Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189010057
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901005
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-10
- Tag1890-10-05
- Monat1890-10
- Jahr1890
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1890
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Erschein ttgUch früh 6V, Uhr. NrSarttoa uni Lrpküitii» Joh-one-gafi« 8. Sprechstunde« der Neiuelio«: vormittag« 10—12 Uhr. «achmittag« 5-« Uhr. «mttch», »er für dt» «tch»s»l,e«»e R«««er SesttmMten Inserate m» «echnttasrn »t« S Uhr RachWitt«,«, an«onu. und Festtagen früh bi« '/.S Uhr. 3n den Filialen für 2ns.-7dnnahme: Ltt« Klemm « Eerttm. (Alfred Hahn). UniversitätSstraß« 1, Louis Lösche. Aathariunistr. 14 pari, und KSnigßplatz 7, nur bis '/,» Uhr. rimWr.TlMblllil ^erttljährlich^^M^ i»cl. Vringerloh» 5 Mk, durch hl« Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Stunun« «) W. lar 10 Pf. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. «tt Postbefürdernn, 7V Mt. Inserate 6 gespaltene Petitzell« X) Pf- «roher. Schriften laut «f. »rei^vWlit. LabUlartsch.ru. Atff«»satz »ach höher» L««f Ree lauten «ater dem Nidactlo»«Krich di« «nestmlt. 8eilrvOPf.,vordeuSam1l1.uuachricht«» dt. ggespalten« Zeile 40 Pf. Inserat, sind stet« an dt. Grpedtti«» I» senden. — Rabatt wird nicht gegeb^.. Zahlung prminmvciiuuio od«r durch Post» uachuahme. 278. Sonntag dm 5. October 1890. 84. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die staatliche Gtntommensteuer betreffend. Nach dem Finanzgesetze vom 28. März 189V, in Ver bindung mit ß. 5 der zum Einkommensteuergesetze vom 2. Juli 1878 erlassenen Ausführungsverordnung vom 11. October desselben Jahre«, ist der zweite Termin der diesjährigen staatlichen t?t»kommensteuer am rtlU. September diese« IahreS mit der Hälfte des NormalsteucrsatzcS fällig. Die «steuerpflichtigen werden deshalb aufgesordert, ihre Steuerbeträge ungesäumt und spätestens binnen «t Wochen, von dem Fälligkeitstage ab gerechnet, bei Vermeidung der nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen einlretenden gesetzlichen Maßnahmen zu bezahlen. Die Zahlstellen sind für Alt-Lcinztg im Stadthaus, Obstmarkt Nr. 8, Erdgeschoß; für Lelpzicz Reudnitz,Lelvzts-An<zer-Krotten- dors, Leipzin-ldonbern und Leipzig-Ncu- rendnitz im stkatubause zu Leipzig-Reudnitz; für Leipzig - Reuftadt, Leipzig - Reuschöne feld, Leipzig - VolkmarSdürf und Leipzig- Sellerhause» im Rathhause zu Leipzig» Vvlkmarsdorf; für Leipzig-Lutrttzsch im dortigen Rathhause und für Leipzig-GohltS im früheren Gemetnde- amte daselbst. Leipzig, den 27. September 18VV. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Bekanntmachung, dl« Beiträge zur Handels- und Sewerbekammer betreffend. Mit dem am 80 September dieses Jahre» fälligen zweiten Termine der staatlichen Einkommensteuer ist zur Deckung des Aufwandes der hiesigen Handels- und Grwerbekammer von den betheiligtcn Handels- und Gewerbe treibenden ein Beitrag für die Handelskammer uach Höh« von vier Pfennige« und fAr dir Gewerbekammer «ach Höhe vou zwei Pfennige« anf jede Mark desjenigen Steuersatzes, welcher nach der im Einkommensteuergesetze enthaltenen Staffel ' auf daS in Spalte ä deS Einkommcnsteucrkatasters eingestellte Einkommen der Beitragspflichtigen entfällt, zu erheben. Diese Bekanntmachung gilt als vorschriftsmäßige Benach richtigung der Beitragspflichtigen. Den betheiligtcn Steuerpflichtigen wird bei Abführung der Einkommensteuer an der Einnahmestclle Eröffnung über den entfallenden Betrag gemacht werden. ^ Der Betrag ist binnen drei Wochen, von dem Fälligkeitstage ab gerechnet, an die in der obigen Bekannt machung angegebenen Steuerhebcstellen bei Vermeidung der sonst eintretendcn geschlichen Maßnahmen zu bezahlen. Leipzig, am 27. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. ;i. Ki vr. Georgi roch. 80 Lekailnlmachung. Im Monat September a. e. gingen an freiwilligen Gaben bei uns ein: — ^ 73 von der Privat-Turn-Niege „E." als lieber schuß beim 3. Stiftungsfeste, Sühne i. S. H. , . L-, durch den stellvertretenden Friedensrichter Herrn Rühle, von dem Kaufmann Herrn B. in D. durch das Polizeiamt hier überwiesenes Findcrlohn, von Herrn Cornelius M. hier, Sühne i. S. I. E. '/. F. B. durch Herrn Rechtsanwalt Schumann, Sühne i. S. H. G. '/. I. Th. - - - Ä. Th. /. W H. - - - R. P. -/. H. B. - - - A. R. '/. M. L. - - - A. St. /. M. L. - - - E. M. I. K. - - - E. B. -/. M. E. » » - I. N. /. H. - - - C. L. /. W. B. - - - W. H.A.-/.A.N.Är. - - - E. B. /. F. Th. St. - - - R.H.-/.K.W.F.(1,Rate.) - - - L- K. '/. Ehr. M. - « » H. B. '/. S. G. - - - A. B. /. C. W. für den Stadttbeil Leipzig-Gohlis: 150 von Herrn Jacob Plaut, durch die Firma H. C. Plaut bier. aus dem Stadttbeile Leipzig-Sellerhausen: 2 Sühne i. S. R. /. L. 1V » — » » » » W. W. 8 - — - » « » W. P. 5 » — » » « » G 8?. 10 » — » » » » B. '/. B , au« dem Stadttheile Leipzig-Eutritzsch: 2 Sühne i. D. 8- '/. D. 4 » — » » » » T. '/. 15 » — » » , » W. 7, 2 5 3 19 3 lO 5 15 5 5 3 3 5 5 1 l 50 durch Herrn Friedens richter .Nagel. durch Herrn Fried.- Richter Freyer. durchHerrn Friedens richter Seyfferth,' 3 » — » » » » D. /. 308 «k 03 4 Summa, worüber hiermit dankend quittirt wird durch Herrn Friedensrichter Thoma«, Leipzig, den 3. October 1890 Der Rath der Stadt Leipzig, (illraerna—t.) Ludwig-! olf. Schicker Oeffentliche Sitzung -er Stadtverordneten Mittwoch, den 8. October L8S«, Abend» «'/, Uhr, t« Saale der vormaligen HandelSbörfe am Raschmarkte. Tagesordnung: I. Bericht des OekonomieausschusscS über: ». die Abrech nung über den Neubau des ForstbauseS Burgaue; d. die Abrechnung über die Herstellung des Springbrunnen« auf dem Maricnplatze; c. Nackvcrwilligung für Ein richtung eines Schuppen- in Connewitzcr Revier. II. Bericht des FinanzauSschuffcS über: a. Verpachtung stärtischen LazerhosSarealS an die hiesige Firma Rüdiger L Co.; b. Gewährung eine- Beiträge« zu den ErueuerungSkosten für die Leutzscher Kirche. III. Bericht dcö BauauSsckusscS über: u. Einführung der Wasserleitung in die Waldstraße zwischen der Christian straße und dem Damniwege im Rvsenthale; b. AuS- führung von Baureparaturen an dem Gebäude der Realschule; c. Erhöhung der Pos. 45 außerordentlich im diesjährigen Budget deS NicolaigymnastumS; ä. Nachvcrwillignng für noch erfoikerliche Baureparaturen an der 7. Bürger- und 7. BezirlSschule; e. die Schul- baucassciirechnung der Gemeinde Reudnitz aus 1887; k. Einrichtung eine« NotenzimmerS und eine« Erholungö- raumeS für daS Orchester, Erweiterung von Garderoben und Eiuricktung eines 2. Magazins für Herrengarde robe im neuen Theater. IV. Bericht de« Bau-, Oekonomie- und Finanzausschusses über einen ArealanSlausch zwischen Thcilcu der Par- cellen Nr. 275o und 276 deS Flurbuchs für Leipzig- Goblis. V. Bericht de« Bau-, Oekonomie-, Finanz- und Ber- faffungSauSschuffe« über: Parcellirungsplan und Bau vorschriften für daS städtische Areal deS von der Wächter-, Grassi-, Beethoven- und Ferdinand-Rhode- Straße eingcschlofsencn Baublocks. Erledigt hat sich die von unS unterm 18. September ». o. erlassene Bekanntmachung, den Handarbeiter Anton Adolf Dcininger betreffend. Leipzig, am 30. September 1890. Der R«th der Stadt Leipzig. (Armenamt.) L. II., 1217. Ludwig-Wolf. Heimchen. Gefunden oder als berrenIoS ankemeldet reip. abgegeben wurden in der Zeit vom 16. bis 30. September 1390 folgende, »um Theil auch von früher verübte» Dicbsmlüen lierrührendc Gegenstände: rt goldene Trauringe mit verschiedenen Gravirungen, ein goldener Arnireis, ein goldener Ohrring, ein Elfenbein-Man- schettenknopf, Geldbeträge von 10.7V 10^8, 8 .ck 85 ei» llonpou über 0 ein Portemonnaie mit einem Leihhaus- ichein, Portemonnaies mit 10 -1» /H, 5 80 ^ X 02 und geringeren Beträgen, ein Wechsel über einen größere» Betrag, eine vernickelte Ubrkelte, ein Reißzeug, ein Regulator gewicht, ein Schächtelchen mit Weichsel-Cigarrenspitzchen, ein Zahn, stocherbecher, 3 deseclc Taschcnuhrwerke, 3 Taschennhrgehänse und L Spindciuhr-Äapseln, 8 Bände der „Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens", ein Paar Handschuhe, ein Slrohhut, ein schwarzer Filzhut, 4 weißleinene 'tragen, eine graumclirte »naben- wcsle, ein neuer Daiuen-Lederstiesel, einige Schirme, eine ziemlich neue Peitsche, «ine Anzahl Schlüssel, theils a» Schlüsselbunden, ein 4rädrig«r Handwagen und ein Ballen Wollwaaren mit dem Signum: „V. L 8. 357." Die unbekannien Eigcnthümer dieser Gegenstände werden hier durch ausgefordert, sich zur Lmpsangiiahme derselben in unserem Conimissariai rechtzeitig zu melden, andernsalls darüber nach ß. L39 des B. 01.-B. vnderwelt verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenige», welche sm 3. Quartale vorigen JahreS Fundgegenslünde bei uns abgegeben haben, deren irigenkhümer nicht z» eriuitteln gewesen sind, auf, diese Gegenstände zurückziliordcr», andernsalls auch hierüber den Rechten gemäß ve» fügt werden wird. Leipzig, am 8. October 1890. Las Polizeiauit der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: vr. Schmid. Ml. Die Anliesenmg von 3000 Ctr. guten Lpeisckartosfrln für das 10. Jnfantcrie-Rcaiiiicut Rr. 134 ist zu vergebe». Offerten sind an die Verwaltung des itonsum-Berctn« ge nannten Regiments zu richten. Wcolaigymnllslum. Tic Ausnabmrprüsung findet Montag, den 6. Oktober, Vorniittags 9 Uhr statt. Conrector Pros, tilebbarckt. vio «ekirlktllvden Arbeiten uvä 2«lvbounxeo äer Sablller ävr Ooskootlleken ll»n«I<>I«Iedr»o«t«It uinci lllontng, «len 6. October, von 10—12 vdr, im neuen 8oImlL«dliu«le, vvlir- «tr»«e 3/5, iw ersten Stocke. ,ur 8c«jabtiguvg »u^zestellt. 2uw Lsiuado lackst crgtedeuit sin 6»rl Tkollrum, virsetor. Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen früheren Heilgehllfen Heinrich Paul Johann Mank, am 16. Juni 1832 in Wehrheim bei Nassau geboren, welcher flüchtig ist, ist in den Acten v. U. II. 210.87 die Untersuchungshast wegen wiederholten Betrugs verhängt. <ks wird ersucht, denselben »u verhalten und in da- Unter suchungs^Äesängniß zu Alt-Moabu 12» abzuliesrrn. Berlin, den 1. Oktober 1890. Der UntersuchuugSrtchter Sei »e« KSntgltchen Landgerichte 1. Beschreibung Alter: 58 Jahre. Statur: mtttelgroß, krtsttg, Sttrn: hoch gewölbt, Augenbrauen: dunkelblond. Nase: groß, Zäbne: unvollständig, Gesicht: länglich, Sprache: Deutsch, Größe: 1,67 m, Haare: duakelgrau, Bart: Schnurr- und Backenbart duakelgrau, Augen: blau, Mund: gewöhnlich. Kinn: rasirt, oval, Gesichtsfarbe: gesund. . . verändere Kennzeichen. Oberfchädel dünn behaart, fast kahl. Auf der Nasenwurzel eine Quernarbe. unter der linken Wange rin« fleischfarbene Warze. An lage zum linksseitigen Leisteubruch. Das socialdemokratifche Programm. H.S. Das neuerdings zum ossiccellen Oraan^der dcuffchen Socialdemokratie erklärte, von das »socia- und G-uossen redigirte B-r mer « "«blatt ^ irroductivgenossenschafien not Staa Sl - un er dcr °en Vorstufe soll die Verwandlung deS gegcuwarngcn imoua^''sck - coustituliouellens Staats in einen demokrctti,ch-rcpubl>kanisct,eu em - denn etwa« Anderes ist eS dock ",cht. wenn d. Gesetzgebung .direct" durch das.Volk" auSacubt wnd ( dr,rch Vertreter, nicht gemeinsam mit "ner Negierung . N.c, n Stelle deS stebeuden HeereS eine .Volkswehr tritt, wen .das Volk" (nicht Richter, auch nicht "''""1 Geschworene oder Schöffen) Recht spricht". Viertens endlich werden „innerhalb der heutigen Gesellschaft", — daß heißt, so lange die aiiqcstrcbtc Umwandlung dieser in den social,slischcn Staat noch nicht erreicht ist. - e?ue Anzahl .Forderungen gestellt welche offenbar tbcilS jene Umwandlung vorc'erelteu tbn S dazu dicucu sollen, die Socialdemokratic als Wohllbaterin der Arbeiter ersclieinen zu lassen, um dadurch letztere immer tiefer in die Abhängigkeit von ihr zu verstricken. Wir wollen unS für beute mit dcin clslen H-uptpumt deS Programms, dem Bilde de« socialistischen ZukunftsstaatS, ^'^'Diescs"!!!^ ist — trotz eines großen Aufwandes von Worten, mit dem cS auSgeschmückt wird — doch .1°?* unklares, verschwommenes. ES ist das Wohl nicht zufällig, ondern die Urheber de« Progranims haben sich gescheut die Dinge beim rechten Namen zu nennen, weil sonst daS Wider- sinnige und Unausführbare ihres ZukunstSftaaleS allzu sehr m die Augen spränge. . Den eigentlichen Kern deS Programms in diesem Punkte enthält folgender vieldeutiger und widerspruchsvoller Satz: „Der Gesellschaft, das beißt allen ihren Mitgliedern, ge- kört das gesammte Arbeitsproduct bei allgemeiner Arbeit«- Pflicht nach gleichem Recht, Jedem nach seinen Vernunft- gemäßen Bedürfnissen." .... . - ^ Sehen wir uns diesen Satz (der übrigens keine neue Cr- finduug der Herren Liebknecht und Bebel, vielmehr, wie auch die meisten andern Pnnctc des .Programm«", lediglich ein wortgetreuer Abklatsch deS sogenannten „Gothaer Programms" von 1875 ist) etwas genauer an. „DaS gesammte Arbeit-prodnct gehört der Gesellschaft, da« beißt, allen ihren Mitgliedern" Wobl! Damit aber ein Arbciisprodnct da sei, muß gearbeitet werden. Wer, fragen wir, muß arbeiten? Daraus autworct das Programm: „Alle", denn eS heißt: „bei allgemeiner Arbeitspflicht". Ganz schön! Aber wir fragen weiter: WaS und wie viel muß jeder Einzelne arbeiten? Hier läßt uns das Programm im Stich. Kann der Einzelne sich Art und Gegenstand seiner Arbeit selbst wählen? Aber wie dann, wenn für gewisse Arbeiten, etwa beson ders anstrengende oder besonders unsaubere, sich Nicmand fände, oder wenn einer bestimmten Berufsart sick» so Biele zuwcnde- ten, daß darin eine Uebcrproduction stattfände, während es in anderen fehlte. Heutzutage regelt fick daS nach Angebot und Nachfrage, allein davon soll >a >m socialistischen Staate nicht die Rete sein. Nun, ra dürfte eS am Ende darauf hlnauSkommen, daß dem Einzelnen entweder durch einen Ge- sammtbeschluß der „Gesellschaft" oder durch gewisse Obere vorgeschrieben würde, was und wie viel er arbeiten muffe. Wo bleibt aber da jenes Ideal von „Freiheit", welches die Socialdemokratie ihren Anhängern, als in dem socialistischen ZukuiiftSstaate im vollsten Maße zu finden, vorspicgelt? Aber weiter! Das „Arbeitsproduct" solle allen Mitgliedern der Gesellschaft „gehöre»", und zwar „nach gleichem Recht", Danach müßten alle Arbeitserzeugnisse vollkommen gleich mäßig unter alle GesellschastSmitglieder vertheilt werde». Das ist nun aber sckon phpsisch unmöglich, denn von vielen, zumal den böherwcrtbigcn ArbeitSerzeugnissen, z. B, Klinst- werkcn, giebt cS vielleicht nur ein oder wenige Exemplare. Selbst die Nalurerzcugnissc sind nicht immer in solcher Menge vorhanden, daß Jedermann etwas davon bekommen könnte, B. seltene Früchte, besonders leckere Fische oder Vögel. Die Socialdemokratcii suchen sich nun wohl damit zu Helsen, daß sie sagen „im socialistischen Staate wird so viel mehr und besser gearbeitet, also auch so viel mehr und vortrefflicheres produc,rt werden, daß Alle befriedigt werden können." Allein wenn man selbst dies zugeben wollte (obgleich eS uns mehr als zweifelhaft ist), so läßt dc ch wenigstens die Natur sich nicht mehr abzwinaen,alS sie eben zu geben vermag. ES möchte ein schwieriges Kunststück sein, selbst wenn man z. B. alle auf der Erde vorhandenen Edelsteine zur Verfügung hätte, diese „nach gleichem Recht", so daß Nicmand zu kurz käme, unter sämmt- liche Mitglieder der „Gesellschaft" (welche doch wohl die gan» civilisirte Menschheit umfassen soll) zu vcrtheilen. Nun kommt aber auch noch der hinkende Bote hinterher unmittelbar auf das „nach gleichem Recht" folgt nämlich „Jedem nach seinen vernunftgemäßen Bedürfnissen." Damit ist icne Gleichheit sofort wieder durchbrochen, denn danach kann v'A er haben und verbrauchen will. Der Begriff „Bedürsniß" ist ein unendlich weiter und dehnbarer ; da« sehen wir schon in der heutigen Gesellschaft, wo doch Jever mit seinen ,.Bedürfnissen" sich mehr oder weniger nach seinen Mitteln richten oder, wie man sagt, nach der Decke strecken muß — geschweige in einer Gesellschaft, wo Jeder programmmäßig „nach seinen Bedürfnissen" von der Gesell- schaft erhalten muß, was er verlangt. Nun steht zwar dabei „vernunftgemäß", aber WaS ist vernunftgemäß, was nicht? Wenn so manches Mitglied unserer heutigen Gesellschaft (da- gilt von Vornehm und Gering) sich mit seinen Ausgaben und seiner ganzen Lebensweise immer nur auf seine ver- nunftgemaßen" Bedürfnisse einschränken wollte, so gäbe eS V Beispiele von Verschwendung und darau« fließenden Verirrungen der schwersten Art m der M 7°"' "" socalistischen Staate würden ""sben und von derartigen Leiden schaffen frei sein? Aber wir wollen einmal diese Bedürf nisse niederer Begehrlichkeit (de« sinnliche- Wohlleben,) ganz bei Seite lassen — kan» nicht auch in der Befriedigung cincrrr Bedürfnisse da« rechte Maß überschritten werden? Nehmen wir einen Kunstliebhaber oder einen Gelehrten I Für Jenen ist der Besitz schöner Kunstwerke, für Diesen der einer reichen Bibliothek rin „Bedürsniß." Und wer will Jenem oder Diesem einstreiten, daß diese- sein Bedürsniß kein .ver nunftgemäße«" sei. Irgend rin namhafter Sociallst hat auch ganz offen ausgesprochen: „im socialisten Zukunftsstaat wolle er nicht bloS gut essen und trinken, geschmackvoll wohnen und dergleichen, sondern auch sich mit schönen Bildern und Sta tuen und sonstigen Gegenständen eines verfeinerten LebenS- qenuffeS umgeben." Und so möchten vielleicht nicht Wenige reden. WaS würde da übrig bleiben? Entweder ein Be- chluß der „Gesellschaft" oder ein diktatorischer Ausspruch der Oberen", also wiederum eine Beschränkung der vielgepriesenen chrankenlosen Freiheit. So viel für heute! Vielleicht lassen sich die Urheber de- „ProgrammS" oder irgend welcher Anhänger desselben herbei, die von unS oben aufgeworfenen Fragen zu beantworten und o die Widersprüche zu lösen, die da« „Programm" in seiner ctzigen unbestimmten Fassung in sich birgt. Aus die übrigen Zuucte desselben gehen wir wohl rin anderes Mal ein. Die Interviews der Journalisten. DaS Streben, den ZeitungSlcsrrn stets mit interessanten Neuigkeiten auszuwarten, hat seit einigen Jahren die so genannten Interviews gebracht. Es ist unseres Wissens noch nicht versucht worden, diesen KunstauSdruck in« Deutsche zu übertragen, wir wolle» in dieser Beziehung nicht vergreisen, ondern unS mit der Erklärung deS Sinnes begnügen, welchen das Wort bat. Der Interviewer will einen Blick hinter die Coulisse» werfen, er will Personen über Gedanken aus- orschen, die oi-her nicht in die Oeffcntlichkeil gedrungen waren. DaS kann aber nur durch einen Ueberfall oder durch «inen Vertrauensmißbrauch geschehen, denn der von einem Interviewer Hcimgesucbtc, der weiß, wen er vor sich hat und zu welchem Zweck die Heimsuchung erfolgt, wird sich Wohl hüten, seine geheimsten Gedanken vor aller Welt offen darzulegen, und wenn er eS thut, so verfolgt er damit einen bestimmten Zweck, über welchen er dem Interviewer keine Rechenschaft giebt. Der Interviewer wird dann also selbst in die Lage versetzt, in welche er die von ihm ausgesuchte Person bringen wollte, er dient diesem als Mittel zum Zweck. Die Erfahrungen, die mit den Interviews bis heute ge macht wurden, sind nicht günstig für die Interviewer, denn in den meisten Fällen haben die Ausgesuchten gegen den In halt der veröffentlichten Unterredungen Widerspruch erhoben, sie sind entweder mißverstanden worden oder man hat ihnen Worte in den Mund gelegt, die sic nicht gesprochen haben oder nicht gesprochen haben wollen. Denn eS darf nicht außer Acht gelassen werden, daß der Staatsmann, der einem Journa listen gegenüber Miltheilungen oder Bekenntnisse macht, regel mäßig ganz andere Gcsick'tspunctc bat als sei» Zuhörer, der ilm gewöhnlich zum ersten Mal sicht und sich vorher von seiner Person eine ganz bestimmte Vorstellung gebildet hat. Daß diese Vorstellung nur selten mit der Wirtlichkeit überein- stimmt, ist ganz natürlich, denn zur richtigen Beurtbcilung von Hantlunge» gehört die Kcuiitniß der Gründe, welche sie veranlaßt uuk bestimmt baben, und welcher Interviewer könnte so viel Menschenkenntnis; für sich beanspruchen, daß diese Gründe seinem geistigen Auge stets offen liegen? Wir meinen, daß sich schon aus diesen Andeutungen crgicbt, wie schwierig die Aufgabe ist, welche sich der Interviewer stellt und wie selten er in die Lage kommt, sie entsprechend zu lösen. Im besten Falle schweigt der Hcimgesuchte über DaS, was der Interviewer veröffentlicht hat, wenn er auch Vieles darin findet, WaS er überhaupt nicht oder anders gesagt gewünscht hätte. ES giebt Männer, deren Wesen und Grundsätze so klar vor Augen liegen, daß sie nicht erst der Feststellung durch persönliche Berührung mit Journalisten bedürfen. Interviews bei solchen sind ungefährlich, weil dadurch nur allgemein Be kanntes bestätigt werden kann. Ueberhaupt ist es ein ver fehltes Beginnen, solche Männer zu HerrcuSergießungen ver anlassen zu wollen, sie werden stet« die Grenze zwischen Dem innc Hallen, was sie sagen und was sie verschweigen wollen. DaS beste Interview ist die sorgfältiae Beobachtung der Thätigkeit der Staatsmänner, wie sie sich in ihren Hand lungen und in ihren Reden im Parlament und in sonstigen Versammlungen ausdrückt. Interessant können Berichte über Interviews werden, wenn sie einen Einblick in daS häusliche Leben des Heiuigesuchtcu aeworfeu, in seiner Art mit Andern zu verkehren, über seine Gewohnheiten und seine Eigcnthüm- lichkeiten. Aber bier ist die Grenze noch schwerer zu ziehen, als bei der Ausforschung nnd Mittheilung der politischen Beweggründe; auf Schritt und Tritt drohen da die Fall stricke für den Schmeichler oder für den indiscreten Schwätzer, der in dem Streben, Neues zu berichten, die allergewöhn lichsten Rücksichten aus den Augen setzt. Al- der deutsche Kronprinz Friedrich Wilhelm im Jahre 1844 dein König von Spanien AlfonS XII. einen Gegen besuch abstattcte, da lud der König die Journalisten, welche den Kronprinzen beHleiteten, zu einer Unterredung ein, damit sie daraus Stoff für ihre Berichte schöpfen könnten. DaS war ein Interview der besten Art, denn da konnte von Miß brauch und von Mißverständnissen nicht wohl die Rede sein. Der Zweck der Unterredung konnte nur der sein, einen per sönlichen Eindruck von dem Wesen des Königs zu gewinnen, und diesem Zweck haben die Berichte entsprochen. Aber eS ist stets eine mißliche Sache, den Bertreter irgend eines großen Blattes zu empfangen, damit dieser in die Lage kommt, die Eindrücke über Das, was er gehört und gesehen, zu veröffent lichen. Es gehört für jede hervorragende Persönlichkeit ein gewisser Entschluß dazu, sich einer solchen Unterredung mit ihren Folgen ausrnsetzen, und wir brauchen wohl nur daran zu erinnern, welche Erfahrungen Fürst Bismarck mit manchem seiner Interviewer gemacht hat, um das ganze Interviewer thum als eine Einrichtung von sehr zweifelhaftem Werthe zu kennzeichnen. Die Erkenntniß der historischen Wahrheit wird dadurch in den seltensten Fällen gefördert, dagegen der Boden für Mißverständnisse und falsche Urtbeile bereitet. Es giebt noch eine andere Art von Interview« und da« sind die tendenziösen Besuche von Personen, welche dabei politische Nebenzwecke verfolgen. Dabin gehören die Inter views Tatischtschkw's in Bulgarien, welche nur dazu gedient baden, den persönlichen Ansichten Tatischtschew'« eine Grund lage zu gewähren. Harmlose Aeußrrungen erhalten ans dies«
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