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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189009247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900924
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900924
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-09
- Tag1890-09-24
- Monat1890-09
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1890
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Ntdnclion und Lrprdition IohanneSgaff« 8. AprrMundrn der UeLaclion: BormittogS 10—12 Udr. RachmillagS ö—6 Uhr. >Il «t» RA<ks»d« rc»-»Ii„»rn m«cht sich «>k Ne»«t>cn inchl »er»kl«Uch. »>m«tz«e -e, snr die nächstf.lsend« Nu««er bestimmten Inserate an Wochentaifrn bis 3 ttbr NachiuittaaS, anT»«n» n»SFesttage»srüh bis-st »lir. 3n drn ^ilialrii für Iiis.-^nuaümk: D<1« Klnnm'a Lortim. «Alsreb Hahn)» UaiverfftätSskraße 1, Louis Loscht» Knthartnensir. 14 pari, und Kö«IgSpl«tz 7, nur bis '/,L Uhr. vierteljährlich 4'/, Mk. inrl. vringrrlohn ü Mt-, durch dt» Naß bezog»» 6 Mk. Jede einzeln» Nmmu« SO Pf vrlegrr»mplar 10 Pf. Vebildren für Sptrabitl «a»» st» Laaeblatt-Yormat gefallt) «tzoe Postbesörvernna SO Mk. «tt PostbeförderuagTO Mk. Joseratr siaespalteue Petitzeile 10 Pf. Gröber« Schriften laut aus. PreiSverzeichntß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach HSHrrm Tarif „ter demNibaettoaSstrich dt« 4«ijp«U. Z«tl«üOPs.,vor dengamilt«u Nachricht«» dt« Sgespalteu« Z«tl« 40 Pf. Jnstrat« sind stet« au di« Grpedttt»» »» senden. — Rabatt «Kd nicht g«y«b«o. Zahlung praennmeranäo oder durch Post nachnahme. ^ 287. Mittwoch den 24. September 1890. 84. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Oeffenttiche Bekanntmachung, de« Verkauf keimfreier Kindermilch betr. 8om I. Juli dieses JahreS an wird in folgenden Apotheken: Kreuz Apotheke, hier. Bayerische Straße 2, Albert-Apotheke, hier, Emilienstraßc l. Apotheke zum weiften Adler, hier, Hainstraße S, Kurprtnz-Avvtbcke, hier, Slernwartcnstraße 12, Homöovathjfchc (Zentral Apotheke, hier, ThomaS- kirchhof 12, Reue Börsen Apotheke, hier, Hallesche Straße 12, Hirseh-Apotkeke, hier, Grimmaiswer Slcinweg 28, Löwen Apvtlreke, hier. Grimmaische Straße 22, Mohren-Apotheke, hier, Eutritzscher Straße 1, Rnnstadter Apotheke, hier. Ranstädter Sleinwcg 27, Lonnen-Apvtdeke, hier, Südplatz I, Talomoniö-Apothcke, hier, Grimmaische Str. 17, Germania-Apotheke, hier, Proinenadeiistraße I I, Johannis ApothekeiiiLeipzia-Reudnitz,Lcip;igerStr.26, «ronen-Apothrkc, Leipzig-GobliS, Falken-Apothcke, Leipzig-Ncuschönefeld, L>st-Apothrke in Leipzig-Angcr-Crottendorf, Wurzener Straße 3, St. Geor.i-Apotheke, Leipzig-Neustadt, Schiller-Apotheke, LeixzigGobliS, gegen vorherige Bestellung teimsreie Milch zur Ernährung von Säuglingen nach dem Sophlet'schen Berfahrcn und nach besonderen ärztlichen Anweisungen heraestcllt und zu dem Preise von 5 -s für die Flasche, ausschließlich deS GlaseS, käuflich geliefert werden. Bei der Bestellung ist der LcbenS-Monat, in welchem da zu ernährende Kind steht, anzugeben. Die Lieferung der Milch erfolgt von dem der Bestellung folgenden Tage an. Dem Publicum wird diese Einrichtung hiermit bekannt gemacht und zur Benutzung empfohlen. Leipzig, am 4. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 4403. vr. Tröndlin. Krippendorff. Die Herstellung der Schleusten der Straßen ?, und It des Rcudniyer Bebauungspläne- zwischen der ostiystraße und dem Täubchenwege soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Berwaltung, RathhauS, 2. Stock- Werk, Zimmer Nr. 14, au- und können daselbst eingeseben oder aegen Entrichtung der Gebühren von 50 ^s, welche evrnt. in Briefmarken cinznsenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleusten in den Straften I*, und IL" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 3.j Octobcr 1890, Nachmittag- ü Uhr cinznreichen. Der Rath behält sich daö Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, dm 16. September 1890. Des RathS der Stadt Leipzig Ib Ü161. Strastcnbau-Dcputation. Hohauction. Mittwoch, den I. Oktober er. sollen im Forstreviere Connewitz die unverkauft gcbtiebenen, jetzt trockenen Schirr hölzer und Reisiglanghaufen und zwar: I. von Vormittags O Uhr an in Abth. 23 (Gautzscher Spitze) ca HO Lanhholrlanghaufen und II. von Vormittags I l Uhr an in Abth. 35 (an der Leipzig-Plagwitzer Verl'indnngSbabn) ca kOO Nüstern Schirrkölzcr und HO Rüstern-Langhausen unter den im Termine näher anzngebcnde» Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend ver kauft werden. Zusammenkunft: zu I. auf dem neuen Fahrwege durch die Gantzscher Spitze, zu ll. an der Kreuzung deS Schlcußiger Weges mit der Eisenbahn. Leipzig, am 22. September 1890. Des Raths Forst-Deputation. wolinnngs-vermietlinng^ Im U. Obergeschoß des der Stadtgcmcinbc Leipzig gehörigen HauSgrundstückö Sellier'S ist vom I. Octobcr dieses JakreS ab eine TVob- nung gegen cinhalbjährliche Kündigung anderweit zu vcrmiethen. Mielbgesuckc werden auf dem Rathhause, l. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, cnlgczcngenommcn, woselbst auch jede ge- wünschte Auskunft cribeilt wird. Leipzig, am 22. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. la 6666. vr. Georgs. Wagner. Die durch den Abgang deS jetzigen Belrieb-ingcnieurs für das städtische GaS- und Wasferwerl hier frei werdende Stelle soll bald anderweit besetzt werden; zu diesem Zwecke wird ein praktisch er fahrener tÜastechnikrr, der, wenn möglich, auch den technischen Betrieb des Wasserwerks mit leiten kann, gesucht. Neben freier Wohnung, Heizung und Beleuchtung wird ein An- sangSgehalt von 3000 pro Jahr gewährt und soll die Anstellung zunächst auf 3 Jadre mit einer beiden Tlieile» freistehenden drei monatige» Kündigung erfolgen: der zu wählende Beamte muß der städtischen Pensionscasse, an welche I"/, de» Gehalte« zu zahlen ist, bntrcten und wird derselbe, wenn er acht Jahre im städtische» Dienste gewesen, nach Maßgabe deS betreffenden Statut«, Pension«, berechtig:. Etwaige Meldungen sind nebst einem Lebenslaus und den er forderlichen Zeugnisse» über die bisher verwalteten Stellungen und die Bekähiguna und Führung binnen spätestens drei Wochen vom Erscheinen dieser Bekanntmachung anher einznreichen. Persönliche Borstellnng ist erwünscht, dessallsige Reisekosten werden aber nicht vergütet Weimar, den 20. September 1890. Ter Gemeindevorstanb Grahh. Residenzstadt. Der Oberbürgermeister. Palst. Bekanntmachung. Die Erd- und MacadamisirungSarbeitcn im TLubchenweg zwischen dem Gerichtsweg und der Feikstraße in Lripzig- Rcudniy und in den Straßen 0, k, tz und N des Reudnitzer Bebauungsplanes sollen an einen Unternehmer in Accord ver dungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Berwaltung, Rathbaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, a»S und können daselbst eingeschen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 0,75 welche eventuell in Briefmarken cinzusendcn sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Vrd- und MacadamiffrungSarbeiten im Taubchenwegc und in den Strasten O, ^ und K in Leipzig-Reudnitz" versehen ebendaselbst und zwar dis zum 4. October 1890 Nachmittags 5 Ubr einznreichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehncn. Leipzig, den 19. September 1890. Ib. 5221. DeS NathS der Stadt Leipzig Straßenbau-Depntation. Die irredentistische Bewegung in Italien. Der IrrcdentiömuS ist eine der merkwürdigsten Erschei nungen, welche die Geschichte aufzuweiscn hat, er ist eine wlitische Verirrung seltsamster Art. ES giebt nämlich in Italien eine große Anzahl ernster Politiker, welche der Mei nung sind, daß sich der JrredcntiömnS sehr wohl mit dem Dreibund verträgt. Sie erklären den Dreibund für eine Nothwendigkeil zur Erhaltung deS Friedens und des euro päischen Gleichgewichts und geben sich dennoch darüber keiner Täuschung hin, daß ein Wahlsieg der Irredentisten zum Kriege gegen Oesterreich führen müßte. Eine solche Sorte von Gefuhlöpolitik, wie sie beispielsweise Menotti Garibaldi bei seiner Rede zur Feier beS Einzuges der italienischen Truppen in Rom am 20. September 1870 zur Schau trug, ist ein Räthsel, vor dem wir etwa mit den gleichen Empfin dlingen stehen, wie vor der Forderung der spanischen Generale, Politik zu treiben und in daS Parteitreuen einzugreisen. Menotti Garibaldi schloß sein Rebe mit einer Verherrlichung des jungen blonden Märtyrers, der mit dem Worte „Italien" auf den Lippen für da» Ideal des geeinten Italiens gestorben sei, und seine Zuhörer beantworteten die Apostrophirung Oberdank'S mit einem begeisterten Hoch auf den Märtyrer für Italiens Einheit. Tie Regierung ist kaum in der Lage, sich darüber zu be klagen, denn sie hat bis vor Kurzem die Thätigkeit von Ver einen geduldet, welche mit dem Namen Oberdank einen förm lichen Eiiltus trieben. Auch der Finanriiiinister CeiSmit Doda wird sehr erstaunt gewesen sein, das; man ibin seine Zurückhaltung der irrcdcntistischcn Kundgebung in Udinc gegen über zum unverzeihlichen Fehler angerechiict hat, der seine Entlassung zur Folge haben mußte. SeiSmit Doda hatte nur DaS gethan, was die meisten seiner Landsleute in gleichem Falle auch gethan hätten, und wer weiß, wie viele in hohen Aemtern befindliche Italiener die Prüfung auf Irredentismus ohne jede Einschränkung bestehen würden. Niemand kann seinen Ursprung verleugnen, und die Verhältnisse üben ihre Herrschaft über den Menschen jeder Zeit aus. Italien ist daS Geschöpf der Revolution, der Staat leitet seinen Ursprung aus den Zügen Garibaldi'S her, vorbereitet durch den Krieg dcö JahreS 1859, und dieser Ursprung hastet ibm noch heute an. Die mongrchische Spitze mag in ihrer Weise fest be gründet sein, den Grad von Macht, welchen eine Regierung eigentlich haben muß, hat die italienische Negierung nicht. Alles waS sic thut, um der Macht des KöniglhumS zur Geltendmachung zu verhelfen, geschieht immer nur ver suchsweise und Schritt für Schritt. CriSpi hat zwar schon Manches durchgcsctzt, aber er geht trotzdem sehr vorsichtig zu Werke und unter Beachtung der Partewerbältnisse. Italien genießt den Ruf eines freien StaatSwcsenS und diesen Nus ist die Regierung aufrecht zu erhalten bestrebt und genöthigt, weil sic bei Durchführung ihrer Aufgabe mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Eine italienische Regierung, welche den auf sic gesetzten Erwartungen ent sprechen soll, muß den europäischen Frieden aufrecht halten, ein srenndnachbarlicheS Dcrhältniß mit Frankreich anstrcben, mit Oesterreich im Bündnißverbältniß stehen und doch nicht außer Acht lassen, daß in Triest und im Trentino die italienische Bevölkerung vorwicßt. Da« Heer soll schlagfertig, die Verwaltung soll billig sein, Italien soll vollen Änthcil an der Macht und an der Stellung nehmen, welche der Dreibund in der öffentlichen Meinung Europas genießt. Italien soll in allen Angelegenheiten von allgemeiner Be deutung als Großmacht sein Gewicht in die Waagschale werfen, cS soll weder in der orientalischen Frage die Initia tive aufgeben, noch als Colonialmacht hinter anderen Mächten zurückstehen, mit einem Wort, eS soll allen An forderungen genügen, die man an eine Großmacht zu stellen berechtigt ist und soll doch der Zügellosigkeit den weitesten Spielraum gewähren. Zu allem Unheil tritt dann noch die Schwierigkeit, welche durch daS Papstthum und seine An sprüche dargestellt wird. Der Papst verlangt die Wieder herstellung seiner weltlichen Macht und wird dabei von den deutschen Katholiken unterstützt, obwohl Deutschland und Italien Verbündete sind. Das sind Widersprüche, die keine Macht der Welt, um wieviel weniger eine italienische Regierung zu lösen vermag. Es ist auch unzweifelhaft, daß diese Schwierigkeiten all- seitige Berücksichtigung finden, aber innerhalb dieser Schwierig keiten ist doch ein sehr deutlich hervoriretender Unterschied bemerkbar. Sie zerfallen in solche, welche in einer Jahr hunderte alten Entwickelung begründet sind und in solche, deren Beseitigung von dem guten Willen der Parteien ab- hängt. Zu der letztgenannten Kategorie gehört der Irre- dentiSmuS. Der BerübrungSpunct zwischen Italien und Frankreich ist durch die Stammverwandtschast gegeben, eine althergebrachte staatliche Mißwirthschaft läßt sich nicht durch die Bemühungen innerhalb zweier Jahrzehnte wieder auS- gleichcn, gesetzliche Zustände bedürfen der üoerkommenen Ver wahrlosung gegenüber längerer Zeit, um sich einznleben, eine dcmoralisirte ländliche Bevölkerung, welche durch den aus sic auSgeübten Druck die Selbstachtung verloren hat, kann erst allmälig der Eivilisation wirdergrwonneu «erden, endlich ist da« Papsttbum eine Einrichtung, welche wegen ihrer Doppel- natur als politische und kirchliche Macht die vorsichtigste Be handlung erheischt — aber daß man an dem Besitzstände einer verbündeten Macht nicht rütteln darf, daS sollte auch dem einfachsten Verstände rinleuchirn. Italien legt auf die Bundesgenoffenschaft Deutschlands den größten Werth, während ihm an der Frenndschaft Oesterreich-UngarnS weniger gelegen ist. DaS ist kein poli tischer Standpunkt, weil ein Bund dreier Mächte für die Dauer nur bestehen kau», wenn die Theilnehmer ihre Ver bündeten gleich hochschätzen. DaS war cS ja, waS daS X. Deutsche BundcSschießen in Berlin zu so hoher politischer Bedeutung emporhob, weil bei diesem Anlaß Deutsche, v,ta- licncr, Oestcrreicher und Ungarn mit einander so freundschaftlich verkehrten, wie es Bundesgenossen znkomint. WaS machen aber die Italiener zu Hanse? Sie verherrlichen einen Mörder, weil er gleichzeitig Iriedcnlist ist »nd schreien sich die Kehlen heiser nach Triest und Trient, als ob sie damit nur ihr gutes Recht auSübleii. Ist daS nicht tböricht, ja geradezu un faßbar? Und dabei sehen die Italiener ein, baß sie Triest und Trient nur durch einen Krieg gegen Oesterreich erlangen könnten, also unter Preisgabe deS Bundes, welcher den Bestand Italiens als Großmacht verbürgt. Derselbe Menotti Garibaldi, welcher an der Porta Pia Obcrdank als Mär tyrer für die italienische Einheit verherrlichte, würde cS als ein Unglück für Italien anschen, wenn dort jemals die Jrredentisten die Oberhand erlangten, und dock schreckt er nicht davor zurück, dir VouSleitenschaften für den IrredentiSmuS zu erregen. Welcher Widerspruch, welche Be griffsverwirrung! In Mailand bekämpfen die Socialistcn den Irredentismus der Radikalen, weil sie davon wirtbschaft- liche Nachtheilc befürchten, und die Negierung unterstützt die Socialistcn in diesem Kampfe. WaS hilft aber solch kleines Mittel gegen eine Bewegung von der Macht deS IrredcntiS- muS! Als Barzilai bei den römischen Gemeindewablen unter lag, wurde diese Niederlage in Oesterreich als ein Sieg be zeichnet, jetzt stehen aber die allgemeinen Wahlen für die Kammer bevor, und e- wäre nicht unmöglich, daß die Radi kalen den Erwerb von Triest und Trient zur Wahlparole erhöben. Die Anzeichen dafür sind vorhanden, daß eö ge schehen wird, wenn auch die Regierung alles in Bewegung setzen wird, uni dieses Unglück zu verhüten. Ter Irrcdcntis- mnS ist der Regierung über den Kopf gewachsen, weil sie nicht rechtzeitig dir geeigneten Maßregeln zu seiner Unter drückung ergriffen hat. Diese Angelegenheit ist so wichtig, daß sie nicht ernst und eindringlich genug behandelt werden kann. Ein Zerwürfnis; zwischen Oesterreich und Italien be deutet einen verhängnißvollen Umschwung der internationalen Lage in Europa. * Leipzig, 24. September. * Die Rückkehr des Kaisers von den Jagden in Oesterreich wird in der zweiten Octoberwoche erwartet. Bis zu dieser Zeit werden die im Entstehen begriffene» Arbeite» der RcichSämtcr für den Reichstag bczw. der preußischen Ministerien für den Landtag so weit gefördert sein, um bezüglich grundlegender Fragen der kaiserlichen Ent scheidung unterbreitet zu werden. 6« bleibt bann, so beißt es. immer noch Zeit genug, die Ausführung im Einzelnen bis zum Zusammentritt der Parlamente zu erledigen. * Die an einen von freisinniger Seite geäußerten Wunsch anknüpfcnden Gerüchte von der Erwägung einer Ein führung der Neichs-Erbschastöstcucr entbehren jeder tatsächlichen Unterlage. Zwar würden einem solchen Ge danken verfassungsrechtliche Bedenken nicht cntgcgeiistchen, um so entfchiedcner sprechen aber Gründe sachlicher Natur dagegen. Vor Allem muß in Betracht gezogen werden, daß einzelne Bund-Sstaaten die präcipnalc Besteuerung deS fundirtcn Einkommens gegenüber dem unfundirteu kennen. In Bayern ist die durch eine verschiedene Bemessung der von den Erträgen von BermLgcnöstücken und denen einer persönlichen Arbeit zu ziehende Besteuerung erreicht. In Hessen dient dicseni Zwecke die neben der allgemeinen Ein kommensteuer erhobene Capitalrcntcnsteuer. Eine Rcichs-Erb- sckaftSsteuer würde daher, abgesehen von den hinsichtlich der Veranlagung und Erhebung bestellenden erheblichen technischen Schwierigkeiten, verwirrend und störend auf die LandeS-Be- stcuerung wirken und die ernste Gefahr unbilliger Doppel besteuerung in sich schließen. Man wird daher in der An nahme nicht fehlgehen, daß eine ReichS-ErbschastSstcucr in maßgebenden Kreisen ernsthaft nicht erwogen und auch zum Gegenstände von Verhandlungen zwischen der NeichS-Fiiianz- Berwaltung und den Finanz-Verwaltungen der Bundesstaaten nicht gemacht ist. *Der deutschfreisinnige RcichslagSabgeordiicte Alcxande Meyer, welcher in Kissingen von dem Fürste» Bis marck eiiipfangen wurde und darüber in der „Breslauer Zeitung", deren parlamentarifchcr Correspondent er ist, einen Bericht veröffentlichte, läßt in der letzten Nummer dieses Blatte« einen zweiten Artikel über seine Begegnung mit dem früheren Reichskanzler erscheinen, welcher die Ucbcrschrift „BiSmarck'S künftige Thätigkeit" trägt. Wir geben folgende Stelle anS diesem Artikel: „Fürst Bismarck erklärte, er habe aufgchürt, Beamter zu sein, aber er habe nicht aufgehört, Staatsbürger zu sein, und werde sich die daraus fließenden Rechte nicht nehmen lassen, lkr werde seine Meinung äußern. Er könne sich nicht hinlegen und »inen Winter- schlaf halten, wie der Bor, der einen Winterschlaf hält und an seinen eigenen Tatzen saugt. Ein Mandat als Reichslagsabgeordneter an> »unehmen, würde sür ihn in vieler Beziehung einen große» Reiz haben. Allerdings hatte» einige Zeitungen geschrieben, Bismarck aus der Rednertribüne de- Reichstag- werde eine seltsame Figur spielen; indessen scheue er sich vor dieser Rolle gar nicht. Nur ein Punct errege ihm Bedenken; wenn er ein Mandat übernehme, so übernehme er damit auch die Pflicht zu regelmäßiger Anwesenheit, wenigstens bei wichtigeren Abstimmungen, und das errege ihm Bedenken. Ein andauernder Aufenthalt in Berlin, das Söohiien in einem Hotel sei ihm zuwider, und so könne er einen fest«» Entschluß zur Zeit noch nicht fassen. Ganz ander« verhalte sich die Sach« mit seinem Sitze im Herrenhause; hier habe er keine neuen Verpflichtungen zu übernehmen, sondern er habe bereit- Pflichten, von denen er nicht absche, wie er sich ihnen tutzichen könne. UebrioenS seien ja die Zusammenkünfte deS Herrenhauses stets so selten und auf Io wenige Tage beschränkt, daß die Bedenken, welche er gegen die Uebernahme eine« Reichstagsmandate« geäußert, in Wegfall kämen. „Auf eine Frage, ob er noch Mitglied de« StaatSrathe« sei, er- widerte er, er sei au« allen seinen Aemtern entlassen, nur ans dem eine» Mitgliedes und Bice-Präsideulen de» StaatsralheS nicht. Aus diesem könne er auch nicht entlasten werden, denn die Mitglieder seien ioamovibel. Str könnte» »nr au« ähaltchru Gründen wir dt« Richter a»S ihren Aemtern entlassen werdra. Dir Ltaberukrug des StaatsralheS und seiner einzelnen Mitglieder hänge von drm Er messen des Kaisers ab. Lei allen diesen Aeußerungen war der Fürst übrigens in einer sehr ruhigen, man kann sagen behaglichen Stimmung, die nicht- von der Bitterkeit verriet-, di« au» den Berichten über andere von ihm geführt« Gespräch« hervorklingt." * Die „Krcuzzeilung" richtet an den Adel unter der Ucberschrift „Ein ernstes Wort" die folgende Mahnung: An den Adel wenden wir uns heute, weil es Edelleute sind, die Berlin in jüngster Zeit mehrfach zum Schauplatze aufregender Borgänge gemacht und dabet ein Verhalten beobachtet haben, welches sich mit den Anforderungen schlechterdings nicht deckt, die man an die Träger alter Namen mit vollem Recht stellt. DaS Einzelne berühren wir an dieser Stelle nicht. Dt« Gegner haben dafür gesorgt, daß e» bekannt geworden ist; ihnen entgeht die Bedeutung nicht, welche die sittliche Unzulänglichkeit hochstehender Glieder der Gesellschaft sür die Zersetzung derselben hat. Um so rückhaltloser geben wir dem Unwillen wie dem Schmerze Raum, die uns ersüllen, wo auf der anderen Seite schadenfroher Hohn bemerkbar wird. Entschuldigen oder gar beschönigen läßt sich nicht». Dem milden Urlheil, das dem Chrsiten in jeder Lebenslage ziemt, greisen wir nicht vor; als Organ der Oeffentlichkeit jedoch haben wir unsere Ausgabe ander» zu verstehen. An den furchtbaren Ernst der Dinge gilt es zu erinnern, der uns aus Irrsinn und Selbstmord entgegen« Iiarrt, wo cS keinem Zweifel unterliegt, zumal, daß da» Alles mit einem Leben ohne Kraft und Zucht zuiamme.ihängt. Wenn große Vermöge» am Rennplätze und im Spietclnb schwinden, statt dem hohen Ziele sittlicher Erneuerung des Volker nutzbar gemacht zu werden, wenn das Leben in elenden Liebe-Händeln hinzieht, die wohl einen Anfang, aber kein Ende haben, wenn jede That und jede- Wort nur sür die Art deS „ewig Blinden" zeugen — dann sind Die im Recht, die voll Ingrimm rusen: Fort mit diesen Drohnen, ihre Uhr ist abgetanst»: fort! Dieser Rus wird und muß in eben dem Maße stärker werden, als die höheren Stünde, der Adel vor Allem, fortsahren, dem Drvhnenlhui» seinen Nachwuchs zu liefern, das Beispiel unfrucht barer Vergeudung der Kräfte forlzusetzen und die Erbitterung der Massen zu schüren, die selbst in den entlegensten Winkeln schon langst nicht mehr so harmlos sind, um sich deS Gegensatzes nicht bewußt zu sein, der zwischen solchem Treiben und der Pflicht besteht. Soll es den» immer dabei bleiben, daß an» der Geschichte nicht- gelernt wird? Kanin hundert Jahre sind cs her, als die Feudal- Monarchie und mit ihr Alle», waS mit den Wurzeln seines Daseins noch am Mittelalter hastete, vor dem Anstürme de» nach Gleichberechtigung strebenden „dritten Standes" jäh zusainnn-nbrach. itanm hundert Jahre, die Atiterrn von uns erinnern sich der Zeit noch recht wohl, da »ran ihnen säst au- eigener Anschauung noch von den enlietzliche» Erfahrungen jener Nene erfüllten Tage zu erzählen wußte, und doch — ist es nicht, als ob Alles ganz um sonst gewesen wäre? Tie „Zeichen der Zeit" sind so unverstanden, als sie jemals Ware», Niemand kümmert sich um sie, oder »ran denkt im Stillen: ^pro» non» Io «I-Inj-v. Man braucht nicht der Ansicht zn sein, daß die sociale Revo lution, die um so meiiiger ausbleiben wird, je dauerhafter sich diese leichtfertige Austastung der Tinge erweist, dieselben gewaltsamen Formen annehmen müßte, welche der großen politischen Um« Wälzung eigen waren: an dem Wesen der Sache selbst und ihrem gruiidstürzendcn Charakter würde das jedoch nichts ändern. Mil Zcitungsarlikeln läßt sich der Laus der Tinge nicht aus halte» : da» wisse» wir wohl. Für „ns bandelt es sich nur darum, zn thun, „was unsere» Amtes ist", ob das nun Erfolg hat oder nicht. WaS wir aber für Recht aniehen, das thun wir nicht halb. Deshalb rufen wir Allen, die es angebt, nochmals zu: Haltet ein auf diesem Wege, er führt ins Verderben. Wir bcmcrfen z» Vorsicbcndeni, daß cS sich um den Selbst mord des Grasen Schaum bürg handelt. * Die Tcssincr Ultramvntancn und ihr übriger Anhang in der Schweiz verlangen, daß man die Mitglieder der prvvisorischen liberalen Regierung verhafte und einkerkere; sie schreiben Tag für Tag. cS sei böchst befremdend, daß die selben frei bernmgehcii lonnten. Dazu bemerkt ein Berner Berichterstatter der „Nencn Züricher Zeitung": „Gäbe es nicht ein eidaeriösstichcs Strasversahren, sondern müßte die herrschende Partei im Tessin durch cantonale Organe die Unter suchung führe» lassen, so wären die Genannten allerdings längst verhaftet. Nach Ansicht deS Bundcsanwaltcs und des eidgenössischen Untersuchungsrichters kann von der Verhaftung der Mitglieder der provisorischen Regierung keine Rede sein an» folgenden Gründen: I) Sie sind keine geineingesährltchcn Verbrecher (die ultramontaiie Presse zwar nennt dieselben Lriganti und Assassini). L) ES besteht nicht die geringste Bermnthnng, daß eine» der Mitglieder der provisorrichen Regierung daran denkt, die Flucht zu ergreifen, sie bleiben alle im Tessin. 3) Auch im Interesse der Unter- juchung ist die Versetzung in Hast in keiner Weise erforderlich. Die Mitglieder der provisorischen Regierung machen kein Hehl anS ihren Handlungen, sie gestehe» dem Untersuchungsrichter Alle» offen ein. Tie Verhaftung und Gesanaensetzuiig der Angcschuldigten wäre daher eine eigentliche Strasc. Strafe» dürfen aber die eidgenössischen Unteriuchuiigsorgane nicht verhänge». Ties ist Sache des Richters. Dem Gesagten gemäß hatten die Mitglieder der provisorischen Negie rung auch keincrlei Eaution zu leiste». Wahrscheinlich ist eS neben Rachegelüsten auch ein politisches Interesse, wenn die Ultramontanen so nachdrücklich die Gefangennahme ihrer Gegner fordern. ES wäre dies daS einfachste, scheinbar legale Mittel, die liberalen Führer angesichts der beoorstchenden Agitation sür die Revision der Staat»- Verfassung mnndtodt und unthätig zu machen." * Die belgische Kammer wird bei ihrem Zusammentritte durch die Forderung neuer Militaircredite überrascht werten. Dem Herrn General Brialmont genügen die vielfachen Fcstungüanlagen, welche im MaaSgebiete gemacht wurden und noch im Baue sind, noch nicht. Er verlangt jetzt die Anlage mehrerer EpcrrfortS bei H»u. Hier soll eine Festung ans dem Platze des alten Römerlagers am Mont Corroy und eine andere, mit drehbaren Kuppeln erster Ord nung ausgerüstet, auf der Höhe von Falbize sich erheben. Die Pläne sind, wie daS „Journal de Liege" mittheilt, längst fertig, „man hat aber davon nicht gesprochen, um daS Land und die Kammer durch die Aussicht auf neue, schwere Mili- tairlastcn nicht zu erschrecken". Hoffentlich erschrickt die Kammer nicht und lehnt kurzer Hand diese Forderung ab. Belgien besitzt bereits zn viele Festungen und zu wenig Sol daten, die Anlage noch weiterer Befestigungen ist deshalb ganz unnöthig. * In einer von der serbischen radicalrn Partei abge- haltencn Versammlung legte Paschic da« Programm für die Arbeiten der wietcrzusammcntretendcn Skupschtina dar, welches auf eine Durchführung ter politischen Reformen, namentlich zum Zweck der wirtbschastlicken Entwickelung de« Landes, gerichtet sein müsse Tie radicale Partei wünsche, fügte Pafchic hinzu, den Frieden mit allen Nachbarn und werde eine dargebotcne Hand stet« freundlich ergreifen. * Die Gemeinde Wahlen sind in ganz Bulgarien i« vollständiger Ordnung verlausen. Uebrralt wurden Anbänger der Regierung gcwäblt. * In Ka,ro eingetroffene Nachrichten von den arabi schen EholrrastLtteu laßen die sanitären Zustände d«
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