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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.04.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189004297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900429
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900429
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-04
- Tag1890-04-29
- Monat1890-04
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.04.1890
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Artiti«, m» LrpetMs« JohannrSgafi« 8. Sprnhftuaöe» -er Reditip». Vormittag« 10-12 Uhr. Rachmtttag, ä-6 Uhr. """LLSLS SN»' Aunatz«, tz« f», tzt» »ich»1>«>l»«i «-Ls«»- und Festtape, früh ««»Pr. 2» -kn FiUalr» fRr 3os.-Luu»h«r: '""""LiAM--"- Katharineustr. LI Part. »adSS»i^platz 7, »»r bi» «,r. UchMkrIagchlalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgrschichte, Handels- «ad GeschLstsverkehr. vierteljährlich 4»/, Mt tucl Brtngerloh» 5 Mk.. durch di« Post b«zog«n S Mk Jede «inz«lne Nummer 20 Ps. Belegexemplar >0 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (tu Teaedlatt-Format gefalzt! Ohne Poubeiörderung 60 Mk. «tt Postdefördernng 70 Mk. - Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. »> Grog« Schrift«« laut »ns. Prel-verzetchniß. Tabellarisch«». Ztffernsatz nach Höhen» Tarn ' Nerlamrn - wrtrr dt»R«d»ctiou«strich dt« 4a»spalt. Z«Üe50Vs.,vard»nFamtlte»»achrtchten die 6g«spaltrne Zeit« 40 Pf. Inserate smd stet« au die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben.! Zahlung praeuumernrnto oder durch Post« uachnahme. ^ IIS. Dienstag dm 2S. April 189V. 84. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Bo« dem Leipziger Arbeiterromits für die Feier dcS 1. Mai ist in der hier erscheinenden Zeitschrift „Ter Wähler" ein öffentlicher Aufruf erlaffen worden, in welchem die Arbeiter für gedachten Tag za einer „Frühpartie nach Oetzsch" ansgefordert »ad die Lorale angegeben werden, in denen sich die Theilnehmer an dieser Partie versammeln und M wo aus die „Züge" nach Oetzsch pattfinden sollen. Wegen der für die öffentliche Ruhe, Ordnung imd Sicherheit zu befürchtenden Gefahren wird aus Grund 8- 12 und 13 des Gesetzes über das Ver eins- und BersammlungSrecht vom 22. November >850, die Bildung dieser „Züge" wie überhaupt die Veranstaltung irgendwelcher öffent lichen Auf- und Umzüge oder Versamm lungen auf öffentlichen Plätze« und Straffen de- hiesigen Stadtbezirks für den 1. Mai dS. Jrs. illSdrücklich verboten. ES kann daher nicht geduldet werden, daß die Theilnehmer an jenem Ausflüge in geschloffener Masse und in demonstrativer Weise, wie etwa unter Tragung rocher Fakiren re. das Stadtgebiet durchziehen oder sich ans den Straßen, insbesondere etwa vor den Sammellocalen in grö ßerer Zahl anfstellen. Es werden umfassende Maßregeln getroffen werden, um iZuwiderhand- langen hiergegen zu verhindern und etwaigen Widersetzlichkeiten energisch entgegenzutreteu. Das Polizeiamt hegt zu der hiesigen Arbeiter dtvollerung daS Vertrauen, daß sie eine besonnene Haltung bewahren und sich den Anordnungen der Ävssichtsorgane willig fügen werde, macht aber »och ausdrücklich daranf aufmerksam, daß die Schn- manschast ermächtigt ist, im Falle sie sich Wider Smarten thätlicheu Angriffe» ausgesetzt sehen sollte, von der Dieustwasse Gebrauch zu machen, iind daß im Falle von Ruhestörungen die Abhal tanz der für den Abend desselben Tages in ver schiedenen Lokalen der Stadt geplanten Bcrsamm gingen und Feierlichkeiten jedenfalls sofort verboten werden würde. Leipzig, am 26. April 1890. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig VL223 Bretschueider. Diebstahls - Bekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstattet«! Anzeige: 1) eine RemontoirLhUnPeruhr von weißem Metall, IKlinig, mit ovalem Bügel, in 4 Steinen, mit Fabrik-Nummer 38495l, am Ai. v. M.; 2) SS -laiche» Weißwein. zur Hälfte Mosel, und zur andere» bSlste Rheinwein, elfterer thetlweise mit grüner Etiquette, in den lepea 3 Wochen; 31 ein leckbett mit roth- und blaugcstreistem Jnlet, vom lZ. zum 14. d. M.; 4> eine Reisetasche von rothcarrirtem Stofs, enthaltend diverse üeberartikel, einen Arrigstteur, einen »hemisetkragen mit shlips, Vorbr, AN»t;stifte und ei« Packet schwarzes Wachs, «-> 14. d. M.; b> ein« silberne Lylinder-Nhr mit Eecunde und geriester Rück seite mit etnaravirtem Wappen, «ebst anhäugeuder Rlckelkrttc mit Münze und Bleistift, am 18. d. M.; «> eine Handtasche aus grüuem Gurt mtt schwarzem Bügel u«d lederhenkel, enthaltend ein weißes und ein buntes Herab, ,/i. kl." oe,, einen MannSrack, ziemlich lang, getragen, ein altes sacket, ein Paar ArbettShase«, eine Weste mit anhängender kleiner silberner Nette und einiges Ria»rertza«p»erkSjeug, am 19. d. M.: 71 rin 2o«mrr«beritetzer von schwarzgrauem glatten Stoff, »it schwarzem Clothsutter, Stoffkraaen, schivarzubcrzogencn Knöpfen, nit verdeckter Batterie, ein Lchluffeltaschche», arauleinen, roch verziert, darin 4 Schlüße ein« schwarzlederne Brieftasche mit «sdaangsmrldeschet», Vistteakarte» nud Priesen aus „Moritz streickel" lautend, rin Rege»schir« mit schwarzem Gloriabezug und geilem Rohrstab mit gebogenem Griff, am 20. d. M.; 81 rin Paar junge lebende Taube» (sogen. Sr-pfer-Tauben) «it weißem und schwarzblauem Gefieder, am A). d. M.; 9> eine silberne Shltuberuhr mtt Eecunde, geriester Rücksette mit Schildchen, darin ,.N. N." einaravirt, mit Reparatur.Nnmmer ^.1 81898I", »ebst anhängender Rickelkette mtt Perlmuttereinsäpe«, »«S1. d. M.; 101 ei» Tamen-Reaenichir» mtt schwarzseüxuem Bezog, dunkel- br-miem horngriff »ad silbernem Beschlag, am 22. d. M.; III eia kpazterstack, ein schwarzlederae» Parte«»«nate mit Tchläßchen, enthaltend 8 N0 /E. eine silberne Ltzliuber- >c»«nt«tr-Uhr mit Goldrand, Seeunde und Fabrik-Nummer L43VK, nebst anhängender Daubls-Ltzrtette, am 29. d. M.: 121 ein Handwagen, ziemlich neu, krädrig, am 25. d. M-! IZl ein Vtctzelr, 54 cm doch, mll einfacher Schlagglocke, Komet« leteme nnd Fabrik-Nummer 168. dom 18. bi« 25. d. M.; 14) eine silberne Thltnberutzr mit Goldrand, Seeunde. Schild- «i nnd Vlumengravirung auf der Rückseite, sammt anhängender krpr Ltetzttetkr mil länattchen Gliedern und einem verl»,ue in norm einrr -achgebildete, Trompete, vom 25. bi« 26. d. M- Etwaige Wahrnehmung«» über de» «nblstb der gestohlene» "gmitänoe oder über den Thüter lind ungesäumt bei unserer ^mmmt-ARheUnng zur Anzeige zu brtügeu. am 28. April 1890. Aus Grund der Bestimmung in tz. IS unserer anderweit umgearbeiteten Sparcasten- nnd LeibhauSordnung vom 1. Februar 1889 kündigen wir hiermit die bei unserer Spar kasse aus die nachverzeichueten Sparkassenbücher gemachten Einlagen zur Rückzahlung. Nummer Betrc 1. Jan I89i >4 g mr 1 Ser. II 87 956 4 76 - - 44176 1 30 « . 73 899 1 21 . . 97095 1 17 . . 79 854 1 21 . . 128021 1 11 . . 126 322 1 1l . . 172 546 1 2 . . 92340 1 18 . - 100 735 1 16 - . 14738S 8 13 . I 90153 1685 — . 11 71164 2 47 - - 144 139 93 67 . I 71665 18 18 . . 82 367 4 92 -II 1976 6 14 . . 77 875 I 71 . . 99 730 1 16 . . 100811 1 16 . . 91622 L 38 . . I25K32 1 17 . - 142 712 1 7 - - 143 303 62 67 . . 158 968 1 5 . . 78107 1 21 . . 875K1 2 40 . . 161340 6 24 . . 181220 20 15 - - 1 158 4 5,8 - - 1874 6 18 . . 72 102 1 22 » » 95656 1 17 . . 138967 26 2 - - 74855 1 21 - . 87346 1 19 - - 113622 2 28 t Ra«. Scatclnb „vierte«»" durch Bernhard Kropf. Aarbrigrr, Hermann Carl, Schrift- setz« bei Hirschseld. Wendel, Emma, au« Onersnrt, Dienst- Mädchen bet Jungk. Seidel. Adolph Beruh, HandlnngS- lehrling bet Friede!. Ritter, Andrea«, an« Wahren, Fisch« bei Müll«. Werner. Friedr. Aug., au« Echköua, Laufbursche bet Thieme. Patgt, Otto, Laufbursche b. Bornrmana Uhlmaun, Auguste, geb. Wallich. Feuer- wchnuann- Frau. Essigke, Earl Morin, au» Ooösitz, Schreib« bei Jul. Löwe. Förster, Gustav Franz, Handelsmann« unm. Sohn. Githltog, Louise, BerLnsai». Lüptty, Friedrich Carl, Handarbeiter. Bertram, August Ferd., Kausmau». Elze, Ida, Private. (Eettzler, Melanie, Buchbinder« Tocht« Klau», Clara Bertha, Dienstmädchen bei Pastor Härtntg. Hörntg.Wilhelmine, HauSmmm« Frau. Müller,Carl, Gärtnergehilfe b.Merdoth. SuaSdors, Mar, Laufbursche bet Meißner L Buch. Lrude. Emma, au« Laustgk, Dienst- Mädchen bet Dreßner. Müller, Lina Anm», ««Lufert» bei Schütz. Krrtzschmar, Marie Me« Martha, Werkmeister» unm. Tochter. FaU. Walter, Krllnrrlehrltug bet Tribscht«. vrrndhauicl, Lont«, Arbeit«. Heynert, Martha, Dienstmädchen bei Schmoll. Aritzsche, Anno, Dienstmlldchro bei Skcstl«. Pohle, Carl, Maschinenbau«, vnrt, Arthur, Markthelf« bei Funk. Lange. Johann Lurt, unmündig. Lamprrcht. Udo. Hermann, Friedrich Otto, Laufbursche. Bcrgner, Carl Max, Schneider. Thtrle, Friedrich, Hautdiener in Cast National. Rtchtcr» Aug. Ferdinand, Maurer- unm. Sohn. Hoher. Marie, Secrrtair- unm.Tocht«. Mciskl, Johanne, SteunbotcnS unm. Tochter. Rothe, Wichrlm, Markthelfrr bei Dü«. Die Einleg« der obenerwähnten Beträge, bez. deren Rechl-nachsolger fordern wir hierdurch aus, ihre Gelder bi« zum St. Ntat d. I. bei unserer Sparccaffe zurückzunehmen, indem wir taraus Hinweisen, daß, wenn die gekündigten Ein» lagen bis dahin nicht abgehoben worden sind, die Verpflichtung der Sparkasse zur Berzmsnng der Beträge erlischt. Leipzig» de» 24. April 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Ia. 2698. vr. Georgi. Hennig. Vie Ärbeiterkun-gebmig am 1. Mai. Die Anssübrung der Troltoirarbeiten auf dem Neukirchhose soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau «Verwaltung, NathhauS, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, auS und können daselbst eingesehen oder gegen E»t richtung der Gebühren im Betrage von 50 Pfennigen, welche evenluell in Bnekmarken rinzusenden sind, entnommen werde». Bezügliche Angebot« sind versiegelt und mit der Aufschrift „Lrottotrarbeitrn auf dem Neukirchhofe" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 10. Mai 1890 Nachmittag- 5 Ubr einzureichen. Der Rath behält sich daS Recht vor, sämmtliche Angebote abzuiehnen. Leipzig, den 16. April 1890. DeS RathS der Stadt Leipzig Id 1968 Straßenbau-Deputation. Sekanntmachung. Nachdem d« Ltudenau-Plagwttzer Kraukeu- und vegrübnist Verein (eingelr. Genossenschaft) zu Ltndenau in seiner General veriammluna vom 12. April d. I. mtt dem 1b. April d. I. sein« AuslSsung oeschloffcn hat, nimmt di« Unterzeichnete Lasse Ver anlassung, die Herren Arbeitgeb« daraus htnzuwetsen, daß ver- sicherung-pflichtige Mitglied« diese« Vereins nach der Vorschrift des Sranken-BersicherungÄ-GesetzeS dtnuen 3 Lage», vom Erscheinen dies« Bekanntmachung an gerechnet, mittelst de« vorgeschriebenen Formulars zur Anmeldung zu bringen sind. Bei Nichteinhaltung dies« Meldefrist treten die Rachtheil« der Ktz. 50 und 81 de- angezogenen Gesetze« in Kraft. Lripzia, den 26. April 1890. Tie vrtskrautencafie für Leipzig und Umgegend. Albert Brockhau-, Vorsitzender. Geschüstslocal-Vermiethung. Im UusPersttitSgrundstücke Universität-straße Nr. 5 wird > da« von der Firma Ernst Gär- «mietbet« GrschSstSloeal nebst Niederlage am 1. vctoder d. I. «iethsrei. ReflectaMea wollen sich an da» Unterzeichnete Rentamt wenden. Leipzig, am 26. April 1890. Uat»ersttätS-Re«ta«t. Gebhardt. Bet dem Unterzeichneten Stadtrath ist sofort eine erledigte Schutz »anuftelle anderwett zu besetzen. D« mtt dies« Stelle verbundene jährlich« Gehalt beträgt 87S sowie ein Bekleiduug-getd von jährlich -S ^4 einzureichen. »»» Da» PoUget-Amt der Stadt Leipzig. I ^ Bretlchnetder. W. ^ uuttr Beifügung von Zengnisiabschristen anh« Werdau, am 28. April 1890. Der Stg»t«ttH. POttz^adttzeilnug. Wohl noch niemal« ist ein Tag in der ganzen civilisirten Welt mit so athewloser Spannung erwartet worden, wie der l. Mai. Al- der Beschluß von den in Pari» versammelten Socialisten im vorigen Jahre gefaßt wurde, diesen Tag für rin« allgemeine Arbeiterkundgebung zu Gunsten de» achtstün digen Maximal'ArbeitStage« sestzusetzen, schenkte man dem Beschluß nur geringe Beachtung, weil man die Tragweite besteiben und den Einfluß des Kongresse- aus einen großen Theil der Arbeiter unterschätzte. Der Unterschied zwischen Socialisten und Arbeitern ist zwar auch in Bezug aus diesen Beschluß klar hervorgetreten, überall haben die nicht socialisiisch gesinnten Arbeiter und diejenigen von ihnen, welche nicht unter dem Einfluß socialistischer Führer stehen, ihre Belheiligung an der Kundgebung verweigert. Aber die Zahl der Arbeiter, welche der in Pari« gegebenen Anregung Folge leisten wollen, ist viel größer, al» der Procentsatz ver Socialisten unter den Arbeitern, weil der Wunsch, die Arbeitszeit zu verkürzen, an sich mit socialistischen Bestrebungen nichts gemein hat. und weil sehr viele Arbeiter den tiefen Ernst der gegenwärtige» Lage nicht hinreichend würdigen. Die achtstündige Arbeitszeit ist schon bei vielen Streik» al- Bedingung der Wiederauf nahme der Arbeit ausgestellt worden, also könnte man zu der Annahme geführt werden, daß die allgemeine Kundgebung Vieser Forderung nicht» Verfängliche» habe. Die Sache liegt aber ganz ander», denn hier ist nicht der Wunsch oder da» Bebürsniß einer bestimmten Gruppe von Arbeitern an einem bestimmten Ort für die Ausstellung der Forderung maßgebend, sondern die Absicht, eine Kraftprobe anzustellen, wie weit die Macht der Arbeiterwelt reicht, wenn sie sich in einem ganzen Erdtheil zu ein« gemeinsamen Kund gebung vereinigt. Darin liegt die Gefahr für die zukünftige Entwickelung der Arbeiter-Verhältnisse. Die Verkündigung der allgemeinen Menschenrechte durch die französische Volk- Vertretung beim Be,ginn der großen Revolution war edenscill» eine Thai, gegen die sich grundsätzlich nicht- rinwenven läßt, und dennoch haben sich daran- Folgen entwickelt, die für Frank reich vrrhängnißvoll geworden sind. Die Form der für den 1. Mai in Aussicht genommenen Kundgebung zu Gunsten de» achtstündigen Arbeitstage« ist entschieden revolutionair, und wen» , ^ die im Zusammenhang damit beabsichtigten Auszüge und Masten« I i,?,,. Versammlungen unter sre^m Himmel geduldet würden so j ^ müßten sich daraus Lbnlichc Folgen ergeben, wie sie bei den Auszügen der Arbeitslosen in London und Rom und bei de» Streiks in Wie» und im Offrauer Revier hervorgetreten sind. E- «st durchaus nicht auSgeschlosten, daß an einzelnen Orlen elbst Mastenauszüge ohne Kämpsr mit den Sicherheil-organcn veilousr» würven, aber bei der großen Aufregung, welche gegenwärtig in einem großen Theile der Arbeiterbevölkerung herrscht, ist die Bcsorgniß wohl begründet, daß solche Zk- aiumcnsiöße vielfach vorkomme» würven. Te-balb haben die Regierungen und Stadlbebörben, welche uinsastende Vor« ichtsiiiaßregeln für den 1. Mai getrosten und Umzüge und Massenversammlungen unter freiem Himmel verboten haben, »ur ihre Pflicht getvan, und eS ist unzweifelhaft, daß der ruhige und friedliche Theil der Arbeiter diese Maßregeln mit Dank anerkennt. Wenn wir aber der Forderung de» achtstündigen Maximal arbeit-tage« näher treten, so ist dieselbe, allgemein gestellt, ganz eiiljchicden verwerflich. Vom medicinischcn Slanv- jniiict auS ist eS zwar anerkannt, daß dem mensch lichen Körper die Dreithrilung de- Tage« in eine gleiche Anzahl Stunden, welche der Arbeit, der Ruhe und dem Schlase gewidmet sind, der Gesundheit am zuträg lichsten ist. Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Erholung und acht Stunden Scblas entsprechen dem Ideal, welche- unter den günstigsten Verhältnissen erreichbar ist. Aber be kanntlich besteht eine tiefe und unanSsüllbare Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit, zwischen Theorie und Praxi». Die StaalSrcgicrung setzt für d>e Unterbeamtcn eine bestimmte Arbeitszeit fest, der Fabrikbesitzer bestimmt eine solche für seine Arbeiter, aber die Zahl der Betriebe, für welche eine bestimmte Arbeitszeit anwendbar ist, Hot ihre Grenzen und selbst durch den Wechsel der ArbeitSkrästc läßt sich keine genaue Schranke ziehe». Dann ist aber auch eine allgemeine gleiche Arbeitszeit für alle indnstriellen Arbeiter eine schwere Ungerechtigkeit, weil e» anstrengende und nicht anstrengende Arbeiten girbt, weil solche Arbeiten, welche eine besondere Körperkrast er« beischen, nickt aus längere Zeiträume auSgevehnt werden können. Außerdem kommt der Fleiß und die Geschicklichkeit der Arbeiter in Betracht. Ein fleißiger Arbeiter stellt doppelt »nd dreifach so viel fertig wie ein sauler, ein geschickter nutzt die Arbeitszeit ganz ander- auS, wie ein un geschickter, der fleißige Arbeit« strengt seine Kräfte mehr an als der faule, der geschickte Arbeiter weniger als der ungeschickte. Man sieht daran«. da« achtstündige Arbeit durch diese Unterschiede in ihrem Ergebniß der sechzehn stünbige» oder der vierstündigen gleichkommt. ES ist aller ding» richtig, daß diese Ungleichheit ver Leistung bei jeder Arbeitszeit zu beobachten ist, vei der achtstündigen wie bei der zwölsstündigen, aber doch nicht in gleichem Maße, weil die längere Dauer den Unterschied mehr au-gleicht als eine kurze Dauer. Da» entscheidende Moment scheiut darin zu liege», daß man eine ArbeilSVauer als Maximum scstsetze» will, die allenfalls ihre Berechtigung als Minimum hat. Wen» ein fleißig« Arbeiter acht Stunden gearbeitet hat, dann ist er gewiß rnhebedürstig, während ein sauler dafür sorgt, daß eS ihm auch im Lause v« Arbeit nicht an Ruhe mangelt. Man beobachte nur die Arbeiter, welche im Freien lhätig sind, wie Maurer. Zimmerleute. Steinsetzer, Straßenfeger, wie außer ordentlich ungleich deren Leistungen sind, »nv man wird zu der Ueberzeugung gelangen, daß die achistündige Arbeit für einen großen Procentsatz dies« Arbeit« nicht al- ail-reichcilb angesehen werden kann. Bon anderer Seite ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß doch auch zu erwägen ist. ob der Arbeitgeber dabei bestehen kann, wenn er sür die achistündige Arbeitszeit den gleichen Lohn oder womöglich noch einen höheren Lohn mhlki, soll al« sür die zehnstündige. Deshalb ist die Krage der Arbeitszeit auch vom Programm der inter nationalen Arbeiterschutz «Conserenz abgrsetzt worben. Die Franzosen haben so wenig Lust, den achtstündigen Maximal arbeilltag anzunehmen wie di« Engländer, und wen» man der Verwirklichung v» Forderung näher tritt, werden sich wahrscheinlich «och andere Völker "»den. welche sich ihr nicht fügen. Die Festsetzung einer bestimmten Arbeitszeit ohne Unterschied der Art der Beschäftigung ist überhaupt nicht durchzusühren, mindesten« muß e- in da» Belieben der Arbeiter gestellt werden, die Arbeitszeit bi« zu rin« bestimmten Grenz« ^u verlängern, »nd damit dies geschehe» könne. empfiehlt sich Ausstellung ein« Scala für die Arbeitsleistung innerhalb eine» gewissen Zeiträume». Durch Massenkundgebungen lasten sich derartige schwierige Fragen nicht löse» und vor allen Dingen ist di« GleichmachungStendenz verwerflich. DaS steht auch der verständige Theil der Arbeit« sehr wohl ein. aber die Socialisten brauchen radikale Maßregeln, um die Masten in Bewegung zu setzen. Der Unsinn der sogenannten Organisation der Arbeit und der Socialisirung der Gesell schaft tritt auch bei dies« Frage grell zur Erscheinung. * Leipzig, 29. April. * Zu den bevorstehenden Kaisertagea in Königsberg i. Pr. werden bncit» umfassende Vorbereitungen getroste». In allen Kreisen der Bevölkerung herrscht schon jetzt fieber hafte Aufregung. Dem General-Commando ist die Ordre zn- gegangen, daß am 14. Mai die große Parade aus dem Exer- cirplatze vor dem KönigSthor stallfindet. Die Provinzial Verwaltung wird ein Fest in dem — wie eS heißt — dazu prächtig decorirten Exercirhause aus Herzogacker. die Stabt ei» solche» in der Börse veranstalten. Tie verschiedenen Eommilsionen der städtischen Körperschaften sind bereits in Thätigkeil. Am heutigen Tage wird mit Herstellung von Tribünen. Ehrenpforten. Triumphbögen und Errichtung von Mastbäume» in den Straßen begonnen werden. Im Anschluß hieran sei erwähnt, daß von alle» preußischen Könige» Friedrich Wilhelm IV. die Provinz Preußen am häusigsten besucht hat, wiedrrholt bat er die kleine» Provinzsiädle bi- Angerburg, Lützen und Lyck bereist. Kaiser Wilhelm war zweimal in Ostpreußen. — Der KrciS-Au-schuß LeS Marienburger Kreise» hat an den Kaiser die Einladung gerichtet, bei Ge legenheit de» Besuche« von Königsberg auch nach der Maricn- burg zu kommen. E» muß aussallen, daß die verschiedenen Nachrichten üb« die russische Gewehr!ieserung sür Serbien gerade jetzt, nachdem die Skupschlina dies« Tage eine geheime Sitzung abgehallen hat, in verschiedenen LcSarien «iriskauchen. In der Timt wird der „Kreuzzeitung" au» Belgrad bestätigt, daß sich diese geheime Sitzuna mit der Bewaffnung der Miliz und mit dem erwähnten Wafscubeziige au« Rußland Die Beziehungen zwischen Serbien und Rußland werben dadurch, daß die Bewaffnung der serbischen Miliz von russischer Seite bewerkstelligt wird, in rin seltsames Licht gerückt. E» heißt auch, daß die Durchführung der Miliz-Bewaffnung beschleunigt werden soll, lieber die Verhandlung der geheimen Sitzung der Skupschtina »st zwar nicht» GennneS zu «sahren. allein eS verlautet, daß in derselben die Beschleunigung der Miliz«Bcwass»inig durch de» Hinweis aus die militairilchen Vorkehrungen Bulgariens begründet worden sei. Ob eine solche Begründung, wenn sie ersolgt sein sollte, als stichhaltig augeschen worden kann, ist eine andere Frage, denn so viel'bekannt, hat Bulgarien »l der letzten Zeit keinerlei außerordentliche mililainsche Vor» kebrungcn gclrosscn und am weiiigsle» solche, durch welche sich Serbien bedroht suhle» könnte. Man wird sich aber nicht wunder» dursen. wenn die Kunde von den nnliiainschei, Vor- lehrunge» Serbiens i» Bulgarien einen »ngünsligen Eindruck machen und die dortigen Kreise veranlassen sollte, daraus be dacht zu sein, daß die Wehrkraft Bulgariens nicht hinter zoner Serbien« zurilckblcibo. Man könnte eS im Interesse der nach barlichen Beziehungen der beiden Staaten nur bedauern, wenn e» wirklich zum Mißtrauen zwischen denselben wegen der militairischcii Zurüstungcir käme. Der Bern« „Bund- giebl folgende Statistik der An«- lieserung von Verbrechern und Angcschuibiglcn durch die Schweiz: Die Zahl der AuSIicscrringSangelcgcnheilen hat sich Ii» Jahre 1889 gegenüber dem Vorjahre etwas vermindert. Von Leite der Schweiz wurden bei auswärtigen Staaten 97 Auslieferungen nach- gesucht gegen 118 im Vorjahre; die Zahl der Alislieserung: !>ege!,r, n auswärtiger Staaten bet der Schweiz ist von 177 aus 116 zurück- gegangen, was hanptjächlich aus die Abnahme der von Frankreich eingelangten Begehren zurückzusuhren ist. Im Einzelne» vertheile» sich die von Seite au-wärligcr Staaten bei der Schweiz gestellten AuslirsenlogSbegehren folgenden»«^,:: Deutschland 58, Italien 40, Frankreich 38, Oesterreich 6, Belgien 2, Rußland l, Luxemburg 1. Davon konnten I l3 bewilligt weroen, ln 20 Fällen blieben die rcclauiirten Individuen »neiildeckt, in 2 Fällen wurde die NuSlieserung verweigert, 6 Begehren wurden zurückgezogen und 5 Fülle sind »och pendent. Bon den seitens der Schweiz gestellten AuSliescrungSbegehren gingen an Frankreich 60, Deutschland 26, Italien 3, Oester reich 3, Großbritannien 2, Belgien 1. Zwei Personen »uißten in verichirdenen Staaten zu gleicher Zeit verfolgt iverden. I» 59 dieser Falle «folgte die Bewilligung der Auslieferung, in >3 blieben die Nachforschungen ersolglvS, i» 4 wurde die Auslicserung verweigert, 14 Begehren wurden zurückgezogen, 7 Fälle sind noch unerledigt. AuS Brüssel, 25. April, wird der Münchner „Allge meinen Zeitung" geschrieben: Die Angelegenheit der Brüsseler DocumenteiidiebstShle fördert täglich neue seltsame Enthüllungen zu Tage, »nd wir er fahren dabei eine Menge Dinge, welche un- bisher gänzlich »nbekanut waren. Ta ist jetzt sestgestellt worden, daß seit 1886 im Brüsseler Ministerium des Acußercn ei» „Preßdureau" besteht, dessen einzige Aufgabe dahin geht, dt« ausländische Presse durch unterschiedliche Mittel zu bewegen, eine dem klerikalen Ministerium freundliche Haltung cinzunehmen. Ter Leiter dieses Bureaus war der viel- genannte Secttonschef Georg Nieter und sein Hauptagmt der nicht minder oft genannte Fourcault de Mondio». Tie beiden theilten sich redlich m die Arbeit. Mondion machte im 'Namen der belgischen Regierung de» Beriuch, die hiesigen Vertreter der große» Pariser Blätter, namentlich be- „Temps'^ und des „Journal des TLbatS" zu bestechen, damit sie in ihre» Correspondenzen die Politik der Regierung verthcidigen. Die letztere wollte sich bann dieser von ihr selbst ausgehenden Correspondenzen bedienen, um sie der libe ralen Presse Belgiens enlgegenzuhaltcn. Da die hiesigen französischen Correspondenten daraus nicht cingingen, suchte Moudivn selbst ver schiedene, von der belgischen Regierung ausgegangene Artikel in das „Journal des DLbalS" etnzuschmuggcln. Aber auch dieser Versuch mißlang. Nieter trachtete wieder, die Vertreter der deutschen Blätter zu „gewinnen", wie e» scheint, mit demselben Erfolg, wie sein Freund Mondion. Dem Letzteren handelte eS sich übrigens gar nicht um alle diese Dinge. Er war vielmehr längst in die geheimen Dienste der französischen Regierung getreten, und seine Verbindung mit dem Brüsseler Preßbureau hatte lediglich den Zweck, sich Ein- gang in die Ministerien und Staatsarchive zu verschaffen. Dies >N ihm nun in unerklärlicher Weise gelungen. ES steht fest, daß Mondion seinem Austraggeb« General Boulanger übern»- wichligc geheim« Aktenstücke, sowie Pläne der belgischen Festungen anSlteserte Las wichtigste Documcnt, welche- Mondion entwendete, ist die geheime Denkschrift de- Generaldirecivr« im Ministerium des Aeußeren, Emil Baaning. üb« die Maar-Uesestiaung und Sic Stellung Belgien- im Falle eine« deutsch.französischen Kriege«. Diese Denkschrift ist an de» König gerichtet und mit d«
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