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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189008216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900821
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900821
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-08
- Tag1890-08-21
- Monat1890-08
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1890
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. tirt«ktion und Lrprditioa Johannesgaffe 8. -Prrchkvndrn -rr Nrdartion: Lonniltag« 10—1L Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. sti tt» v!,aulcriri, m-ar sich d» Rr»«ct,ea m»l »erbaillich. »aaadme der für dir uächstfslgenvk K»««cr üeftlmmlen Inserate an Sschentagrn di« S Uhr Nachmittags, «akauu- und Acstlagcusrüd dro' -V Uhr. Zn -r» Filialru für Ius.-Ännaßme: ttt« Llemm« Eartim. «Affretz Hahn). Universitätriiraße I, Laut» Liischc» ffatharinenstr. 14 pari. und Künigspiatz 7, nur bi« ' ,3 Uhr. 'chmcr TaaMM Anzeiger. Organ für Politik. Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. AbonnemerrtSprei- vierteljährlich 4>/, Mk. kicl. Bringerlohn 6 Mk., durch di« Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer SO PH Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» tin Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesörderung 60 Mt. «tt Postbesörderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unf. Preisverzeichniß. Tabellarischer». Ziffernsatz nach HSHerm Tarif. Ueclamrn nnter dem RedactionSstrich die 4gelpakt. Zeile SOPi.,vor denFa milien Nachrichten die Kgespaltene Zeile 40 P'. Inierate find siet« an die Expedition zn senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prsennmernmio oder durch Post« Nachnahme. Z? 233. Donnerstag den 21. August 1890. 8t. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanlltmachuilg. TaS 8. Ttück des diesjährigen Gesetz- und Der ordouu<zSblatteS für das Königreich, TnePsen ist bei unS eingegangen und wird bis zu«n 8. September d. 2s. auf dem Rathhauösaale zur Einsichtnahme öffentlich ausbänaen. Taffelbe enthält: Nr. 4 t. Verordnung, die Enteignung von Grundcigcn- eigenthum für Erweiterung der Eisenbabn- stationsanlagcn in Erlan betr., vom 5. Juli >890. Nr. 45. Bekanntmachung, die Eröffnung dcS Betriebes auf den normalspurigen Secundaireiscndahncn Freiberg Halsbrückc und Bertbei-dorf-Großhart- mannStorf mit Zweiglinie Brand-Langenau betr., vom 12. Juli 1800. Nr. 46. Verordnung zur weiteren Ausführung des Ge setzes vom 20. Mai 1867, das Beffigniß zur Aufnahme von Protokollen und zu Beglaubigungen bei Justiz- und Verwaltungsbehörden betr., vom 14. Juli 1890. Nr. 47. Verordnung, die Enteignung von Grundeigcn- thum für Erweiterung der BahnhofSanlagcn in Riesa betr., vom 22. Juli 1890. Nr. 48. Verordnung, die Abhaltung von Sühneversuchen mit Studirenden der königlich sächsischen tech nischen Hochschule betr., vom 28. Juli 1890. Nr. 4S. Verordnung, die Enteignung von Grundrigen- tbum für Erweiterung der Haltestelle Bornitz betr., vom 31. Juli 1890. Nr. SO. Verordnung, einige Abänderungen der BeitragS- classification der der freiwilligen Abtheilung der LandeS-BrandversicherungS-Anstalt angehörenden Bctriebsobjecte betr., vom 8. August 1890. Leipzig, den IS. August 1890. Der Stath der Stadt Leipzig. Or Georgi. Wagner. Gesucht wird der am 25. October 1848 zu Güldengossa geborene Maurer Johann Heinrich Jahn, welcher zur Fürsorge für sein in Wagenpflege befindliches Lind anzuhalten ist. Leipzig, am 15. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) X. u. IVi», 1326. Hentschel. Rch. Leklllliltmllchmig. Sonnabend, den 30. August a. o., von Vormittags 10 Uhr an sollen im Geschäftszimmer deS Proviant-Amtes Leipzig —Pleißen- barg, Thurmhaus 2. Stock — 1 Partie RoaacnNcie und tlehrmehl öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlmig der steigert werden. Leipzig, am 18. August 1890. «4ü,»1^I1vt»e» I»ror1»i»t Die Feste in llarwa. Die Blicke der Völker sind gegenwärtig nach Rußland ge richtet, wo Kaiser Wilbclm an der Seite Kaiser Alexander s die Manöver der russischen Armee beobachtet und Gelegenheit hat, sich eine richtige Vorstellung von der Leistungsfähigkeit der russischen Truppen zu bilden. Daö Wetter ist den Hebungen nicht günstig; die Truppen, welche meist unter Zelten lagern, waren durch starke Regengüsse völlig durchnäßt und konnten nicht einmal in der Nac^t die ersehnte Ruhe finden, weil da- Wasser in ihren Zelten stand. Um solche Anstrengungen und Widerwärtigkeiten ohne Schaden für die Gesundheit ertragen zu können, dazu gehört ein durch und durch gesunder und kräftiger Körper, und in dieser Beziehung übertrifft der russische Soldat vielleicht alle anderen Soldaten. Er bleibt unter allen Umständen geduldig und guten MuthS TaS ist ein großer Vorzug, dem aber auch Mängel gegen- übersteben. Ter russische Soldat folgt blindlings dem Ccmmando, er weicht nicht, sondern fällt auf dem Platze, der ikm von seinen Vorgesetzten angewiesen ist, aber eS fehlt ibm an Selbstständigkeit in der Stunde der Gcfabr, ohne Eommando ist er ein Spiclball der jeweiligen Umstände, er webrt sich bis zum letzten Augenblick, aber er läßt die Vor teile unbenutzt, welche seine Rettung ermöglichen würden. Mit solchen Soldaten läßt sich viel erreichen, aber meist nur unter Aufopferung großer Massen. Ter russisch-türkische Krieg deS JabrcS 1877 ist dafür der jüngste Beweis. Die Kämpfe am Schipkapaß »nd bei Plcwna haben russische Truppen in ungeheurer Zahl vernichtet, aber der Sieg wurde schließlich errungen, weil immer neue frische Truppen zur Verfügung standen, die dem Gegner fehlten. Eö ist die Macht der Zabl, welche bei den Russen den Ausschlag aiebt, und von dieser Macht wird in der neuesten Zeit ein noch weit stärkerer Gebrauch gemacht als früher. Kaiser Wilhelm ist mit Leib und Seele Soldat, ibm ent gebt so leicht nichts, was dazu dienen kann, ein richtige- llribeil über den Werth von Truppen zu gewinnen. Die Frucht seiner ersten Reise nach Rußland war die Einführung der Lanzen als Eavallcricwaffc, weil er bemerkt hatte, welches lledcrgewicht die gewandte Handhabung dieser Waffe der Reiterei verschafft. Es ist nicht zu bezweifeln, daß Kaiser Wilhelm auch bei seinem gegenwärtigen Besuch in Rußland manche Wahrnehmung gemacht bat, welche der Vervoll kommnung der deutschen Truppen zn Gute kommen wird, kommt cS doch darauf an, der Zabl der russischen Truppen ein Gegengewicht in anderer Gestalt herzustellcn. TaS persönliche Bcrbältniß zwischen de» beiden mächtigen Herrschern kann kaum besser sein, als cS ist, eS geschiebt von beiden Seiten Alles, was dem andern Tbeil angenehm sein kann. Kaiser Wilbclm bat bei der Aittvescnbeit Kaiser Alexanders in Berlin bemerkt. daß dieser besondere- Wohl gefallen an einem dem Kaiser Wilbelm gehörigen Jagdwagen gefunden hat, in Folge dessen hat er dem Kaiser Alexander einen solchen zum Geschenk gemacht. Als Ehcf eine- russische» Regiment-, de- Regiments Wiborz, konnte Kaiser Wilbclm kein geeigneteres Mittel wählen, um sich die Zuneigung seine- Regiments zu erwerben, als dadurch, daß er eS russisch com- mantirtc. Auch bei Ausbringung des Hoch- auf seinen kaiser lichen Gastgeber und dessen Haus bediente sich Kaiser Wil helm der russische» Sprache, und bei dem Patronatsfeste des Preobrascheiiöki'schcn Regiment- küßte er da- ihm vom Bischof dargercichle Kreuz. AlS dann Kaiser Wilhelm den beiden ihm vorgcstcllten Veteranen de- Regiment- die Hand drückte und mit seinem kaiserlichen Vetter durch das Lager ging, aus da- Wohl de- RcgimciitS ein GlaS Wutki leerend, da war Kaiser Wilbclm vollständig im russischen Wesen ausgegangcn und bat gewiß dadurch eine starke und nachhaltige Wirkung erzeugt. Der Hauptzweck Kaiser Wilhelm'- bei allen persönlichen Begegnungen mit anderen Souvcraincn ist die Vermehrung der FriedenSbürgschaften, und was in dieser Beziehung durch persönliche Einwirkung geschehen kann, da- weiß unser Kaiser mit einer Geschicklichkeit beranSzufintc», wie sic höchst selten angctroffcn wird. TaS Vertrauen und die Zuneigung ccheS so schwer zugänglichen Fürsten zn erringen, wie des Kaisers Alexander, ist gewiß eine schwierige Aus gabe, aber sie ist Kaiser Wilhelm in der überraschendsten Weise gelungen. Es ist kaum möglich, die Aufnabme, welche teni denlschcn Kaiser i» Narwa geworden ist, »och herzlicher zu machen, als geschehen ist. Auch die Gestattung deö loländcbcuö deutscher Sänger in Narwa ist unter die bc sonderen Ausincrksamscilcn de- kaiserlichen WirtbcS zn rechnen und die Acußcrung dcS Beifalls über den Vortrag deö Schuberl'schcn (nicht Zöllncr'sche») LicdcS: „Das Wandern ist de- Müllers Lust." Die ganze Veranstaltung trug den Eharakter der Herzlichkeit, und da- Streben leuchtet daraus hervor, dem kaiserliche» Gaste den Aufenthalt in Rußland so angenehm als nur irgend möglich zu machen. Hoffentlich verfliegt der Eindruck nicht ebenso schnell, wie er sich geltend machte. Von Politik scheint bis zum 18. August zwischen den beide» Kaisern nicht die Rede gewesen zu sein, wenn auch der Kaiser Alexander dem Reichskanzler von Caprivi durch wiederbolt längere Gespräche auSzeichnete. Ein günstige- Zusammentreffen war cS. daß die Patro natSfeier de- PreobraschenSki'schen Regiments mit dem Ge burtStage deS Kaiser- von Oesterreich auf denselben Tag siel, cS machte sich dadurch ganz von selbst, daß die Person dcS Kaisers Franz Josef mit in den Kreis des Festes hinein gezogen wurde. Dem frühstück bei Gelegenbcik der Regi- mentSfcier wohnte auch der österreichische Botschafter mit seinem Personal bei, und Kaiser Alexander fühlte sich be zogen, dem Hoch auf seinen kaiserlichen Gast sogleich ein solche- auf den Kaiser von Oesterreich folgen zu lassen. Ob diese Vereinigung da- Ergebniß einer augenblicklichen Ein gebung oder wobl überlegt war, muß dahin gestellt bleiben, ictenfallS war die Wirkung die, daß man daraus auf eine sebr freundliche Gesinnung Kaiser Alexander'- für Kaiser Fra»; Joses schließe» kann. Tie Zeiten dcS DreikaiserbiindnisseS sind längst vorüber, aber bei dem Frühstück am 18. August in Narwa wurde die Erinnerung daran aufgefrischt. Gerade dieser Kall lehrt, daß die persönlichen Beziehungen der Herrscher sich mit den politische» Zielen der Mächte keineswegs decken. Durch da- Hoch, welches Kaiser Alexander in Gegenwart Kaiser Wilhelm s auf Kaiser Franz Josef anögcbrachl bat, ist die bulgarische Frage in keiner Weise berührt, und die Beziebnngcn Rußlands zu Frankreich werden durch die Her; lichtest dcS dem deutschen Kaiser in Narwa bereiteten Em psangcS ebenso wenig verändert. Alle-, was mit einigem Reckt behauptet werden kann, ist, daß die Schroffheit der politischen Tbatsacken durch de» herzlichen Verkehr derSouvc- raine mit einander einigermaßen gemildert wird. Wenn der französische Minister deS Auswärtigen, Ribot, in Arras die allgemeine Lage als friedlich bezeichnet hat, so wollte und konnte er damit nur sagen, daß gegenwärtig nichts vorliegt, was den Frieden gefährden könnte. Tic Spannung der Lage dauert aber trotz der Worte Ribot'S und dcS Besuche- Kaiser Wilhelm - bei Kaiser Alexander fort. Die bestehende Lage ist auch nicht durch Personen geschaffen worden, sondern sie ist daö Ergebniß einer historischen Entwickelung, deren Verlauf auch durch die glänzendsten Siege und durch die aufrichtigste Friedensliebe nickt an- seiner Bahn binauSgcdrängt werden kann. Sv mächtig ist kein Souverain, daß er einer in seinem Volke vorhandenen starken Strömung auf die Dauer mit Erfolg Widerstand leisten könnte. Auch die Mächtigsten der Erde hängen von der öffentlichen Meinung ab, sie glauben wobl zuweilen, daß ihr Wille allein maßgebend sei, und dennoch >st das nur bedingt und unter Vorbehalt der Fall. * * Leipzig, 21. August. * Wenn a»ö Anlaß der Ankündigung des „Reichs und StaatSanzcigerS" bezüglich der dem preußischen Landtage zu machenden Vorlagen die Meinung vertreten wird, daß auS diesem Grunde der Landtag im Herbst und zwar mög lichst früh z» berufen sei, so entspricht dies, wie ofsiciöS vcr lautet, den thatsächlichen Verhältnissen nickt. Es besteht zur Zeit wciiiastcnö nicht die Absicht, den Landtag z» einer früheren Zeit als bisher zusammeistretcn zu lassen, und werden insbesondere auch die Etat-Vorarbeiten nnter dem GesichtSpuncte der Einberufung dcS Landtags im Januar di-ponirl. Gerade der Umfaug und Stand der dem Land tage vorzulcgcndcn Gesetze-vorschläge, welche vorerst in Form von Grundzugen be^w. wie die Steuerreform in Form einer Denkschrift beim Staat-Ministerium vorliegen, weisen an einen späteren Termin für die Eröffnung dcS Landtag- bin wen» ander- die Absicht, die großen Rcformgesctzc dem Land tage alsbald bei seinem Zusammentritt vorzulege», ausrccht erhalten werden soll. * An den preußischen Minister für Handel und Gc werbe hatte im April der Bund deutscher Schneider in« ungen eine Eingabe gerichtet, welche sich gegen die OsficierS- und Bcamtcn-Consninvereine wandte und bat, daß dieselben ihre Thätigkcit cinstellten, und sofern dieses nickt angchc, wenigsten- jede Unterstützung, Förderung unk Empfehlung derselben vermieden werde. Auf diese Eingabe bat der Vorstand deö Buntes deutscher Scbneidrrinnungcn unter dein 2 d. Mi», folgenden Minifterialbescheid erhalten: „Die von dem Vorstand an den Herrn Minister für Handel und Gewerbe gerichtete Eingabe vom 19 April d I. ist mit anderen ähnlichen Eingaben in einer Sitzung de- Staat-ministerium» zur Velvreckning gelangt. Auf Grund vieler Besprechung wird den, Vor stand erwidert, daß in Preußen zur Zeit bereit» Consnmvereine welche offene Läden dalten, zur Gewerbesteuer herangezogen werden und daß die Absicht besteht, dieser Uebung bei der bevorstehenden Reform der Gewerbesteuer eine gesetzliche Unterlage zu geben. Neuere Schritte allgemeiner Art erscheinen den llousiimvercinen gegenüber — zur Zeit wenigstens — nicht thunlich. Ten in der Eingabe vom 19. April speciell erwähnten Vereinen — nämlich dem „Deutschen Ofsicierverein" und „Waarendan- iür deutsche Beamte" ist seitens de» Staat-Ministeriums keine Unterstützung oder Förderung zu Tbeil geworden. Es liegt keine Veranlassung vor, die Haltung zu ändern, und das Staalsminislerium wird sich in Zukunft vollkommen neutral verhalten." * Aus Bad Kissingcn, den 18. August, wird den „Hamburger Nachrichten" gemeldet: Ter gestern Abend von Bewohnern Kissingens »nd seiner Um gebung, von Vereinen, Korporationen und Kurgästen dem Fürste» Bismarck gebrachte Fackel zug ist, begünstigt von eine», pracht vollen Augustabend, aus» Glänzendste verlausen. Bei Einbruch voller Tiinkelkeit, gegen 8' § Ubr, entwickelte sich der etwa 2t>00 Fackeln zählende, von 2 MusikcorpS begleitete Festzug an der Waldlis» re am liier der Saale entlang nach der obere» Saline, was von dort aus betrachtet einen unbeschreiblich schönen malerischen An blick bot. Kaum war die Spitze des Zuges an dem Portal äuge- lanat, als auch schon der Fürst unterteil Huldigenden erschien. Noch Absiiignng von verschiedene», die Wicderausrichlung des Tculsche» Reiche» seierndcn Mannerchören hielt der Bürgermeister Kissingens, Fuch», eine warmeinpsundene hübsche Ansprache an de» Fürsten, worin er Len Ehrenbürger »nd Gast Kissingen» feierte und ein Hoch aus ihn ansbrachte. Ehe noch der Fürst ein Wort zu erwidern vermochte, er- i'chaltte a»S der nach Tausenden zählende» Zuschauer,nenge von einem Engländer ein Hurrah aus de» Fürsten: „Ornat Uisimrrolc, isi>- iigian inner ot' bi»tvr>, Inp, Kip, Ilnrnrll!" Der Fürst dankte für die dargcbrachte Huldigung. Er knüpfte an die nationale» Gefühle a», die in Lied und Wort ihren Ausdruck gesunden. Dieselben entsprängen den groben Ereignissen unter Kaiser Wilhelm I., a» dcncn mitzuwirken er da» Glück gehabt habe. Er freue sich, da« diese Gefühle im ganzen deutschen Volke beständen. Die Huldigung ergreife ihn um so mehr, als er nicht mehr in amtliche» Beziehuiigen zur Regierung de» Landes stehe. Er sähe zu seiner Freude, da« auch hier die alle Liebe nicht roste. Er hege für Kissingcn hcimathliche Gefühle, er komme schon seit 16 Jahren, wenn er nicht irre, diesmal zum 12. Mal hierher. Er werde durch Gefühle deS Dankes und der Sympathie mit Kissingen verbunden, dem er so viel Gute- zu verdanken bab«. Er hoffe, dast er auch bei fernerer Wiederkehr gleiche Gefühle antresfe. Der Fürst schloß als Ehrenbürger Kissingens mit einem Hoch auf die Stadt. Unbeschreiblicher Jubel begleitete die Worte und folgte ihnen. Abermalige Hochrufe auS Tansendeii von Kehlen erfolgten, die Musik mußte „die Wacht am Rhein" spielen, alles sang mit. Es war ein ergreifender Moment. AI«- dann machten sich die nicht mehr einzudämmend« patriotische Be geisterung der Menge und ihre Gefühle für den Begründer des Reiches in zahllosen Hoch- aus ihn und seine Familienmitglieder Lust. Gras Herbert dankte mehrfach. Ter Fürst bat den Bürger meister FuchS, die Magiskratsväthe und Gemeinderäihe der Stadt, in den Saal hinaufzukommen und erschien mit diesen Herren später am offenen Fenster, andauernd stürmisch be grüßt. Die freudige Erregung Aller dauerte noch lange an, als alle» vorüber war. Es herrscht nur eine Stimme, daß Kissingen gestern eine Kundgebung erlebt bat, wie dieselbe schöner und er- areiskiider hier noch nicht slaltsaiid. Auch der Fürst äußerte mehr fach seine Freude und Ergriffenheit über die in ihrer Sponlanität und Intensität so überwalliaeiide Ovation Das Wetter hier ist andauernd prachtvoll. Die fernere Anwesenheit des Fürsten hicr- sclbst wird noch etwa 14 Tage dauern. * Die in Butzbach zur Zweiten hessischen Kammer vollzogene Wahl dcS Antisemiten Köhler soll, wie verlautet, angesochten werden, da einer der für die Wahl Köbler'S ein- getrclencn Wablmänner die hessische Staatsangehörigkeit nicht besitzt. Ist da- zutreffend, so muß die Wabl für ungiltig erklärt werden, da sic bei Stimmengleichheit durch da- Loo» entschieden wurde * Ter Hamburger AuSstand wird als beendet erklärt. Der Kampf gegen da- Unternehmcrthum siebt so ziemlich auf dem alten Fleck Nach wie vor verlangen viele Arbeitgeber von de» Arbeitsuchenden die unterschriftliche Verpflichtung, keinem Fackvcrcin beizutreten. Und noch sind 800-1000 Arbeiter auSgrsperrt. Die socialdemokratische Presse sinket sich mit dieser Thalsache ab, so schlecht eS eben gehl; sie findet eS ganz in der Ordnung, daß jetzt die Hamburger Gewerkschaften allein fllr die AuSgespcrrten und Arbeitslosen weiter sorgen solle». TaS allgemeine Ziel ist nämlich ein andereSgkworden: DicNiederwersung der „unsicheren Elemente", da- will sagen, der selbstständigen Arbeiter, die den Muth batten, ibr Berbältniß zum Unternebmcr nach eigenem besten Ermeffcn, nicht nach der übertriebenen Vorschrift der Streik Befehlshaber zu bestimmen. * Zu der BischofS-Confercnz in Fulda, an welcher nur die preußischen Bischöfe theilnehmcn, sind bereits cin- gctrosfcn die Bischöfe von Limbnrg und Ermland, beute werden erwartet der Erzbischof von Köln, der Fürstbischof von Brc-la», die Bischöfe von Culm, Hilde-Keim, Osnabrück, Münster, der katholische Feldpropst Bischof Aßmann auS Berlin, der Erzbischof von Freiburg »nd der Bischof von Mainz, der Vertreter de- Bischofs von Paderborn; an- Gnescn kommt Capitular Vicar Kran- und auS Posen der Wcikbischof Likow-ki. Bischof Korum von Trier ist zur Zeit noch in Straßburg. Bor Eröffnung der Conferenr findet in der BonifaciuS Gruft eine Andacht statt. Den Vorsitz bei den Beratbungen wird der Erzbischof von Köln führen. Die Berathungen werde», wie gewöhnlich, geheim gehalten. * » » * Die Kaiserin von Oesterreich trat gestern ihre große, schon seit längerer Zeit vorbereitete Reise von Ischl auS an, um sich zunächst nach Holland, dem Au-gangsp»nct der Seereise, zn begebe». In Vlissingen harrt derselben die Pacht deS dänischen Gesandten Baron Falbe, welche die hohe Fra» an die schottische Küste bringen wird, wo ein kurzer Aufentbalt geplant ist. Tie Kaiserin ist von den Mitgliedern ihre- nächsten Hofstaate-, nämlich dem Obcrstbosmcister Baron Nopcsa, ihrem Sccretair, dem Hofrathe Fcjfalik, »nd der Gräfin FesteticS begleitet. Wäbrcnd der ganzen Reise, für welche drei Monate in Aussicht genommen sind, wird die Kaiserin da- strengste Inkognito bewahren Was die einzelnen Zielpunkte der Fahrt betrifft, so ist die Wabl derselben, wie auö Wien berichtet wird, noch späteren seitens der hoben Reisenden zu treffenden Dispositionen Vorbehalte» Vorläufig ist nur bekannt, daß ein Anlaufen der Küsten Frankreichs, Spanien- und Afrika- beabsichtigt ist * Laut Mittbcilnng dcS österreichischen Militair Verordnungsblattes bat der Kaiser die Ausstellung eine- 42. Eavaueric Regiment- angeorknet, wclckcS am I Januar l89l als Dragoner Regiment Nr 15 errichtet werten wird * AuS Pest wird der „Magdcburgiscbcn Zeitung" tele graphisch berichtet: „Seiten- de» Fürste» Bismarck langte hier gestern Abend die directe Nachricht ein, der Fürst habe den ungarischen Journalisten Abranyi nicht empfangen. Ich habe von diesem Interview keine Notiz genommen, weil mir dasselbe bei der Kenntniß der hie- iacn Personen, und Preßverhättnisse von vornherein unglaubhaft erschien." Die auf eine direkte telegraphische Anfrage der Redaction des „Budapesti Hjrtap" an den Fürsten BiSmarck von diesem ab- gesandte Aniwortdepeiche hat folgenden Wortlaut: Telegramm erhalten. Herr Abranyi ist mir unbekannt, mir niemals gemeldet, also von mir auch niemals empfangen worden. Fürst Bismarck. * Tie Petersburger „Nowoje Wremja" bespricht die Ankunst Kaiser Wilbelm'- in Rußland und bebt in erster Linie bcrvor, daß der Kaiser den ganzen Sommer hindurch keine Gelegenheit babc vorübergeben lasten, die Friedlichkeit seiner Absichten zn betone». Man dürfe denn auch annebme», daß die vielen Auslandsreisen de- Kaiser- wirklich nur den Zweck gehabt hätten, den europäischen Frieden zn sichern TaS Blatt fährt dann fort: Die russischen Rcgierungskreise können nur durch freundschaft lichen Empsang und herzliche Begrüßung deS Gastes der Freude darüber Ausdruck geben, daß das Programm der internationalen Politik Kaiser Wilhetm's II in vollstem Einklänge sich bc- findet mit den Plänen und Absichten der russischen Regie rung, die unlängst noch in dem Allerhöchsten Reseript an den Gencrai - Adjutanten Wannowski so klar bekundet wnrden. Hiermit läßt sich die Aniangsperivde des bevorstehenden Ereignisses ganz genau kennzeichnen. Kaiser Wilhelm II. wird bei uns als ein tbenrer und erwüiffchter Gast ausgenommen werde». LLaS aber das Resultat seiner Besuchsreise nach Rußland betrifft, so wird es natür lich ganz und gar abhangen vo» dem „Gedankenaustausch" bezüg lich verschiedener Frage» der internationalen Politik, ohne den die Zusammenkunft wobt nicht vorübcrgchen wird, da sich ja im Gefolge de» deutschen Kaiser» der Reichskanzler mit mehreren diplomatischen Beamten befindet. Offenbar stehen Unterredungen bezüglich der besten und zweckensprechendsten Mittel bevor, »in den Frieden Europa« auf lange hinaus zu sichern, und dabei wird es natürlich, wenn auch nicht ohne den einen oder anderen formellen Vorschlag, so doch wenigstens nicht ohne Darlegung der Anschauungen der Berliner Regierung bezüglich de» Gegensiande» der begonnenen Unterhandlungen abgehen. Aus diesem Gebiete ist alle», was seitens Rußland- erklärt werden kann, von vornherein schon gut bekannt. Zn der auswärtigen Politik unserer Regierung hat sich seit der Zeit kein Wechsel vollzogen, wo sie sich aus den Standpunkt her ActionS- ffeibeit Rußlands und ruhigen Verhaltens gegenüber allen politischen Ereignissen auf der Balkan-Halbiniet und speciell in Bulgarien stellte. Eine Verletzung de» europäischen Friedens unsererseits zu erwarten, ist ganz unmöglich. Ta- weiß man ja auch längst schon in Berlin ganz gut. Folglich können di» Berathungen betreffs einer Festigung de» europäischen Friedens nur in dem Falle mehr als einfache, zniecklose Unterredungen sein, wenn seitens der deutschen Regierung die Absicht kund gegeben werden sollte, wirklich vorhandene, nicht blo- eingebildete Hindernisse der FriedenSerhalliing auS dem Wege zn räumen <d. h. Deutschland soll, was zum mindesten die ruffffch, Presse seit Jahren schon immer wieder svrderi, den Prinzen Ferdinand aus dem Wege räumen, also den Hausknecht Rußlands spielen. — Red.) Bei uns besteht kein Be- dürfniß, derartige Kundgebungen zu vernehmen, aber sollten sic er folgen, so werden sie natürlich mit großer Freude enlgegrngenommcn werde» und auf dir volle Bereitwilligkeit stoßen, innerhalb dcS Rahmens des russischen politischen Programm- die guten Absichten des deutschen Kaisers zu verwirklichen. Welches auch der Ausgang der bevorstehenden Enirevue sein mag, so wird sie doch den eine» Vortheil bieten, daß sie der gegenwärtigen unbestimmten politischen Lage ein Ende macht. Man >n»ß aufrichtiq wünsche», daß Kaiser Wilhelm II befriedigt von den Resultate» seiner Reise au-Rußland nach Deutschland zurückkehren möge, doch wenn sich etwas Gegen- lhriligeS ereignet, so fällt die Verantwortung natürlich nicht aus die russische Regierung, die durch die für ganz Europa augenichcinlicheii Resuitate ihrer weisen und tief „nationalen" internationalen Politik vollkommen zusriedengestcllt wird." * Der Gagarin-Dampfer „Bulgarin" landete am Montag mit 20 000 Berdan-Gewchren und Munition in Belgrad, welche Rußland Serbien schenkte In Semcndria und läng- des bulgarischen DonauuferS wurde der russische Dampfer von einem bulgarischen Wachschiffe begleitet, um ein eventuelle- Landen zu verhindern. * Die Einladung, welche der Bischof von Lüttich zu dem am 7. September t. I. zu Lüttich beginnenden inter nationalen katholischen Social-Cvngrcß erlassen hat, bat folgenden Wortlaut: „Lüttich, 12. August 1890. Mein Herr! Ein dritter inter nationaler katholischer Congreß socialer Werke wird in Lüttich unter imsercm Vorsitz am 7., 8., 9. und 10. September d. I. abgehaltcn werden. Wir haben die Ehre, Sie einzutadcn, an den Arbeiten desselben Theil zu nehmen. Die Aciualilät und die Wichtigkeit der aus sei» Programin gesetzten Fragen, die Zahl, da» Talent »nd die hohe Compeicnz der belgischen und ausländischen Notabililüte», welche »ns ihre Thcilnahiiie zugesagt haben, ver sprechen, daß diele Tagung den beiden vorangegangenen, weder was das Interesse noch was das Resultat anaeht, irgend »achstchen wird. In einem Briese, welchen Sk Eminenz der Cardinal Manning vor einigen Tagen an uns zu schreiben geruht hat, versicherte dieser ausgezeichnete Kirchenfiirst in liebenswürdiger Weile, wen» seine 82 Jahre ihm die Reise nicht unmöglich machte», würde er freudig zu nnjerem Kongresse hcrbeiellen, und fügte dann bei: „Die Arbcitsfrage ist offenbar gestellt, sie wird niemals in Ver- gcffenheit gerathen können: ihre Lüning ist unvermeidlich geworden; die göttliche Vorsehung selbst zeigt es uns und der einzige univer- ielle Einsiuß, welcher hier leiten kan», ist der der Theilnahnie und der Klugheit der katholischen Kirche". Diese Beurtheilung unserer socialen Lage, der Pflichten, welche sic uns auserlegt, der Rolle, welche dabei unausbleiblich der katholischen Kirche zuiällt, isl von einer packen den Wahrheit: kein Wort auch wäre iin Stande, besser den dringenden Aufruf zu rechtfertigen, welche» ich mir erlaube, an Ihren Eifer für die Jnlcrciscn der Gesellschaft und der Religion zu richten. Dieser Aufruf ist übrigen» nur ein schwache» und bescheidenes Echo der Lehren de» weisen und vorausschenden Papstes, der die Mission erhallen, die Kirche in de» kritischen Zeiten, welche wir durchleben, »» regiere». Se. Heiligkeit der Papst Leo Xlll. sagt uns durch seine Worte, durch seine Schrille», durch leine Beispiele, durch seine Ausmunteriingen, welche er allen Unternehmungen angedeihc» laßt, die »ine heilsame Leitung der Arbeiterbewegung unserer Epoche be- »wecken, wie bedeutsam und dringend es ist, daß Alle über die weiaten Frage» aufgeklärt werde», und eine bürgerliche und religioie Pflicht darin erblicken, zu bctieii, damit die besten Lösungen hierfür gesucht, verbreitet und angewendel werden. Genehmigen Sie, mein Herr, den Ausdruck ineiner besondere» Hochachtung. f Victor Joses, Bischof von Lüttich." * AuS London, 18. August, wird der „Kölnische» Zeitung" gemeldet: Ganz merkwürdige Ausschlüsse erhalten wir heute über die ArbeiterverbSltnisse in Anstralicn Ter SlaatssocialismuS Hai dort wobt die weiteste Au»dildi»ig erlangt, insofern der Staat einerseits die Eisenbahnen, viele Werste und Straßenbahnen besitzt und andererseits die Arbeiter sich mit allen Kräften in den Staats dienst drängen, ohne deshalb ihre Gewerkvercine zu verlassen. Tie Folge davon ist, daß sie durch den Truck, den sie auszuiiben wissen, im Staatsdienste ihre eigenen Herren bleiben »nd ihr Schicksal selbst bestimmen: daß sie also in einem bestimmte» Puncte de» Staat selbst vorstellen. Ter Zudrang zu den StaatssteUen ist so groß.
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