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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189010172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901017
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901017
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-10
- Tag1890-10-17
- Monat1890-10
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1890
- Autor
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Erscheint täglich früh ü'/, Uhr. Redaktion nud Llvrdition Johannesgasir 8. Aprkltiltiiudrn der Nrdartion: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. Dir ttr eiUSdad« «mqtlandler Manulcilrte wicht -< t>« »ledectien «>»t «erdinttt». Annabme der für die nächstfolgende diiiiunirr brstimiiite» Inserate an Wochentagen bis S Uhr Nachmittags, a» So»»-und Festtagen früh bis,9 Uhr. In den Filialen für Inl.--Xniial,mk: Ltt» Klemm'» Sortini. (Alfred Hahn). Universitätsstraße 1, Louis Lösche, Kalharinenstr. 14 pari, und König-Platz 7, nnr bi- ' ,8 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. MbonnementöprriA vierteljährlich 4»/, Mk. tncl. Lringerlohn 5 Mt., durch di» bezogen 6 Mk. Jede einzeln« Nummer Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Lxtrabetlaa,» tin Tageblatt-!) vrmat gesalzt) ahne Posibesürderung SO Mt. Mit Postbeförderung 70 Ml. Inserate 6 gespaltene Petitzeile LO Pf. Gröber« Schriften laut uns. Vrei-verzerchuth. Tabellarischer u. Ztssernsatz nach Höhen» Lanf Reklamen unter demRedartion-strich dir -artpalt. Zeile SO Pf. vor den Familien»»»richte» die Kgespalteue Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an bi« Expedtttau -u senden. — Rabatt wird nicht gegeben.. Zahlung prasnumeranäo oder durch Post« Nachnahme. 2S0. Freitag den 17. October 1890. 8t. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekailntinachllilg. Hur Ablagerung von Schutt, Asche, Schlamm und HauS- abfällcn jeder Art baben wir, nachdem der AblagerungSplatz am Leutzscher Wege geschlossen worden ist, die im Connewitzer Hol; an der Linie, auf deren linker Seite von Leipzig a»S gerechnet, zwischen der weißen und schwarzen Brücke gelegene Lache sin der Nähe deS nach Groß-Zschocher führenden Fußweges) bestimmt. Gleichzeitig weisen wir wiederholt darauf hin, daß außer an den von uns ausdrücklich bestimmten öffentlichen Ablade plätzen jede Ablagerung von Schult, Asche, Kehricht u. s. w. an anderen Orten, auch wenn diese im Privaleigenlhum stehen und der Eigenthümer seine Genehmigung hierzu ertyeilt hat, verboten ist. Hierbei behalten wir unS jedoch vor, im einzelnen Falle die Anfuhr von Bauschult rur Auffüllung solchen Areals, welches nach einem endgiltig fcftgestelllen Bebauungsplaue zu Straßen oder öffentlichen Plätzen bestimmt ist, zu gestatten. von nur bestehend), Sand, KieS und Steinknack zugelassen, dagegen dürfen Kehricht, Scherben, Blechstücke, Blechwaarcn, GypS- stücke, Stroh, Dünger,Holz^Papier, Asche, Kohlenstaub,Schlamm, Nuß, GlaS u. dcrgl. zu dergleichen Anschüttungen nicht ver wendet werden. Die öffentlichen Abladeplätze haben lediglich der Stadt Leipzig und deren Einwohnern zu dienen. Wer daher nicht in unserer Stadt wohnt, darf Schutt, Asche u. s. w. auf diesen Plätzen nicht abladen. Für die Benutzung dieser Plätze zu dem angegebenen Zwecke ist eine Vergütung von je 3V bei zweispannigen »nd je 20 bei einspännigen Fuhren zu entrichten; das Abladen ist nur gegen Nachweis der erfolgten Zahlung durch Borzeigung eines bez. QuiltunaSzcttclS, sowie Abgabe des anaefügten Abschnittes an den Platzauffeher gestattet. Für diese QuittungSzettel sind Verkaufsstellen im Marstall, in der RathSwache, bei Herrn Restaurateur Trauten«»«, in der Frankfurter Straße Nr. 33, und bei Herrn Restau rateur Wetzig, am Dösener Weg Nr. 1. eingerichtet. Zur Controle der mit solchen Fuhren Beauftragten empfehlen wir den Auftraggebern, dir QuittungSzettel von ihren Beauftragten später zurückzufordern. Den Anordnungen der von unS angestelltev Platzauffeher und Planirer ist bezüglich des An- und AbfahrenS, sowie AbladenS unbedingt Folge zu leisten. Zuwiderhandlungen werden sowohl an Denjenigen, welche das Abladen besorgt, als auch a» Denjenigen, welche den Auftrag hierzu crtheilt, oder die Genehmigung zur Ablagerung auf ihrem Grund und Boden ohne unsere Genehmigung er- tbcilt haben, mit Geldstrafe bis zu 60 oder Hast b>S zu 14 Tagen geahndet. Leipzig, am 1. October 1890. Der Nath der Stadt Leipzig. Li Id. 5210. vr. Georgi. chndncr. Lckllinilmllchung. Nachdem an der überwölbten Rietzschke in Leipzig Neuduitz die Zäune der angrenzendtn Grundstücke wieder ausgestellt worden sind, werden die bethciligten Grundstücks besitzer darauf hingcwiesen, daß die Anlegung von Ausgängen nach der durch die Rietzschkenübcrwölbuna gewonnenen Fläche sowie das unbefugte Betreten und die unberechtigte Benutzung dieser Fläche, da dieselbe weder im Privateigenthum steht, noch öffentliche Straße oder Platz ist, ohne unsere Genehmigung nicht statthaft ist und deshalb hiermit verboten wird. Gleichzeitig werden diejenigen angrenzenden Grundstücks bescher, welche unberechtigter Weise Ausgänge aus ihren Grundstücken nach der überwölbten Rietzschke hergestelll baben, aufaefordert, die angelegten AuSgänge ohne weiteren Verzug zu beseitigen. Leipzig, den 10. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Ib. 5601. vr. Georgi. Lindner. Verordnung, den Verkauf und Transport von Roth-, Dam und Rehwild betr. Die Königliche Kreishauptmannschaft verordnet nach Gehör des Kreisausschnfies Folgendes: 8. 1. Wer Roth-. Dam- und Rehwild, in ganzen Stücken oder zerlegt, befördert, in Orte einiührt, verkauft, in Läden, aus Märkten oder sonst auf irgend eine Art zum Verkauf ausstcllt oder feilbictet, hat aus polizeiliches Erfordern den rechtmäßigen Erwerb des Wildes »achzuweisen. Wer Wild der bezeichneten Art durch die Post oder Eisenbahn versendet, hat den Nachweis auch den Post, und Eisenbahnbeamtcn gegenüber zu führen. Ebenso ist jeder Königliche Forstbeamte in seinem Berwaltungs. oder Schutzbczirke und jeder vereidigte Jagdschutzbeamte in dem Be zirke, für welchen er angestcllt ist, berechtigt, sich davon »u über zeugen, ob die Bestimmungen dieser Verordnung befolgt sind. 8- 2. Der in 8 1 vorgeschriebene Nachweis wird erbracht durch einen Wildschrt», welchen der Inhaber der Jagd, auf welcher das Wild erlegt worden ist, oder dessen berechtigter Vertreter (Jagdverwalter, Jagdaufseher u. s. w.) unter Angabe dieser Eigenschaft, und zwar für jedes Stück einzeln, auszuslcllen hat. Der Wildschein muß von den betreffenden Stadträthen, rrsp. den Gemeindevorständen oder Gutsvorstebern, beziehentlich deren Stellvertretern beglaubigt und untersiegelt sein. Dieser Beglaubigung bedarf es nicht, falls der Aussteller zur Führung eines Dienstsiegels berechtigt ist und er dieses Siegel dem Scheine ausdrückt. Bei zerlegtem Wilde genügt eine amtlich beglaubigte Abschrift des für das ganze Wild ausgestellten Wildscheines. 8. ». Jeder Wildschein muß nach dem unten stehenden Formular deutlich mit Tinte ausgefüllt und unterschrieben sein und enthalten 1) den Namen des betreffenden Verwaltungsbezirkes, (Amtshauptmannschaft ; Stadtraty ), L) den Namen de- Gemeinde- oder GutSbezirkS, in welchem der Jagdbezirk gelegen ist, 3) den Namen des Jagdbezirks, 4) die Wildgattung, b) das Geschlecht, 6- den Tag der Erlegung, 7) den Tag der Ausstellung, 8> den Beglaubigung-Vermerk <H. 2), 9) die Giltiakeitsdauer (8. b), 10) den etwaigen Verlängerungsvermerk (8. 5). Der Tag und Monat der Erlegung darf nicht in Ziffer» ein- "gen, sondern muß vollständig ausgeschrieben werden. ildscheine, welche den vorstehenden, sowie den in 8- 2 an gegebenen Ansorderungen nicht entsprechen, sind ungiltig. Wtldschein: Verwaltungsbezirk: — Gemeinde- (Guts-) Bezirk: . .. 'agdbezirk: liildgaltung: Geschlecht: Erlegt am: Jagdbcrechtigter: am lk. X. Zur Beglaubi^ung^des Aussteller-: in 1 GiltigkcitSdauer bi- zum: Verlängert am ... bis zum 18 durch 8. 4. Der Wildschein ist auf festem Papier oder auf Pappe auszu- ertigen und muß an dem zugehörigen Stücke befestigt sein. 8- b. Die Giltigkeitsdauer einer WildscheineS beträgt 10 Tage, von der Ausstellung ab gerechnet. Diese Frist kann auf Antrag des Inhabers von der Lrtspolizet- behörde desjenigen Ortes, an welchem das Wild bei Ablauf der- elben sich befindet, jedoch auf nicht mehr als im Ganzen 4 Wochen, verlängert werden. 8- 6. Für Wild, swelches au» Jagdbezirken eingebracht ist, dir nicht zum Geltungsbereiche dieser Verordnung gehören, genügt ein Be- rcchtigund-ausweis, welcher nach den dort bestehenden Vorschriften ausgefertlgt ist. 8. 7. Ein Wildscheia oder sonstiger Berechtigung-auswei- der vor erwähnten Art ist nicht erforderlich: a. wenn bei Beförderung von Wild, welche- aus Grund eigner Jagdberechtigung erlegt ist, der Iagdberechtigte selbst oder sein berechtigter Vertreter zugegen ist und sich auf Erfordern als solcher äusweist, d. für Wild, welches der Iagdberechtigte oder sein oben gedachter Vertreter auf der Jagd oder bet der Rückkehr von derselben bei sich führt oder durch Beauftragte von der Schußstelle nach seinem Wohnort bringen läßt, o. für Wild, welche- von der zuständigen Behörde beschlagnahmt worden ist, ä. sür Wild, welche- nachweislich au- solchen Bezirken eio- gebracht ist, in welchen Berechtiannq-auSweise der hier in Frage befangenen Art nicht vorgeschrieben sind, a. für Theile zerlegten Wilde-, welche innerhalb derselben Ort. schüft von der Verkaufs- oder Aufbewahrungsstelle nach der Wohnung des Käufers oder einem sonstigen Bestimmungsorte befördert werde», k. für Theile zerlegten Wildes, welche bereit- zum Genuss« zubcreitet sind. 8- 8. Ten Iagdberechtigte», sowie den sonstigen in 8- 2 bezeichneten Personen ist es untersagt, Wildscheine, die noch nicht vollständig ausgefüllt sind, an nicht iagdberechtigte Personen au-zuhändigen. 8- 9. Mit Ausnahme der ersten 14 Tage ist «S verboten, während der gesetzlichen Schonzeit u. des weiblichen Roth- und Damwildes: unzerlegtes männliches oder weibliches Roth- und Damwild, d. de- weiblichen Rehwildes: unzerlegtes männliche- oder weib liches Rehwild, bei welchem das Geschlecht nicht mehr mit Sicherheit er kennbar ist, zu befördern, zu versenden, zu verkaufen, zum Verkauf herumzutragcn, in Läden, auf Märkten oder sonst auf irgend eine Art zum Verkauf auszustellcn oder seilzubieteu, oder den Verkauf desselben zu vermitteln. 8- lv. Tie Vorschriften des §. 9 finden keine Anwendung aus das Seiten der zuständigen Behörde beschlagnahmte Wild. 8- 11- Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Verordnung unterliegen, soweit nicht nach gesetzlichen Bestimmungen aus eine höhere Strafe erkannt werden must, einer Geldstrafe von 3 bis 60 >l, an deren Stelle im Unvcrmögcnssalle entsprechende Hast strafe tritt. Gleicher Strafe verfällt, wer bei der Beförderung, Versendung oder beim Verkauf von Wild einen Wildschein benutzt, der nicht für das betreffend« Stück ausgefcrtigt ist. 8- 12. Die Verordnung, welche von den Amtshauptniannschaften und den Stadträthen der Städte mit der revidirten Städteordnuna durch Abdruck in ihren Amtsblättern zur allgemeinen Kenntniß zu bringen ist, tritt mit dem 1. November 1890 in Kraft. Leipzig, am 1. October 1890. Königliche KrciShauptmannschast. II. 2306. v. Ehrenstein. Schulze Vorstehende Bestimmungen bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntniß mit dem Bemerken, daß unsere Organe zu strenger Ueberwachung angewiesen sind. Leipzig, am 1l. October 1890. Der Rath «nd das Polizeiamt der Stadt Leipzig vr. Georgi. Bretschneider. Leistner. Lkkanntmachuilg. In unserem Procurenregister ist die unter Nr. 16 für den Kauf- mann Adalbert Asziuann zu Jenen eingetragene Procura der Firma E. Aszmann zu Targa« und Jessen iNr. 35 des Gesell- schaftsregisters, zufolge Vcrsügun^vom heu.igen Tage gelöscht worden. Torgau, den 13. October 189 Königliche- Amtsgericht. Der Congreß in Hallt. Der allgemeine Eindruck, welchen die Verhandlungen in Halle hervorgebracht baben, läßt sich durch die beiden Worte Langeweile und Enttäuschung bezeichnen. Nur mit Mühe läßt sich aus den Verhandlungen etwas hcrauSsinden, was wie der Keim einer neuen EntwickelungSphase auSsiebt und was die Socialdemokraten ihrem Ziele, der Aufrichtung einer neuen Staats- und Gesellschaftsordnung näher bringen könnte. Alles bewegt sich in den alten auSgcsahrenen Gleisen, wenn der Congreß nicht tagte, wäre cS auch nicht anders Wir wissen bereits, daß die Socialdemokraten auf die Ge winnung der Landbevölkerung bedacht sind und daß sic sich zu diesem Zweck der wicdercrlangten Preßfreiheit bedienen wollen Ebenso bekannt ist, daß sie die socialpoli ische Gesetz gebung bekämpfen, weil sie von dem bestehenden Staate keine Wohlthaten annehmcn wollen. Daß die Socialdemokraten auf das CcalitionSrccht großen Werth legen, wissen wir ebenfalls, neu ist nur, daß sic die Bestrafung der Arbeit geber anstrcben, welche gegen socialdemokratische Arbeiter Vorgehen durch Ausschluß von der Arbeit. Dieser Wille wird ihnen nicht viel helfe». Endlich soll die Religion auch ferner als Privatsache angesehen werden, weil Angriffe gegen die Religion diese nur stärken. lS Ergebniß dreitägiger Verhandlungen ist daS gewiß sehr bescheiden, und darum brauchte nicht so viel Rcclame für den Congreß gemacht zu werden. Geheimnisse sind durch die Redner nicht verrathen, Bebel hat nur bestimmt erklärt, daß eine allgemeine geheime Organisation der Socialdcmo- kratie in Deutschland nie bestanden habe, eine derartige Or ganisation habe stets nur einen localen Charakter gehabt, wie auch die zahlreichen Gcheimbundprocesse bewiesen Kälten. Daß die Opposition nur in sehr beschränktem Maße zu Worte kommen würde, war vorauSruschen, die Bewegung ist noch zu neu und unfertig, als daß sie bereits in die bestehenden Ver hältnisse Bresche legen konnte, daS bleibt einer späteren Zeit Vorbehalten, in welcher Bebel und Liebknecht nicht mehr als die Wortführer der Partei walten werden. Alles, was die Redner gegen die Opposition vorgebrackt haben, läßt den Kern unberührt, und dieser besteht darin, daß viele Socialdemokraten eS müde sind, sich der Herr schaft einer kleinen Zahl von Genossen widerspruchslos zu unterwerfen, und daß sie das Streben haben, selbstthätig an der 'erneren Entwickelung der Partei mitzuarbeitcn. Der Wider- pruch gegen die parlamentarische Taktik gilt nickt der Sache, sondern den Personen. Die socialdcmokratischen Abgeordneten deS Reichstages haben durch ihre Mitgliedschaft an der deutschen Volksvertretung ein moralisches Uebergewicht über ihre Parteigenossen und auS ihrer parlamentarischen Tbätig- kcit ergiebl sich von selbst eine Steigerung ihres persönlichen Einflusses. Dieser Einfluß ist eS, welchen die Opposition brechen will, und deshalb erklärt sic sich gegen die Theil- nahme der Parteigenossen an den Gesetzgebungs-Arbeiten im Reichstage. Liebknecht meint, daß die Socialdemokraten sich zur gesammten Volksmenge wie l zu 4 verhalten und daß die fehlenden 80 Procenl mit Hilfe deS Allgemeinen Stimm- recktS gewonnen werden müssen. Das ist dir Meinung der Führer, die Opposition ist aber der Ansicht, daß diese Wirkung auch außerhalb deS Parlaments und sicherer gewonnen werden könne. Es stellt sich mehr und mehr heraus, daß sich aus dem Congreß in Halle ein großer Mißerfolg der socialdemokratischen Sacke entwickeln wird, den» die Erwartungen der Partei genossen waren viel zu hoch gespannt, als daß sie sich mit leeren Redensarten und mit Vertröstungen auf die Zukunst abspeisen lassen könnten. WaS wollen denn die Social dcmokratcn eigentlich? Sie wollen den Besitzenden Ge setze verschreiben, sic wollen das Grundeigenthum und daS Erbrecht abschaffen, sic wollen, daß alle Maschinen und daS gcsammte ArbcitSmaterial Staatseigentum werden, sie wollen die Religion und die Familie abschasfen, sie wollen Rechtsprechung durch daS Volk und die Erziehung der Heranwachsenden Generation durch deu Staat. Dazu Volkswehr u. s. w. Von allen diesen Forderungen ist in den Congreß Verhandlungen auch nicht ein Wort gesprochen worden, die Socialdemokraten sind so „klug" und so „politisch ge schult", daß sie sich damit begnügen, eine systematische vor bereitende Tbätigkeit zu entfalten, welche die Grundlage sür die darauf folgende Socialisiruna der Gesellschaft bilden soll. Es fehlt aber das Mittelglied, die Erklärung sür das Näthsel, wie sich die socialistische Neuordnung der Dinge aus der Initiative einer socialdemokratischeii Mehrheit im Staate aufbauen soll. Die Aufklärung darüber werden auch alle weiteren Congrcssc der socialdemokratischen Partei schuldig bleiben ciufach auS dem Grunde, weil von dem, WaS die Partei überhaupt erreichen kann, keine Brücke zum so cialistischen Staate führt. Die Socialdemokraten können viel Verwirrung und Aufregung verursachen, die Ruhe, die öffentliche Ordnung und den innern Frieden stören, aber Neues schaffen können sie nicht, und eS zeugt von einer grenzenlosen Selbstüberschätzung, wenn sich einzelne von ihnen vermessen, den socialistischen Staat aufzurichten. In Halle ist jetzt der ganze Heerbann der Socialdemo traten versammelt, die Summe von Intelligenz, über welche sie verfügen, ist dort vertreten. Dort führen die Bebel und Liebknecht, die Auer und Grillenberger das große Wort, und wer anderer Meinung ist, wird einfach nictergeschrien. Wenn die Sache der Sociatteinokratie eine Zukunft hätte, dann niüßten sich in einer so kritischen Zeit, wie die gegenwärtige, wo sie frei von jedem Ausnahmegesetze ihr Wesen treiben müßten Leute auf und diese Wissen Ist eS kein ncbel dem die Social der Entwickelungs dürfen, ganz andere Kräfte regen, es treten, welche wissen, WaS sie wollen, schaft auch Anderen vermitteln können. hastcS Gebilde der Einbildungskraft, dcmokratcn nachstreben, dann muß sich gang, welcher den Führern vcrschwebt, auch in Worte fassen lassen. DaS ist bisher nicht geschehen, es ist auch nicht der schüchternste Versuch gemacht worden, die in Halle ver sammelten Socialdemokraten über das ansznklären, WaS die Zukunft bringen soll und wird. Die Führer der Social demokraten werden sich doch nicht niit Spiritisten und Taschen spiclern aus eine Stufe stellen wollen, die eS lediglich aus die Täuschung ibrcS PnblicumS abgcscben baben, man erwartet von ihnen vielmehr gemeinverständliche Aufschlüsse über ihre Zwecke und über die Art und Weise, wie sie erreicht werden sollen und können. Es kann doch unmöglich der Zweck einer so lange dauern den, alle Kreise der Gesellschaft aufregenden Agitation sein daö Proletariat zu sammeln und in ei» Labyrinth zu locken auS dem kein rettender Ariadnefaden binauSsiihrt. Die einzige Andeutung über ein fernliegcndcS Ziel, welche in den Verhandlungen in Halle geschehen ist, rührt von Singer her Er sagte: ES brauche Wohl nicht gesagt zu werden, daß auch der beste Arbeiterschutz nicht im Stande sei, die Ziele der Socialdemokratie zu verwirklichen, da diese gegen das Herr schende System kämpfe. DaS ist aber auch Alles. Mit diesem Brosamen, der nur die Spannung vergrößert, aber keine Antwort enthält, müssen sich die Zuhörer »nd die Leser begnügen. Die Herren wissen offenbar selbst nicht, wie sie die brennende von allen Seiten aufgeworfene Frage beantworten sollen. TeSbalb hüllen sie sich aus dem Congreß in Halle in Schweigen, und dcSnalb werten wir auch durch die socialdemokratischc Presse die Antwort niemals erhalten. Leipzig, 17. October. . Der Bunde-rath hielt gestern Nachmittag eine Plenarsitzung ab. Als Vorlagen waren augekltndigt der Entwurf einer Verordnung über die Eonsulargericht-barkeit in Samoa und die Verordnung von Vorschriften über die Einziehung der von den Rhedern für die Invalidität-- und Altersversicherung der Seeleute zu entrichtenden Beiträge. Mündliche AnSschußberichte sollten erstattet werden über die Wicdereinrichtung eines Nebenzollamts zweiter Classe zu Lützel und über Eingaben von Studirenden der Zahnheil- kunde über Ausführung der Prüfungsordnung sür Zahnärzte. * Der Kaiser wird nach amtlicher Nachricht am 23. d. M, Nachmittags, in Blankenburg eintrrffen. Ein Empfang findet nicht statt. — Der König von Sachsen kommt Anfang der nächsten Woche auf Einladung de- Kaiser- nach Berlin, um an den kaiserlichen Jagden theilzuoehmen, und, aus besonderen Wunsch deS Kaiser-, sich an der Feier des 90. Geburtstages des GFM. Grafen Moltke zu bethciligen. Wie bereit- mehrfach mitaetheilt worden, wird sich der BundeSrath und auch der Reichstag mit der Einver leibung der Insel Helgoland in da- Deutsche Reich und die staatliche Zugehörigkeit der Insel zu beschäftigen haben. Man sicht bei diesem Anlaß in parlamentarischen Kreisen eingehenden Debatten auch über andere Dinge entgegen, die mit dem deutsch-englischen Vertrage Zusammenhängen. * Der preußische Justiz minister hat die allgemeine Verfügung vom 12. October 1882 in Erinnerung gebracht, welche die Nothwendigkeit betonte, alljährlich bei Neu bildung der Kammern der Landgerichte aiff einen wiederholten Austausch der Mitglieder zwischen Straf rechtspflege und CivilrechtSpflege Bedacht zu nehmen. AuS einer gewissen Ueberschätzung der letzteren ging der Miß brauch hervor, die strafricktcrliche Thätigkeit gleichsam für eine Beschäftigung zweiter Ordnung zu halten, während die selbe doch nur die weniger angenehme, aber verantwortungs vollere und wegen ihrer Folgen wichtigere von beiden ,st. Ter Iustizminister spricht sich neuerdings dahin au«, daß die früheren Mängel bei Besetzung der Strafkammern, wenn auch gemindert, so doch noch nicht ganz gehoben seien, und verlangt ausdrücklich auch zum Bortheil allscitiger Fort bildung und Regsamkeit der Richter ihre wechselnde Zu- theitung an verschiedenen Kammern. * Die „Nationalzeitung" bestätigt, daß zum Ober präsidenten der Provinz Sachsen der bisherige Regierungspräsident von Trier, v. Pommmer-Esche, bestimmt ist. Nach Absolvirung des Vorbereitungsdienstes wurde er Landrath des Kreises MörS, den er 1867 bi- 1870 auch im preußischen Abgeordnetenhaus,: vertrat, wo er zur sreiconservative» Partei gehörte. Nach dem Kriege wurde er Vortragender Rath im RcichSkauzleramt, bis er 1879 zum UnterstaalSsecrctair der Abtheiluna für Inneres, Cultus uud Unterricht im Ministerium zu Straßburg ernannt wurde. Später wurde er Regierungspräsident in Stralsund und zuletzt 1888 in Trier. Herr von Pommer-Esche, dessen Vater Lbcrpräsident der Rheinprovinz war, gehört einer jener freigcsiiiilten preußischen Bcamtenfamilie an, welche lange Zeit der preußischen Verwaltung deren eigcnthümlichen Charakter aufpräaten. * Nach der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" ist die Eriieiinilng deS Geh. Ober-RegierungsrathS im Staats- ministerium Herrn v. Tepper-Laski zum Regierungs präsidenten in Wiesbaden an Stelle des verstorbenen Herrn v. Wurmb bereits erfolgt. Der in diese Stellung übergctretene neue Regierungspräsident ist im Jahre 1844 zu Ratibor als Soh» deS Geh. IustizrathS und AppellationS- gerichlS-Scnatspräsidenteii geboren »nd bat seine wissenschaft liche Ausbildung an den Universitäten Heidelberg, BreSlau und Berlin empfangen. 1866 als AuScultator in seiner Vater stadt angestcllt, wurde er 1868 als RegierungSreferendar nach Oppeln versetzt. 1873 wurde er Regierungsassessor in Königs- Im Jahre 1875 wurde er zum Landrath des Kreises Schlochau ernannt, aus welcher Stellung er sieben Iaore später als Geheimer RegierungSratb und Vortragender Rath i»S Staatsministerium berufen wurde. Im Jahre 1886 er folgte seine Ernennung zum Geh. Ober-Regierungsrath. Von t880 bis 1882 war er Mitglied des Abgeordnetenhauses, von 1882 bis 1884 Mitglied des Reichstags. Er gehörte als solches der freiconservativen resp. der Neichspartei an. Seil 1886 war Herr v. Tepper-LaSki auch Mitglied der AnsiedelunaS- commission als Commissar des Ministerpräsidenten. Äm Jahre darauf wurde er auch rum Curator deS „Reichs- und Staats-Anzeigers" ernannt. Seit 188? ist Herr v. Tevper- LaSki mit der ältesten Tocktcr deS MajoratSberrn Freiherr» Speck v. Sternburg auf Lützschena bei Leipzig verbeirathet. * Vom neuen Oberbürgermeister für Frankfurt schreibt die „Frankfurter Zeitung": Unser zukünftiger Oberbürgermeister, wie wir Herrn F. Adickes wohl heule nennen dürfen, ist am IS. Februar 1816 zu Harsefeld bei Stade geboren, steht also gegenwärtig im 44. Lebensjahre. Er ist der Sohn des noch lebenden Anitsacrichts- raihs Adickes zu Lesum bei Breme». Seine wissenschaftliche Aus- bildung erlangte er 1850—64 auf dem Lhceum zu Hannover, aus den Universitäten Heidelberg 1864/65, München 1865 und Göttingen 1865/67. Im Sommer 1867 machte er sein Referendar- Examen zu Celle, diente 1869/70 als Einjähriger und machte den Feldzug von 1870/71 zuerst als Unterofficier, später als Lieutenant beim 3. Garderegiment F. mit. Bald nach dem Kriege, im Jahre 1873, machte er sein Assessor-Examen und wurde noch im nämliche» Jahre zum Beigeordneten (zweiten Bürgermeister) in Dortmund gewählt. Dort wurde er in die praktische Verwaltung durch den Oberbürgermeister Becker, dem jetzigen Oberbürgermeister von Köln, eingcführt und batte namentlich bas Armenwesen dieses rasch sich entwickelnden Gemeinwesens neuzugestalten. Im Herbst 1877 wurde er zum zweiten Bürgermeister von Altona berusen und nach dem Rücktritt von Thaden'S tm Herbst 1883 zum Oberbürgermeister gewählt. Dies« Wahl ersolal« nach der Attonaer Gemeindeverfassung direct durch die Bürgerschatt aus Grund eine- ausgedehnten Mihl- rechls. In Altona, wo Adickes nunmehr seit 13 Jahren antttrt, hat er aus allen Gebieten des GemeindewesenS bedeutende Umgestaltungen herbcigesührt. Eine seiner namhastesten Schöpfungen ist die Bildung eines großen CtadterweiterungSsondS, der umfangreichen Grnndbefiv für die Stadt erwarb und einen ganz neuen rationellen Bebauung?- plan mit schönen Promenaden und Plätzen, besonderem Fobrikbezirk, Zoll-Hasenanlagen, Villenviertel u. s. w. herstrllte. Diese Anlage» und Einrichtungen wurden durch den Zollanschlvß Altona- und dessen Anforderungen beeinflußt und gefördert. Anch ist r- ihm gelungen, sür di« Umgestaltungen günstige Bedingungen von der
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