i » » I I 1 d >2 JJ Beilage zu den ^Typographischen Mitteilungen' Berlin September 1932 Heft 9 Photographie und Typographie im Buch Abgesehen von den vielfältigen Überlegungen, die der Ausstattung des Gildenbuches „Sport und Arbeitersport”* vorangehen mußten, boten Bild auswahl und Bildausschnitt die wesentlichsten Schwierigkeiten. Sportliche Betätigung hat nur Sinn, wenn sie unter Vermeidung von Übertreibungen der körperlichen und geistigen Gesundung dient. Auf diesen Begriff wurde der Gesamteindruck des Buches eingestellt. Darum das luftige und dennoch kraftvolle Satzbild mit eingeschalteten freien und zumTeil bedruckten Seiten, sonnigen Spiel- und Sportplätzen gleichend. Straffe Beziehungen zwischen Photo und Satz betonen sportliche Disziplin und Eigenerziehung. Die Ver wendung der Kleinbuchstaben geschah mit Zustimmung des Autors in der gutgemeinten Absicht, Freunden und Gegnern der absoluten Kleinschrift Gelegenheit zur Klärung ihres Standpunktes zu geben. Die letzteren werden zugeben, daß das Satzbild von guter Wirkung ist und die lesetechnischen Schwierigkeiten nach fünfzig Seiten Leseprobe beinahe verschwunden sind. Das zur Verfügung stehende Bildmaterial mußte einer gründlichen Prüfung unterzogen werden. Der Durchschnittstyp des deutschen Sporders stellt sich der Umwelt und der Kamera gern in einer etwas gespreizten Pose. In vielen Fällen waren interessante sportliche Vorgänge mit komisch wirken den Beigaben belastet. Hier bedurfte es eines entschlossenen Eingriffs. Es ging nicht ohne radikale Beschneidungen der Bilder, deren brauchbarer In halt nunmehr vergrößert werden mußte. Wegen der Unschärfe stellten sich erneute Schwierigkeiten ein, so daß viele Bilder endgültig zur Ausschei dung bestimmt wurden. Bei dieser Gelegenheit sei an die Sportaufnahmen französischen Ursprungs in dem Gildenbuche „Giganten der Landstraße” erinnert. In ihrer Ursprünglichkeit und eindringlich realistischen Darstel lung sind sie in deutscher Fassung nicht gut denkbar. Mangelhafte Bild schärfe braucht aber nicht immer ein Nachteil zu sein. Sie überzeugt bei dem sausenden Motorrad mit Vorder- und Hintergrund. Auch das Lauf tempo der Streckenläufer kann durch unscharfen Hintergrund glaubhafter erscheinen. Entscheidend ist immer das persönliche Gefühl für die Aus legung des Begriffes Bewegung. Bei marschierenden Sportlern sind die Über legungen anderer Art. Wir sehen sie schreiten und beobachten auch bei ihnen die allen Massenaufmärschen eigenen Unarten. Marschierende Men schen wollen auf uns einwirken. Sie wollen uns von ihren sportlichen, poli tischen oder sonstigen Absichten überzeugen. Alle den anonymen Massen eindruck sprengenden, auf eitler Selbstgefälligkeit oder Gleichgültigkeit beruhenden Sonderbewegungen empfinden wir komisch oder störend. Der Erfolg derWerbung ist in Frage gestellt. Wer kennt nicht jene herabsetzende Kritik der spalierstehenden Zuschauer, für die jede Nichtigkeit ein Gaudium bedeutet? Wir wissen, daß gerade die Aufmärsche der Arbeiterschaft dem * Sport und Arbeitersport, eine Soziologie des Sports von Helmut Wagner, mit vielen Bildern, in Klein schrift gesetzt- Typographie und Bildanordnung von W. Lesemann, Bielefeld. Dieses Buch befindet sich unter den von der Jury der Deutschen Buchkunststiftung ausgewählten fünfzig besten Büchern des Jahres. Der Phototypograph