Typographische Mitteilungen

TYPOGRAPHISCHE MITTEILUNGEN ZEITSCHRIFT DES BILDUNGSVERBANDES DER DEUT SCHEN BUCHDRUCKER / XXVI. JAHRGANG / MÄRZ 1929 DRITTES HEFT / MIT DER BEILAGE: »DER SPRACHWART« Wo es fehlt, da ift alle Kunft umfunft! Arbeiten, die an diefen Vorausfetzungen Mangel leiden, werden der Kri tik kaum ftandhalten können und keinen Beifall finden. Glücklicherweife kann man in diefem Jahre fefiflellen, daß der große Teil unfrer Neujahrskarten und Kalender auf einer Stufe lieht, die über dem Durchfchnitt liegt, bei den Neujahrskarten nochmehr alsbei denKalendern. Es liegt das vielleicht daran, daß eben bei den Kalendern fich mehr fremde Einflüffe geltend machen konnten als bei den Neujahrskarten, die vielfach aus Wettbewerben hervorgingen und deshalb in mehreren Fällen Höchft- leiftungen darfiellen. Wir glauben in diefem Hefte mit der Auswahl der Karten nach diefer Seite hin ein Bild zu geben, das unfre Kollegen in Stadt und Land zum Nachdenken anzuregen geeignet fein dürfte, wobei je doch noch bemerkt werden muß, daß es aus technifchen Gründen nicht möglich ift, die Karten immer original getreu wiederzugeben,befonders in bezug auf dieFarben. Soweit uns Matern zur Verfügung geftellt werden konn ten, ift der Satz der gleiche, aber nicht in allen Fällen war das möglich; doch weichen die nachgefetzten Karten im Satz von den Originalen nicht wefentlich ab. Den Firmen, die unsMatern zurVerfügung ftellten, danken wir,eben- fo den Kollegen, die fich darum bemühten. Ziehen wir nun dasFazit aus der diesjährigen Neujahrs karten- und Kalenderfchau, dann kommen wir zu dem Schluß, daß in fatztechnifcher Hinficht der Weg zur Ein fachheit und Klarheit von den weitaus meiften Kollegen befchritten wurde, ohne ins Banale zu verfallen. Der Gedanke der fauberen, fchlichten Druckfache offenbart fich an folcher Kleindruckfache, wie die Neujahrkarte Ge darftellt, am allerfchärfften. Gewiß finden wir unter den vielen Karten auch noch etliche, die über das Ziel hinaus- fchießen; aber eins darf man erfreulicherweife feftftellen, daß wohl nicht eine Karte dabei gewefen ift, an der nicht irgendwie verfucht worden wäre, der neuzeitlichen Satz- geftaltung nach beftem Können gerecht zu werden. Die Propheten des hiftorifchen Stils find glänzend widerlegt und abgetan durch die Tat! Bei den Kalendern kann man nicht fo ohne weiteres dasfelbe feftftellen. Im Schaffen der Kalender bleibt noch manches zu wünfchen übrig. Das wurde übrigens fchon erwähnt. Vielleicht darf man annehmen, daß zu einer folchen Arbeit, die bei guter Ausftattung geraume Zeit erfordert, nicht immer die nötige Zeit zur Verfügung ftand, auch für den Entwurf nicht. Allerdings find uns einige Kalender vor Augen gekommen, die geradezu hervorragende Leiftungen im Druck fowohl wie im Satz darftellen. Der Gefamtüberblick ergibt die Note Gut bis Befriedigend. Wir hoffen, daß im nächften Jahre auch für die Kalender gefagt werden kann: Fort- fchritt auf der ganzen Linie! ©fmtoeTßjefoc|*n DDedifelnftjmjte . _L 3 jfdwtStto tffijftSeme&m unö&mfamfiMf Linolfchnitt von Anton Lenhardt, Chemnitz ■ j^eujaljrsfarten uni» JtalmDcr Den Maßftab für den gewerblich-künftlerifchen Fort- ft fchritt innerhalb eines Jahres bildeten auch in früheren S Zeiten vorzüglich Neujahrskarten und Kalender. Sie F7 waren es ftets, die dem Fachmann einen willkommenen Anlaß boten, etwas mehr als fonft aus fich heraus zu g gehen, etwas mehr als fonft der kommenden ZeitKon- zeffionen zu machen und zu zeigen, daß einem das -A Moderne ureigentlich ganz nahe am Herzen lag, auch jJ felbft dann, wenn man in der jüngft verfloffenen Zeit n noch nicht völlig mit der Richtung einverftanden war. Q Diefe Erfcheinung ift ganz natürlich: bieten doch Neu st jahrskarten und Kalender am beften Gelegenheit,einmal iu unabhängig von oft abfurden Wünfchen der Kunden etwas fchaffen zu können, das ganz und gar den An- bl fchauungen und Gedanken des Verfertigers entfpricht, vorausgefetzt daß ein hoher Herr Chef oder irgendwer 5S anderes nicht feine Hand dabei im Spiele hat. Aber js auch eine andere Vorausfetzung muß gegeben fein, und zwar das typographifche und fonftige technifcheKönnen. 53