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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189008301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900830
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-08
- Tag1890-08-30
- Monat1890-08
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1890
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SSI» * All Still» dt« verstorbenen bayeeischrn Abgeordneten l I>r. Rittler ist der früher« Reich-tagSabgeordnetr Univcr- siiälSprosessor I)r. v. Hrrtliug als Kandidat für den Land- tagSwablkreiS Traunstein ausgestellt, Frhr. v. Hertling wurde im vergangenen Winter öfter- mit Unterhandlungen in den damalige» Wirren beauftragt, da er als Anhänger der ge mäßigten Dichtung und eine- vernünftigen Ausgleich- bekannt war/ Hertling hat sich zur Annahme de- Mandat- bereit erklärt. Da seine Wahl sicher ist, fehlt eS der nächsten .Kammermehrbeit nicht an einem namhaften Vertreter der gemäßigten Rechten. Es ist die» ein neue- Anzeichen dafür, daß im nächsten bayerischen Landtage der ruhigere Lbcil die Oberhand behalten wird und die Vorgänge des letzten Winter- diesmal keine Wiederholung finden. » * » * Die Landtag-Wahlen der obrrösterreichischen Landgemeinden sind in allen zwölf Bezirken klerikal ausgefallen. Dabei ist zwar nicht» verloren worden, denn auch die bisherigen 1!» Vertreter waren Klerikale, aber man bat dem neuen Kampfbischof von Taasfe'S Gnaden in Linz den Sieg doch gar r» leicht gemacht. Die Liberalen ermannten sich erst am 2t. August zu einem Parteitag in Linz, der, leider zu spät, einen schönen Wahlaufruf zusammenbraute, die gemäßigte Richtung der Geistlichkeit aber, die man als „Bcncdictinerpartci" bezeichnen mag, erwies sich als zu feig, »in ihren jesuitischen Hemden durch Unterstützung bäuer licher Selbstständigkeitsregungen Hindernisse zu bereiten. Rur in Schärding trat der gemäßigte Pfarrer l>>. Riebl- baucr den jcftiilischen Candidaten entgegen und unterlag denselben mit 21 gegen 4« Stimmen. Bei der Wahl der tc ni.d Handelskammern am 27. d. M. hofften die Dentschlideral'n ihre bisherigen l? Sitze zu behaupten. Der oberösterreichiiche Landtag zählte bis jetzt unter 50 Mit gliedern llll Klerikale, 19 aus den Landgemeinden, 9 aus den Städten EnnS, Ischl und Vöcklabruck, eine Birilstimme de- Bischofs und lO auS dem Großgrundbesitz. Der Großgrund besitz ift durch Baron Pin» künstlich klenkalisirt worden und kann durch eine neue Regierung für die Deutschliberaleo rurülkgewonnen werden. Früher ist für dies« an eine Mehr heit im Landtage nicht zu denken. — In Kärnten wählten die Städte überall wie bisher deulschsortschritt- l.ch. Zwei ihrer Mandate fielen der deutschnationalrn Ver einigung Steniiveiider'S zu. Professor Sleinmender selber wurde mit l ll von 142 Stimnien, also fast einstimmig ge wählt, während in Böikermarkt der gemäßigte Liberale 1>r. Luggm, dessen Wahl im Großgrundbesitz gesichert ist, dem Tcutsh.i.ilionalen Plawey Platz machte. * Das russische Kaiserpaar wird, wie dir „Inde- pcndance beige" sich aus Kopenhagen melden läßt, dieser Tage aus Schloß Freden-borg erwartet, wo e« mit dem König Georg von Griechenland znsammenlrisft. Die übrigen Mitglieder der russischen Kalsersamitie werden Anfangs September nach Täneniark kommen, woselbst Kaiser Alcrander hinfort alljährlich im Herbste Aufenthalt zu nehmen beab sichtige. Der russische Monarch liebt die ländliche Stille des Frcdc'nSborgcr Schlosses, während die Kaiserin den höchsten Werth ans das Zusammensein mit ihren töniglichcn Eltern legt, deren Hobes Alter ihnen die Reisen a» den russischen Hof zu sehr erschwert. Der Aufenthalt des russischen Kaiser- paareS in Dänemark dürfte etwa vier Wochen dauern. ' Ein neues und solides Glied ist der Kette der englisch, italienischen Freundschast-bezichnngen vor Kurzem oingcsügl worden durch die Eröffnung einer subvenNo- nirlen Dampferverbindung zwischen London und R eap el. Das EinwcibnngSdincr fand unter Vorsitz Signor Crispi's und in Gegenwart mehrerer am italienischen Hofe beglaubigte» auswärtigen Vertreter statt. Es wurden enthu siastisch begrüßte Toaste a»s den König von Italien, die Königin von England und auf die italienisch'britische Damps- scliisslahrlSgescUschaft auSgedracht. CriSpi betonte in seiner Ansprache den langjährigen Bestand der englisch-italienischen Allianz, welche zwei Staaten verbinde, die ihrer geographischen Lage und der Neigung ihrer Bevölkerung nach in erster Linie ans die See und aus Behauptung einer beherrschenden mari- tiiiie» Machtstellung angewiesen seien. Er versprach dem neuen Unternehmen die ausgiebigste Unterstützung seitens der italienischen Regierung und gab ihn« die besten Glückwünsche mit aus den Weg. Tie öffentliche Meinung Italiens spricht sich cinmütbig zu Gunsten der neuen Linie auS, welche eine empsi»tlicbe Luke in den überseeischen Verbindungen des Landes aussülle und ein weiteres Mittel znm engen Aneinander- schließen der beiden ersten Seemächte Europas bilde» werde. * lieber die Corruption deS fraiizösischen'Wahl systems führt der bekannte Statistiker Leroy-Bcaulicu lebhafte Klage. EA bringt schlagendes BcwciSmatcrial dafür bei, daß die Wählerlisten von den radikalen Wahlmachern ini Vorhinein so angelegt werden, uin den ihnen gciiebme» Ean- ditalen den Sieg zu sichern; wenn trotzdem ein gegnerischer Eanridat a»S der Urne hcrvorgcht, so Hilst man sich sehr einfach durch Fälschung der Ziffern. Kurz, nach Herrn Lcroy- Beattlicu sind die Wahlen in der radicalen französischen Republik ebenso corrupt als in der nordameritanischen, und sebr viele sog. Volksvertreter radicalcr Observanz vertreten in Wabrbcil nur eine Eliguc von Volksverrätbern. Für Kenner der republikanischen Zustände sagt Herr Lcron Bcanlieu allerdings nichts RcncS, desrcmdlicb erscheinen möchte es böe.'i.eiis, wie ein Mann von solcher Erfahrung noch darüber in Verwunderung gerathcn kann. Gehört cS doch zur noto rischen Prari-> alter vorgeschrittenen Richtungen, da, wo sic ein mal die Mekrbeit, gleichviel durch welche Mittel, erlangt l abe», sie auch iiiit allen Mitteln aufrecht zu erhalten und g'gnerifchc Bestrebungen in brutalster Weise zu terrorisiren. Wer das nicht in Ordnung zu finde» wagt, der „stiegt hinaus". In England taucht wiederholt die Nackricht aus, der Erste Schatzlord und Führer der Regiernngsparlei in, Unlcr- l.-nie, William Henry Smith, werde aus GesundbeitS- riiksiU'len a»S dein Hanse der Gcmciiien scheide» und nnier irgcudcilicin PccrStilcl in das HauS der LvrdS eintrelen. Für die Uchcrnabme seiner Stellung werden drei Minister al Eandidale» genannt; Goschen, Balfour »nd HickS-Beach; dom soll der letztere die meisten AuSsichlen haben. Der Rc- a eruug scheint die Wahl schwer zu fallen, da sic keinen dieser rren durch die Bevorzugung des einen oder deS andere» versiunmcn inöckle; sic rechnet daraus, das; Smilh, wen» cS seine GefiindheitSvcrbältNisse irgendwie gestatten, noch für die nächste Session im Unterhaus auSbarrt. — Tic „Times" areifl die von Sir Evelyn Lariug geleitete Verwaltung EguptcnS anfS Schärfste an. Den Anlaß dazu bietet ihr die Fnrckt vor dem Ausdruck der Ebolcra. Baring bäte dcc GesiindhcitSvcrhällii'.sie Egyptens, die Fürsorge für Rcinli.b- keii. für Spitäler, für reinliches Trinkwasscr in Kairo voll ständig vernachlässigt: er bade immer mir Ucberschiksse im Budget ;» erzielen gesucht, diesem Zwecke jede nützliche, solide n»d dauernde Reform geopfert. Man kann cS sich denken, das; diese Kritik des Eily-BlatkeS von den französische:! Blatter» begierig aiisgcgrissc» und verwcrtbcl wird. Die provisorische Regierung der Vereinigten Staaten von Brasilien bat, der „Politischen Eorrcfpoutcnz" zufolge, t esil losten, auS allen europäischen Staaten, welche die neue ublilanischc Staatsordnung Brasiliens bisher ncch nickt aiierlannt baden, ihre Gesandten aHzuber»scn »nt deren Posten tu» ans Weiteres durch bloße (^rsckästSlrägcr versehen ,n lasten Während in Amerika die neue StaatS- foriu von allen Staaten anerkannt wurde, geschah dicS in Europa bekanntlich nur von Seilen Frankreichs, so daß diesem Beschlüsse zufolge nur in Paris ein brasilianischer Gesandter verbleiben würde Durch den Rücktritt deS FinauzninnsterS Ruiz de Barl oia, welcher die Seele de» EabinetS war,,hat dieses einen sehr empfindlichen Schlag erlitten, nm so »nebr, als dieser junge, begabte Politiker nun zweifelsohne an dir Spitze der Gegner de« Präsidenten gonsee, und feine« An- banges treten wird. Barboza wurde zu seinem Rücktritt durch L«r steigende Belastung de- AuSgabenbudgct- bestimmt, welche durch eine fast allgemein durckgeführte 50proc. Erhöhung der OssicierS- und Beamtengehalter und de- Solde« der Land- und Seetruppen verursacht wird, Maßregeln, durch welche Marschall Fonseca, ohne Rücksicht auf die daran- dem Lande erwachsende schwere Schädigung, sich eine kräftige Stütze für die Fortdauer seiner Dictatur zu sichern sucht. Auch anderweitige Mittel werken angewandt, um aus die Wählerschaft bei den im nächsten Monate stattsindendcn Wahlen den größten Truck zu Gunsten der provisorischen Regierung au-zuübeu. Die Kammern sollen im November zusammcntrcten und sich dann sofort zu einer Constituante vereinigen. Gegenüber den großen Anstrengungen der pro visorischen Machthaber, die Eiinst der Bevölkerung für sich zu gewinnen, ist eine ziemlich ansehnliche Oppositionspartei in Bildung begriffen. Die finanzielle Mlßwirtbschaft der jetzigen Regierung und die unauSwcichlicht Nothwendigkcit einer Steuercrhöhung führt der Opposition immer mehr An hänger zu. Zur Lage. ** Berlin, 28. August. Wenn man den verschiedenen anscheinend ofsiciösen Mitthcillingen trauen darf, wird die Steuerreform, mit welcher der neue preußische Finanr- minister vor den Landtag treten wird, eine sehr umfassende sein und sich jedenfalls nicht auf die Reform der Einkommen steuer beschränken. Während für diese die Declarationspflicht, die keineswegs dasselbe bedeutet, wie Selbsteinschätzung, cin- gcführt werden soll, wird auch eine Umgestaltung der aller dings auch recht reformbedürftigen Gewerbesteuer »»gesagt, wodurch besonders da- Kleingewerbe nach Möglichkeit ent lastet werden soll, ferner ist, um da» fundirte Einkommen in entsprechender Weise treffen und zu den Staatslasten heran riehen zu können, eine Abänderung und Erhöhung der Erb schaftssteuer in Aussicht genommen, die Grund- und Grbaude- steuer soll den durch die vorbereitete Landgemcindeordnung erst nock zu schassenden Commune» überwiesen werden, dafür dürste dann die b<er Uueus, nach welcher der bekanntlich aus Preußen fallende Anthcil der Zölle auf lantwirtbschastliche Erzeugnisse nach Abzug von 15 Millionen, welche an die Slaat-casse fallen, an die Kreise und Gemeinden überwiesen wird, endlich in Wegfall kommen, kurz, die Fülle der auf steuerpolitischem Gebiete sich darbictcndcn Aufgaben ist so groß, die dabei zur Erwägung kommenden Fragen so mannigfaltig und vielumstritte», daß fast zu besorgen ist, eine Tagung werde nicht auSrcichcn, um alle diese Aufgaben zu bewältigen, alle diese Fragen gründlich zu lösen. Dem gegen über heißt eS, daß der NeicbSiag mit steucrpolitischcn Gesetz entwürfen in seiner bevorstehenden Tagung verschont bleiben solle. Allerdings wird neben dem Etat die Durchberathung der Novelle zur Gewerbeordnung, abgesehen von den mancherlei Initiativanträgen, die ja gewiß nickt auSbleiben werden, dem Reichstage ausreichenden BeralbnngSstoss tarbictcn, abgesehen aber davon erscheint auch auS dem Grunde die Ein bringung größerer steuerpolitischerBorlagen nicht wabrscheintich, weil die preußische Finanzrcsorm erst die Grundlage zu bilden bat für ein reformatorilchcS Vorgeben auf finanzpolitischem Gebiete auch im Reiche. So sehr Herr Miguel eS gewiß als die erste Aufgabe und daS hauptsächlichste Ziel seiner Finanz« knnst betrachte» wird, die ärmeren Classcn zu entlasten und in einer Verminderung ihrer dirccten Steuerlast ihnen einen Ersatz zu bieten für die vom Reiche auferleglcn indirectcn Steuern, die gerade die große Masse der ärmeren Be völkerung treffen, so läßt sich doch mit Sicherheit er warten — und wir meinen, daß nach seinen früheren Erklärungen auch dahin daS Streben deS neuen Finanz- ministcrS gerichtet ist —, daß die preußische Steuerreform auch eine nicht unerhebliche Vermehrung der Staatseinnahmen zur Folge habe» wird. Erst dadurch wird die Möglichkeit zu einer Steuerreform im Reiche gegeben; erhöhen sich die preußischen Staatseinnahmen, so wirb eine Verminderung der tlcberweisungcii ans dem Reiche weniger einpsindlicher scheine»; diese Verminderung kann und wird eintrctcn einmal in Folge der Vermehrung der Ausgaben des Reichs, namentlich wird Niemand zu glauben wage», daß wir schon am Ende der Anforderungen für »lililairische »nd VerlhcidigungSzwccke stehen, zum andern durch eine Herabsetzung der RcichSein- »ahmen. In dieser Beziehung wird man sich kaum der Täuschung bingcbcn können, daß die hoben Zölle auf die nothwendigc» LchenSmitlcl, aus die agrarische» Productc, ans tue Dauer aufrecht erhalten werden löiincn. Wenn auch die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, daß ein mäßiger Getreide- und Viehzoll auch für die Ecnsnincnlcn nicht all;» lästig wirkt, so ist doch nickt daran zu denken, daß au de» gegenwärtigen Zollsätzen noch lange fcstgcbalke» werten kann. Zudem hat aber auch schon Herr von Bcniiigscn daraus bin- gcwicsen, dasi der im Jahre 1892 bevorstehende Ab lauf der Handelsverträge nnS dazu »öthigc» wird, ans die Frage einer Tarizreforiii znrügzulouimcn. Schwer lich dürfte dieselbe zu einer Erhöhung der ReichScin- nahmen führen: zum Mindesten scheint heute der Höhcpunct der Schutzzollpcriotr überschritten zu sein, und wenn die märkischen HandclSgärtncr jetzt wieder mit der mehrfach schon znrUckgcwiescue» Forderung kommen, aus die Erzeugnisse der Gärtnerei einen Schutzzoll zu legen, so glauben wir, mißverstehen sie einigermaßen die Zeichen der Zeit, die den schntzzölliierischcn Bestrebungen naincnlüch in ihren exorbitanten Formen keineswegs mehr überinäßig günstig scheint. Eine Erhöhung der Reick-einnahmen steht allerdings auch durch die Reform der Zuckeisteiicr zu erwarten; denn die Aushebung der Exportprämie erscheint doch heilte nur nock eine Frage der Zeit, wenn auch daS internationale Abkommen zur Be seitigung derselben a» England gescheitert ist. Ob freilich die Erhöhung der Einnakmcn durch die Znckerstcncrrcsorm die anderweitigen zu erwartenden Ausfälle decke» und auch zur Befriedigung neuer Bedürfnisse des Reiche» auSreichcn wird, darüber kann natürlich beule noch kein llrthcil abgegeben werden. Vom 6>itl)olilrcntlige. ' Daß aus dem Katholikentage in Cob lenz die soclale Frage einen breiten Raum eingenommen hat, enlsprichl ebenso lehr den Traditionen Lieier Versainmlnnge», wie es von Alle» obne Unterschied der Confessio», welche den Erlist der Zeit begriffen haben, mit Freude begrüßt wcroen wird. Denn darüber besieht kein Zweisel, daß u»sere ganze Enltur vor einer Äalastrophe von onabsehrdcirer Tragweite nnr behülct werden kann, wenn Alle, welche ernstlich eine solche Katastrophe vermieden zu sehen wünschen, zu gemeinsamer Arbeit zlisaninienstehen. Je unumwundener wir also die Bemüdiingen auch der diesjährigen vle.ieralverjanimlung der dcntichrn Kaiboliken aus socialem Geistere anerkennen, um so entschiedener müsi'en wir doch aus eine Ein seitigkeit in der Behandlung der Sache ausinerksam machen, welche un» eine» teiideiioösen Beigeschmackes nicht ganz zu entbehren scheint. Aach den Uerunlen, welche sich in Blättern der Ecntrums- vcrlki finden, kann man sich de» Eindruck» nicht erwehren, als ob die geistige Leilung der Coblenzer Versammlung de» Guien clwa» gar z» viel gellion Hütte, um gerade die kalhvlisch» Bevölkerung bczw. dle EeuIruinSvarlei al« eine besonder» zuverlülsige Stütz, einer Socialvvlitik darzustellen, welche man mit geflissentlichem Nachdruck at» „kaiserliche" bezeichnet». Man hat mit nicht mißzuverftedender Teilliichkei! einen großen Tbeil de» deutschen Arbeitgeber!!»»»», säst mochle man jagen: die »ichlultramcmlane Medrbeit defielben wie Rebellen gegen die berechtigten Absichten der Krone behandelt und damit den! gegenwarlig von der Socialdemckratie mit Elser verfolgten Bestreben, ecnen feindlichen Gegeittatz »wlichen dem Kaller »nd der „Bourgeoisie" zu eonürniren, B--r!chub gelrikl-i Der varteilnktische Zweck eine» derartigen Vorgehen > laßt sich ;a leicht begreifen, aber von der Leite, gegen welche e» oer.chtel ist, wird der Protest nicht au», bleiben. Es aiebl keine Richtung im deutschen Arlceuaederthum, welche der meuichenlrenndllchcn Abgcht, wie sie ln de» kaiserlichen Erlasse» vom 4. gedruar enthalten ist, widerstrebt«. Meinung-. Verschiedenheiten besteh«, mir über da« Lemp, be» Vorgehen» »nd über die Zweckmäßigkeit einzelner Bestimmungen der »nr Zeit dem !>teich«tage vorsiegendeu Gewerbeordaung-uovelle. Diese Meinung«. Verschiedenheiten nach bestem Wissen und Gewissen geltend zu mache», ist Pflicht de- uuabhüngige» Manne« und thnt der Loyalität keine» Abbruch. Diejenigen aber, welch« an« diesen Differenzen Capital für ihre besondere, Parteizweck« z» schlagen suchen, handeln un. patriotisch, denn sie schädige» da- so uoeothehUich« Zusammen, wirken aller Parteien Herr Windthorfi hat auf der Coblenzer Kotho'.ikenversammlvng beiläufig auch den dem Reichstag vorliegende», voa den liberalen Parteien ausaehrnde» Antrag aus Etnsuhnmg einer constttn- tionellen Verfassnag and Volksvertretung in >edem deutschen Bundesstaat berührt und sich ablehnend darüber au»ge- sprachen, weil die Angelegenheit nicht zur Competenz de« Reich« gehöre. Der Antrag ist bisher im Reichstag nicht zur Verhandlung gekommen. Wenn da« gesaimntr Cenirum sich ablehnend verhält, wird der Antrag schwerlich eine Mehrheit finden, wie e- in den siebziger Jahren wiederholt der Fall war. Schade» kann eS ober aus leinen Fall, wenn die meckienbiiraische» VerfafliingSzuständ« wieder einmal einer öfsrnlliche» Brleuchtuag tm Sieich-Iag unter zogen werden. * Loblenz, 28. August. In der hentige» letzten öffentliche» Versammlung sprach Pfarrer Wacker (Zllbringen) über die Bedeutung der Kalholikenversammlungen. Wiudlhorst, welcher da» friedliche Nebcneinanderlcben aller Eonfessionen betonte, hob in seiner Red« noch hervor, die Bedeutung der diesjährigen Versammlung liege in der Behandlung der socialen Frage und ln der Theilnahine von Vertretern aller Stände. Er empfahl schließlich die Unterstützung der Missionen und verlangte die Wlederzulassung der Orden, die christliche Schule und eine größere Autorität de« Papstes. Zum nächstjährigen Versammlungsort wurde Danzig, eventuell eine Stadt in Bayern bestimmt. Erzbischof Krementz (Köln) wohnte der Be» sammlung bet. Arbeiter-Seweguug. * Magdeburg, 28. August. Dle hiesigen Buchbinder« gehllfen haben in «iiSsührung eine« Versammlung-beschlusse« den Meistern und Besitzern von Großbetrieb«! die folgenden Forde- rringen der Gehilfenschaft zur Bewilllgung unterbreitet: 1) Zehn- ständige Arbeitszeit; 2> wöchentlicher Minimalloho von 1b <bet Beköstigung tm Haute de- Meister» 6 X); 3) proceatuale Lohn- erhöhuug für Extrastunden. Wenn dies« Forderungen bt- zum 1. Oetober nicht angenommen find, erfolgt die Kündigung. * Mon», 28. August. Rach dem gestrigen Meeting in Paturage« schlug eia Hause von ungefähr »XXI AnSsrändlfchca die Richtung aus Dour und WasmeS ein, wurde jedoch von der Gendarmerie zerstreut, wobei vier Verhaftungen vorgenommea wurden. Di« Zahl der Streikenden in dem gesammten ausständigen Gebiete hat sich heute aus 16 800 vermehrt. * MonS, 28. August. Heute Nachmittag durchzogen etwa 300 Aus ständische die Straßen von Quaregnon. Dabei find einige gewaltthätige Scenen vorgesallen, indem Vorübergehende be. schimvst und nicht am NuSstande thetluehmende Arbeiter auS- gepfiffen wurden. * London, 27. August. In Eannock Chase in Staffordshlre veranstalteten gestern 5000 Bergleute eine Kundgebung, um für die Achtstllnden-Schichtindcn Gruben Propaganda zu machen und für die Vertretung der Arbeiter als Elasse im Parlament zu wirken. Hanoi, reiner waren der Arbeiterabgeordnete Pickard und Charles Dilke, welcher des Oefteren sich schon sicr den gesetzlichen achtstündigen Ar- beitStag aucgciprochen hat. Pickard konnte in seiner Rede eine er» srculiche Rückschau Hallen. Tie Löhne der englischen Bergleute find um 40 Prvcent in den letzten 2 Jahren gestiegen. 160000 Bergleute ständen jetzt geschloffen gewerlvereinllch organisirt da und wüßten sich schon anständige Löhn» und anständige Behandlung zu er- zwingen. Porkshire allein stelle 47 000 Mitglieder und habe 45000 Pfund Sterling in der Casse. Der nationalen Organisation de- Standes der Bergleute müsse dle internationale folgen. Sir Charles Dilke citirte ln feiner Ansprache den Oxiorder Nationalökonomen Prof. Tdvrold Roger-, welcher zu dem Schluffe gekommen sei, daß lange Arbeitszeit ö'onomiich nicht vortdeilboft wäre. In England sei die Arbeitszeit kürzer als aus dem Continent, Oualitüt, Menge »nd Werth des gelieferten Products aber größer. Sir Charles dielt dafür, daß sich die Bergwerks Industrie vor Allem zur versuchsweisen Cinsührung des gesetzlichen achtstündigen Arbeitstages eigne. Den letzteren auf andere Weise erzielen wollen, würde nur zu endlosen unheilvollen Streiks führen. Die gestern in Chesterfield zu dem gleichen Zwecke abgchallcne Kundgebung der Bergleute von Derb». Ilsire war die größte, welche in der Grasschast je vorgekomincn «st. 11 SonLerzilgc mußten eingestellt werden. — Die Vertreter von 30 000 Hauskolilen-Berglenten von Südwale- und Monmouthshire beschlossen gestern in Qnakersyard die Prodnclion einzuschränken, damit die jetzigen hoben Löhne erhalten bleibe». Von nächstem Neujahr an jvll rinsuoeilcn nur 5 Tage die Woche gearbeitet werden. Schon jetzt haben die Bergleute in ganz Wales einen Feiertag in jedem Monat. Zur ^rage der Flcischprcise. * Ein Extrablatt z»»i Amtsblatt der Negierung zu Oppeln per- Sffcntlicht eine Verordnung, betreffend die Genehmigung der Einfuhr von lebenden Schweinen aus Oesterreich- Ungar» in die ob erschlssischeil Schlachthäuser z» Beuthen, Gieiwitz, MySlowitz, Oppeln, Natibor und Rybnik. Die Einfuhr ist bis auf Wcueres unter der Bedingung gestattet: 1) Daß der Ursprung der einznsnbreiidcn Schweine durch poli- zeiliche Ursprungszengi.ilse nachgewieien wird, in welchen die ein. znführciidcil Schweine nach Stückzahl, Gattung (Rasse), Farbe, sowie nach etwaigen besonderen äußeren Kennzeichen thierärzilich genau bezeichnet werden und in denen ferner bescheinigt ist, daß die Thiere in Oesterreich. Ungarn aufgezogen find, inner- halb der letzlen 30 Tage vor ihrer Abfindung nach Deutschland in eine», -um Bezirke der altestirenden AmiSstclle gehörigen, bestimmt zu bezeichnenden Orle gestanden haben und mit ansteckenden Krank heiten nicht behaftet sind; 2) daß die Schweine au den Grcnzcingangsstellen Oderberg, Szc. akowa und Tziediy durch einen vreiißischen beamtelen Thierarzt untersucht und kranke und verdächtige Thiere, sowie die mit denselben in Berührung gekommenen Thiere von der Wciterbesörderuiig aus- geschlossen werden: 3) daß die Schweine nach dem Passiren der Grenze in geschloffenen Eisenbahnwaggons, unter Vermeidung einer Umladung oder einer durch den Eisenbahnbetrieb nicht bedingten Transporioerzögerung, sowie jeder Berührung mit anderem Vieh direct an den Bcstimmungs- ort gebracht »nd in dein öffentlichen Schlachihause alsbald unler polizeilicher llontroie abgeschlachtet werden. Sofien das Schlachthaus nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Eniladeglciie steht, hat die Ueberjührung in dasselbe mitlelst gut schließender Wagen zu erfolgen. * DaS „Meißner Tageblatt" schreibt: Wir bedauern die gegenwärtige Höhe der Flesi'chprcifi, die für die arme Bevölkerung — zu der wir die hochgelobntcn Arbeilerschrcier in de» Großstädren selbstverständlich nicht rechnen — drucke») ist; aber wir möchten nicht, daß die Heilung des Schadens an einer falsche» Stelle ver sucht und da- Loch lediglich mit Papier zngestovst wirb. Für Jeden, der sich überhaupt überzeugen lassen will, steht »ach den Erörterungen der letzte» Zeit außer Zweifel, daß die hohe» Fteilchpreis« ihre Ur sache «n der kümmerlichen Allgenicinlage »nicrer Landwirtdschast haben, die durch eine oder zwei geringe Futtererntcn gleich der maßen zurückqeworfcn wird, daß sie die Viehzucht erheblich »in- schränken muß. Nun ist richtig, daß der Schaden für die städtische Bevölkerung durch Aufhebung der Vieh- und Fleischzölle hätte gemindert werden können; eine solche einseitige Füfforg» für den Städter, deren Preis der vollständige Ruin unserer heimischen Viehzucht gewesen wäre, ist aber eine Forderung, wie sie nur der Gewissenlosigkeit des Agitators und politischen Gegners der con servativen Landwirihschait in den Sin» kommen, aber nicht von einer einsciligen und alle Interessen der Stoaisangkhörigen mit gleichem Wohlwollen pflegende» Regierung erfüllt werden kann. Ter >etzl beklagte Uedc'.fianL kann also dauernd nur gehoben werden, wenn unsere Landwirthschast gekräiligt und wenn sie insbesondere »u dem Entschluß gebracht wird, ibrcr Viehzucht wieder den alten Umfang zu geben. Aus diesen Entschluß ist aber nicht zu rechnen, wenn bi« ohnehin nur mäßigen Vieh, oder Fleischzölle temporär dauernd aufgehoben und so di« Fleischpreist mit einem scharfen Ruck zurückgeworsen werden; denn sicht der Landwirth in dem kritischen Augenblick der Entscheidung keine au« de» derzeitigen PreiSaolirungen gesolaerte Chance bei der Viebzncht, so bleibt es auch bet der allen Unlust «nd Entmulhignng. Läßt man ihm dogege« de» Anfang eines guten Gewinne» oder Loch dir gute Hoffnung als Sporn, so tritt die «ngestrebt» RückwärtSbewegnng der Fleischprrise tm aatür ltchen Laus oer Entwickelung ganz von selbst »in. Wir geben auch wiederholt »u bedenke», daß Zölle leichter beseitig« oder erniedrig', al- wiedereuigeführt oder erhöht siaL. Die Ftcischpreis« siad jo steht et» «ufschwuaa der Versorg»,» de« Bedarf« «it inländische»: Vieh. z»mal bei Schwarzvteh, jetzt t» »aher u»d sicherer Aussicht Milch-Lonserve«. ' Prof. vr. Sophlet schreibt ta der „Mllnchener Medietuffchen Wochenschrift" einen höchst beachten-werthen Aufsatz, dem wir folgende, auch für »nser« Leser interessant« Au-sühr»nge» »«:- nehmen: Von allen Nabrnngsmtttek» thierifchr» Ursprung« ist dl« Milch am raschesten der Veederbntß »nlerworsen: schon et,« gertn^- Menae gebildeter Milchsäure, di« durch den Geschmack ka»n> wahr- netzmvar ist, genügt, «in die Milch beim Kothen zur Gninnunz zu bringen und sie für die meisten Zwecke des Verbrauchs uagkkiai,,! zu machen. — Milchvcrbrauch und Milchgewi,inung sind deshalb gegenseitig an gering« örtliche Entfernungen gebunden — et,» Ve- dinguag, die »lcht überall erfüllt ist »ad nicht überall erfüllt «erden kann. Schon die Verpflanzung der Miichvlehhaltang au» ihrem »»tiirlicheu Produclionsgebiete, dem Grasland, in die nächste Nähe oder gar innerhalb der Städte hat eine Gewlnnuagsweifi der Mttch zur Folge, welche hinsichtlich Erhaltung der Gesundheit der Thiere. Sieiulichkeit und geeigneter Fütterung viel zu wünsch,» übrig lLßt und zu geringeren Anforderungen an die Güte de« Product« zwingt. In vielen Ländern findet die Haltung von Milchvieh überhaupt nicht oder in unzulänglicher Ausdehnung statt — kur», es gtebt eine Reihe von Fällen, wo der Bezug von Milch unmöglich, oder wo der Bezug einer Milch, die berechtigten Ansprüche» hinsichtlich Frische, Gebalt und Gedeihlichkeit genügt, sehr erschwert ist. In solchen Füllen wird als Ersatzmittel für frische Milch ein» gute Milch- conjerve sehr willkommen sein. Eine gute Milcheonservr soll also nicht allein alS ein noctzdürstiges Au-kunslsmittel für völligen Milch- manael dienen, sondern auch den Vorzug vor einer schlechte« frischen Milch beanspruchen können. Eine Mtlchconfirve, welche allen Anforderungen, die man an eine Eonserv« und an Kne gute Milch stellen kann, vollkommen ent spricht, ist die sterilisirte condensirt« Milch ohne Zucker und ohne jeden Zusatz, wie sie in der Fabrik Schültendobei bei Harboyhofin in den bayerischen Algäuer-Alpen durch die Gesellschaft für diätetische Product» Ed. Loeslund L E». in Stuttgart seit einigen Jabren hergestcllt wird. Ich kann für di« hier ausgesprochene Ueurtheitung und Empfehlung dieser Milchconserve de-hold einstehen, weit die Her stellung derselben unter der Leitung meines früheren langiahrign, Assistenten und eifrigsten Mitarbeiter- »ns dem Gebiet» der Änch- Chemie und Milch-Technik, Herrn Th. Henkel, erfolgt und well ich mich durch fortlaufende Untersuchungen de- Prvducles davon überzeuge, daß thalsächlich nach den von mir ausgestellten Principieu strenge verfahren wird. Da- dort angewendete Verfahren besteht kurz gesagt in Folgendem: Dir ganz frische Mllch wird sofort mittelst der Tenirisuga.Maschine von dem nicht adseilibaren Milchschmutz gereinigt, in der Luftleere ans einen Trockcnlnbstanzgehalt von möglichst genau 37 Procent eingedickt, die eingedickte Milch mittelst einer besonderen Meß- und Füllvorrichtung bis auf 1—2 Gramm genau in die Blechbüchsen eingefüllt und die verlülheten Büchsen im Sterilisator unter Dampf- druck erhitzt, d. i. sterilisirt und dauernd haltbar gemacht. Die Alaäuer condensirte, sterilisirte Milch obne Zuckerznsatz wird also für alle Zwecke, wo eine Milchconserve überhaupt am Piave ist, am besten zu verwenden sein, nämlich für die Säuglingseriialirung und di« Ernährung Kranker, und zwar dort, wo frische M'.lch von guter Beschaffenheit nicht zu erhalten ist. aber wo cs aus die Gleich- Mäßigkeit der Nahrnngszufuhr besonders ankomml. Dann für die Verpflegung ans Schiffen, in den Tropen oder in Ländern, wo frische Milch fehlt, und schließlich für die Bereitung besonders nählkräftiger Spciscn, welche eine möglichst große Mcnge von Milchsubstanz enl- halten sollen (Vackwaaren re.), in welch letzterem Falle die ohne Zuckerznsatz eingedickte Milch den beabsichtigten Zweck am voll- kommcnsten zu erzielen ermöglicht. Vermischtes. — AuS Kissingen, 26. August, schreibt man dem Schwäbischen Merkur": Den, Vernehmen nach wird der Turaufenthalt des Fürste» BiSmarck hier noch bis Ende d. M. andanern und der Fürst zunächst nach Barzin verreisen, um von dort erst »ach Friedrichs- ruh znrückzukehren. Gras Herbert ist bereits nach Bad Homburg zi'm Besuch seiner Mutter udgereist. Am Sonntag waren zwei Schweizer, hiesige Eurgäste (Stadtrath Schlotter und Lberstlieutenanl Huber, beide aus Zürichs beim Fürsten zum Frühstück geladen. Außer jenen beiden nahmen an dem Frühstück llr. Schweninger und Chrlj- sauber Theii. lieber die Neutralität der Schweiz im Fall eines neuen Krieges sagte der Fürst: Deutschland wird die 'Neutralität der Schwei; -espectiren. Ob auch Frankreich, sicht dahin. Bricht Frankreich die Neu tralität, so hoffe ich, wird die Schweiz an unserer Seile sei» und :nit uns siegen. Die Schweizer Truvpcn sind nicht z» verachten, sie haben sich immer gut geschlagen und stehen fest im Feuer. Aus die ihm ven den Schweizern vorgelegte Frage, was er von der schweizerischen Social- Politik im Gegensatz zur deutschen halte, und ob er glaube, daß jene, weiche durch Ausstellung deS ArbeitcrficretairS eine vermittelnd« Haltung zwischen Arbeit und Capital anzubaknen suche, Aussichten aus Erfolg in Löiung der socialen Frage haben werde, erwiderte Fürst Bismarck: Für Ihre Staatsform mag da» gehe», für die Monarchie geht cs nicht. Die Monarchie giebt sich selbst ans, wenn sie sich aus die Arbcitcrmasfin stützen will. Wir dürfen nicht mit Denen pacliren, die durch Streiks, durch Drohung mit Niederlegung der Arbeit u. A. einen Druck auszuiiben suchen. Das ist wie eine Nebelwand; wenn man sich ihr nähert, dann weicht sie zurück und man greift inS Leere. Nach dem Dessert entwickelte der Fürst die Gründe, weshalb Deulschland keine Erobernngsvolftik weiden wolle und könne, wobei er die sämmtlichen Nachbarstaaten Frankreich, Holland, Dänemark, die Ostfieprovinzen und Oesterreich, endlich auch die Schweiz Revue passiren ließ. Um ' D2 Uhr hob der Fürst die Tafel aus und entlieh die beiden Gäste in freundlichster Weise. Um 5 Uhr dieses Tages solgle Fürst Bismarck einer Einladung des Regierung-.Präsidenten Grasen Luxburg ans Schloß Aschach zum Elsen; dazu waren auch u. A. geladen der deutsche Botschafter in Madrid, Frhr. v. Stumm, mit Gemahlin, Gras und Gräfin Henckel-Donneremarck, derzeit Curgäste in Bad Kissingen. Ganz erstaunlich ist des Fürsten Frische und Elasticität. Er wägt seine 75 J.ihre wie ein hoher Fünsziger. Seine 'Bewegungen z. B. bei Tafel sind von einer Sicherbei,. Leichtigkeit und Anmutb, die einem jungen Eavcilier Ehre machen würden. Die Kissinger fahren fort, ihn mit Huldigungen zn bestürmen, wo er sich auch nur zeigt. Aus die Bemerkung eines Herrn auS scincr Umgebung, ob ihm dies ,ua»chmat nickt lästig sei. sagte der Fürst: „Keineswegs. Die Leute meinen es gut mit mir.'' Mitunter wird es aber doch etwas viel. So z. B. lassen ihm namentiich di« Photographen aus Spazier gängen keine Ruhe: letzthin näherte sich bei der oberen Saline dem Fiiritcn ein Herr (Amerikaner), grüßte und streckte ihm die Hand entgegen. Als der Fürst ihm wohl oder übel die Hand reichte, schnttclle sie jener tüchtig und sagte: „So, nun kann ich drüben in Amerika erzählen, der größte Staatsmann Europas habe mir die Hand geschüttelt", verbeugte sich »nd verschwand. ----- Die Stadt Tokaj, nach welcher der Köniz der Ungar weine seinen Namcu hat, ist durch eine gewaltige Fener-- brnnst vernichtet worden. 450 Wohnhäuser, 4 Kirchen, sämmilichc Schulen, die Gasthäuser, das Ralboaus und andere öffentliche (sfidäutc sind nicdergcbraiint. Nur lll Häuser sind stehen geblieben. Am Montag Mittag kam der Brand zum Ausbruch, ein rasender Sturmwind segle über daS Städtchen dahin und verbreitete daS Feuer mit solcher Napidität, daß alle Rettungsversuche vergeblich waren. Bis Dienstag dauerte die FeuerSbrunst und wurde erst bewältigt, als cS kaum noch Brennbares gab. Die Bevölkerung ist obdachlos und entbehrt der »olbwendigstcn Lebensmittel. Unglück auf Unglück Häusl sich über den bedauernSwertben Ort und seine Bewohner. Die Pbylloxera vernichtete die köstliche Rebe, untergrub den Wohlstand de- OrlcS wie der Umgegend, und Tokaj, eine kleine Stadt mit etwa 7000 Einwohner», war seit Jahr und Tage im Niedergange. Nun ist es ei» Rand der Flammen geworden, eine Kunde, die überall, wo der köstliche Wein ge kannl war und gewürdigt wurde, mit schmerzlichem Bedauern vernommen werden wird. Der Trtajer Wein gedieh aus den nordwärts der Stadt gelegenen Tokajer Bergen Der Gc- sammtertrag betrug in guten Jahren gegen 150 000 Eimer, die in lll Sorten rxportirt wurden, nnd zwar meistens durch Bermittcliing der Tokaj Hegyaljaer Weinbaugesellschaft. — Specialbrrichtk melden nock: Das Feuer entstand um die Mittagsstunde angeblich in Folge einer llnrorsichtigkelt i» der Wattafabrik tm Havdurschen Hanfi ,uiü verwüstete in zwei Stunden, von einem heftig«» Sturmwinde ao. aesacht, fast d»e ganze Stadt. Di« katholische »nd die grtechiiche Kirche, die Svnogoa», dir RetneLsche Npoiheke, mehrere G«stdt,fir, sowie säsuntlich« kt- zur Krre-ztarer Menth reiche«»», Hä»s«r >WI
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