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Das Schiff
- Bandzählung
- 1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-26.1929
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-192900008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19290000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19290000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 2, Februar
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
- Autor
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Hermann Stehr Zur Vollendung seines 65.Lebensjahres von J.Schönherr, Leipzig Motto: „Ich weiß nicht, was Ihr an uns Skandinaviern fo liebt, da Ihr doch Eu ren Hermann Stehr habt.“ Knut Hamfun Diefer fchlefifche Dichter, der in feinen Anfängen als ein Naturaliil galt Jahre voll Bitternis undEinfamkeit als Lehrer in Gebirgsdörfern verbrachte, gegen mißgünftigeBureaukratie und Kirchenbehörde fich auflehnend, fuchte von jeher, erfüllt von myllifcher Sehnfucht, in ein Reich der Ahnungen und Träume einzudringen, das hinter den Wänden von Zeit und Raum liegt. Ein Dichter, der, obwohl Meifler in der Darftellung des Realiftifchen, in die Tiefen der menfchlichen Seele hineinleuchtet, in jenesLabyrinth von Finflernis,Licht,Schmerz, Angfl und Not, wo, nach der Überzeugung des Myftikers, allein das Schickfal des Menfchen wächft. Im Glauben an das abfolute Ich, an den Gott in uns, dem wir unfer empirifches Ich angleichen müffen, ruht unfer Glück. Im heißen Bemühen um den Ausgleich zwifchen der Welt und dem Gott in uns retten wir uns fchon auf Erden in ein erhöhtes Menfchentum. Das ift Sinn und Ausdruck des Gefamt- werkes, wie es bisher von Hermann Stehr vorliegt. Er ift alfo kein fozialer, von Mitleid mit dem einzelnen erfüllterDichter; der Antrieb zu feinem Schaffen ift vielmehr das kosmifche Leid: die Erkenntnis der Diffonanzen unferes zeitlichen Dafeins mit den Harmonien des Alls. Die Geftaltung irdifchen Leides, des grauenvoüften Alltags auf Erden, und die Überwindung aller Schranken und Gegenfätze, die den in Not und Qual verfunkenen Men fchen von der Erfüllung feiner iiberirdifchen Sehnfucht trennen, mußte fo zum Inhalt aller Werke diefes Dichters werden. Mitten in einer Zeit eigenen tiefften Niederbruchs warf der Dichter fein elftes Buch auf den Markt. „Auf Leben und Tod“ kämpften Menfchen darin um ihre Erlöfung, „Der Graveur“, eine pfycholo- gifche Monographie, der mehr wiffenfchaftlich als dichterifch wieder gegebene Krankheitsbericht über einen Menfchen, der von feinem ftreitfüchtigen, trunkenen Bruder durch eine Schädelverletzung um den Vollbefitz feiner geiftigen Kräfte gebracht wurde. Der geillige Halbfchlaf,das Hindämmern einesUnglücklichen zwifchenNachtund aufflackerndem Bewußtfein, feine Hoffnung auf neues, menfchen- würdiges Dafein und der wilde, graufeZufammenbruch einesMen- fchenfchickfals werden vom Diditer mit gewaltiger Kraft in diefer Novelle vorgetragen. Auch „Der Schindelmacher" ringt einer Er löfung zu und fehnt fich in einen belfern Zuftand. Der Greis, von einer Traumvifion aus feinem lethargifchen Zuftand erweckt, reckt fich zu unheilvoller Größe auf, in feinem elementarifchen Seelen ausbruch gleichfam ein Teil der blindwütenden Naturkraft, die ihn umtoft, und hält graufame Abrechnung mit dem Paare, das ihn im Ausgedinge betrogen und geknechtet hat. In dem Roman „Leonore Griebel“ führt uns der Dichter dann in feinfter Einfühlung fall über die Grenzen der Sinne hinaus. Zartefte Regungen in einer außergewöhnlichen Weibfeele liegen aufgedeckt. Sehnfuchtsüber- fchwang nach Schönheit, zeitferne Ahnungen und Träume vibrieren in Leonore; fo muß fie zerbrechen an der nüchternen Genügfamkeit ihres feelifch plumpen Gatten. In einem Drama „Meta Konegen" erweiterte Stehr diefes Problem der Weibesfehnfucht. Das Herz der Frau und das Hirn des Mannes, der ganz in feinem Werk aufgeht, ringen in verhaltener Glut miteinander. Aber der Mann fchreitet über das Herz der Frau hinweg und will fein Leben allein durch das Werk krönen. Nach einem lichtvolleren Dafein ringt auch Maria Exner im „Begrabenen Gott", unbefriedigt und geplagt von den dämonifchen Leidenfchaften ihres habgierigen, klumpfüßigen Gatten. Aus ihrem zeit- und ichbegrenzten Dafein greift fie betend, fluchend, in wärrer Verzweiflung in ewige Bezirke hinauf und zer- fchellt vor Gott. Sie, die ihren Gott begräbt, fleht ebenfo wie alle MenfdienStehrs im Kreislauf ewiger Gefetze, ein irrationales Wefen, deffenAUenveltsfchickfal typifches Leben wurde. Ebenfo auch erhebt fich Franz Faber, dem der Dichter eigene Leidenszüge ins Antlitz furchte,nach feiner Lebensbeichte „Drei Nädue“ über das zeitlichBe- ftehende in die Region des neuen Gottes, indem er in feinTiefftes,in fein eigenes Innere, tief zurückfällt. Ganz über die Zeit erhoben, und fo zuweilen den befangenenAugen des der Erde und ihrem Sein ver hafteten Menfchen entfchwebend, hat fich Stehr in dem Zweibänder „DerHeiligenhof", in dem er eine fall vollkommene Totalität unferes Menfchfeinsgab. InsUngemeffene fich auf löfende Sehnfucht,fchwere Erdigkeit, Menfchentum in allen Äußerungen, alle Diffonanzen des Lebens werden zu Symbolen der Verbundenheit des Menfchen mit dem Kosmos. Was an Myflik, Romantik, Idyllik und Tragik in der menfchlichenBruft geborgen liegt—in diefemWerkeStehrshates ein Sinnbild gefunden,die Seele voll Romantik,wie fie fchon des Dichters Märchen „Das letzte Kind“, „Der Geigenmacher“ und die „Gefchichte vomKaufchen" durchwebte,die Seele vollTraum und Idyllik,die fchon die „Gefchichten aus dem Mandelhaufe" mit innerer Schönheit über flutete, und die Seele voll Tragik, die alle Schickfale in den Büchern „Das Abendrot“, „Die Krähen“ und vor allem den letzten großen Bekenntnisroman „Peter Brindeifener“ bereits befdiwerte. Schreitet man durch diefes Gefmntwerk, das im Hören-Verlag, Berlin, er- fchienen ift, fo erkennt man Stufe für Stufe auf diefem Gipfelweg, wie die Thematik der Lebensauffaffung Hermann Stehrs an klarer Eindeutigkeit gewännt und fein Wefen als Dichter und philofophi- fcher Denker immer höher in die Sphäre des Alls eingeht. An den Himmel Wer dich begriffe, ewig Blauendes, Das wir den Himmel nennen, wüßte auch Den Sinn des Sinnes, den ein Schauendes Wir in uns finden als ein Geisterhauch. Ins Unermeßliche blühn deine Sterne Als Fackelblumen durch dich hin zerstreut. Ach und wir wissen, daß nur eigne Ferne So strahlend dem ergriffnen Blick sich beut. Seit Anbeginn befragt, bleibst du in Schweigen, Und was du kündest, redet unser Mund. Es ist, als ob dein hohes Niedemeigen Aufstieg aus unseres Wesens tiefstem Grund. Du wirst in Wirbeln rastlos fortgerissen Und bist seit Ewigkeit unwandelbar - Ganz so wie wir, die traumschnell schwinden müssen, Und die schon waren, eh’noch einer war. Hermann Stehr (»Lebensbuch~. Hören-Verlag, Berlin)
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