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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189005024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-05
- Tag1890-05-02
- Monat1890-05
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1890
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Erscheint täglich früh SV, Uhr. K^artion und Lrprdttion Johannetgaff« S. SPrech-uu-kn der Nrdarttmi: vormittag» 10—1» Uhr. Si-chmittag» k—« Uhr. »>.»«. ^ Annahme tz« skr »te «Ichftsslse»»« Rümmer »efttmmt«, -Ujerate a« Wachrutage, hi» S Uhr Nachmttt«,«, au San»- «u» Srsttageufrkh tsH'.SÜir. In drn Fttialrn für Ins.VInnahmr: vtt» «lemm'« Sarttm. («lsrr» Hahn). UM^Ä^ttaß« 1. Katharineustr. LS pari. »ndKäuigsplatz 7, «ur bi, '/.» Uhr. UeWiger.Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nud Geschäftsverkehr. MborrnementSpreiS vierteljährlich 4V» Mk. tncl. Brinaerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzeln« Nummer 80 Ps. Belegereinplar IO Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Taaeviall-Jormal gefalzt» ohne Poslbesürderung 60 Mk. «tt Postbefürderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uni. Prel-verzetchniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach hoherm Tarif. Keclamrn unter dem RedacttonSstrich die 4gespalt. ZeilebOPf.vordenFauitlten nachrichte» di« Kgespaltene Zeile 40 Pl. Inserat« sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben.' Zahlung prasunmernnilo oder durch Post- nachnahme. 122. Freitag den 2. Mai 1890. 84. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Leklmutmachuug. Durch Bekanntmachung vom 12. September 188S ist da» hier geltende Dünger-Export-Regulotiv vom 8. Januar 1882 nebst Nachträgen in den Stadtlbeilen Leipzig-Reudnitz und Leipzig-Angrr-Erotlendors mit der Maßgabe eingesüdrt worden, daß die Räumung der Lbortgruden und die Abfuhr der Fäealien in diesen Stadttheileo au-schließlich durch die Leipziger Düngerrrport-Actiengesellschast zu geschehen bat. Die ebrngedachle Anordnung ist, nachdem der von den In habern de» Absuhriuflitut» „Oekonomie Henze" dagegen ein gelegte Recur» von der Königlichen S,e>«hauptmauaschaft verworfen worden war, unterm 12. November 1889 rrneuert bezw. in Erinnerung gebracht worden. Nachdem jedoch da» Königliche Ministerium de» Janern aus eine von Seiten der „Oekonomie Henze" gegen dir Ver ordnung der Königlichen Krei»hauptma»nschast eingelegte Be schwerde — in Rücksicht auf die im Jahre 1888 der „O-konomie" vom vormaligen Gcmeiaderath zu Reudnitz aus 20 Jahre ertheiltrn Ermächtigung zur Ucbernahme und Aus führung freiwillig ertheilter Aufträge zur Grubenräumung »r Reudnitz — unsere gedachte Anordnung aufgehoben hat, baden wir der Oekonomie eröffnet, daß auf die Dauer jener Ermächtigung ihrem Gewerbebetriebe im Stadtbezirke Leipzig Reudnitz nicht weiter entgegenzutretea sei. E» wird die» mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß, außer dieser zu Gunsten der „Oekonomie Henze" gemachten Ausnahme, im klebrigen an den eingang- gedachten Bekanntmachungen vom 12. September und 12 November 1889 nicht- geändert ist» die Zulassung der „Oekonomie Henze" sich also nur aus den Bezirk der ehe maligen Gemeinde Reudnitz und nicht auch aus die übrigen Vororte erstreckt. Auch ist die genannte Gesellschaft nach der erwähnten Verordnung de» Königlichen Ministerium» VeS Innern in Bezug aus die Art der Ausübung ihre» Gewerbe« in gleicher Weise den bestehenden gesundheilspolizeilichen Vor schriften über Grudenräumung und Dünger-Export unter worfen, wie die Leipziger Dünger-Export-Actien-Gesellschaft. Bezüglich der Tarisbestrmmungen gilt für die „Oekonomie Henze" sowohl im Stadtbezirke Alt-Leipzig wie im Sladt- beziike Reudnitz bi» zum 1. Oclober 1890 die durch unsere Bekanntmachung vom 29. September 1887 nachgelassene Er höhung. - > Leipzig, den 29. April 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. I». SOKS. vr. Eeorgi. vr. Krippendorff. Bekanntmachung. AKoatag, de« S. Mai d. I-, sollen die A»phallirung«arbeiten in der KSaigSstraße wieder ausgenommen werden. In Folge dessen wird der noch nicht fertig gestellt« Theil dieser Straße von dem gedachten Zeitpuncte ab für de« grsa»>«te« Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den SO. April 1890. IX 2855 Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hermig. Sekauutmachung. Die Erd« und Pflaster-Arbeiten bei der Regulirung der Langen und Kohlgarten-Straße in Alt-Leipzig und Leipzig» Reudnitz sollen an ein-n Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung. Rathhau» 2. Stock werk, Zimmer Nr. 14. au» und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 50 ivklche eventuell in Briefmarken einzusenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „Regulirung der Kohlgarten-Straße" versehen ebendaselbst und zwar b>S zum 12 Mai 1890 Nach mil tag» 5 Uhr einzureichen. Der Ralh behält sich da» Recht vor, fämmtlichc Angebote abzulehnen. Leipzig, den 23. Avril 1890. DeS RathS der Stadt Leipzig Ib. 2l13. Straßenbau-Deputatio«. Ausschreibung. Die zum Erweiterungsbau der T»r»lialle a» der IV. Be- zirkS-Schule in der Aorkstraße erforderlichen Maurer- und Zimmerarbeiten solle» vergebe» werden. Die Bedingungen und Arbeit-rerzeichnisse, sowie die Zeirdnungen können in unserem RathSbauamte, Hocbbauver waltung. Rathhau« 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, eingesehen de; von Va gegen Erlegung von l,50 für die ArbeilSver zc chnisse und Bedingungen zu den Maurerarbeiten und von 1.00-ck für dieselben z» den Zimmerarbeiten bezogen werden. Die Angebote sind verschlossen und mit der Auftckrifl: „Durnhall» IV. BeztrkS-Sehule, Maurerarbeiten bez. Zi««erarhetten" bi» zum 9. Mai er. Vormittag» 10 Uhr an obenbezeichncter Stelle portofrei einzureichen. Der Rath behält sich die Au-wahl unter den Bewerbern oder die Ablehnung sämmllicher Angebote vor. Leipzig, den 3(j. April 1890. Der Rath der Stabt Leipzig. Ib 2257. vr. Georgi.' RÜlinc Geschäftslocal-Vermiethung. Im Univrrsitätsgrmidstkcke UniversitötSstroße Rr. L wird das von der Finna Ernst Gör- ernriethrte SefchäN»l«,«l nebst Niederlage am I. Vel-Ker d. L «tethfnt. Reslectanten wallen sich au da» Unterzeichnete Rentamt wenden. Leipzig, am L6. Avril l«o. V«t»ersttk1»-*e»1»«t. »abhardt. Der Generalstreik. Der für gestern geplante allgemeine Streik ist di« neueste frucht der socialistifchen Bewegung und bildet den lieber- ang zur Verwirklichung de» s. g. Zukunst-staate». In diesem Staate ist der Arbeiterstaud der herrschende, er schreibt der menschlichen Gesellschaft Gesetz« vor, bestimmt nicht nur dir Urbeilszett und die der Erholung und dem Schlafe gewidmete Stundenzahl, sondern er organisirt die Arbeit, die geistige wie die gewerbliche, und focialisirt die Gesellschaft, oder mit andern Worten, rr beseitigl die gesammlen bisherigen staat lichen Grundlagen de» VSlkerleben», reißt die Schranken, welch« die Nationen von einander scheiden, nieder und bringt der Welt Freiheit und Friede. Kriege giebt e« nach der allgemeinen Völkerverbrüderung nichl mehr. De»halb braucht man auch keine stehenden Heere, ebenso wenig ist eine Regierung nothwendig. jede» Gemeinwesen regiert sich elbst, die ganze Welt besteht au» lauter Communen, in welchen da» gesammte Leben bi» in die kleinsten Einzelheiten vorgeschriebe» ist. Von Unterschied der Stände ist keine Rede, die gesammie Volksarbeit ist auf böchster technischer und wissenschaftlicher Stufenleiter organisirl und gewäbrt allen ohne Ausnahme die reichlichste Befriedigung ihrer Leben»« und Culturbedürfnisse. An die Stelle de« Judividuali-mu« tritt der SocialiSiiiuS. Da» ist der Kern der ganzen Lehre, hier liegt der Widerspruch und die Unmöglichkeit, daS socialistische "irngespiiinst in da» praktische Leben einzusübren, denn der >ocialiSmuS hebt da» SelbsibestimmungSrrcht de« Individuum» aus und erniedrigt den Menschen zur Maschine. Der Generalstreik ist eine Lebensäußerung de» Sociali»- niu», und e» läßt sich nicht leugnen, daß der Einfluß der führ» schon ein sehr bedeutender sein muß, um einen General- lreik, eine Arbeitseinstellung in der ganzen Well zu Stande m bringen, mag sie auch immerhin nur von einem Theil der Arbeiter gescheben. Die Socialisten nennen da» eine Kraft leistung, der bald weitere Leistungen derselben Art folgen werden. Ein solche» geschlossene» Auftreten deS gesammlen Arbeilerstande» setzt eine feste Organisation voran», wie sie jeder Streik iunerhalb de» Kreise» der Betheiligten zeigt. E» ist überhaupt da» Streben der Führer erkennbar, die Arbeiter- weit vollständig unter ihren Willen zu beugen. An der Eentralstelle wird va« Stichwort auSgegeben und da» dient den socialiftisch geschulten Massen zur Richtschnur. So wird e» bei umfassenden Arbeitseinstellungen gehalten, so bei den Wahlen, so bei der Samnilung von Beiträgen für socia> listische Zwecke, so bei der Verbreitung der socialistifchen Preßorgane. -»» Da» gelt Alle» leicht und glatt, so lange die geleiteten Massen von der Ueberzeugung durchdrungen sind, daß sie ihre Lage verbessern werden, wenn sie den Führern folgen. Sobald aber die gchossle Besserung auSbleibt und ein ganz unerwarteter Rückschlag eintritt, welcher den untrüglichen Beweis liefert, daß i» dem sociaOslische» Reckenexcmpel ein Fehler ist, dann ist e» mit der Autorität der Führer zu Ende, und dann kehrt sich der Uiimutb über die Enttäuschung gegen die Führer Man findet ja so leicht Glauben bei Denen, welche sich in ihrer Lage nicht wohl fühlen, wenn man ihnen lachende Zukunftsbilder vorgaukelt. Der Arme giebt seine letzte» Ersparnisse für ein LolterielooS hin, in der Hoffnung, durch einen GlückSsall plötzlich aller Sorge und aller Entbehrungen ledig zu werden, der Kranke, dem cie Kunst de» Arzte» nicht zu helfen vermag, wendet sich an einen sogenannten Natur arzt. oder braucht sympathetische Mittel, nur um der Pein zu entgehen, welche ihm die Erkennlniß seine» hofsnung»losen Zustande« bereitet. Der Streik ist eine Schraube ohne Ende; wenn er einmal zum Ziele geführt hat. so wird er immer wieder aus» Neue angewenbet, bis die Grenze erreicht oder überschritten ist, da» heißt bis der Arbeitgeber von seinem Unternehmen keinen Ge winn mehr hat. Nun gebt freilich da» Strebe» der Socialisten angeblich dahin, dem Arbeiter den vollen Lohn seiner Arbeit zu sichern, und zu dem Ende soll die Gcsammiheit an die Stelle de» Arbeitgeber« treten, so daß der Unternehmer gewinn dem Arbeiter zusällt. Die Socialisten vergessen aber, daß die Hofsniing aus Gewinn der mächtigste Trieb aller au Handel und Wandel gerichteten Thätigkeil ist und daß die Ge sammtheit nicht den Berus hat und haben kann, für da« materielle Wobt und die Befriedigung der Bedürfnisse der Einzelnen zu sorgen. Dadurch würden die Communen au die Sluse von Armenanstalten herabsinken, in welcher die Hausordnung da« oberste Gesetz bildet. Jever lhut dann »ur Da», wa« ibi» befoblen wird, vorausgesetzt, daß eine Gewalt da ist, welche einen Zwang aus ihn ouSüben kann. Die Bewegung für den achtstündigen Arbeitstag für all Verhältnisse leidet a» dem Fehler, an welchem die ganze socialistische Lehre krankt, sie verwechselt die Theorie mil der Praxis, die Belheiligten befinden sich in dem Jrrthui», daß man Alle« erreichen kan», was man energisch fordert. Ja allerdings, gegen höhere Gewalt läßt sich nicht mit Erfolg ankämpsen, aber da« gewaltsam Erreichte hat nur dann einen Werlh, wenn eS sich alS durchführbar und lebensfähig erweist. Daraus, daß beslimmle Arbeckcrgruppen ru längerer TageS- arbeit genöthigt werden, als sich mit der Gesundheit verträgt und schlechtere Bezahlung erhalten, als sie verdienen, folgt aber noch nicht, daß alle Arbeiter auf gleiche Arbeitszeit oder aus gleichen Lolm Anspruch haben. Um den Unsinn dieser Forderung zu erweise», wäre daS beste Mittel, baß sie gewährt würbe, wenn da« ohne schwere Schädigung von Industrie und Handel geschehe» könnte. ES würde sich dann bald zeigen, daß ganze Industriezweige mit einem Schlage vernichlel wären, weil die Unkernebmer sich außer Stande sähen, die Arbeit sortsetzen zu lassen. Der Mißbrauch deS CoalilionSrechtS durch Organisation von Generalstreiks kann überhaupt dahin führen, daß die Arbeit geber den Spieß umkehrcn und ihrerseits den Arbeitern gegen über sich organisiren. Wenn eine solche Gemeinschaft der Arbeitgeber zu Stande kommt, zu welcher der Generalstreik vom 1. Mai den Anstoß gegeben hat, dann würden die Arbeit geber in der Lage fein, den Arbeitern die Bedingungen vor zuschrriben, unter welchen sie ferner beschäftigt werden können Der Höhepunkt der socialistifchen Bewegung ist mit dem Generalstreik erreicht und der Rückschlag wird nicht au» bleiben. Wollen die sociolistjschen Arbeiter den Arbeitgebern Gesetz« vorschreiben, so ist e« an Viesen, Mittel und Wege aufzusuchen, um dem weiteren Umsichgreifen diese- Mißstaode» entgegen zu treten. Die Veranstalter de- Generalstreik- vom l- Mai haben sich zwar nicht a» die Arbeitgeber, sondern an die Regierungen gewendet, und die Mitglieder VeS Pariser Socialisteocongrcsse» haben beschlossen, in den Parlamenten ür die gesetzlich« Normirung de- achtstündigen Normal- arbeitStagc» zu wirken, aber vorläufig ist noch kein« Au-sichl vorhanden, daß Regierungen und Volksvertretungen diese Forderung erfüllen werbe». Um so mehr haben die Arbeit eber da» Recht und die Pflicht, dieser Forderung gegenüber Zlellung zu nehmen, ihre Unerfüllbarkeit nachzuweise» und den Arbeitern den Geschmack an weiteren Generalstreik» zu benehmen. In wenigen Tagen tritt der deutsche Reichstag für die Anderen büßen. Da» Gericht hatte die von den Angeklagten beantragte Vernehmung von Eailostuog»»eugeu au- Markirch kurzweg abgelehnt, und so mußte denn auch da- durch die Verhandlung gewonnen« Bild recht einseitig anSfallen. Ja St. Di- verlang!« die össentliche Meinung eine an-gtebige Genugchuung sür da- un erhörte Vorkonimniß, daß Elsässer die französische Nation beschinivit Hallen; die wirklich Schuldigen hatte man nicht zur Stelle gebracht, dasür mußten nun Unschildige Verhalte». Au» zahlreichen äbn- lichen Vorgängen bei fmnzüsischen Gerichten glaube» wir die veneymen. zxn wenigen Lagen rrirr oer oeuifcye rncicpsiag > ilchen Vorgängen vei fnanzoiiicqen iscria>>en giauvcn wir cie zusammen, dort ist der Ort. um die Grenzen de« Arbeiter-1 Berechtigung schöpfen zu-können, den französische» Richtern den chutzeS festzustellen und die Socialisten in ihre Schranken zu weisen. * Leipzig, 2. Mai. * Kürzlich ist in Cassel unter dem Titel „Vidsunt consuiss!" eine politisch-militairische Schrift erschienen, in welcher der anonyme Verfasser nicht» Geringeres zu beweisen sucht, al» daß die Männer der mililairiscken Unter- und Nebe»- Irömung. die 1887 im Vollbewußlsein de» Siege» einen Krieg gegen Frankreich betrieben Kälten, die wahren Patrioten gewesen seien, während die osficielle Friedenspolitik einen zroßen Augenblick verpaßt und das Vaterland in eine ge lährlichc Lage gekrackt habe. Die Sprocke der Schrift ist richt gewöhnlicher Art Der Verfasser giebt auck zu ver letzen, daß er die Ehre der persönlichen Bckannlsckast de» verstorbenen Kaiser» Friedrich genossen habe; er sagt demselben sogar nach, daß er (der Kaiser) «in entschie dener Anhänger der Kri.göpartei von 1886—87 gewesen sei. Aus eine materielle Würdigung de» Inhalts kann verzichte! werden. Jedenfalls ist selten ein Buck so zur Unzeit erschienen und so sehr geeignet, »amenllick im AuSlande Durchaus falsche Vorstellungen Uber die Bedeutung einer sog. KnegSparlei. sowie über die Tüchtigkeit der deutschen Armee und schließlich über die Zuverlässigkeit der deutschen Friedenspolitik zu er wecken, wie daS in Rede stehende. Leider macht sich die .Kreuzzeitung" den Standpunct de» Anonymus voll ständig zu eigen, ohne im Mindesten Anstoß zu nehmen an der lebhaften Befürwortung von Angrifskriegen, an der .unchristlichen Neigung zu Uebersälle» benachbarter Völker wie eS in der letzten Eröffnungsrede z»m Reichstage unter Kaiser Wilhelm I. hieß Ein solche Stellungnahme dieses, in Bezug aus seine Bedeutung un AuSlanbe viel fach überschätzten, in Rußland sogar »och oft für osstciöS gehaltenen Blatte- ist durchaus geeignet, die zum Miß trauen geneigten und mil de» Gesinnungen der leitenden Kräfte in Deutschland weniger bekannten Kreise de» Auslandes zu verwirren und den Wahn zu erzeugen, als wäre wirklich eine ernste Bewegung gegen die auswärtige Politik de» Fürsten BiSmarck während der letzte» 3 bis 4 Jahre vorhanden ge wesen und als könnten die kriegerischen Strömungen unler deni neuen Regime Oberwasser gewinnen. Demgegenüber er scheint eS geboten, besonders und auf daS Bestimmteste zu be tonen. daß man (so meldet die „Schlesische Zeitung" auS Berlin) au allen beachlenSwerthen Stellen der entschiedenste» Mißbilligung der Schrift begegnet, und zwar nicht nur in Bezug aus de» Zeitpunkt, den sich der Verfasser zur Ver öffentlichung seiner Angriffe und Rathschläge erwählte, sondern auch in Bezug aus diese selbst und die ganze Tendenz seines Machwerks. Jni Uebrige» hat d>e deutschePnblicistik gerade genug mit der Abfertigung der auswärtigen Mmirer und Miß trauenSerreger zu lhun, daß eS ihr erspart bleiben sollte, sich mit einheimischen unverantwortlichen Politikern befassen zu iiiüffen. * Die Anträge, welche Preußen im BunbeSralhc zur Abänderung der Gewerbeordnung gestellt bat, sind im Wesentlichen in zweiter Lesung vom BüiiteSralhSauSjchiiß angenommen worden und haben diese Anträge auch zur Frage de» ContractbruckeS Stellung genommen. Der Vertreter der bayerischen StaulSregierung, Oberregierungs rath Landmaii». konnte die nahezu vollständige Uebercinstu» iniing seiner Negierung mit den Anträgen Preußens co» statiren. In der Frage de« Trucksystems wird der Stand punrt im Wesentlichen eingenommen, welchen die bayerische SlaatSregierung schon vor längerer Zeit der obersränkischen Korbwaarenindustrie als für sich maßgebend präcisirl balle. Zur Frage der Hausindustrie soll der bayerische Vertreter allerdings einen kleinen, nichl sebr wesentlichen Untcranlrag gestellt haben. Nachdem beabsichtigt ist. die Anträge schnell möglichst an den NeickSlag gelangen zu lassen, dürste noch Ende dieser, jebensalls aber Anfang nächster Woche die Plenarsitzung des BundeSrathS in dieser Angelegenheit stall fliibrn. * Der Präsident der Generaldirection der WUrttem- bergischen SlaalSeisenbahnen, Hr. v. Hosackcr, wird beiiinächst von seiner Stellung zurücklreten, nachdem er sechs Jahre lang die Leitung der Staatseisenbahnen inncgehabt hat. Als sein Nachfolger wird Obcrbauralb Lcibbrand >m Ministerium de» Innern genannt. Als hervorragender Techniker hat er alS Abgeordneter von Oberndorf in der Kammer wiederholt aus Resormcn im Eisenbahnwesen hin- gewiesen und namentlich daS System der Secundärbabnen vertreten, v. Hosacker tritt in einem Alter von 66 Jahren in den Ruhestand. * B»S Straßburg, 27. April, wird der Münchener „Allgemeinen Zeitung" geschrieben: DaS Tribunal von St. Diü hat die beiden Arbeiter au» Markirch, Schmitt und Schmadcl, die, wie früher gemeldet, am Ostermontag gelegentlich der Ruhestörungen i» der Wirlhjchast zu Haut de St. DtS verhaftet worden waren, zu je 4 Monate» Besängntß verurtheilt. Da- Tribunal hat al- erwiesen an genommen, daß die beiden Genannten iranzösische Bürger beschinivst und mit Steinen geworfen haben, daß sic gerufen: „Vive tu zirusx, m... . pour la Granne"-auch sollen dieselben durch Schießen au- Revolvcrn die öffentliche Sicherheit gefährdet haben Aus deutscher Seite ist mo» über dieieS Urtheil nicht wenig überrascht. Alle de» Angeklagten zur Last gelegten Thatsachc» sind wirklich vorgekoinmen und die Theilnehmer inachen kein Hehl daran-; aber allgemein wird behauptet, daß Schmitt und Schinadel schon deshalb nicht als Schuldige bewachtet werden können, Vorwurz der Feigheit vor der blindwüthigen öffentlichen Meinung inachen zu dürfen. Und doch wäre es so leicht gewesen, sich mit den Anlorderunae» der öffentlichen Mttnnng adzufinden. Man hatte auf französischer Seile in der Presse erklärt, daß die Ver worfenheit von Elsässern, welche Frankreich beschimpfte», sich nur durch die Trunkenhett der llebclthäter entschuldigen lasse, welche durlh ihr Verhalten einen so peinlichen Eindruck in Frankreich verursacht hätten. Warum Hai man den Angeklagten diese mildernden Umstände nicht zuerkannt, da sie doch in dieser Hinsicht, nach übe» einslimmendcm Urthetle ihrer Mtbürger, an jenem Abende nübiS »u wünschen übrig ließen? Soll» aber unser Unheil über die französischen Richter, welchen wir den Muth der Ueberzeugung absprechc», wirklich zu hart sein, so bietet sich demnächst Gelegen heit zu glänzender Rechtfertigung. Tie Frauen der beide» Ve» »rtheilten haben vor dem Tribunal iu St. Did Strafantrag gegen zwei französische Gendarmen erhoben, weil diese die Frauen, die sich an ihre Männer nnklammerlen, alS sie abgeführt wurden, mit Fußtritten mißhandelten. Die eine dieser Frauen befindet sich im Zustande vorgerückter Schwangerschaft. Die französischen Richter können ja her diesem Anlasse wieder vor der össenilichen Meinung beugen und Zeuaniß dafür oblegen, daß der ritterliche Sinn groyen Nation Mifchandluug von Frauen selbst daun ver abscheut, wen» die Ehemänner dieser Frauen abtrünnige Elsässer sein sollten. Da» in deutschen Blättern ausgetanchte Gerücht, daß die Stuventen-Corporationen in Dorpat, eine der hervorragendsten Eigenthsimüchkeiien der dortigen Universikät, ausgeboben werden solle», entbehrt, wie von russisch-vssic öjer Seile versickert wird, wenigsten» zur Zeit jeder Bc-gruiztiiiig. Im Gegentheil tritt der Euralor Kapnstnl sür die Existenz berechtigung der Corporationen, welche eine landviiianuichasl- licke Organisation haben lind sich gern mit den CeupS der dculschen Hochschulen vergleichen, ein, so lange sie si!> von politische» Bestrebungen sernballen und zur R gieiung in keinen Gegensatz treten. In diesem Falle aber sind sie als eine Bürgschaft sür Ruhe und Ordnung an der iliiivrcnlät aliziisebeii. Mit der Aushebung der Corporation«» m ßte man da» Jiispectorenstatul cinführen, da» sich, wie die jü> len Ereignisse an den übrigen russischen Nnipersilälc» tarlhun, in drn »leisten Fällen nichl bMuährt. So beabsichtigt denn auch Curatör Kapustln. woscrnj sic sich ruhig und ccr Polnik ab- gcwaudl balmi, durchaus lucht an dein Bestände der Cervc- rationc» zu Irültkln, waS in deutschen akademischen Kreisen gewiß mit Freuden begrüßt werden wird. * AuS Kiew wird der „Weser-Zeilung" geschrieben: Ein sür die religiösen Verhältnisse im Süden Ruß lands höchst charakteristischer Proccß kommt dieser Tage vor dem KrciSgerichle von llnian, einer Kreisstadt des ltiewer Gouverne ments, zur Verhandlung. Auf der Anklagebank wird ein Bauer au- Taraschtscha, Namen- Kvnrad Malcwa»», erscheine», und zwar wegen „Berbreilniig irriger religiöser Lehren". Die AngclegEeit a» sich ist interessant genug, um eine kurze Schilderung des Sach verhalt- angebracht erscheinen zu lassen. Ter Angeklagte, ein völlig ungebildeter, nicht einmal des Lesen- kundiger, etwa 4> »jähriger Manu, war urjprünglich ei» eifriger Anhänger de- Etundism»-, einer de- kannte», ii» Süden und namentlich im Südwesten Rußland- jel r weit verbreiteten Secte, trennte sich aber allmälig von den Lehre» dieser Secte völlig loS und wußte sich, al- Verkündige'- einer eigenen Lehre, eine» ziemlich au-gebreitetcii Anhang zu schasse». Mit einem au-gezeichiieleii Gedächtnisse behaftet, eignete er sich au- immer währenden Vibelvvrlcjiingeii seiner zehnjährige» Tochter eine erstaun- Iici>e »ennlnisi der evangelische» Texte an, durch deren Bclicrrschiing er seinem Anhänge um so mehr zu impvniren wußte, als mau ja wußte, daß er de- Lesen- unkundig war >i»d das Volk diese seine Fertigkeit daher an- „höherer Eingehung" abieitete. Durch ausßillige- Gebahrcn, foriwährendes Gebet, langanhaltcudes Fasten wußte er die einmal aus sich gezogene Anfnierksamkcit zu fesseln, die noch durch periodisch wicderkchrende „Verzücktheit' nach laiigaiihalleiidcn «'M ete,-, die sich in heftigen Gliederzuckungen kund gab wa- auch tn von ihm gegründeten Seele de» Namen „Triassuny", da- isi „Jucker", gab — sowie durch angebliche „Offenbarungen" während seiner Träume, gesteigert wurde. Malcivnnh predigte Buße und Entsagung um jo erfolgreicher, als er an scheinend selbst da- Muster des von ihm gepredigten Lebens wandel- abgnb. Er weissagte den baldige» Untergang der Welt und den Beginn des jüngsten Gerichte- mit so souvcroiiier Meister schaft der Ueberzeuguiig-krast. daß es ihm keine besonderen Schwie rigkeiten bereitete, das rohe Volk in dem von einigen seiner nächste» Anhänger au-gcstreutcn Wahne, als sei er der verheißene Messias, der Erlöser der Welt, zu bestärke». In seinem Hause zu Tarnjchlscha gründete er eine Easse, in welche eine Zeit lang reichliche Beiträge her von seinen Lehren bceinslußleii Anhänger flössen: auch führte er eine geraume Jett hindurch einen recht einträgliche» Ablaßhandel. Eine »nter seinem nächsten Anhänge auögebrochene Zwistigkeit führte zu wiederholten Anzeigen an die Ortsbehörde, die sich gegen oa- Endc vorige» Jahre- der Angelegenheit annahm und weitere Geidziischüsie in die Easse Malewany'- verhinderte, so daß er sich gezwungen sah, au- Mangel an Mitteln z»m LebciiSlinterhalle drei seiner bi- dahin in seinem Ha»se beherbergten Helsershclfer untcr dein Vorwände, daß sie sich irgend wie „versündigt" hätten, aus dem Hause z» entferne». Diese rächten sich dasür, indem sic da- intime Treiben Malcwany'S, da- bi- dahin Geheimnis! geblieben war, öffentlich a» de» Pranger stellte». Malcwanw welcher dem Volke weiß z» machen wußie, daß die göttliche V-tt sehung sür seinen und seiner Familie Unterhalt sorgte, wurde übcr- ftibrl, feine» Lebensunterhalt au- vorbedachte» Mitteln bestritten zu haben. Alle- das führte schließlich zur Festnahme Me. wanwc-. Tic an ihm vorgcnvmmene ärztliche Untersuchung licserie da- Er gebnis, daß ei allerdings schwächlich und brustkrank war. daß seine geistigen Eigenschaften aber durchaus normal seien. Da- perio> bische Gliederziickeii sei Folge seiner Nervenzerrüllung. wälnend sein außergewöhnlicher Standpunkt Ri-Iigion-sragen gegenüber aiä baren Fanali-iiiil- ziirückznsübren lei. Indem ich mir aus die gewiß recht iitteresiaiilen weiteren Enthüllungen der bevorsiebcndeii Gerichtc- verhaiidlung ziirückzukolnmc» Vorbehalte, möchte ich noch bemerken. «cpuloige oerracmer weroen tonnen, weil dieielben während der t „g vor Kurzem die maßgebende Zeitschrift „kirchlicher Anzeiger" ^ Geiellichaft eine- sran-1 yavaui hinwics, daß die Haupiursackic des rasche» Ü,»- E" Loldaten leine- deutschen Deserteur-! waren, wahrend I ^etenwescn- in Südrußiand in der religiösen Uu- die Beschimpfungen. Steinwurse, Schüsse ,c auf dculfchem Boden ge- s sollen sind. Erst nachdem Schmitt und Schinadel das Wirth-hauS verlassen hotten, kehrten sie über die Grenze zuruck, um sich von ihrem Gesellschafter noch einmal zu verabschieden: die französischen Gendarmen glaubten nun, waS durch da- Abenddunkcl erklärt werden mag, vielleicht auch durch d» hochgradig« Trunkenheit, welche an diesen Sicherheit-Wächtern beuurkt wurde, getäuscht, daß sie zwei jener Ruhestörer vor sich hätten. welch« die Grenze überschreiten wollten, um ihre Unternehmungen aus französischem Boden sort- »usetzen. Ta den Gendariiten kur, zuvor einige der wirklich ichuld,ge» Uebelthäter, welche sie verhaftet letten, al« diese die Grenze über- schritten, wieder -Lsgertffen waren, soll«, um, di« beiden VerurrhelUe» > Mündigkeit der rohe» Volk-masse» zu erblicken wäre, »ud ist rj eine kaum qualisicirbare Art der diesseitige» Presse gewisse» Schlage-, I die in dieser Frage immer von Neuen, da- alle Gespenst von an gebliche» Einssüsjcn deS ausländischen Deutschlhum- in den Vorder grund zerrt. * Die serbischen Regenten ernannlen den Liberalen Bsbowilsch zum Präsidenten de» Appellhofe- und ferner 5 Radikale, 3 Liberale und 2 Fortschrittler zu Richtern. Eine Bolschasl der Regenten zollt der Thäti-keit der Skuvsch tina bei Schaffung der sür Einführung der neuen Verfassung nölhigcn Gesetze volle« Lob uno hebt besonder» hervor, daß
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