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Ständige Beilage der „Typographifchen Mitteilungen" DerSprachwart Monatsblätter für Sprachpflege und Recht [ehr eibung Fachmitteilungen für die deutfehen Korrektoren 19. JAHRGANG BERLIN / AU GUST 1 927 NUMMER 8 Vom weggelaflenen und wegzulatTenden c Von Jojeph Lammertz, Aachen Bei einem Vergleich des amtlichen Regelbuchs von 1914 mit dem von 1927 entdeckt man, daß im erftern das Wörterverzeichnis ad(e)lig, im letztem adlig bringt. Eine fachliche Begründung für das gänzliche Wegfallen des e kenne ich nicht, fie fcheint auch von dem Bearbeiter des Buchs nicht beabfichtigt zu fein. Zwar finden lieh in § 8, der uns auf die Unterfcheidung der Silbe lieh von der einem Stamm-1 folgenden Endung ig aufmerkfam macht, mit Ausnahme von untadelig nur die Kurzformen (ohne e): adlig, bucklig, eklig, neblig, gleidi- fdienklig, winklig. Doch außer adlig und eklig, das wohl kaum noch mit e gebräuchlich ift, finden fich all diefe Wörter im Wörterverzeichnis mit einge klammertem e. Weiter führt das Verzeichnis mit eingeklammertem e an: hügelig, kitzelig, knorpelig, kugelig, fchwindelig, wackelig, zipfelig. — Betrach ten wir noch einige Wörter des amtlichen Verzeich- nifles, in denen ig an Stamm-r tritt: lotterig, moderig (nur mit e), niedrig (nur ohne e), dagegen: fchlott(e)rig, ftolp(e)rig, wäfterig und wäßrig. Aus diefen Beifpielen ift wohl nur das eine zu erfehen, daß das Setzen oder Weglaflen des e Ge- Ichmackjache ift. Oder ift es doch nicht reine Gefchmackfache? Klingen die Langformen etwa anders (deutlich dreifilbig) als die durchgedrungenen Kurzformen eklig, niedrig (zweifilbig)? Meines Er achtens klingt in bucklig, modrig u. a. ebenfowenig e wie in den beiden angeführten. — Es könnte für die Langform geltend gemacht werden, daß unter dem Einfluß der Silbenbrechung ein inlautender weicher Laut als Auslaut einer Silbe hart klingt, z. B. die eige-nen, fich eig-nen. Die durch die Schrift unbeeinflußte Sprache läßt aber auch d, b, g ohne nachfolgendes e ftimmhaft vernehmen. Die Änderung in dem Wort adlig wird wohl nicht wegen, fondern eher trotz des Klanges at bei der Silbentrennung (wie man ihn wohl in Ad-ler hört) vorgenommen worden fein. Wie nie/drig, fo wird man auch ferner a/dlig fprechen. Wenn wir nach diefer Erwägung noch von Ge fchmackfache reden, fo bezieht fich das nur auf die Schriftform, nicht auf die Ausfprache. Da fich aber bekanntlich der Formengefchmack leicht beeinfluflen läßt, fo ift die Frage berechtigt, ob nicht eine Ein heitlichkeit zu erftreben angebracht wäre. Stimmen wir dem zu, dann gibt’s keine leichtere Wahl. Schon wegen der Zeit- und Koftenerfparnis ift das Kurze dem Langen vorzuziehen, wenn beide gleichwertig find. (Nur heimelig klingt gar zu anmutend, als daß man es anrühre.) Vielleicht ift hier auch ein Hinweis angebracht auf abgeleitete Wörter wie bayrifch. Diefe Form ift ge eignet, vorbildlich zu fein für ähnliche. Statt der plumpen Bildungen hohenzollernfch, pommernfeh, hannöverfch fpreche und fchreibe man: hohen- zollrifch, pommrifch, hannövrifch. * In der Schreibung der Biegungsformen der Eigen- fchaftswörter auf en herrfcht auch Schwankung, z. B. gold(e)ne (r, s, n, m). Wenn wir auch hier die Kurz formen empfehlen, fo leitet uns der Vorgang bei den Zeitwörtern, z. B. (Atem) atmen, (trocken) trock nen. Man follte alfo fdireiben: das trockne wie ich trockne, das offne wie ich öffne. — Aber Formen wie erfahrne, gefangne, verfchiedne befremden heute noch. Treten an die auf el und er endenden Grund formen die Biegungsendungen e, er, es, fo erfcheinen wieder zwei Formen, z. B. heitere (r, s), heitre (r, s); dunkele (r, s), dunkle (r, s). — Bei den Biegungs fällen auf n, m finden wir aber außer der Lang form, z. B. dunkelen (m), zwei Kurzformen: dunklen (m), dunkeln (m). Entfcheiden wir uns wieder folge richtig für die Kurzformen! Wo es deren zwei gibt, da fiele die Entfdieidung wohl am beften zugunften der Form aus, die das Stamm-e behält, alfo: heitern (m), dunkeln (m). (Man findet nur: im Dunkeln.) Abgefehen davon, daß das Ausfallen des Stamm-e bei manchen Formen diefer Art wenig oder gar nicht gebräuchlich ift, z. B. finftren, heifren, (leichtren), fpricht auch für die Wahl der Kurzform mit dem Stamm-e die Schreibung fämtlicher Zeit wörter auf ein und ern. Warum follten wir nicht fdireiben: edeln (wie adeln, veredeln), eiteln (wie vereiteln), heitern (wie erheitern), (die) äußern (wie fich äußern), innern (im Innern nur fo) (wie erinnern), teuern (wie fteuern), fauern (wie lauern), befondern (wie fondern)? Warum follen fich nicht auch die Biegungsformen der Höher ftufen den Zeitwörtern angleichen laffen: