TYPOGRAPHISCHE MITTEILUNGEN ZEITSCHRIFT DES BILDUNGSVERBANDES DER DEUTSCHEN BUCHDRUCKER 27- JAHRGANG / JANUAR 1930 / HEFT I/MIT DER BEILAGE »DER SPRACH WART« G Was bist du, Glück? Bist du das lose Mädchen, das lockend uns zum Abgrund führt? Gehst lächelnd du an uns vorüber, machst du uns blind, damit wir dich nicht sehn? Wem hast du deine Gaben voll beschert? Wer darf sich rühmen, daß du sein ge worden? Warum begehrt man dich in jedem neuen Jahr? Weshalb wünscht man dem Nächsten Glück, da du sowenig dich der Menschheit zeigst? Wo bist du denn, und wer und was bist du? Du aber schweigst und gehest stumm vorüber, denn nie mand kann dich dauernd an sich fesseln. Doch alle suchen dich, und keiner kann dich finden. Du bist bescheiden, zaghaft oft und zart wie feines Glas, das leicht zerbricht. Darum wirst du so oft verkannt, verwechselt und verachtet. Doch wer dich sucht, soll nicht nach außen schaun, soll nicht nach feilen Luftgebilden sehn. In unsrer Brust sind unsers Schicksals Sterne! Dort ist das Glück, dort sollt’es immer sein. Nicht Geld und Gut sind unsers Lebens Glück, wenn uns des Herzens reine Bildung fehlt, wenn wir des Nächsten Leid und Elend dulden, wenn wir nicht tatenfroh zur Hilfe sind bereit. »Das Spiel des Lebens sieht sich heiter an, wenn man den sichern Schatz im Herzen trägt!« Wer diese W r orte unsers großen Dichters zum Sinnspruch für sein Leben hat erwählt, dem wird das Glück des starken, frohen Herzens im Kampf ums Dasein und im stillen Ringen ein Talisman für alle Zeiten sein. Artur Grams