Nach reiflicher Überlegving neige ich der Ansicht tu, daß es für die Behandlung der medizinischen Fachausdrücke erlaubt sein sollte, die oben an erster Stelle stehende Schreibweise anzuwenden, d. h. bei den Und-Zusammensetzungen ledig lich die Bestimmungen zu trennen, das Grundwort hingegen unmittelbar an zuhängen. Dieses Verfahren befriedigt auch den Buchdrucker um so mehr, als es keine Ausnahmen verlangt. Für andre wissenschaftliche Werke müßte man natürlich die amtliche Bestim mung (Rhein-Ruhr-Zeitung, Schiller-Goethe-Gruppe) beachten.« Das in dieser Zuschrift erwähnte Schreiben Dr. K. Erbes, des Bearbeiters eines besonders in Süddeutschland sehr verbreiteten »Wörterbuchs der deutschen Recht schreibung«, lautet: »Ihre gründliche Erörterung einer nicht unwichtigen Frage verdient jedenfalls sorgfältige Beachtung. Bezüglich Ihres dritten Vorschlags ist jedoch meine un maßgebliche Ansicht, daß er besser mit dem zweiten zusammengenommen würde. Die verschiedene Behandlung von ,Kehlkopf-Luftröhren-Schnitt“ und ,Tracheo- laryngotomie“ scheint mir unnatürlich. ,Tomie‘ ist nichts anderes als ,Schnitt“, ,Anastomose“ nichts anderes als ,Eröffnung“. Wenn das Vorhandensein des Binde lauts o bei Kollo-Diaphyse(n)-Winkel nicht stört, so ist es auch bei Tracheo- laryngotomie kein Grund zu besondrer Behandlung dieses Falles. — Die Bezeich nungen ,Und-Zusammensetzung“ und beschränkende (determinative) Zusammen setzung“ erlaube ich mir Ihrer Beachtung zu empfehlen.« Unsre Ansicht über die Schreibweise mehrfach zusammengesetzter medizinischer fach wissenschaftlicher Bezeichnungen ist, daß man diese Ausdrücke immer zusammen schreiben sollte, also ohne jeden Bindestrich. Wir haben die Zusammenschreibung meist auch in der ärztlichen Fachliteratur angetroffen und halten sie für die prak tischste Lösung dieser Frage. In einem geben wir dem Stuttgarter Kollegen völlig recht: man kann unmöglich fremdsprachliche Grundwörter der ärztlichen Bezeichnungen, wie z. B. -algie, -malazie, -tomie, -zele, von den Bestimmungswörtern durch Großschreibung ab trennen, viel weniger noch die Endsilben -itis, -om oder -ose, denen ja auch manchmal zwei Bestimmungswörter vorangehen. Blut-Eosino-Philie zu schreiben ginge schon gar nicht an, weil hier keine Und-Verbindung vorliegt, sondern Blut nur das Bestimmungswort zu Eosinophilie ist und in diesem Falle auch ganz fehlen könnte. Duden hat das Eigenschaftswort »zerebrospinal« als ärztliche Fachbezeichnung in das Wörterverzeichnis aufgenommen, in der medizinischen Literatur findet man weitere ähnliche Bildungen: gastroduodenal usw. Schreibt man also die Eigen schaftswörter zusammen (ohne Bindestrich), so kann man nicht gut die ent sprechenden Hauptwörter als Bestimmungswörter kuppeln, also nicht Zerebro spinalflüssigkeit oder Gastro-Duodenalblutung schreiben. Will man durchaus kuppeln, dann könnte man in solchen Fällen nur das deutsche Grundwort von der wissenschaftlichen Bestimmung durch Bindestrich trennen, könnte also Zerebrospinal-Nerven, Gastroduodenal-Blutung schreiben. Wir halten jedoch auch diese Abtrennung für überflüssig, sie erschwert nur die einheitliche Behandlung solcher Fachausdrücke. Sollte jemand Anstoß an den etwas umfang reichen Wortgebilden nehmen, so sei darauf verwiesen, daß die Fachsprache der Chemiker noch ganz andre Wortungetüme aufweist: Imidotetramethyldiamido- diphenylmethan, Orthoäthoxyanamonobenzoylamidochinolin, Oxäthyltrimethyl- ammoniumhydroxyd, Trichloraldehydphenyldimethylpyrazolon usw. Im Vergleich zu solchen Wörtern sind die angeführten ärztlichen Fachausdrücke auch in der Zusammenschreibung immer noch erträglich zu nennen.