Der Phototypograph Beilage zu den „Typographischen Mitteilungen“ Berlin, Mai 1932 Nummer 5 Das Lichtbild in der Anzeige Wie früher das gezeichnete Bild, so hat sich jetzt das Lichtbild einen großen Teil des Anzeigenraumes erobert. Die Photographie ermöglicht es jedem Ge schäftsmann, seine Reklame so aktuell wie nur möglich zu gestalten. Das einzige, was heute noch in vielen Fällen gegen das Photo in der Tageszeitung angeführt werden kann, ist die mitunter mangelhafte Wiedergabe. Dieses trifft aber wohl nur auf die Provinzpresse zu. Gerade in letzter Zeit sind auf dem Gebiete der Reproduktionstechnik bedeutende Fortschritte gemacht worden. Es ist aber dennoch wichtig, die Entwürfe für Photoanzeigen so anzulegen, daß nach der Reproduktion im Zeitungsdruck keine Schwierigkeiten ent stehen. Allzu feine Einzelheiten sollten vermieden werden. Vorzüglich eignen sich Großaufnahmen oder Aufnahmen aus ungewöhnlicher Perspektive für die Anzeige. Ein Photo ist auch stets glaubwürdiger als eine Zeichnung. Die Zeichnung wird immer durch die Brille des Zeichners gesehen; auch kann er uns durch seine manuelle Tätigkeit etwas vorgaukeln. Man kann zwar auch mit dem Photo lügen, aber das Photo wird im allgemeinen nicht lügen; denn es kommt gewissermaßen mechanisch zur Welt. Wenn das Photo lügt, dann nur durch den Menschen, der Verzerrungen oder sonstige Kunststückchen ge wollt oder ungewollt zuwege brachte. Durch manuelle Tätigkeit, durch Über kleben, Ausschneiden, Zusammenkleben, Überzeichnen entsteht die Photo montage, die aber in letzter Zeit wieder mehr in den Hintergrund getreten ist. Oft entstand dadurch an Stelle eines guten Bildes ein übel aussehendes Gebilde von zusammengeklebten Photographien. Das Photo darf Hauptsache des Inserates sein, es kann aber ebensogut nur eine Unterstützung des Textes darstellen. Beides muß aber gut Zusammen gehen. Es gibt aber auch Inserate ohne Text, die nur ein Bild zeigen. Zu den ersten und allgemein bekannt gewordenen dieser Art gehören die Anzeigen von Staatlich Fachingen. Auch Odol, Horch-Automobile, Henckel-Sekt werden teilweise durch textlose Inserate propagiert. Stark ist an diesen Bildanzeigen der Retuscheur beteiligt; er hat bestimmte Teile herauszuarbeiten. Ganz ohne Text sind die Arbeiten natürlich auch nicht; die Marke oder das Etikett tritt immer stark hervor. Es fehlt aber der übliche Begleittext. Die Phototypo graphie kann also zur reinen Werbephotographie gesteigert werden. Es ist daher dringend notwendig, daß sich die Buchdrucker stärker mit der Photo graphie beschäftigen. Noch ist kein Terrain verloren; aber es ist drei Minuten vor 12 Uhr! Anfänglich machte sich in den Kreisen der Graphiker eine starke Ablehnung des Photos geltend. Ein Blick in die letzten Fachzeitschriften der Graphiker belehrt uns anders. Die Graphiker haben ohne Photogruppen das erreicht, was wir mit Photogruppen noch erreichen wollen. Vor ein paar Jahren standen wir in der Photographie mit den Graphikern pari, heute sind wir bei nahe schon „ferner liefen”. Wir müssen daraus die nötigen Schlüsse ziehen: Unsere Photogruppen müssen aktiver werden! Das Photo in der Anzeige soll die anzubietende Ware in begehrenswerter Weise zeigen. Dies geschieht am besten, wenn das Bild die Situation wieder gibt, die die Ware begehrenswert macht. Diese Situation darf aber nicht ge stellt erscheinen, sie muß ein Stück Wirklichkeit sein; darauf muß man beim Bildstellen achten! Es steht fest, daß eine Bildanzeige eine größere Wirkung „Wie komme ich billig zu Mantel, Hut, Kleid, Schuh!" Gewifj, eine schwere Aufgabe! Wer aber zuTiefy geht, der wird mit dem Geld gut auskommen, denn Tietj ist billig! Darum zuerst zu TIETZ