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Das Schiff
- Bandzählung
- 1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-26.1929
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-192900008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19290000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19290000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 9, September
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
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SCHIFF BEIBLATT DER TYPOGRAPHISCHEN MITTEILUNGEN / SECHSUNDZWANZIGSTER JAHRGANG HEFT 9 / SEPTEMBER 1929 / SCHRIFTLEITUNG ERNST PRECZANG. BERLIN SW 61. DREIBUNDSTR. 9 DIALEKTIK "^s wurde in unferer vorigen Betrachtung (»Marxismus als Wirklichkeitslehre«) von I der Dialektik als einem Weltgefetz ge- fprochen. Man hüte üch aber vor dem möglichen Mißverftändnis, als ob hier ^ ein neuer metaphyfifcher Begriff einge führt werden follte. Das hieße dann allerdings vom Regen in die Traufe geraten. Nein, von einer neuen Metaphyfik wird und darf hier keinesfalls die Rede fein. Wir brauchen den Lefer ja nur an unfere Feft- ftellung zu erinnern, daß die Grundtendenz der marxiftifchen Denkmethode eben darin befteht, die Weltprobleme als gefellfchaftliche Probleme zu ana- lvfieren. Die Welt alfo, die in den Scheinwerfer wiffen- fchaftlicher Unterfuchung gelangt, liegt ganz und gar im Umkreis der Gefchichte, genauer im Umkreis einer beflimmten gefchichtlichen Epoche, der Epoche des Kapitalismus. Bevor wir aber an die dialektifche Ge- l fchichtsbetrachtung des Marxismus herangehen, wollen wir einen Blick werfen auf die Bedeutung der 1 Dialektik in der vormarxiftifchen Philofophie. I Das Fremdwort »Dialektik«, der altgriechifchen Sprache entnommen, heißt zunächft nichts anderes als Unterredung. Gemeint ift eine Unterredung philo- 1 fophifch gefchulter Menfchen, die über irgendein ge- fellfchaftliches,politifches, moralifches oder fonftiges I Problem ihre einanderentgegengefetztenMeinungen austaufchen. Mit der Zeit entwickelt Geh durch folche ü fortgefetzteDiskufüonsübungen eine befondereKunft ti im Denken, die man bereits als Dialektik bezeichnet. Sie ift jedoch keineswegs das, was wir heute unter Dialektik verliehen. Diefe Denkform, mit der wir uns gleich befchäftigen wollen, lieht erft am Ende eines langen gefchichtlichen Prozeffes. Aus einer im mer bewußteren Anwendung der Denkgefetze er- w . wächft allmählich eine felbftändige Theorie des Den- ol kens, die dialektifche Denkmethode. Gewiffermaßen als V orftufe zujeder Art dialektifchen G Denkens haben wir die Grundgefetze der Logik zu >d betrachten. Wir wollen darum ganz kurz aufWefen iu und Funktion der Logik eingehen. Logik, abgeleitet jv vom griechifchen Wort »logos« (Wort, Begriff, Ver- jn nunft),bedeutet in freierer ÜberfetzungetwadieLehre von den Denkgefetzen. Man fpricht häufig auch von formaler Logik, um damit anzudeuten, daß bei diefer iA Art des Denkens im Grunde nur die äußere Form ab der Dinge berückGchtigt wird. Um es noch deutlicher ns zu machen: logifches Denken arbeitet mit dem reinen Begriff, ohne eigentlich von feinem Inhalt Notiz zu nehmen. Wir brauchen nur die beiden Hauptfätze der Logik ins Auge zu faffen, um zu begreifen, was hier gemeint ift. Der erfte Grundfatz der Logik ift der Satz von der Identität. Diefer Grundfatz, auf eine arithmetifche Formel gebracht, lautet: »A. = A.« Mit anderen Worten: ein Menfch ift ein Menfch, ein Löwe ift ein Löwe, ein Baum ift ein Baum. Das klingt ganz felbftverftändlich, fo unmittelbar einleuchtend, daß es vom Standpunkt des »gefunden Menfchenverftan- des« nicht erft bewiefen zu werden braucht. Und ge nau ebenfo verhält es Geh mit dem zweiten Grund fatz der Logik, dem Satz vom Widerfpruch, der auf die Formel hinausläuft: »A. ift entweder A. oder nicht A.« Das heißt: eine gerade Linie ift eben gerade und nicht gleichzeitig krumm, etwas, das fchwarz ift, ift nicht gleichzeitig weiß, ein Löwe ift ein Löwe und nicht gleichzeitig ein andres Lebewefen. Auch das fcheint wiederum eine handfefte Wahrheit zu fein, die Gdi felbft beweift. Wohl ift es eine Wahrheit und doch nicht die ganze Wahrheit. Die Logik behält ihre Gültigkeit eben nur bis zu einer gewiffen Grenze. Solange man in Harren, unveränderlichen Begriffen denkt, Gnd logifche Ur teile unanfechtbar. Sobald man aber die Dinge in ihrer Bewegung, Veränderung, Entwicklung erfaßt, kommt man mit den Denkgefetzen der formalen Logik nicht aus. Schon Heraklit — ein griechischer Philofoph, der 500 Jahre vor Chriftus lebte — hat die großartige Entdeckung gemacht, daß »alles fließt«. Auf ihn geht auch der Satz zurück: »Man kann nicht zweimal in denfelben Fluß fteigen!« Ein überwäl tigender Gedanke! DasUniverfum und feine einzel nen Beftandteile bis auf die Atome oder — wie wir jetzt fagen — Elektronen befinden Geh in ewiger Be wegung. Es gibt nichts Felles, Starres, Unveränder liches. Die Weit löft Geh auf in eine unendliche Summe von Prozeffen. Bekennt Geh die Logik zu dem Satz: eine Linie ift entweder gerade oder krumm, fo geht die Dialektik über diefes begrenzte Urteil hinaus, in dem Ge — die Endlichkeit begrifflichen Denkens über windend — fellftellt: eine Linie ift gerade und krumm zugleich und fagt damit etwas aus, was jedem Ma thematiker geläuftg ift. Nehmen wir beifpielsweife den Kreis. Diefe mathematifche Figur ift eine ge bogene Linie und damit ift die Sache für den logi- fchen, »gefunden« Menfchenverftand abgetan. Denn eine Linie ift entweder gerade oder krumm — fagt die Logik. Der Mathematiker aber fagt etwas andres. Er erklärt die Figur des Kreifes als eine Linie, die
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