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Typographische Mitteilungen
- Bandzählung
- 26.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-26.1929
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id51204371X-192900001
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id51204371X-19290000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-51204371X-19290000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- Kunst
- Saxonica
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 7, Juli
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
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Inhaltsverzeichnis
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- Typographische Mitteilungen
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Stadttheater in Pofen Unkraut in der Typographie Jeder von uns weiß, daß es eine Epoche ungeheuren typographi fchen Verfalls gab. Es war dieZeit zwifchen 1860 und ungefähr 1905. Der Moloch Mafchine hatte die Menfchheit überrumpelt; altehandwerklicheTra- ditionen wurden durch die neu eintretende Zeit un vermittelt zerriffen. Der Sinn für einfache, felbftver- ftändliche Formen war vollkommen in die Brüche gegangen. Nicht nur in den Druckereien, fondern in allen formfehaffenden Handwerken war diefelbeEr- fcheinung zu konftatieren. Ob Kleiderfchrank oder Plüfchfofa, Tapete oder Bucheinband, alles hatte die gleiche, belanglofe Form, war mit belanglofen Orna menten überladen. Wenige Jahrzehnte vorher fah es noch ganz anders aus. Denken wir nur an die Wohn- räume, in denen Goethe oder Schiller lebten. Auch die Druckfachen aus der Zeit um 1820 haben jene Echtheit und Unaufdringlichkeit, nach der jetzt wieder ein kräftiges Wollen geht. Das Tempo aber ift in- zwifchen ein völlig andres geworden: die Mafchine beftimmt den Rhythmus des Tages, und die Nerven der Menfdien von 1930 find grundanders als die der in den Jahren 1830 oder 1870 Lebenden. Um 1905 war der Jugendftil im Buchgewerbe wohl einigermaßen überwunden, aber ganz tot ift er auch heute nodi nicht. Eine handwerkliche Erneuerung fetzte damals ein, und im Buchgewerbe tauchte eine Anzahl begabter junger Künftler auf. Mit Enthufias- mus wandten fidi diefe vor allem der Sdiriftgeftaltung zu; ihr Einfluß dehnte fidi allmählich auch auf den Sdiriftfatz aus. Es entfland damals, im Jahre 1902, die »Steglitzer Werkftatt«, die bald internationalen Ruf hatte. In dem Rundfehreiben, das von ihr heraus gegeben und jetzt wieder zu neuem Leben erweckt wurde in dem Buche »Perfönliches und Sadiliches« (herausgegeben zu Prof. Ehmckes fünfzigftem Ge burtstag vom Verlag Hermann Reckendorf GmbH, in Berlin W35), heißt es: »In dem Mißverftändnis, mit dem die meiften Gefdiäftsleute den künftlerifdien Forderungen der jüngften Zeit begegnen, fanden wir, die wir felber Künftler find, den Anlaß, vor etwa Jahresfrift unfre,Steglitzer Werkftatt“ zu gründen, in welcher neben allen andern Zweigen angewandter Kunft vorzüglich die Druckerei gepflegt wird, und zwar in einer Weife, die dazu berechtigt, von ihr wie in ihrer fchönften Blütezeit, als von einer Buchdrucker- kunft fprechen zu dürfen. Es foll in diefen einfachen, anfpruchslofen Erzeugniffen ein wohltuender Gegen- latz gefchaffen werden zu dem, was fich als ,Mode“ ausgefchrien unter dem Sammelworte ,Sezeffions- und Jugendftil“ überall fpreizt, ein Ruhepunkt für die Augen in dem zappligen und flimmernden Ge- wirre von Schnörkeln.« Bald ging diefe Bewegung in der Typographie fehr in die Breite; viele Schrift gießereien, die anfänglich noch konfervativ zurück geblieben waren, fingen an, »Modernes« zu produ zieren. Angeregt durch die wenigen Pioniere unter den Gießern, fchoffen die Neuheiten wie fchlechte Pilze aus der Erde. Aufgeftachelt durch den klingen den Erfolg des andern, mußte etwas Ähnliches auf den Markt geworfen werden. Die guten Garnituren erhielten gar bald viele minderwertigere Epigonen. Irgendein »Graphiker«, der meiftens keine Ahnung vom mühevollen Handwerk des Stempelfchneiders hatte, aber fchöne Bildchen oder hübfehe Reklamen entwerfen konnte, wurde beauftragt, eine Schrift zu »machen«. Von redegewandten Vertretern wurden dann die Drucker überlaufen und mit »Neuheiten« überfchwemmt. Dutzende von Garnituren Fraktur, Antiqua, Schreibfchriften, Vignetten und Zierat fetzten fich in den Druckereien feft und liegen heute in fortfchrittlichen Betrieben als totes Material in den verftaubten Karten, werden übermorgen viel leicht dem Schmelztiegel anvertraut. In diefem Chaos follte fich nun der in »allen Stilarten« bewanderte Akzidenzfetzer zurechtfinden. War dasmöglidiPNein, die tägliche Praxis beweift es uns bis zur jetzigen Stunde. Nicht alle Druckereien find im Ankauf ihrer Schriften in der Lage, das Gute und Zeitüberdauernde vom allzu Modifchen zu fcheiden; denn dafür ift ein kultivierter Gefchmack und genaue Kenntnis der Schriftentwicklung neben der praktifchen Veranla gung unbedingt vonnöten. Die Zeit nach dem Jugendftil bis zu unfrerGegenwart wird man fpäter vielleicht die »kunftgewerbliche« Epoche nennen. Das gefährliche Wort »Kunft« hat in der Typographie viel Wirrwarr angeriditet. Nach der Kriegszeit ift das »Kunftgewerbe« geradezu eine Seuche geworden, die überall verheerend wirkte. Jeder klar Sehende weiß, daß auf der einen Seite einige wenige Spitzenleiftungen beftehen, auf der
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