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Der Sprachwart
- Bandzählung
- 21.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-26.1929
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045909-192900007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045909-19290000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045909-19290000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 3, März
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftDer Sprachwart
- BandBand 21.1929 -
- Ausgabe1, Januar 1 2
- Ausgabe2, Februar 17 18
- Ausgabe3, März 25 26
- Ausgabe4, April 41 42
- Ausgabe5, Mai 57 58
- Ausgabe6, Juni 65 66
- Ausgabe7, Juli 81 82
- Ausgabe8, August 97 98
- Ausgabe9, September 105 106
- Ausgabe10, Oktober 121 122
- Ausgabe11, November 137 138
- Ausgabe12, Dezember 153 154
- InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis -
- BandBand 21.1929 -
- Titel
- Der Sprachwart
- Autor
- Links
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von gleichlautenden Begriffen inmitten des babylo- nilchen Sprachgewirrs der Menfchheit. Wir trennen uns auch — und das ift das Wefentliche diefer fprach- lichen Eigenart — mit dielen ausländifch gekleideten Begriffen von allen volksmäßigen Dämmerzuftänden der Vergangenheit. Indem wir unfere politifchen und fozialen Begriffe von der überkommenen Sprache ab- fondern, fcheiden wir uns auch von dem dunklen, triebhaften Handeln der unbewußten Maffen der Vorzeit und verraten auch äußerlich, daß die Regeln unfres neuen Handelns aus einem andern Reich flammen als aus der trächtigen Nacht des dumpfen Getricbenwerdens durch ungebändigte Leidenfchaften und wehrlofe Unterwerfung unter herrifche Zwangs- gebotc. Homunkulus, der chemifchc Menfdi aus der vom Menfchcnwitz verzauberten Retorte, mag nicht das warme Blut der nach der alten Art gezeugten Müller und Schulze haben, aber er ift doch eben kein gewöhnliches warmblütiges Wefen, fondern ein Geift, mit eignen, fonderbaren, magifchen Kräften ausgeftattet. So treiben auch die Homunkuli untrer politifchen Sprache ihr mächtiges Wefen unter uns, gerade weil fie nur in der Brautnacht toter Materie, in den Umarmungen locker begehrlicher Elementar- ftoffe entftanden find. Solidarität ift mehr als das erniedrigende Mitleid, auch mehr als die erhöhende Liebe. Der Begriff ift Baumeifter einer ganzen er habenen Weltordnung. Die vor uns lebenden Ge- fchlechter haben viel von Liebe gelungen und Mit leid gewinfelt. Ihre Herzen waren von Kindheit an überheizt mit diefer Seelcnwärmung. Man fchwärmte von Menfchenliebe — aber in Wirklichkeit gab es Liebe nur in den Beziehungen von ein paar Menfchcn, die untereinander fich gegen die übrige Welt ab- fchloffen, bei Mann und Frau, bei Mutter und Kin dern, in einigen behaglichen Familicnncftcrn, zwifchen Freunden am ernfteften. In den Gefetzen aber, die die Gefellfchaft zufammenband und gliederte, hatte die Liebe keine Stätte. Die chriftliche Religion und die fchulmäßige Anftandslehre verkündeten gleicher maßen, daß der Nächfte geliebt werden müffe, weil er fo wie du fei. Die Einrichtungen des Staates aber, die auf graufamen, unentrinnbaren und unumftöß- lichen Gefetzen ruhten, wußten von fovicl privater Liebesfeligkeit gar nichts. Sie lehrten den Haß, fie rechtfertigten die Unterdrückung, fie bewaffneten den Übermut der Starken gegen die Schwachen. Wir waren erfüllt von zerknirfchtem Mitleid und fchwol- len über von Erbarmen für den Gekreuzigten. Unfer Mitleid weinte über den Kreuzestod eines Märtyrers, es trieb die eklen Menfchenwracke fozialer Zer- ftörung und körperlicher Entartung von den öffent lichen Straßen in die abgefperrten Spitäler, es kleidete den Nackten, tränkte den Dürftigen und zupfte Scharpie für die Wunden der Krieger. Aber kein Mitleid forgte, daß Elend und Verkümmerung gar nicht entftünde, daß Verkünder neuer Lehren nicht erft gekreuzigt wurden, daß die weichen Verbands flocken entbehrlich wären, weil Kriege nicht mehr geführt würden. All die Gefühlstugenden waren für den Privatgebrauch. Das öffentliche Recht hatte mit ihnen nichts gemein. Die erhabenen Empfindungen der Nächftenliebe und des Mitleids waren Betäu bungsmittel, die Roheit, Gewalt und Graufamkeit benutzten, um die Ohnmacht zu fchänden und aus zurauben. Nein, nichts mehr von Liebe, Mitleid und Barmherzigkeit! Das kalte, ftahlharte Wort Solida rität aber ift in dem Ofen wiffenfchaftlichen Denkens geglüht. Die Solidarität wendet fich nicht an fchwim- mende, gleitende, rofig leuchtende, untergehende Empfindungen, fie fchult die Köpfe, hämmert die Charaktere und gibt der ganzen Gefellfchaft die granitene Grundlage einer Umgeftaltung und Er neuerung aller menfchlichen Beziehungen in ihrer ganzen Breite. Wendung zum Bcflcrn, zum bellen wenden Von Jojeph Lammertz, Aachen ln den amtlichen Regelbüchern findet fich unter Nr. 4 der Kleinfchreibungen das Beifpiel „zum bellen haben“. Redensart ift es benannt. In Übereinftim- mung mit diefem Beifpiel bringt das bayrifche Wörterverzeichnis: „zum guten wenden“; der Aus druck ift alfo als Redensart aufgefaßt. Das heißt für unfern Fall: dem Verhältniswemfall der Eigenfchafts- hauptwortform „zum guten“ fehlt der ihm fonft innewohnende Dingbegriff. In dem öfterreichifchen Wörterverzeichnis tritt aber die Auffaffung zutage, daß ein Dingbegriff vorliegt: zum Guten lenken, wenden. Um Einigkeit zu erzielen, wäre alfo feftzuftellen, welche Auffaffung wohl die verbreitetere oder gar belfere ift. Fragen wir zunächft den Duden. Er bringt in Übereinftimmung mit den amtlichen Regelbüchern: zum bellen geben, haben, halten. Es ift alfo allgemein anerkannt, daß man in diefen Redensarten nur den Eigenfchaftsbegriff, aber nicht einen (etwa als be kannt erfparten) Dingbegriff fühlt. — Weiterhin aber entdecken wir im Duden eine Schwankung in der Auffaffung. Er bringt: „Wendung zum Bellern“, gibt alfo zu, daß nicht bloß die Eigenfchafl „beffer“ vorliegt, fondern daß die Form „zum Bellern“ gleich zeitig einen Dingbegriff enthält: zum belfern Aus gang, Ende, Erfolg, Verlauf u. a. Ift aber richtig: „Fortfehritt, Wendung zum Belfern“, dann auch: zum Belfern fortfehreiten, wenden; weiter: zum Bellen kehren, lenken, wenden. Nun heißt es aber unter „belle“ im Duden: „zum bellen kehren, lenken, wenden (ö.: zum Bellen kehren ufw.)“; dagegen unter „gut“: „zum Guten? Belfern lenken, wenden“; unter „fchlimm“: fich zum Schlimmen wenden. Nach diefer Betrachtung kommen wir zu dem Er gebnis: zum Guten, Bellern, Bellen (wie: zum Heile, zum Wohle) gereichen; zum Guten (Beffern, Bellen), Schlechten, Schlimmen fortfehreiten, kehren, lenken, wenden. Aber: zum beften geben, haben, halten; nicht zum beften (wie?) gehen, gelingen.
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