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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189006204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900620
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900620
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-06
- Tag1890-06-20
- Monat1890-06
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1890
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* ^'.O'' ' -8"^ G0-MWW7 -x - »»"V'«l/t»'- V Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Lk-artion und Lrpeüttioa JohanneSgaff« 8. Hprschstundkn -rr Nrdaction: Bormittag« 10—18 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. - - ^ttr-Lr.» ?.»' —'" «»nah«- »er für »t, nächftsslge«,»« Nu««er Inserate ,» «ochrntage« »1« t Uhr Nachmittag«, -»Tann- u«h -rftta,rn srühbio ,0 Uhr. 2a drn FUialri» für Zns.-Ännahme: ktt» Klemm » Barlim. (Alfred Hahn), Untversilät^siraße 1, -atharütrnstr. 14 pari, undKönigSpIatz 7, «ur bi« '/,8 Uhr. 171. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Nachdem da» AuStragen und Dchandigen der Steuerzettel an diejenigen Beitragspflichtigen, deren Wohnungen hier be kannt, bezw. bi» jetzt zu ermitteln gewesen sind, erfolgt ist, ergeht nach den un 2. und 3. Absätze von tz. 46 dcö Ein kommensteuergesetzes von, 2. Juli 1878 enthaltenen Bestim mungen an alle diejenigen Beitragspflichtigen, denen der Steuerzettel bis jetzt nicht bclinndigt wurden ist, hiermit Aufforderung, sich wegen Mttheilung des Ergebnisses ihrer Einschätzung bei den betreffende» Stellen unseres Steucr- amte« und zwar: im Stadtbezirke Alt-Leipzin im Stadthaus, Obst» «uarkt Skr. ri, Erdgeschoß, in den Stadtbezirken Leipzig - Reudnitz, Leipztg- Anger» brottcndorf, Leipzig Tbnnberg und Leipzig-Neureudnitz bei unserer SteuerhebesteUe Leipzig-Reudnitz, RathhnuS, in den Stadtbezirken Leipzig-Neustadt, Leipzig- Neufchönefeld, Leipzig-BolkmarSdorf und Leiprtg-Sellerhausen bei unserer Steuerhebestelle im Rathbause zu Leiprig-BolkniarSdors, im Stadtbezirke Leipzig-Eutritzsch im dortigen Rathhause und im Stadtbezirke Leipzig-GohliS im früheren Ge- «etudeanite daselbst ohne »eiteren Berzng zu melden Wer sich nicht oder nicht rechtzeitig meldet, verliert da» ReclamationSrecht, da nach 8. 49 deS bereits angezogencn Gesetze- die dreiwöchige ReclamalionSfrist für Die>enigen, denen der Steuerzettel nicht hat behändigt werden können, mit dem Lage der ersten Bekanntmachung gegen wärtigem Aufforderung »u laufen beginnt. UebrigenS bericht sich diese Aufforderung nur auf die Steuervstichttgcn, welche bei Aufstellung des diesjährigen Katasters, d. i. im October und November v. I, bereits hier bezw. in den obengenannten Stadtbezirken gewohnt haben, nicht aber auf die erst nach dieser Zeit hier zuge- zogenen steuerpflichtigen Personen. Leipzig, den 12. Juni 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch ttMM.TaMait Upzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschiiftsvcrkehr. Lekarmtmachung, Generalrevtsto« über die Droschken betreffend. Die Generalreviston über die Droschken und deren Be spannung, und zwar über diejenigen mit geraden Nummern, al» 2, 4, K re. soll Freitag, den 27. Juni I8S0 auf dem Fahrweg au der Tribüne der Rennbahn stattfinden. Die Ausfabrtszeiten werden wie folgt festgesetzt. ES haben am gedachten Tage ihre Geschirre vorzufahren die Eoncessionare mit den Anjangsbuchstaben X—r Bormittag» 8 Uhr, ü ch » 9 » 8—b! » s/«10 « X—3 . »/,11 . 8ck—2 . >/«12 . und zwar derart, daß die Droschken nicht etwa nach und nach zu anderen als den vorgedachten Stunden ansahrcn, sondern daß die sämintlichen zu ein und derselben Zen vor zufahrenden Wagen auf einmal und pünktlich zur fest gesetzten Stunde auf dem AusfahrtSplatze, der von den Auf- sichtSorganen am Tage der Revision noch speciell angewiesen werden wird, zur Stelle sind. Die Eoncessionare, welche bei Vorführung ihrer Nummern zugegen sein müssen, werden insbesondere darauf ausmerksam gemacht, daß bei dieser Revision die Droschken durchgehend« gut lackirt, die Sitzkifsen und Rückenlehnen aut gepolstert und mit reinlichen, keineswegs dcfccten Uebcrzuge» versehen sein müssen. Ferner ist auf die gehörige Instanksetzung der Pferdegeschirre besonderes Augenmerk zu verwenden; dieselben müssen au» gutem Lederzeug bestehen, aut geschwärzt und dem beim Polizeiamte ausgestellten Probegeschirr möglichst angepaßt sein, wie denn überhaupt die Droschken durchgehend- allen übrigen Bestimmungen in tz. 6 deS Droschken-RegulativS vom 5. October 183.8, die Dienstkleidung der Droschtenführer aber genau den Borschriften in ß. 10 deS angezogenen Regu lativ» entsprechen muffen. Zuwiderhandlungen gegen vorstehendeAnordnungen werden nach 8. bl deS Regulativ» bestraft werden »nd haben die Eoncessionare nach Befinden überdies die Außerbetriebsetzung der nicht vorschriftsmäßig vorsahrenden Geschirre zu ge wärtigen. Leipzig, den 21. Mai 1890. DaS Poltz-ianit her Stadt Leipzig. v. ». 2547. Bretschneider. Muhlner. Leklinillnilichnng. Da» von Frau Johanne Friederike Heynold geb. Reinhardt, Willwe des Herrn Friedrich Eduard Hcynold hier, zum Andenken ibreS SohneS, dcS ütml. cliom. Rudolph Otto Heynold gestiftete Heynolt'sche Familienstipendium, zur Zeit 3.87 ^ 50 jährlich betragend, soll auf .8 Iabre an einen aus der Universität Leipzig studirendcn jungen Mann, welcber der Familie der Stiftern« oder der ibreS Vkc- manueS angekort, und in, Mangel eines solchen an einen bedürftige» Studenten der Universität Leipzig, dessen Baler Leipziger Bürger ist, vergeben werden. Indem wir bemerken, daß die Stiftern» die Tochter deS >841 zu Bautzen verstorbenen Stellmackernieistcr- Christian Reinhardt und ihr Ehemann der Sohn deS GencralacciSein- nebmerS Friedrich Hcynold ebenda war, fordern wir Alle, welche sich um dieses Stipendium bewerben wollen, auf, ihre Gesuche hinnen 4 Wochen und spätestens bi« zum 15. Juli 1890 unter Beifügung der erforderlichen Zeugnisse aus dem Rathbause, Zimmer Nr. II, I. Obergeschoß, cnizureichen. Leipzig, den 13. Juni 1890. « . Der Rath der Stadt Leipzig, k»- 8782. vr. Georgi. Wirthgen. AbounemerttSprei- vierteljährlicb 4*/, Mk. tucl. Vrinaerlotzn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk Jede einzeln« Nummer 20 Pf. Beiegeremplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen sin Tageblatt-Format gesalzt» ohne Poslbesörderung 60 Mk. mit Poslbesörderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile so Ps. Größere Schriften lant uns. Preisoerzeichniß. Tabellarischer u. Zifsernsatz nach hüherm Tarif. Krclamrn «mter demRedactionSstrich die 4aespalt. Zeile 50 Ps., vor den Familien nach richten die Kgespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die t-rprdttton zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben.' Zahlung prneuumoiiruilo oder Lurch Post nachnahme. Freitag den 20. Juni 1890. Zwangsversteigerung. Da« im Grundbuch« auf den Namen de« Braumeister« Juli»« Hermauu Ahltg in Meerane eingetragene vraueretgrundstkck Folimn 2818 de« Grundbuch«. Nr. 1088 de- Flurbuch« uad Nr. LS Ablh. A de« Brandkataster- für Meerane, geschätzt auf 22 831 ^1, soll an Amtsgerichtsstelle allhter zwang«weise versteigert werde» und ist der 7. Jult 1890, VarmittagS 10 Uhr, als Verstetgerung»ter«t», sowie der 14. ^nli 1800, Vormittag» 10 Uhr, als Termin zu Vrrkiiudung de» BrrthetluiigSpIaiicS anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihre« RangverhältnisseS kann in der Gerichtsschreiberei des Unter zeichneten Amisgerichls eingesetzt» werden. Meerane, am 12. Mai 1890. königliche» Amtsgericht. Neumerkel. Das deutsch-englische Abkommen und die öffentliche Meinung. Wenn man liest, was die Zeitungen deS In- und Aus landes über daS deutsch-cnglifche Abkommen in Afrika schreiben, so sollte man meinen, daß eS sich dabei nicht um die Ab grenzung der beiderseitigen Interessensphären in Afrika, sondern hauptsächlich um eine» Preis handle, den Deutschland für die Erwerbung der Insel Helgoland zahlen will. Wir verkennen die moralische Bedeutung dieser Erwerbung für Deutschland keineswegs, aber sie kann unS nicht die Augen schließen und daS Unheil trüben bezüglich Dessen, wa» die Engländer durch daS Abkommen in Afrika gewinnen. Witu und Somaliland scheinen un» keineswegs als so werthlv», wie sie von manchen Seiten hinaestellt werden. Wir haben für die Erwerbung der Schutzyerrschaft über beide Länder nicht unbedeutende Bemühungen aufgcwendet, und die deutschen Bemühungen sind nicht ohne guten Er folg geblieben, wir erfreuen un» in beiden Ländern großer Sympathien, und e» fragt sich sehr, ob sich diese Bc- rielningcn in gleicher Weise auf England übertragen taffe». Auch die Erwerbung der englischen Schutzhcrrschaft über Zanzibar ist eine wichtige Sache, die durch den Besitz de» Küstenstrichs von Tanga bis Mikindani kaum ausgewogen wird. Durch diese Vertragsbestimmungen wird eine ganz neue Lage geschaffen, in die wir unS erst bineinfindeu und deren Wirkungen erst erprobt werden müssen, bevor sich darüber ein abschließendes Urtyeil fällen laßt. Die Eng länder als Nachbarn sind für unS eine verhältnißmäßig neue Erscheinung, welche längerer Beobachtung bedarf, ehr wir wissen werden, wie sich diese Nachbarschaft gestalten wird. Mit der Nachbarschaft am Niger und in Liidcritzland baden wir keine guten Erfahrungen gemacht und die Reibungen mit der Dcutsch-Ostasrikanischcn Gesellschaft sind auch noch in frischem Andenken. Diese Beziehungen werden natürlich jetzt, wenn daS Abkommen in Kraft getreten ist, voraussichtlich eine andere Gestalt annehmcn, aber die Vergangenheit läßt sich doch nicht plötzlich überwinden und die Erfahrungen, welche sie gebracht hat, werden noch lange nachwirken. Die praktisch kaufmännisch angelegte» Engländer betrachten daS Abkommen aus einem ganz anderen Gesichtspunkte wie wir mehr zu idealer Auffassung neigenden Deutschen. Helgo land hat für die Engländer nur den Werth eines Compen- sationSobjecte», das man erst dann aus den Händen giebt, wenn dafür ein namhafter Preis gezahlt wird. Daß sich die Begeisterung regt, wenn Deutschland den letzten Rest einer unerquicklichen Vergangenheit von sich abschilttelt, ist sehr er klärlich, aber wenn wir die Angelegenheit ganz ruhig und ohne irgend welche Erregung betrachten, so müssen wir doch sagen, daß der Besitz Helgoland- in den Händen Englands für unS kein nationales Unglück ist. Die Engländer sind kaum auf diesen Besitz stolz gewesen, und cS bat nicht an Stimmen gefehlt, die seine Aufgabe als eine Forderung des politischen Anstande- betrachteten. Die Weltverhältnissc haben sich seit den letzten 25 Jahren so gründlich verändert, daß Englands Posten in der Nordsee jede thatsächliche Bedeutung ver loren hatte. Lord Salisbury gesteht selbst zn, daß der Besitz der Insel in KriegSzciten die Verantwortlichkeit Englands bedeutend vermehren wurde, ohne zu seiner Sicherheit beizutragen, die Ausdehnung deS englischen Einflusses in Ostafrika sei deshalb ein binreichender Beweggrund zur Abtretung der Insel. Wir kommen zu einem weit richtigeren Urthcil Uber die Bedeutung der deutsch-englischen Ucbercinkunft in Afrika, wenn wir sie ohne Rücksicht ans die Abtretung von Helgo land betrachten, und da müssen wir denn doch sagen, daß England vom geschäftlichen Standpunct auS im Borthcil ist. Die'er Standpunct reicht aber bei Dingen von politischer Tragweite nicht aus, da kommt eine ganze Reihe von Er wägungen in Betracht, die der Kaufmann nicht anznstellcn pflegt und deren Vernachlässigung doch seine Folgen hat. Wir haben bereit- gestern an dieser Stelle angcdcutct, daß der politische Werth deS Abkommens in seinen allge meinen Bestimmungen beruht, und der hohe Werth dicicr Bestimmungen wird erst zur Geltung kommen, wenn sich die Verhältnisse mehr befestigt haben werden. Der moralische Werth der deutschen Kraftanstrengungen an der ostafrikanischen Küste ist schon jetzt von den Be wohnern vollständig anerkannt; die Veränderung, welche seit einem Jahre in Ostafrika cingetretcn ist, ist so vcdeutend, daß sie noch nicht binreichend gewürdigt werden kann. E- genügt, daran zu erinnern, dass der arabische Einfluss »abczu lahm gelegt ist un" daß die Eingeborenen in den Deutschen ihre Befreier von einem schweren Druck begrüßen. Solche Erfolge haben die Engländer bei ihren Coloni- sationSbcstrebnngcn in Ostasrika nicht anfzuweisen, sie haben aber davon Vortheil gezogen, denn der gestörte Karawancn- verkehr ist durck die Besiegung der Araber jetzt zu einem Grade von Sickerbeit .zelangt, den er vorher nickt gebabt hat. Stanley hat selbst erklärt, dass die Elsenbcinjagd weit schlimmer sei als die Sclavenjagd. Die Gcwiiinsnckt der Elfenbein- räuber batte in Centralasrila Znsländc dcrbeigesiibrt, die an Unsicherbcit kaum überboten werden können. Darin ist jetzt Wandel cinaetreten; die Karawanen, welche Elfenbein an die Küste zum Verkauf bringen, treffen regelmäßig in Bagamovo ein, und daS Gesubl der Sickerbeit ist an die Stelle unaus- börlickcr erbitterter Kämpfe getreten. Die Engländer habe» mit ibrcr Ueberwachunß trS Sclavenhandclö an der Küste wenig oder nichts erreicht; die Hauvtpuncte für den SclavcntranSport, welche sich letzt in deutschen Händen befinden, Lindi, Kilwa ... hot-. Kräften bi» ia dw neueste Zeit -»Afrika krankt, Ecsolge Deutschland- m Ostasrika au-re.ch-n, um u.,S,d°rt die unS gebührende Stellung ^u sichern. * Zur parlamentarischen Aehandlung de» deutsch- enalischen Vertrage» wird un» geschrieben: Obnteld) der beuttge (Nkgenstand d DaS Gebelnn,iß der Berhandlunaen ist in "esslich" Wette new-ih worden und allgemein war die Ueberrasckuna. AI» «in Gkwinn an Boden, al« Gebietserweiterung kommt daS kleine Eiland °ll^d' g wenig in Betrackl, aber ,« isi gleichwohl »in bedeutender naiionaler Gewinn, daß Helgoland, dessen M'dettrlangung alle Leu lchen üerce» seit Jahrzehnten gewün ckt und erstrebt baden, wieder in un7e«m Beiltz ist Unh Kaiser Wilhelm II- ist ..Mehrer de« Reick«", ohne daß ein Tropfen deutschen Mute« vergossen wordem Zugleich ab^ zeigt der ganze Vertrag mit Snaland «»ck. wl» man aus beiden Seile» bestrebt war. sich enigegeuzulommen nd is, ein Beweis für dte vorzüglichen Beziehungen -wischen dem ^ "cken Reiche und der grüßten Seemacht der Welt. Aus ^'Ucn s man überzeugt davon, daß e« niemals zu einer kriegerischen Ver- Wickelung zwischen Deutschland und England kommen »"'n sonst Hütte letztere» da« zwar kleine, aber für die Herrschaft in der Nordsee keineswegs unwichtige Helgoland nichl an unö abgetreten. Dies ist die Auffassung, welche sich besonder- in den Aeußeruugen unserer Reichöboten wtderspieaelt, wie sie bei allen Parteien sich vertrete» findet. Ein Gefühl der Freude und Befricbiguiig .il überall vorbcirschend. welche» jedenfalls auch seinen Ausdruck finden wird in den nächsten Tagen. Denn lelbstvnchündlich wird die nach der Verfassung erforderliche Genehmigung des Reichstag» zu dem Vertrage, sowie auch die erforderliche Abänderung der Verladung, welche durch die Gebietserweiterung des Reiche« bedingt ist, un gesäumt nachgesucht werde». Ob übrigens Helgoland als „Reichs- land" verwaltet werden oder zu Preußen augesügt werden wird, steht noch »ich, fest. AuS ZweckmaßigleitSgründen wird daS letztere sür wahrscheinlich gehalten. ... Der dcuijch-englische Berirag wird die Zeit des HauseS nur wenig in Anspruch nehmen, dessen Ueberweisung an eine Eon,Mission wird wohl nicht einmal für nöthig gehalten werden. Aber der Nachtragsctat macht eine eingehende Bcrathung und schwierige Arbeiten erforderlich, um die einzelnen Positionen in den Ralune» de» ordentlichen Etat» etnzusügen. Obgleich hier das Vorbild der preußischen Arbeiten berücksichtigt wird, glaubt man doch mehrere Sitzungen der Commission zu brauchen, welche zudem noch eine Subcoinmission wird einsetzen müssen. Die Budgetcommission beginnt bereits morgen Abend mit ihrer Arbeit, dürste aber vor Milte nächster Woche kaum zum Abschluß kommen. Die Plenarsitzungen sollen jeici täglich schon um 11 Uhr beginnen, um die Arbeiten noch mehr zu fördern, »nd nur die Abende sollen den Commissionen frei bleiben. Es fragt sich, ob die Parlamentarier solcher Anstrengung auch nur acht Tage hindurch gewachsen sind. Jedenfalls verdient der Eifer alle Anerkennung und da» Ergebniß wird doch sein, daß wenn auch nicht Ende Juni, so doch nach der ersten Juliwoche »üt Bestimmtheit die Vertagung deS Reichstags erfolgen kann. * Durch da« Abkommen mit England über Afrika wird die dritte Beratbnng der Colonialvorlagc, die sonst, nachdem die eigentliche Entscheidung bereits gefallen, nur noch eine formale Bedeutung gehabt haben würde, einen unerwartet neuen und erweiterten Inhalt empfangen, zumal wenn auch der ReichScommissar Wissman» an den Be- rathungen sich wird bctbeiligcn können. Der Tag dieser Ver handlung ist noch nicht bestimmt. * Wir lassen nachstehend noch eine Betrachtung der „Nationallibcralen Correspondenz" folgen, die sich über daS englisch-deutsche Abkommen wie folgt ausspricht: DaS soeben zu Stand« gebrachte Abkomme» mit England wird bei näherer Betrachtung in Deutschland mit etwas ge mischten Empfindungen ausgenommen werde», und der Jubel der sich in ossiciöien »nd sortichrittlichen Blätter» zeigt, hat nur mit großen Einschränkungen Berechtigung. In Deutschland wird man sich zunächst und vornehmlich über die Abtretung der Insel Helgo- land freuen Man kann zwar nicht sagen, daß in Deutschland über diesen englischen Besitz so nahe an den deutschen Küsten jemals eine tiesergehend- Erregung geherrscht hätte. Die Sache ist in England lebhafter erörtert worden al« in Deutschland; noch vor Kurzem wurde »n Londoner Parlament ein Antrag auf Abtretung der Insel ab- gelehnt, wa? aber in der neuen Gestalt, in der der Vorschlag letzt austntt, schwerlich zu erwarten ist. England halte für die >» ^agen. ohne irgend einen eruchllichen Nutzen davon zu haben. Selbst von mililairischer Be- d-utung. konule unter Len heutigen Verhältnissen „ick, mehr die sur Deutschland fällt der lualcricUe Nutzen nicht ms Gewicht; über den ideellen Gewinn können wir uns dar'm, immerhin freuen. Die Bevölkening ist threin Stamme »ach dnrcb- °^ deu>,ch: b°n dem Recht, für die engiiche Naiionalilat zu opiireu. wird schwerlich viel Gebrauch gemocht werden. Auch inil all,,, bas kleine Eiland an Teul'ch. ^ ',e??^°begesellschast. von der die Bewohne- hauo:- sachlich leben, ist fast ausschließlich deutsch; mit England beslebl nicht einmal eine regelmaglge Tampferverbindung; englische Bettücher ae- Horen zu den größten Seltenheiten und ihre Sprache wird h?er d-m'lch-n Schweiz oder au, Rhein. Von der der !! ^ec zu erwarien. daß sür di- Erhaltung ,'"?b>'^"bere der sehr geiährdete» Düne, von der die Existenz Helgoland« als Badeplatz abbangt, ttiilsame Makreaelii laud^imOr.'ttt'"' - ^ ^ 2"stl selbst '>> die Abtretung a» Teuiich- tül Oewmn und auch wir wollen UN) sreiii-,, Reich^o»!?"'^ Seevölkchen als neue Uiilerlhaneii in das Deutsche 8gunL7Lör^ Abstammung und Leben«. ""b wichtigeren Theil des Abkommen- die S-L^s^ im Bortheil geblieben, nicht erwehren. Dir volle Tragweite ver schiedener Bestimmungen wird sich wohl erst im Laufe weiterer Er- örterung der Sachverständigen beurtheilea lassen. Indessen auch sür Laien liegen die außerordentliche» Bvrthetle, die England erreicht hat auf der Hand. Vor allen Dingen hat die englische Regierung da» wichtige Protektorat über Zanzibar und damit den eigentliche» Schlüssel zu ganz Ostasrika erlan .t, woargen sie nur ihre Mit wirkung bet der Abtretung deS bisher pachtweise besessenen Küsten strichs diese» Sultanat» an Deutschland bezw. die Ostasrskaniiche Gesellschaft tn Aussicht stellt, eine auch im Falle der Ver- wirklichung kaum tntsprechende Leistung. Sodann erhält England den bisher unbestrittenen deutschen Besitz Witu und Svuraliland, sowie daö Gebiet westlich vom Nyassa- »ud Tauga»»ka-See bis zum llougostaat und freie Hand in den nördlicheren Gebieten, tn Uganda »nd den Aequatorialgegeiidcii; auch die Grcnzregulirung in Südweslnsrika unterliegt starken Be- denken; sie ist durchaus »m englischen Interesse erfolgt. Deutschland emviangt eine etwas bessere Sicherung de» Hinterlandes seiner vsl- osrikaiiilchen Besitzungen bi» zum Songostaat; daS ist aber auch olles, wofür unzwetseihaster deutscher Besitz uad wichtige, wenn auch'bestrilteiie Ansprüche hingegeben werden. Wir könne» nicht finden, daß diese Abmachungen die deutschen Interessen in allen Stucke» genügend wahren. Helgoland kann aber doch nur als kleines Freundschaslszeichen in Betracht kommen. Die englischen Blatter sprechen sich, soweit bis jetzt Berichte vorliegen, überwiegend günstig über daS Abkommen aus und sie haben dazu allen Grund. In deutschen colonialpolitischen Kreisen ist man von dem Vergleich weit weniger eittzückt. * Zu den Verhältnissen aus der Insel Helgoland schreibt die „Vossische Zeitung": An finanzielle Ausbeute konnten Regierungen bei der schlichten Einfachheit der „kecken Nomaden der Nordsee" wenig denken. Zeit- weilig ist eine geringe Getränke- und Haussteuer erhoben worden, auch crgiebt die Eurtaxe nennenSwerthe Einnahmen, und die clwa zweiiamend Bewohner der Insel treiben Handel, Fischerei, Hummer- sang, Schifffahrt; allein die Abgaben würden nicht auSreichcn, auch nur die ursprünglichsten Bedürfnisse deS Gemeinwesens zu Lecken, wenn nicht die englische Regierurg den Gouverneur bezahlte und die Geistlichen besoldete. Die Helgoländer, welche ihr alles sriesisches Landrccht, das nur aus vierzehn Artikel» besteht, beibehalten und niemals «in Gefängniß auf der Insel gekannt haben, bekennen sich zur lutherische» Kirche und wählen ihre Prediger selbst, von denen der jüngere zugleich den Unterricht in der oberen Llafse der Schule besorgt. Die Verfassung hat im Lause de» Jahrhunderts mannigsach gewechselt. In der dänischen Zeit unterstand die Insel einem Landvogt und sechs Rathmännerii; eS wurde sogar auS einer kleinen Anzahl von Soldaten ein» Exeeittiv- macht gebildet. Mt der englischen Besitzergreifung rrat an die Stelle des LandvogtS einer der sechs Rathmänner als Bürgermeister, der nun die ganze innere Regierung sührte und nur den Gouverneur als Berusungsinstanz über sich batte. Indessen selbst aus dem kleinen einsamen Flecken der Erde inmitten deS Meeres fehlte es nicht an Despotismus und Parteiung und Ansruhr. Strandrecht und Roulette bilden dunkle Pnncte in der Geschichte der Bevölkerung. Am 7. Ja nuar 1864 gab England, um de» inneren Elreitigkecten der Ein» wvlmerschaff ein Ende z» machen, der Insel die freieste Verfassung, verlangle aber Reform der EtrandrechISardnung und Auihebiing des Hazardspiels, während die britische Regierung von der Be- valkeruiig nicht »ur weder Geld noch Dienste ivrderte, sondern ihnen noch zwölshundert Pfund Sterling Jahieszuschuß bewilligte. Aber die Bevölkerung, weit entfernt, zusrteden zu sein, sandte Petitionen aus Petitionen nach England um Beibehaltung des Strandrechts und der Spieltische und svrderle bald eine abermalige Aenderung der Verfassung heraus, welche die Gewalt des Gouverneurs ver stärkte. Inzwischen haben sich die Verhältnisse geändert und gebessert, und wer heute die Insel besucht, die schon durch die Gestattung und die Farbe ihrer Felsenmajsen wie ein Bild abenteuerlicher Schönheit wirii, der begegnet nur einem friedlich gewerblichen Bülkchcn, welches sich liebe» dem höchsten Luxus modernen Badelebens die dürftigste Einsachbeit der Sitten bewahrt hat. lieber die strategische Bedeutung Helgolands schreibt die „Vossische Zeitung": Die Abtretung Helgolands an Deutschland wird in der deutschen Presse nur einmiithige Zustimmung finden. Indessen steht zu hoffe», daß auch in England trotz vereinzelter abfälliger llrtheile die Maß- nähme des CadmetS SaliSbury als durchaus begründet aiierkannt werde. Wiederholt ist im Laufe der Iabre die Nachricht durch die Presse gegangen, daß Deutschland die Abtretung Helgolands beim- tragen oder gar die Insel kaufen wolle, weil die Lage Helgolands in der Nähe der Mündungen der Elbe, der Eider und der Weser, der Iahde »nd des Emsgkbictcs, zumal die Ausführung de« Nord- ostseccanals den Besch der Insel für Deutschland sowohl ans strategisch en Gründen als im Interesse der Handelsmarine nnd der Seefischerei iviinslhknswerth erscheinen lasse. Scho» die im .Herbst 1874 dem Reichstage vorgelegie Denkschrift über die Ab- anderiiiizs des Flottengriiiidnngsvlaneö hebt hervor: „Ein Gegner hat i» Helgoland eine Anlehnung, »nd dieser Umstand muß in Betracht gezogen werden, nicht weil an eine» Krieg mit England gedacht werden könnte, sonder» weil bei der herrschenden Auffassung der Neulralitalspslichte» jeder andere Gegner dort einen Stützpunet finden kann." I» den maßgebenden Marinekreisen Deutschlands bat seit langer Zeit die Ansicht geherrscht, daß der Besitz Helgolands für das Reich von der größten Wichtigkeit wäre, bcionterS wenn man die Insel mit de» nöthigen Festungswerke» und Haien- anlagen versähe. AIS Gladstone Premier war, zeigten sich einige Mitglieder seines EabinetS einer Abtretung Helgoland- wenigstens Ibeoretisch nicht abgeneigt, da die Insel nicht »ur keinen besonderen Werlb für England habe, sondern sogar seinem Staatssäckel alljähr lich nicht unbcdeittende Kosten verursache. Unter de», Eabinet Beaconssield haben, wie der damalige Premier im Unterhause im Jahre 1876 mittheitte, wiederholt Erwägungen stattgefnnden, ob es nicht geraihen sei. die ^nsel gegen eine angemeffene Entschädigung abzutrete». Bor noch nicht drei Jahren befürwortete der Abgeordnete Tanner diese Maßnahme, der Secretatr für die Colonien erklärte jedoch, er habe keinen Grund, anzunchmen, daß Deutschland Helgoland zu erwerben wünsche; er habe auch nie gehört, daß Deut'chlniid in dem englischen Besitz der Insel eine Drohung gegen seine eigene Sicherheit erblicke. Seither ist cS Jahr für Jahr zu einer ähn lichen Debatte über Helgoland im englischen Unlerhause gekommen. Für die deutsche Austastung maßgebend ist besonders ein Aussatz, den vor einigen Iabre» Viccadimral von Henk über die Noih- Wendigkeit des Erwerbes von Helaoiand verössenilichle. Der Ver fasser machte damals einige Aussührnngen über die Halluiig der englischen Flolte im Iabre I8l>4, welche von der inililairstcbe» Presse de« Jnselreiches entschiede» zuriickgewiesen wurden. Jedeniills bebaupteten damals die englischen Blätter, daß ohne den brittttbeil Besitzstand von Helgoland Admiral Trgethoff ani 9. Mm 1-64 eine empsindliche Niederlage erlitten baben würde; einen solchen Ansspruch that auch 'Admiral Clinlock, der damals das englische Wachtschiff bei Helgoland, die Fregatte „Aurora", commandirte. Jedenfalls geht aus diese» Erinnerungen kervor, da>! man unter Umständen der Insel einen recht erkeblichen siraie- giichen World beimessen kann Allerdings ist diejer Werlb sur -icntschland ein unvergleichlich größerer a!S sur England, nnd Lord Salisbury hat nicht Unrecht. wenn er vom britisctien Staiid- Vuiicte die maritime Bedeutung des Eilandes herabsetzl und die Ab tretung Helgoland- durch die anderweiten Zugeständnis Denitt',- londs als reichlich ausgewogen erklärt. Nach den vorliegenden Berichten aus England ist an der Annahme de» deutsch englischen Abkommens seitens des Parlamentes nicht zu zweifeln. ''
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