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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.04.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189004031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900403
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900403
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seite 2175 fehlt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-04
- Tag1890-04-03
- Monat1890-04
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.04.1890
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1. Mit M Witt kigtdlÄ «Ä AiMl Nr. sz, Dmllstoi kil z. M IM. I«r Lage. o» Berlin, 1. April. Nachdem die Parlament»- serien eiiigetreten sind, wird ein Vorgang, welcher sich An» sang vorigen Monat» innerhalb der „freisinnigen" groction de» Abgeordnetenhaus«» abgespielt hat. nachdem er vorher weniger bemerkt worden, in der Presse allgemeiner erörtert. Wir meiiien da» Au»scheiden de» Herrn Lugen Richter au» dem Borstande der „deutschfrei sinnmen" LandtagSfrciction. Allerdings inleressirt die Angelegenheit zunächst nur die „Deutschsreisinnigen" selbst, doch ea auch von Seiten der Organe der anderen Parteien an diesen Aultritt mehr oder minder richtige Folgerungen geknüpft werben, ja nicht nur Folgerungen, sondern auch Hoffnungen, welche un» zum min» beste» sehr verfrüht erscheinen, so dürste e» doch angezrigt sein, zunächst den lhatsÄchlichen Borgang, welcher von den Belheiliglen selbst meist absichtlich falsch dargestellt wird, vor- zusübren. Da muß man sich zunächst vergegenwärtigen, daß Herr Richter allerdings nicht »ur außerhalb seiner Fraktion sich e»er bedeutenden Gegnerschaft erfreut, weiche ja einmal durch seine abweisende politische Haltung allein zur Genüge erklärt wird, dann aber auch durch eine gewisse Formlosigkeit und Rlictsichrrioslikeit. sowie durch die Vernachlässigung gesell schaftlicher Ansoiderunge» hervorgerusen ist, Mängel und Schwächen de» fortschrittlichen Führer-, die nicht selten in ver- letzeiidsier Weise sich geltend machen. Doch seit lange hat Herr Richter auch in „seiner" Partei unter den nächsten politische» „Frcuni-"" Gegner, welche ihm noch Weit mehr abgeneigt sind nlo seine politischen Gegner. Wen» sich dicS auch scheinbar auS de» eben erwähnten per sönlichen Eigenschaften hinreichend zu erklären scheint, so sind hier koch tha«sächlich meist ganz a»dere Triebfedern maß gebend. ES ist nämlich zumeist der Neid und die Eifersucht aus den Beifall und die Anerkennung, welche Herr Richter als Redner in großen Versammlungen errungen und die, wenn auch bedingte Achtung, welche ihm jederzeit auch vom Gegner gezollt wird. War die Fortschrittspartei, soweit sie im Volke bi» zum Ende der siebziger Jahre Wurzel hatte, besonder» die Partei der gedankenlosen, der kritiklosen Nachbeter einer schlecht geleiteten Presse, so wurde die parlamentarische Fraktion der selben, besonders »ach der Vereinigung mit den „Secessio- nisten", der Hort aller Unzufriedenen, welchen eS nicht gelungen war. ein Amt oder die ersehnte höhere Stellung zu erreiche». Der Parleiverband der „Deutsch-Freisinnigen" bildete den Unter schlupf für lautervermeinllicheGroßen— sür„Geliiegroße",wie ein VolkSwort sagt — die. znmrist verbitterte Pessimisten, >m Parlament ihrem Ncrgcr am bequemsten glaubte» Rist mache» zu können. Da waren die „Führer" die Herren Bambergcr und Rickert, welche sich einen weiteren .Stab" von Anbetern und Lodern beilegten, und wenn die letzteren in der Presse sich bewährt, wie die Herren Barth und Brömel, dann wurden sie „von Parteiwege»" auch i»S Parlament „befördert". Diese Herren haben Herrn Richter niemals geliebt, und andere, die noch unbedeutender sind und sich gar zu sehr Schatten wähnen, bergen in ihrer ManneSbrust eine ganze Portion Groll gegen ihn. Wenn sich nun eine Gelegenheit böte, Herrn Richter — aber nur auS geschütztem Hinterhalt — „beizukommen", die Herren wären gar zu gerne bereit dazu. Diese Gelegenheit schien bei jener Rede über die Ver änderung der Zuständigkeit preußischer Ministerien vorhanden zu sein, und sie wurde von den kleinen Schreihälsen weidlich anSgenutzt. Dock e« schien eben nur eine passende Gelegenheit zu sein, in Wirklichkeit muß jeder Unbefangene diesmal durchaus -Herrn Richter beistimmen. Wir widerstehen zunächst noch der lockende» Versuchung, über in Betracht kommeiidk Persönlichkeiten Weitere» mit- zutheilen, wir glauben, der Anlaß dazu wird sich bald wieder tarbieten. Doch davor möchten wir warnen, aus dem jetzigen Zerwürsniß weitgehende Folgerungen auf eine Besserung der Verhältnisse im .freisinnigen" Vager zu ziehen. Tenn schließlich weiß alle Welt, und das Bewußtsein kan» den Herren Brömel und Eonsorten auch nur auf kurze Zeit geschwunden sein, daß die .Freisinnigen" ohne Herrn Engen Richter heute gar »icht» zu bedeuten haben und daß Herr Richter eie Herren Brömel und Lnörcke um mehr al» Haupteslänge überragt. Üismarck-Feier in Friedrichsruh. * I» Ergänzung der bisherigen telegraphischen Meldungen au» Friedrich »ruh entnehmen wir Hamburger Blättern nock folgende Angaben: Am Abend war die Familie de» Fürsten BiSmarck voll zählig hier versammelt. Früa V,ö Uhr ist Gras Herbert eingetroffen. Um 1 Uhr Mnt.-g» kamen Graf und Gräfin Rantzau und Herr von Arnim-Kroechelndors nebst Gemahlin, der Schwester drS Fürsten Bismarck, an. Abents de» Fürsten älterer Bruder, Laiitralh von Bismarck au» Naugardt. mit Sohn. Der Fürst befindet sich nach den Anstrengunge» und Auslegungen der letziea Tage verhällniß- wäßig wob!. Heute Vormittag (1. Avril) machte er mit seinen beloen Lohnen einen Spaziergang im Sachsenwald. Nachmittag« 4 Uhr unternahm er eine Spazicrsuhrt in Begleitung seine» Schwager» von Arii'in-Kroechelndorf. lk» lausen zahlloie Begrüßungsdepeschen an de» Fürste» ei». Sieben Telegraphenbeamt» haben hier unauf hörlich mit brr Annahme der Depeschen zu »hun. Da» Erscheinen Sr. Durchlaucht angesicht» de» Fuge» schildert der „Hamburgische Correipaudent": Kanin hott» d,e Spitze de« Inges de» neben dem sürstliLen Park binuaterführruteu Hohlweg erreicht, als Halt geboten wurde und plStzlich ein donnernde» H»r> ralnusen losbroch. Fürst BiSmarck hatte e» sich Nicht nehmen lass „. den Fackelzug schon an dirier Stelle zu begrüßen. Er trat in Begleitung der Frau Fürstin, umgeben von seinen Söhnen, de» Grasen Herbert und Wilhelm mit seiner Gemahlin, dem Grasen v,d der »rsfi, Rantzau »ad Prosessor vr. Schweuiug«, au» tzr» Parkthor heraus, von brausenden Hurrahrufen empsangen. Jedem Dtzeilnehmer am Fackelzuge wird es unauslöschlich ins Gedüchimß emgrprägt lei», wie der «Ferne Kanzler, hoch auigerichlet und ohue jegliche Stütze, im Inlerimsrock seiner Halbrrstädier Kürassiere, den Zug vorüdeldefiliren ließ. Nachdem die Hurrahrns« mit Mühe ge- tilll waren, richtete der Fürst da» Wort an die vor ihm stcheadrn Loi»ii».Mi>gIi«d»r. Er lprach etwa Folgende«: „Daß die Hamburger mir eine solche Ehre erweisen, freut mich von Herzen. Wenn man lange Minister geweien ist, hat man mancherlei Feinde und jede- Jahr bekommt man neue, denn man kann es nicht Jedem recht machen Da ich „un 28 Jahre lang Minister gewesen bin, freue ich mich doppelt, daß mir doch noch so viele Freunde geblieben sind, wie ich lner versammelt sehe. N>>ch den Zeugnissen aus dem Reich und selbst aus dem schwer zu be- sriedigendeu Berlin, die mir in den letzten Tagen zu Theil geworden ind, bars ich auch wohl annehmea, daß ich mich »» Sinne d - deutschen Volke» aufgesührt habe, da» »I eia beruhigend-» Gefühl für mich, indem ich mich jevi aus da» Altentheil zurückzirh«, um meine Tage in Ruhe zu beschließen, u»d eins der liebsten Zeugnisse von allen ist mir diese Kundgebung meiner Hamburger Nachbarn, mit denen ich für den Rest meine» Lebens gute Nachbarschaft zu halte» gedenke." i Mit neurm Hoch wurden dirse Worte ausgenommen. Dann! richtete vr. Gustav Nolle, der Vorsitzende des Reich<tag<»Wahl-1 vrrein», eiue Anlprach« an den Fürste». Brausend pflanzte sich da» > Hoch bi» zu den letzten, weit entserntcn Reihen de» Zuge» fort, die zwar von den Worten nicht» veruchmen konnten, ober au» ebenso warmen Herzen in den Jubel Derer elnstimmlea. die de» Fürsten imponirende Gestalt vor sich sahen und die freudige Rührung de- merkten, die seine Züge bewegte; und manche» Auge wurde seucht, al« e» sah, wie sich der Fürst bemühen mußte, seine Fassung zu bewahren. Im Anfang vielsach stockend, floß der Dank von den Lippen de» Fürsten, indem er die Herren de» ComitäS, darunter den ihm wohlbekannten Herrn Ad. Woermann, sremrdltch begrüßte. Dan» sagte er: .Seit vielen Jahren bin ich Ehrenbürger von Hamburg und habe mir diese Ehre in manche» Kämpfen und Sorgen redlich er worben. Auch für die Zeit, die mir noch bleibt in diesem Leben, hoffe ich sie ehrlich zu erhalten u»o al» Privatmann öfter da» Vergnügen zu haben, Ihre Mir wohlbekannte Hansestadt besuche» zu können." Unter erneuerten Hochrufen fetzte sich dann der Zug wieder in Bewegung, während brr Fürst mit seiner Begleitung etwas znrück- Irat und da» endlose Lichi- nao Menscheilmeer an sich voriwerzicheu ließ und forlioührend sreundlich grüßie. Nach einiger Zeit zogen sich die Damen zurück, aber Se. Durchlaucht selbst blieb, die L uke uus den Degen gestützt, stehen, bis nach einer guten halben Stunde die letzte Sektion heranrückte. AIS die Fackcliräger einen Augen blick anhiellen, um de» Fürste» zu sehen nud durch Hochruse z» jeiern, sprach er einige Worle zu ihnen, die eiwa lauletin: »Darf ich Ihnen in dem wenigen Plattdeutsch, da» ich hier gelernt habe, jagen, meine Herren: Sovcel Hurra» aS Hut, hat Friedrichsruk op eenmol »och »ich selb»!" Die Folge war natürlich eia doppeltes Hurrah, woraus der Fürst lachend zu den ihn umgebenden Herren bemerkte: „Na. ich hoffe, wir sehen uns Alle noch wieder, ober ich bin ein aller Mann und habe in den letzten Jahren lange nicht so viel gestanden wie jetzt. Desbalb niüssen Sie mich beurlauben, aber ich irerd' gewiß in dieser Nacht sehr ichön schlafen." Nachdem Fürst Bismarck und seine Familie sich wieder in da» Schloß begeben hatten, wurden der vom Fürsten icho» vorher aus« Freundlichste begrüßte Herr Adolph Woerman» und al» Abge- ordnete des Connlös die Herrea vr. Noltc, Vorsitzender des Reichiagswohlvereia», Beaeralconiul Schobert, vr. Seniler und Vr. von Melle gütigst »ingeladen, noch beim Fürsten im Schlosst zu erscheinen. Die „Hamburger Nachrichten" berichten darüber: Bon den Grase» Herder! »ad Wilhelm Bismarck aus da» Lieben», würdigste begrüß«, wurde» die genannten Herren durch mehrere Zimmer nach der dedeckten Terrasse de» Schlosses geführt, wo der Fürst, umgeben von seinen Angehörigen, den weiteren Verlaus des sich in einem große» Bogen um den Park herum bewegenden Fackelzngcs beobachtete. Der Fürst laß in einem bequemen Garlenstuhl, die mit einer Decke geschützten Füße auf einen Schemel gestützt, und rauchte seine lang« Pfeife. Er sah wohl und frisch au» und unterhielt sich in ungezwungenster, lieben«- würdigster Weist mit Herrn Woeimauu und den andere» ibm von jenem vorgeftellten Hamburger Herren. Auch die Fürstin Bismarck und die beiden Grasen und die Gräfin Bismarck, sowie der Graf und die Gräfin Rantzau belheiliglen sich an den» Gespräche, und es war für die Hamburger Herreu ersreuiich, zu sehen, mil welch leb- haftem Jineresst die ganze fürstliche Familie de» weileren Verlaus de-: Fock lzuges verfolgte. Als ter Fackelzug a» einer in größerer Entfernung der Schloßterrasse gegenüberliegenden Wiest angelangt war und sich dort am User des Teiches, einer gewaltige» Glüä» hchlerniaffe aleich, gruvvirte. und als bann ein Meltaus,ndstiiniiiiges Hoch von dort znr Terrasse herübcrdrühnte, erhob sich der Fürst und grüßte dankend mil der Hand an der weiße» Mütze. Auch das drnn aus der Wiese gelungene Lied „Deuischland, Deuilchlanü über Alles" schallte kräftig herüber. Wiederholt ward von de» einzelncn Mitgliedern der fürstliche» Familie hervorgeboben, welch herrliches Bild der imposante Zug, sowohl al» er, eine lange Feucrlinie, am Park entlang zog, als hernach aus der Wiest, an dem die Fackeln widerlpiegelnben Teich- bot. Der Fürst und seine Süline bewunderten auch die Ordnung und Ruhe, mit der das Ganze vor sich gegangen, und sie hörten mit Interesse zn, al» ihnen von den Hamburger H.rrcn berichtet ward, daß es die Elite der Hanibnrgisch » Kauiiiianuschajl, der ge- lehrten Stände und anderer höherer Berujszweige sei, die nach Frndrichsruh herübergekommen, um dem großen Kanzler mit der Iock-l in der Hand ihren tiefgefühlten Dank aiisziisprechen. Der Fürst bemerkte u. A, es komme ihm jetzt ganz eigeiitbümlich vor, wenn er Morgen» auswache, mit dein Bewußtsein, nichts zu «dun zu haben nnd keinerlei Veranlworllichkeit zu tragen süc etwa», Iva» in der Welt geichebe, und wenn er dann die Zeiinnq leie, ohne immer denken zu müssen: Was sollst Du dazu sag-»? Als dann Herr Wocrmann di« Hoffnung aussprach. daß der Fürst dem poli tischen Leben doch niebt ganz ser» bleiben weide, entgegnest der Fürst, er lei jetzt 75 Jahre all, uuo lmuu man sich in dem Alter zur Ruhe setze, habe e» dabei wobt sein Bewenden. Aus die wcllcre Bemerkung Wocrmann'S aber, daß der Fürst vielleicht noch im Reichstage ericheinen wert«, meinte dieser: jo, das sei vi Ileicht etwa» anderes Nach Hamburg, so bemerkte der Fürst im weiteren Verlause der Unterhaltung, werde er jetzt gerne häufiger kommen, wenn nian »ur dort dann nicht allzu viel Notiz von ihm nehmen wolle. Er werde gerue einmal in der Staat hernmgehcn und auch das Theater besuchen; aber er könne doch nicht immer posire». Sein bedauerte der Fürst, daß er de» im Znge »arschirevdea Hamburger Ober- Jngenirnr Andreas Meyer nicht erkannt habe. Er bat, deoselben bestens zu gräß.n, und fügte, zu Herrn l)r. Nolst gewandt, hinzu: „An Dem haben Sie eiue sehr tüchtige stchnlichc Kraft." Während dieser und anderer Gespräche bildeten die fürstliche Familie und die übrigen Anwesenden, iheilS sitzend, theilS stehend, eine giößcre Gruppe um den Fürsten. Die Grase» Bi»marck boten Cigarren. Vier und Grog nn und empfahlen besonders den letzteren. Auch der Fürst, der seine lange Pfeile nicht an- der Hand ließ, trank ei» Glas Grog und lobte den allen Jamaica-Rum, den er einst durch Vermittelung eine» Bremer Hause» erhalten habe. So guten Grog babc er früher »te getrunken. Als der Fackelzug sich aus seinem Rückwege von der oben erwähnten Wiese her wieder dem Schlosse näherte, baten die Hamburger Herrea, sich vrrabschieden zu dürlen. Trotz ihrer Bitte, sitze» zu dleibeo, erhob sich der Fürst und drückte jedem Einzelnen herzlich die Hand. Auch beaustragle er sie, allen Ihkituehmera an, Fackelzuge nochmals seiaea herzlichen Dank zu sagen. Ja einem Berichte der „Bossischeu Zeitung" werden noch folgende Ein» lheiten g meldet: Um 4'/« Uhr Nachmittag» traf Oberbürgermeister Peter» von Hamburg «in, um die Glückwünsche de» Senat» und der Bürger schaft zu Überbringern Gegen 2 Uhr fand der Empfang der aus drei Studenten in vollein Wichs bestehenden Deputation deS all gemeinen Destgirstn-Eonverils deutscher Bnrichcnichast (Urunsvir-iu) von Güttingen durch den Fürsten im Kreise der ganzen Familie statt. Studirender der Medien» Puppe war Sprecher; er verlos den Text der reich illristrrnen Adresse, in welcher die Burschenschaft ihre Dankbarkeit und Verehrung für den Schüpser deS Deutschen Reiches ausspriwt, dessen Geburtsjahr dasselbe wie baS der Bnrichenlchajl sei. Der Fürst erwiderte i» bedeutender bezichnngsreichcr Rede. Er bade dasselbe erstrebt wie die Burschenschaft: Emheil und Grüße des Balerlandc«, aber aus Grund deS Bestehenden Er mahnte die Studircnden, auch ihrerseits da» Bestehende bei ihren Bestrebungen zu achten; das Bessere sei oft der Feiud deS Guten. Er de- fragte sie nach ihren Herkunstländern und forderte sie aus, aus Las Wohl ihrer Landesherren zu trinken. DaS geschah in credenztei» Cbampagner. Anderthalb Stunden verweilte» die Aiirjchenichafls.Deputieren an der Tafel und un Kieisc der iürst. sichen Familie. Zeuge dieses EmpsangeS war auch der Flügel- adjuiant des Kaisers Major v. Wedel!, welch r die Glückwünsche seine» Monarchen an den Fürste» überbrachte. Die Geburt«. tagSgaden des Kaisers sind sein lebensgroßes Bildniß in GeneralSunisorm, eine von Philipp ousgeiühcte Copie des von H. v. Angeli gemallen Origmals, und eine lange Pseise. Um 3'/, Uhr suhr der Fürst im offenen Phaelhon. v. Wedel! zu seiner Rechten, aus dem südwestlichen Parkihor, welches beständig von einer immer mehr anlchwellenden Menge belagert wurde. Tosendes Hur- rahgeschrci empfing ihn und begleitete ihn aus der Fahrt längs der Parkinauer bis zum Walde bin seitens der dorr stehenden Schaaren. Ebenso stürmöcher Jubel empfing den nach seraer etwa halbstündigen Spazierlahrl Zurückkehrenden. Aber immer höher steigerte sich der Enthusiasmus, als nach kurzer Zeit der Fürst im militai- rrschen Kaisermantel, aus den Slock gestützt, »eben Herrn v. Wedel! aus dem Parkthor heraustrat, um seinen Gast zu Fuß auf dem kurzen Wege zwischen Gartenhecken dis zum Bahnhof zu begleite,,, wo der Zug für Berlin bereits wartete. Der Fürst trug wie bei der Fahrt eine Brille, der Hund sprang ihm voraus, Iw Schweninger folgte. Die ihm nachströmcnde Menge umgab den Gefeierten dicht und immer dichter und machte die staubersülllc Lust erbebt» mir ihrem Hoch und Hurrahgrschrei. Damen griffen nach seinen Händen, seinen Rockichößen, warten Blumen aus ihn. Vergebens versuchten Gendarmen und Eisenbahn, beamte, ihm Lust zu schaffen und den Bahnsteig frei zn machen. Die Reiienden tn dem von Hamburg gekommene» Zug stimmte» in diese nicht endenden Ruse, sowie In den Gesang: „Deutschland über alles!" mit ein. Alle Köpfe streckten sich aus den Coupöserrster», die Hände schwenkte» Tücher und Hule, eine unbeschreibliche Scene. Nachdem der Fürst mit seinem ans Wagenseuster trelenden Gast de» letzlen Grub gewechselt hatte, rollle der Zug davon. Der Fürst »brr krhne, ebenso »indräagt und uiiijubell von der Menge, wie aus de», Hinwege, zu», Park zurück. Er mußte einen Seitenweg quer durch einen Garten nehmen, besten Güter rasch hinter ihm gesperrt wurde, »nr sich vor den erdrückenden LlebeSbeweisen ganz und heil zu erretten. Die, Hamburger Nachrichten" melden in Ergänzung ihres Bericht«: AlS die Rede aus die Möglichkeit einer Rückkehr des Fürsten Bismarck nach Berlin kam, äußerte Se. Durchlaucht, in seinen, Alter mnche man einen so großen Umzug nicht zur» zweiten Male. Die Mög. lichleit, daß er einmal im Reichstag erscheinen werbe, gab der Fürst zu. „Ja, Herr Aoerniann (tagte er), wir sind Beide nicht wieder» gewählt." Auch aus die Wahle» und die Eocialdeiriokraite wandte sich das Gespräch, wobei der Fürst bemerkte: „Nicht die Streiks sind daS Schlimmste, denn sie gehen vorüber, aber das Traurigste für bie Arbeiter würde es sein, wenn einmal in Folge dieser Vorgänge die Arbeilgebrr die Lust verlören, weiter arbeiten zu lassen." Aus die Frage, ob er den Herzo gStitei führe, gab er zur Antwort: die Sache habe ja im Rcichsnnzeiger gestanden; was dort steht, sei wahr. — Ferner wird eine Aeußerung colportirt: Wen» der Fürst einmal incognito »ach Italien oder sonstwo reisen wolle, dann ie, ja der Titel „Herzog von Lancnburg" das beste Auskunft-mittel. Nach den „Hamburger Nachrichten" wurde die Geburtstagsfeier des Fürsten durch ein Morgeniiändchen der Musikcapellen des 76. Regiments der Wand», decker Husaren und der Ratzeburger Jäger eröffnet. Zahllose Geschenke, Adressen, Glückwunichschreiben und Depesche» lausen ei», zahlreich war au« Hamburg Vas Publicum anwesend, das vom Fürsten Mittags begrüßt wurde. Der Fürst ist beim besten Wohlsein. Kaufmännischer Verein. * Leipzig, 2. April. Au» Anlaß de» 75. Geburts tage» de» Fürsten BiSmarck datlc der Kausmäiinische Verein am DicnSlag Abend im Fcstsaale de« Verein-banseS eine besondere Feier vernnstaUet, welche, eine» Bortrag deS Herr» Professor Ur. Maurendrecher entschließend, de» erhebendsten Eindruck hinlerließ. Der Bedeutung de» fest» lichc» Acic» entsprechend, war an der Westseite de» Saale» ei» schöner decoraiiver Ausbau von Lordecrbiischen und Palmengruppen errichtet worden, den die Büste de» Fürsten BiSmarck krönte; Saal nnd Galerien waren Vicht mit Zu hörern besetzt. Vor ihnen gab nun in meisterhaster Weise mit packendem Wort und in vollendeter rhetorischer Form Herr Pro sesso rl)r. Maurendrecher eine historis che Würdigung und Eharaverestik derjenigen Staatskunst, durch welche BiSmarck Deutschland ge- chasse» und begründet hat. Redner nahm al» Au»ga»gch>uucl eine» VortrageSden Satz,daß BiSmarck in der Thal der Schöpfer, der Begründer de» Deuiscde» Reiche» sei; führte dann mit wahrhaft hinreißender Bercdlsaiiikeit eingehend alle geschicht liche» Momente aus BiSmarck'» politischem Wirken vor und betonte mit Wärme und Empfindung die Kraft seines genialen staalsmännischen Geistes. AnSsührlichr» darüber taffe» wir folgen. Der Vortrag wurde mit stürmischem Beifall ausgenommen. Herr Prosessor 1)r. Maurendrecher wandte sich hieraus nochmal» an das Auditorium, um den Wortlaut eine» Telegramms mitzu- theilen, welches von Seite,, de» Kausmännischea Verein» an den Fürste» BiSmarck adzuscaden beschlossen worden fei. Jubelnd stimmte man Dem zu „Der Kaufmännische Verein zu Leipzig, der zur Frier de» heutigen Tage- festlich versammelt ist. dringt Ew. Durchlaucht eine heißesten Dankes- und Segenswünsche dar, mit denen jedes patriotische deutsche Herz unwandclbar und au«dauernd de», Schöpfer de« deutsche» Reiche« entgegenschtägt." Christlicher Verein junger Kaufleute. * Zur Osterzcil pilkgcn viel« imia- Leule fremd in uusere Mauer» einzuziehc». Thcil» sind es solche, die an den hiesigen Lchranstaiieu zu hören und lernen gedenken, theilS sind «» solche, die in einem Gewerbe oder ln einem technischen Etablissement lernen wolle» oder Stellung in einem solchen angenommen haben. Vornehmlich aber sind es junge Knnstcule, welche gerade zu diesem Termin ihre Stellung verändern und aus sremden Slüdlen zu unserni allen Leipzig kommen. In der ersten Zeit ihres Hierseins nun suchen solche jnnge Fremdlinge Anschluß an irgend eine Bereinigung, in deren Müie sic während ihrer geschästssreien Zeit verkehre» wollen, denn daS Alleinsein gefällt ja ans die Dauer Niemand. I» der Regel wenden sie sich behufs Erreichung ihrer Absicht an College» und finden durch selbige auch ost Da«, was sie suchen: Heileren und ungezwungene» Verkeln und Vergnüge,,. Neben vielen Fällen, in denen sie in ihrer Wahl glücklich aukommen, kommt es aber auch leider vjtmals vor, daß sie i» Kreise geralheu. deren Umgang aus ihre» Charakter und Sitte von ungünstigem Emst,iß ist, ja sogar schädlich wirkt. Dann giebt e« aber auch noch eine Anzahl von junge» Leuten, die nicht nur Anschluß an Gesell schaften sucht, welche entweder rein berussgenossenichasllichen Lharakiers sind, oder ausschließlich sich der Veranstaltung von Vergnügungen gewidmet haben, sondern eine» Freundeskreis, in welchem sie sich in sriichem, regem GedankenauSlausch mü Gleichgesinnleu bewegen lünnen, wo Freuodschait, Berussverwandtichasl und dir Pflege der geistigen Güter und Ideale, sowie echles Deulschthllm und BalerlaudStiebe zugleich geübl werde». Ein Verein, der sich dies zum Ziel gesteckt hat, ist der »nn seit zehn Jahren b-stetienbe Christliche Verein junger Kausleute. Derselbe verjamme» sich jede Woche die. Mal Abends: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Der Dienstag. Abend ist der Erbauung und geistigen Pflege gewidmet und wird Vieler Abenv von den Herren Itr. von Erlegern, l). Hölscher und einigen bei» Verein wohl- gesinnlen Herren geleitet. Am Donnerstag-Abend ist abw-chselnd Gesang, Stenographie und französische Sprache getrreben worden. Der Sonnabend-Abend wird ousgejülll durch Vorträge seitens der Mitglieder und Freunde des Vereins, durch Leseabende, Lesen in vertbeillea Rollen, Musikabende, sowie allgliiieiue gesellige Ber einigungen. Sonntags findet sich säst immer ein kleiner Krei» zu gemeinsamen Ausflügen in Nab und Fern, zumal im Sommer zu- jaiiinicn. Daß natürlich aste Veranstaltungen von echt christlichem nno dabei doch durchaus jlühtichei» Geiste getragen sind, »ersteht sich vou selbst. Auch eine Bibliothek steht den Mitgliedern zur Ver fügung Der Verein Pflegt als Mitglied des Bundes der vereinigten- christlichen Vereine junger Kaiisleuie r,gcn Verkehr mit den übrigen Veienien und ist vom Central-Vorstand in Barmen auch eine Stellenvermittelung ins Leben gerufen worden, welche noch weiter ausgebaui werden soll. Aiiiang jede» Monals wird ciu Monats- orogramin zur Ausfüllung der einzelne» Abende ansgcstelll. Sollten nun vielleicht fremde oder auch hiesige junge Leute des KansniannSstandes oder anderer B- iusszweige in gleichem Bildungs grade Anichluß an eine derartige V rcluiguug wünsche», so können sie jederzeit an den bezeichnete» Abenden im Berrinslocal, Roß- straße Nr. 14, Evang. BereinshauS, ober bei den obengeaaunlen Herren Auskunft erhalten. Auch stehen gern Monatsprogramme für sich für de» Verein und den Zweck Jutcressirende zur Versitzung. Im Hinblick ans die Vereine katholiicher Kauileuie, deren auch einer hier in Leipzig besteht, hat sich der Christliche Verein junger Kaui- lenie die Ausgabe gestellt, den jungen evangelischen Kaus- ieule» außer ihrer GeschäiiSzcit eine» Aiihalispunct zu gewähren, in welchem sie einen wahre» fröhlichen Freundeskreis finden und der kvniigkl>sch'!ulherilch,n üirche nicht enisremdet werden. Ihm in dieser Wirksamkeit neue Freuude und Fördcrrr zujusührku, soll der Zweck dieser Zeilen sein. Vermischtes. X Weimar, l. April. DaS Schauspiel - Ensemble de» HostsioaierS beabsichtigt in Leipzig (»n E-rola-Tbeater oder »» Krystallpalasi) bkmnächli die Jbsen'scheii Werke „Nora" und „Die Fra» vom Meere", welche hier vorzüglich einsindirt worden sind, zur Aussnbrung zu bringen. Am Geburtslage der Groß- berzoai» (8. April) giebt unser Hoslhealer zum l. Male die Bizcl'schc Oper „Die Perlenfischer". --- A rbeite rwo l>» un g-ski zzrn. Der Verein Eon- cordia z» Mainz hat Sr. Majestät dem Kaiser die von ihm herauSgegebeiie Sammlung bewährter ArbeilerwohnuiigSskizzen vorgelcgl und hieraus c>» wurme« Dankschreiben erhalle». Ebenso bat Ihre königliche Hoheit die Grobherzogin von Baden aus die Ueberrcichung der Eaminluiig hur dem Vor stand c»> Schreiben zugchcn lasse», tu welchem sie dem letzteren ihren ausnchtigeil Dank auösprechcu und betonen ließ, daß sic mit besonderer Thcilnalime von de» Plänen Kenntnis; nehme» werbe. Die betressende Sammlung, welche 74 Blätter Umsatz«, ist bekanntlich zum Preise von 22,72 -Al von dem Vorstände m Mainz zu beziehe». Durch bedeutende kieferungen aus allen meinen Arbeitsstuben sind die Lager in Frühjahrs-Lonfeetions wieder vervollständigt und bieten eine unvergleichliche Auswahl in allen Neuheiten der Saison. Bei bester und geschmackvollster Ausführung stets billige Preise.
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