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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189006234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900623
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900623
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-06
- Tag1890-06-23
- Monat1890-06
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1890
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tüzlich 6V, Uhr. a»t LiPktM«» JohamuSgass« 8. Apsntzstvnörll der Lrdiclion'. »m»tü«g» 10—iS Uhr. Nmtzmtn<n» b—<i Uhr. -- De« für tzt« oüchsttolecud« ft»»«» »^tt««te« Znlerate «» Secheittxse« hl« r vür ftnchiniltLL». «ft«»- u»h Krft»,k»früh dt» ,9 Uhr. 2» de» FitiLle» f»r 2»s.-^n»atz«: vv, «e»»'« ftertt». GUsre» ft«»,), 1» p«t. US- KsniWspl«» ?, » bl» »/,» UH«. cMM ^ l7i. Anzeiger. Organ fSr Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Montag den 23. Juni 1890. U^otsNANKNÜOHkftßA vierteljährlich 4 st, DU. tnel. Bringerlohn ö Mk., durch dt» bezogen 6 Mk. J«d« einzelne Nnnunrr 20 Pf. Brtegeremplar 10 Pf. Gebühre» für Eptrabeil ag»» (tu Taaeblalt-Format gcsalLtt ohne Postbesörderung 60 Mt. mit Poslhesärderimg 70 Mt. Illsrrate 6 gespaltene Petitzeile »0 Pf. Größere Schriften laut uns. Peelsoerzetchuin. Tabellartsetzeru. Zissernjoh auch höhen» L«rts. kleclawen unter de« Red«ction»strtch dt« änckpolt. ctltea aachreftt«» H. Zeile SO Pst, »or den ft a m t rn a« 40 Pi kgespaUrne Zeile J,s«»1r st»d stell, an dl« »» se^eu. — Rabatt wir» nicht ge>eh».! Zahl»«» precauumerendo oder durch Pust» Nachnahme, 84. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachunz, d»< U«herla«feu vo« Hu,de» bet«. D« die Bestimmung in tz. 84 de» Straßenpolizeiregillativ«, «ich ar»ü« und starke Hnud«, welche beim freien Umher» kaufen öffentlich« Anlagen beschädige«, vorübergehende und insbesondere Kinder in Gefahr bringen können, wnarnfferi zu werden, auf der Straße nicht frei umyerlaufrn dürscn, sondern an kurzer Leine zu führen sind, Inoch immer nicht genügend beobachtet wird, so bringen wir dieselbe hierdurch ,n ernstliche Erinnerung. Außerdem wiederholt sich auch in diesem Jahr« der alte Uebelftand, daß unsere Anlagen den Tummelplatz für Huudc I aller Art bilden . Wir haben daher den Eaviller angewiesen, diejenigen lHund«, welche sich ans den gepflegten, beziehentlich eingefrie- Idigten Theilen unserer Anlagen >n Stadt, Borstädte» und I Parke unihertreibcn, nach Möglichkeit wegzusange». Uebcr I solche weggesanaene Hunde wird nach Ablauf von 3 Tagen, Iweim sie nicht bis dahin vom Besitzer gegen Erstattung der iFcuig- nud UnterhaltungsgebÜhren abgeholl werden sollten, sanderweit verfügt werden. Diejenigen Besitzer, welche ihre Hunde an den bezeichnetcn I Orten frei umherlauseu lassen, gewärtigen außerdem eine Geldstrafe bi< zu 60 oder Haststrase b>S zu tl Tagen für jche» Fall. Leipzig, den 1». Juni 1840. Der Rath der Ltadt Leipzig. slX. 37VS. vr. Georgi. Hennig. Ausschreibung. Am Neubau der Markthalle in Leipzig soll die sLieferung von ca. 450 lfd. m schmiedeeisernen BrüskungS- sgelander der Galerien an einen oder mehrere leistungsfähige sUnternehmer vergeben werden. Die Bedingungen und daS ArbeitSvrrzcichmß können durch sunsere Bauverwaltung im Bauburcan an der Windmühlen» s gaffe Hierselbst gegen Porto- und beslellgeldfrcic Einsendung Ivo» 2 .-k bezogen werden. Die Zeichnungen liegen an oben- Igmannter Stelle zur Einsichtnahme auö. 1 Die Angebote sind verschlossen und mit d«r Aufschrift: I„k'iarktha1le - Brüst,ingSgeländcr der Galerien' t)« zum 30. Juni er. Bormittags lO Uhr im Rathkausc all- Ifler, II- Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, portofrei einzurcichen. I Der Rail, behält sich die Auswahl unter den Bewerbern sm>d die Theilung der Arbeiten, bez. die Ablehnung sämmt- s sicher Angebote vor. Leipzig, den 2t. Juni 18SO. Der Rath der Ltadt Leipzig sl». 4388. vr. Georgi. Lindncr. Lekanntmachuug. Unter Bqugnabme auf unsere Bekanntmachung vom 9. Mai d. Ä«. bringen wir bicnnit zur öffentlichen Kenntniß, daß die von uns mit Zustimmung der Stadtverordneten beschlossene Festsetzung der ,stuchlli:i>c der Reitzcnhainer Straße lwischen der Flur Stadtbezirk Neureudnitz und der Schul straße im Stadtbezirk Thonberg nach Maßgabe des Planes I. V. 3894 a festgesiellt worden ist, nachdem Widersprüche I gegen diesen Plan innerhalb der in tz. 22 de- Regulativs, Idi« neuen städtische« Anbaue und die Straßrnrrgnlirung betr., sdom Ib. November >867, nicht angebracht worden sind. Leipzig, den 20. Juni 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Ild. 3258. vr. Georgi. vr. Redlich. Die bei dem hiesigen Leibhause in den Monate» Jnli, lAugust, Sepie,nber 1881» versetzten oder er neuerte« Pfänder, die weder zur Bersallzeit, noch bis I jetzt eingclöst worden sind, auch nicht bis zum 30. Juni a. o. I eingclöst werden, sollen den t. August I8S0 und folgende iTagc im Parterre-Loeale de» Leihhauses öffentlich versteigert I werden. Es können daher die in den genannten Monaten ver- Isctzten Pfänder nach dem 30. Juni 1890 »nd spätestens am IL Juli 1890 nur unter Mitcnlrichtung der AuctionSkosten Ivon 4 von jeder Mark dcS DarlehnS cingelöst oder nach «Befinden erneuert werden; vom 7. Juli 1890 an, an welchem «Tage daS AuctiouSverzcichniß geschlossen wird, kann lediglich Idic Einlösung derselben unter Mitentrilbtung der AuctionS- I kosten von 4 von jeder Mark der ganzen Forderung deS ILeihhauses stattfinden und zwar nur bis zum 29. Juli 1890, «von welchem Tage ab Auctionspsäudcr unwiderruflich lveder ! eingclöst noch erneuert werden können. Es bat also vom 130. Juli l890 an Niemand mehr daS Recht, die Einlösung Isolcher Pfänder zu verlangen und können dieselben daher von Iden Eigenlhümern nur auf dem gewöhnliche» Wege des Er- Istehrns wieder erlangt werden. Dagegen nimmt das Geschäft des EinlösenS und Brr» m>S asderer Pfänder während der Auction in den gewöhn en Localen seinen ungestörten Fortgang. Leipzig, den 16. Juni 1890. DeS Ratl, Deputation für LethhauS und Sparkasse. Bekanntmachung. Die fltr den Bau einer AnVreaskirche eingegangenen 27 Lnt. würfe sind nunmehr tu der Aula der sechsten Bürgerschule öffentlich -»»gestellt uud können an den Tagen Loimtag. Muntag lind DirnStag, »IS am 22., 23. und 24. Juni, in der Zeit von II Uhr Vorm, bi» 5 Uhr Na chm. besichtigt werden. Leipzig, den SO. Juni 1890. fttrcheuuorftans »er ftt. Andreasgrmetnse. Vr. pk Schumann, Pf. Dü von der Finna Eduard Benndorf Nach?, für ihr Möbel« l maaazi» enniethete 1. Plage vom NntversttiltSgrundftückk zu« ,.v»l»«»r» vür". UniversttatSstraste Nr. I I. ist vom I.Lct«- brr «.). ab, ans Wnuich auch früher, anderweit zu vennlethc». Bew^tier wollen siel, au daZ Unterzeichnete Rentamt wenden. Leipzig, am 20. Juni 1890. U»tnersUÜ1S-«e,ta»t. ftchtzidt. Leipzig, L3. Juni. * Se. Majestät der Kaiser hat dem früheren Com- mandeur des zweit«, bayerischen Armeecorps, General der Infanterie von Orsf, m,t einem huldvollen Handschreiben Allerhöchstseiu Bildncß übersandt. * Infolge der von den Webern de« Enlengebirgrs an den Kaiser gerichteten Petition, forderte die Regierung von den betheiligten Kreisen Lorschlägr behufs Abhilfe drö anerkannten NothstandcS. * Die Hamburger Nachrichten alosslren in einem Leitartikel dir Aeußrruicg, die Ee. Durchlaucht der Fürst v. B iSmarck zu der Düsseldorfer Deputation gethan, er werde sich das Recht jedes Privatmannes auf freie Meinungsäuße rung nicht schmälern lasten; sic lasten dabei einfließen, die deutschen Preßorgane, die dem Fürsten BiSmarck daS Reden verbieten wolltcn, konnten keinen anderen Zweck haben, als an höchsten Stellen Berstimmung gegen den Fürsten her- vorrurufcn. Weiter führen die Nachrichten cmS: tzelbst der königtreuesie Minister oder Staatsbürger kann unter Umständen anderer Ansicht sein, al» sein Monarch . . . Minister, die in Preußen mit den königlichen Auffassungen nicht üdcrein- slimmen, sind deshalb nicht von der Pflicht entbunden, ihre lieber» zeugung von dem, wa» im LandeSlnieresse zu empfehlen sei, dem Monarchen gegenüber zu vertreten. Ihr« Pflicht ist, daS zu ralhen, was sie für recht und nützlich halten, und eventuell, wenn ihr Rath kein Gehör findet, in ihrem Gewissen «» erwägen, ob sie besser thun, sich zu sügen oder zu gcl>en. Ein Privatmann ist aber kein Minister, und wenn er e» früher gewesen ist, so nimmt ihm daS nicht daS Recht zur offenen Aussprache seiner Gedanken. Wir glauben nicht, daß in unserem Blatte jemals ein unehr» bieligc» Wort gegen Se. Majestät den Kaiser enthüllen gewesen ist. Für die Behauptung aber, daß dergleichen in den Berichten aus- wärtiger Interviewer de« Fürsten BiSmarck vorgekommen sei, fehlt e» bi» jetzt an jeder bewelienden Eilirung bestimmter Sätze oder Gedanken au» den Berichlen. Man begnügt sich mit allgemeinen Behauptungen, und da nur wenige Leser dergleichen aniländische Berichte in ertenso lesen, so ist es leicht, die Tragweite derselben stellen. Wenn man aus den Berichten ! Bismarck al» Privatmann über hat, Irnen die Allerhöchste Zustimmung fehlt, so wirb darin noch kein genügender Grund gesunden werben können, solche Ansichten überhaupt nicht tn der Presse zum Ausdruck zu bringen, so lange die Form und die Ehrerbietung gewahrt werden, auf welche die Krone in monarchischen Ländern ei» Recht hat. An diesen Leitartikel schließe» sich zwei EntrenlctS so unmittelbar an, daß die Bermuthnng eines gewissen Zu sammenhangs zwischen diese» drei Notizen wohl verkchtial ist. Das erste knüpft an eine Aeußerung der Berliner «BolkS- Zritung" in Bezug auf die Stellung, die Fürst BiSmarck im Reichstage einnehmen würde, an, die meint, zur Unterstützung des neuen Kanzlers wurde der entlassene Kanzler, auch wenn er es beabsichtigte, nicht in den Reichstag geben: Wir glauben nicht zu irren, schreiben die „Hamburger Nach richten", wenn wir meinen, daß, falls Fürst BiSmarck vorautsetzen müßte, er werde auf Grund seiner Pnnclpien und Anschauungen genütbiat sein, gegen die neue Regierung Stellung zu nehmen, « rin ReichStagSinandat Überhaupt nicht aceeptirrn würde. Anderer seits dürste ihn seine Zustimmung zu der jetzigen RegierungSpolitik im Großen und Ganzen allerdings nicht abhalten, tn einzelnen Fragen eine abweichende Ansicht zu äußern, wenn ihm die» no!h- wendig und nützlich erscheinen sollte. Der Zusammenhang des zweiten Entrefilit» mit dem Vorhergehenden ist mehr äußerlich, er gebt nur au- der typo graphischen Anordnung hervor. DaS Entrrfilet bat aber darum Interesse, weil man nach diesem ganzen Zusammen hänge wohl annehmen darf, daß es Ansichten wicdergiebt, die in FriedrichSruh geäußert worden sind. Es lautet: durch abrupte AuSzüae zu entstellen, den Schluß ziehen könnte, daß Fürst! manche Dinge Ansichten hat, denen weniger als an naer als an Helgoland englische Interesse» bestehen, Deutschlnnd zu überwcisen. Für England ist die Walfischbai gänzlich werlhioj, für Deutschland hingegen wegen deS Mangelt an brauchbaren Hafen an der Eildwestküste Afrikas von Wichtigkeit. * Für die Hauptversammlung der^gcsamintcn Deutsche» Colonialgesellschaft, welche un Anschluß a» die Wissmannfeier am 30. Juni und l. Juli unter dem Vorsitz des Fürsten Hohenlohe in Köln stattfinden wird, ist die Rednerliste nuumehr rndgiltig festgesteut. Es haben Bor träge rugesagt für den 80. Inn, der erfolgreiche Erforscher des tiefen Ännern von Kamerun, I>r. Zintgrast, der Südser- reisende I)r. Hindorf, Oberbürgermeister Weber und vr. Friedrichs; für den 1. Juli der Director im ReichSpost- amt Sachse. Professor vr. Friedrich Fadri, Director der Deutsch-ostafrikanischcn Gesellschaft Consul Bohse», Major im großen Generalstabc Licdcrt, Asrikaforscher vr. Schwein- furth und Reichscommiffar Major Missmann. * Der preußische CultuSminister hat an sammtlichc Provinzialschulcoll«g>en einen Erlaß gerichtet, wonach er zur Sicherung des Bedarf« an Lehrkräften i» den nächsten Jahren bestimmt, daß bis auf Weiteres allen Scminaranwärtern, sie mögen die Prüfling bei einem einer königlichen Präparandcnanstalt abgelegt haben, die gewünschte semmaristischc Ausbildung gewährt werde. Zu diesem Zweck hat er ebenfalls bis auf Weiteres »cstattet, daß bei jedem Schullehrer-Seminare und bei jeder wniglichcn Präparandenanstalt über die etatsmäßige Zahl von Zöglingen hinan« zehn Zöglinge eventuell im Externst eingestellt werden. * Man schreibt uns aus Berlin: Der früher in Zürich erschienene, jetzt in London herausgegebrne „Soclaldemokrat", welcher in der letzten Zeit nicht mehr als Organ der social- demokratischen Fraction benutzt wurde, soll, wie wir hören, nach Aushören des Socialistengesetze« überhaupt nicht mehr von der Fraction benutzt werden. Al« Eentralorgan der Partei soll vielmehr fortan da« „Berliner Bolks- blatt" aeltrn lnicht, wir ein hiesiges Blatt gemeldet, die „Volks Tribüne^). Die Abgeordneten Bebel, Liebknecht und Singer, welche vom 1.Oktober ab ihren Wohnsitz nach Berlin verlegen, treten zwar nicht in di« Redaktion de« „Volksblatt- ein, werden aber nicht nur, wir bisher, Mitarbeiter des Blatte« sein, sonder» einen maßgebenden Einfluß aus dessen Haltung anSüben. — Daß die social demokratische Fraction eine Eorrespondenz für Parteivlatter herauszugeben beabsichtige, wird als unbegründet bezeichnet. * lieber die Lage in der socialdemokratischen Partei äußert sich die.Frcurzcitung" wie folgt: Tie locialdeniokratiiche Volksversammlung vom Donnerstag Aüend läßt un» vorausempfinden, welche» drr Geist sein wird, der die demnächst zusammentretenden loeioidemokatilchen Parteitage behtrrsche» dürfte, wir haben »war uional» mit de» ftnißoaigen können, welch« stet» eine Spaltung je»« Hortet nach »na de« voetalistengesetze» voreeSsagteo, aber gleichwohl wußten wir, daß in diesem Falle der mnere Hader der Partei gar bald deren Widerstandsfähigkeit beeinträchtigen würde. Schon seit sechs bi» sieben Jahren konnte man bei genauerer Beobachtung finden, daß innerhalb der localen Etnzrloraaoisattoncn der SaciaL demokratie heftige Kämpf» geführt wurden, die nach uud nach «tuen fast absloßenden Charakter annahmen. Und während so der Streli in den einzelnen Wahlkreisen tob!«, führten wieder die localen Gruppen mit der Oberleitung drr Partei einen ununterbrochenen Kancps. Die „Berliner Lenoffen" standen besonders schon seit Jahren mit der socialdeinokratischen ReichStagSNaction ans dem Kriegsfuß, und gegen den vormaligen Adgeordnelen Hos.ncleoer waren häufig genug Mißtrauensvoten abgcsanvt worden. Die „radikale Strömung'^ innerhalb Berlins, deren Organ, die „Bolks- tribüne", vor drei Jahren zu dem Zweck begründet wurde, den „Opportunismus" einzelner Führer zu bekämpfen, versuchte während dieser Zeit einen Vorstoß nach dem andern, ui» die FractionSmehrheit völlig unter ihren Willen z» beugen. Die Mittel, deren sich diese Leute zu diesem Zweck« bediente», waren allerdings äußerst klein liche; in den geringsten Fragen suchten sie „Fehler" ihrer Führer zu entdecken, und selbst Männer wie Bebel und Liebknecht wur- den ausS Schärfste controlirt. In Berlin selbst aber richtete sich ihre Wulh, da ste gegen den Abgeordneten Singer doch nicht gut offen auscreteii ko»»!«», gegen die Redaktion deS „Berliner Volks- blattes", welches seiner Zeit sowohl Herrn Schippet zum Rücktritt veranlaßie und auch den bevorzugte» Liebling der Radicale», Herrn Kuhnert, nur zeiiivelllg als Korrektor beschönigen wollte. Dagegen wurde dem Abgeocdneten Liebknecht ein immer größerer Raum in der Redaction des Wattes eingeräumt, während Herr Bebel die Stelle deS «piritu» roetor übernahm. — Wir führen diese Umstände nicht an, um damit der Redaktion des „Bolksblattes" nahe zu treten, sondern weil dieselbe» zur Kennzeichnung des jetzt unter völliger Lcffentlichkcit geführten häuSUche» Zwiste» beitragen. Der in de» Volksversammlungen auSgesochtene Kamps gegen da» „Bolksblatt" ist hiernach der Kamps gegen die Partei führers chast der Herren Bebel und Liebknecht, und jene kürzlich von Liebknecht ausgesprochene Drohung, daß Jeder, der sich in taktischen Fragen der Parteileitung »ich! »nier- lvers», den Ausschluß aus der Partei »u gewärtigen habe, wurde daher in dem Lager der „VolkSlribüne" »iS gegen sie gerichtet ansgesaßt. Mehr noch ist die Spannung durch die letzten Ä ußerungen Bebel'S verschärft worden, welcher offen von „schlechten Fahrern" sprach, die La« Ansehen der Partei schädigen müßten. Dieser tiefe Zwiespalt tann natürlich durch irgend ein Schiedsgericht nicht a»S der Welt geschasst werde», lind da ei sich hierbei um kcinerlet wichtige pri»- cipielle Fragen, sondern nur um Rivalitäten zwischen den jünger» und ältern Führern handelt, so kann hierdurch auch höchstens eine Spal tung innerhalb der Soeialdeniokralie, nicht aber eine Loslösting einzelner Theile von dem soeialdeniokralischen Programm erfolgen. In sofern wird für die slaatSerhalicndcu Parteien au« diesem Kampfe auch kaum ein direkter Borthe'i erwachsen; immerhin aber wird cs t !">», sobald die Svcialdemokrulie offen dieses Bild innerer Zerietzung zur Schau trägt, dem weiteren Umsichgreifen der Partei leichter ein Ziel zu setze» al« bisher, wo dieselbe immer noch den Schein der Einigkeit uin sich zu verbreiten wußte. * Wie sich aus dem socialbemokratischeu „Berliner BolkS- blatt" ergiebt, hat die socialdemokrakische Versamm lung vom Donnerstag Abend, über welche wir berichteten, nicht nur die Aufhebung de« Bier Boykott«, sondern auch die folgende Resolution angenommen: „Die Versammlung beschließt, daß die Redaclion dcS „Berliner Voltöblatt- in Zukunft die Beschlüste von Volksversammlungen unweigerlich rn achten hat." Die Darlegungen deS Herrn Bebel in dieser Beziehung sind also ohne Einslnß aus die Mehrheit der Versammlung geblieben. * Zwischen den Parteien deS „GegencartelS" wird die Stimmung, wie sich a»S den Aenßerungcn ihrer Redner und Zeitungen ergiebt, täglich gereizter. Welche Hoffnungen hatte man nach den Wahlen vom 20. Februar ans die Wirksamkeit der neue» Mehrheit gesetzt! Und nun zeigt sie bei alle» wichtigen Entscheidungen, wie freilich jeder UrtheilS- fähigc vorausgesehen, die klasteiidstcii Gegensätze. In der Colonial- »nd in der Militairsrage treibt das Ccntnim „Carlclpolilik", »nd in wirthschasllichcn Dingen, in der Zoll- und Socialpolitik, wie auch gestern wieder in der JnnunaSsrage, unterstützt dieselbe Partei alle reactionairen Bestrebungen. So klagen die denlschsrei sinnigen WahlbundcSgenoffrn in höchster Erbitterung. Im ultramontancn Lager wiederum hält man der deutst freisinnigen Partei höhnisch die Unsicherheit istreS V standeS, tic sich bei den Wahlen von 1887 so grell gezeigt, ihre Mißgriffe bei früheren Entscheidungen über uiilitairischc Forderungen und ihre Abhängigkeit vom Ccntruin vor. Das ist die Slnnmung und Lage innerhalb des „GegencartelS" nach wenigen Wochen der praktischen parlamentariichen Thätigkcit, und darum hat man bei den Wahlen jene« ungeheuerliche Gewebe von Unwahrheit über die Gemeinsamkeit der Interessen der radicalsten Parteien mit der reaktionärsten verbreitet! Darum sitzen dutzendweise Dcutschfreisinnige mit »ltramonlancr CcntruniSinitglieder initsortschrittlicher und socialdemokralischer Unterstützung »n Reichstag! Recht interessant ist dabei auch die Auseinandersetzung zwischen den feindlichen Brüdern über die AnSsichte» von Neuwahlen, welche ii» Fall der Verwerfung der Militairvorlagc demnächst vorzunchmen sei» würde». Die Deutschsreisinnigen geben sich de» Anschein, dabei große Erfolge erwarten zu dürfe», waö sic aber doch nicht avhält, durch Zustimmung zu den Windthorst scheu Resolutionen eine wesentliche Schwierigkeit für daS Zustandekommen deS Gesetzes au« de», Wege räumen zu Helsen. Die CeutruinS stimmen beurlheilen die AuSsichlen von Wahlen, welche unter dem Eindruck der Ablehnung von Forderungen vor genommen werden, deren sachliche Berechtigung und Nothwendigkeit angesichts der neuen militairischen Maß regeln in den Nachbarstaaten kaum von irgend einer Seite bestritten wird, weit skeptischer; hier ist offenbar die Erinnerung an die Vorgänge von 188? noch sehr lebendig und inan zittert bei der oft erprobten Fähigkeit der „entschieden Liberalen", wie Spreu im Wind zu zerstieben vor der Möglichkeit der Wiederkehr einer Cartelinehrheit. Wir wollen »nS i» diesen Streit heute nicht einlassen. Die Wahrscheinlichkeit eines Scheitern« d«S MilitairgcsetzcS ist jetzt nicht mehr sehr groß und man braucht sich daher bei einer Erörterung der Wahlaussichten im gegenwärtigen Augenblick und ans diesem Anlaß nicht auszuhaltcn. Der klaffende Spalt, der sich zwischen den Siegern vom 20. Februar ausgethan hat, bleibt aber eines der interessantesten Kennzeichen drr gegenwärtigen Situation und wird sich ohne Zweifel bei der weiteren praktischen Arbeit immer inehr vertiefen. Nur ge meinsamer Haß und kltinlicht tactische Berechnungen habe» eben dieses Bündniß zwischen Parteien zu Stande gebracht, bei denen in kaum einer einzigen sachlichen politischen Frage Uebercinstimmung besteht. * Heute Montag hofft man endlich mit der zweiten Lesung de« Ä-Werbrgerichd4C< >es im Reichstag zu Ende zu kommen und noch in die dritte Beratkua« de« NachtragS- etats für Colonialzwecke eintretrn zu können. Eö ist nicht ausgeschlossen, daß die letztere Verdandtung in Folg« de« seil der vorigen Debatte binzuaekommene» deutsch - englischen Ab kommens eine» breiteren Umsang anninimt. In diesem Fall würde vorauSsichllicli die zweite Lesung der Militairvorlagc erst am Mittwoch beginnen * Drr Abg. Tbomsen hat seine Interpellation, betreffend die VichauSfuhr nach Englan d, zurück- g«r°siei,. * Rcick'StagSabgeordncter Geh. Commerzicnratb Oechcl- hänser ist von seiner >!ra»lhcik wieder soweit genesen, daß er beabsichtigt, nächste Woche im Reichstage zu erscheinen. * Aus Thüringen wird uns vom 2l. In»: geschrieben: Bor wenig Tage» hat im freisinnige» Verein zu Ssnneberg der ReichStagSabgeordneie Sambaminer recht geheimnißvolte Geschichte» zum Beste» gegeben. Seine Erzablungeii glpseln i darin, daß, wen» die Majoriial des Reichstags die MNiiairoorlaae 1 ablebilkii sollte, sich Überhaupt den großen Zulunstspiänei, nicht 3 geneigt erweist, der NeichSIag sofort ausgeiöjc und nicht wieder eiilberusen werden soll. Es sind die« die „dunklen Gerüchte", welche Windlhorst i» der Mililaircommijslo:, erwähnt hat. Eine derartige Maßnahme würde staalSrechilich damil begründet, daß die Begründung des Denlsche» Reichs nur aus einer Be» sländignng der Bnuvrsfürslr» beruhen solle und staatsgesährliche Körperschaften ohne WeilereS ausgeiebloße» werde» könnten. Soll!» nun der Reichstag eine ab ehneade Haltung in seiner Mehrheit einehmc», so werde er ai» staai«»ejährlich an gesehen und könne im Interesse des Reiches nicht mehr zu- jam in» »berufe ii werde» Trotz dieser Erklärung hob Abgeord neter Sambammer hervor, daß die freisinnige Partei sich durch nichts beirre» lassen, sonder» aus ihrem Slandpmict verharren würde, möge eö koinlne», wie cs wolle. „DaS Volk, so schloß Redner, werde wissen, waS es zu ih»n habe, wen» der Reichstag ausgeivsi werde, es werde aber auch wisse», was cs zu Ihm, habe, wen» er nicht mehr zusamitteiiheriiseii werden sollte!" Droht Herr Phil. Lainhainnier schon jetzt mit der Revolution? * Der Präsident dcS badischen Ministeriums der Justiz, des CultuS und Unterrichts, Wirkt. Geb Rath Ilr. Nokk, erhielt das Großkrcuz de > Zähcingcr Löwen OrdenS; dein Ministerialdirektor im Ministerium dcS Innern, Geh. Rath Eiscnlohr, wurde der Titel „StaatSralh- verliehen. » * Der Kaiser von Oesterreich ist mit dem Minister präsidenten Grasen Taase nach Pest abgcrcist. - Die österreichische Delegation verleid den Boianschlag für das Ministerium des AnS>oüti!>ei>. Mil der Bcrirelung des Ministers des Auswärtige» Ostase» Kalneln, welcher noch nicht ganz wieder hergeslellt ist, war der Erciionschcs o. Säögye»i>i b.iiaut. Plener bedauerte die Abweieudeit des Minister», des en EpposL all- geinnne Zustimmung gesunden I)»be. und tclonie die Wstcittigkeit einer auioiimlive» Bekräftigung der F. rldauer der Tripelallianz »ach dem Rücliiitt des Fürsten Bismarck. Der Redner bezeichnet« cs als ei» öffeutUches Geheimnis!, Laß eine allmällge Ceniralisaiion eines großen Theiics der nofische» Armee «n der viurreichischeir Grenze stattfinde, deren Abschluß noch nicht erfolgt sei und deren Vervollsiäudigung durch de» Ausbau der militairische» Bahnen u»d alle möglichen VeiwalliiagSinas,regeln > > >ch!eu»ig1 werde, lieber die kig:nttiche» Ziele der rasßnhe» W u l sei keine officielle .Nlarheil vorhanden, da. , c lu-sicbe > > ,. unruhigiing »auicuiiich für Oesterreich. Vccnglich Bulgarien,- >,i eine gewisse Vorsicht nolhivcndig, denn die Auigabcn der österrcichst.h» Orient- Politik decile» sich nicht voilsiäiidig mit dem Bundesverhättiiiß zu Triiischland; daher sei die AnerkennungSscage nichr zu sorcireu. WümchenSwerly sei die Anerkennung deS Pi stizen Ferdinand, welcher »iizweiselhast Proben scims Regierungslaleuis abgelegt habe. Tie Beziehungen Lefierrcich-Ungaui» z» Serbien sindei der Redner nicht beunruhigend und hofft, daß ein eriraglicher inolu- vivendi her geslellt werde. Picuer wünscht, daß das Schweiiicanssuhrverbot mit einer gewissen Mäßigung zur Anwendung gebracht werde. Gerade wegen der maßvolle» Orientpoiuik 'esterrrich - Ungarn» sei eine all' zu große Auspanuung der ::rieasmacht nicht »öihig, um die Leistunassahigseit der Monarchie zu sichern. Im weiteren Verlause der Witzling der österreichischen Dele gation erklärte der SectionSches Lzöghenyi, die Regierung sei sich vollkommen bewußt, daß die auswäriige Poiikik »»L die HandeiS- pvlilik i» «»gslea Beziehungen stände», und sie sei Leulgeinäß be strebt gewesen, die Jntrrcffc» der Monarchie mit möglichster Energie zu vertreten. Schließlich dankte Szöghenhi ii» Namen des Ministers für da» diesem bewiesene Vertrauen Nieger erklärte cs sur eine patriotische Pflicht, daß man ,al,niste uu Fnnern nicht i» der auswärtigen Politik zum Ausdruck bringen sollle; zu der undeirrte» AlisrechlerhaUuiig des deutsch österreichischen Bündnisses spreche er seine volle Zustimmung aus; Redner empsiehtt schließlich möglichste Vorsicht in Beireff der Balkanslaalen Schließlich wurde der Bvr- anschlag de» Budgets des Ministeriums des AuSwariige» ange nommen. * In der italienische» Dcputirtcnkammer leiste der Ministerpräsidciit Crispi einen Gesetzentwurf, betreffend die für die Stadt Rom zu ergreifenden sinaiizieUcn Maß nahme», vor. * Die Bürgschaften dcS Weltfriedens, wie sie in dein treue» Zilsaninicnhallcil der niitlcleuropäischcn Mächte, zu denen i» weiter»! Sinne deS Wortes jetzt auch England wird gerechnet werden dinien, gegeben sind, bade» sich schon bei so »lanchcn scharfen Proben als pinreichend stichhaltig erwiesen, baß selbst anspruchsvolle Gtuiülher sich bei den erlangten Resultaten bcrnbigen könnte», und auch wirklich beruhigt habe». Gleichwohl ist in der letzten Sitzung deö italienischen Senals von mehreren Rednern der Ein- richlniig eines internationalen Schiedsgerichts das Wort geredet worden, jedenfalls in der Uebcrzeugung, daß damit de» KricgSgesahrc» ein noch wirksamerer Damm entgegengesetzt werden würde. Herr» CriSpi siel cS eben nicht schwer, da» Ansinnen der Ideologen des Senates a» der Hand der Thatsachcn auf seinen wahre» Werth bcstv. Unwcrlh znrückzusührc». Ei» internationales Schiedsgericht könnte doch nur dann einen logischen Sinn und logische Epistenzberechtigung herben^ wenn eö die Macht besäße, alle denkbaren internationalen ^Streitigkeiten vor seinen Richterstuhl zu ziehe». So lange sein Wirken aber einstg auf den guten Willen derRechtsuchcnden angewiesen bleibt, fehlt bei» Schiedsgericht gerade daS Erfordernis!, wodurch cs einzig nur allein den Hoffnungen der Ideologe» Erfüllung gewährleisten könnte, nämlich die Eigenschaft der obligatorischen Autorität. Kein Staat »nd kein Volk, die auf ihre nationale Würde und ihr internationales Ansehen Gewicht legen, werten in Streit- srageu, welche wesentliche Interessen berühren. sich einem SchictSrichtrrspruche füge», tcr zu ihren llugunslen aussällt; höchstens in minder wichtigen Dingen, die die LebcnSintcrrssen drr Nation unberührt lassen, wirb sich der im S<1,icdSgerich verfahre» unterliegende Tl eil l ei dem gc'chkhciic» AnSstt, ^e beruhige», lind selbst hier ist der vbilosovimche Gleich»,isth ccr verlierende» Partei gar bald erschöpft; man sehe aus England, Wo die frühere Sympathie für irtcruationalc Schiedsgerichte
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