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Das Schiff
- Bandzählung
- 1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Signatur
- Z. 4. 6055-26.1929
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-192900008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19290000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19290000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 10, Oktober
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
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a BEIBLATT DER TYPOGRAPHISCHEN MITTEILUNGEN • ZEHNTES HEFT-OKTOBER 1929 SCHRI FT LEITUNG: ERNST PRECZANG-BERLIN SW61-D / Marxiftifche Dialektik // Wir haben im vorigen Kapitel die Bedeutung der Hegel- fal fchen Philofophie zu würdigen verflicht. Wir hatten aber u£ auch gleichzeitig auf ihre durch Zeit- und Klaffenverhält- üfl niffe bedingten Schranken hingewiefen. Die Größe diefer iS Philofophie beruhte auf der meifterhaften Anwendung ab der dialektifchen Denkmethode. Die Hegelfche Dialektik »V7 war ungeachtet ihrer abflrakt verklaufulierten Form im sJf Kerngehalt revolutionär. Sie gipfelte in dem Grundfatz: IA Alles Beflehende trägt den Keim der Vernichtung in lieh. aU Und aus dem Kampf von Sein und Nichtfein entfleht tan neues, höheres Sein. — Man brauchte eine folche philo- jol fophifche Theorie nur auf die gefchichtliche Wirklichkeit us zu übertragen, und man befand fich fogleich mitten in tab der — Revolution. Diefe praktifche Konfequenz wurde iov von Hegels Zeitgenoffen nicht gezogen. Wie follten fie jur, auch! War doch die Zeit für eine politifche Umwälzung >on noch nicht reif. Als dann einige Jahrzehnte fpäter die Re- lov volution doch kam, hatte man Hegel bereits — vergeffen. eIZ Man hatte ihn aber auch wohl nie in feinem ganzen Um- nßf fange verbanden. Es war für feine Schüler ficher nicht neg ganz leicht, lieh in einem Lehrfylfem zurechtzufinden, in nab dem fortfchrittliche und konfervative Elemente merk- iiiv7 würdig zufammentrafen. jaH Hegel, der große geillige Repriifentant des aufflrebenden uab deutfehen Bürgertums, war auch der bedeutendfle Wort- triüf führer des philofophifchen Idealismus. Damit ergab fich büß auch die Ausrichtung für feine Gefchichtsphilofophie. oW Wohl lieht er die Entwicklung in der Gefchichte, wohl gias zeigt er die Entwicklungsreihen in Gegenfätzen und be- ram merkt die auffleigende Linie im hifiorifchen Gefamt- iotq prozeß. Aber erkennt er auch die letzten und eigentlichen ahT Triebkräfte der gefchichtlichen Entwicklung? Mit diefer ijeiT Frage find wir an den Grenzen der Hegelfchen Philofophie bnu und Dialektik angelangt. Denn was bedeutet einem ideali- blifl flifchen Denker — gleich welcher Schattierung — Gefchichte bnu und Wirklichkeit überhaupt? Für Hegel ifl alles Sein nichts »bnß anderes als die endliche Projektion unendlichen Denkens. •taQ Der Gedanke erfcheint als das Abfolute, die Ideen als die llav/ weltbewegenden Prinzipien, und die Wirklichkeit ifl der piq3 Spiegel des — Gedachten. Diefe Dialektik bleibt bei aller a rrii ihr eigentümlichen Großartigkeit und Tiefe ein Schatten- laiqf fpiel der reinen Ideologie. niaü Keineswegs foll darum ihr Anteil an der Geburt des afli-M willenfchaftlichen Sozialismus geleugnet werden. Damit Ie fli ifl aber auch alles gefagt. Das, was Marx und Engels JurbT fchufen, hat mit Hegelfcher Dialektik nur noch äußerliche üraS Berührungspunkte. Das Werk der beiden Großen belfeht nhßb darin, daß fie eine leere Form mit realem Inhalt füllten, flßb daß fie alfo eine bloße Abflraktion in konkrete Wirk- »jlrbil lichkeit verwandelten, daß fie die Formeln fpekulativer olidT Philofophie entdeckten als urfächlich bedingte Abbilder roflirf hiflorifcher Bewegungsgefetze. Und indem fie, den Ge- idnßb . dankenhimmel der deutfehen Ideologie bewußt verfallend, m tbil'fich mit beiden Füßen auf die Erde Heilten, indem fie vom i-tarbä fieberen Boden gefchichtlicher Wirklichkeit aus mit dem utflnl Inlirument der Dialektik nach allen Richtungen Umfchau sllaid hielten, entdeckten fie plötzlich Neuland, fanden aber i daun auch den Weg, der aus der bürgerlichen Welt heraus- .tiriüf führt. Hatte bis dahin in der deutfehen Philofophie der fliaO'Geifl gleichfam die Rolle des Alleinherrfchers gefpielt, 9lJßri ! hatte man infolgedeflen alles materielle Gefchehen in ä snis eine Kategorie mehr oder weniger zweifelhaften Ranges tsgnio eingereiht, hatte man die hiliorifche Weltentwicklung flailrbl fchließlich nur als äußere Symbolik einer imaginären rijIaW Weltidee gelten laffen, fo fchlug nunmehr der Marxismus ab lim mit dem Hammer der Dialektik eben diefes Weltbild in REIBUNDSTRASSE 9 DAS SCHIFF Trümmer, um mit demfelben Inlirument auf foliderem Fundament ein neues Gebäude aufzurichten. Mittels der Dialektik brachten Marx und Engels die Philo fophie zur Strecke, mittels der Dialektik erweckten fie die Gefchichte zum Leben. »Die Gefchichte aller bisherigen Gefellfchaft ill die Gefchichte von Klaffenkämpfen.« Das ifl die einleitende FefHIellung des hifiorifchen Materialis mus, ifl aber auch gleichzeitig der unerfchütterliche Grund gedanke marxiflifcher Dialektik. Es wäre Torheit, wollte man etwa den Gedanken des Klaffenkampfes als behin dere Erfindung von Marx und Engels hinflellen. Das Vor handenfein fozialer Gegenfätze und Konflikte und ihre politifche Auswirkung wurde bereits von namhaften Autoren des klaffifchen Altertums regillriert. Aber die wahre Bedeutung des Klaffenkampfes im dialektifchen Prozeß der Gefchichte erkannt und fie für die gefamte Arbeiterklaffe theoretifch ausgewertet zu haben, ifl das unbeltreitbare Verdienft der beiden Väter des wiffen- fchaftlichen Sozialismus. Entweder hatte man in der vor- marxiftifchen Epoche die Menfchheitsgefchichte als eine Summe von unendlichen Zufallsereigniffen aufzufaffen fich begnügt, oder man hatte beftenfalls das bunte zeit liche Nacheinander in das Netz einer blinden Kaufalität einzufangen verhiebt, oder aber man hatte, wie Hegel, den großen Gedanken der Entwicklung anerkannt, feine eigentliche Wirkfamkeit aber ganz und gar in meta- phyfifche Regionen verlegt. Was tat nun der Marxismus? Indem er die dialektifche Denkmethode fozufagen als Arbeitstheorie aufgriff, wies er fogleich nach, daß diefe Form des Denkens nicht als willkürliches Spiel der Spe kulation zu betrachten wäre, fondern daß der dialektifche Denkprozeß fich organifch aufbaut auf den Grundlagen materiellen Gefchehens. Die Entwicklung im Denken kommt eben erfl zuflande durch die objektive Entwick lung der Gefchichte. Da aber alle bisherige Gefchichte fich im Umkreis von Klaffengefellfchaften vollzieht, bildet derKlaffengegenfatzdasgrundlegendedialektifchePrinzip. Jede Gefellfchaft erzeugt aus fich heraus ihren fozialen Gegenpol, der fie aufhebt oder mit ihr zufammen unter geht. Wie ifl nun die Situation im Kapitalismus? Hier ver körpert fich die Dialektik — im großen gefehen — in dop pelter Geflalt. Zunächll einmal nach der objektiven Seite hin. In der kapitaliflifchen Wirtfchaftsordnung erleben wir den fortgefetzten und fteigenden Zufammenprall zwifchen Produktivkräften und Produktionsverhältniffen. Der bürgerlichen Gefellfchaft wachfen die von ihr ins Leben gerufenen Produktivkräfte über den Kopf, und die Kapitaliflen verlieren die Herrfchaft über die Produktion. Wir geraten fomit zwangsläufig ins Stadium der Krife, eine in der vorkapitaliftifchen Periode in diefer Art unbe kannte Erfcheinung. Denn die kapitaliflifche Krife erfolgt nicht aus einem Mangel an Produkten. Im Gegenteil, fie ifl das Zeichen der Überproduktion. Die bürgerlichen Ver- hältniffe reichen nicht mehr aus, um die Überfülle der Reichtümer zu faffen. Es müffen alfo entweder Produktiv kräfte vernichtet oder neue Abfatzmärkte erobert werden, in jedem Falle werden damit neue, größere Knien vor bereitet. Die größte Krife, die der Kapitalismus bisher erlebt, aber keineswegs überwunden hat, war der Welt krieg. Und was fehen wir heute? Niemand kann leugnen, daß der Kampf um die alten Abfatzmärkte fich verfchärft und das Ringen um neue Abfatzgebiete die gefamte Welt politik beherrfcht. Krifen in furchtbarem Ausmaß müffen die Folgen fein. Diefen magifchen Zirkel vermag der Kapi talismus aus eigener Kraft nicht zu fprengen.
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