Ordoung der menschlichen Ge seÜschaft unv de« Staate« von diesem mächtig wachsenden Gegner schwer gefährdet, trägt aber kein Bedenken, sich ihm uiitrrzuordnrn, durch da« caudinisch« Joch der ven den Führern der soeialdemokratischen Partei gestellten Bedingung dindnrch zu gehen, im voraus sich zu verpstichlen, gegen jede nicht einmal eine richterliche Laufbahn hinter sich habe, oder es soll Eonsian» nach Verlesung der Note Spuller'S Wege» Beschickung der Berliner Conserenz Einwendungen erheben und sich überhaupt mit dieser Beschickung nickt ernderstanden erklärt haben, und schließlich soll bei Gelegenheit der Beralhung einer Frage, in welcher beide Rivalen nicht übereiostimmten, Tirard dem Minister Consta,,«, welcher aus di« Bedenklich keit der Eriecigung im Tirard'schrn Sinne ausmerksam machte, angcschrien haben: Natürlich, Sir Hetzen längst Ihre Presse gegen un». Daß Constan« »ach diesen liebenswürvig- collegialischcn Worten ausstand und erklärte, seine Würde verbiete ibm. noch länger dem Ministerrath« beizuwohnen und er seine Entlassung gab. ist selbstverständlich. Nun batte Tirard erreicht, wa« er schon längst wünschte. Der 1. März bejreile ihn von seinem Nebenbuhler, schwerer war e«. sür denselben Ersatz zu finden. Loubet, Sarrien und Ribot lehnten ab, und erst am Montag wurde dir Ernennung Bourgeois', eine» Advocalen von 39 Jahre», vollzogen. Ta der neue Minister der radicalc» Linken FloqueLscher Führung angehört, so hat er natürlich die Organe der gemäßigten Republikaner, der Opportunisten, gegen sich, wie man auch »r deren Presse Tirard den Derwurs gemacht, er gleite immer mehr aus einer schiefen Ebene »ach links. Allein da in de», Cabinel »och Männer wie Epuller und Falllöre« in rinfluß- reichcr Stellung vorhanden sind, so scheint dieser voiwms nicht ganz gerechtserligt, und da» haben wohl auch die Oppor tunisten cingesehe.i, als sie die Interpellation de« Radikalen DreysuS in ihrer ganzen Tragweite würdigten. Um de« l>eben Frieden« willen schlugen sie wegen Eonsta»« keinen Lärm, traten im Gegeniheil sür den Ministerpräsidenten durch ihre Abstimmung ein. Es ist klar, baß eS Dk.ysu« darum zu thu» war, die Gegensätze im Cadinet hervorzukebren und deio»de,S durch die Bekämpfung der Berliner Eonseren;, sür welche der gemäßigte Cpuller, der Minister de« Aeußern, eintritt, einen Keil in die Einigkeit zu treiben. Da» ist ihm vorläufig nicht gelungen, >m Gegentheil ist am Montag eine BerlrauenSkundgebung der Kammer sür da« Ministerium mit 24!« gegen 200 Stimmen angenommen worden. Dieser Beichluß läßt auch sür die morgen Donnerstag angekündigtr Interpellation Laur das Beste hoffen und scheint somit die Betheiligung Frankreichs an der Berliner Ardeiterschntzconserenz als sicher. Wenn die Verschärfung der gesetzgeberischen Maßnahmen zu stimmen, I Krist« in dieser Beziehung Klarheit gebracht hat, so kann uns welcher die Gesellschaft und der Staat etwa bedürfen könnten, um fich unv V,e tausendjährige Eultur zu vrrtheidigeu Solchen Erscheinungen gegenüber muß da» deutsche Vürger- thum Einkehr ln sich selbst halten; e« muß fich sagen, daß! e« vor Alle« sich um dir Sicherung der Moral de« Volke« handelt, um «inen Kampf der Wahr-^ beit gegen die Lüge, nm einen Kamps, von dessen Entscheidung da« Wohl und Webe der Nation ob-I bängt. Hier kann vou der Gleichgiltigkeit, die noch in diesem Wahlkampfe in so detrübenper Weise gezeigt worden ist unv! die dazu beigelragen hat. so beklagenSwerthe Ereignisse herbei- zuführen, nicht mehr die Rede sein. E« bars da« nicht sein.! denn schlimmer als die offenen Feinde sind Jene, welche nicht eine eigen« Meinung baden wollen, oder sie gar au» allerlei RUcksichlnabmen »nd Berechnungen unterdrücken. Feste« Zusammenhalten aller, die »n Radikalismus, mag I seine Fahne blaßrotb oder dunkclroth sein, die brenncnde Gefahr sür da« Vaterland sehen, offene« unv ehrliche« Ein- treten mit allen Mitteln für Staat und Gesellschaft, sür I Ordnung und Wahrheit, unter Hintansetzung aller kleiniicben Parteisragen, verständige« Entgegenkommen gegen die wirk lich berechtigten Forderungen der Arbeiter, aber nicht blo« derjenigen, weiche die rohe Krastarbeit der Hand ver richten, — da« sind die Forderungen, welch- die ernste Zeit an un« stellt, und nur wenn wir sie al« ganze Männer er-! füllen, dürfen wir sagen» daß wir unsere Pflicht gethan haben! Die französische Minisierkrisis. L Zwei Nebenbuhler vertragen sich im gewöhnlichen Leben nicht, um wie viel weniger, wen» sie sich in einem Ministerium zusammensindea. Fürst B>«marck soll einmal gesagt Hobe», seine Minister müßten Ordre parircn. Wir glauben nicht, daß die« Wort in dieser Fassung gefallen ist. e« wird ja ans Fürst ViSmarck'S Namen hin manche» Wort in die Weit gesetzt, aber dem Sinne nach hat Fürst B'Smarck Recht. Wenn auch im Ministerium ein Eollegium mit gleicher St>minberechligung der einzelnen Mitglieder ist. so muß eS in diesem Ecllegium doch immer eine Persönlichkeit geben, welche ihm seinen geistigen Stempel ausdrückt, welche gew sser> maßen olle Gesammthandlungen de« EabinetS »iit feinem Namen deckt. Da« ist nicht schwierig in einer zielbewußien Monarchie und ebenso nicht allzu schwierig in einer Republik, in welcher eine Partei dir entscheidende Majorität Hot. Schwierig ist eS in einer Republi wir Frankreich, wo die Majoritäten nicht nur nach den Wähle», sondern auch in der Kammer selbst nach perivnlichr» Stimmungen wechseln, und diese Schwierigkeit spiegrll sich deshalb in allen politischen Phasen, welche unser Nackbarrrich durckgemachl hat. wider. I»> Eabinet Tirard saßen seit Bildung desselben zwei Nebenbuhler, die an« ihrer Rivalität »ie ein Hehl gen,acht haben unv von denen e« Wunder nimmt, daß sie so lange »»leim anberauSgekoinmen sind. Schon al«ba«gegenwärIigkMinister>um in» Leben trat, wunderte man sich allaemri», daß nicht Eonstan«, der siegreiche Macher der Wahlen, de» Vorsitz übernahm, und man hotte allgemein daS Gejübl, daß weg-» dieser augenscheinlichen Zurücksetzung Eonstan«' das Mini> sterium kein lange« Leben haben werk«. DaS ist jedoch wider Erwarten verhältnißmäßig lange der Fall gew'len, obgleich sonwährend von Häkeleien zwischen Tirard und Eonstan« be richtet wurde. Man wird sich der Anklagen gegen Eonsta»- in Sacken eine« mit Diamanten besetzten Sabel» eine» hinlrr- inbischen Sultan» erinnern, welche jedoch derstnmmten, und deren Niederschlagung der Grund war, daß Eonstan- nicht al» Gouverneur »ack Algier ging. E» war übrigens mehr al» Ironie, dem geistig bedeuteudsten Manne de« Cabinel» ein Zurückzirben nach Algier zuzumuthen, einen, Mann, der unter seinen Parteigenosse» viel populärer al« der Minister. Präsident ist. Der au« dem letztere» entipringende Einfluß ist e» wohl anch gewesen, welchre ihn Tirard so verl>aßk ge, macht hat und weshalb letzterer schließlich zu einer Entschei düng trieb. Man hat verschiedene Lesarten über die Herbei. Ilihrung der KristS. Da soll Eonstan» sein Veto gegen die va« nur lieb sein, denn es ist schließlich gleichgiltig, ob der Minister des Innern in Frankreich Eonstav« oder Bourgeois Hecht. Leipzig, 5. März. * Am Sonntag Nachmittag fand unter dem Vorsitz de» Ministerpräsidenten Fürst en von Bismarck eine Sitzung de« preußischen Staatsmmisterium» statt. * In der Presse spukt (und besonder« zwar in den Fort- schritlSblätlern) aus Grund zum Theil rccht ungeschickt er- snnvener Voraussetzungen noch sorlwährcnd eine angeblich schwebende Kanzlcrkrisls. Deutschland« Ansehen dem AuSlandc gegenüber gewinnt dadurch natürlich nicht. Die einfachste Logik müßte diesen sensationslüsternen Blättern verrathen, wessen Handwerk sie bei reibe», wen» sie so in« Blaue hinein pbanlasire». Die „Kölnische Zeitung" kann aufs Bestimmteste veisicbern. daß noch in Ver aller- jüngsten Zeit Fürst Bismarck einigen Herren seiner Umgebung, vor Allem auch einigen Ab geordneten, niizweldeutig erklärt hat, er denke nicht daran, adzugehen. De» Staatsmännern vom Schlage der Richter und Knörkr zu Gefallen wird der Reichs kanzler wahrhaslig »ichl abtreten. * In dem Gesehenlwurse über die Gewerbc- gerichte, wie er vor K»r,em vom Bundesralhe ge nehmigt worden ist, ist bckanntlich der u,iisangrejch,ie Abschnitt der Regelung de« Verfahre»« vor Viesen Gerichten gewidmet. Dabei ist in erster Linie daraus Rücksicht ge nommen daß die vor die G werbrgerichte gehörigen RechlS- streitigk-iten größtenteils in rechilicher wie tatsächlicher Hinsicht rinsach. auch nicht von rrkeblichem Werlhe »ns meisten« der Beschleunigung bedürftig sind. Nicht minder aber ist i» Berücksichtigung gezogen, daß die beteiligten Personen vielfach einen sehr geringe» Grad von GeschastS- gewandtbeit besitze», während eine Unterstützung derselbe:« durch rechtskundige Vertreter oder Beistände un Allgemeinen weder thnnlich noch wünschenswert >st- War eS hiernach geboten erschienen, möglichst vc» Pioccßvorschrijte» abzusehrn, welche die sreie Bewegung de« Gerichts ciiiengcn und a» d e Selbsithätigkcit der Parteien besondere Anforderungen stellen, so mußte doch andererseits im Interesse der Gl'ichinäßig- keit de« Verfahren« und zum Schutzs der Parleirechle eine Formlosigkeit vermieden werden, welche die subjektive Willkür dcS Gerichts an die Stelle geordneter Grund lage» de« Verfahrens setzl. Der Entwurf konnte sich deshalb »ichl aus die Ausstellung einiger allgc»ie>nrn Sätze über da« Versah«« beschränken, mußte vielmehr für diese» eine feste u»d allen Fällen gerecht werdende Gliederung zu gewinnr» suchen. Dabei ist e« am zwsckniäßigstcn erschienen, in An lehnung an da« System der Vorlage von 1878 die Vorschriften der Eivilproceßordnung über da« ainlSgeiichllichr Vcrsahrc» im Allgemeinen zu Grunde zu legen und die oben erwähnten Rücksichten, welche durch die besondere Natur drr Gewerbs- gerichlc geboten erscheinen, durch eine Anzahl abänderndsr Bestiinmungen zur Geltung zu bringe». Dabei hat sich der Entwurf ebensoivenig wu: die frühere Vorlage daraus be schränkt, die einzelne» Abweichungen von der Eivilproeeß- orbniing auszuzählen. Vielmehr ist durch eine Reihe weiterer Boischristen, welche sich a» dir wesentlichsten Bestim mungen der Eivilproceßordnung anleknen, der Gang de« Verfahren« >m Allgemeine» s stgeslellt worden. »„» aus diese Weise eine sür einsach verlausende Streit sache» ausreichende und leicht zu iibersehende Grundlage sür die Handhabung dc« Persabre»« zu biete», lim diesen Zweck zn erreichen, hat der Entwurf den KreiS der ausziinebmcnde» Vorschriften etwa« iveiter gezogen als die Vorlage von 1878. wie er auch in dem Beslrebrn, da« Versahren zu Verein» sacken nnv zu beschleunige», sich nicht lediglich ans die damals vorgesehenen Abweichungen von der Eivilproceßordnung b. schränkt.' In der letzteren Beziehung ist a>» die principiell wichtigste Aenderung hervorzuhebe», daß der Grund'atz dr» Proceßbetriebe« durch die Parteien, n»c er Ver Eivilprrceß- ordnuttg eigenthümlich ist, in der Hauptsache bkscitt"t und
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