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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189009275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900927
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900927
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-09
- Tag1890-09-27
- Monat1890-09
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1890
- Autor
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Krdaclion und Lrprdition Iohannesgasse 8. Sprechend«! drr Nrdallion: «ormlttag» 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. U>» X» »a,«»e em-ri-adirr Dl-nulcrirl» sich di« liidocticn nicht txrdindltch. »ne für dir nächftsotgende N««mer bestimmten Inserate an «»chent«»en bi» » Uvr Nachmittags. anSann- und Festtagen jrüh b,s ' ,1) Uhr. 3n den Filialen für I»s.-Iin»a>>me: Ltt< Klemm » Lorttm. tAlsrctz Hahn), UuiversitStssirabe 1, Lauts Lasche, Katharlaeustr. 14 pari, und König-Platz 7, nur bis '/,3 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- »nd Geschäftsverkehr. AbonnemeutSpreir vierteljährlich 4»/, Mk. tuet. Bringerlohn 5 Mk , durch die Post bezogen 6 Lik. Jede einzelne Nummer 3V PH Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» lin Taaeblatt-Format gesalzt) ahne Postbeförderuag 60 Mk. Mit Postbeförderuag 70 Mk. Inserate 6 gespaltene PetitzrUe 20 Pf. Größere Schriften laut uns. PreiSverzeichniß. Tabellarischer u. Zisfernsatz nach hoherm Tarif. Kerlamr» unter dem RedactionSstrich die Sgespalt. Zeile 50 Pf , vor den Familien Nachrichten die 6gespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expeditia» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneuunx'rnwlo oder durch Post» Nachnahme. ^ 27«. Sonnabend dm 27. September 1890. 8-1. Jahrgang. " Bestellungen auf das vierte Quartal 1890 des LeipWr Tageblattes wolle man möglichst bald an die Unterzeichnete Expedition, JohanneSqasse Nr. 8, gelangen lassen. Außerdem werden von sämintlichen hiesigen ZeitrliiqSspediteurerr Bestellungen ans daü Tageblatt angenommen und.von denselben für eigene Rechnung auSgeführt. Auswärtige Abonnenten wollen sich an das ihnen zunächst gelegene Postamt wenden. Der Abonnementspreis beträgt pro Quartal 4 Mark S« Pfennige, inclusive Vringerlohn S Mark, durch die Post bezogen « Mark. Für eine Extrabeilage sind ohne Postbeförderung <»<> Mark, mit Postbeförderung incl. Post gebühren 70 Mark Beilegegebührcn unter Vorausbezahlung zu vergüten. Ein Hinweis auf die Extra-Beilage erfolgt im redactivnellcn Thcilc gratis und umfaßt 0 Zeilen. Wird derselbe von größerem Umfange gewünscht, sind für die weiteren Zeilen die gewöhnlichen Jnscrtionsgebühren zu vergüten. Preis der Insertionsgebührcn für die 6 gespaltene Pctitzeile 20 Pfennige; für Rcclamcn aus Petitschrift unter dem Redactioiisstrich die 4 gespaltene Zeile 50 Pfennige, vor den Familitniiachrichten die 6 gespaltene Zeile 40 Pfennige. Größere Schriften werden, gering abweichend von dieser Norm, nach unserm Preisverzeichnis;, tabellarischer und Ziffer-Satz dagegen nach höherem Tarif berechnet. Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xraenuioolLnäo oder durch Postnachnahme. Inserate wolle man nur an die Expedition (nicht Nedaction) adrcssiren. Das Tageblatt wird früh 6V, Uhr ausgegeben und enthält die bis zum vorhergehenden Abend eingelaufeneu. politischen und Börsen-Nachrichten in telegraphischen Original-Depeschen. Es giebt ein anschauliches Bild von allem Wissenswcrthen auf den verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens und behandelt die Tngesfragcil der inneren und änßcreu Politik in populären Artikeln mit größter Ausführlichkeit. Das Tageblatt berichtet über die localen und sächsischen Angelegenheiten in eingehender Weise und referirt über Theater, Musik, Literatur. Kunst und Wissenschaft. Die Berhandlnngcn des Reichstages und des sächsischen Landtages erscheinen bereits am Morgen nach der Sitzung in ausführlichen Originalberichten. Mit Beginn des neuen Quartals bringen wir eine größere Erzählung zum Abdruck. Mit seiner „BolkSwirthschaftlichen Beilage" bildet cs zugleich das größte Handels- und Börsen blatt Sachsens. Es bringt namentlich auch sämmtliche wichtige deutsche und überseeische Handels berichte. Außerdem erscheinen im Leipziger Tageblatt die vollständigen Gewinnlisten aller Classcn der Königlich Sächsischen LandeS-Lotterie und die Nummer-Verzeichnisse der ansgcloosten Königlich Sächsischen Staatsschuldscheine, sowie die Nummern von Serien und Hauptgewinnen der verschiedenen Prämienloose. Leipzig, im September 1890. iE- Wegen der Messe n:I ist unsere Expedition morgen Sonntag Vormittags bis 12 Uhr geöffnet. Lxptzültivu LceipLiMr Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. A« das Publicum! Wiederholt ist cs vorgekommcn, daß in den Stadtbezirk frisches Fleisch eingeführt und in den öffentlichen Verkehr ge bracht worden ist, ohne vorher im Fleischbcschanamtc zur Untersuchung vorgelegt worden zu sein. Außerdem soll, er statteter Anzeige zufolge, cingcfübrteS frische« Fleisch mit ge fälschten Slempelabdrücken oder mit von untersuchtem Fleische abgeschnittenen und aufgcklebtcn Stcmpeladdrückcn versehen, mehrfach innerhalb des Stadtbezirkes verkauft worden sein. Da durch derartiges Fleisch, welches von sehr zweifelhafter Abstammung sein kann und deshalb eine Untersuchung durch Sachverständige in der Regel nicht bestehen würde, die Ein wohner, welche durch die in dem Stadtbezirke cingefübrte obligatorische Fleischbeschau vor Gefahren durch de» Fleisch- aenuß sich gesichert süblcn, nickt nur arg getäuscht werden, sondern auch unter Umständen an ihrer Gesundheit geschädigt werden können, so krackten wir eS für unsere Pflicht, vor dem Ankauf solchen Fleisches zu warnen. Wir erwarten auch, daß sie diejenigen Fälle, in welche» von ihnen Fleisch ohne die vorgeschricbcnen Stempclabdrücke, mit welchen alles Fleisch von im städtischen Scklachtkofe geschlachteten Thieren, sowie alle« frische in den Stadtbezirk eingcsührte und zur Unter suchung im Fleischbcschauamtc vorgelegene Fleisch, versehen sein muß, gefunden wird, unverzüglich zur Anzeige bringen, damit die Schuldigen zur Rechenichaft gezogen werden können. Ueber die Bedeutung der Stempclabdrücke, mit welchen alles untersuchte und für genießbar befundene frische Fleisch versehen wcrd, bringen wir Folgendes in Erinnerung: Mit blaue» Abdrücken eines runden Stempels mit der Umschrift um das Stadtwaxpen: „Stäkt Schlachtdof, Leipzig", wird au den vorgcschriebenen Stellen alles dasjenige Flestch versehen, welches von Thieren stammt, die im städtischen Schlachthofe geschlachtet und dort nach thierärztlicher Unter suchung vor wie nach dem Schlachten gesund befunden Worden sind. Da- in den Stadtbezirk eingeführte und im Flcischbeschau- amte untersuchte frische Fleisch erhält nach der Untersuchung den rothc» Abdruck eines eckigen Stempels mit der Um schrift um das Stadtwappcn „Bcschauamt, Leipzig". AuS der Form und Farbe der Stempclabdrücke ist dem nach zu erkennen, in wie weit eine Untersuchung des Fleisches erfolgt sein kann; denn während das Fleisch mit runden blauen Slempelabdrücken durch die vollständige Untersuchung des ganzen ThiereS, von welchem cS herrührt, dem Genießen den die meiste Garantie gegen etwaige Nacktheile bietet, ist dies bei dem Fleische mit rothen eckigen Slempelabdrücken, weil bei dessen Untersuchung die inneren, für die Fleisch beschau hochwichtigen Organe der Schlachtthicre in der Regel nicht mit vorgelegt werden können, nicht in dem Maße möglich. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß die Einwohner der Stadt Leipzig bei der Schwierigkeit, welche die Flcisch- controle für die Aussichtsorgane bietet, uns dabei unterstützen werben, damit der Nutzen, welchen die obligatorische Fleisch beschau der Einwohnerschaft bietet, nicht durch die Umgehung der dafür bestehenden Vorschriften hinfällig gemacht wird. Leipzig, den 22. September 1890. Der Nath der Stadt Leipzig, vm. 2414. l)r. Georgi. Dietrich. Ausschreibung. Am Neubau des EckgebäudcS neben der Markthalle sollen die Zimmerarbeiten vergeben werden. DaS ArbcitSverzeickniß und die Bedingungen können im Baudureau der Markthalle an ver verlängerten Brüder» straßc gegen Erlegung von l entnommen, bez. dort nebst den Zeichnungen cingcsehen werden. Tic Aiigebotc sind verschlossen und mit der Aufschrift: „Znnmrrarbeiten — Sckgebäude — Markthalle" bis zum 2. Oktober cr. Vormittags 10 Uhr im Rathhause allhicr, Ik. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, portofrei cinzureickcn. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern und die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 25. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 68ll. vr. Georgi. Liudner. Gesucht wird der am 2. September 1857 in Neuschönefeld geborene frühere Holz- und Kohlenhändler, zuletzt Geschirrführer, be ziehentlich Handarbeiter Anton Adolf Deininger, welcher zur Fürsorge für seine hier der öffentlichen Unter stützung ariheimgefaUenc Familie anzuhalten ist. Man bittet, im Bctretungsfalle sofort Nachricht anher gelangen zu lassen. Leipzig, am 16. September 1890. Der Nath der Stadt Leipzig. Arenen Amt. k. II, 1141. Winter. Henrichen. Bekanntmachung. Die Räumung des Beltes der Rietzschke in Leipzig-Seller hausen, soweit der Bachlauf noch offen ist, soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RalhhauS, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 0,50 .-l, welche eventuell in Briefmarken cinzuscndcn sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Nannlung der Nietzschkc" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 2. October d. I. Nachmittags 5 Ul>r cinzurcichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulchncn. Leipzig, den 25. September 1890. Iv 4959 Der Nath der Stadt Leipzig. 1234 vr. Georgi. Lindner. Bekanntmachung. Zu dem Neubau einer dritten Schule in Leipzig-Gohlis sollen die Klempnerarbeiteu, sowie die Ziegeldeckerardriten vergeben werden. Die Angebotsformulare und Bedingungen können bei dem crrn Architekten Franz /Hannenian», hier, an der alten lstcr Nr. lO, II, gegen Erlegung der Gcbübrcn von 50 entnommen werden, die Angebote aber sind dis zum 2. Dekoder 181»«», Nachmittags » Uhr, versiegelt und mit der Aufschrift: „Klempiierarbcitcn rcsp. Zirgeldeckerarbeite» III. Schule Leipztg-GokliS" auf unserem Bauamtc. Hochbauvcrwaltung, RathhauS 2. Etage, Zimmer Nr. 5, abzugebcu. Wir behalten uns die AnSwabl unter den Bewerbern, sowie die Ablehnung aller Angebote vor. Leipzig, den 2 t. September 1890. Der Nath der Stadt Leipzig. Id. 5379. 1)r. Georgi. Lohse. Städtische Gewerbeschule zn Leipzig. Die Studien des Winterhalbjahres beginnen Mittwoch, den I. Ltlobrr u. c.; der Tagescursus ,rüh 8 Uhr, die Ahcndeuric um 6 beziehentlich 7 Uhr. k,'. ahmen in die Gewerbeschule nach Maßgabe von 8 4 der Schulordnung können wegen Mangels au Platz mir ausnahmsweise noch statlsinden. Zur mündlichen AaLkunktsertheilung ist der Unterzeichnete Sonn- tag, den 28. September, Bormittags von 11—12 Uhr, im Schul gebäude bereit. Leipzig, den 11. September 1890. Ter Direktor: vr. Ludw. Niepcr. Das prätendenttuthum in Frankreich. Die Episode Boulanger hat die Hoffnungen der Anhänger der Monarchie in Frankreich aus Wiederherstellung dieser RegicrungSform stark kerabgcdrückt, und die Enthüllungen Mcrmcir' haben das Ihrige dazu beigetragc», diese Wirkung zu verschärfen. Seit dem Tode des Grafen Ebambord ist die Zahl der Prätendenten auf drei gesunken, eö bewerben sich gegenwärtig um Frankreichs Tbron der alte Prinz Heroine Napoleon, sein Sohn Victor und der Graf von Paris. Der alte Prinz Napoleon kommt nur noch dem Namen nach in Betracht, bei einem Umschwünge zu Gunsten der napolconischcn Dynastie ist Prinz Victor der Mann, welchen seine Partei aus den Schild hebe» würde. Acbnlich steht die Sache im Hause OrlöanS, denn auch hier sieben dem alteren Vertreter, dem Grafen von Paris, so schwere Hindernisse entgegen, daß er im entscheidenden Augenblick wohl zu Gunst«« seines Sohneö, des Herzogs Louis Philipp von Orleans, auf den Thron seiner Väter Verzicht leisten würde. Dieser entscheidende Augenblick wird aber voraussichtlich niemals eintretcn, die Prätendenten werden sich entweder selbst Bahn brechen durch ihre persön lichen Eigenschaften oder sie werden der Vergessenheit anheim fallen, daS hat die Entwickelung der Republik seit ihrer Er richtung am 4. September 1870 überzeugend dargethan. Wirkliche Aussichten aus Wiederberstellung hatte die Monarchie in Frankreich nur unter der Präsidentschaft Mac Mahon'S und später bis zum Tode des Prinzen Louis Napo leon. Nach diesem Ercigniß war die Sache der Navoleo- niden als verloren anznscbcn, ohne daß darum die Aussichten dcS Grafen Ebambord sich verbessert hätten. Und nach dem Tode des Grafen Ehambord trat derselbe Fall in Bezug aus den Grafen von Paris ein, der zwar nunmehr der alleinige Vertreter beider Linien des Hauses Bourbon wurde, ohne aber dadurch seinem Ziele, dem Tbrone Frankreichs, nur um einen Sckritt näher zu kommen. Der Graf von Paris bat keine Gelegenheit vorübergehen lassen, ohne sich in der öffent lichen Meinung Frankreichs herabzuwürdigen. Dahin ist be sonders daS Manifest zu rechnen, welches cr nach seiner Ver bannung erließ, und die Haltung, welcke cr dem BvulangiSmnö gegenüber beobachtet hat. DaS Manifest lieferte den Beweis, daß alle seine Versicherungen, als beanspruche cr nur die Rolle eines Privatmannes, Lüge waren, denn in diesem Schriftstück bezeichnet er den Nückerwerb dcS TbroneS Frankreichs für sein HauS als sein gutes Recht. Er bat dieselbe Erklärung mit anderen Worten dem veröffentlichten Schreiben an den Senator Bocher wiederholt, und seine Beziehungen zu Boulanger durch die Bemerkung zu rechtfertigen gesucht, daß er als Vertreter der Monarchie keine Gelegenheit vorübergcbcn lassen dürfe, ihren Triumph vorzubereilen. Das ist nun freilich eine sonderbare Art, diesen Triumph vorzubereiten, wenn man die davon untrennbaren Gcldopfer einer Frau überläßt, obwobl der eigene Reichtbum ein gleiches Opfer als Bagatelle erscheinen läßt. Ter Graf von Paris gekört zu den reichsten Fürsten Europa«, und dennoch ließ er eS zu, daß die Herzogin von UzSS dem BoulangiSinus als Vorstufe zur Wiederherstellung der Monarchie drei Millionen opferte. Die Gesinnung, welcke sich in diesem Verhalten zu erkennen giebt, ist so unköniglich, daß der Graf von Paris schon deshalb jeder Aussicht aus den Thron Frankreichs verlustig gegangen sein würde. Die Herzogin von Uzös, welche im Vergleich mit dem Grafen von Paris eine arnie Frau genannt werden könnte, hat mit besonderen! Nachdruck hrrvorgehobcn, daß der Graf von Paris für die Sache der Monarchie nicht einen Sou her- gegeben habe. So viel sich auch gegen Napoleon III. einwendcn läßt, so bat er dock stets dem Grundsatz gehuldigt: „Leben und leben lassen", während der Graf von Paris bei Auflösung seines HofbalteS in Paris nicht einmal seine Diener in anständiger Weise versorgt, sondern sie einfach auf die Straße gesetzt hat. Auch die Thatsache ist nickt abzuleugncn, daß Napoleon 11l. co verstanden hat, den Wünschen und Neigungen der Franzosen 22 Jahre zu entsprechen, denn wenn da« nicht der Fall gewesen wäre, hätten sie ihn nicht zum Kaiser gemacht und seine Herrschaft bis znm Tage von Sedan gebildet. Er bat die Traditionen seines großen ObeimS mit den durch die Zeitvcrhältnisse gebotenen Modificationen aufrecht erhalten und durch die glückliche Beendigung des KrimkriegcS und dcS Krieges gegen Oesterreich den Ruhm Frankreichs als tonangebende Macht in Europa bewahrt, und selbst als sei» Stern im Niedergänge begriffen war, so viel Geschicklichkeit bewiesen, daß die Franzosen ihm die Leitung ihrer Geschicke bis zur Niederlage von Sedan aiivertrauten. Die Republik hat dem nichts an die Seite zu setzen, sie bat ikrc Kraft im Kampf der Parteien erschöpft und ihre Bemühungen lediglich in der Herstellung einer Armee aufgcwcndet, welche die deutsche an Zahl der Soldaten bedeutend Ubcrtrifft. Wie sich sonst das Werthverbältniß stellt, bleibt erst noch zu ermitteln, jedenfalls sind Fortschritte in militairischer Beziehung unzweifclbaft. Dagegen bat der fortwährende Ministerwcchscl bewiesen, daß die republikanische Einrichtungen sich immer noch nickt cingclcbt haben, und die Vorgänge bei der letzten Präsidentenwahl waren der Art, daß sie dem Prätendcntcnll'um neue Aufmunterung geben mußten. Wenn Frankreich nickt längst wieder zur monarchischen StaatSsorm zurückgekebrt ist, so liegt das nicht an der innern Festigkeit der Republik, sondern lediglich an der Unfähigkeit der Personen, welche sich um die Krone Frankreichs bewerben. AuS eigenem Antriebe haben weder die Napclecniden, noch die Orieanistcn etwas gelhan, um ibren Zweck zu erreiche», sie bedienten sich dazu einer Mittelsperson von sehr bedenk licher Qualität, den sie als Quartiermacher vorauSsckickcn wollten, ohne dessen sicher zu sein, daß cr einem der Präten denten daS Feld räumen würde. Es gebt daraus hervor, daß die Franzosen einen Mann si.ckcn, aber keinen Präten denten, sic woUcil den Weg zur böchsten Gewalt nur Dem jenigen öffnen, dessen persönliche Eigenschaften ibn befähigen, an die Spitze zu treten. Ei» solcher Mann ist nicht vor handen, denn wenn cr da wäre, so hätte nicht ein Aben teurer von de» thcilS unbedeutenden, thcilS niedrigen Eigen schaften eine« Boulanger so lange Zeit eine Nolle spielen können. Ter junge Herzog LvuiS Philipp hat gute Erwar tungen erregt bei den Franzosen durch sein erstes Auftreten, aber ihm haftet der Malet der Abstammung von einem in Frankreich verpönten Hccrscherhause an. Die Erfahrungen, welche die Franzosen seit dem Jabre 1789 mit den Mit gliedern des Haufcs Bourbon gemacht haben, können sie nickt zur Wiedereinsetzung dieses Hauses in seine durch daS Recht der Nachfolge begründeten Ansprüche ermuntern. Vorläufig sieben einige energische Männer, in erster Linie der Minister EonstanS, an der Spitze der Regierung: sie baden Boulanger dem verdienten Schicksal überliefert und sich da durch ei» Neckt auf wvblwollcnde Bcurtbeiluiig ihrer Hand lungsweise erworben. Tic französischen Kammern werden am 20. October, also in etwa drei Wecken, ihre Thätigkcit wieder aufncbmcn, und eS liegen jetzt schon bcachlenSwcrtbc Anzeichen dafür vor, daß der Bonlanger-Skandal sich auch in den par lamentarischen Verbanttuiigcn erneuern wird. Tie aus den Namen diese« Menschen gcwäbtten Abgeordneten treffen keine Anstalten, ibre Mandate nicdcrzulcgcn, sie werden vollzählig in die Kammer zurückkcbrcn und ihre Angriffe aus diejenigen Personen richten, welche durch die Enthüllungen Mermcix' bloß gestellt erscheinen. Dazu gehören bekanntlich Floquct und Frcycinet. Aber auch von dieser Seite ist kein Schritt ge schehen vdcr angckündigt, der als freiwilliger Verzicht auf weitere amtliche Tkätigkcit angesehen werden könnte. Jeden falls stehen stürmische Austritte bevor, von deren Verlauf eS abhängcn wird, ob die bestehende Regierung ferner ihres Amtes walten oder wiederum neuen Personen den Platz räumen wird. * Leipzig 27. Erptember. * Wiederholt sind in jüngster Zci» (so schreibt der „Deutsche RcichSanzcigcr")— thcilS offen, thcilS mehr verschämt — in der Presse Versuche gemacht worden, daS in Aussicht stehende volle Inkrafttreten deS Invali dität-- und Altersversicherungs-Gesetzes zu Hinter treiben oder wenigstens auf eine noch weitere Verzögerung der Inkraftsetzung liilizuwirkcn. Diesen Bestrebungen gegen über ist darauf binzlttvciscn, daß der t;. 162 deS Gesetzes bei redlicher Auslegung dem Bnndcsrath nicht die Befugniß giebt, das Gesetz unausgeführt zu lassen und von der vollen Inkraft setzung desselben abzuschen. Ten» da die Vorschriften dcS Gesetzes, welche sick auf die Herstellung der zur Durch führung der JnvalibitätS- und Altersversicherung erforder lichen Einrichtungen beziehen, Kraft Gesetzes bereits mit dem Tage der Bcrkündigung desselben >n Kraft getreten sind, so kann die weitere Bestimmung, nach welcher im Uebrigcn der Zeitpnnct dcS Inkrafttretens dcS Ge setzes durck kaiserliche Verordnung mit Zustimmung dcS PuntcSratl)S bestimmt wird, nur die Bedeutung baden, daß zunächst die zur Durchführung der Versicherung erforderlichen Einrichtungen hergestcllt werten sollen, und daß, sobald die« geschehen ist, daö Gesetz seinem vollen Umfange nach in Kraft gesetzt werden muß. — In diesem Sinne sind von den dazu berufenen Behörden seiner Zeit die sehr uinfangrcichen Vor arbeiten unverzüglich in Angriff genommen worden, deren Abschluß die Vorbedingung für daS volle Inkrafttreten dcS Gesetzes ist. Die Rcichsbchörden und die zuständigen Be hörden der Bundesstaaten sind mit gleichmäßigem Eifer bemüht gewesen, da« erstrebte Ziel so früh wie möglich zu erreichen. Schon jetzt läßt sich mit Sicherheit annebmen, daß die Inkraftsetzung des Gesetzes zum >. Januar 189l, dem von vornherein dafür in Aussicht genommenen Zeitpnnct, erfolgen wird. Von der Absicht, diesen Zeilpuuct noch weiter hinauszuschieben, kann gar keine Rede sein. *Zur parlamentarischen Lage schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten": Bei de» BerlianLlungcn, welche im Anfänge diese- Jahrzehnt» im Reichstage gepflogen wurden, um daS Zusammentagen von Reichstag und Landtag zu verhindern »nd eine feste Regel für die Folge der Tagungen beider Uörperjchastcn sestzusetzen, wurde für die Forderung der Berufung des Reichstages ün Herbste nicht au letzter Stell« der Grund geltend gemacht, daß di« Aufstelluug
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